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Document 52020IP0193

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 2020 zu der humanitären Lage in Venezuela und der Migrations- und Flüchtlingskrise (2019/2952(RSP))

    ABl. C 371 vom 15.9.2021, p. 48–52 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.9.2021   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 371/48


    P9_TA(2020)0193

    Die humanitäre Lage in Venezuela und die Migrations- und Flüchtlingskrise

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 2020 zu der humanitären Lage in Venezuela und der Migrations- und Flüchtlingskrise (2019/2952(RSP))

    (2021/C 371/06)

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Venezuela, insbesondere die Entschließung vom 16. Januar 2020 zur Lage in Venezuela nach der unrechtmäßigen Wahl des neuen Vorsitzes und des neuen Präsidiums der Nationalversammlung („parlamentarischer Staatsstreich“) (1),

    unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) vom 1. April 2020 zu dem US-Vorschlag und der Lage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in Venezuela,

    unter Hinweis auf die Erklärung der Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen vom 30. April 2020 zum Gesundheitsnotstand in Venezuela,

    unter Hinweis auf die Warnung der Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen vom 6. Mai 2020 vor den verheerenden Auswirkungen der humanitären und wirtschaftlichen Krise des Landes auf die Menschenrechte,

    unter Hinweis auf den Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, vom 2. Juli 2020 zur Menschenrechtslage in Venezuela,

    unter Hinweis auf die gemeinsame Pressemitteilung des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom 1. April 2020 zur Lage der Flüchtlinge und Migranten aus Venezuela während der COVID-19-Krise,

    unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten vom 5. Januar 2020 und 26. Juni 2020 zur Lage in Venezuela,

    unter Hinweis auf die Erklärungen der Lima-Gruppe vom 20. Februar, 2. März, 2. April und 16. Juni 2020,

    unter Hinweis auf die Erklärungen des VP/HR vom 4. und 16. Juni 2020 zu den jüngsten Entwicklungen in Venezuela,

    unter Hinweis auf die Erklärung seines Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten vom 11. Juni 2020 zu den jüngsten Angriffen auf die Nationalversammlung Venezuelas,

    unter Hinweis auf die Erklärungen der internationalen Kontaktgruppe vom 16. Juni 2020 zur Untergrabung der Glaubwürdigkeit des venezolanischen Wahlgremiums und vom 24. Juni 2020 zur Verschärfung der politischen Krise in Venezuela,

    unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2020/898 des Rates vom 29. Juni 2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2017/2074 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Venezuela (2), mit dem elf führende venezolanische Amtsträger in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgenommen wurden, die restriktiven Maßnahmen unterliegen,

    unter Hinweis auf die internationale Geberkonferenz, die am 26. Mai 2020 in Solidarität mit den venezolanischen Flüchtlingen und Migranten ausgerichtet wurde,

    unter Hinweis auf die Verfassung Venezuelas,

    unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,

    gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die venezolanische Bevölkerung und die Gemeinschaften, die Flüchtlinge aufgenommen haben, seit Jahren unterstützen; in der Erwägung, dass die Europäische Union und die Regierung Spaniens mit Unterstützung des UNHCR und der IOM am 26. Mai 2020 eine internationale Geberkonferenz zur Solidarisierung mit den venezolanischen Flüchtlingen und Migranten ausgerichtet haben; in der Erwägung, dass die internationalen Geber insgesamt 2,544 Mrd. EUR zugesagt haben, wobei hiervon nur 595 Mio. EUR Direktzuschüsse sind und es sich beim Rest lediglich um an Auflagen geknüpfte Darlehen handelt; in der Erwägung, dass einige Darlehensnehmer auf der Konferenz Besorgnis angesichts der bürokratischen Schwierigkeiten und der komplexen Bestimmungen, mit denen sie bei der Aufnahme von Darlehen konfrontiert waren, zum Ausdruck gebracht haben; in der Erwägung, dass die Direktzuschüsse in Höhe von 595 Mio. EUR kaum ausreichen werden, um die jährlichen Auswirkungen einer Krise von solch beispiellosem Ausmaß in den Nachbarländern Venezuelas zu bewältigen; in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft innovative Lösungen finden muss, um weitere möglichen Finanzmittel freizusetzen, damit die venezolanische Bevölkerung dabei unterstützt werden kann, ihren Soforthilfebedarf über die humanitäre Hilfe und längerfristige Hilfe in Form von Zusammenarbeit hinaus zu decken;

