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Document 52012AE1050

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen: „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebsinhaber im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik“ COM(2011) 625 final — 2011/0280 (COD), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung ‚Einheitliche GMO‘ )“ COM(2011) 626 final — 2011/0281 (COD) (A-21), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)“ COM(2011) 627 final — 2011/0282 (COD), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik“ COM(2011) 628 final — 2011/0288 (COD), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe für das Jahr 2013“ COM(2011) 630 final — 2011/0286 (COD), „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der Betriebsprämienregelung und der Unterstützung für Weinbauern“ COM(2011) 631 final — 2011/0285 (COD)

ABl. C 191 vom 29.6.2012, p. 116–128 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 191/116


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen:

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebsinhaber im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik“

COM(2011) 625 final — 2011/0280 (COD),

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung ‚Einheitliche GMO‘)“

COM(2011) 626 final — 2011/0281 (COD) (A-21),

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)“

COM(2011) 627 final — 2011/0282 (COD),

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik“

COM(2011) 628 final — 2011/0288 (COD),

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe für das Jahr 2013“

COM(2011) 630 final — 2011/0286 (COD),

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der Betriebsprämienregelung und der Unterstützung für Weinbauern“

COM(2011) 631 final — 2011/0285 (COD)

2012/C 191/21

Berichterstatterin: Dilyana SLAVOVA

Mitberichterstatter: Franco CHIRIACO

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 14. November bzw. am 25. Oktober 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgenden Vorlagen zu ersuchen:

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebsinhaber im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik

COM(2011) 625 final — 2011/0280 (COD)

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung ‚Einheitliche GMO‘)

COM(2011) 626 final — 2011/0281 (COD) (A-21)

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)

COM(2011) 627 final — 2011/0282 (COD)

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik

COM(2011) 628 final — 2011/0288 (COD)

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe für das Jahr 2013

COM(2011) 630 final — 2011/0286 (COD)

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der Betriebsprämienregelung und der Unterstützung für Weinbauern

COM(2011) 631 final — 2011/0285 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 10. April 2012 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 480. Plenartagung am 25./26. April 2012 (Sitzung vom 25. April) mit 132 gegen 14 Stimmen bei 21 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Änderungen im Agrarmodell der EU

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Legislativvorschläge der Kommission und nimmt zur Kenntnis, dass einige – aber bei weitem nicht alle – seiner Anregungen aus früheren Stellungnahmen berücksichtigt wurden. Insbesondere hat der Ausschuss in seinen Stellungnahmen NAT/449 und NAT/481 darauf hingewiesen, dass in der künftigen GAP das europäische Agrarmodell, das auf den Grundsätzen der Ernährungssouveränität, der Nachhaltigkeit und der Berücksichtigung der realen Bedürfnisse von Landwirten und Verbrauchern beruht, entschlossen verteidigt werden muss.

1.2   Der EWSA würdigt die umfangreichen Arbeiten der Kommission zur Zukunft der GAP, mit denen sie ein zutiefst europäisches und auf dem Konzept der inklusiven Vielfalt basierendes Projekt vorschlagen will. Hinsichtlich der Anstrengungen der Kommission, eine neue Partnerschaft zwischen Europa und seinen Landwirten aufzubauen, ist der EWSA der Ansicht, dass die Vorschläge zwar den richtigen Schwerpunkt haben, jedoch in einigen Bereichen noch erheblich angepasst werden müssen.

1.3   Die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die extremen Klimaveränderungen erfordern eine grundlegende Änderung der Vorgehensweise, um die Kluft zwischen Versprechen und Alltagsrealität in der Landwirtschaft zu überwinden. Der zunehmende Druck, dem die Landwirte durch die Märkte ausgesetzt sind, führt dazu, dass in ganzen Regionen landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben werden. Das europäische Agrarmodell ist mehr denn je unverzichtbar. Nach Ansicht des EWSA ist es von entscheidender Bedeutung, dass die GAP 2014-2020 einen Beitrag dazu leistet, die enormen Hindernisse bei der Entwicklung der Landwirtschaft zu überwinden. Der Ausschuss vermisst allerdings ein deutlicheres Bekenntnis der Kommission zum europäischen Agrarmodell.

1.4   Der EWSA begrüßt die Absicht der Kommission, die Wettbewerbsfähigkeit einer multifunktional ausgerichteten Landwirtschaft in Europa im Sinne des europäischen Agrarmodells durch verschiedene Maßnahmen, wie etwa Forschung, Entwicklung und Beratung, sowie der Honorierung jener gesellschaftlichen Leistungen, die sich bisher nicht in den Verbraucherpreisen widerspiegeln, zu steigern. Der EWSA erachtet die vorgesehenen Maßnahmen jedoch für lange nicht ausreichend, um kontinuierliche Fortschritte bei Produktion und Beschäftigung zu sichern und einen Beitrag zur Deckung des ständig steigenden weltweiten Nahrungsmittelbedarfs zu leisten. Der EWSA weist darauf hin, dass in der künftigen GAP der Tatsache Rechnung getragen werden muss, dass ein Sechstel aller Arbeitsplätze in Europa direkt oder indirekt mit landwirtschaftlicher Erzeugung in Zusammenhang steht, in einigen Mitgliedstaaten fällt dieser Anteil sogar noch weitaus höher aus. Die GAP müsste bei der Sicherung von Arbeitsplätzen in der EU, insbesondere in ländlichen Gebieten, eine Rolle spielen, derzeit trägt sie allerdings eher zum Abbau von Arbeitsplätzen bei. Wird in einer Region die land- und forstwirtschaftliche Produktion eingestellt, so verschwinden mit ihr auch die vor- und nachgelagerten Arbeitsplätze, auch in der Lebensmittelindustrie und Holzverarbeitung. Ein Schwerpunkt der künftigen GAP muss auf der Verbesserung der Wirtschaftsleistung landwirtschaftlicher Familienbetriebe und Genossenschaften liegen, damit diese einen besseren Marktzugang erhalten und ihre Erzeugnisse besser vermarkten können.

1.5   Die neue GAP sollte einen Beitrag zur Verbesserung der sozioökonomischen Bedingungen, der Beschäftigungslage und der Sicherheit von Arbeitnehmern in der Landwirtschaft leisten, indem sie bei der Zuweisung von Beihilfen die vollständige Einhaltung der Sozialklauseln, der gesetzlichen Vorschriften und der Beschäftigungsverträge sicherstellt. Dies muss unter Rahmenbedingungen erfolgen, die die landwirtschaftlichen Betriebe in den Mittelpunkt des Systems rücken, um die Realwirtschaft zu würdigen, Fortschritt, Innovation und den Generationswechsel zu erleichtern und die Nahrungsmittelproduktion zu fördern, auch gestützt auf regionale Wertschöpfung.

1.6   Der EWSA ruft erneut das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission dazu auf, für die Beibehaltung eines soliden GAP-Haushalts zumindest in der Größenordnung wie in der laufenden Haushaltsperiode zu sorgen. Besondere Probleme werden derzeit bei der Entwicklung der zweiten Säule gesehen, da viele Mitgliedstaaten scheinbar nicht mehr willens bzw. in der Lage sind, für die entsprechend notwendige Kofinanzierung zu sorgen. Dies wird zu einer inakzeptablen Schwächung der Politik für die ländlichen Räume, einschließlich der umweltpolitischen Maßnahmen, die über die zweite Säule finanziert werden, führen.

1.7   Der EWSA ist der Auffassung, dass bei der Reformierung der GAP die Vereinfachung der Verfahren, eine flexible Umsetzung entsprechend der jeweils unterschiedlichen Situation der Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten, der Abbau von Verwaltungsaufwand für Landwirte und die Entlastung der für Zahlungen verantwortlichen Stellen zu den primären Anliegen gehören müssen.

Direktzahlungen

1.8   Der EWSA begrüßt das Abrücken von den historischen Referenzzeiträumen als Grundlage für die Festlegung der Beihilfen für Landwirte in den einzelnen Ländern oder Regionen. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass eine pauschale Zahlung pro Hektar nicht in jedem Fall ein effizientes politisches Instrument ist, besonders wenn man das Argument der Einkommensstützung in Betracht zieht (siehe Ziffer 4.3.2). Die interne Konvergenz innerhalb eines Landes oder einer Region sollte daher ein flexibles Vorgehen, einen längeren Übergangszeitraum und schrittweise Änderungen während des Zeitraums ermöglichen.

