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Document 52003AE0584

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide" (KOM(2003) 23 endg. — 2003/0008 (CNS))

ABl. C 208 vom 3.9.2003, p. 39–40 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AE0584

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide" (KOM(2003) 23 endg. — 2003/0008 (CNS))

Amtsblatt Nr. C 208 vom 03/09/2003 S. 0039 - 0040


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide"

(KOM(2003) 23 endg. - 2003/0008 (CNS))

(2003/C 208/10)

Der Rat beschloss am 10. Februar 2003, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 37 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 25. April 2003 an. Berichterstatter war Herr Mascia.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 399. Plenartagung am 14. und 15. Mai 2003 (Sitzung vom 14. Mai) mit 104 gegen 2 Stimmen bei 15 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Wesentlicher Inhalt des Kommissionsvorschlags

1.1. Der Vorschlag sieht eine endgültige Kürzung von 5 % (gegenüber der in der Agenda 2000 vorgeschlagenen Kürzung von 20 %) vor, um den Interventionspreis für Getreide ab 2004/2005 auf 95,35 EUR/t abzusenken, mit dem Ziel, dass die Intervention nur noch als Sicherheitsnetz fungiert. Damit die Interventionsbestände angesichts der unzureichenden Absatzmöglichkeiten auf den In- und Auslandsmärkten nicht weiter anwachsen, wird Roggen von der Interventionsregelung ausgeklammert.

1.2. Da die Intervention somit an Bedeutung verliert, ist nach Auffassung der Kommission eine saisonale Anpassung der Interventionspreise künftig nicht mehr gerechtfertigt. Sie schlägt daher vor, die monatlichen Zuschläge abzuschaffen.

1.3. Aufgrund der Kürzung des Interventionspreises für Getreide werden die Flächenzahlungen für Getreide und einige andere Kulturpflanzen von 63 auf 66 EUR/t angehoben und der einheitlichen Betriebsprämie zugerechnet.

1.4. Ferner schlägt die Kommission vor, die Erzeugungserstattungen für Stärke und bestimmte daraus gewonnene Erzeugnisse nicht mehr zu gewähren und die Mindestpreisregelung für Stärkekartoffeln abzuschaffen. Gleichzeitig soll die Beihilfe für die Erzeuger von Stärkekartoffeln in die einheitliche Betriebsprämie einbezogen werden.

2. Einleitung

2.1. 40 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Europäischen Union werden für Kulturpflanzen genutzt, wobei circa 38 Millionen Hektar auf den Getreideanbau entfallen. Die Erzeugung von rund 210 Millionen Tonnen im Jahr 2002 stellt eine äußerst wichtige Versorgungsquelle für die menschliche und tierische Ernährung dar und bedeutet, dass die Europäische Union nach den USA international der größte Getreidelieferant ist.

2.2. In den letzten 10 Jahren wurde die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide durch zwei Reformen (Reform Mac Sharry und Agenda 2000) von Grund auf erneuert. Dadurch war es möglich, ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen, die Interventionsbestände abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten bei gleichzeitiger Wahrung hoher Lebensmittelsicherheitsstandards zu verbessern.

2.3. Die beiden Reformen haben folgende Ergebnisse gebracht:

- Der Interventionspreis, der in den letzten 10 Jahren um 50 % abgesenkt wurde (Rückgang in den vergangenen 3 Jahren: 15 %), ist nicht mehr ein garantierter Preis, der potenziell die Anhäufung von Überschüssen begünstigt, sondern hat die von der Kommission gewünschte Funktion eines "Sicherheitsnetzes" für den Markt übernommen.

- Die Interventionsbestände sind drastisch zurückgegangen, während die auf den Weltmarkt ausgeführten Getreidemengen, für die keine Rückerstattungen gewährt werden, proportional gestiegen sind.

2.4. Gleichzeitig hat die Kommission die Verhandlungen mit ihren Haupthandelspartnern über eine Änderung des Zollschutzsystems für Getreide-Importkontingente abgeschlossen. Dieses Abkommen sieht die Möglichkeit einer Erhöhung der Getreideimporte der EU um rund 3 Mio. Tonnen vor. Der Ausschuss ruft die Kommission auf, bei der Verwaltung der Kontingente die Interessen der europäischen Erzeuger zu berücksichtigen.

