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Document 52002AE0683

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen" (KOM(2001) 510 endg. — 2001/0207 CNS)

    ABl. C 221 vom 17.9.2002, p. 43–48 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52002AE0683

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen" (KOM(2001) 510 endg. — 2001/0207 CNS)

    Amtsblatt Nr. C 221 vom 17/09/2002 S. 0043 - 0048


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen"

    (KOM(2001) 510 endg. - 2001/0207 (CNS))

    (2002/C 221/11)

    Der Rat beschloss am 15. November 2001, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 63 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 13. Mai 2002 an. (Berichterstatterin: Frau Le Nouail Marliere).

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 391. Plenartagung am 29. und 30. Mai 2002 (Sitzung vom 29. Mai) mit 105 gegen 2 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Der Vorschlag der Kommission gehört zu einem Gesamtpaket von Richtlinienvorschlägen, das dem Wirtschafts- und Sozialausschuss gegenwärtig zur Prüfung vorliegt und auf die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems abzielt. Mit diesem Richtlinienvorschlag sollen Artikel 63 EG-Vertrag, der Wiener Aktionsplan, Ziffer 14 der Schlussfolgerungen des Europäisches Rates von Tampere und einschlägige Verweise im Anzeiger, der dem Rat und dem Parlament im November 2001 vorgelegt wurde, umgesetzt werden.

    1.2. Dieser Richtlinienvorschlag ist als wesentliches Instrument zur Verbesserung der Effizienz der einzelstaatlichen Asylregelungen und zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit des gemeinsamen europäischen Asylsystems zu verstehen. Der Flüchtlingsstatus ist im Genfer Abkommen von 1951 geregelt, das durch das New Yorker Protokoll von 1967 und durch das am 19. August 1997 in Kraft getretene Dubliner Übereinkommen ergänzt wird, in dem der für die Prüfung des Asylantrags zuständige europäische Mitgliedstaat festgelegt wird.

    1.3. Zwecks Harmonisierung der Asylpolitik hat die Kommission bereits eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt, zu denen der Ausschuss Stellungnahmen verabschiedet hat: im September 2000 zu einem Richtlinienvorschlag über das Verfahren zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, im April 2001 zu einem Richtlinienvorschlag über Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern und im Juli 2001 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist.

    1.4. Mit dem vorliegenden Vorschlag sollen eine gemeinsame Begriffsbestimmung für die Flüchtlingseigenschaft von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen und gemeinsame Bestimmungen für die Rechte, die sie in der Europäischen Union genießen, festgelegt werden.

    1.4.1. Gemäß dem Vorschlag wird der Kreis der Verursacher von Verfolgung, deren Opfer die Flüchtlinge sind, auf nicht staatliche Organisationen oder Akteure ausgeweitet, wenn der Staat keinen effektiven Schutz bietet. Die Kommission gibt an, dass sie mit diesem Ansatz vorschlägt, der Praxis der großen Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten zu folgen, die die Auffassung vertreten, dass bei begründeter Furcht vor Verfolgung der Urheber der Verfolgung keine Rolle spielt.

    1.4.2. Der Vorschlag sieht jedoch vor, dass ein Asylantragsteller, wenn er aus einem Staat kommt, in dem ein anderes Teilgebiet als sicher gilt, dorthin zurückgewiesen werden kann.

    1.4.3. Der Vorschlag geht auch auf die spezifischen Probleme von Frauen und Kindern ein. Er enthält bestimmte Regeln für die Prüfung ihres Antrags und verpflichtet die Mitgliedstaaten, für Personen, die Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Übergriffen psychologischer, physischer oder sexueller Art sind, einen spezifischen medizinischen oder sonstigen Beistand zu gewährleisten.

    1.5. Anzumerken ist, dass die Kommission beschlossen hat, in ein und demselben Dokument Mindestnormen für die Voraussetzungen der Anerkennung und Aberkennung des Flüchtlingsstatus und Vorschriften über den durch subsidiären Schutz verliehenen Status festzulegen.

