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Document 32006D1014

2006/1014/EG: Entscheidung des Rates vom 28. November 2006 zur Feststellung gemäß Artikel 104 Absatz 8 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, dass sich die von Polen aufgrund der Empfehlung des Rates nach Artikel 104 Absatz 7 des Vertrags getroffenen Maßnahmen als unzureichend erweisen

ABl. L 414 vom 30.12.2006, p. 81–83 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2006/1014/oj

30.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 414/81


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 28. November 2006

zur Feststellung gemäß Artikel 104 Absatz 8 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, dass sich die von Polen aufgrund der Empfehlung des Rates nach Artikel 104 Absatz 7 des Vertrags getroffenen Maßnahmen als unzureichend erweisen

(2006/1014/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 104 Absatz 8,

auf Empfehlung der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 104 EG-Vertrag haben die Mitgliedstaaten übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden.

(2)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beruht auf dem Ziel einer gesunden öffentlichen Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und für ein kräftiges tragfähiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt umfasst die Verordnung (EG) Nr. 1467/97 vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung der Umsetzung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (1), die verabschiedet wurde, um die umgehende Korrektur übermäßiger gesamtstaatlicher Defizite zu fördern.

(3)

In der Entschließung des Europäischen Rates von Amsterdam vom 17. Juni 1997 (2) wurden alle Parteien, namentlich die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission, nachdrücklich ersucht, den Vertrag und den Stabilitäts- und Wachstumspakt strikt und fristgerecht umzusetzen.

(4)

Gemäß der Eurostat-Entscheidung vom 2. März 2004 über die sektorale Zuordnung von Rentensystemen (3) können kapitalgedeckte Systeme mit im Voraus festgelegten Beiträgen nicht als Systeme der sozialen Sicherheit behandelt werden. Sie können somit auch nicht als Teil des Sektors Gesamtstaat betrachtet werden. Bei der Entscheidung handelte es sich um eine Rahmenentscheidung, die vor der Umsetzung bilaterale Gespräche mit den Mitgliedstaaten erforderte. Bei diesen Gesprächen stellte Eurostat fest, dass „einige Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Entscheidung gegebenenfalls eine Übergangsphase benötigen, um Störungen bei der Durchführung ihrer Haushalte zu vermeiden“ (4). Die Übergangsphase, die Eurostat zulässt, endet mit dem ersten Bericht über die Haushaltslage 2007, der am 1. April 2007 fällig ist. Polen hat beschlossen, die Übergangsphase in Anspruch zu nehmen. Deshalb werden Sozialbeiträge und andere Einnahmen (sowie Ausgaben) kapitalgedeckter Systeme mit im Voraus festgelegten Beiträgen als staatliche Einnahmen (und Ausgaben) verbucht, so dass die Defizit- und Schuldenstandsdaten niedriger ausfallen.

(5)

Mit der Entscheidung 2005/183/EG (5) vom 5. Juli 2004 stellte der Rat gemäß Artikel 104 Absatz 6 EG-Vertrag fest, dass in Polen ein übermäßiges Defizit besteht.

(6)

Gemäß Artikel 104 Absatz 7 des Vertrags und Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 richtete der Rat am 5. Juli 2004 eine Empfehlung an die polnischen Behörden mit dem Ziel, das übermäßige Defizit so rasch wie möglich zu beenden und in einem mittelfristigen Rahmen Maßnahmen zu treffen, die es ermöglichen, das Defizit bis 2007 auf glaubhafte und nachhaltige Weise unter 3 % des BIP zu senken, gemäß dem Defizitrückführungspfad, der in dem von den Behörden im Mai 2004 vorgelegten und in der Stellungnahme des Rates vom 5. Juli 2004 gebilligten Konvergenzprogramm vorgezeichnet wurde, wobei für die einzelnen Jahre folgende Defizitziele gesteckt wurden: 5,7 % des BIP im Jahr 2004, 4,2 % des BIP im Jahr 2005, 3,3 % des BIP im Jahr 2006 und 1,5 % des BIP im Jahr 2007. Der Rat setzte den polnischen Behörden eine Frist bis zum 5. November 2004, um „praktische Schritte zur Umsetzung der Maßnahmen einzuleiten, mit denen das Defizitziel bis zum Jahr 2005 erreicht werden soll“.

