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Document C(2021)3552

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) .../... DER KOMMISSION zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung der Kriterien für die Bestimmung antimikrobieller Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen

C/2021/3552 final

BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES DELEGIERTEN RECHTSAKTS

Mit der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates werden Inverkehrbringen, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Vertrieb, Pharmakovigilanz, Kontrolle und Verwendung von Tierarzneimitteln geregelt.

Antimikrobielle Resistenzen gegen Human- und Tierarzneimittel sind in der Union und weltweit ein wachsendes Gesundheitsproblem. Um die Wirksamkeit bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe, einschließlich Reserveantibiotika, bei der Behandlung von Infektionen beim Menschen so lange wie möglich zu erhalten, ist es notwendig geworden, diese antimikrobiellen Wirkstoffe nur beim Menschen anzuwenden und in der Folge ihre Verwendung bei Tieren zu verbieten. Mit der vorliegenden Delegierten Verordnung sollen die Kriterien für die Bestimmung solcher antimikrobieller Wirkstoffe festgelegt werden, die gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 2019/6 der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen.

Es sei darauf hingewiesen, dass im Einklang mit Artikel 37 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2019/6 eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, in einem Durchführungsrechtsakt auf der Grundlage der in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erstellt wird. Diese antimikrobiellen Wirkstoffe, die in der Union als nur der Verwendung beim Menschen vorbehalten ausgewiesen sein werden, werden in der Union nicht zur Verwendung bei Tieren zugelassen werden. Darüber hinaus werden sie angesichts der internationalen Dimension der antimikrobiellen Resistenz gemäß Artikel 118 der Verordnung (EU) 2019/6 nicht für die Verwendung bei Tieren oder Erzeugnissen tierischen Ursprungs zugelassen, die aus Drittstaaten in die Union ausgeführt werden sollen.

2.KONSULTATIONEN VOR ANNAHME DES RECHTSAKTS

Gemäß Artikel 147 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2019/6 hat die Kommission eingehende Konsultationen mit den Sachverständigen für Tierarzneimittel der Mitgliedstaaten durchgeführt, die die vorliegende Delegierte Verordnung inhaltlich im Allgemeinen befürwortet haben.

Darüber hinaus hat die Kommission die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) um wissenschaftliche Beratung ersucht. Im Rahmen der Beratung wurden die Standpunkte des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) berücksichtigt. Auch einschlägige Empfehlungen internationaler Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) wurden dabei berücksichtigt. Darüber hinaus führte die Kommission auch gezielte Konsultationen der Interessenträger zu den wissenschaftlichen Empfehlungen der EMA durch.

Diese Delegierte Verordnung wurde auch dem Europäischen Parlament und dem Rat zugeleitet.

Es ging keine Stellungnahme vom Rat ein.

Auch vom Europäischen Parlament ging keine Stellungnahme ein.

Darüber hinaus wurden im Rahmen des Feedback-Mechanismus für eine bessere Rechtsetzung im Zeitraum vom 26. März 2021 bis zum 23. April 2021 Rückmeldungen von Interessenträgern zum Entwurf der Delegierten Verordnung eingeholt. Rückmeldungen von fünf Nichtregierungsorganisationen, die Tierärzte vertreten, einem Ärzteverband, zwei Unternehmensverbänden und einem Bürger, der die Pharmaindustrie vertritt, sechs Verbänden/Organisationen, die den Agrar- und Lebensmittelsektor vertreten, zwei Verbraucherorganisationen, einem Bürger und drei Nicht-EU-Ländern gingen über die Online-Plattform „Ihre Meinung zählt“ 1 ein. Rückmeldungen eines weiteren Nicht-EU-Landes und einer Behörde aus einem EU-Land wurden per E-Mail an die zuständigen Kommissionsdienststellen gesandt.

