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Document 52010IE0762

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Professionalisierung der Hausarbeit“ (ergänzende Stellungnahme)

    ABl. C 21 vom 21.1.2011, p. 39–43 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    21.1.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 21/39


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Professionalisierung der Hausarbeit“ (ergänzende Stellungnahme)

    2011/C 21/07

    Berichterstatterin: Béatrice OUIN

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 16. Februar 2010, gemäß Artikel 29 Buchstabe A der Durchführungsbestimmungen zur Geschäftsordnung eine ergänzende Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:

    Die Professionalisierung der Hausarbeit“.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Mai 2010 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 463. Plenartagung am 26./27. Mai 2010 (Sitzung vom 26. Mai) mit 133 gegen 7 Stimmen bei 11 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Empfehlungen

    Auf seiner 301. Tagung im März 2008 beschloss der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes (IAA), die Frage der menschenwürdigen Arbeit für Hausangestellte in die Tagesordnung der (im Juni 2010 stattfindenden) 99. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz im Hinblick auf eine zweimalige Beratung aufzunehmen. Ziel ist es, die beste Möglichkeit zu ermitteln, um die Rechte und angemessenen Arbeitsbedingungen dieser Kategorie von Arbeitnehmern zu gewährleisten. Das IAA hat unter den Staaten und Sozialpartnern bereits eine Diskussion über das geeignetste Instrument auf den Weg gebracht. Auch der EWSA möchte, dass ein wirksames, an die Besonderheiten dieser Arbeit angepasstes Instrument angenommen wird. Überdies ruft er die europäischen Akteure, die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner zu folgenden Maßnahmen auf:

    1.1

    Durchführung weiterer Forschungsarbeiten, um Daten zu den Rechtsvorschriften, den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und dem Sozialschutz von Haushaltsangestellten sowie deren Anwendung in den Mitgliedstaaten zu erhalten. Die derzeit vorliegenden Studien sind unvollständig und ermöglichen keine europaweiten Vergleiche, obwohl die Situationen sehr unterschiedlich sind.

    1.2

    Einführung rechtlicher Lösungen in den Mitgliedstaaten, die steuerliche, sozialversicherungsrechtliche und arbeits- und zivilrechtliche Vorschriften umfassen, die Haushalten mehr Anreize zur Beschäftigung von offiziell angemeldeten Haushaltsangestellten bieten und es potenziellen Haushaltsangestellten leichter machen, eine Beschäftigung im Rahmen eines geregelten Arbeitsverhältnisses anzunehmen.

    1.3

    Erstellung und flächendeckende Verbreitung von Ratschlägen und Empfehlungen für private Arbeitgeber und die von ihnen Beschäftigten; Förderung der Aufklärung/Schulung in Bezug auf die jeweiligen Pflichten und Rechte als Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer, insbesondere dann, wenn Prämiensysteme und steuerliche Absetzungsmöglichkeiten für die Arbeitgeber existieren.

    1.4

    Erweiterung der bestehenden Bezugssysteme durch eine Beschreibung der für die Verrichtung qualitativ hochwertiger Haus- und Familienarbeit erforderlichen Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen sowie Erstellung von Vergleichen zwischen den verschiedenen einzelstaatlichen Situationen. Förderung des sektoralen Dialogs zu diesen Tätigkeiten auf europäischer Ebene.

    1.5

    Vergleich der verschiedenen Organisationsarten (öffentliche Dienste, Unternehmen, Vereinigungen, Genossenschaften, Direktbeschäftigung) unter dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmerrechte und der Qualität der erbrachten Dienstleistung.

    1.6

    Ansteuern einer Arbeitsregelung, die Vertretungen im Haushalt der Arbeitgeber oder Kunden ermöglicht (da andernfalls die Rechte auf Urlaub, Krankenurlaub, Mutterschutz und Weiterbildung nur auf dem Papier bestehen) und die Zahlung der Wegzeit zwischen zwei Haushalten umfasst. Es ist ebenfalls erforderlich, dass sich die Hausangestellten zusammenschließen können, um ihre Rechte zu verteidigen, aus ihrer Isolierung herauszutreten und mit ihren Arbeitgebern Rechte auszuhandeln, die mit denen der Beschäftigten in Unternehmen und Verwaltungen vergleichbar sind.