    B.

    in der Erwägung, dass sich die EU-Hilfe sowohl innerhalb als auch außerhalb Venezuelas auf über 319 Mio. EUR beläuft; in der Erwägung, dass 156 Mio. EUR für humanitäre Unterstützung, 136 Mio. EUR für Entwicklung und 27 Mio. EUR für die Schaffung von Frieden und Stabilität vorgesehen sind;

    C.

    in der Erwägung, dass sich die bereits katastrophale politische, wirtschaftliche, institutionelle, soziale und mehrdimensionale humanitäre Krise in Venezuela während der Pandemie noch einmal erheblich verschlimmert und verschärft hat; in der Erwägung, dass der zunehmende Mangel an Arznei- und Nahrungsmitteln, massive Verstöße gegen die Menschenrechte, eine Hyperinflation, politische Unterdrückung, Korruption und Gewalt das Leben der Menschen gefährden und sie zwingen, aus dem Land zu fliehen;

    D.

    in der Erwägung, dass immer mehr Menschen in Venezuela, insbesondere schutzbedürftige Gruppen wie Frauen, Kinder und kranke Menschen, an Mangelernährung leiden, weil sie nur begrenzten Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung, Arzneimitteln, Nahrungsmitteln und Wasser haben;

    E.

    in der Erwägung, dass das nationale Gesundheitssystem Venezuelas aufgrund des Fehlverhaltens des Regimes erheblich geschwächt wurde, was zu kritischen Arzneimittelengpässen und zu einem Mangel an verfügbarer medizinischer Behandlung geführt hat; in der Erwägung, dass die von dem Regime genannten Zahlen zur COVID-19-Pandemie nur wenig glaubwürdig sind und weder in Venezuela noch seitens der internationalen Gemeinschaft diesen Zahlen getraut wird;

    F.

    in der Erwägung, dass die gegenwärtige mehrdimensionale Krise in Venezuela zur größten Fluchtwelle führt, die es in der Region je gegeben hat; in der Erwägung, dass etwa 5 Mio. Venezolaner aus dem Land geflohen sind, davon 80 % in Länder in der Region; in der Erwägung, dass nach Angaben des UNHCR die venezolanische Flüchtlingskrise nach derjenigen in Syrien die zweitgrößte weltweit ist; in der Erwägung, dass Erwartungen zufolge bis Ende 2020 insgesamt über 6,5 Millionen Menschen aufgrund der sich verschlechternden Lebensbedingungen in Venezuela aus dem Land fliehen könnten;

    G.

    in der Erwägung, dass dem UNHCR zufolge die Zahl der venezolanischen Asylsuchenden weltweit um 2 000 % gestiegen ist; in der Erwägung, dass 650 000 Personen weltweit Asylanträge gestellt und etwa zwei Millionen Personen Aufenthaltserlaubnisse von Ländern auf dem amerikanischen Kontinent erhalten haben; in der Erwägung, dass 12 % der Bevölkerung aus Venezuela geflohen sind und im Durchschnitt weiterhin 5 000 Personen täglich das Land verlassen;

    H.

    in der Erwägung, dass die derzeitige weltweite Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit die bereits verzweifelte Lage vieler Flüchtlinge und Migranten aus Venezuela und ihrer Aufnahmeländer noch verschärft hat; in der Erwägung, dass zahlreiche Flüchtlinge und Migranten auf einen unzulänglichen Tagelohn angewiesen sind, mit dem sie für grundlegende Bedürfnisse wie Unterkunft, Nahrungsmittel und Gesundheitsversorgung aufkommen müssen;

    I.

    in der Erwägung, dass anfänglichen Berichten zufolge das geschwächte Gesundheitssystem des Landes von der Pandemie überrollt wurde, die Krankenhäuser voll mit COVID-19-Patienten sind und Dutzende von medizinischen Fachkräften sich mit dem Virus infiziert haben;

    J.