    1.6. Der Vorschlag bezieht sich nicht auf die Verfahrensaspekte der Anerkennung und Aberkennung des Flüchtlingsstatus oder des durch den subsidiären Schutz verliehenen Status.

    1.7. Der Vorschlag spiegelt die Tatsache wider, dass die Regelung auf der vollständigen, umfassenden Anwendung der Genfer Konvention beruhen und somit gewährleisten muss, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Gefahr einer erneuten Verfolgung läuft, d. h. dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung zu beachten ist. Der Vorschlag wird ergänzt durch Maßnahmen zur Gewährleistung eines subsidiären Schutzes für Personen, die nicht in den Anwendungsbereich der Konvention fallen, jedoch nichtsdestoweniger eines internationalen Schutzes bedürfen.

    1.8. Der Kommissionsvorschlag zielt auf eine Harmonisierung der Anwendung des Asylrechts durch die 15 Mitgliedstaaten ab und will somit ein "Asylshopping", d. h. die Bevorzugung von Ländern mit besonders günstigen Verhältnissen verhindern.

    1.9. Der Richtlinienvorschlag der Kommission verfolgt folgende Ziele:

    - Festlegung von Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Personen, die um internationalen Schutz als Flüchtlinge oder Begünstigte eines subsidiären Schutzstatus ersuchen, und Festlegung des Umfangs dieses Status;

    - Sicherstellung, dass jene Personen, die internationalen Schutz benötigen, ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten genießen und Abbau der Unterschiede der Rechtsvorschriften und Praktiken der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen als ersten Schritt zu einer vollständigen Harmonisierung;

    - Eindämmung der Sekundärmigration von um internationalen Schutz ersuchenden Personen, die ausschließlich in unterschiedlichen Rechtsvorschriften über die Anerkennung als Flüchtling und über die Gewährung subsidiären Schutzes begründet liegt;

    - Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für jene Personen, die tatsächlich Schutz benötigen, bei gleichzeitiger Verhinderung bestimmter Asylanträge, die die Glaubwürdigkeit des Systems untergraben, und Anerkennung der Tatsache, dass die Unterscheidung zwischen Wirtschaftsmigranten und Asylbewerbern manchmal schwierig ist.

    1.10. Der Richtlinienvorschlag gliedert sich in sieben Kapitel, in denen nacheinander die allgemeinen Aspekte des Vorschlags, die Art des internationalen Schutzes im Allgemeinen, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus, der ergänzende Status des subsidiären Schutzes, Mindestverpflichtungen der Mitgliedstaaten für Personen, denen sie internationalen Schutz gewähren, und Vorschriften zur Gewährleistung der vollständigen Umsetzung der Richtlinie behandelt werden.

    2. Allgemeine Bestimmungen

    2.1. Begriffsbestimmung von Mindestnormen

    2.1.1. Die Stellung eines Antrags auf Schutz, ob er sich auf einen der fünf in der Genfer Konvention festgelegten Gründe stützt oder ergänzenden bzw. subsidiären Charakter hat, ist ein universales Grundrecht. Normen können "Mindest"-Normen sein, sofern sie die in den internationalen Menschenrechtsakten verankerten grundlegenden universalen Menschenrechte anerkennen, respektieren und schützen.

    2.1.2. Der Ausschuss unterstützt die Ziele der Kommission nach Harmonisierung und Integration, betont jedoch die Notwendigkeit, die in den Mitgliedstaaten geltenden günstigsten Praktiken beizubehalten.

    2.2. Anerkennung des Status

    2.2.1. Jeder Antragsteller kann den Flüchtlingsstatus beanspruchen, der Schutzstatus wird jedoch durch den Mitgliedstaat zuerkannt oder abgelehnt.

    2.2.2. Der Ausschuss begrüßt die Fortschritte in Richtung gemeinsame Normen für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus oder eines ergänzenden Schutzes.

    2.2.3. Er bedauert jedoch, dass die Kommission weiterhin von der Gewährung des Status spricht, während es sich dabei gemäß Artikel 1 des Genfer Abkommens um die einfache Anerkennung eines Status handelt, der aufgrund der Situation des Antragstellers und unabhängig von der Zuerkennung durch den Mitgliedstaat besteht(1).

