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Document 52013AE4392

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen — COM(2013) 449 final — 2013/0213 (COD)

    ABl. C 67 vom 6.3.2014, p. 79–82 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    6.3.2014   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 67/79


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen

    COM(2013) 449 final — 2013/0213 (COD)

    2014/C 67/15

    Berichterstatter: Paulo BARROS VALE

    Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 4. Juli bzw. 30. September 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen

    COM(2013) 449 final — 2013/0213 (COD).

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 2. Oktober 2013 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 493. Plenartagung am 16./17. Oktober 2013 (Sitzung vom 16. Oktober) mit 130 gegen 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt diesen Richtlinienvorschlag, der die Normung der Daten der elektronischen Rechnung auf der Grundlage eines von der europäischen Normungsorganisation CEN definierten Datenmodells zum Ziel hat.

    1.2

    Angesichts eines fragmentierten Marktes, wo die umfassende Einführung und Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung individuell und nach voneinander abweichenden Kriterien erfolgen, was den grenzüberschreitenden Austausch elektronischer Rechnungen unmöglich macht, ist die Schaffung einer europäischen Norm ein wesentliches Instrument zur Weiterentwicklung des Binnenmarktes und ein wichtiger Schritt bei der Beseitigung der bestehenden Hemmnisse für die Marktbeteiligung.

    1.3

    Im Dezember 2010 legte die Kommission eine Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel "Die Vorteile der elektronischen Rechnungsstellung für Europa nutzen" (1) vor, zu dem der EWSA seine Stellungnahme abgab (2).

    1.4

    Von der Expertengruppe, die die Kommission eingesetzt hatte, um die einer rascheren Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU entgegenstehenden Hindernisse zu untersuchen, wurde die "Einführung der UN/CEFACT Cross-Industry Invoice (CII) v. 2 als gemeinsamer inhaltlicher Standard und Datenmodell für elektronische Rechnungen durch sämtliche Akteure des privaten und öffentlichen Sektors" empfohlen. Die Mehrheit der im Rahmen der öffentlichen Konsultation Befragten stimmte dieser wie auch anderen Empfehlungen des Berichts zu. Diese Angabe wie auch weitere Spezifikationen (CWA 16356 und CWA 16562 sowie finanzwirtschaftliche Rechnungen basierend auf der Spezifikation ISO 20022) sind in dem hier erörterten Richtlinienvorschlag enthalten; der EWSA begrüßt die Aufnahme derartiger Spezifikationen, die das Ergebnis einer langwierigen Arbeit von Fachleuten sind.

    1.5

    Trotzdem ist der EWSA überrascht und enttäuscht, dass keine Frist vorgegeben wird, bis zu welcher das CEN (Europäisches Komitee für Normung) den Vorschlag für die europäische Norm für das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung vorlegen soll. In der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates ist in Artikel 10 Absatz 1 die Festlegung einer Frist vorgesehen, die in dem hier erörterten Richtlinienvorschlag völlig ausgespart wird, was mit der Wichtigkeit und Dringlichkeit der Norm nicht zu vereinbaren ist.

    1.6

    Ebenfalls in Bezug auf die Fristen ist der EWSA außerdem darüber besorgt, dass in dem Richtlinienvorschlag eine Umsetzungsfrist von 48 Monaten vorgesehen ist. Diese Frist – die nicht nur zu lang ist, sondern auch im Widerspruch zu der angestrebten Umstellung auf die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge bis 2016 steht – ist realitätsfremd und entspricht weder den aktuellen technologischen Fortschritten noch dem Willen der Wirtschaftsakteure; in der Folge wäre mit einer Verbreiterung der Kluft zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten- und einer EU der zwei Geschwindigkeiten (jedenfalls in diesem Bereich) zu rechnen. Eine solche Frist kann sogar zu einer Zunahme der Hindernisse für den Marktzugang führen, bis die Richtlinie von allen Mitgliedstaaten voll umgesetzt ist. Im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung wurden sogar in Ländern, die eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise durchmachen, wie z.B. Italien und Portugal, erhebliche Fortschritte erzielt, was beweist, dass dieses wichtige Vorhaben in kürzerer Zeit verwirklicht werden kann. Eine Verkürzung der Fristen ist möglich und wünschenswert.