    in der Erwägung, dass das vom Regime Nicolás Maduros kontrollierte unrechtmäßige Oberste Gericht Venezuelas die Ernennung Luis Parras zum Präsidenten der Nationalversammlung am 26. Mai 2020 ungerechtfertigterweise bestätigt hat; in der Erwägung, dass in der rechtswidrigen Sitzung, die im Januar 2020 stattfand, weder rechtliche Verfahren noch demokratische Verfassungsgrundsätze eingehalten wurden, da die überwiegende Mehrheit der demokratisch gewählten Vertreter — in einigen Fällen auch gewaltsam — daran gehindert wurde, der Sitzung beizuwohnen und folglich ihre Stimmen abzugeben; in der Erwägung, dass der bei dieser nicht legitimierten Parlamentssitzung gefasste unrechtmäßige Beschluss den Rat der EU dazu veranlasst hat, Sanktionen gegen elf weitere Amtsträger aufgrund ihrer Rolle bei der Untergrabung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verhängen, darunter gegen Luis Parra und Juan José Mendoza, den Präsidenten der Verfassungskammer des Obersten Gerichts; in der Erwägung, dass Juan Guaidó von sich aus ausgeschlossen hat, sich an einer Übergangsregierung zu beteiligen, und dass Nicolás Maduro einer solchen Regierung nicht angehören kann;

    K.

    in der Erwägung, dass das unrechtmäßige Oberste Gericht am 13. Juni 2020 erneut neue Mitglieder des Nationalen Wahlrats ernannt hat, obwohl es hierzu in keiner Weise rechtlich befugt war; in der Erwägung, dass gemäß den Artikeln 187 und 296 der venezolanischen Verfassung für derartige Ernennungen ausschließlich die Nationalversammlung — eine vom venezolanischen Volk demokratisch gewählte Institution — zuständig ist; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament keine von diesen nicht legitimierten Gremien einseitig gefassten Beschlüsse oder Urteile anerkennen wird; in der Erwägung, dass die für diese Beschlüsse zuständigen Amtsträger ebenfalls in die Sanktionsliste der EU aufgenommen wurden;

    L.

    in der Erwägung, dass Nicolás Maduro die Botschafterin der Europäischen Union angewiesen hat, das Land innerhalb von 72 Stunden zu verlassen, nachdem die EU gezielte Sanktionen gegen mehrere Amtsträger, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, verhängt hatte, und in der Erwägung, dass er auch dem Botschafter Spaniens mit weiteren Repressalien gedroht hat; in der Erwägung, dass es im Mai 2020 Berichte über Schikanen gegenüber der französischen Botschaft in Caracas gab, die unter anderem darin bestanden, dass die Wasser- und Stromversorgung in der Residenz des Botschafters unterbrochen wurde; in der Erwägung, dass das Regime beschlossen hat, diese Entscheidung rückgängig zu machen und die EU-Botschafterin nicht auszuweisen;

    M.

    in der Erwägung, dass das Maduro-Regime massiv gegen die politischen Parteien Acción Democrática, Primero Justicia und Un Nuevo Tiempo vorgeht, indem es sie mithilfe von Urteilen des unrechtmäßigen Obersten Gerichts systematisch strafrechtlich verfolgt und ihre nationalen Vorstände gegen den Willen ihrer Mitglieder absetzt; in der Erwägung, dass die demokratische politische Partei Voluntad Popular vom Maduro-Regime als terroristische Vereinigung eingestuft wurde;

    N.

    in der Erwägung, dass die demokratische internationale Gemeinschaft, einschließlich der EU, diese wahlrechtliche Farce und alle derartigen illegalen Maßnahmen entschieden abgelehnt hat; in der Erwägung, dass durch dieses Vorgehen der demokratische Freiraum in dem Land noch weiter auf ein absolutes Minimum reduziert wurde und erhebliche Hindernisse für die Lösung der politischen Krise in Venezuela geschaffen wurden; in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, eine ausgewogene und inklusive nationale Notstandsregierung zu bilden, die alle demokratischen politischen und gesellschaftlichen Bereiche des Landes umfasst und in der Lage ist, den aktuellen humanitären Bedürfnissen nachzukommen, um die eskalierende Krise zu überwinden;

    O.

    in der Erwägung, dass die Einhaltung internationaler Standards, ein unabhängiger und ausgewogener Nationaler Wahlrat und gleiche Wettbewerbsbedingungen, mit denen die ungehinderte Teilnahme politischer Parteien und Kandidaten sichergestellt wird, die Eckpfeiler eines glaubwürdigen Wahlverfahrens bilden, das freie und faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ermöglicht;