    2.2.4. Der Ausschuss stellt fest, dass ein Verordnungsvorschlag zur Verbesserung des Dubliner Übereinkommens und dessen Anwendung gerade ausgearbeitet wird(2).

    2.2.5. Der Ausschuss betont, dass die Annahme gemeinsamer Normen für die Anerkennung des Flüchtlingsstatus oder die Einräumung eines subsidiären Schutzes ein Schritt zur Verwirklichung der vom Rat von Tampere festgelegten Ziele ist, verweist jedoch darauf, dass das Bestimmungsverfahren des für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaates Auswirkungen auf die Prüfung des Antrags hat.

    2.2.6. Der Ausschuss betont, dass die Annahme von Mindestnormen für die Anerkennung des Flüchtlingsstatus auch die Entscheidung der Frage weniger wichtig machen sollte, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, weil der Antragsteller bei der Wahl des Mitgliedstaates, in dem er seinen Antrag stellt, andere Kriterien anlegen dürfte, als eine etwaige unterschiedliche Behandlung des Antrags durch den Mitgliedstaat.

    2.2.7. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass es somit, wie er in einer unlängst verabschiedeten Stellungnahme feststellte(3), leichter sein dürfte, die vom Asylantragsteller getroffene Wahl des Landes, in der er seinen Antrag stellt, zu berücksichtigen, wenn bei dieser Wahl kulturelle und soziale Gründe ausschlaggebend waren, die auch für eine raschere Integration entscheidend sind.

    2.3. Reihenfolge der Prüfung des Antrags

    2.3.1. Es ist zwischen einem Antrag auf internationalen Schutz, einem Asylantrag und einem Antrag auf subsidiären Schutz zu unterscheiden.

    2.3.2. Der auf einer Gesamtbewertung der Bedürfnisse gründende befristete Schutz ist nicht Gegenstand dieses Vorschlags, da er bereits Gegenstand einer Entscheidung des Rates vom 20. Juli 2001 war. Diese Entscheidung ist von befristeter Tragweite und gilt für zahlenmäßig bedeutende Gruppen(4).

    2.3.3. Der Ausschuss billigt die Klarstellung der Kommission, dass jeder Antrag auf internationalen Schutz als Asylantrag betrachtet wird, es sei denn, der Drittstaatsangehörige oder Staatenlose ersucht ausdrücklich um eine andere Form des Schutzes (Artikel 2 Buchstabe g).

    2.3.4. Einen Antrag auf subsidiären Schutz als "Antrag zu definieren, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass es sich um einen Flüchtling im Sinne von Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Konvention handelt, oder nach Ablehnung eines solchen Antrags ..." (Artikel 2 Buchstabe i) setzt voraus, dass der Antrag auf internationalen Schutz entweder als Asylantrag gestellt und sodann geprüft oder als solcher betrachtet und sodann geprüft wurde. Es muss klargestellt bzw. hinzugefügt werden, dass der Antrag als solcher subsidiär ist, während der Schutz zum nicht anerkannten Flüchtlingsstatus im Sinne von Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Konvention ergänzend ist.

    2.3.5. Die Kommission verweist darauf, dass bei der Prüfung des Antrags eine Reihenfolge einzuhalten ist, wobei stets zuerst der Flüchtlingsstatus zu prüfen ist, während der subsidiäre Schutz kein Mittel sein kann, den durch den Flüchtlingsstatus verliehenen Schutz abzuschwächen. Außerdem verleiht der Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Konvention von 1951 extraterritoriale Rechte und Vorteile, die Vorrang haben können.

    2.4. Familienangehörige (Artikel 6)

    2.4.1. Der Ausschuss begrüßt es, dass die Familienangehörigen, die einen Antragsteller begleiten, Anspruch auf denselben Status erheben können wie die internationalen Schutz beantragende Person.

    2.4.2. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Recht, Asyl zu beantragen, und dem späteren Stadium der Prüfung dieses Antrags, der zur Anerkennung bzw. Nichtanerkennung des Flüchtlingsstatus und des Rechts auf internationalen Schutz führt.