    1.7

    Der EWSA hat bereits in einer früheren Stellungnahme (3) die Auffassung vertreten, dass die Normung und die Interoperabilität der Systeme für den Erfolg der elektronischen Rechnungsstellung und die damit angestrebte Weiterentwicklung des Binnenmarktes von entscheidender Bedeutung sind, weshalb immer dringender etwas gegen die derzeitige Fragmentierung des Marktes unternommen werden muss. Auch die Frist von zehn Jahren, die für die Analyse der Ergebnisse und Auswirkungen dieser Richtlinie auf den Binnenmarkt und auf die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung vorgesehen ist, ist unangemessen und steht im Widerspruch zu der Geschwindigkeit, mit der sich technologische Entwicklungen auf einem von ständiger Veralterung geprägten schnelllebigen Markt vollziehen.

    1.8

    Der hier erörterte Richtlinienvorschlag beschränkt sich darauf, sicherzustellen, "dass die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen keine elektronischen Rechnungen ablehnen, die dieser europäischen Norm […] genügen", die vom CEN festgelegt wurde. Der EWSA fragt sich, ob die ganze Arbeit, die mit einem erheblichen personellen und finanziellen Aufwand in Angriff genommen wird, nicht rechtfertigen würde, dass man sich ein ambitionierteres Ziel steckt, nämlich die tatsächliche Harmonisierung der Verfahren und die umfassende Einführung eines durch alle beteiligten (öffentlichen wie privaten) Akteure gemeinsam erarbeiteten Modells der elektronischen Rechnungsstellung; diese Zielsetzung wäre de facto der Errichtung des Binnenmarktes und der Verwirklichung einer papierlosen öffentlichen Verwaltung dienlich.

    1.9

    Der EWSA befürwortet die generelle Verwendung der elektronischen Rechnungsstellung. Das Potenzial der elektronischen Rechnungsstellung kann jedoch nur dann genutzt werden, wenn die Interoperabilität der Systeme gegeben ist und den Austausch von Dokumenten ermöglicht. Der Markt der öffentlichen Aufträge muss im Vergleich zu den anderen Märkten höhere Anforderungen an Transparenz und Genauigkeit erfüllen und sollte deshalb als Beispiel für bewährte Verfahren dienen und zu deren Verbreitung auf den anderen Märkten beitragen. Die Umsetzung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen wie auch die Verwendung der durchgängig elektronischen Auftragsvergabe sind dringend geboten und wünschenswert. In diesem Zusammenhang bekräftigt der EWSA hier seine Unterstützung und seinen Wunsch für eine rasche Umsetzung der durchgängig elektronischen Vergabe öffentlicher Aufträge, die er bereits in seiner diesbezüglichen Stellungnahme (4) zum Ausdruck bringt.

    1.10

    Die Grundnormen für elektronische Rechnungen wurden bereits untersucht, insbesondere im Rahmen des von der Kommission finanzierten PEPPOL-Projekts für ein gesamteuropäisches Online-System auf dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungswesens (Pan European Public Procurement OnLine (5)), das im November 2012 seinen Abschlussbericht veröffentlicht hat. Auf der Grundlage der Arbeiten des CEN-Workshops BII (Business Interoperability Interfaces für die öffentliche Beschaffung in Europa) hat das PEPPOL-Projekt bereits verschiedene Spezifikationen für die Interoperabilität (Business Interoperability Specifications – BIS) definiert, insbesondere die Spezifikationen für die elektronische Rechnung – ein Modell, das bei den Mitgliedern des PEPPOL-Konsortiums auf breite Zustimmung stieß. Der EWSA dringt darauf, die bereits geleistete Arbeit zu nutzen, die über die Festlegung der Daten für die elektronische Rechnung hinausgeht. Genau das scheint im Übrigen die Absicht der Mitglieder des Konsortiums zu sein. Die Gefahren der Doppelarbeit und der Mittelvergeudung seitens der Mitgliedstaaten und der Wirtschaftsakteure, deren Lösungen im Lichte der erzielten Ergebnisse obsolet werden, werden dadurch vermieden bzw. verringert.