1.9   Der EWSA begrüßt das Bemühen darum, das Gefälle in der Höhe der Unterstützung auszugleichen, die Landwirte in den einzelnen Mitgliedstaaten erhalten. Die Neuverteilung der finanziellen Mittel unter den Mitgliedstaaten im Rahmen der künftigen GAP sollte von Ausgewogenheit, Gerechtigkeit und Pragmatismus geprägt sein und der jeweils unterschiedlichen Situation der Landwirtschaft innerhalb der EU, insbesondere der Kosten- und Ertragsstruktur landwirtschaftlicher Tätigkeiten im jeweiligen Mitgliedstaat, Rechnung tragen. Wichtig ist, dass bei der Neuverteilung den Problemen der Landwirte sowohl in den alten als auch den neuen Mitgliedstaaten behutsam Rechnung getragen wird. Darum empfiehlt der EWSA eine Neuverteilung der nationalen Mittel für Direktzahlungen nach objektiven, diskriminierungsfreien Kriterien und eine ausgewogene und angemessene Übergangsperiode für die geplante gerechte Konvergenz, mit der die historischen Referenzwerte als Grundsätze aufgegeben werden. Es muss sichergestellt sein, dass am Ende des Finanzrahmens für den Zeitraum 2014-2020 kein Land weniger als 90 % des Durchschnitts der 27 EU-Mitgliedstaaten an Direktzahlungen erhält.

1.10   Der EWSA unterstützt den Beschluss, für Kleinlandwirte vereinfachte Beihilfesysteme einzuführen, bezweifelt jedoch, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Beihilfesätze ausreichen, um die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe zu fördern. Gleichzeitig ersucht er die Kommission um eine klare Darlegung der Voraussetzungen, die für die Einstufung als „Kleinlandwirt“ gegeben sein müssen. Je nach den Gegebenheiten in den jeweiligen Mitgliedstaaten könnten solche Systeme freiwillig sein.

1.11   Der EWSA unterstützt das den Kommissionsvorschlägen zugrunde liegende Prinzip, wonach aus Säule I der GAP finanzierte Zahlungen auf aktive Landwirte ausgerichtet sein müssen. Durch eindeutige Definitionen der Begriffe „landwirtschaftliche Tätigkeit“, „förderfähiges Land“ und „aktiver Landwirt“ sowie bessere Verknüpfungen von Zahlung und Tätigkeit muss vermieden werden, dass die begrenzten Mittel an ungenutzte Agrarflächen bzw. an nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten verloren gehen (es sei denn, es handelt sich um eine ordnungsgemäß gemeldete Flächenstilllegung). Mit den Mitgliedstaaten muss abgeklärt werden, ob eine effektive Umsetzung dieses Prinzips machbar ist. Zudem sollten Begünstigte, die weniger als 5 000 EUR erhalten, nicht aus der Definition des „aktiven Landwirts“ ausgeklammert werden.

1.12   Der EWSA stimmt einer schrittweisen Senkung zwecks einer Angleichung der Direktzahlungen (Deckelung) zu. Wie bereits in früheren Stellungnahmen legt der EWSA der Kommission nahe, Verfahren anzuwenden, die den Besonderheiten der Genossenschaften oder anderer Zusammenschlüsse von Agrarerzeugern Rechnung tragen (1). Die eingesparten Direktzahlungen sollten in dem jeweiligen nationalen Finanzrahmen verbleiben und auf nationaler Ebene über die erste oder die zweite Säule (die Entscheidung sollte den Mitgliedstaaten vorbehalten bleiben) zur Unterstützung schwächerer landwirtschaftlicher Sektoren eingesetzt werden. Der EWSA schlägt vor, dass die so transferierten Mittel nicht kofinanziert werden müssen.

1.13   Der EWSA spricht sich für einen doppelten Zugang zu der Basisprämienregelung aus, basierend zum einen auf der 2011 bestehenden landwirtschaftlichen Tätigkeit und zum anderen auf der Belegung förderfähigen Landes zu Beginn des Referenzzeitraums 2014. Das Kriterium, dass der Betriebsinhaber „im Jahr 2011 […] mindestens einen Zahlungsanspruch […] aktiviert […] haben“ muss, hält der EWSA für nicht gerechtfertigt.

1.14   Der EWSA begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene Flexibilität zwischen den Säulen. Es ist von größter Bedeutung, dass diejenigen Mitgliedstaaten, bei denen die Höhe der Direktzahlungen unter 90 % der im EU-Durchschnitt gewährten Zahlungshöhe bleibt, die Möglichkeit erhalten, Mittel zur Entwicklung des ländlichen Raums auch auf die ihnen im Rahmen der ersten Säule zugewiesenen Mittel zu übertragen. Offenstehen sollte dieser Ansatz auch Mitgliedstaaten mit einer unverhältnismäßig kleinen ersten Säule oder naturbedingten Nachteilen. Der EWSA schlägt vor, solche Beschlüsse innerhalb einer Grenze von bis zu 10 % zu ermöglichen.

1.15   Der EWSA hat stets hervorgehoben, welche Rolle Landwirte für den Schutz der Böden, die Artenvielfalt, die Naturlandschaft und die Umwelt spielen müssten und könnten, dass sie aber aufgrund der jetzigen Rahmenbedingungen nicht dazu in der Lage sind, dies ausreichend zu tun. Er hat sich deshalb (siehe Stellungnahme NAT/449) für „zielorientierte Direktzahlungen“ ausgesprochen; die Ökologisierungskomponente geht genau in diese Richtung. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Folgen der neuen Maßnahmen zu bewerten, damit Abhilfe geschaffen werden kann, falls sie das wirtschaftliche Gleichgewicht der landwirtschaftlichen Betriebe beeinträchtigen. Nach Möglichkeit sollten die Greening-Maßnahmen auf Lösungen beruhen, die sowohl für die Umwelt als auch für das Wachstum vorteilhaft sind. Der EWSA missbilligt eine Situation, in der die EU einerseits die den europäischen Landwirten durch die Einhaltung von Auflagen entstehende Belastung erhöht und andererseits durch entsprechende Handelsabkommen den Import von Billigprodukten zulässt, die diese Auflagen nicht einzuhalten brauchen.

1.16   Die Ökologisierungskomponente von Säule I ist eine Möglichkeit, eine stärkere und sichtbarere Verknüpfung zwischen Direktzahlungen und den von der Landwirtschaft produzierten öffentlichen Umweltgütern herzustellen. Der EWSA ist der Meinung, dass dieses System einfach gehalten werden und gewährleisten sollte, dass alle Landwirte in der EU Ergebnisse im Umweltbereich erzielen. Die Besonderheiten benachteiligter Gebiete sollten bei der Festlegung der Beihilfen berücksichtigt werden können. Die Maßnahmen zur „Flächennutzung im Umweltinteresse“ sollten so umgesetzt werden, dass eine Brachlegung landwirtschaftlicher Nutzflächen vermieden wird. Schon bisher durchgeführte Agrarumweltmaßnahmen sollten für die neuen Umweltverpflichtungen (erste Säule) anerkannt werden, wie dies auch generell für den ökologischen Landbau vorgesehen ist.

1.17   Der EWSA begrüßt, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer fakultativen gekoppelten Stützung gegeben wurde, um auf spezielle Situationen zu reagieren; im Sinne einer größeren Flexibilität und Subsidiarität schlägt er jedoch vor, die geschlossene Liste der Sektoren und Produktionen, die die gekoppelte Stützung erhalten können, aufzugeben und die Entscheidung über förderfähige Sektoren und Produktionen den Mitgliedstaaten zu überlassen.

Marktinstrumente

1.18   Der EWSA ist der Ansicht, dass die Kommissionsvorschläge nicht ausreichen, um der zunehmenden Marktvolatilität und den daraus resultierenden Problemen zu begegnen. Das in den Verträgen von Lissabon beschriebene Ziel der GAP, für die Stabilisierung der Agrarmärkte zu sorgen, wird mit den Legislativvorschlägen nicht adressiert.

1.19   Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass Instrumente der Angebotssteuerung in einigen Branchen der Landwirtschaft wirkungsvoll sein können. Er empfiehlt daher, die Marktveränderungen einer sorgfältigen Analyse zu unterziehen, wenn die Möglichkeit geprüft wird, die Abschaffung der Regelung über die Pflanzungsrechte für Rebflächen zu verschieben und die Quoten für Zucker länger beizubehalten.

1.20   Es ist von wesentlicher Bedeutung, die Position der Landwirte und ihrer Organisationen in der Lebensmittelversorgungskette zu stärken, um so eine bessere Marktrendite zu sichern. Der EWSA begrüßt, dass die Anerkennung der Erzeugerorganisationen, ihrer Vereinigungen sowie der Branchenverbände auf mehr Produkte ausgedehnt wird. Angesichts der unterschiedlichen Strukturen und Traditionen in den Mitgliedstaaten sollten die neuen Regelungen nur fakultativen Charakter erhalten. Der Ausschuss unterstützt auch die Vorschläge für den Milchsektor, empfiehlt der Kommission jedoch, den Begriff „Erzeugerorganisation“ klar zu definieren. Von grundlegender Bedeutung ist auch eine Anpassung der EU-Wettbewerbsregeln, damit Erzeugerorganisationen und Genossenschaften ihre Position auf dem Markt stärken können. Um die Verhandlungsposition der Landwirte innerhalb der Produktionskette zu stärken, sollten nach Ansicht des EWSA die nötigen Voraussetzungen für die Entwicklung kurzer, direkt von den Landwirten verwalteter Versorgungsketten geschaffen werden.