    2.4.3. Zwar trifft es zu, dass die Anträge personenbezogen sind und stets im Einzelfall gründlich geprüft werden müssen, doch darf die Anwendung der Vorschriften über subsidiären Schutz nicht den Bestimmungen über Familienzusammenführung widersprechen. Diese sind für den Antragsteller im Hinblick auf die möglichst rasche Herstellung normaler und würdiger Lebensbedingungen von grundlegender Bedeutung.

    2.5. Frauen

    2.5.1. Die Formen geschlechtsspezifischer Verfolgung (Genitalverstümmelungen bei Frauen, Zwangsehe, Steinigung bei vermutetem Ehebruch, systematische Vergewaltigung von Frauen und jungen Mädchen als Kriegsstrategie, um nur einige zu nennen) sollten als anspruchsbegründende Gründe für die Stellung eines Asylantrags und als legitime Gründe für die Gewährung von Asyl in den Mitgliedstaaten anerkannt werden, auch wenn sie nicht explizit in der Genfer Konvention von 1951 festgeschrieben sind.

    2.5.2. Der Richtlinienvorschlag sollte daher Leitlinien für Asylanträge enthalten, die eine geschlechtsspezifische Komponente beinhalten, damit die gleichberechtigte Anerkennung zwischen männlichen und weiblichen Asylantragstellern besser gewährleistet werden kann, denn der Asylgrund der politischen Überzeugung wird der Erfahrung nach bei Frauen weniger als bei Männern anerkannt. Wenn Frauen die vorherrschenden sozialen Normen in Frage stellen, können sie nicht immer mit dem Schutz des Staates rechnen, in dem sie leben.

    2.5.3. Die geschlechtsspezifische Dimension muss auch bei der Bearbeitung von Asylanträgen berücksichtigt werden: Für Interviews und Verdolmetschung müssen ausreichend qualifizierte und ausgebildete weibliche Bedienstete zur Verfügung stehen; Vertraulichkeit im Vernehmungsverfahren; nichtkontroverse Vernehmung mit offenen Fragen, die es den Frauen ermöglichen, vertraulich über ihre Erfahrungen mit Verfolgung zu berichten sowie Maßnahmen, die die körperliche Sicherheit und die Achtung der Privatsphäre von Asyl beantragenden Frauen in den Aufnahmestellen bzw. Lagern gewährleisten, Zugang zu Serviceeinrichtungen, die der spezifischen Gesundheitsfürsorge für Frauen Rechnung tragen, Zugang zu rechtlichem Beistand und Vertretung einschließlich des Rechts, mit einer NRG für Frauen und/oder einer im Bereich des Asylrechts tätigen NRG Kontakt aufzunehmen oder von einer solchen kontaktiert zu werden.

    2.5.3.1. Um solche Kontakte zu erleichtern, sollten die Frauen Verzeichnisse der NRG erhalten, die ihnen bei ihrem Vorgehen behilflich sein könnten. Ferner wäre es angebracht, dass diese NRG über die Anwesenheit von Frauen in den Aufnahmestellen benachrichtigt werden.

    2.5.3.2. Es macht wenig Sinn, die Anerkennung des Flüchtlingsstatus zu erhalten, wenn damit kein angemessener Schutz verbunden ist. Das Beispiel der zur Prostitution angehaltenen Frauen macht dies deutlich. Es ist erforderlich, ihnen den Zugang zu einer zumutbaren Arbeit und das Beitrittsrecht zu einer Gewerkschaft zu gewährleisten.

    2.5.4. Es müssen dauerhafte Lösungen angestrebt werden, wie der Erlass von Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung der Fähigkeiten und Qualifikationen von Asyl beantragenden Frauen während des Asylverfahrens, um ihre Unabhängigkeit und Integration im Aufnahmeland zu erleichtern, falls ihrem Antrag stattgegeben wird, bzw. ihre Reintegration in ihrem Herkunftsland zu fördern, falls ihr Antrag abgelehnt wird, unbeschadet sonstiger möglicher Maßnahmen, die ihren Lebensumständen angepasst sind und es ihnen ermöglichen sollen, so rasch wie möglich ein normales menschenwürdiges Leben zu führen.

