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Document 32004D0573

2004/573/EG: Entscheidung des Rates vom 29. April 2004 betreffend die Organisation von Sammelflügen zur Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen, aus dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten

ABl. L 261 vom 6.8.2004, p. 28–35 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (CS, ET, LV, LT, HU, MT, PL, SK, SL, BG, RO, HR)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2004/573/oj

6.8.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 261/28


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 29. April 2004

betreffend die Organisation von Sammelflügen zur Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen, aus dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten

(2004/573/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 63 Absatz 3 Buchstabe b),

auf Initiative der Italienischen Republik (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Gesamtplan zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels in der Europäischen Union (2), der am 28. Februar 2002 vom Rat angenommen wurde und sich auf die Mitteilung der Kommission vom 15. November 2001 an den Rat und das Europäische Parlament über eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der illegalen Einwanderung stützt, wird festgestellt, dass die Rückübernahme- und Rückführungspolitik wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung ist. Zu diesem Zweck wird in dem Gesamtplan die Notwendigkeit hervorgehoben, einige konkrete Maßnahmen aufzuzeigen, unter anderem die Festlegung eines gemeinsamen Konzepts und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Rückführungsmaßnahmen. Deshalb sollten gemeinsame Normen für Rückführungsverfahren festgelegt werden.

(2)

Nach dem Plan für den Grenzschutz an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der am 13. Juni 2002 vom Rat angenommen wurde und sich auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Mai 2002 an den Rat und das Europäische Parlament „Auf dem Weg zu einem integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten“ stützt, sollen im Rahmen der Maßnahmen und Aktionen für einen integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union rationelle Rückführungsaktionen durchgeführt werden.

(3)

Gemäß dem am 28. November 2002 vom Rat angenommenen Rückführungsaktionsprogramm, das sich auf das Grünbuch der Kommission vom 10. April 2002 über eine Gemeinschaftspolitik zur Rückkehr illegal aufhältiger Personen und auf die Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2002 an den Rat und an das Europäische Parlament über eine Gemeinschaftspolitik zur Rückkehr illegal aufhältiger Personen stützt, soll die Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten, im Rahmen der Maßnahmen und Aktionen zur Verbesserung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten möglichst effizient gestaltet werden, indem die vorhandenen Kapazitäten für die Organisation von Sammelflügen gemeinsam genutzt werden.

(4)

Es ist wichtig, eine Regelungslücke des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Organisation von Sammelflügen zu vermeiden.

(5)

Ab 1. Mai 2004 kann der Rat nicht mehr auf Initiative eines Mitgliedstaates tätig werden.

(6)

Der Rat hat alle Möglichkeiten, rechtzeitig eine Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu erhalten, ausgeschöpft.

(7)

Unter diesen außergewöhnlichen Umständen sollte die Entscheidung ohne die Stellungnahme des Parlaments angenommen werden.

(8)

Die Mitgliedstaaten setzen diese Entscheidung unter Beachtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten um, insbesondere unter Beachtung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984, des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967, des Internationalen Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 18. Dezember 2000 (3).

(9)

Diese Entscheidung gilt unbeschadet der einschlägigen internationalen Vorschriften über die Rückführung auf dem Luftweg, wie z. B. Anhang 9 des Chicagoer Abkommens von 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und diesbezügliche Dokumente der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC).

(10)

Die unverbindlichen Gemeinsamen Leitlinien für Sicherheitsvorschriften bei gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg dürften bei der Durchführung dieser Entscheidung eine nützliche Orientierungshilfe bieten.

(11)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Entscheidung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist. Da diese Entscheidung den Schengen-Besitzstand nach den Bestimmungen des Dritten Teils Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 5 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Entscheidung angenommen hat, ob es sie in sein einzelstaatliches Recht umsetzt.