    1.7

    Ermöglichung einer Zertifizierung früherer Lernerfahrungen und des lebenslangen Lernens, damit der Wert dieser Arbeit Anerkennung findet und die Arbeitgeber oder Kunden Garantien in Bezug auf die beruflichen Fähigkeiten der Angestellten erhalten.

    1.8

    Förderung der Innovation bei der Organisation dieses Wirtschaftszweigs durch Unterstützung der Erprobung innovativer Ideen und der Entwicklung neuer Organisations- und Partnerschaftsformen im Interesse einer wirksameren und validierten Umsetzung.

    1.9

    Ermittlung, Reduzierung und Prävention der Berufsrisiken, die mit der Hausarbeit einhergehen, und Gewährleistung von Bedingungen, die in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Sozialversicherung (einschließlich Mutterschutz und Renten) nicht schlechter sind als die der übrigen Beschäftigten.

    1.10

    Bekämpfung der in dieser Branche weit verbreiteten illegalen Arbeit und Schutz von illegal aufhältigen Arbeitsmigrantinnen, die Opfer von Misshandlung sind: Abschaffung der „doppelten Bestrafung“ dieser Frauen, die - wenn sie zur Polizei gehen, weil sie Gewalt oder gar sexuellen Missbrauch erlitten haben oder nicht bezahlt wurden - in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Hier müssen die internationalen Übereinkommen zum Schutz dieser Frauen angewandt werden (1).

    2.   Allgemeine Bemerkungen

    2.1   Feststellungen

    2.1.1   Putzfrauen, Tagesmütter, Betreuungs- und Haushaltshilfen: Diese ausschließlich von Frauen ausgeübten Tätigkeiten sind noch keine echten Berufe, was auch darauf zurückzuführen ist, dass Hausfrauen diese Arbeiten unentgeltlich verrichten. Da sich die Internationale Arbeitsorganisation mit dem Thema menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte befasst, wollte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss die in seiner im Oktober 2009 verabschiedeten Stellungnahme zu dem Zusammenhang zwischen Gleichstellung, Wachstum und Beschäftigung (2) angestellten Überlegungen vertiefen: In dieser Stellungnahme wurde hervorgehoben, welche Bedeutung der Professionalisierung personenbezogener Dienstleistungen sowohl für die Geschlechtergleichstellung als auch für das Wirtschaftswachstum zukommt.

    2.1.2   Die EU-Mitgliedstaaten sehen in den personenbezogenen Dienstleistungen ein Beschäftigungspotenzial, das nicht verlagert werden darf. Viele Länder haben Steuerbefreiungen oder Prämien eingeführt, um die Schwarzarbeit zu legalisieren und die Schaffung neuer Arbeitsplätze dadurch anzukurbeln, dass den Nutznießern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht wird.

    2.1.3   Laut dem im Hinblick auf die Konferenz vom Juni 2010 (3) erarbeiteten ILO-Bericht liegt der Anteil der hauswirtschaftlichen Arbeit an der Gesamtbeschäftigung in den Industrieländern zwischen 5 % und 9 %. In der Einführung des Berichts heißt es, „dass hauswirtschaftliche Arbeit in vielen Ländern als Beschäftigungsform so gut wie unsichtbar bleibt. Hauswirtschaftliche Arbeit findet nicht in einer Fabrik oder in einem Büro, sondern im Haushalt statt. Bei den Beschäftigten handelt es sich nicht um männliche Ernährer, sondern überwiegend um Frauen. Sie arbeiten nicht Seite an Seite mit anderen Beschäftigten, sondern isoliert hinter verschlossenen Türen. Ihre Arbeit zielt nicht auf die Produktion von Wertschöpfung, sondern auf Dienstleistungen für Millionen Haushalte. Hauswirtschaftliche Arbeit betrifft typischerweise die ansonsten unbezahlte Arbeit, die traditionell im Haushalt von Frauen geleistet wird. Dies erklärt, warum hauswirtschaftliche Arbeit monetär unterbewertet wird sowie häufig informell und undokumentiert ist. Obwohl ihre Ursprünge auf die Dienstherr-Dienstbote-Beziehung zurückgehen, wird sie tendenziell als eine Beschäftigungsform wahrgenommen, die nicht den Regeln entspricht und nicht in den allgemeinen Rahmen geltenden Arbeitsrechts passt. Infolgedessen gehen viele Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich auf das Arbeitsverhältnis im Bereich der hauswirtschaftlichen Arbeit ein und machen deshalb Hausangestellte anfällig für ungleiche, unfaire und oft missbräuchliche Behandlung (4).