3. Bemerkungen

3.1. Nach Auffassung des Ausschusses hätte eine weitere Kürzung des Interventionspreises unter dem Aspekt des Kosten-Nutzen-Verhältnisses folgende Konsequenzen:

- fast keine Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Getreidesektors;

- geringerer Schutz für in Grenzgebieten angebaute Getreidesorten;

- keine Anreize zu einer weiteren Qualitätsverbesserung (z. B. Proteingehalt);

- Mehrkosten für den Gemeinschaftshaushalt (aufgrund der Zunahme der Erstattungszahlungen an die Erzeuger) in Höhe von ca. 800 Millionen EUR. Da der Europäische Rat auf seiner Tagung in Brüssel im Oktober 2002 Hoechstgrenzen für die Agrarausgaben festgesetzt hat, werden diese Kosten zwangsläufig Abstriche bei anderen Sektoren zur Folge haben.

3.2. Es sei darauf hingewiesen, dass der Ausschuss in seiner Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament "Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik"(1) aufgezeigt hat, dass ein Hauptanliegen der Kommission, d. h. im Marktbereich die Funktion der Intervention - insbesondere bei Getreide - auf die eines Sicherheitsnetzes zu reduzieren bereits mit den in der Agenda 2000 vorgesehenen Preissenkungen erreicht wurde. In der gleichen Stellungnahme bezweifelt der EWSA, dass die vorgeschlagene Getreidepreissenkung um 5 % mit der Entwicklung der Weltmarktpreise begründet werden kann, zumal die Kommission selbst bei ihren Prognosen von stabilen Weltmarktverhältnissen ausgeht.

3.3. Bezüglich Roggen schließt sich der Ausschuss zwar der Erkenntnis der Kommission an, dass in diesem Sektor ein strukturelles Ungleichgewicht besteht, stellt sich jedoch die Frage, ob

- die vorgeschlagenen einschneidenden Maßnahmen nicht durch Anwendung der in Artikel 29 Absatz 2 vorgesehenen Übergangsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum gestaffelt werden können;

- nicht flankierend zu den Anstrengungen, die die Erzeuger in den vergangenen Wirtschaftsjahren von sich aus unternommen haben, Anreize für Pläne zur Umstellung auf alternative Anbaukulturen geschaffen werden können.

3.4. Ferner möchte der Ausschuss Folgendes betonen:

- Durch die Abschaffung der Erzeugungserstattungsregelung wird dem Stärkesektor, der keinen Einfuhrschutz genießt, der Importschutz entzogen.

- Das Sektorengleichgewicht zwischen Getreidestärke und sonstiger Stärke könnte durch die Einführung der Regelung, die eine einheitliche Prämie in nur einem dieser beiden Sektoren vorsieht, beeinträchtigt werden.

3.5. Zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit und der Vermeidung von unlauterem Wettbewerb oder von Formen des Dumping müssen bei aus Drittstaaten eingeführtem Getreide die Gesundheits-, Umwelt- und Arbeitsstandards für die Getreideproduktion der Gemeinschaft berücksichtigt werden, vor allem im Rahmen der WTO-Verhandlungen.

4. Schlussbemerkungen

4.1. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, eingehende Überlegungen über die Folgen einer weiteren Kürzung von 5 % des Interventionspreises und die Abschaffung der monatlichen Zuschläge anzustellen und zu prüfen, ob diese Maßnahmen wirklich notwendig sind. Dabei sollte die Kommission berücksichtigen, dass die öffentliche Lagerhaltung von Getreide in den letzten Jahren sehr stark zurückgegangen ist und dass die Gemeinschaftspräferenz durch diese beiden Maßnahmen in Leidenschaft gezogen werden könnte. Ferner betont der Ausschuss, dass die für Roggen vorgeschlagenen Maßnahmen flexibler gestaltet werden müssen.

Brüssel, den 14. Mai 2003.

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger Briesch

(1) ABl. C 85 vom 8.4.2003.

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