    3. Besondere Bestimmungen

    3.1. Folgen des Erlöschens des Flüchtlingsstatus (Artikel 13)

    3.1.1. Der Ausschuss macht die Kommission auf die Tatsache aufmerksam, dass die betroffene Person bei Widerruf der Aufenthaltserlaubnis, wenn sie vom Herkunftsmitgliedstaat noch kein Reise- und Staatsangehörigkeitsdokument erhalten hat, nicht mehr über einen Schutzanspruch noch über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügen würde.

    3.1.2. Der Ausschuss schlägt vor, dass die Kommission prüft, ob der Entzug des Flüchtlingsstatus (Erlöschen) anhand derselben Kriterien zu prüfen ist, die die Anerkennung des Status begründet haben.

    3.2. Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling (Artikel 14)

    3.2.1. Der Ausschuss billigt nicht den in Absatz 1 Buchstabe a) genannten Ausschluss. Ein Antragsteller, der zur Zeit den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge genießt, würde in diesem Fall den Schutz einer Organisation oder einer Institution genießen, die nicht zu den Unterzeichnern der Genfer Konvention von 1951 gehört und nicht in der Lage sein könnte, ihm seine aus einer Anerkennung seines Flüchtlingsstatus erwachsenden Rechte uneingeschränkt zu gewährleisten.

    3.3. Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes (Artikel 15)

    3.3.1. Der Ausschuss betont, dass es auch andere Gründe geben kann, die hier nicht aufgezählt sind. Darüber hinaus warnt der Ausschuss davor, in die Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes auch Gründe einzubeziehen, die normalerweise durch Artikel 1 Abschnitt A Absatz 2 der Genfer Konvention von 1951 abgedeckt sind(5).

    3.4. Erlöschen des subsidiären Schutzstatus (Artikel 16)

    3.4.1. Der subsidiäre Schutz, der den Schutz ergänzt, der einem gemäß Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Konvention von 1951 anerkannten Flüchtling gewährt wird, sollte verstärkt werden. Der subsidiäre Schutz sollte daher auf nützliche relevante humanitäre Referenzen unter Berücksichtigung der Behandlung der schutzsuchenden Personen gestützt werden. Der Entzug des Status sollte daher nicht überstürzt erfolgen, sondern auf eine Beurteilung der Kriterien gestützt sein, nach denen der Schutz gewährt wurde.

    3.4.2. Der Ausschuss regt ferner an, die Begriffe von Artikel 13 Absatz 2 auch für den Wortlaut von Artikel 16 zu verwenden: Der Mitgliedstaat, der den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, muss nachweisen, dass eine Person den internationalen Schutz nicht mehr benötigt.

    3.5. Aufenthaltstitel (Artikel 21)

    3.5.1. Für Flüchtlinie, die einen subsidiären Schutzstatus genießen, soll die Dauer des Aufenthaltstitels ein Jahr betragen (anstelle von fünf Jahren im Falle eines nach der Genfer Konvention anerkannten Flüchtlings). Dieser Grundsatz ist mit einer Auslegung der Genfer Konvention nicht vereinbar, der gemäß eine große Anzahl von Fällen individuell beurteilt werden kann. Auf den ergänzenden Schutz sollte nur in Fällen zurückgegriffen werden, in denen der Grund für den Antrag auf internationalen Schutz nach Prüfung im Einzelfall nicht in den Bereich der in der Genfer Konvention angegebenen Gründe fällt. Diese andere Form des Schutzes bedingt nicht, dass er von kürzerer Dauer sein muss.

    3.5.2. Und wie unter den vorausgehenden Ziffern (2.3.5 und 3.3.1) ausgeführt, darf der subsidiäre Schutz auch nicht den Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Konvention von 1951 schwächen.

    3.6. Reisedokumente (Artikel 23)

    3.6.1. Was die Beschränkungen der Freizügigkeit betrifft, so ist festzuhalten, dass diese zwingenden Gründe aus denselben Gründen und ohne Diskriminierung sowohl für Flüchtlinge aus Drittstaaten oder Staatenlose als auch für nationale Staatsangehörige gelten.