(12)

Für die Republik Island und das Königreich Norwegen stellt diese Entscheidung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des vom Rat der Europäischen Union am 18. Mai 1999 mit der Republik Island und dem Königreich Norwegen geschlossenen Übereinkommens über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (4) dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe C des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (5) zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen genannten Bereich fallen. Bei Einhaltung der in dem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren finden die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Rechte und Pflichten auch auf diese beiden Staaten und auf die Beziehungen zwischen ihnen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, an die diese Entscheidung gerichtet ist, Anwendung.

(13)

Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Entscheidung beteiligen möchten —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Ziel

Ziel dieser Entscheidung ist es, gemeinsame Rückführungen auf dem Luftweg von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen (nachfolgend als „Drittstaatsangehörige“ bezeichnet), aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu koordinieren.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Entscheidung bezeichnet der Ausdruck

a)

„Drittstaatsangehöriger“ jede Person, die nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, der Republik Island oder des Königreichs Norwegen ist;

b)

„organisierender Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, der mit der Organisation von Sammelflügen beauftragt ist;

c)

„teilnehmender Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, der an von einem organisierenden Mitgliedstaat organisierten Sammelflügen teilnimmt;

d)

„Sammelflug“ die Beförderung von Drittstaatsangehörigen durch ein zu diesem Zweck ausgewähltes Luftverkehrsunternehmen;

e)

„Rückführung“ und „gemeinsame Rückführungen auf dem Luftweg“ alle Tätigkeiten, die für die Rückkehr der betreffenden Drittstaatsangehörigen erforderlich sind, einschließlich der Beförderung mittels Sammelflügen;

f)

„Begleitperson(en)“ das Sicherheitspersonal, das mit der Begleitung von Drittstaatsangehörigen auf Sammelflügen beauftragt ist, sowie die mit der medizinischen Versorgung betrauten Personen und die Dolmetscher.

Artikel 3

Einzelstaatliche Behörde

Jeder Mitgliedstaat bestimmt die einzelstaatliche Behörde, die für die Organisation von Sammelflügen und/oder die Beteiligung daran zuständig ist, und leitet die entsprechenden Informationen an die anderen Mitgliedstaaten weiter.

Artikel 4

Aufgaben des organisierenden Mitgliedstaats

(1)   Beschließt ein Mitgliedstaat, einen Sammelflug zur Rückführung von Drittstaatsangehörigen zu organisieren, der den anderen Mitgliedstaaten zur Beteiligung offen steht, so unterrichtet er die einzelstaatlichen Behörden dieser Mitgliedstaaten darüber.

(2)   Die einzelstaatliche Behörde des organisierenden Mitgliedstaats ergreift die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung der reibungslosen Abwicklung des Sammelflugs. Insbesondere ergreift sie folgende Maßnahmen:

a)

Sie wählt das Luftverkehrsunternehmen aus und bestimmt gemeinsam mit dem ausgewählten Luftverkehrsunternehmen alle einschlägigen Kosten des Sammelflugs; sie übernimmt die entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen und stellt sicher, dass das Luftverkehrsunternehmen alle erforderlichen Maßnahmen für die Durchführung des Sammelflugs trifft, einschließlich Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung für die Drittstaatsangehörigen und die Begleitpersonen.

b)

Sie fordert von den Transit- und Zieldrittländern die für die Durchführung des Sammelflugs erforderlichen Genehmigungen an und nimmt diese entgegen.

c)

Sie nutzt die Kontakte zu den teilnehmenden Mitgliedstaaten und trifft gemeinsam mit diesen die entsprechenden Vorkehrungen für die Organisation des Sammelflugs.

d)

Sie legt die praktischen Einzelheiten und die Verfahrensweisen fest und bestimmt in Absprache mit den teilnehmenden Mitgliedstaaten die Anzahl der Begleitpersonen, die angesichts der Zahl der rückzuführenden Drittstaatsangehörigen angemessen ist.

e)

Sie schließt alle entsprechenden finanziellen Vereinbarungen mit den teilnehmenden Mitgliedstaaten.