In einem beträchtlichen Teil der Rückmeldungen wurde um die Aufnahme neuer Bestimmungen ersucht, um das Verfahren zu präzisieren, das von der Kommission auf der Grundlage der in der vorliegenden Delegierten Verordnung beschriebenen Kriterien bei der Erstellung der Liste antimikrobieller Wirkstoffe, die der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen, angewandt wird. Es wurde auch gefordert, als Bestandteil dieses Verfahrens den Mechanismus zu beschreiben, anhand dessen festgestellt würde, ob ein übergeordnetes Interesse der öffentlichen Gesundheit besteht, das rechtfertigt, dass ein antimikrobieller Wirkstoff der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleibt, vorausgesetzt, dass die Nichtanwendung in der Veterinärmedizin nur zu einer begrenzten Morbidität oder Mortalität führen würde. In den Rückmeldungen wurde darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren transparent sein sollte und die einschlägigen Interessenträger konsultiert werden sollten. Die Kommission teilt voll und ganz die Auffassung, dass eine wissenschaftlich fundierte Bewertung dazu erforderlich ist, welche antimikrobiellen Wirkstoffe der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollten, und dass die nationalen Behörden zusammen mit den einschlägigen Interessenträgern zu der vorgeschlagenen Liste antimikrobieller Wirkstoffe konsultiert werden sollten. Die Liste selbst wird in einer Durchführungsverordnung auf der Grundlage der in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erstellt. Dieses Verfahren fällt jedoch nicht in den Anwendungsbereich der vorliegenden Delegierten Verordnung. Ihr Anwendungsbereich besteht gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 nämlich darin, die Kriterien festzulegen, anhand derer eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe erstellt wird, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen. Aus diesem Grund hat die Kommission keine Bestimmungen zur Beschreibung des Verfahrens der Anwendung dieser Kriterien aufgenommen.

In anderen Rückmeldungen wurde betont, dass sich die Kriterien teilweise auf messbare Parameter wie „hohe Morbidität oder hohe Mortalität“ oder „begrenzte Behandlungsalternativen“ ohne entsprechenden numerischen Wert stützten, anhand dessen zweifelsfrei festgestellt werden könnte, ob das Kriterium erfüllt ist oder nicht. Die Kommission möchte betonen, dass sie im Rahmen der vorliegenden Delegierten Verordnung keine solchen numerischen Werte angegeben hat, da diese von einer Reihe von Parametern abhängen würden, wie z. B. dem jeweiligen antimikrobiellen Wirkstoff, dem jeweiligen Mikroorganismus und der jeweiligen Krankheit oder der betreffenden Tierart, sodass es unrealistisch wäre, eine erschöpfende Liste zu erstellen. Die Kommission wird im Einklang mit Artikel 37 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2019/6 die wissenschaftlichen Empfehlungen der EMA, der EFSA und des ECDC berücksichtigen, deren Sachverständige auf Einzelfallbasis gemeinsam bewerten werden, welche antimikrobiellen Wirkstoffe die drei in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erfüllen und daher in die Durchführungsverordnung zur Erstellung der Liste der antimikrobiellen Wirkstoffe, die der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen, aufgenommen werden sollten. Diese wissenschaftliche Bewertung wird von der EMA in einem wissenschaftlichen Beratungsbericht veröffentlicht, der zur Gewährleistung der Transparenz der breiten Öffentlichkeit zugänglich sein wird.

In einigen Rückmeldungen wurde auch darauf hingewiesen, dass das Kriterium „Risiko der Resistenzübertragung“ zu streng sei und wahrscheinlich dazu führen werde, dass in Zukunft keine neuen antimikrobiellen Wirkstoffe für den Veterinärmarkt zugelassen würden, da alle antimikrobiellen Wirkstoffe theoretisch ein „Potenzial“ für eine Kreuzresistenz oder eine Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe hätten. Die Kommission möchte klarstellen, dass dieses Kriterium nur dann erfüllt werden kann, wenn wissenschaftlich nachgewiesen wird, dass ein solches Potenzial besteht, aber auch wissenschaftliche Nachweise dafür vorliegen, dass diese Übertragung von tierischen Quellen auf den Menschen wahrscheinlich erheblich ist und mit der Verwendung dieses antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. dieser Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zusammenhängt. Darüber hinaus betont die Kommission, dass antimikrobielle Wirkstoffe nicht allein aufgrund der Erfüllung dieses Kriteriums in die Liste der antimikrobiellen Wirkstoffe, die der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen, aufgenommen werden können; tatsächlich sollten alle drei in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erfüllt sein.