    P.

    in der Erwägung, dass illegale Finanzierung und ausländische Einflussnahme vonseiten des Regimes bei Wahlen eine erhebliche Bedrohung für die europäischen Demokratien darstellen;

    Q.

    in der Erwägung, dass die Umsetzung von außenpolitischen Beschlüssen der EU in den Händen der einzelstaatlichen Behörden liegt, die Kommission aber dafür verantwortlich ist, die Umsetzung von EU-Recht zu überwachen;

    R.

    in der Erwägung, dass die Behörden von Cabo Verde am 12. Juni 2020 Alex Saab festgenommen haben, einen Geschäftsmann, der an mehreren systematischen Korruptionsfällen unter Beteiligung des Maduro-Regimes beteiligt war und nun auf eine gerichtliche Entscheidung und mögliche Auslieferung wartet; in der Erwägung, dass der Fall Saab zeigt, wie allgegenwärtig Korruption in Venezuela mittlerweile ist, während sich das Land inmitten einer beispiellosen humanitären Krise befindet; in der Erwägung, dass Venezuela im 180 Länder umfassenden Korruptionswahrnehmungsindex 2019 von Transparency International auf Rang 173 geführt wird;

    S.

    in der Erwägung, dass die Zahl der politischen Gefangenen seit Beginn der Massenunruhen im Jahr 2014 gestiegen ist und derzeit bei über 430 liegt; in der Erwägung, dass Berichten zufolge auch elf Europäer in Venezuela inhaftiert sind; in der Erwägung, dass viele Berichte über Folter durch das Regime derzeit beim IStGH einer Vorprüfung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit unterzogen werden; in der Erwägung, dass Repressionen, willkürliche Inhaftierungen und Folter während der COVID-19-Krise zugenommen haben; in der Erwägung, dass im Bericht der Hohen Kommissarin Bachelet vom 2. Juli 2020 über Venezuela im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2020 über 1 300 Fälle von außergerichtlicher Hinrichtung durch Sicherheitskräfte dokumentiert wurden;

    T.

    in der Erwägung, dass das Maduro-Regime es versäumt hat, transparente Informationen bereitzustellen, internationale humanitäre Hilfe anzunehmen und den Bedürfnissen und Rechten der schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen Vorrang einzuräumen; in der Erwägung, dass am 1. Juni 2020 eine Vereinbarung zwischen dem Gesundheitsministerium und dem COVID-19-Beratungsteam der Nationalversammlung abgeschlossen wurde, damit für Venezuela in unpolitischer Weise humanitäre Hilfe durch die Panamerikanische Gesundheitsorganisation bereitgestellt werden kann; in der Erwägung, dass das Regime über Jahre hinweg jede Form von humanitärer Hilfe abgelehnt hat;

    U.

    in der Erwägung, dass das Maduro-Regime seit 2016 den illegalen handwerklichen Goldbergbau im venezolanischen Amazonasgebiet fördert, um irreguläre bewaffnete Gruppen zu finanzieren; in der Erwägung, dass das Gold über illegale Kanäle aus dem Land geschmuggelt wird, um rechtswidrig im Ausland verkauft oder getauscht zu werden; in der Erwägung, dass dieses sogenannte Blutgold auf Kosten der Menschenrechte und der Umwelt unter illegalen und kriminellen Bedingungen gewonnen und gefördert wird, was eine ernsthafte Bedrohung sowohl für die Umwelt als auch für die Menschenrechte darstellt;

    V.

    in der Erwägung, dass wirksame Maßnahmen vonnöten sind, um der Sicherheitsbedrohung ein Ende zu bereiten, die aufgrund der Verbindungen zwischen dem diktatorischen Maduro-Regime, terroristischen Vereinigungen und organisierten bewaffneten Gruppen, die in Venezuela ihren kriminellen Machenschaften nachgehen, für die gesamte Region entstanden ist;

    1.