(7)

Der am 5. Juli 2004 vom Rat vorgezeichnete Pfad für die Defizitrückführung bezog die Kosten der Rentenreform aus dem Jahr 1999 nicht ein. Rund 20 % der Einnahmen aus Rentenbeiträgen wurden vom umlagefinanzierten System auf das kapitalgedeckte Rentensystem mit vorgegebenen Beiträgen umgelegt. Zum Zeitpunkt der Empfehlung gemäß Artikel 104 Absatz 7 hat der Rat ausdrücklich berücksichtigt, dass die Defizitziele bei den geschätzten Kosten der polnischen Rentenreform in Höhe von jährlich rund 1,5 % des BIP nach oben korrigiert werden müssten. Aus diesem Grund und wegen der Gefahren im Zusammenhang mit der Strategie zur Haushaltskonsolidierung wies der Rat in seiner Stellungnahme zum Konvergenzprogramm vom Mai 2004 darauf hin, dass „die haushaltspolitische Haltung im Programm nicht ausreichen (dürfte), um das Defizit unter die 3 %-Marke des BIP während des Programmzeitraums [d. h. bis 2007] zu führen“.

(8)

Nach Ablauf der in der Empfehlung des Rates gemäß Artikel 104 Absatz 7 gesetzten Frist vom 5. November 2004 zog die Kommission in ihrer Mitteilung an den Rat vom 14. Dezember 2004 den Schluss, dass im Falle Polens keine weiteren Schritte im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit erforderlich waren, da die polnische Regierung wirksame Maßnahmen zur Erreichung des Defizitziels für 2005 ergriffen hatte.

(9)

Am 17. Februar 2005 gab der Rat eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Polens vom November 2004 ab. In der Aktualisierung wurde das Defizitziel für das Jahr 2007 von den 1,5 % des Konvergenzprogramms vom Mai 2004 auf 2,2 % des BIP, d. h. bei Einbeziehung der Kosten der Rentenreform auf rund 3,7 % des BIP, korrigiert. Diese Korrektur erfolgte trotz anhaltend starken Wachstums (das im Programm auf durchschnittlich über 5 % pro Jahr veranschlagt wird), während die Defizitwerte/-projektionen für die Jahre 2004—2006 aufgrund von Maßnahmen der Regierung, eines stärkeren Wirtschaftswachstums und von statistischen Revisionen gesenkt wurden. Der Rat stellte die Gefahr einer verzögerten oder unvollständigen Umsetzung der finanzpolitischen Anpassungsmaßnahmen fest. Der Rat ersuchte Polen mit Blick auf die negativen Risiken im Zusammenhang mit der Strategie für die Haushaltskonsolidierung unter anderem darum, die finanzpolitische Anpassung über 2005 hinaus zu verstärken und das Defizitziel für das Jahr 2007 herabzusetzen. Tatsächlich wurde nur eine kleine Anzahl der Maßnahmen umgesetzt. Das Defizitergebnis im Jahr 2005 war mit 2,5 % des BIP dennoch besser als erwartet.

(10)

Am 14. März 2006 gab der Rat eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Polens vom Januar 2006 ab. In der Aktualisierung wird eine langsame Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits (in Höhe von durchschnittlich ca. 0,3 % des BIP jährlich im Zeitraum 2006—2008) anvisiert, um die Konvergenzkriterien bis Ende der Legislaturperiode (d. h. Ende 2009) zu erfüllen. Auch nach der neuerlichen Abwärtskorrektur der Defizitwerte und -projektionen für die Jahre 2004—2006 aufgrund von Maßnahmen der Regierung, eines stärkeren Wirtschaftswachstums und von statistischen Revisionen wurde im Programm für das Jahr 2007 das Defizitziel von 2,2 % des BIP (ausschließlich der Kosten der Rentenreform) beibehalten. Nach der Aufwärtskorrektur der Kosten der Rentenreform auf 2 % aufgrund von Entwicklungen am Arbeitsmarkt, die besser ausfielen als erwartet, und einer höheren Beteiligung am neuen Altersversorgungssystem lag das Defizitziel für das Jahr 2007, bei Einbeziehung dieser Kosten, somit um 0,4 Prozentpunkt des BIP höher als in der vorherigen Aktualisierung (4,1 % des BIP im Vergleich zu 3,7 % des BIP). Der Rat verwies auf mehrere Risiken im Zusammenhang mit der Strategie der Haushaltskonsolidierung wie z. B. die relativ günstigen Wachstumsannahmen für das letzte Jahr des Programmzeitraums (2008), die recht optimistischen Annahmen zur Steuerelastizität und die angesichts der schwierigen Situation bei den Sozialausgaben möglichen Probleme mit der Ausgabenkontrolle. Der Rat kam deshalb zu dem Schluss, dass das „Konvergenzprogramm zwar einige Fortschritte, nicht aber eine wirksame Korrektur des übermäßigen Defizits bis zum Jahr 2007“ vorsehe. Zudem verwies der Rat darauf, dass die geplante Korrektur des strukturellen Haushaltssaldos (d. h. der nach der gemeinsamen Methodik von den Kommissionsdienststellen anhand der Programmdaten berechnete konjunkturbereinigte Saldo ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen) sich im Programmzeitraum um durchschnittlich nur 0,25 % des BIP pro Jahr verbessern soll.