Einige Interessenträger äußerten ihr Bedauern darüber, dass bei den Kriterien nicht zwischen der Bewertung antimikrobieller Wirkstoffe, die bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tierarten verwendet werden, und der Bewertung antimikrobieller Wirkstoffe, die bei Heimtierarten verwendet werden, unterschieden wird. Die Kommission möchte klarstellen, dass in der Verordnung (EU) 2019/6 bei der Ausarbeitung der Kriterien keine Unterscheidung je nach Tierart, bei der antimikrobielle Wirkstoffe verwendet werden dürfen, vorgesehen ist. Artikel 107 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2019/6 sieht jedoch die Möglichkeit vor, die Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen auf bestimmte Bedingungen zu beschränken, sowie die Möglichkeit, dass die Kommission in einer Durchführungsverordnung eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe erstellt, die diesen Bedingungen unterliegen. Diese Bedingungen könnten die Beschränkung der Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen auf bestimmte Tierarten mit einschließen und beispielsweise die Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen bei Heimtieren, nicht aber bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tierarten erlauben. Diese Bestimmung bietet somit ein sehr nützliches ergänzendes Instrument, um einen umsichtigen und verantwortungsvollen Einsatz antimikrobieller Wirkstoffe in der Veterinärmedizin zu fördern und gleichzeitig einen gezielteren Ansatz zu ermöglichen.

3.RECHTLICHE ASPEKTE DES DELEGIERTEN RECHTSAKTS

Gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 sollen mit dem vorliegenden delegierten Rechtsakt die Kriterien für die Bestimmung der antimikrobiellen Wirkstoffe festgelegt werden, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, damit die Wirksamkeit dieser antimikrobiellen Wirkstoffe erhalten bleibt. Diese Kriterien sollten nicht nur für antimikrobielle Wirkstoffe gelten, die noch nicht für den Veterinärmarkt zugelassen wurden, sondern im Einklang mit Artikel 152 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/6 auch für antimikrobielle Wirkstoffe in bestehenden Tierarzneimitteln.

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) .../... DER KOMMISSION

vom 26.5.2021

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung der Kriterien für die Bestimmung antimikrobieller Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG 2 , insbesondere auf Artikel 37 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Die Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates zielt darauf ab, die Verwaltungslast zu verringern, den Binnenmarkt weiterzuentwickeln, die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln zu verbessern und gleichzeitig das höchste Maß an Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und der Umwelt zu gewährleisten. Insbesondere soll die Verbreitung antimikrobieller Resistenzen durch konkrete Maßnahmen eingedämmt werden, um gemäß dem Konzept „Eine Gesundheit“ 3 eine umsichtige und verantwortungsvolle Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zu fördern.

(2)Obwohl die Wirksamkeit aller antimikrobiellen Wirkstoffe wichtig für die Erhaltung der öffentlichen Gesundheit ist, werden einige antimikrobielle Wirkstoffe als wichtiger erachtet als andere, da sie bevorzugte Optionen für die Behandlung schwerer Infektionen beim Menschen sind und nicht immer alternative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Wenn sich eine antimikrobielle Resistenz gegen einen antimikrobiellen Wirkstoff entwickelt, der zur Behandlung einer bestimmten Infektion eingesetzt wird, für die es keine Behandlungsalternativen gibt, und sich diese Resistenz verbreitet, sind die Folgen für die öffentliche Gesundheit erheblich und potenziell lebensbedrohlich. Die menschliche Gesundheit, die Tiergesundheit und die Umwelt sind miteinander verbunden und sind alle wesentliche Bestandteile des Konzepts „Eine Gesundheit“, weshalb sich das antimikrobielle Management in einem Sektor auf die Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe in den anderen Sektoren auswirken kann.

(3)Gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 erlässt die Kommission delegierte Rechtsakte, in denen Kriterien festgelegt werden, anhand derer die Kommission bestimmen kann, welche antimikrobiellen Wirkstoffe oder Gruppen derselben der Verwendung beim Menschen vorbehalten bleiben sollten.

(4)Verschiedene internationale Organisationen und Länder haben Kriterien für die Bestimmung oder Einstufung der Bedeutung antimikrobieller Wirkstoffe bzw. von Klassen antimikrobieller Wirkstoffe für die Human- und Veterinärmedizin entwickelt. Diese Kriterien wurden für die Anwendung in Risikomanagementstrategien im Zusammenhang mit der Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe in humanmedizinischen Einrichtungen und bei Tieren entwickelt. Die Priorisierung von für den Menschen wichtigen antimikrobiellen Wirkstoffen ist ein wertvolles Instrument zur Unterstützung eines faktengestützten Ansatzes für das Risikomanagement.