    2.1.4   Wie es in dem Bericht weiter heißt, werden in den Medien häufig Fälle von Misshandlungen und Missbrauch einschließlich sexuelle Gewalt und Sklaverei, insbesondere von Arbeitsmigrantinnen, die als Hausangestellte im Haushalt des Arbeitgebers leben, angeprangert. Während die Zahl der in dieser Branche beschäftigten Personen ständig steigt, ist die hauswirtschaftliche Arbeit nach wie vor die prekärste, schlechtbezahlteste, am wenigsten geschützte und eine der risikoträchtigsten Formen der Beschäftigung. Da es sich bei der hauswirtschaftlichen Arbeit um eine besondere Beschäftigung handelt, die nicht unter die internationalen Regelungen fällt, ist die ILO seit 1948 mit der Erarbeitung eines geeigneten Regelwerks befasst.

    2.1.5   Diese Stellungnahme bezieht sich auf bezahlte Hausarbeit, die in einem Haushalt und für diesen verrichtet wird, einschließlich hauswirtschaftliche Arbeiten, Kinderbetreuung und andere personenbezogene Dienstleistungen. Sie befasst sich weder mit Sozialdiensten noch mit Privatunternehmen, sondern mit der Arbeitssituation der von Privatpersonen beschäftigten Hausangestellten. Da diese Arbeit eine zunehmende Zahl von Personen betrifft - diejenigen, die sie verrichten, und diejenigen, denen sie zugute kommt - und sie einen spezifischen Charakter hat, ist es zweckmäßig, sie in entsprechende Rechtsvorschriften einzubetten.

    2.1.6   Die meisten Haushaltsangestellten in Europa haben mehrere Arbeitgeber. Nur wenige der weiblichen Hausangestellten, oft Migrantinnen, leben bei ihrem Arbeitgeber. Informelle Arbeit ist hier sehr weit verbreitet. Hausangestellte sind häufig schutzbedürftige Personen, die nur unzureichend über ihre Rechte informiert sind, aus ländlichen Gegenden stammen und über ein geringes Qualifikationsniveau verfügen, oder es sind Migrantinnen, die die Sprache des Gastlandes nur unzureichend beherrschen.

    2.1.7   Unabhängig davon, wie die jeweilige Rechtslage auch sein mag: Das Arbeitsrecht wurde für Unternehmen konzipiert und lässt sich in der Praxis meistens nicht auf eine Arbeit anwenden, die in einem Haushalt verrichtet wird, wo Kontrollen schwierig sind bzw. fehlen. Deshalb gelten auch die Regeln für lukrative Erwerbstätigkeiten für sie nicht. Adam SMITH (5) qualifiziert diese Arbeit als „nicht produktiv“. Ihr Wert wird nicht anerkannt, obgleich sie für das Funktionieren der Gesellschaft unentbehrlich ist.

    2.1.8   „Weil der Status von Hausangestellten im modernen Arbeitsrecht oft unklar ist, werden sie häufig de facto von formellen Regelungen und ihrer Durchsetzung ausgeschlossen (6). In den EU-Mitgliedstaaten werden ungeachtet dessen, dass Hausangestellte nicht von den allgemeinen arbeitsrechtlichen Normen ausgenommen sind, diese Vorschriften in der Praxis sehr selten auf sie angewandt. Die als Arbeitgeber fungierenden Einzelpersonen sind über ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten schlecht informiert. Da die Haushaltsangestellten allein arbeiten, fällt es ihnen schwer, sich zu organisieren.