Entwicklung des ländlichen Raums

1.21   Der EWSA begrüßt die vorgeschlagene bessere Abstimmung der GAP mit der Europa-2020-Strategie und der Nachhaltigkeitsstrategie im Bereich der ländlichen Entwicklung, mit besonderem Schwerpunkt auf Forschung, Innovation und Ausbildung. Besondere Aufmerksamkeit muss der Ausbildung besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen (Zuwanderer und ungelernte Landarbeiter) sowie junger Leute und Frauen gelten; der Ausschuss sieht darin zentrale Elemente für die Professionalisierung und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft. Dazu ist es wichtig, die Qualität, die Zugänglichkeit und die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in ländlichen Gebieten zu verbessern. Die Politiken der ländlichen Entwicklung müssen vorrangig auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der Agrarbetriebe im Sinne des europäischen Agrarmodells abzielen, insbesondere um die betrieblichen Investitionen zu unterstützen, den Generationswechsel zu fördern, die Durchführung von Maßnahmen zur Integration der Lebensmittelkette und von integrierten Regionalprojekten zu unterstützen, die Beziehungen zwischen Agrarbetrieben und Produktionsdienstleistern zu verbessern, umwelt- und klimaschonende Maßnahmen und Verfahren zu unterstützen und die Beschäftigung in der Landwirtschaft durch entsprechende Förderung und Qualifizierung zu konsolidieren.

1.22   Ein sehr positives Element des Kommissionsvorschlags ist die Einführung einer europäischen Innovationspartnerschaft als Beitrag zur Verbesserung der Verbindungen zwischen Forschern, Land- und Forstwirten und Beratern mit dem Ziel, eine wissensbasierte Land- und Forstwirtschaft zu sichern, die sich professionelle Beratungsdienste zunutze macht. Diese Forschungsarbeit sollte auch auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Aktivitäten im ländlichen Raum ausgerichtet sein und Tourismus, Handwerk und andere Aktivitäten umfassen, die im ländlichen Raum Arbeitsplätze schaffen können.

1.23   Der EWSA begrüßt das Abrücken von dem auf Förderschwerpunkten beruhenden Ansatz und die Neuausrichtung auf thematische Bereiche im Rahmen der Vorschläge für die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums. Nach seiner Auffassung erhalten Mitgliedstaaten und Regionen damit mehr Flexibilität, um ihrer jeweiligen spezifischen Situation Rechnung zu tragen. Dennoch ist darauf zu achten, dass wichtige Ansätze der zweiten Säule nicht völlig missachtet werden können. Deshalb ist der Grundsatz, 25 % der Mittel für Umwelt- bzw. Klimaschutzmaßnahmen vorzusehen, wichtig. Zumindest auch für den LEADER-Ansatz sollte eine Mindestmarge vorgesehen werden.

1.24   Der EWSA hält es für unabdingbar, dass die Mitgliedstaaten die erforderliche Kofinanzierung in der zweiten Säule fristgerecht gewährleisten. Der EWSA bestreitet, dass Risikomanagementmaßnahmen im Rahmen der zweiten Säule sinnvoll sind. Die Mitgliedstaaten müssen für eine ausreichende Kofinanzierung auf der nationalen Ebene Sorge tragen (2).

1.25   Der EWSA ist der Ansicht, dass eine neue, separate Maßnahme zur Schärfung des Profils des biologischen Landbaus erforderlich ist, für die der Kofinanzierungssatz dem für die weniger entwickelten Gebiete vorgeschlagenen Satz (85 %) entsprechen sollte. Der EWSA spricht sich außerdem für die Förderung des integrierten Anbaus und der auf die Bodenerhaltung ausgerichteten Landwirtschaft aus und verweist auf deren positive Folgen für die Umwelt.

1.26   Angesichts der erschwerten Bedingungen für landwirtschaftliche Tätigkeiten in Berggebieten und Inselregionen schlägt der EWSA der Kommission vor, die Kofinanzierungsrate von 85 % nicht nur auf weniger entwickelte Regionen, sondern auch auf Berggebiete und Inselregionen auszudehnen. Dies entspricht dem Tenor des Vorschlags, wird jedoch nicht ausdrücklich erwähnt. Die vorgeschlagene Neuabgrenzung der sogenannten „sonstigen Gebiete“ bei den benachteiligten Gebieten bedarf noch einer Überarbeitung.

1.27   Der EWSA macht die Kommission, das Parlament und den Rat darauf aufmerksam, dass Wasserknappheit und Trockenheit in vielen europäischen Regionen bereits ein ernsthaftes Problem sind und dass sich die Situation infolge des Klimawandels noch verschlimmern wird. Der Ausschuss unterstreicht, wie wichtig im Umgang mit den Themen Wassernutzung, Wasserknappheit und Trockenheit eine integrierte Planung und nachhaltige Entwicklung unter Einbeziehung verschiedener sektorspezifischer Politikbereiche ist, und unterstreicht die Bedeutung einer regionalen Planung in Gebieten, die von jeher von Wasserknappheit und Trockenheit betroffen sind. Gleichzeitig sollten jedoch auch die zusätzlichen Kosten berücksichtigt werden, die in den nördlichen EU-Mitgliedstaaten zur Entwässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen anfallen.

1.28   Der EWSA spricht sich für eine ausgewogene, verlässliche, praktikable, weniger bürokratische, flexible und transparente künftige GAP aus, die diesen Sektor für jüngere Generationen attraktiv macht.

2.   Einleitung

2.1   Der Landwirtschaftspolitik kommt in der EU eine entscheidende Rolle zu – nicht nur, weil Agrarflächen und Wälder mehr als 90 % der Flächennutzung ausmachen und bei der nachhaltigen Nutzung der Ressourcen und der Wahrung natürlicher Lebensräume von zentraler Bedeutung sind, sondern insbesondere weil die Landwirtschaft über die GAP einen Beitrag dazu leisten kann, dass Europa die großen Probleme in Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise, dem Klimawandel, dem Umweltschutz und der Aufrechterhaltung der Vitalität des ländlichen Raums sowie der Versorgung der Verbraucher mit sicheren, erschwinglichen, hochwertigen Nahungsmitteln überwindet.

2.2   Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, die Grundlagen für eine starke Land- und Forstwirtschaft zu legen, die in der Lage ist, die Probleme des Klimawandels und des weltweiten Wettbewerbs zu bewältigen und dabei den Erwartungen der Bürger gerecht zu werden. Europa braucht seine Land- und Forstwirte, und die europäischen Land- und Forstwirte brauchen die Unterstützung durch Europa. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise erhält zudem das Thema Beschäftigung eine größere Bedeutung als je zuvor. Deshalb hat die Europäische Kommission eine neue Partnerschaft zwischen den Bürgern und den Land- und Forstwirten der EU vorgeschlagen, um den Herausforderungen Ernährungssicherheit, nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, Wachstum und Beschäftigung gerecht zu werden.

2.3   Der EWSA hat sich in früheren Stellungnahmen dazu geäußert, mit welchen Problemen die europäische Landwirtschaft wahrscheinlich konfrontiert sein wird, welches die Ziele der GAP sein sollten und wie die GAP entsprechend reformiert werden sollte. Die Mitteilung der Kommission von 2010 spiegelt die meisten der Empfehlungen wider, die in der früheren EWSA-Stellungnahme NAT/449 (3) zu diesem Thema ausgesprochen wurden. Im Anschluss an diese Mitteilung wurden in der EWSA-Stellungnahme NAT/481 (4) weitere Vorschläge gemacht. Des Weiteren hat sich der EWSA unlängst mit einigen spezifischen Themen der GAP befasst, wie den Herausforderungen für Junglandwirte (5) und den Gebieten mit naturbedingten Nachteilen (6). Der EWSA betont, dass die Kommission bei der Erarbeitung ihrer Vorstellungen einen gänzlich anderen Ansatz gewählt hat als vom EWSA vorgeschlagen. Dieser hatte darum gebeten, zunächst die Ziele der GAP klar zu definieren, dann die Instrumente zur Realisierung zu benennen und danach den Finanzbedarf zu ermitteln. Er hat es für falsch angesehen, einen Finanztitel festzulegen und dann die Mittel irgendwie zu verteilen. Doch genau dies hat die Kommission gemacht, dies führt nun zu Schwierigkeiten.