    1.11

    Da der europäische Markt überwiegend aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besteht, empfiehlt der EWSA, deren Interessen dadurch zu schützen, dass eine sowohl preislich als auch technologisch zugängliche und ohne Weiteres allgemein verwendbare Lösung gewählt wird, was de facto zum Abbau der bestehenden Hemmnisse für die Marktteilnahme der KMU beitragen würde. Nur so kann sich der angestrebte Kaskadeneffekt tatsächlich entfalten und die Initiative zu einem wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu beträchtlichen Einsparungen bei den finanziellen und personellen Mitteln werden, die zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sowie zur Verkürzung der Zahlungsfristen aufgewandt werden müssen.

    1.12

    Wie der EWSA bereits an anderer Stelle (6) empfohlen hat, sollten außerdem die Bedürfnisse und Interessen der Verbraucher berücksichtigt werden, da entsprechende IT-Kenntnisse erforderlich sind, um die echten Vorteile der elektronischen Auftragsvergabe nutzen zu können. Der Ausschuss weist auf die Notwendigkeit hin, im großen Maßstab Schulungsmaßnahmen im Bereich Informations- und Telekommunikationstechnologien (IKT) in Angriff zu nehmen.

    1.13

    Ebenfalls in Bezug auf die Verbraucher bekräftigt der EWSA seine Sorge um den Schutz der Interessen von Menschen mit Behinderung; es muss sichergestellt werden, dass das Dokument so gestaltet ist, dass es für alle zugänglich ist und den speziellen Erfordernissen von Menschen mit Behinderungen Rechnung trägt im Einklang mit den Bestimmungen über die Nichtdiskriminierung wegen einer Behinderung gemäß Artikel 21 der EU-Grundrechtecharta sowie gemäß dem von der Europäischen Union ratifizierten UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

    2.   Hintergrund des Vorschlags

    2.1

    Mit dem hier erörterten Richtlinienvorschlag soll eine Lücke in den Rechtsvorschriften geschlossen werden, die der Verwirklichung einer papierlosen öffentlichen Verwaltung dienen. Dieses Ziel zählt zu den Prioritäten der Leitinitiative "Digitale Agenda für Europa" im Rahmen der Strategie Europa 2020.

    2.2

    Eine Richtlinie ist nach Ansicht der Kommission angemessen und steht im richtigen Verhältnis zum angestrebten Zweck, da sie die Mitgliedstaaten zwar auf ein bestimmtes Ziel verpflichtet, diese jedoch die Mittel zu seiner Verwirklichung frei wählen können.

    2.3

    Die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung war 2012 und 2013 eine der fünf Prioritäten des Jahreswachstumsberichts der Kommission. Die Reform der Regelungen für das öffentliche Auftragswesen, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die Verringerung des Verwaltungsaufwands und die Verbesserung der Transparenz sind Wachstumsfaktoren: Das Ergebnis sind modernere und effizientere Verwaltungen, deren ökologische und wirtschaftliche Vorteile auf 2,3 Mrd. EUR geschätzt werden.

    2.4

    Obwohl es verschiedene Methoden der elektronischen Rechnungsstellung und auch Plattformen für die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge gibt, ist das elektronische Verfahren in Europa noch nicht allgemein verbreitet und macht nur 4 bis 15 % aller ausgestellten Rechnungen aus. Es ist somit festzustellen, dass der elektronische Binnenmarkt nicht funktioniert.