    2.2   Begriffsbestimmung: Professionalisierung

    2.2.1   Die unter den Begriff „Haus- und Familienarbeit“ fallenden Aufgaben werden auf informellem Weg über einen innerfamiliären Lernprozess vermittelt, der sich von Generation zu Generation unterscheidet. In Europa wurden das Wollespinnen und Hühnerfüttern durch das Einstellen der richtigen Wasch- und Trockenprogramme und das Auswählen von Lebensmitteln mit gültigem Haltbarkeitsdatum im Kühlregal des Supermarkts ersetzt. Es gilt, diesen informellen Lernprozess anzuerkennen und die einschlägigen Kenntnisse und Fähigkeiten inhaltlich zu definieren. Ferner muss das lebenslange Lernen eingeführt werden. Die technologische Innovation muss auch diesen Wirtschaftszweig durchdringen, und ebenso müssen die neuen Kenntnisse in puncto Ernährung bzw. die heutigen Anforderungen im Bereich des Umweltschutzes darin Eingang finden.

    2.2.2   Um bessere Arbeitsbedingungen für diese Tätigkeit zu erlangen, bedarf es einer präzisen Beschreibung der zu verrichtenden Aufgaben, der übernommenen Verantwortlichkeiten und der erforderlichen Kompetenzen. Notwendig ist zudem ein formelles Erlernen der einschlägigen Kenntnisse, um die Aufgaben sachgemäß für gleich welchen Kunden ausführen zu können, oder aber die Validierung früherer Lernerfahrungen. Lehre und Erfahrungserwerb sollten durch einen entsprechenden Befähigungsnachweis bescheinigt werden. Es ist im Interesse der Arbeitgeber oder Kunden, auf Personen mit anerkannten Fähigkeiten zurückgreifen zu können.

    2.2.3   Die Hausarbeit zu professionalisieren bedeutet, den Hausangestellten dieselben Rechte und denselben Schutz zuzuerkennen wie den Beschäftigten in Büros oder Betrieben: ein angemessenes Gehalt, auch für die Wegzeit zwischen zwei Haushalten, die Bestimmung der „Wochenarbeitszeit“, die Möglichkeit von bezahltem Urlaub, die Achtung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzregeln, eine angemessene Rente, Mutterschutz (7), bezahlter Krankenurlaub, Invaliditätsentschädigungen, Rechtsmittel in Fällen von Missbrauch, Regeln bei Kündigung oder Vertragsbruch, tatsächlicher Zugang zur beruflichen Bildung und Laufbahnentwicklung wie in anderen Berufen auch. Durch die allgemeine Einführung eines Vertrags würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschützt.

    2.2.4   Professionalisieren heißt, daraus einen Beruf zu machen und die Stereotypen zu bekämpfen, denen zufolge diese Aufgabe allein Frauen vorbehalten sind. Die bei der Professionalisierung erzielten Fortschritte wird man an den Fortschritten bei der Geschlechterdurchmischung ablesen können.

    2.3   Begriffsbestimmung: Hausarbeit

    2.3.1   Hauptmerkmal der Hausarbeit ist ihre Unsichtbarkeit. Die Aufgaben und vor allem die Verantwortlichkeiten, die die Hausangestellten übernehmen, werden nur äußerst selten erwähnt bzw. aufgezählt. Die Arbeitgeber vertrauen ihr Haus und ihre Kinder Personen an, deren Kompetenzen sie nicht überprüfen können (8). Die Untersuchungen (9) über den Wert der Arbeit, die in Haushalten geleistet wird, um das Alltagsleben der Familien zu gewährleisten („Zeitbudget“), heben hervor, dass ein Funktionieren der Gesellschaft ohne sie undenkbar ist. Dieser Wert muss anerkannt werden.

    2.3.2   Die Haus- und Familienarbeit erstreckt sich auf die Tätigkeiten von Personen, die von öffentlichen Sozialdiensten, staatlich unterstützten Organisationen oder Privatunternehmen beschäftigt werden, sowie von Hausangestellten, die im Rahmen frei ausgehandelter Verträge formell oder informell arbeiten, wobei die Arbeitgeber jeweils Privatpersonen sind. Obgleich die Hausarbeit in all diesen Fällen fast ausschließlich von Frauen verrichtet wird, sind die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in den öffentlichen Sozialdiensten und den Privatunternehmen, in denen sich die Beschäftigten organisieren und die Sozialpartner Tarifverträge aushandeln können und in denen es Verwaltungskontrollen gibt, im Allgemeinen besser.