2.4   Der EWSA möchte die Bedeutung des Agrarsektors für die Beschäftigung hervorheben. Im Agrar- und Lebensmittelsektor der EU in ländlichen Gegenden Europas sind rund 40 Mio. Menschen beschäftigt. Sie bilden das Rückgrat dieser Gebiete und versorgen 500 Mio. Verbraucher mit hochwertigen Lebensmitteln. Gleichwohl erreichen die Einkünfte der Landwirte der EU nur die Hälfte des EU-Durchschnittseinkommens. Nach Angaben von Eurostat vom September 2011 sind in der Landwirtschaft der EU-27 in Vollzeitäquivalenten insgesamt 11,7 Mio. Menschen beschäftigt, von denen 10,8 Mio. (92 %) ständig beschäftigt sind. In den meisten Mitgliedstaaten basiert die Landwirtschaft nach wie vor sehr stark auf Familienbetrieben; vier Fünftel (80 %) der in der Landwirtschaft Beschäftigten sind Betriebsinhaber oder deren Familienangehörige. Etwas mehr als ein Drittel (34 %) der ständigen Landarbeiter in der EU-27 sind Frauen. Der Anteil der Personen unter 35 Jahren ist unter den Betriebsinhabern in der EU-27 relativ gering (6 %), während ein vergleichsweise hoher Anteil (34 %) 65 Jahre und älter ist. Zudem machen die Saisonarbeiter in der Landwirtschaft einen beträchtlichen Teil der 30 Mio. Wanderarbeitnehmer in der EU aus (7).

3.   Hintergrund

3.1   Die Legislativvorschläge beruhen auf dem Haushaltsrahmen für die GAP, die in dem Vorschlag der Kommission für den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für 2014-2020 dargelegt sind. In diesem Vorschlag werden die für die GAP verfügbaren Gesamtmittel auf dem Stand von 2013 (zu jeweiligen Preisen) gehalten, was einem realen Rückgang der finanziellen Mittel für die GAP gleichkommt.

3.2   Der MFR-Vorschlag sieht vor, einen großen Teil des EU-Haushalts weiterhin der Landwirtschaft vorzubehalten, bei der es sich um eine gemeinsame Politik von strategischer Bedeutung handelt. Daher wird vorgeschlagen, dass sich die GAP auf ihre Haupttätigkeiten konzentriert, indem während des Zeitraums 2014-2020 (zu jeweiligen Preisen) 317,2 Mrd. EUR Säule I (76 %) und 101,2 Mrd. EUR Säule II (24 %) zugewiesen werden, sodass sich die Gesamtmittel für den Zeitraum 2014-2020 auf 418,4 Mrd. EUR belaufen.

3.3   Der EWSA weist darauf hin, dass dieser Haushaltsansatz für die Landwirtschaft innerhalb der Kommission nur mit Hinweisen auf eine notwendige Ökologisierung der Landwirtschaft durchsetzbar war. Dies muss sich nun in realer Politik niederschlagen.

3.4   Die Legislativvorschläge sehen eine Ergänzung der Mittelausstattung der Säulen I und II durch zusätzliche Mittel in Höhe von 17,1 Mrd. EUR vor, die sich folgendermaßen aufteilen: 5,1 Mrd. EUR für Forschung und Innovation, 2,5 Mrd. EUR für die Lebensmittelsicherheit und 2,8 Mrd. EUR für die Nahrungsmittelhilfe für Bedürftige unter anderen Haushaltslinien des MFR sowie 3,9 Mrd. EUR für eine neue Reserve für Krisen im Agrarsektor. Somit belaufen sich die Gesamtmittel für den Zeitraum 2014-2020 auf 432,8 Mrd. EUR.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1   Der EWSA begrüßt die Reformziele der Kommission: stärkere Wettbewerbsfähigkeit, bessere Nachhaltigkeit und größere Wirksamkeit.

4.2   Der EU-Haushalt und die Finanzmittel für die GAP

4.2.1   Der EWSA ruft erneut das Europäische Parlament, den Rat und die Europäische Kommission dazu auf, die im EU-Haushalt für die GAP vorgesehenen Mittel beizubehalten (8). Dies ist notwendig zur Unterstützung des europäischen Agrarmodells und der verschiedenen Dienstleistungen, die durch land- und forstwirtschaftliche Aktivitäten für die Allgemeinheit erbracht werden: hierzu zählen etwa die Erhaltung lebensfähiger ländlicher Gemeinschaften und einer entsprechenden Infrastruktur, eine ausgewogene Entwicklung der Regionen, die Beschäftigung im ländlichen Raum, die Erhaltung traditioneller Landschaften und des nationalen Kulturerbes und Brauchtums, die Wahrung der biologischen Vielfalt, Umweltschutz, strengste Normen für den Tierschutz und die Lebensmittelsicherheit. Diese Dienstleistungen spiegeln die Bedürfnisse der europäischen Verbraucher und Steuerzahler wider. Da die europäischen Land- und Forstwirte diese multifunktionalen Dienstleistungen zum Wohle der ganzen Gesellschaft erbringen und ihnen dabei häufig zusätzliche Kosten entstehen, die nicht über eine Marktrendite kompensiert werden, ist es notwendig und gerechtfertigt, dies durch Maßnahmen der öffentlichen Hand zu honorieren. Mit der Ökologisierungskomponente wird versucht, diese Leistungen zu definieren, um die neuen Zahlungsansprüche, die die Landwirtschaft an die Gesellschaft richten kann, zu begründen und zu legitimieren.

4.2.2   Die Auswirkungen und künftigen Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise, die derzeit die europäische und die weltweite Wirtschaft prägt, und die Beschlüsse zum neuen Stabilitätspakt stellen jeden öffentlichen Haushaltsposten auf den Prüfstand. Der EWSA wiederholt: Das europäische Agrarmodell gibt es nicht zu Weltmarktpreisen und -bedingungen, nicht zum Nulltarif. Deshalb braucht eine Politik, die dieses Agrarmodell fördert, ausreichend Finanzmittel. Es ist deshalb besonders wichtig, jedes Instrument, das Geld kostet (wie z.B. Direktzahlungen), klar zu begründen. Nach den derzeitigen Vorschlägen zum Haushalt der Union für den Zeitraum 2014-2020 (9) würden indes die für die GAP zur Verfügung stehenden Mittel bei konstanten Preisen deutlich reduziert. Denn obwohl die Kommission die strategische Rolle der GAP für das Ziel „nachhaltige Entwicklung“ der Europa-2020-Strategie anerkennt, wird der Anteil der GAP-Ausgaben am EU-Haushalt von 39,2 % in 2014 auf 33,3 % in 2020 sinken. Die Kommission ignoriert bei dieser Entscheidung die Forderung des EWSA, zumindest den bislang für die GAP bereitgestellten Anteil am Haushalt auch für die Zukunft zu garantieren.

4.3   Direktzahlungen

4.3.1   Der EWSA hat der Kommission schon vorher beigepflichtet, dass die historischen Referenzzeiträume auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht mehr zur Festlegung der Höhe der Unterstützung der Landwirte dienen sollen, da die erheblichen individuellen Unterschiede bei der Höhe der Unterstützung je Hektar nicht mehr gerechtfertigt werden können (10), auch weil sie zu Wettbewerbsverzerrungen im gemeinsamen Binnenmarkt führen.

4.3.2   Der EWSA ist jedoch der Meinung, dass Direktzahlungen künftig mit drei guten Argumenten gewährt werden können: Es werden Leistungen zur Erreichung des europäischen Agrarmodells erbracht (z.B. über die Ökologisierungskomponente), es werden partiell Einkommenstransfers ermöglicht und es werden höhere europäische Standards ausgeglichen. Pauschalzahlungen pro Hektar sind dabei nicht in jedem Fall die wirksamste Methode, denn warum sollte beispielsweise einem 1 000 ha Betrieb 1 000-mal ein Einkommenstransfer gewährt werden, und einem 25 ha Betrieb nur 25-mal? Einkommenstransfer müsste an Arbeitsplätze oder Personen, aber nicht an Fläche gebunden sein. Und Nachteile, die europäische Tierhalter haben, gleicht man nicht mit Hektarprämien aus, die auch Nichttierhalter bekommen. Deshalb könnten auf der Ebene der Mitgliedstaaten Möglichkeiten einer differenzierten Zahlung auf Grundlage zusätzlicher Kriterien ausgelotet und zugelassen werden. In einigen Mitgliedstaaten, in denen die historischen Referenzwerte noch gültig sind, käme es zu Schwierigkeiten, wenn zusätzlich zur internen Konvergenz eine Konvergenz zwischen den einzelnen nationalen Mittelzuweisungen erreicht werden müsste. In diesen Fällen sind für die interne Konvergenz ein flexibler Ansatz, eine längere Übergangsphase und eine progressive Vornahme der Änderungen über den gesamten Zeitraum erforderlich  (11) .

4.3.3   Eine der wichtigsten Aufgaben dieser Reform ist es, einen Weg für eine gerechtere Verteilung der Mittelzuweisungen unter den Mitgliedstaaten vorzuschlagen. Der EWSA begrüßt die Bemühungen, das Gefälle in der Höhe der Unterstützung auszugleichen, die Landwirte in den einzelnen Mitgliedstaaten erhalten. Er sieht eine Überprüfung der Mittelzuweisungen für die Entwicklung des ländlichen Raums anhand objektiverer Kriterien im Sinne einer besseren Ausrichtung der politischen Zielsetzungen als wünschenswert an und begrüßt die Flexibilität bei der Übertragung von Mitteln zwischen den Säulen.