    2.5

    Hinzu kommt, dass sowohl die für die elektronische Rechnungsstellung verwendeten Formate als auch die Plattformen für die öffentliche Auftragsvergabe voneinander sehr unterschiedlich und häufig sogar nicht miteinander kompatibel sind; ein Wirtschaftsakteur muss daher in jedem Mitgliedstaat, in dem er an einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren teilnehmen will, neue Anforderungen an die Rechnungsstellung erfüllen, was mit hohen Anpassungskosten verbunden ist. Dies behindert den freien Markt und hält einige Wirtschaftsakteure davon ab, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen.

    2.6

    Die Festlegung einer europäischen Norm für die elektronische Rechnung und die sich daraus ergebende Interoperabilität der Rechnungsstellungssysteme sowie die Vereinheitlichung der Verfahren für die durchgängig elektronische Auftragsvergabe sind wichtig, um derzeit bestehende Wettbewerbshemmnisse zu beseitigen.

    2.7

    In dem Bewertungsbericht aus dem Jahr 2010 zu dem Aktionsplan zur elektronischen Vergabe öffentlicher Aufträge von 2004 (7), der als Begleitdokument zu dem Grünbuch zum Ausbau der e-Beschaffung in der EU (8) erstellt wurde, wird empfohlen, dass sich die Kommission um die Verringerung der Risiken eines dezentralen und fragmentierten Ansatzes bemüht, wobei einige wichtige Punkte herausgestellt werden, die dabei zu berücksichtigen sind.

    Schaffung eines günstigen Regelungsumfelds – möglicherweise sind weitere rechtliche Änderungen notwendig, um die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Einrichtung und Nutzung der Plattformen zu klären und festzulegen, z.B. die Rechtsvorschriften über elektronische Signaturen, elektronische Rechnungsstellung und MwSt.

    Ein ggf. pragmatischeres Vorgehen in technischen Fragen – es muss ein Gleichgewicht zwischen den Betriebskosten, dem Entwicklungsgrad der Plattformen und der gebotenen Sicherheit hergestellt werden. Für die durchgängig elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge wurden bestimmte Grenzen aufgezeigt, zum Beispiel Schwierigkeiten bei der Nutzung automatischer Evaluierungskonzepte für komplexe Beschaffungen und das Fehlen eines EU-weit akzeptierten Zeitstempelsystems.

    Stärkere Unterstützung der Mitgliedstaaten bei Verwaltungsvereinfachungen und organisatorischen Veränderungen zur Verringerung der von den Wirtschaftsakteuren und Auftragnehmern wahrgenommenen Schwerfälligkeit der Verfahren. In diesem Zusammenhang müssen Maßnahmen zur Einführung besserer Überwachungssysteme auf nationaler und europäischer Ebene ergriffen werden.

    Fehlende Einheitlichkeit bei den Verfahren für die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge – da die einzelnen Länder derzeit unabhängig voneinander entsprechende Verfahren entwickeln, sehen sich die Wirtschaftsakteure derzeit und auch noch in naher Zukunft verschiedenen Plattformen mit unterschiedlichen technischen Merkmalen gegenüber, was zwangsläufig mit Hindernissen für den Zugang sowie vermehrten Schwierigkeiten bei der Festlegung der Aufgaben der einzelnen Akteure verbunden ist. Ein einziges einheitliches System ist weder wünschenswert noch beabsichtigt, aber einheitliche wesentliche Funktionen wären wichtig, da sie die Interoperabilität sowie den universellen Zugang erleichtern würden.

    Verbesserte Zugänglichkeit und erweiterter Kreis – möglicherweise sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um allen interessierten Parteien einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zur elektronischen Vergabe öffentlicher Aufträge zu ermöglichen.