    2.3.3   Laut ILO-Bericht (10) teilt die Internationale Standardklassifikation der Berufe (ISCO) der ILO hauswirtschaftliche Arbeit in zwei breite Klassifikationsgruppen (5 und 9) ein und beschreibt zugehörige Aufgaben und die entsprechenden Qualifikationsniveaus: „Die Berufshauptgruppe 5 schließt gewerbliche Unternehmen, Einrichtungen und Privathaushalte ein. Sie deckt zwei Kategorien ab: Dienstleistungsberufe im hauswirtschaftlichen Bereich und im Gaststättengewerbe (Berufsuntergruppe 512), worunter hauswirtschaftliche und verwandte Berufe sowie Köche fallen, sowie Pflege- und verwandte Berufe einschließlich Kinderbetreuern sowie Haus- und Familienpflegern (Berufsuntergruppe 513). Die Einordnung der Hauswirtschaft in Berufsgattung 5121 betont die Aufsichtsfunktion des Wirtschafters. Berufsgattung 5131 definiert Kinderbetreuer als Personen, die ‚Kinder des Arbeitgebers betreuen und ihre Tagesaktivitäten beaufsichtigen‘ und zählt dazu die folgenden Aufgaben:

    Kindern helfen, sich zu waschen, sich anzuziehen und zu essen,

    Kinder auf dem Schulweg oder bei Freizeitaktivitäten draußen zu begleiten,

    mit Kindern Spiele zu spielen oder Kinder durch Vorlesen oder Geschichtenerzählen zu unterhalten,

    in Schlaf- und Spielzimmern von Kindern Ordnung zu halten,

    Schulkinder in der Mittagspause oder anderen Unterrichtspausen zu betreuen,

    Schulkinder auf Ausflügen sowie bei Museumsbesuchen und ähnlichen Unternehmungen zu betreuen,

    mit den obigen verwandte Aufgaben wahrzunehmen,

    andere Arbeitnehmer zu beaufsichtigen.

    In ähnlicher Weise gilt für Haus- und Familienpfleger in Berufsuntergruppe 5133, dass sie ‚sich um verschiedene persönliche Bedürfnisse kümmern und allgemein die persönliche Betreuung von Personen übernehmen, die wegen körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung oder Behinderung oder wegen Gebrechlichkeit aufgrund hohen Alters solcher Betreuung in ihrem eigenen Haushalt bedürfen‘. Zu den Aufgaben in dieser Kategorie, in die beispielsweise eine ‚häusliche Pflegekraft‘ fällt, zählen die folgenden:

    Personen zu helfen, zu Bett zu gehen und aufzustehen und sich entsprechend umzuziehen,

    Bettzeug zu wechseln und Personen bei der Körperhygiene und dem Toilettengang zu helfen,

    von der Pflegekraft oder Dritten zubereitetes Essen zu servieren und hilfsbedürftige Personen zu füttern,

    notwendige Medikamente zu verabreichen oder sicherzustellen, dass sie eingenommen werden,

    auf jedes Zeichen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der betreuten Person zu achten und gegebenenfalls den zuständigen Arzt oder die Sozialdienste zu informieren,

    mit den obigen verwandte Aufgaben wahrzunehmen,

    andere Arbeitnehmer zu beaufsichtigen.

    Berufsuntergruppe 913 ist definiert als ‚Haushaltshilfen und verwandte Hilfskräfte, Reinigungspersonal und Wäscher‘. Sie betrifft Privathaushalte, Hotels, Büros, Krankenhäuser und andere Einrichtungen sowie eine Vielzahl von Mitteln, um Innenräume und Inventar sauber zu halten. Die Berufsuntergruppe schließt Haushaltshilfen und Reinigungskräfte ein, ebenso Wäscher und Bügler. In der Berufsgattung 9131 verrichten Haushaltshilfen und Reinigungskräfte die Aufgaben, ‚zu wischen, Staub zu saugen, zu putzen, zu waschen und zu polieren, die Haushaltswäsche zu pflegen, den Haushaltsbedarf einzukaufen, Essen zuzubereiten, Mahlzeiten zu servieren und verschiedene andere Haushaltspflichten wahrzunehmen‘“.