4.3.4   Der EWSA nimmt die Unterschiede in der Verteilung von Direktzahlungen zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten zur Kenntnis. Nach Ansicht des EWSA muss im Hinblick auf die Wahrung der Kohärenz des europäischen Agrarmodells die Wettbewerbsfähigkeit der Agrar- und Ernährungswirtschaft in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen gefördert werden. Bei einer möglichen Umverteilung der Direktzahlungen sollte die Kosten- und Ertragsstruktur der Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden.

4.3.5   Der EWSA dringt auf eine Vermeidung weiterer Wettbewerbsverzerrungen, die in einigen Mitgliedsländern, insbesondere den baltischen Staaten, soziale Folgen nach sich ziehen; es ist nicht nur den Interessen der Landwirte, sondern auch den Bedürfnissen der Verbraucher und der Bevölkerung allgemein Rechnung zu tragen. Der EWSA empfiehlt eine Umverteilung der Direktzahlungen unter den Mitgliedstaaten im Rahmen der ersten Säule, mit der sichergestellt wird, dass nach Ablauf der Haushaltsperiode kein Land weniger als 90 % des EU-Durchschnitts erhält.

4.3.6   Die Ökologisierungskomponente von Säule I ist eine Möglichkeit, eine stärkere und sichtbarere Verknüpfung zwischen Direktzahlungen und den von der Landwirtschaft erbrachten öffentlichen Umweltgütern herzustellen. Sie ist darüber hinaus ein wichtiger Schritt zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Artenvielfalt, die die Landwirtschaft bewirkt. Der EWSA befürwortet diese Vorgehensweise, spricht aber folgende Empfehlungen aus:

Die Kommission hat sich bemüht, dieses System einfach zu halten: nur drei Maßnahmen, die leicht per Satellit zu überwachen wären. Die Umsetzungsbestimmungen sollten jedoch sicherstellen, dass den Landwirten durch diese Maßnahmen kein zusätzlicher bürokratischer Aufwand entsteht.

Um einen deutlichen Nutzen für die Umwelt zu erzielen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Landwirten verschiedener Regionen zu vermeiden, müssen die Ökologisierungsmaßnahmen von allen Landwirten in der EU in ähnlicher Weise angewandt werden. Bei der Anwendung auf nationaler oder regionaler Ebene mag hingegen ein flexibles Vorgehen notwendig sein. Agrarumweltmaßnahmen, die der Ökologisierungskomponente entsprechen, sollten generell in Anrechnung gebracht werden.

Es ist zu befürchten, dass sich die Ökologisierungsmaßnahmen und die Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule überlappen (12). Um sicherzustellen, dass Landwirte, die bereits an Agrarumweltmaßnahmen teilnehmen, dieses Instrument auch weiterhin in effizienter Weise ohne Einkommenseinbußen in Anspruch nehmen können, ist hier eine klare Unterscheidung notwendig. Bei Landwirten, die sich an Maßnahmen im Rahmen von Agrar-Umweltprogrammen beteiligen, die den Zielen der Ökologisierungskomponente dienen, ist davon auszugehen, dass sie die Ökologisierungskomponente erfüllen. Schon bisher durchgeführte Agrarumweltmaßnahmen (zweite Säule) sollten für die neuen Umweltverpflichtungen (erste Säule) anerkannt werden, wie dies auch generell für den ökologischen Landbau vorgesehen ist.

4.3.7   Die Ökologisierungsmaßnahmen sollten folgendermaßen angenommen und umgesetzt werden:

Der Vorschlag, 7 % der Flächen für „im Umweltinteresse genutzte Flächen“ auszuweisen, wäre dann nicht akzeptabel, wenn damit größere landwirtschaftliche Nutzflächen nicht mehr zur Erzeugung bereitstünden. Dies wäre auch im Hinblick auf die global steigende Nachfrage nach Lebensmitteln kontraproduktiv. Die Kommission sollte die vorläufige Liste der Merkmale, die eine „ökologische Vorrangfläche“ ausmachen, so bald wie möglich vorlegen. Dabei sollte sie darauf hinweisen, dass es sich in erster Linie um Merkmale handelt, die dem Schutz und der Erhöhung der Artenvielfalt dienen: vorhandene Bäume, Terrassen, riparianische Zonen, Blühflächen usw. Die entsprechenden Flächen sollten als förderungswürdig eingestuft werden, und zwar auch in Ländern, in denen sie aufgrund nationaler Bestimmungen nicht der Definition von landwirtschaftlicher Nutzfläche entsprechen. Durch eine angemessene Liste könnte auch schnell klargestellt werden, dass die häufig geäußerten Befürchtungen, die Kommission wolle 7 % der Landflächen vollständig ungenutzt lassen, unbegründet sind. Schließlich sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, die wichtigsten Dauerkulturen effektiv den „im Umweltinteresse genutzten Flächen“ zuzurechnen, um deren beträchtlichen Wert für Umwelt und Ökologisierung zu fördern.

Die Kommission muss klarstellen, dass die Diversifizierung der Kulturen insbesondere Landwirte mit geringer Ackerbaufläche, Tierhaltungsbetriebe ohne Grünland und Landwirte, die aufgrund der klimatischen Bedingungen oder der Bodenbeschaffenheit nur eine Fruchtart anbauen können, nicht benachteiligt. Der EWSA empfiehlt für diese Fälle ein gewisses Maß an Flexibilität bei der Umsetzung, die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und von der Kommission gebilligt werden sollte.

4.3.8   Der EWSA weist darauf hin, dass die Situation hinsichtlich der Artenvielfalt nicht nur von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, sondern auch von Region zu Region sehr unterschiedlich ist. In allen Regionen der EU einheitlich 7 % der Flächen als ökologische Vorrangflächen auszuweisen, erscheint daher zunächst recht bürokratisch und unangemessen. Wenn jedoch die Maßnahmen so gewählt werden, dass alle in landwirtschaftlichen Betrieben bestehenden Strukturen, die einen positiven Beitrag zur Entwicklung der Arten leisten, berücksichtigt werden können, dann werden Landwirte in Gebieten mit vielen Landschaftselementen (und einem hohen Grad an Artenvielfalt) deutlich weniger Schwierigkeiten bei der Anpassung und Umsetzung haben als Landwirte in Regionen mit ausgeräumten Landschaften (und geringer Artenvielfalt). Genau deshalb ist es der richtige Ansatz der Kommission zur Förderung des europäischen Agrarmodells, diese Maßnahmen auf der Ebene einzelner landwirtschaftlicher Betriebe (ausgenommen kleine landwirtschaftliche Betriebe) anzusiedeln.

4.3.9   Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Kommission, dass die Mitgliedstaaten auch weiterhin im Rahmen der Maßnahmen der zweiten Säule Zahlungen an Landwirte in Berggebieten oder anderen Gebieten leisten können, die aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligt sind. Der EWSA begrüßt ferner, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit bekommen sollen, zusätzlich auch im Rahmen der ersten Säule Zahlungen für aus naturbedingten Gründen benachteiligte Gebiete zu leisten. Der EWSA fordert die Kommission auf, vereinfachte Verfahren zu gewährleisten, die es allen möglichen Begünstigten gestatten, von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Die Vorschläge zur Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete (sog. „sonstige Gebiete“) erscheinen noch nicht ausgereift und bedürfen einer Überarbeitung. Der EWSA äußert andererseits Kritik an den von der Kommission vorgelegten Vorschlägen zur Neuabgrenzung der „sonstigen benachteiligten Gebiete“ mittels acht biophysikalischer Kriterien und einem vorgesehenen Mindestanteil von 66 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. In der vorliegenden Form würden diese Regelungen in einigen Regionen, in welchen sich die Benachteiligung durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren ergeben würde, zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Schlechterstellung führen. Der neue Regelungsrahmen sollte so ausgestaltet sein, dass das Zusammenwirken dieser Faktoren in adäquater Weise berücksichtigt wird.

4.3.10   Der EWSA stimmt der Deckelung der Direktzahlungen zu, die unter Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Struktur des jeweiligen Landes und der jeweiligen Region erfolgen muss. Der EWSA stimmt der Auffassung zu, dass die Kürzung der Direktzahlungen flexibel und unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips gehandhabt werden sollte. Die vorgeschlagene progressive Deckelung ist zu begrüßen, vorausgesetzt, der verringerte Betrag wird in den schwächeren landwirtschaftlichen Sektoren jedes Landes eingesetzt. Bei der Berechnung des im Vorschlag genannten Betrags sollten die im Vorjahr vom Landwirt tatsächlich gezahlten und gemeldeten Löhne und Gehälter sowie die beschäftigungsbezogenen Steuern und Sozialabgaben max. zu 50 % abgezogen werden. Zudem sollten mitarbeitende Familienangehörige berücksichtigt werden.