    3.7. Zugang zur Beschäftigung (Artikel 24)

    3.7.1. Wie in der Ziffer zu Artikel 21 ausgeführt, bedingt der subsidiäre Schutz nicht, dass er von geringerer Dauer sein muss. Die den anerkannten Flüchtlingen und Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zustehenden Rechte auf gleichen Zugang zur Beschäftigung müssen auch den Inhabern eines subsidiären Schutzes eingeräumt werden, sobald ihnen dieser Status zuerkannt ist. Der Ausschuss unterstützt den Kampf gegen die illegale Beschäftigung und verweist auf die Gefahren der sozialen Ausgrenzung, Entwurzelung und sozialer Entfremdung für Personen, denen man zwar Asyl aber kein Recht auf Arbeit gewährt.

    3.7.1.1. Wird Frauen das Recht auf Arbeit verwehrt, sobald ihnen ein Schutzstatus zuerkannt ist, erhöht sich für sie die Gefahr, in die Fänge der organisierten Netze der Zwangsprostitution zu geraten.

    3.7.1.2. Was den Beschäftigungsbereich wie auch den in Ziffer 3.9 behandelten Zugang zu Integrationsmaßnahmen betrifft, verweist der Ausschuss darauf, dass die Einrichtung von Flüchtlingsaufnahmestellen und die soziale Betreuung (Solidaritätsfonds, Maßnahmen von Verbänden, Integration in die Schulen, Unterbringung) letztendlich direkt von der untersten Ebene der Gebietskörperschaften (Stadt, Region) getragen werden.

    3.8. Bewegungsfreiheit innerhalb des Mitgliedstaates (Artikel 30)

    3.8.1. Flüchtlinge, deren Status in einem Mitgliedstaat anerkannt ist, oder Personen, die einen subsidiären Schutzstatus genießen, sollten auch das Recht haben, sich in den anderen Mitgliedstaaten frei zu bewegen.

    3.8.2. Der Ausschuss verweist darauf, dass der Flüchtling oder die Person mit subsidiärem Schutzstatus, sobald ihnen der internationale Schutz eingeräumt und der Status zuerkannt wurden, ihren Pass beim Aufnahmemitgliedstaat für die Dauer des Schutzes und Asyls abgeben. Da diese Personen unter der Verantwortung des Mitgliedstaates stehen, der ihnen seinen Schutz einräumt, sollte ihnen voll und ganz Bewegungsfreiheit innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten zu denselben Bedingungen wie deren Staatsangehörigen eingeräumt werden(6).

    3.9. Zugang zu Integrationsmaßnahmen (Artikel 31)

    3.9.1. Hier gelten dieselben Bemerkungen wie zu Artikel 21 und 24 (Aufenthaltserlaubnis und Zugang zur Beschäftigung). Der Ausschuss stellt die Frage, aus welchen Gründen die Personen mit subsidiärem Schutzstatus, sobald ihnen dieser Schutz eingeräumt ist, ein Jahr warten sollten, bis sie Zugang zu ihren Bedürfnissen angemessenen Integrationsmaßnahmen, insbesondere in Bezug auf Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, soziale Versorgung erhalten können. Man könnte noch hinzufügen, Zugang zu ihren Bedürfnissen angemessenen sprachlichen und kulturellen Maßnahmen (Es ist notwendig, dass sie so rasch wie möglich ein normales, menschenwürdiges Leben führen können).

    3.10. Freiwillige Rückkehr (Artikel 32)

    3.10.1. Der Ausschuss unterstützt den Zugang zu Programmen zur Erleichterung einer freiwilligen Rückkehr, verweist jedoch auf den engen Zusammenhang zwischen der Ausarbeitung von kurzfristigen Programmen für die Reintegration in den Herkunftsländern und einer nachhaltigen Entwicklung. Die nachhaltige Entwicklung bildet mit Vorrang das Mittel zur Gewährleistung von Frieden, Sicherheit und Stabilität der Bevölkerungen. Abgewiesene Antragsteller sowie Personen, die als Flüchtlinge anerkannt sind, sich jedoch zu gegebener Zeit für die freiwillige Rückkehr entscheiden, haben spezifische Bedürfnisse, die, wenn sie in ihr Land zurückkehren, bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung und Zusammenarbeit mit der Europäischen Union besser berücksichtigt werden sollten.