    äußert sich erneut zutiefst besorgt über die Schwere der humanitären Notlage, die das Leben der Venezolaner massiv bedroht; bringt seine Solidarität mit allen Venezolanern zum Ausdruck, die aufgrund des Mangels an grundlegenden Lebensbedingungen wie dem Zugang zu Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Gesundheitsdiensten und Arzneimitteln aus ihrem Land fliehen müssen;

    2.

    verweist auf die sich verschärfende Migrationskrise, die sich auf die gesamte Region — Kolumbien, Peru, Ecuador, Bolivien, Chile, Brasilien, Panama und Argentinien — und einige EU-Mitgliedstaaten und die Karibik ausgeweitet hat, und betont, dass die ohnehin außerordentlich schwierigen Umstände durch die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zusätzlich erschwert werden; lobt die Bemühungen der Nachbarländer und die Solidarität, die sie an den Tag legen; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, die Zusammenarbeit mit diesen Ländern und Gebieten fortzusetzen, indem sie nicht nur humanitäre Hilfe leisten, sondern auch mehr Ressourcen bereitstellen und Entwicklungspolitik betreiben;

    3.

    fordert die venezolanischen Behörden nachdrücklich auf, anzuerkennen, dass die humanitäre Krise fortbesteht, ihre weitere Verschärfung zu verhindern und politische und wirtschaftliche Lösungen zu fördern, mit denen für die Sicherheit der Zivilbevölkerung und die Stabilität des Landes und der Region gesorgt wird; begrüßt die zwischen Venezuela und der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation erzielte Vereinbarung zur Bekämpfung von COVID-19;

    4.

    fordert, dass umgehend Maßnahmen ergriffen werden, damit sich die humanitäre Krise und die Krise der öffentlichen Gesundheit nicht weiter zuspitzt und insbesondere Krankheiten wie Masern, Malaria, Diphtherie und Maul- und Klauenseuche nicht erneut ausbrechen; fordert, dass rasch Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Mangelernährung bei den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen ergriffen werden, zu denen beispielsweise Frauen, Kinder und kranke Menschen zählen;

    5.

    begrüßt die Zusagen und Bemühungen der internationalen Geberkonferenz zur Solidarisierung mit den venezolanischen Flüchtlingen und Migranten; fordert in diesem Zusammenhang, dass Bürokratie abgebaut und der Rahmen vereinfacht wird, damit sichergestellt werden kann, dass die zugesagten Mittel so bald wie möglich zu denjenigen gelangen, die sie dringend benötigen;

    6.

    lehnt die Verstöße gegen die demokratische, verfassungsmäßige und transparente Arbeitsweise der Nationalversammlung sowie die Akte der Einschüchterung und Gewalt sowie die willkürlichen Entscheidungen gegen ihre Mitglieder entschieden ab; verurteilt die undemokratische Ernennung neuer Mitglieder des Nationalen Wahlrats und die Absetzung der derzeitigen Vorstände von Parteien gegen den Willen ihrer Mitglieder;

    7.

    erkennt Juan Guaidó nach der transparenten und demokratischen Abstimmung der Nationalversammlung erneut als rechtmäßigen Präsidenten der Nationalversammlung und als rechtmäßigen Interimspräsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela im Einklang mit Artikel 233 der Verfassung Venezuelas an;

    8.

    bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die Nationalversammlung, die das einzige rechtmäßig gewählte demokratische Organ Venezuelas ist und deren Befugnisse, einschließlich der Vorrechte und der Sicherheit ihrer Mitglieder, geachtet werden müssen; beharrt darauf, dass nur dann eine friedliche politische Lösung erzielt werden kann, wenn die verfassungsmäßigen Vorrechte der Nationalversammlung uneingeschränkt geachtet werden;

    9.

    verweist darauf, dass die Achtung der demokratischen Institutionen und Grundsätze sowie die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit grundlegende Voraussetzungen dafür sind, dass eine Lösung der Krise in Venezuela im Interesse der Bevölkerung des Landes erzielt werden kann; fordert daher dringend, dass Bedingungen geschaffen werden, die freie, transparente und glaubwürdige Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ermöglichen, die auf einem festen Zeitplan, fairen Bedingungen für alle Akteure, Transparenz und der Anwesenheit glaubwürdiger internationaler Beobachter beruhen, was den einzigen Ausweg aus der Krise darstellt und wodurch Gewalt und militärisches Eingreifen ausgeschlossen werden;

    10.