4.3.11   Der EWSA ist sich der mit der Definition des Konzepts „aktiver Landwirt“ verbundenen Schwierigkeiten bewusst und schlägt daher vor, in dieser Begriffsbestimmung die Erzeugung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen – auch durch den Direktverkauf auf dem lokalen Markt – und die Erbringung von öffentlichen Gütern und Leistungen von gesellschaftlichem Nutzen als Voraussetzung vorzusehen (13). Darüber hinaus sollte der Benachteiligung der Region ebenso Rechnung getragen werden wie der Notwendigkeit, zur Erzielung eines durchschnittlichen Familieneinkommens Nebenerwerbslandwirtschaft zu betreiben. Der EWSA ist der Ansicht, dass die einzelnen Mitgliedstaaten bei den Entscheidungen darüber, wie der Begriff „aktiver Landwirt“ zu definieren ist und wer infolgedessen Direktzahlungen erhalten sollte, mehr Spielraum haben müssen. Dabei sollte auf die beihilfefähige Fläche Bezug genommen werden. Zudem sollten Begünstigte, die weniger als 5 000 EUR erhalten, nicht aus der Definition des „aktiven Landwirts“ ausgeklammert werden.

4.3.12   Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Niederlassung von Junglandwirten als Priorität der Union im Bereich der ländlichen Entwicklung anzusehen und sie auch mittels spezieller Unterprogramme innerhalb der Programme für die ländliche Entwicklung zu fördern. Der EWSA hält den Vorschlag, im Rahmen der ersten Säule Junglandwirten, die einen Betrieb gründen, Einkommensunterstützung zu gewähren, für sehr positiv. Er fordert die Kommission auf, vereinfachte Verfahren zu gewährleisten, die es allen möglichen Begünstigten gestatten, von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen.

4.3.13   Im Hinblick auf die Stärkung ihrer Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums erhalten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Mittel aus ihrem Finanzrahmen für Direktzahlungen auf ihren Finanzrahmen für die ländliche Entwicklung zu übertragen. Gleichzeitig sollten diejenigen Mitgliedstaaten, bei denen die Höhe der Direktzahlungen unter 90 % der im EU-Durchschnitt gewährten Zahlungshöhe bleibt, die Möglichkeit erhalten, Mittelübertragungen aus ihrem Finanzrahmen für die ländliche Entwicklung auf ihren Finanzrahmen für Direktzahlungen vorzunehmen. Solche Entscheidungen sollten nur einmal und innerhalb bestimmter Grenzen getroffen werden können und für die gesamte Anwendungsdauer dieser Verordnung gelten. Der EWSA empfiehlt der Kommission, die Flexibilität bei der Übertragung von Mitteln von Säule II auf Säule I von 5 % auf 10 % zu erhöhen.

4.3.14   Der EWSA ersucht die Kommission, den vorgesehenen Umfang der Umweltauflagen zu überprüfen. Durch eine Einbeziehung aller Verpflichtungen und Einschränkungen in Zusammenhang mit Natura-2000-Gebieten und der Wasserrahmenrichtlinie besteht die Gefahr massiver und nicht zu rechtfertigender Ungleichheiten unter den Landwirten. Wenngleich einige grundlegende Verpflichtungen in die Umweltauflagen aufgenommen werden können, kann dies jedoch nicht für die Verpflichtungen gelten, die sich für die Landwirte aus Wasserschutzgebieten oder anderen spezifischen Schutzgebieten ergeben. Diese Verpflichtungen sollten in der zweiten Säule durch spezifische Vergütungen abgegolten werden.

4.4   Marktinstrumente

4.4.1   Im Bereich der Marktverwaltung beziehen sich die wichtigsten Vorschläge auf den Haushalt (Schaffung einer Reserve für Krisen) und die Governance (Befugniszuwachs für die Kommission). Was die Instrumente selbst betrifft, gibt es kaum Neuerungen. Die EU sollte ihre Wirtschaftsforschung auf dieses Thema konzentrieren, um moderne Instrumente zur Bekämpfung der Preisvolatilität zu finden. Diese Instrumente sollten auf den EU-Markt, aber auch auf die Regelung der Weltmärkte angewandt werden, was eine schwierige Aufgabe sein wird, wie in den Schlussfolgerungen der G20 vom Juni 2011 betont wird.

4.4.2   Der EWSA weist die Kommission, das Parlament und den Rat darauf hin, dass die extremen Preisschwankungen der vergangenen Jahre den Bedarf an wirksameren Marktordnungsinstrumenten deutlich vor Augen führen. Der EWSA ist der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Marktinstrumente nicht ausreichend sind, und fordert eine bessere Angebot-Nachfrage-Koordinierung sowie eine ausgewogenere Verteilung der Marktmacht entlang der Lebensmittelversorgungskette. Eines der Ziele der GAP im Rahmen des Vertrages besteht in der Stabilisierung der Märkte. Stabile Märkte sind wichtig. Der EWSA ist daher der Auffassung, dass die marktpolitischen Instrumente zur Vermeidung starker Preisschwankungen ambitionierter ausfallen sollten.

4.4.3   Die Kommission schlägt vor, die 2009 begonnene schrittweise Abschaffung der Instrumente zur Angebotssteuerung fortzusetzen. Nach Ansicht des EWSA wäre es jedoch falsch, auf diese Instrumente zu verzichten, da sie durch die Förderung einer besseren Abstimmung des Angebots auf die Nachfrage eine größere Stabilität der Preise und der landwirtschaftlichen Einkommen gewährleisten sollen. Sie haben sich in sehr vielen Fällen als wirksam erwiesen. Die Instrumente zur Angebotssteuerung sind sehr vielfältig: Ex-ante-Kontrolle (z.B. Zuweisung von Produktionsrechten), Ex-post-Kontrolle (z.B. Erntevernichtung), Kontrolle der Produktionsfaktoren (z.B. Pflanzungsrechte), Festlegung von Rahmenbedingungen für Prämienrechte (z.B. nationale Höchstgrenzen) usw.

4.4.4   Der EWSA schlägt vor, die möglichen Folgen einer Aufschiebung der für 2015 geplanten Aufhebung der Zuckerquoten eingehend zu untersuchen. Hinsichtlich der Pflanzungsrechte für Reben, die spätestens 2018 erlöschen, befürwortet der EWSA die Beibehaltung von Pflanzungsrechten, begrüßt die Entscheidung der Kommission, eine hochrangige Gruppe zur Erörterung der im Weinsektor benötigten Maßnahmen einzusetzen, und unterstreicht die Notwendigkeit, zum Zweck einer besseren Marktlenkung die Pflanzungsrechte auch nach 2018 beizubehalten. Die Empfehlungen dieser hochrangigen Gruppe werden bis Ende 2012 erwartet.

4.4.5   Da 77 % des Lebensmittelmarktes der EU-27 bereits der Kontrolle durch nur fünfzehn Handelsketten unterliegen, sollte nach Meinung des Ausschusses für das Angebot ein Gegengewicht zur Marktmacht des Handels geschaffen und überlegt werden, ob das Wettbewerbsrecht ausreicht, um eine marktbeherrschende Stellung und fragwürdige Vertragspraktiken zu verhindern. An diesen Überlegungen sollten alle Interessengruppen beteiligt werden (14). Entsprechend den Schlussfolgerungen der hochrangigen Expertengruppe „Milch“ sollte diese Maßnahme auf eine Änderung des EU-Wettbewerbsrechts für den Agrar- und Lebensmittelsektor hinauslaufen, damit dessen spezifischen Eigenheiten Rechnung getragen werden und die rechtlichen Bestimmungen an die Rechtsvorschriften der Länder, mit denen die EU auf den globalen Märkten in Wettbewerb tritt, angepasst werden können.

4.4.6   Die starken Preisschwankungen der vergangenen Jahre haben Fragen zur künftigen GAP und der möglichen Wirkung weiterer Risikomanagementinstrumente sowie zu einem umfassenderen Ansatz bei der Funktionsweise der Lebensmittelkette insgesamt aufgeworfen.

4.4.7   Zur Stärkung der Stellung der Erzeuger in der Lebensmittelkette sollte die Kommission zudem die Instrumente und die Finanzierung bereitstellen, die für eine bessere, transparentere und aktualisiertere Kenntnis der Märkte und der Gewinnspannen in allen Sektoren notwendig sind. Der EWSA hat in seinen vorherigen Stellungnahmen unterstrichen, dass es einer Förderung schriftlicher Verträge, einer Anpassung des Wettbewerbsrechts, eines Verbots unlauterer und wettbewerbswidriger Praktiken, einer Verbesserung der Vermarktungskapazität der Erzeugerorganisationen und einer Stärkung der Branchenverbände bedarf (15). Lokale und regionale Initiativen, Bauernmärkte, kurze Vermarktungswege (auch im Rahmen von Kantinen, Gemeinschaftsverpflegungen etc.) sowie Direktverkäufe sollten viel stärker als bisher gefördert werden.

4.4.8   Zur Gewährleistung der nötigen Flexibilität in unvorhersehbaren Notsituationen schlägt die Kommission die Bildung einer Reserve in Höhe von etwa 500 Mio. EUR für Krisen in der Landwirtschaft vor. Die Kommission sollte dieses Instrument in den mehrjährigen Finanzrahmen aufnehmen, die Funktionsweise dieses neuen Instruments näher erläutern und die Verfahren zur Aktivierung von Maßnahmen gegen Marktstörungen näher darlegen. Das Instrument muss so flexibel sein, dass es ein rasches und rechtzeitiges Eingreifen erlaubt.