    3.11. Personal und Ressourcen (Artikel 34)

    3.11.1. Der Ausschuss billigt die Bestimmung, dass das Personal der "Behörden" und "sonstigen Organisationen", die diese Richtlinie durchführen, die nötige Grundausbildung erhalten hat, bevor es mit den genannten Aufgaben betraut wurde, und möchte hinzufügen, dass ein ständiger Bedarf an Fortbildung bzw. Fachausbildung in sämtlichen Phasen der Prüfung des Antrags besteht. Dies gilt bspw. insbesondere für die angemessene Betreuung von Frauen, die Opfer von Vergewaltigungen bzw. sexueller Übergriffe waren, oder für nicht von einem verantwortlichen Erwachsenen begleitete minderjährige Kinder wie auch zur Verhinderung der "Rekrutierung" leichter Opfer von Drogen- bzw. Mädchenhändlern.

    4. Schlussbestimmungen

    4.1. Rasse

    4.1.1. Der Ausschuss billigt das in den Schlussbestimmungen des Vorschlags festgelegte Diskriminierungsverbot und empfiehlt der Kommission, die auf der Weltkonferenz gegen Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz zum Ausdruck gebrachte Haltung der Europäischen Union sowie die diesbezügliche Stellungnahme von Louis Michel, Vertreter des belgischen Ratsvorsitzes, zu berücksichtigen, die dieser vor dem Europäischen Parlament abgab: "Es ist nunmehr erwiesen, dass jede Theorie, die die Existenz unterschiedlicher menschlicher Rassen behauptet, wissenschaftlich nicht haltbar ist. Die Europäische Union äußerte den Wunsch, diese Entwicklung im Sprachgebrauch zu berücksichtigen. Sie vertritt die Auffassung, dass die Verwendung von Formulierungen, die das Bestehen unterschiedlicher Rassen beinhalten, vermieden werden sollte. Die EU leugnet nicht die Verschiedenheit der menschlichen Rasse, möchte jedoch einfach die Einheit der menschlichen Art hervorheben und somit die gegenwärtigen Formen von Rassismus bekämpfen, die sich regelmäßig auf diese Art von Behauptungen stützen. Da jedoch einige Staaten starke Einwände erheben, war es nicht möglich, diese Überlegungen substanziell voranzutreiben. Die Europäische Union hat Wert darauf gelegt, ihre grundsätzliche Haltung zu dieser Frage in einer Schlussausführung zum Ausdruck zu bringen, die im Bericht über die Konferenz wiedergegeben wird"(7).

    4.1.2. Zahlreiche Flüchtlinge bzw. Asylantragsteller sind wegen nationaler oder ethnischer Diskriminierungen geflohen und werden manchmal aufgrund derselben Diskriminierungen, die ihrem Schutzantrag zugrunde liegen, von einem Staat zum anderen verfolgt.

    4.1.3. Der Ausschuss verweist, wie er dies bereits in seiner Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission über ein gemeinsames Asylverfahren(8) getan hat, auf den gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 4. März 1996(9), der insbesondere die Nationalität im weiten Sinne, unabhängig von der Staatsbürgerschaft, aber unter Einschluss der Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates anerkennt.

    4.1.4. Der Ausschuss bittet die Kommission, bei der Vorlage von Textvorschlägen, die von der Europäischen Union innerhalb der internationalen Gemeinschaft eingenommenen Standpunkte zu propagieren.

