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Document 32015D1026

    Beschluss (EU) 2015/1026 des Rates vom 19. Juni 2015 zur Aufhebung der Entscheidung 2009/589/EG über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Polen

    ABl. L 163 vom 30.6.2015, p. 37–39 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2015/1026/oj

    30.6.2015   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 163/37


    BESCHLUSS (EU) 2015/1026 DES RATES

    vom 19. Juni 2015

    zur Aufhebung der Entscheidung 2009/589/EG über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Polen

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 126 Absatz 12,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 7. Juli 2009 stellte der Rat, auf Empfehlung der Kommission, mit der Entscheidung 2009/589/EG des Rates (1) gemäß Artikel 104 Absatz 6 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) fest, dass in Polen ein übermäßiges Defizit bestand.

    (2)

    Am selben Tag richtete der Rat gemäß Artikel 104 Absatz 7 EGV und Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) auf Empfehlung der Kommission eine Empfehlung an Polen mit dem Ziel, das übermäßige Defizit bis spätestens 2012 zu beenden.

    (3)

    Am 21. Juni 2013 kam der Rat zu dem Schluss, dass Polen wirksame Maßnahmen ergriffen habe, jedoch nach der Verabschiedung der ursprünglichen Empfehlung unerwartete nachteilige wirtschaftliche Ereignisse mit sehr ungünstigen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen eingetreten seien. Infolgedessen stellte der Rat auf Empfehlung der Kommission fest, dass die in Artikel 3 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 genannten Voraussetzungen erfüllt waren, und nahm erneut nach Artikel 126 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine an Polen gerichtete Empfehlung für die Beendigung des übermäßigen Defizits bis 2014 an (3).

    (4)

    Am 10. Dezember 2013 stellte der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV fest, dass das Land keine wirksamen Maßnahmen auf der Grundlage der Empfehlung des Rates vom 21. Juni 2013 zur Korrektur seines übermäßigen Defizits bis 2014 (4) ergriffen hatte, und nahm erneut nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV eine an Polen gerichtete Empfehlung an, das bestehende übermäßige Defizit bis 2015 zu beenden (5). In dieser Empfehlung wurde Polen empfohlen, ein Gesamtdefizit von 4,8 % des BIP im Jahr 2013, 3,9 % des BIP im Jahr 2014 und 2,8 % des BIP im Jahr 2015 zu erreichen (bereinigt um die Auswirkungen der Übertragung von Vermögenswerten aus der zweiten Rentensystemsäule). Gemäß der makroökonomischen Prognose, auf die sich die Empfehlung des Rates stützt, entspricht dies einer Verbesserung des strukturellen Saldos um 1 % des BIP im Jahr 2014 und 1,2 % des BIP im Jahr 2015. Polen wurde ferner empfohlen, die bereits angekündigten und angenommenen Maßnahmen konsequent umzusetzen und sie durch zusätzliche Maßnahmen zu flankieren, um das übermäßige Defizit bis 2015 nachhaltig korrigieren zu können. Polen wurde eine Frist bis zum 15. April 2014 eingeräumt, um einen Bericht über die zur Befolgung der Empfehlung getroffenen Maßnahmen vorzulegen.

    (5)

    Am 2. Juni 2014 gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass keine weiteren Schritte im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit notwendig seien.

    (6)

    Gemäß Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit werden die zur Durchführung des Defizitverfahrens erforderlichen Daten von der Kommission zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Anwendung dieses Protokolls müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 479/2009 des Rates (6) zweimal jährlich, und zwar zum 1. April und zum 1. Oktober, Angaben zu ihren öffentlichen Defiziten und ihrem Schuldenstand sowie andere damit verbundene Variablen übermitteln.