4.4.9   Die Europäische Kommission stärkt die Rolle der Erzeugerorganisationen, der Marktteilnehmerorganisationen und der Handelsorganisationen, indem sie deren Tätigkeit auf alle Erzeugnisse ausdehnt, für die es eine gemeinsame Marktordnung gibt. Nach Ansicht des EWSA sollte – auch vor dem Hintergrund früherer Anmerkungen des Europäischen Rechnungshofes (16) – genau geklärt werden, wie sich die Kommission die Anerkennung dieser Organisationen und die Maßnahmen zur Überwachung ihrer Aktivitäten vorstellt. So sollte auch geprüft werden, inwieweit durch die vorgeschlagene Ermächtigung für kollektive Allgemeinverbindlichkeitserklärungen die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Landwirts in Frage gestellt wird.

4.4.10   Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, schriftliche Verträge zwischen den Parteien einzuführen. Genossenschaften und ähnliche Einrichtungen können jedoch hiervon ausgenommen werden. Laut Kommission ist eine solche Maßnahme lediglich für Molkereiprodukte vorgesehen, während sie für andere Produkte von den Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis durchgeführt werden kann. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Kommission eine solche Verpflichtung auch auf alle anderen landwirtschaftlichen Produkte, für die eine gemeinsame Marktordnung besteht, und insbesondere auf verderbliche Produkte ausdehnen sollte.

4.4.11   Der EWSA hat Vorbehalte gegen die Möglichkeit, den Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung (EGF) für Unterstützungszahlungen an Landwirte zu nutzen, für die sich die internationalen Handelsabkommen negativ ausgewirkt haben. Der EWSA weist darauf hin, dass der Zweck des EGF in erster Linie darin besteht, „Unterstützung für Arbeitnehmer, die aufgrund weit reichender Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge aufgrund der Globalisierung arbeitslos geworden sind, in den Fällen bereitzustellen, in denen diese Entlassungen eine beträchtliche negative Auswirkung auf die regionale oder lokale Wirtschaftsentwicklung haben“ (17). Damit der EGF eine möglichst große Wirkung hat, dürfen seine Mittel nach Auffassung des EWSA nicht zur Unterstützung der europäischen Landwirtschaft verwendet werden.

4.4.12   Neuesten Schätzungen zufolge leben etwa 16,3 % der EU-Bürger an bzw. unterhalb der Armutsgrenze. Der EWSA weist erneut auf den Beitrag des europäischen Programms zur Abgabe von Nahrungsmitteln an Bedürftige hin, in dessen Rahmen jährlich Zigmillionen Mahlzeiten an besonders bedürftige Personen ausgeteilt werden (2009 profitierten mehr als 18 Mio. Menschen von dem Programm). Der EWSA begrüßt es, dass das europäische Hilfsprogramm für Bedürftige in den Vorschlägen für die Finanzielle Vorausschau 2014-2020 deutlich außerhalb der ersten und der zweiten Säule angesiedelt ist. Seine Funktionsweise sollte jedoch im Licht der Anmerkungen des Europäischen Rechnungshofes (18) verbessert werden. Nach Ansicht des Ausschusses hat sich die EU in all ihren Politikbereichen stets die Solidarität mit benachteiligten Gruppen auf die Fahnen geschrieben und sollte hieran auch festhalten.

4.5   Entwicklung des ländlichen Raums

4.5.1   Der EWSA sieht in der zweiten Säule das zentrale Steuerungselement für die Aufrechterhaltung des europäischen Agrarmodells. Die dramatische Finanzlage vieler Mitgliedstaaten wird dazu führen, dass viele Maßnahmen nicht mehr oder nicht mehr ausreichend kofinanziert werden können, was zu einer erheblichen Schwächung führen wird. Dies ist ein grundlegendes Problem, das bei den Verhandlungen zur Finanzplanung 2014-2020 anzusprechen ist.

4.5.2   Das Abrücken vom bisherigen Prinzip in der zweiten Säule, drei mit finanziellen Mindestanteilen unterlegte Achsen (plus LEADER) zu haben, hin zu sechs Schwerpunktbereichen, bedeutet im Kern (noch) freiere Gestaltungsmöglichkeit für die Mitgliedstaaten. Der EWSA begrüßt allerdings, dass Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen weiterhin mindestens 25 % des Finanzvolumens ausmachen sollen, und schlägt auch einen Mindestanteil für LEADER vor. Es sollte in der Tat verhindert werden, dass Mitgliedstaaten z.B. nur Investitionsförderungen vornehmen und dafür beispielsweise die Förderung von Agrarumweltmaßnahmen, des ökologischen Landbaus oder Bottom-up-Initiativen wie LEADER auf null setzen.

4.5.3   Um die Landwirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, schlägt die Kommission vor, die GAP mit der EU-Strategie für Wachstum und Arbeitsplätze zu verknüpfen, unter besonderer Berücksichtigung von Ausbildung, Innovation und Forschung. Der EWSA unterstützt diesen Ansatz.

4.5.4   Der EWSA stimmt der Einführung der Europäischen Innovationspartnerschaft im Kontext der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums zu. Er ist der Auffassung, dass mit diesem Instrument in erster Linie Forschungstätigkeiten unterstützt und gefördert werden sollten, die folgende Ziele verfolgen: Förderung von Produktivität und Nachhaltigkeit der Land- und Forstwirtschaft, Gewährleistung einer effizienten Nutzung natürlicher Ressourcen, Stärkung des Beitrags der Land- und Forstwirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels, Verbesserung der Qualität und der Sicherheit der Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft, Sicherstellung von Verbraucherschutz und Verbrauchergesundheit, Förderung der Erprobung innovativer Techniken in der Land- und Forstwirtschaft, Verbesserung von Transport und Logistik für Nahrungsmittelprodukte, Auswahl umweltfreundlicher Lebensmittelverpackungen. Nach Ansicht des EWSA wird die Europäische Innovationspartnerschaft in der Land- und Forstwirtschaft durch eine höhere Effizienz der Forschung und Innovation grenzübergreifende Synergien und die europäische Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen und privaten Stellen sicherstellen.

4.5.5   Der EWSA begrüßt nachdrücklich die Vorschläge für Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum. Er fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit und die Freiheit zu geben, Sondermaßnahmen für diejenigen Sektoren zu schaffen, die für sie von vorrangiger Bedeutung sind, indem diesen Regionen Alternativen geboten werden. Maßnahmen dieser Art sind für die Erhaltung und Wahrung der Natur sowie die Pflege von Kulturlandschaften unerlässlich. Der EWSA hat zur Kenntnis genommen, dass die Kommission strengere Selektivitätskriterien für den Zugang zu bestimmten Maßnahmen anwenden will. Er hebt hervor, dass diese Selektivitätskriterien die Entwicklung von Betrieben, die bereits ein bestimmtes Maß an Wettbewerbsfähigkeit erreicht haben, nicht beeinträchtigen dürfen.

4.5.6   Der EWSA stimmt der Stärkung der Instrumente des Risikomanagements im Rahmen der GAP zu. Nach Ansicht des Ausschusses sollten diese Instrumente zur Reduzierung der Einkommensschwankungen und der Instabilität der Märkte beitragen. Die Stärkung von Versicherungsprodukten und die Schaffung von Fonds auf Gegenseitigkeit sollte Landwirten helfen, mit den stärkeren Marktschwankungen, der zunehmenden Gefahr durch neue Tier- und Pflanzenkrankheiten und den immer häufigeren schlechten Witterungsbedingungen zurechtzukommen. Der EWSA stimmt der Aufnahme des Risikomanagements in die zweite Säule zu, ist jedoch der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten die nationale Kofinanzierung vorher festlegen sollten.

4.5.7   Der EWSA begrüßt die Beibehaltung der auf Gebiete mit naturbedingten Nachteilen ausgerichteten Politik. Er bedauert jedoch, dass seine in der Stellungnahme (19) zu der Mitteilung COM(2009) 161 „Bessere Ausrichtung der Beihilfen für Landwirte in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen“ ausgesprochenen Empfehlungen hinsichtlich der Abgrenzung dieser Gebiete nicht berücksichtigt wurden. Die von der Kommission vorgeschlagenen acht biophysikalischen Kriterien sind für eine zweckdienliche, legitime und EU-weit akzeptierte Neubestimmung nicht ausreichend.

4.5.8   Der EWSA hat bereits deutlich gemacht, dass die Wahrung der Artenvielfalt eine zentrale Aufgabe ist, der nicht nur eine ethisch-moralische Verpflichtung zugrunde liegt, sondern der langfristig auch eine strategische Bedeutung zukommt. Für ein rascheres und wirksameres Handeln lassen sich ausreichend wirtschaftliche Gründe anführen.

4.5.9   Der EWSA betont, dass die Überprüfungen 2012 eine sehr gute Gelegenheit sind, Wasserknappheit und Extremsituationen wie Trockenheit in einen gemeinsamen politischen Rahmen zur Bewirtschaftung der Wasserressourcen aufzunehmen.