Artikel 5

Aufgaben des teilnehmenden Mitgliedstaats

Beschließt ein Mitgliedstaat, an einem Sammelflug teilzunehmen, so

a)

unterrichtet er die einzelstaatliche Behörde des organisierenden Mitgliedstaats über seine Absicht, an dem Sammelflug teilzunehmen, und gibt die Zahl der rückzuführenden Drittstaatsangehörigen an;

b)

stellt er eine ausreichende Zahl von Begleitpersonen für jeden rückzuführenden Drittstaatsangehörigen zur Verfügung. Falls die Begleitpersonen ausschließlich vom organisierenden Mitgliedstaat bereitgestellt werden, sorgt jeder teilnehmende Mitgliedstaat dafür, dass jeweils mindestens zwei Vertreter an Bord anwesend sind. Diese Vertreter, die über denselben Status wie die Begleitpersonen verfügen, sind mit der Übergabe der Drittstaatsangehörigen, für die sie zuständig sind, an die Behörden des Ziellands betraut.

Artikel 6

Gemeinsame Aufgaben

Der organisierende Mitgliedstaat und alle teilnehmenden Mitgliedstaaten

a)

sorgen dafür, dass jeder Drittstaatsangehörige und jede Begleitperson über gültige Reisedokumente sowie über gegebenenfalls erforderliche zusätzliche Dokumente wie z. B. Einreise- und/oder Transit-Visa, Bescheinigungen oder Urkunden verfügt;

b)

unterrichten ihre diplomatischen und konsularischen Vertretungen in den Transit- und Zieldrittländern so bald wie möglich über die Vorkehrungen betreffend den Sammelflug, damit sie die erforderliche Unterstützung erhalten.

Artikel 7

Schlussbestimmung

Die Mitgliedstaaten tragen bei der Durchführung von gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg den dieser Entscheidung beigefügten Gemeinsamen Leitlinien für Sicherheitsvorschriften bei gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg Rechnung.

Artikel 8

Inkrafttreten

Diese Entscheidung gilt ab dem Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union.

Artikel 9

Adressaten

Diese Entscheidung ist gemäß dem Vertrag an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 29. April 2004.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. McDOWELL


(1)  ABl. C 223 vom 19.9.2003, S. 3.

(2)  ABl. C 142 vom 14.6.2002, S. 23.

(3)  ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.

(4)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(5)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.


GEMEINSAME LEITLINIEN FÜR SICHERHEITSVORSCHRIFTEN

BEI GEMEINSAMEN RÜCKFÜHRUNGEN AUF DEM LUFTWEG

1.   PHASE VOR DER RÜCKFÜHRUNG

1.1.   Voraussetzungen für rückzuführende Personen

1.1.1.   Rechtslage

Für illegal aufhältige Personen, d. h. Personen, die die Voraussetzungen für die Ein- bzw. Durchreise oder den Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union nicht oder nicht mehr erfüllen, werden Sammelflüge organisiert. Der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat stellt sicher, dass die Rechtslage jeder der rückzuführenden Personen, für die er zuständig ist, eine Rückführung erlaubt.