    5. Schlussfolgerungen

    5.1. Der Ausschuss unterstützt die Initiative der Kommission, wobei er insbesondere folgende Punkte hervorhebt:

    - Gleichbehandlung von Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus mit den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Zugang zu Bildung und sozialen Vergünstigungen, Zugang zu medizinischer und psychologischer Versorgung unbeschadet von weitergehenden Fördermaßnahmen in angezeigten Fällen;

    - Subsidiäres Schutzkonzept im Sinne eines erweiterten Schutzes für Personen, deren Grund für die Beantragung von Asyl nicht unter den von der Genfer Konvention abgedeckten Bereich fällt, die jedoch in Beachtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung internationalen Schutz benötigen;

    - Ausweitung der Anwendung des Schutzes auf Opfer von Verfolgung seitens nicht staatlicher Organisationen und Akteure.

    5.2. Der Ausschuss vertritt allerdings die Auffassung, dass einige Aspekte des Vorschlags überarbeitet werden könnten, um sowohl das im Bereich der Grundsätze internationalen Schutzes erforderliche Niveau als auch die vom Rat auf seiner Tagung in Tampere gesteckten Ziele zu erreichen.

    5.3. Seit den tragischen Ereignissen des 11. September scheint ein zunehmend von Übereifer geprägtes Sicherheitsbedürfnis das Klima der Toleranz, Akzeptanz und des humanitären Mitgefühls zu beeinträchtigen, welches für das Verhalten der europäischen Flüchtlingsaufnahme-/Einwanderungsdienststellen wie auch für den Geist und Buchstaben der europäischen Rechtsvorschriften kennzeichnend ist. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass im Zeitalter der Globalisierung der Schutz von Flüchtlingen und Asylbewerbern und/oder die Gewährleistung eines internationalen Schutzes eine Bereicherung für die Menschheit darstellt. Nach Ansicht des Ausschusses ist mittelfristig eine Strategie zur Stärkung eines zivilisierten Zusammenlebens zwischen Unionsbürgern sowie Flüchtlingen und Asylbewerbern eine der erfolgversprechendsten Investitionen, um sicherzustellen, dass die Europäische Union ein Hort der Freiheit, Gerechtigkeit und des Wohlstands für verzweifelte Menschen in der Welt, für Personen, die keine Hoffnung, Gerechtigkeit und Freiheit in ihren Ländern finden können, bleibt.

    Brüssel, den 29. Mai 2002.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Göke Frerichs

    (1) Entschließung des Rates vom 20. Juni 1995 über Mindestgarantien für die Asylverfahren. ABl. C 274 vom 19.9.1996, S. 13-17.

    (2) Siehe Stellungnahme des WSA vom 20. März 2002 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften von einem Drittstaatsangehörigen gestellten Asylantrags.

    (3) ABl. C 260 vom 17.9.2001, Ziffer 2.3.4.3 - Berichterstatter: Herr Mengozzi.

    (4) Siehe Stellungnahme des WSA, ABl. C 155 vom 29.5.2001 (Berichterstatterin: Frau Cassina).

    (5) "Flüchtling" im Sinne dieser Konvention ist eine Person:

    [...] 2) aufgrund von vor dem 1. Januar 1951 eingetretener Ereignisse und "die aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will".

    Im Fall einer Person, die mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzt, bedeutet der Ausdruck "des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt", jedes Land, dessen Staatsangehörigkeit diese Person besitzt. Nicht als des Schutzes des Landes verlustig, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, gilt eine Person, die sich ohne auf eine berechtigte Befürchtung gestützten gültigen Grund nicht auf den Schutz eines der Länder beruft, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

    Siehe auch "Handbuch über Verfahren und Kriterien für die Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft gemäß der Genfer Konvention von 1951 und des Protokolls von 1967 über den Flüchtlingsstatus".

    (6) Siehe Stellungnahme des WSA zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Status von langfristig ansässigen Drittstaatsangehörigen, ABl. C 36 vom 8.2.2002, CES 1321/2001 (Berichterstatter: Herr Pariza Castaños).

    (7) Rede von Louis Michel vor dem EP am 2.10.2001: Bericht über die Konferenz von Durban (Anmerkung der Übersetzung: Nichtoffizielle Übersetzung).

    (8) Siehe Stellungnahme des WSA in ABl. C 260 vom 17.9.2001 (Berichtererstatter: Herr Mengozzi).

    (9) ABl. L 63 vom 13.3.1996, S. 2-7.

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