4.5.10   Der EWSA meint, dass die Säule II das enorme Problem der Dürre, Bodenerosion und Wüstenbildung in den südlichen und mediterranen Regionen der EU widerspiegeln sollte, und empfiehlt die Konzipierung einer speziellen Maßnahme zur Bewältigung dieses Problems. Gleichzeitig sollten jedoch auch die zusätzlichen Kosten berücksichtigt werden, die in den nördlichen EU-Mitgliedstaaten zur Entwässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen anfallen.

4.5.11   Der EWSA fordert die Kommission, das Parlament und den Rat nachdrücklich auf, über die Konzeption einer integrierten Proteinstrategie der EU nachzudenken, damit das Angebot an Tierfutter aufrechterhalten und die Abhängigkeit von Eiweißimporten verringert werden kann.

4.5.12   Die Verschwendung von Lebensmitteln ist ein Thema, das für die Lebensmittelversorgungssicherheit und die Ressourceneffizienz zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der EWSA empfiehlt der Kommission, bewährte Verfahren zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung in Ländern wie Deutschland zu prüfen und mit gesetzgeberischen Maßnahmen auf EU-Ebene zu unterstützen.

4.5.13   Betriebsverlagerungen werden in den kommenden Jahren ein großes Thema sein, und in der Landwirtschaft sollte die Wertschöpfung nach Möglichkeit innerhalb der jeweiligen Regionen verbleiben. Nach Angaben des Europäischen Rechnungshofes widmen sich lokale Aktionsgruppen im Rahmen des LEADER-Programms nicht in ausreichendem Maße der Verwirklichung der Ziele ihrer eigenen lokalen Strategien (20). Es wäre daher sinnvoll, im Wege der GAP 2014-2020 ein neues politisches Instrument mit entsprechenden Korrekturmaßnahmen einzuführen, das es in stärkerem Maße als LEADER ermöglicht, die Entstehung regional ausgerichteter Projekte zu begleiten.

4.5.14   Der EWSA ist der Ansicht, dass die GAP ein bevorzugtes Mittel für das Schmieden von Allianzen mit den Verbrauchern sein sollte, indem sie sachdienliche Angaben dazu fördert, auf welche Weise Nahrungsmittel entlang der Wertschöpfungskette oder während ihres Lebenszyklus erzeugt wurden. Die Rückverfolgbarkeit muss für den Verbraucher transparent sein, denn der Verbraucher kann der beste Bundesgenosse einer europäischen Agrarerzeugung sein, die nachhaltiger und umweltfreundlicher ist und bessere Arbeitsplätze schafft.

Brüssel, den 25. April 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63.

(2)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63, Ziffer 4.2.

(3)  ABl. C 354 vom 28.12.2010.

(4)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63.

(5)  ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 19-24.

(6)  ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 87.

(7)  Eurostat-Erhebung: Struktur landwirtschaftlicher Betriebe.

(8)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63, Ziffer 1.10.

(9)  COM(2011) 500 final, „Ein Haushalt für ‚Europa 2020‘ “.

(10)  ABl. C 354 vom 28.12.2010, S. 35, Ziffer 5.6.11.

(11)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63, Ziffer 1.4.

(12)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63, Ziffer 3.4.3).

(13)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63, Ziffer 1.5.

(14)  ABl. C 354 vom 28.12.2010, S. 35.

(15)  ABl. C 48 vom 15.2.2011, S. 145.

(16)  Europäischer Rechnungshof: Wachsender Erfolg? Wirksamkeit der Unterstützung der Europäischen Union für die operationellen Programme der Obst- und Gemüseerzeuger; Sonderbericht Nr. 8/2006.

(17)  Verordnung (EG) Nr. 1927/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung.

(18)  Europäischer Rechnungshof: Nahrungsmittelhilfe der Europäischen Union für Bedürftige: Bewertung der Ziele, Mittel und angewandten Methoden; Sonderbericht Nr. 6/2009.

(19)  ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 87-91.

(20)  Europäischer Rechnungshof; Sonderbericht 5/2011.


ANHANG I

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende abgelehnte Änderungsanträge erhielten mindestens ein Viertel der Stimmen:

Ziffer 1.25

Ändern:

Der EWSA ist der Ansicht, dass eine neue, separate Maßnahme zur Schärfung des Profils des biologischen Landbaus erforderlich ist, für die der Kofinanzierungssatz dem für die weniger entwickelten Gebiete vorgeschlagenen Satz (85 %) entsprechen sollte.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen

:

75

Nein-Stimmen

:

81

Enthaltungen

:

8

Ziffer 4.3.6

Ändern:

Die Ökologisierungskomponente von Säule I ist eine Möglichkeit, eine stärkere und sichtbarere Verknüpfung zwischen Direktzahlungen und den von der Landwirtschaft erbrachten öffentlichen Umweltgütern herzustellen. Sie ist darüber hinaus ein wichtiger Schritt zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Artenvielfalt, die die Landwirtschaft bewirkt. Der EWSA befürwortet diese Vorgehensweise, spricht aber folgende Empfehlungen aus:

Die Kommission hat sich bemüht, dieses System einfach zu halten: nur drei Maßnahmen, die leicht per Satellit zu überwachen wären. Die Umsetzungsbestimmungen sollten jedoch sicherstellen, dass den Landwirten durch diese Maßnahmen kein zusätzlicher bürokratischer Aufwand entsteht.

Um einen deutlichen Nutzen für die Umwelt zu erzielen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Landwirten verschiedener Regionen zu vermeiden, müssen die Ökologisierungsmaßnahmen von allen Landwirten in der EU in ähnlicher Weise angewandt werden. Bei der Anwendung auf nationaler oder regionaler Ebene mag hingegen ein flexibles Vorgehen notwendig sein. Jene Agrarumweltmaßnahmen, die der Artenvielfalt besonders dienlich sind (wie z.B. Blühstreifen), , sollten zukünftig auch als ‚ökologische Vorrangfläche‘ anerkannt werden. Der Mehraufwand, den Landwirte hierbei über die Landbereitstellung hinaus haben (z.B. für Saatgut, Arbeitsaufwand etc.), sollte ihnen separat aus der 1. Säule ausgeglichen werden.

Es ist zu befürchten, dass sich die Ökologisierungsmaßnahmen und die Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule überlappen  (1) . Um sicherzustellen, dass Landwirte, die bereits an Agrarumweltmaßnahmen teilnehmen, dieses Instrument auch weiterhin in effizienter Weise ohne Einkommenseinbußen in Anspruch nehmen können, ist hier eine klare Unterscheidung notwendig. “

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen

:

71

Nein-Stimmen

:

90

Enthaltungen

:

11

Ziffer 4.3.7

Ändern:

Die Ökologisierungsmaßnahmen sollten folgendermaßen angenommen und umgesetzt werden:

Der Vorschlag, 7 % der Flächen für ‚im Umweltinteresse genutzte Flächen‘ auszuweisen, wäre dann nicht akzeptabel, wenn damit größere landwirtschaftliche Nutzflächen nicht mehr zur Erzeugung bereitstünden. Dies wäre auch im Hinblick auf die global steigende Nachfrage nach Lebensmitteln kontraproduktiv. Die Kommission sollte die vorläufige Liste der Merkmale, die eine ‚ökologische Vorrangfläche‘ ausmachen, so bald wie möglich vorlegen. Dabei sollte sie darauf hinweisen, dass es sich in erster Linie um Merkmale handelt, die dem Schutz und der Erhöhung der Artenvielfalt dienen: vorhandene Bäume, Terrassen, Gewässerrandstreifen, Blühflächen usw. Die entsprechenden Flächen sollten als förderungswürdig eingestuft werden, und zwar auch in Ländern, in denen sie aufgrund nationaler Bestimmungen nicht der Definition von landwirtschaftlicher Nutzfläche entsprechen. Durch eine angemessene Liste könnte auch schnell klargestellt werden, dass die häufig geäußerten Befürchtungen, die Kommission wolle 7 % der Landflächen vollständig ungenutzt lassen, unbegründet sind. Schließlich sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, bei den Dauerkulturen einen nur 3,5 %igen ‚im Umweltinteresse genutzten Flächenanteil‘zu verlangen.

Die Kommission muss klarstellen, dass die Diversifizierung der Kulturen insbesondere Landwirte mit geringer Ackerbaufläche, Tierhaltungsbetriebe ohne Grünland und Landwirte, die aufgrund der klimatischen Bedingungen oder der Bodenbeschaffenheit nur eine Fruchtart anbauen können, nicht benachteiligt. Der EWSA empfiehlt für diese Fälle ein gewisses Maß an Flexibilität bei der Umsetzung, die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und von der Kommission gebilligt werden sollte.“

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen

:

64

Nein-Stimmen

:

88

Enthaltungen

:

14


(1)  Stellungnahme des EWSA zur Zukunft der GAP (ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 63, Nummer 3.4.3).


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