1.1.2.   Gesundheitszustand und Gesundheitsunterlagen

Der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat stellt sicher, dass der Gesundheitszustand der rückzuführenden Personen, für die er zuständig ist, eine rechtlich und faktisch sichere Rückführung auf dem Luftweg erlaubt. Für rückzuführende Personen, bei denen ein Gesundheitsproblem entdeckt wurde oder bei denen eine ärztliche Behandlung erforderlich ist, werden Gesundheitsunterlagen zur Verfügung gestellt. Die Gesundheitsunterlagen umfassen die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungen, eine Diagnose und Angaben zu möglicherweise erforderlichen Arzneimitteln, damit die nötigen medizinischen Maßnahmen durchgeführt werden können. Für den Fall, dass das medizinisch ausgebildete Begleitpersonal der Originalsprache der Gesundheitsunterlagen nicht in ausreichendem Maß mächtig ist, müssen diese in mehreren Sprachfassungen vorliegen. Die organisierenden und teilnehmenden Mitgliedstaaten werden aufgefordert, standardisierte Formblätter für die Gesundheitsunterlagen oder die „Flugtauglichkeitserklärungen“ zu verwenden. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten teilen dem organisierenden Mitgliedstaat im Vorfeld einer Rückführung mit, ob sich unter den Rückzuführenden Personen befinden, deren Gesundheitszustand Auswirkungen auf ihre Rückführbarkeit haben könnte. Der organisierende Mitgliedstaat behält sich das Recht vor, jeder rückzuführenden Person, deren Rückführung aufgrund ihres Gesundheitszustands gegen die Grundsätze der Sicherheit und der Menschenwürde verstieße, den Zugang zu einem Sammelflug zu verweigern.

1.1.3.   Reisedokumente

Der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat stellt sicher, dass für jede rückzuführende Person gültige Reisedokumente und andere erforderliche Urkunden, Nachweise oder sonstige Unterlagen vorliegen. Diese werden bis zur Ankunft im Zielland von einer dazu befugten Person unter Verschluss gehalten.

Der organisierende Mitgliedstat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, dass die Begleitpersonen und Vertreter die vorgeschriebenen Einreisevisa für das oder die Transitländer und das Zielland des Sammelflugs besitzen.

1.1.4.   Benachrichtigung des Ziellands bzw. der Transitländer

Der organisierende Mitgliedstaat setzt die Fluggesellschaften, gegebenenfalls die Transitländer und das Zielland rechtzeitig von der geplanten Rückführung in Kenntnis bzw. konsultiert sie.

1.2.   Voraussetzungen für die Begleitpersonen

1.2.1.   Rückführungen durch Begleitpersonen des organisierenden Mitgliedstaats

Stellt der organisierende Mitgliedstaat die Begleitpersonen aller rückzuführenden Personen, so entsendet jeder teilnehmende Mitgliedstaat mindestens zwei Vertreter an Bord des Luftfahrzeugs; diese übergeben die Rückzuführenden, für die sie zuständig sind, den örtlichen Behörden des Ziellandes.

1.2.2.   Rückführungen mit Begleitpersonen der teilnehmenden Mitgliedstaaten

Ist der organisierende Mitgliedstaat lediglich für die rückzuführenden Personen aus seinem Land zuständig, so stellen auch die teilnehmenden Mitgliedstaaten Begleitpersonen für die aus ihrem Land rückzuführenden Personen. Da in diesem Fall verschiedene nationale Teams an der Rückführung beteiligt sind, müssen sie sich über die Sicherheitsvorschriften gemäß diesen Leitlinien oder anderen Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten verständigen und im Vorfeld auch sämtliche anderen Einzelheiten der Rückführungsmaßnahme miteinander absprechen.

1.2.3.   Private Sicherheitsdienste als Begleitpersonal

Setzt ein teilnehmender Mitgliedstaat private Sicherheitsdienste als Begleitpersonal ein, so tragen die Behörden dieses Mitgliedstaats dafür Sorge, dass sich mindestens ein amtlicher Vertreter dieses Landes an Bord des Luftfahrzeugs befindet.

1.2.4.   Qualifikation und Lehrgänge für die Begleitpersonen

Die auf Sammelflügen eingesetzten Begleitpersonen müssen zuvor einen speziellen Rückführungslehrgang absolviert haben; je nach Einsatz erhalten sie auch die nötige medizinische Unterstützung.

Die auf Sammelflügen eingesetzten Begleitpersonen sollten möglichst mit den Rückführungsstandards des organisierenden Mitgliedstaats und der teilnehmenden Mitgliedstaaten vertraut sein. Die Mitgliedstaaten werden daher aufgefordert, Informationen über die in ihrem Land veranstalteten Lehrgänge zur Einweisung in die begleitete Rückführung auf dem Luftweg auszutauschen und sich gegenseitig zur Teilnahme an diesen Lehrgängen einzuladen.