(5)Die Kriterien, anhand derer bestimmt wird, welche antimikrobiellen Wirkstoffe der Verwendung beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, sollten klar und sachdienlich sein und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen. Die Beratung der Kommission durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (im Folgenden die „Agentur“) gemäß Artikel 37 Absatz 6 erfolgte am 31. Oktober 2019 4 . Dabei berücksichtigte die Agentur Sachverständigengutachten der zuständigen nationalen Behörden, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten. Zur Vorbereitung fand am 14. Juni 2019 in Brüssel ein wissenschaftlicher Workshop statt, an dem Mitglieder der Sachverständigengruppe der Agentur und internationale Organisationen teilnahmen. Der Workshop ermöglichte den Teilnehmern einen Meinungsaustausch und den Austausch von Fachwissen aus globaler Sicht zur Frage, wie solche Kriterien festgelegt werden können. Das Ergebnis dieser Erörterungen wurde von der Sachverständigengruppe der Agentur in ihrer Beratung berücksichtigt, und die Kommission hat dem gemäß Artikel 37 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2019/6 Rechnung getragen.

(6)Während eine Reihe von Ländern innerhalb und außerhalb der Union Maßnahmen ergriffen haben, um die Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe einzuschränken, gibt es nur in wenigen Ländern spezifische Rechtsvorschriften zum Verbot ihrer Verwendung in der Veterinärmedizin. Das Verbot der Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren ist eine der schwerwiegendsten Risikomanagementmaßnahmen, die getroffen werden können, weshalb hier Vorsicht geboten ist. Soweit möglich sollten andere bestehende Risikomanagementmaßnahmen bevorzugt werden, wie die Verbesserung der Tierhaltung, der Biosicherheit und der Bestands- oder Herdenführung, eine bessere Nutzung von Impfungen und die Beschränkung der Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe auf besondere Umstände.

(7)Antimikrobielle Wirkstoffe, die nur zur Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen verwendet werden dürfen, sollten auf der Grundlage solider Kriterien bestimmt werden. Anhand dieser Kriterien sollten diejenigen antimikrobiellen Wirkstoffe ermittelt werden können, die für die Erhaltung der menschlichen Gesundheit von großer Bedeutung sind und daher ausschließlich für die Verwendung in der Humanmedizin in Betracht gezogen werden sollten. Anhand dieser Kriterien sollte es auch möglich sein, diejenigen antimikrobiellen Wirkstoffe zu ermitteln, deren Verwendung bei Tieren die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beschleunigen oder ein Risiko hierfür darstellen könnte, da sie die Übertragung von Resistenzen, wozu eine Kreuzresistenz oder eine Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe gehören können, von Tieren auf den Menschen ermöglichen. Schließlich sollten anhand der Kriterien auch antimikrobielle Wirkstoffe zu ermitteln sein, für die im Bereich der Tiergesundheit kein wesentlicher Bedarf besteht und deren Nichtanwendung in der Veterinärmedizin keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die Tiergesundheit haben würde.

(8)Bei der Prüfung, ob antimikrobielle Wirkstoffe der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten werden können, ist es wichtig festzustellen, ob die Nichtanwendung eines antimikrobiellen Wirkstoffes in der Veterinärmedizin zu einer hohen Morbidität oder Mortalität führen würde oder erhebliche Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere und die öffentliche Gesundheit hätte. Im letzteren Fall sollte geprüft werden, ob geeignete alternative Arzneimittel für die Behandlung der betreffenden Krankheiten bei den jeweiligen Tierarten verfügbar sind.

(9)Bei der Prüfung der Verwendung alternativer Arzneimittel anstelle bestimmter antimikrobieller Arzneimittel ist es wichtig zu beachten, dass diese Mittel geeignet und verfügbar sind. Solche Alternativen sollten zugelassene Arzneimittel in geeigneten Formulierungen für die Behandlung der Krankheit bei der betreffenden Tierart sein. Ihre Verwendung sollte das mit antimikrobiellen Resistenzen verbundene Risiko für die öffentliche Gesundheit gegenüber dem zu ersetzenden antimikrobiellen Arzneimittel verringern.

(10)In Ausnahmefällen, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse ein übergeordnetes Interesse der öffentlichen Gesundheit belegen, sollte das Kriterium des nicht wesentlichen Bedarfs im Tiergesundheitsbereich die Möglichkeit vorsehen, dass antimikrobielle Wirkstoffe der Verwendung beim Menschen vorbehalten bleiben, auch wenn kein alternatives Arzneimittel für die Veterinärmedizin verfügbar ist, vorausgesetzt, dass die Nichtanwendung eines solchen antimikrobiellen Wirkstoffs nur zu einer begrenzten Morbidität oder einer begrenzten Mortalität führen würde. In solchen Ausnahmefällen sollte die Erfüllung der beiden anderen Kriterien (große Bedeutung für die menschliche Gesundheit und Risiko der Resistenzübertragung) weiterhin erforderlich sein, damit ein antimikrobieller Wirkstoff der Verwendung beim Menschen vorbehalten bleiben kann.