(11)

Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2007 vom 27. September 2006 wird das gesamtstaatliche Defizit des Jahres 2006 (ausschließlich der Kosten der Rentenreform) auf 2,1 % des BIP veranschlagt; in der Aktualisierung des Konvergenzprogramms vom Januar 2006 waren noch 2,6 % des BIP genannt (und 3,3 % lagen der Empfehlung des Rates vom Juli 2004 gemäß Artikel 104 Absatz 7 zugrunde). Das Ergebnis fiel positiver aus, da aufgrund eines Wachstums, das über den Prognosen lag, insgesamt höhere Einnahmen (insbesondere persönliche Einkommenssteuer) entstanden und die Zunahme der Ausgaben stärker eingedämmt wurde; namentlich staatliche Investitionen waren niedriger als geplant. Im Haushaltsentwurf 2007 sind für die kommenden Jahre folgende Defizitziele festgelegt: 1,7 % im Jahr 2007, 1,2 % im Jahr 2008 und 0,5 % im Jahr 2009.

(12)

Die Bewertung der Maßnahmen, die Polen in Reaktion auf die Empfehlung des Rates gemäß Artikel 104 Absatz 7 ergriffen hat, um das übermäßige Defizit bis 2007 zu korrigieren, führt zu folgenden Schlussfolgerungen:

Das im Entwurf des Haushaltsplans 2007 genannte, revidierte Defizitziel für das Jahr 2007 in Höhe von 1,7 % des BIP (ohne Kosten der Rentenreform) liegt über dem Ziel von 1,5 % des BIP, das der Rat in seiner Empfehlung vom 5. Juli 2004 für die Korrektur des übermäßigen Defizits formulierte. Die Revision des Defizits für das Jahr 2007 erfolgte vor dem Hintergrund von Defizitergebnissen, die im Zeitraum 2004—2006 deutlich niedriger ausgefallen sind als in der Empfehlung angenommen.

Der Übergangszeitraum für die Umsetzung der Eurostat-Entscheidung vom 2. März 2004 über die sektorale Zuordnung von Rentensystemen endet mit dem ersten Bericht über die Haushaltslage 2007, der am 1. April fällig sein wird. Die Einbeziehung der Kosten der Rentenreform, die höher ausfielen als zuvor angenommen, führt für das Jahr 2007 zu einem Defizitziel von etwa 3,7 % des BIP.

In der Herbstprognose 2006 der Kommission wird das Defizit für das Jahr 2007 um 0,3 % des BIP höher veranschlagt als das Ziel der polnischen Behörden. Insbesondere die Einnahmen aus direkten Steuern dürften niedriger ausfallen als von den Behörden geplant, während die Sozialausgaben und die öffentlichen Investitionen eher höher liegen dürften.

(13)

Dieses führt zum Schluss, dass sich zwar die Haushaltslage verbessert hat und Polen seine Haushaltsziele bei Zugrundelegung der derzeitigen Informationen bisher übertroffen hat, aber das Defizit im Jahr 2007 den Referenzwert von 3 % des BIP deutlich überschreiten wird, was mit den Empfehlungen des Rates für eine Korrektur des übermäßigen Defizits bis zur Frist 2007 nicht im Einklang steht.

Polen hat sich gemäß der Entschließung des Europäischen Rates von Amsterdam über den Stabilitäts- und Wachstumspakt mit der Veröffentlichung der Ratsempfehlung vom 5. Juli 2004 einverstanden erklärt (6)

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Maßnahmen Polens als Reaktion auf die Empfehlung des Rates vom 5. Juli 2004 gemäß Artikel 104 Absatz 7 EG-Vertrag haben sich als unzureichend erwiesen, um das übermäßige Defizit innerhalb der durch die Empfehlung gesetzten Frist zu korrigieren.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Republik Polen gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 28. November 2006.

Im Namen des Rates

Der Präsident

E. TUOMIOJA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1056/2005 (ABl. L 174 vom 7.7.2005, S. 5).

(2)  ABl. C 236 vom 2.8.1997, S. 1.

(3)  Siehe Eurostat Pressemitteilungen Nr. 30/2004 vom 2. März 2004 und Nr. 117/2004 vom 23. September 2004 sowie Kapitel I.1.3 über die Klassifizierung von im Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Pensionssystemen und Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen des Eurostat-Handbuchs über Defizit und Schuldenstand des Staates. Download möglich unter: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-BE-04-002/EN/KS-BE-04-002-EN.PDF

(4)  Vgl. Fußnote 3.

(5)  ABl. L 62 vom 9.3.2005, S. 18.

(6)  Siehe http://register.consilium.eu.int/pdf/en/04/st11/st11220.en04.pdf


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