1.2.5.   Verhaltenskodex für Begleitpersonen

Die Begleitpersonen sind nicht bewaffnet. Sie können Zivilkleidung tragen, an der ein Erkennungszwecken dienendes Zeichen angebracht ist. Das übrige ordnungsgemäß ernannte Begleitpersonal trägt ebenfalls ein spezielles Zeichen.

Die Begleitpersonen wählen ihre Plätze im Flugzeug strategisch so, dass optimale Sicherheit gewährleistet ist. Dabei ist zu beachten, dass sie neben den rückzuführenden Personen sitzen, für die sie zuständig sind.

1.2.6.   Vereinbarungen in Bezug auf die Zahl der Begleitpersonen

Die Zahl der erforderlichen Begleitpersonen wird auf der Grundlage einer Analyse der potenziellen Gefahren und nach gegenseitiger Absprache fallweise festgelegt. In den meisten Fällen sollte mindestens die gleiche Anzahl von Begleitpersonen und rückzuführenden Personen an Bord sein. Erforderlichenfalls (z. B. auf Langstreckenflügen) wird ein Ersatzteam zur Unterstützung bereitgestellt.

2.   PHASE VOR DEM ABFLUG IN ABFLUG- ODER TRANSITFLUGHÄFEN

2.1.   Beförderung zum und Aufenthalt im Flughafen

Hinsichtlich der Beförderung zum und des Aufenthalts im Flughafen gilt Folgendes:

a)

Die Begleitpersonen und die rückzuführenden Personen finden sich grundsätzlich mindestens drei Stunden vor dem Abflug im Flughafen ein.

b)

Die Rückzuführenden werden über den Verlauf der Rückführung informiert; ihnen wird mitgeteilt, dass die Zusammenarbeit mit den Begleitpersonen in ihrem Interesse ist. Sie werden ferner darauf hingewiesen, dass störendes Verhalten weder geduldet wird noch einen Abbruch der Rückführung nach sich zieht.

c)

Der organisierende Mitgliedstaat stellt einen gesicherten Bereich auf dem Abflug-Flughafen zur Verfügung, in dem die rückzuführenden Personen diskret gesammelt und sicher an Bord gebracht werden können. In diesem Bereich wird auch die Ankunft von Luftfahrzeugen aus anderen Mitgliedstaaten, die rückzuführende Personen zum Sammelflug befördern, gesichert.

d)

Wenn im Rahmen des Sammelflugs eine Zwischenlandung im Flughafen eines anderes Mitgliedstaats vorgesehen ist, um weitere rückzuführende Personen aufzunehmen, muss dieser Mitgliedstaat einen gesicherten Bereich im Flughafen zur Verfügung stellen.

e)

Die Vertreter des teilnehmenden Mitgliedstaats übergeben die rückzuführenden Personen, für die sie zuständig sind, an die Beamten des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Rückführung durchgeführt wird; in der Regel ist dies der organisierende Mitgliedstaat. Die Vertreter der teilnehmenden Mitgliedstaaten weisen die Beamten gegebenenfalls auf die Flugunwilligen unter den rückzuführenden Personen hin sowie auf die Personen, die aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

f)

Der Mitgliedstaat, in dem die Rückführung beginnt, ist für die Ausübung von Hoheitsrechten (z. B. zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen) zuständig. Die Befugnisse der Begleitpersonen aus den anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten sind auf Selbstverteidigungsmaßnahmen beschränkt. Sind keine Strafverfolgungsbeamten aus dem Mitgliedstaat, in dem die Rückführung beginnt, anwesend oder sollen die Strafverfolgungsbeamten unterstützt werden, können die Begleitpersonen bei einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr angemessene Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass die rückzuführende Person flieht, sich selbst oder Dritten Schaden zufügt oder Eigentum beschädigt.