    (7)

    Es ist Sache des Rates, auf der Grundlage der übermittelten Angaben über die Aufhebung des Beschlusses, mit dem das Bestehen eines übermäßigen Defizits festgestellt worden war, zu entscheiden. Zudem sollte eine Entscheidung über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits nur aufgehoben werden, wenn die Kommission in ihrer Prognose davon ausgeht, dass das Defizit den Schwellenwert von 3 % des BIP im Prognosezeitraum nicht überschreiten wird (7); und sich die Schuldenquote künftig auf den Richtwert für den Schuldenstand zubewegen wird.

    (8)

    Gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sollten zudem die Reformen des Rentensystems berücksichtigt werden, mit denen ein aus mehreren Säulen bestehendes System, das eine gesetzliche, vollständig kapitalgedeckte Säule umfasst, eingeführt wurde.

    (9)

    Die Daten, die von der Kommission (Eurostat) gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 479/2009 nach der im April 2015 erfolgten Datenmeldung Polens zur Verfügung gestellt wurden, das Konvergenzprogramm 2015 und die Frühjahrsprognose 2015 der Kommission lassen folgende Schlussfolgerungen zu:

    Im Jahr 2014 betrug das gesamtstaatliche Defizit 3,2 % des BIP. Da dieser Wert als in der Nähe des Referenzwerts liegend betrachtet werden kann und Polens Schuldenquote dauerhaft unter dem Referenzwert von 60 % des BIP liegt, sind auf Polen die Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 in Bezug auf Reformen des Rentensystems anwendbar. Die Rentensystemreform Polens des Jahres 1999 wurde durch ein im Dezember 2013 verabschiedetes Gesetz umgekehrt. Im Rahmen dieser Umkehr wurde ein Teil der Vermögenswerte des privaten, vollständig kapitalgedeckten Pensionsfonds (zweite Säule des polnischen Rentensystems) in das staatliche Sozialversicherungssystem (erste Säule des polnischen Rentensystems) übertragen. Zudem ist in der zweiten Säule des Rentensystems keine universelle Abdeckung mehr gegeben, da eine Teilnahme nicht länger verpflichtend ist. Infolge der Umkehr im Jahr 2013 verlor die Reform von 1999 ihren systemischen Charakter. Jedoch flossen noch bis Ende Juli 2014 Sozialabgaben aller Teilnehmer in die zweite Säule. Diese Beiträge stellen Nettokosten der Rentenreform von 1999 dar und müssen bei der Bewertung der Korrektur des übermäßigen Defizits berücksichtigt werden. Die direkten Nettogesamtkosten im Zeitraum Januar bis Juli 2014 werden auf 0,4 % des BIP veranschlagt, womit sich die Überschreitung des im Vertrag festgelegten Referenzwerts von 3 % des BIP im Jahr 2014 hinreichend erklären lässt.

    Laut dem Konvergenzprogramm, das die polnische Regierung am 30. April 2015 vorgelegt hat, wird ein Defizit von 2,7 % des BIP im Jahr 2015 und 2,3 % des BIP im Jahr 2016 angestrebt. In der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird ein Defizit von 2,8 % des BIP für 2015 und, unter der Annahme einer unveränderten Politik, 2,6 % des BIP für 2016 projiziert. Das Defizit wird demnach im gesamten Prognosezeitraum unter dem Referenzwert von 3 % des BIP bleiben.

    Die Kommission geht von einer Verbesserung des strukturellen Haushaltssaldos, d. h. des konjunkturbereinigten gesamtstaatlichen Haushaltssaldos ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen, um 0,9 % des BIP im Jahr 2014 aus.

    Der gesamtstaatliche Bruttoschuldenstand betrug 2014 50,1 %. In der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird ein gesamtstaatlicher Bruttoschuldenstand von 50,9 % des BIP für 2015 und 50,8 % des BIP für 2016 projiziert, der somit unter dem Referenzwert von 60 % des BIP liegt.