(11)Gemäß Artikel 152 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/6 gelten Zulassungen bestehender Arzneimittel, die gemäß den früheren Rechtsvorschriften genehmigt wurden, als auf der Grundlage der Verordnung erteilt, mit Ausnahme von Zulassungen für Tierarzneimittel, die antimikrobielle Wirkstoffe enthalten und ausschließlich der Verwendung beim Menschen vorbehalten bleiben. Die Kriterien des vorliegenden Rechtsakts gelten für antimikrobielle Wirkstoffe, die noch nicht für den Veterinärmarkt zugelassen wurden, aber auch für antimikrobielle Wirkstoffe in bestehenden Tierarzneimitteln.

(12)Es wird eingeräumt, dass die für die Bewertung der Erfüllung der Kriterien erforderlichen verfügbaren Erkenntnisse je nach Zulassungsstatus des betreffenden antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. der betreffenden Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe unterschiedlich sein können: (1) nur in der Humanmedizin zugelassen; (2) nur in der Veterinärmedizin zugelassen; (3) sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin zugelassen; (4) weder in der Human- noch in der Veterinärmedizin zugelassen. Aus diesem Grund sollten die verfügbaren Erkenntnisse bei der Anwendung der Kriterien berücksichtigt werden.

(13)Diese Verordnung sollte gemäß Artikel 153 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/6 ab dem 28. Januar 2022 gelten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

1.Die Kriterien für die Bestimmung antimikrobieller Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, sind im Anhang aufgeführt.

2.Ein antimikrobieller Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe muss alle drei Kriterien der Teile A, B und C des Anhangs erfüllen, um als der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten ausgewiesen zu werden.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 28. Januar 2022.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 26.5.2021

   Für die Kommission

   Die Präsidentin
   Ursula VON DER LEYEN

(1)     https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/11570-Establishment-of-Criteria-for-the-designation-of-antimicrobials-reserved-for-human-use
(2)    ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43.
(3)    Mitteilung der Kommission vom 29. Juni 2017 über einen Europäischen Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ (COM (2017) 0339).
(4)    Beratung zu Durchführungsmaßnahmen gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel – Kriterien für die Bestimmung antimikrobieller Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen ( EMA/CVMP/158366/2019 ).
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ANHANG

Kriterien für die Bestimmung der antimikrobiellen Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen

Teil A: Kriterium der großen Bedeutung für die menschliche Gesundheit

1.Der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe erfüllt dieses Kriterium, wenn einer der folgenden Punkte gegeben ist:

(a)Es handelt sich um den einzigen verfügbaren antimikrobiellen Wirkstoff bzw. das einzige verfügbare Reserveantibiotikum bzw. die einzige verfügbare Gruppe davon in einem Behandlungskonzept im Rahmen des Patientenmanagements für schwere lebensbedrohliche Infektionen beim Menschen, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer hochgradig beeinträchtigenden Morbidität oder einer hohen Mortalität führen würden;

(b)es handelt sich um einen wesentlichen Bestandteil der begrenzten verfügbaren Behandlungsalternativen in einem Behandlungskonzept im Rahmen des Patientenmanagements für schwere lebensbedrohliche Infektionen beim Menschen, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer hochgradig beeinträchtigenden Morbidität oder einer hohen Mortalität führen würden;

(c)es handelt sich um einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe davon, der bzw. die in der Union für die Behandlung schwerer mikrobieller Infektionen bei Patienten mit begrenzten Behandlungsoptionen zugelassen ist, was zeigt, dass dieser antimikrobielle Wirkstoff bzw. diese Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe anerkanntermaßen einem ungedeckten medizinischen Bedarf im Zusammenhang mit antimikrobieller Resistenz gerecht wird.