    3.   Inhalt des Vorschlags

    3.1

    In der Richtlinie soll eine europäische Norm für das semantische Datenmodell (9) der elektronischen Basisrechnung (10) festgelegt werden, die technologieneutral ist und den Schutz personenbezogener Daten im Sinne der Richtlinie 95/46/EG gewährleistet.

    3.2

    Das Modell muss von der zuständigen europäischen Normungsorganisation, dem Europäischen Komitee für Normung (CEN), erarbeitet werden.

    3.3

    Im Richtlinienvorschlag ist keine Frist angegeben, weder für den Auftrag der Kommission an die Normungsorganisation noch für die Vorlage von deren Vorschlägen, obwohl dies wichtig und wünschenswert wäre.

    3.4

    Von den Mitgliedstaaten wird verlangt, dafür zu sorgen, dass sowohl die Auftraggeber als auch die Auftragnehmer elektronische Rechnungen akzeptieren, sofern diese der festgelegten europäischen Norm entsprechen.

    3.5

    Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie spätestens 48 Monate nach ihrem Inkrafttreten umzusetzen, indem sie die hierfür erforderlichen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen.

    3.6

    Bis zum 30. Juni 2023 muss dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Auswirkungen dieser Richtlinie auf den Binnenmarkt und auf die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen Bericht erstattet werden. Diese begleitende Untersuchung ist nach Auffassung des Ausschusses äußerst wichtig, da geeignete Überwachungsinstrumente entwickelt werden müssen, um die Auswirkungen der Maßnahme sowohl in Bezug auf die Kosten der Umsetzung als auch die durch die Nutzung der Möglichkeiten erzielten Einsparungen zu quantifizieren.

    4.   Bemerkungen

    4.1

    In einigen Mitgliedstaaten, die die elektronische Rechnungsstellung entweder bereits eingeführt haben oder einführen werden, müssen Rechnungen obligatorisch über elektronische Rechnungsstellungssysteme ausgestellt werden. In Portugal ist beispielsweise die Ausstellung von Rechnungen über elektronische Rechnungsstellungssysteme, die von der portugiesischen Finanz- und Steuerverwaltung ordnungsgemäß zugelassen sind, für alle Wirtschaftsakteure verbindlich vorgeschrieben; von dieser Regelung ausgenommen sind diejenigen Akteure, deren Jahresumsatz unter 150 000 EUR liegt oder die weniger als 1 000 Rechnungen pro Jahr ausstellen.

    Die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge ist in Portugal seit 2009 obligatorisch. Auch in Schweden, Dänemark und Finnland ist für bestimmte öffentliche Vergabeverfahren die elektronische Rechnungsstellung verpflichtend vorgeschrieben. In Österreich und Italien befindet sich die elektronische Rechnungstellung in der Einführung; 2014 soll sie in Italien verbindlich werden.

    4.2

    In einer im Januar 2011 veröffentlichten Umfrage, die die portugiesische Vereinigung für das öffentliche Auftragswesen (Associação Portuguesa dos Mercados Públicos) im Auftrag des INCI (Instituto da Construção e do Imobiliário, nationales Institut für das Bau- und Liegenschaftswesen) durchgeführt hat, werden einige Verbesserungsvorschläge zum elektronischen Vergabeverfahren gemacht; der Wert dieser Analyse für die Ausarbeitung des europäischen Modells für die Vergabe öffentlicher Aufträge und für die elektronische Rechnung sollte nicht unterschätzt werden. In der Untersuchung wird darauf hingewiesen, wie wichtig die Vereinheitlichung der Funktionsweise der Plattformen, die Verbesserung der Interoperabilität zwischen den Plattformen und den übrigen Diensten sowie die Vereinfachung der Verfahren und Anforderungen für elektronische Signaturen sind.