2.2.   Einchecken, an Bord gehen und Sicherheitskontrollen vor dem Start

Hinsichtlich des Eincheckens, des An-Bord-Gehens und der Sicherheitskontrollen vor dem Start gilt Folgendes:

a)

Die Begleitpersonen des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Rückführung beginnt, begleiten die rückzuführenden Personen beim Einchecken und beim Passieren der Kontrollbereiche.

b)

Jede rückzuführende Person wird einer ausführlichen Sicherheitskontrolle unterzogen, bevor sie an Bord des für den Sammelflug vorgesehenen Luftfahrzeugs geht. Gegenstände, die die Sicherheit von Personen oder die Flugsicherheit bedrohen könnten, werden beschlagnahmt und im Gepäckraum aufbewahrt.

c)

Das Gepäck der rückzuführenden Personen wird nicht in der Passagierkabine verstaut. Die im Gepäckraum verstauten Gepäckstücke werden einer Sicherheitskontrolle unterzogen und mit dem Namen des Eigentümers versehen. Alle nach den Richtlinien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) als gefährlich eingestuften Gegenstände werden aus den Gepäckstücken herausgenommen.

d)

Geld und Wertgegenstände werden in einem mit dem Namen des Eigentümers versehenen transparenten Umschlag aufbewahrt. Die rückzuführenden Personen sind darüber zu informieren, was mit den beschlagnahmten Wertgegenständen und dem Geld geschieht.

e)

Der organisierende Mitgliedstaat legt für jede Rückführung fest, wie viel Gepäck jede rückzuführende Person mitnehmen darf.

f)

Die rückzuführenden Personen werden vom Personal des Mitgliedstaats, in dem die Rückführung beginnt, an Bord des Sammelflugs gebracht; dabei werden sie gegebenenfalls von den zur Rückführung ernannten Begleitpersonen unterstützt.

3.   VERFAHREN WÄHREND DES FLUGS

3.1.   Sicherheitsmaßnahmen an Bord des Luftfahrzeugs

An Bord des Luftfahrzeugs werden während des Flugs folgende Sicherheitsmaßnahmen angewandt:

a)

Der vom organisierenden Mitgliedstaat ernannte Leiter der Rückführung legt einen umfassenden Sicherheits- und Überwachungsplan fest, der an Bord des Luftfahrzeugs anzuwenden ist (Bewegungen in der Kabine, Mahlzeiten usw.). Alle Begleitpersonen müssen vor dem Beginn der Rückführung über den Sicherheits- und Überwachungsplan informiert werden.

b)

Bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der rückzuführenden Personen werden die Rückzuführenden mit dem gleichem Zielland und für deren Rückführung der gleiche Mitgliedstaat zuständig ist, in der Passagierkabine zusammengesetzt.

c)

Die Sitzgurte bleiben während der gesamten Flugdauer angelegt.

d)

Im Fall eines größeren Zwischenfalls an Bord (d. h. eines störenden Verhaltens, das die Vollendung der Rückführung oder die Sicherheit der an Bord befindlichen Personen gefährden kann) übernimmt der vom organisierenden Mitgliedstaat ernannte Leiter der Rückführung in enger Zusammenarbeit mit dem Flugkapitän oder unter dessen Anweisung das Kommando, um die Ordnung an Bord wieder herzustellen.