    2.3.4   Auch wenn die medizinische Versorgung nicht zur Hausarbeit gehört, muss eine Haushaltshilfe oder eine Mütterhelferin in der Lage sein, den zu betreuenden Personen bei der Medikamenteneinnahme zu helfen und in einem für die betreute Person lebensbedrohlichen Notfall zu reagieren. Dafür muss sie ausgebildet sein.

    2.3.5   Die Personen, die diese Aufgaben übernehmen, müssen selbständig arbeiten und in der Lage sein, ihre Zeit zu organisieren, wenn der Arbeitgeber abwesend oder selbst hilfsbedürftig ist. Sie müssen Vertrauen erwecken - immerhin vertraut man ihnen den Hausschlüssel, das Baby, die alten Eltern, also das Wertvollste an -, und über Verantwortungsbewusstsein, Eigeninitiative und Diskretion verfügen. Wenn sie die volle Verantwortung für Kinder oder hilfsbedürftige Personen übernehmen, müssen sie zudem mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen können, wachsam, aufmerksam, überzeugend, geduldig und gleichmütig sein, sich konzentrieren und zuhören können sowie Autorität ausstrahlen und wissen, was bei einem Unfall zu tun ist. Sie müssen einfühlsam sein und sich mit Psychologie, Ernährung und Hygiene auskennen.

    2.4   Merkmale der Hausarbeit

    Hausarbeit ist prekär und schlecht bezahlt, weil ihr Wert nicht anerkannt wird. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass Hausfrauen diese Arbeiten unentgeltlich verrichten, dass Arbeitgeber Einzelpersonen sind, die nicht mehr zahlen können oder wollen, dass sie von Frauen verrichtet wird, die allein und meistens bei mehreren Arbeitgebern arbeiten, dass sie sich - anders als Beschäftigte in Unternehmen - nicht kollektiv organisieren, streiken oder die Produktion lahmlegen können, um ihre Forderungen durchzusetzen, dass die Stereotypen, die auf der Vorstellung von diesen Berufen und dem Frauen- und Mutterbild lasten, die wirklichen Qualifikationen kaschieren, dass der Arbeitsplatz eine nicht kontrollierbare Privatwohnung ist und dass sie in vielen Fällen von irregulären Zuwanderinnen ohne Rechte ausgeübt wird.

    2.4.1   Diese Tätigkeiten sind naturgemäß prekär, da sie vom jeweiligen Bedarf der Haushalte abhängen: die Kinder werden groß und selbständig, ältere, pflegebedürftige Menschen sterben, und wenn das Einkommen des Haushalts, z.B. wegen Arbeitslosigkeit, abnimmt, fällt der Arbeitsplatz einer Haushaltsangestellten weg.

    3.   Besondere Bemerkungen

    3.1   Ziele der Professionalisierung

    3.1.1   Bessere Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben

    3.1.1.1   Die Erwerbstätigkeit von Frauen, Voraussetzung der Geschlechtergleichstellung, hat die Schaffung von Dienstleistungen zur Ersetzung der Arbeiten erforderlich gemacht, die früher von den Hausfrauen verrichtet wurde. Außerdem verfügen die Familien über größere finanzielle Mittel, sodass einige es sich leisten können, diese Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, wodurch Arbeitsplätze geschaffen werden.

    3.1.1.2   Diese Dienstleistungen haben sich weiterentwickelt, da sie unverzichtbar sind, um ein Gleichgewicht zwischen Familien- und Berufsleben zu ermöglichen. Männer und Frauen müssen sich beruflich engagieren können, ohne dadurch ihre Familien- und Privatleben zu beeinträchtigen. In diesem Fall ist es notwendig, einen Teil der Haus- und Familienaufgaben Dritten anzuvertrauen.

    3.1.1.3   Um zu einer ausgewogenen Teilhabe von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt zu gelangen und den neuen Erfordernissen im Zuge der demografischen Alterung Rechnung zu tragen, müssen diese Dienstleistungen künftig weiterentwickelt werden. Sie werden also in Zukunft eine noch größere Anzahl von Beschäftigten betreffen.