    (10)

    Ab dem Jahr 2015, d. h. dem Jahr nach der Korrektur des übermäßigen Defizits, unterliegt Polen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und sollte daher in einem angemessenem Tempo Fortschritte in Richtung auf sein mittelfristiges Haushaltsziel, einschließlich der Einhaltung des Ausgabenrichtwertes, machen. In ihrer Frühjahrsprognose 2015 geht die Kommission unter der Annahme einer unveränderten Politik von einer Verbesserung des strukturellen Saldos um 0,2 % des BIP sowohl im Jahr 2015 als auch im Jahr 2016 aus. Nach Prüfung der Gesamtlage wird Polen ausgehend von einem Netto-Ausgabenwachstum unterhalb des Richtwerts voraussichtlich die erforderliche Annäherung an das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2015 vollziehen; hingegen zeichnet sich die Gefahr einer gewissen Abweichung von der erforderlichen Anpassung im Jahr 2016 ab, da die strukturelle Anpassung 2016 hinter den Anforderungen zurückbleibt und weitere Maßnahmen erforderlich machen wird.

    (11)

    Nach Artikel 126 Absatz 12 AEUV ist ein Beschluss des Rates über das Bestehen eines übermäßigen Defizits aufzuheben, wenn das übermäßige Defizit im betreffenden Mitgliedstaat nach Ansicht des Rates korrigiert worden ist.

    (12)

    Nach Ansicht des Rates ist das übermäßige Defizit Polens korrigiert worden und die Entscheidung 2009/589/EG sollte daher aufgehoben werden.

    (13)

    Der Rat weist darauf hin, dass die Reform des Rentensystems von 1999 ein leistungsorientiertes staatliches Rentensystem durch ein Drei-Säulen-Modell auf der Grundlage festgelegter Beiträge ersetzte. Hauptziel der Reform war die Verbesserung der Tragfähigkeit des polnischen Rentensystems, insbesondere angesichts der großen demografisch bedingten Herausforderungen, denen Polen gegenübersteht. Mit der Umkehr der Systemreform Ende 2013 kam es zu einer erneuten Stärkung der Rolle der ersten, staatlichen Säule, die, anders als die zweite Säule, nicht vollständig kapitalgedeckt ist, sondern ein fiktives beitragsdefiniertes System darstellt. Wenngleich sich daraus kurzfristig ein gewisser Haushaltsspielraum ergibt, führt die Umkehr der systemischen Reform von 1999 nicht zu einer Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, da die kurzfristigen Erträge aus höheren Sozialabgaben und niedrigeren Zinszahlungen von zukünftig höheren Rentenzahlungen aus dem staatlichen Rentensystem aufgewogen werden. Insgesamt birgt die Umkehr der Rentenreform von 1999 für die öffentlichen Finanzen Polens auf lange Sicht gewisse Risiken —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Nach Prüfung der Gesamtlage ist festzustellen, dass Polen sein übermäßiges Defizit korrigiert hat.

    Artikel 2

    Die Entscheidung 2009/589/EG wird aufgehoben.

    Artikel 3

    Dieser Beschluss ist an die Republik Polen gerichtet.

    Geschehen zu Luxemburg am 19. Juni 2015.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    J. REIRS


    (1)  Entscheidung 2009/589/EG des Rates vom 7. Juli 2009 über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Polen (ABl. L 202 vom 4.8.2009, S. 46).

    (2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

    (3)  Empfehlung des Rates vom 21. Juni 2013 mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Polen zu beenden.

    (4)  Beschluss 2013/758/EU des Rates vom 10. Dezember 2013 zur Feststellung, dass Polen auf die Empfehlung des Rates vom 21. Juni 2013 nicht mit wirksamen Maßnahmen reagiert hat (ABl. L 335 vom 14.12.2013, S. 46).

    (5)  Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2013 mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Polen zu beenden.

    (6)  Verordnung (EG) Nr. 479/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 145 vom 10.6.2009, S. 1).

    (7)  Im Einklang mit den „Spezifikationen für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und Leitlinien zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme“ vom 3. September 2012. Siehe: http://ec.europa.eu/economy_finance/economic_governance/sgp/pdf/coc/code_of_conduct_en.pdf.


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