2.Zu den Faktoren gemäß Nummer 1 Buchstabe b, die für begrenzte Behandlungsalternativen für Patienten verantwortlich sind, gehören:

die Virulenz und der bzw. die antimikrobiell resistente(n) Phänotyp(en) der Mikroorganismen, die eine Infektion verursachen, einschließlich multiresistenter Arzneimittel;

die Merkmale der behandelten Patienten (z. B. immungeschwächte Patienten, Kinder und Jugendliche, ältere Patienten) und die behandelte Krankheit (z. B. betroffener Infektionsherd);

der Anteil der Patienten, die eine Behandlung benötigen, und die Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung.

Teil B: Kriterium des Risikos der Resistenzübertragung

1.Der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe erfüllt dieses Kriterium, wenn einer der folgenden Punkte gegeben ist:

(a)Für einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, der bzw. die zur Verwendung bei Tieren zugelassen ist, liegen wissenschaftliche Erkenntnisse, ggf. einschließlich epidemiologischer Nachweise vor, die belegen, dass

es tatsächlich zu einem Auftreten, einer Verbreitung und einer Übertragung von Resistenzen gegen diesen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. diese Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe oder zur Induktion einer Kreuzresistenz oder einer Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe kommt und

die Übertragung einer solchen Resistenz von tierischen Quellen auf den Menschen erheblich ist und mit der Verwendung dieses antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. dieser Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zusammenhängt, unabhängig davon, ob sie durch Mikroorganismen erfolgt, die gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe resistent sind, oder durch die Übertragung von Genen, die eine Resistenz gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe verleihen;

(b)für einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, die nicht zur Verwendung bei Tieren zugelassen sind, liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die belegen, dass

die Möglichkeit des Auftretens, der Verbreitung und der Übertragung von Resistenzen gegen diesen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. diese Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe oder die Möglichkeit der Induktion einer Kreuzresistenz oder einer Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe besteht und

diese Übertragung von tierischen Quellen auf den Menschen voraussichtlich erheblich ist und mit der Verwendung dieses antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. dieser Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zusammenhängt, unabhängig davon, ob sie durch Mikroorganismen erfolgen würde, die gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe resistent sind, oder durch die Übertragung von Genen, die eine Resistenz gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe verleihen.

2.Zu den Faktoren, die eine erhebliche Übertragung von Resistenzen zwischen Tieren und Menschen im Zusammenhang mit der Verwendung eines antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. einer Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren auslösen, gehören u. a. dass

durch die Verwendung eine Resistenz, eine Kreuzresistenz oder eine Co-Selektion von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe, die für die Humanmedizin von entscheidender Bedeutung sind, gefördert wird;

die Übertragung der Resistenz sowohl durch vertikale als auch durch horizontale Übertragung erfolgt;

an der Übertragung von Resistenzen Zoonoseerreger beteiligt sind;

die Übertragung auf verschiedenen Expositionswegen erfolgen kann;

die Übertragung über eine Reihe verschiedener Tierarten erfolgt.

Teil C: Kriterium des nicht wesentlichen Bedarfs im Tiergesundheitsbereich

1.Der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe erfüllt dieses Kriterium, wenn einer der folgenden Punkte gegeben ist:

(a)Es liegen keine stichhaltigen Belege dafür vor, dass antimikrobielle Wirkstoffe bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe in der Veterinärmedizin benötigt werden;

(b)der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe wird zur Behandlung schwerer lebensbedrohlicher Infektionen bei Tieren verwendet, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer hohen Morbidität oder hohen Mortalität führen oder erhebliche Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere und die öffentliche Gesundheit haben würden, für die Behandlung dieser Infektionen bei der betreffenden Tierart stehen jedoch geeignete alternative Arzneimittel zur Verfügung;

(c)antimikrobielle Wirkstoffe bzw. Gruppen antimikrobieller Wirkstoffe werden zur Behandlung schwerer lebensbedrohlicher Infektionen bei Tieren eingesetzt, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer begrenzten Morbidität oder einer begrenzten Mortalität führen würden, und es liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die ein übergeordnetes Interesse der öffentlichen Gesundheit an der Nichtverwendung aufweisen.

2.Die Bestimmungen gemäß Nummer 1 gelten, wenn es sich bei dem betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. der betreffenden Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe um eine(n) der folgende(n) handelt:

(a)einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, der bzw. die in zugelassenen Tierarzneimitteln enthalten ist bzw. sind;

(b)einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, der bzw. die in für die Verwendung beim Menschen zugelassenen Arzneimitteln enthalten ist bzw. sind, der bzw. die Tieren außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen verabreicht werden darf bzw. dürfen.

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