    3.1.2   Qualitativ hochwertige Arbeitsplätze und Dienstleistungen

    3.1.2.1   Um diese Dienstleistungen weiter auszubauen, ist es wichtig, ihre Qualität zu gewährleisten und bereits bestehende Ausbildungsmöglichkeiten ebenso wie das lebenslange Lernen flächendeckend einzuführen, um die neuen Entwicklungen einbeziehen und die Möglichkeiten der Kompetenzkontrolle erweitern zu können. Diese Tätigkeiten zu professionalisieren heißt, ihre Qualität sowohl für die Kunden und Nutznießer als auch für die Beschäftigten zu verbessern. Die Professionalisierung ist der sicherste Weg, um auch in Zukunft Menschen zu finden, die sie ausüben möchten.

    3.1.3   Bekämpfung von Armut

    3.1.3.1   Es ist bekannt, dass in Europa häufiger Frauen von Armut betroffen sind. Die niedrigen Gehälter, die Prekarität und die Schwarzarbeit, die für die Hausarbeit kennzeichnend sind, sind allesamt Faktoren sozialer Ausgrenzung. In Europa ist der Anteil der nicht angemeldeten Erwerbsarbeit in der Hausarbeitsbranche am höchsten, noch vor dem Bau- oder Gaststättengewerbe (11).

    3.1.4   Bekämpfung von informeller Arbeit und illegaler Einwanderung

    3.1.4.1   Fälle von Sklaverei in Europa betreffen illegal aufhältige Hausangestellte, denen der Arbeitgeber kein Gehalt zahlt, sondern Aufenthaltspapiere verspricht. Diese Arbeitnehmerinnen sind am schutzbedürftigsten: Aus Angst vor Ausweisung trauen sie sich nicht, Misshandlungen, Gewalt oder sexuellen Missbrauch anzuzeigen. Die Hausarbeit sollte unter die „erwünschte Immigration“ fallen, die derzeit hochqualifizierten Personen vorbehalten ist. Aufgrund seiner demografischen Lage kommt Europa nicht ohne Einwanderer aus, insbesondere um den Personalbedarf für pflegebedürftige alte Menschen zu decken.

    3.1.4.2   Durch die Informalität dieser Arbeit wird dem Arbeitnehmer der Sozialschutz vorenthalten, und der Gesellschaft entgehen Steuern und Sozialabgaben. Sie beeinträchtigt das Image und die Wahrnehmung der Hausarbeit, die dadurch zur zweitklassigen Beschäftigung wird, was Stereotypen Vorschub leistet und den gesamten Berufsstand in Verruf bringt. Zudem erhöht sie das Armutsrisiko.

    3.1.4.3   Der Abbau der nicht angemeldeten Arbeit in Haushalten erfordert ein Maßnahmenbündel in der Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten - insbesondere durch Vorschriften in den Bereichen Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht und Zivilrecht. Die Bereitschaft, eine nicht angemeldete Tätigkeit anzubieten bzw. anzunehmen, hat sehr häufig wirtschaftliche Gründe, da eine solche Form der Beschäftigung beiden Seiten mehr Vorteile bietet als eine angemeldete Arbeit. Die Mitgliedstaaten sollten auf einen Abbau der Unterschiede in Bezug auf derartige Vorteile hinwirken, und die Maßnahmen sollten überdies den gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen vor Ort angepasst sein (Medienkampagnen, Vorbildfunktion öffentlicher Persönlichkeiten, Information über die Risiken der nicht angemeldeten Arbeit).

    3.2   Arbeitsbedingungen

    3.2.1   Organisierte Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben Tarifverträge ausgehandelt. Auf der Grundlage dieser Errungenschaften müssen die Bedingungen der Haushaltsangestellten verbessert werden. Es gilt, Studien zu den Tarifverträgen, die derzeit die Hausarbeit in Europa regeln, durchzuführen und anschließend bewährte Praktiken zu verbreiten. Darüber hinaus müssen auch die verschiedenen Organisationsformen (Unternehmen, Vereinigungen, Genossenschaften, Direktbeschäftigung) unter dem Gesichtspunkt der Arbeitnehmerrechte und der Qualität der erbrachten Dienstleistung miteinander verglichen werden.