    fordert die EU und andere internationale Akteure auf, eine Antwort der internationalen Gemeinschaft zu bewirken, die einen Beitrag dazu leistet, dass die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in Venezuela umgehend wiederhergestellt werden;

    11.

    erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten durch den Beschluss (GASP) 2017/2074 des Rates rechtlich gebunden sind, die darin enthaltenen restriktiven Maßnahmen umzusetzen, d. h. insbesondere zu verhindern, dass Personen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt wurden, in ihr Hoheitsgebiet einreisen bzw. ihr Hoheitsgebiet für den Transit nutzen, sowie den Rat unverzüglich schriftlich von allen von ihnen gewährten Ausnahmen in Kenntnis zu setzen;

    12.

    nimmt den Beschluss des Rates vom 29. Juni 2020 zur Kenntnis, elf venezolanische Amtsträger auf die Liste der Personen zu setzen, die gezielten Sanktionen unterliegen, die der venezolanischen Bevölkerung nicht schaden, und fordert, dass diese Liste verstärkt und erweitert wird, sollte sich die Lage der Menschenrechte und der Demokratie in Venezuela weiter zuspitzen; vertritt die Auffassung, dass die EU-Behörden die Bewegungsfreiheit der auf dieser Liste stehenden Personen und ihrer nächsten Verwandten einschränken, ihre Vermögenswerte einfrieren und Visasperren gegen sie verhängen müssen; fordert darüber hinaus, dass der Handel mit und das Inverkehrbringen von illegalem „Blutgold“ aus Venezuela umgehend verboten werden;

    13.

    bedauert zutiefst, dass Nicolás Maduro angedroht hat, als Form der Vergeltung für die gegen elf venezolanische Amtsträger, die für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, verhängten Sanktionen die EU-Botschafterin aus Caracas auszuweisen; nimmt in diesem Zusammenhang die ursprüngliche Erklärung des VP/HR zur Kenntnis, in der er Gegenseitigkeit ankündigte, und fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Fall, dass sich diese Situation wiederholt, ebenfalls in Erwägung zu ziehen, nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit zu handeln, indem sie den Botschaftern Maduros in der EU ihre Akkreditierung entziehen; fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, die von Juan Guaidó ernannten politischen Vertreter anzuerkennen;

    14.

    verurteilt die grassierende Korruption, die zum festen Bestandteil des Maduro-Regimes geworden ist; verurteilt, dass das Maduro-Regime die politische Finanzierung als Instrument der Einflussnahme von außen einsetzt; verurteilt mit Nachdruck und bedauert Fälle von Korruption, einschließlich jener, die in den Mitgliedstaaten Gegenstand gerichtlicher Untersuchungen sind;

    15.

    fordert, dass alle politischen Gefangenen umgehend freigelassen werden, dass den gegen politische Gegner, Menschenrechtsaktivisten und friedliche Demonstranten gerichteten Akten von Folter, Misshandlung und Schikane ein Ende gesetzt wird und dass diejenigen, die zu Unrecht ins Exil gezwungen wurden, zurückkehren dürfen;

    16.

    unterstützt ohne Einschränkungen die Ermittlungen des IStGH zu den vom venezolanischen Regime begangenen umfangreichen Verbrechen und Repressionen; fordert die EU mit Nachdruck auf, die Initiative der Vertragsstaaten des IStGH zu unterstützen, Ermittlungen hinsichtlich der von der De-facto-Regierung Maduro begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzuleiten, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können;

    17.

    nimmt die Entscheidung des britischen Gerichts vom 2. Juli 2020 zur Kenntnis, in der die demokratische Legitimität der Bolivarischen Republik Venezuela in Person ihres Präsidenten Juan Guaidó eindeutig anerkannt wird, indem ihm rechtmäßiger Zugang zu den Goldreserven der Republik gewährt wird;

    18.

    fordert, dass eine Informationsreise in das Land unternommen wird, um die Lage zu bewerten;

    19.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem rechtmäßigen Interimspräsidenten der Republik und der Nationalversammlung der Bolivarischen Republik Venezuela, den Regierungen und Parlamenten der Länder der Lima-Gruppe, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten zu übermitteln.

    (1)  Angenommene Texte, P9_TA(2020)0013.

    (2)  ABl. L 205 I vom 29.6.2020, S. 6.


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