    4.3

    Aus Sicht des Auftragnehmers hat die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen folgende Vorteile:

    Entmaterialisierung des Verfahrens mit entsprechender Verringerung der Umweltbelastung (sowohl beim Papierverbrauch als auch bei dem durch die Postzustellung verursachten ökologischen Fußabdruck), der Opportunitätskosten und der Betriebskosten;

    Erleichterung des Zugangs zu nationalen und grenzüberschreitenden Ausschreibungen über eigens zu diesem Zweck geschaffene elektronische Plattformen, wodurch die mit der Entfernung vom Ort der Ausschreibung – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes – verbundenen Schwierigkeiten verringert werden. In dieser Hinsicht können die Zugangsmöglichkeiten durch die Normung auf EU-Ebene erheblich gesteigert werden, indem Hindernisse für die Teilnahme an Ausschreibungen durch die Milderung entfernungsbedingter Probleme beseitigt werden;

    Senkung der Teilnahmekosten, wodurch der Markt für mehr Unternehmen und vor allem KMU geöffnet werden kann.

    4.4

    Aus Sicht des Auftraggebers hat die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen folgende Vorteile:

    Verringerung des Verwaltungsaufwands, der Opportunitätskosten sowie der Umweltbelastung;

    Beschleunigung des Auftragserteilungs-, Rechnungsbearbeitungs- und Zahlungsvorgangs;

    Verbesserung der Transparenz und Genauigkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge;

    Erleichterung der Rechnungsprüfung;

    Steigerung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung durch Erzeugung eines Kaskadeneffekts für die Entmaterialisierung der Verfahren in anderen Bereichen;

    Beitrag zur optimalen Nutzung der finanziellen Mittel, was in den gegenwärtigen Krisenzeiten in Europa unverzichtbar ist;

    4.5

    Als Nachteile wären zu nennen:

    Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Wirtschaftsakteure haben bereits sehr viel in die bestehenden Systeme investiert. Sehr viel Software und selbst Hardware wird daher eventuell angepasst werden müssen, möglicherweise mit erheblichen Kosten. In dieser Hinsicht kann bei der jetzt angestrebten Normung allenfalls bemängelt werden, dass sie reichlich spät kommt und deshalb jeder Mitgliedstaat gesondert vorpreschen konnte;

    die Sicherheit der ausgetauschten Daten: Trotz der erheblichen Verbesserung der Verlässlichkeit der Plattformen besteht offenbar immer noch die Möglichkeit von Informationslecks;

    die teilweise Abhängigkeit von Dienstleistungen, die durch Dritte erbracht werden, nämlich Telekommunikationsanbieter und Betreiber von elektronischen Plattformen;

    unter den Nachteilen der elektronischen Rechnungsstellung könnte auch noch angeführt werden, dass ihre allgemeine Verbreitung möglicherweise zu vermehrten Zugangsschwierigkeiten für Menschen mit Behinderung führen könnte, falls deren besonderen Bedürfnissen nicht Rechnung getragen wird. Daher müssen die Zugänglichkeit für alle, die Chancengleichheit sowie die Nichtdiskriminierung von Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden.

    Brüssel, den 16. Oktober 2013

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Henri MALOSSE


    (1)  COM(2010) 712 final.

    (2)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 105.

    (3)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 105.

    (4)  Elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge. (Siehe Seite 96 dieses Amtsblatts).

    (5)  Referenz der Finanzhilfevereinbarung: 224974

    (6)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 105.

    (7)  SEC(2010)1214 final.

    (8)  COM(2010) 571 final.

    (9)  Unter einem "semantischen Datenmodell" versteht man "eine strukturierte und logisch verknüpfte Reihe von Begriffen und Bedeutungen, die die mit Hilfe elektronischer Rechnungen ausgetauschten Inhalte beschreiben".

    (10)  "Elektronische Basisrechnung" bezeichnet eine "Teilmenge von Informationen, die in einer elektronischen Rechnung enthalten und für die grenzübergreifende Interoperabilität unerlässlich sind, so z. B die Informationen, die zur Gewährleistung der Einhaltung der Rechtsvorschriften erforderlich sind".


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