3.2.   Anwendung von Zwangsmaßnahmen

Für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen gilt Folgendes:

a)

Bei der Anwendung von Zwangsmaßnahmen werden die Rechte des Einzelnen gebührend geachtet.

b)

Zwangsmaßnahmen können bei rückkehrunwilligen oder Widerstand leistenden Personen angewandt werden. Die Zwangsmaßnahmen müssen angemessen sein und dürfen nicht über die Grenzen des Vertretbaren hinausgehen. Die Würde und körperliche Unversehrtheit der rückzuführenden Person müssen gewahrt werden. Im Zweifelsfall ist die Rückführung, einschließlich der Anwendung rechtmäßiger Zwangsmaßnahmen, die durch den Widerstand und die Gefährlichkeit der rückzuführenden Person gerechtfertigt sind, nach dem Grundsatz „keine Rückführung um jeden Preis“ abzubrechen.

c)

Bei Zwangsmaßnahmen muss die freie Atmung des Rückzuführenden gewährleistet sein. Bei Anwendung von körperlicher Gewalt ist dafür Sorge zu tragen, dass der Rückzuführende in einer aufrechten Position verbleibt, die eine unbeeinträchtigte Atmung gewährleistet.

d)

Die Immobilisierung Widerstand leistender Personen kann durch Maßnahmen erreicht werden, die deren Würde und körperliche Unversehrtheit nicht berühren.

e)

Der organisierende Mitgliedstaat und alle teilnehmenden Mitgliedstaaten einigen sich vor der Rückführung auf eine Liste erlaubter Zwangsmaßnahmen. Die Verabreichung von Beruhigungsmitteln, mit denen die Rückführung erleichtert werden soll, ist unbeschadet etwaiger Notmaßnahmen zur Gewährleistung der Flugsicherheit verboten.

f)

Die Begleitpersonen werden über die erlaubten und verbotenen Zwangsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt.

g)

Rückzuführende Personen, bei denen Zwangsmaßnahmen angewendet wurden, bleiben während der gesamten Flugdauer unter ständiger Kontrolle.

h)

Der Leiter der Rückführung oder sein Stellvertreter entscheidet über die vorübergehende Aufhebung von Zwangsmaßnahmen.

3.3.   Medizinisch ausgebildetes Personal und Dolmetscher

Für medizinisch ausgebildetes Personal und Dolmetscher gilt Folgendes:

a)

Auf jedem Sammelflug sollte mindestens ein Arzt anwesend sein.

b)

Der Arzt hat Zugang zu den Gesundheitsunterlagen aller rückzuführenden Personen und wird vor dem Abflug über Rückzuführende mit besonderen Gesundheitsproblemen informiert. Zuvor nicht bekannte Gesundheitsprobleme, die unmittelbar vor dem Abflug entdeckt werden und die Vollstreckung der Rückführung beeinflussen können, sind in Abstimmung mit den zuständigen Behörden zu bewerten.

c)

Nur der Arzt darf den rückzuführenden Personen nach einer genauen ärztlichen Diagnose Medikamente verabreichen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass sich die während des Fluges benötigten Medikamente an Bord befinden.

d)

Jede rückzuführende Person muss sich unmittelbar oder mithilfe eines Dolmetschers in einer Sprache, in der sie sich verständigen kann, an den Arzt oder die Begleitpersonen wenden können.

e)

Der organisierende Mitgliedstaat stellt sicher, dass eine angemessene Zahl von medizinisch und sprachlich ausgebildeten Personen für die Rückführung zur Verfügung stehen.

3.4.   Dokumentation und Überwachung von Rückführungen

3.4.1.   Aufnahmen und Überwachung durch Dritte

Video- und/oder Audio-Aufnahmen oder die Überwachung von Rückführungen durch Dritte auf Sammelflügen unterliegen der vorherigen Zustimmung des organisierenden Mitgliedstaats und der teilnehmenden Mitgliedstaaten.

3.4.2.   Interne Berichte über die Rückführung

Wenn der organisierende Mitgliedstaat und die teilnehmenden Mitgliedstaaten keinen gemeinsamen Bericht erstellen, so tauschen sie ihre internen Berichte über die Rückführung untereinander aus. Dies ist insbesondere im Fall misslungener Rückführungen wichtig. Die Berichte sind streng vertraulich und nur für den internen Gebrauch bestimmt. In den Berichten werden etwaige Zwischenfälle, Zwangsmaßnahmen und medizinische Maßnahmen vermerkt.