    3.2.2   In vielen Ländern Europas sind sowohl die privaten Arbeitgeber als auch die Hausangestellten nur unzureichend über ihre Rechte und Pflichten informiert. Die Arbeitgeber denken bei einer Putz- oder Kinderfrau nicht an eine Beschäftigte, die Rechte hat. Aufgrund von Stereotypen sehen sie sie als eine Aushilfe, der sie einen Gefallen tun, indem sie ihr einige Stunden Arbeit anbieten. Häufig wird keinerlei schriftlicher Vertrag zwischen den beiden Parteien unterzeichnet, und Aspekte wie die Beschäftigungsbedingungen, Gehalt, Urlaub, Arbeitszeiten, Aufgabenbeschreibung, Vertragsbruch oder Kündigungsentschädigung sind nicht eindeutig festgelegt. Die Rechte und Pflichten des Einzelnen müssen präzisiert werden; dies ist auch ein Schutz für den Arbeitgeber, der sich der Risiken, die er eingeht, wenn er eine Hausangestellte beschäftigt (Diebstahl, Unfall), und seiner diesbezüglichen Verantwortlichkeiten stärker bewusst sein muss.

    3.2.3   Gesundheitsschutz und Sicherheit: Die Hausarbeit wird zu Unrecht als risikolos erachtet. Unfälle wie Verbrennungen, Schnittwunden, Vergiftungen mit Haushaltsprodukten, Stürze und Stromschläge durch Haushaltsgeräte kommen häufig vor, gerade auch dann, wenn der Arbeitgeber nicht weiß, dass er Sicherheitsvorschriften beachten muss, und die Angestellte nicht über die Gefahren und ihre Vermeidung informiert wurde.

    3.2.4   Gesundheit, Mutterschutz, Rente: Der Mutterschutz ist häufig Anlass für eine Kündigung, da sich der Arbeitgeber, der Hilfe im Haushalt benötigt, eine andere Hausangestellte nimmt und sich nicht verpflichtet fühlt, die in Mutterschutz gegangene Kraft wieder einzustellen. Da es keine Organisation gibt, die vorübergehende Vertretungen gestattet, können Rechte nicht ausgeübt werden und bleiben somit theoretisch. Die Sozialschutz- und Rentensysteme sind für einige Arbeitsstunden bei mehreren Arbeitgebern häufig ungeeignet.

    3.2.5   Qualifikation, Ausbildung: Die erforderlichen Kompetenzen wurden lange Zeit auf informellem Weg erworben. Doch seit mehreren Jahren ist festzustellen, dass die Wissensübertragung in der Familie rückläufig ist. Junge Mütter sind mit der Geburt ihres ersten Kindes überfordert, junge Eltern können keine ausgewogenen Mahlzeiten mehr zubereiten und bevorzugen Fertiggerichte, was eine der Ursachen der Fettleibigkeit von Kindern ist. Die Benennung der Aufgaben und Kompetenzen und ihre Vermittlung würde es ermöglichen, sie besser und im Sinne einer Geschlechterdurchmischung zu verbreiten.

    Brüssel, den 26. Mai 2010

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Mario SEPI


    (1)  Vgl. das Europäische Übereinkommen von 1977 über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer und das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels.

    (2)  ABl. C 318 vom 23. Dezember 2009, S. 15.

    (3)  Siehe ILO-Bericht „Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte“, Bericht IV für die Internationale Arbeitskonferenz, 99. Tagung 2010. http://www.ilo.org/public/english/protection/condtrav/pdf/dw_ge.pdf.

    (4)  Ebd. S. 1.

    (5)  Ebd., S. 11.

    (6)  Ebd.

    (7)  Mit der Revision der Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992) wird dieses Recht auch den Hausangestellten zuerkannt.

    (8)  ABl. C 277 vom 17. November 2009, S. 102.

    (9)  Housework: priceless or valueless? von Marianne A. Ferber und Bonnie G. Birnbaum (1977), http://www.roiw.org/1980/387.pdf;

    Time Use in Child Care and Housework and the Total Cost of Children von Björn Gustafsson und Urban Kjulin, © 1994 Springer, http://www.jstor.org/pss/20007438.

    (10)  S. Fußnote 3, S. 33/34.

    (11)  Siehe „Undeclared work in the European Union“, Special Eurobarometer 284, wave 67.3. Oktober 2007, S. 21.


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