3.4.3.   Medienberichterstattung

Der organisierende Mitgliedstaat und die teilnehmenden Mitgliedstaaten einigen sich vor dem Beginn einer Rückführung darüber, ob, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt sie über die Rückführung berichten wollen. Informationen über die Rückführung werden in der Regel erst nach Abschluss der Maßnahme veröffentlicht. Die Veröffentlichung von Fotos oder sonstigen persönlichen Angaben zu den Begleitpersonen ist zu vermeiden.

4.   TRANSITPHASE

Beim Transit durch einen Mitgliedstaat findet die Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (1) Anwendung.

5.   ANKUNFTSPHASE

Bei der Ankunft gilt Folgendes:

a)

Der organisierende Mitgliedstaat ist für die Kontaktaufnahme zu den Behörden des Ziellands zuständig; die teilnehmenden Mitgliedstaaten werden in diesen Prozess eingebunden.

b)

Der vom organisierenden Mitgliedstaat ernannte Leiter der Rückführung fungiert bei der Ankunft als Sprecher und stellt den ersten Kontakt zu den örtlichen Behörden her, es sei denn, der organisierende Mitgliedstaat und die teilnehmenden Mitgliedstaaten haben vor der Ankunft einen anderen Sprecher ernannt.

c)

Der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat überstellen die aus seinem Land rückzuführenden Personen den Behörden des Ziellandes und übergeben ihnen das Gepäck und die vor dem An-Bord-Gehen beschlagnahmten Gegenstände. Die leitenden Vertreter des organisierenden Mitgliedstaats und der teilnehmenden Mitgliedstaaten sind dafür zuständig, bei der Ankunft den örtlichen Behörden die rückzuführenden Personen zu übergeben. Die Begleitpersonen verlassen das Luftfahrzeug in der Regel nicht.

d)

Im Rahmen des Angemessenen und Möglichen sollten der organisierende Mitgliedstaat und die teilnehmenden Mitgliedstaaten das Konsulatspersonal, die für Einwanderung zuständigen Verbindungsbeamten oder vorab entsandte Beamte der Mitgliedstaaten auffordern, die Übergabe der rückzuführenden Personen an die örtlichen Behörden in dem mit den nationalen Verfahren zu vereinbarenden Maß zu erleichtern.

e)

Bei der Übergabe an die örtlichen Behörden tragen die rückzuführenden Personen keine Handschellen und unterliegen auch keinen anderen Zwangsmaßnahmen.

f)

Die Überstellung der rückzuführenden Personen findet außerhalb des Luftfahrzeugs statt (entweder am Fuß der Gangway oder in einem dafür geeigneten Raum im Flughafen). Nach Möglichkeit ist zu vermeiden, dass sich die örtlichen Behörden an Bord des Luftfahrzeugs begeben.

g)

Der Aufenthalt im Flughafen des Ziellands sollte von möglichst kurzer Dauer sein.

h)

Der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat muss Notmaßnahmen für Begleitpersonen und Beamte (und die rückzuführenden Personen, deren Rückübernahme nicht genehmigt wurde) für den Fall vorsehen, dass sich der Abflug des Luftfahrzeugs nach dem Aussteigen der rückzuführenden Personen verzögert. Diese Maßnahmen umfassen erforderlichenfalls auch Vorkehrungen für die Übernachtung.

6.   SCHEITERN DER RÜCKFÜHRUNG

Verweigern die Behörden des Ziellandes die Einreise in ihr Hoheitsgebiet oder muss die Rückführung aus anderen Gründen abgebrochen werden, so veranlasst der organisierende Mitgliedstaat und jeder teilnehmende Mitgliedstaat auf seine Kosten die Rückkehr der rückzuführenden Personen in sein Hoheitsgebiet.


(1)  ABl. L 321 vom 6.12.2003, S. 26.


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