BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES DELEGIERTEN RECHTSAKTS
Mit der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates werden Inverkehrbringen, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Vertrieb, Pharmakovigilanz, Kontrolle und Verwendung von Tierarzneimitteln geregelt.
Antimikrobielle Resistenzen gegen Human- und Tierarzneimittel sind in der Union und weltweit ein wachsendes Gesundheitsproblem. Um die Wirksamkeit bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe, einschließlich Reserveantibiotika, bei der Behandlung von Infektionen beim Menschen so lange wie möglich zu erhalten, ist es notwendig geworden, diese antimikrobiellen Wirkstoffe nur beim Menschen anzuwenden und in der Folge ihre Verwendung bei Tieren zu verbieten. Mit der vorliegenden Delegierten Verordnung sollen die Kriterien für die Bestimmung solcher antimikrobieller Wirkstoffe festgelegt werden, die gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 2019/6 der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen.
Es sei darauf hingewiesen, dass im Einklang mit Artikel 37 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2019/6 eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, in einem Durchführungsrechtsakt auf der Grundlage der in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erstellt wird. Diese antimikrobiellen Wirkstoffe, die in der Union als nur der Verwendung beim Menschen vorbehalten ausgewiesen sein werden, werden in der Union nicht zur Verwendung bei Tieren zugelassen werden. Darüber hinaus werden sie angesichts der internationalen Dimension der antimikrobiellen Resistenz gemäß Artikel 118 der Verordnung (EU) 2019/6 nicht für die Verwendung bei Tieren oder Erzeugnissen tierischen Ursprungs zugelassen, die aus Drittstaaten in die Union ausgeführt werden sollen.
2.KONSULTATIONEN VOR ANNAHME DES RECHTSAKTS
Gemäß Artikel 147 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2019/6 hat die Kommission eingehende Konsultationen mit den Sachverständigen für Tierarzneimittel der Mitgliedstaaten durchgeführt, die die vorliegende Delegierte Verordnung inhaltlich im Allgemeinen befürwortet haben.
Darüber hinaus hat die Kommission die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) um wissenschaftliche Beratung ersucht. Im Rahmen der Beratung wurden die Standpunkte des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) berücksichtigt. Auch einschlägige Empfehlungen internationaler Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) wurden dabei berücksichtigt. Darüber hinaus führte die Kommission auch gezielte Konsultationen der Interessenträger zu den wissenschaftlichen Empfehlungen der EMA durch.
Diese Delegierte Verordnung wurde auch dem Europäischen Parlament und dem Rat zugeleitet.
Es ging keine Stellungnahme vom Rat ein.
Auch vom Europäischen Parlament ging keine Stellungnahme ein.
Darüber hinaus wurden im Rahmen des Feedback-Mechanismus für eine bessere Rechtsetzung im Zeitraum vom 26. März 2021 bis zum 23. April 2021 Rückmeldungen von Interessenträgern zum Entwurf der Delegierten Verordnung eingeholt. Rückmeldungen von fünf Nichtregierungsorganisationen, die Tierärzte vertreten, einem Ärzteverband, zwei Unternehmensverbänden und einem Bürger, der die Pharmaindustrie vertritt, sechs Verbänden/Organisationen, die den Agrar- und Lebensmittelsektor vertreten, zwei Verbraucherorganisationen, einem Bürger und drei Nicht-EU-Ländern gingen über die Online-Plattform „Ihre Meinung zählt“ 1 ein. Rückmeldungen eines weiteren Nicht-EU-Landes und einer Behörde aus einem EU-Land wurden per E-Mail an die zuständigen Kommissionsdienststellen gesandt.
In einem beträchtlichen Teil der Rückmeldungen wurde um die Aufnahme neuer Bestimmungen ersucht, um das Verfahren zu präzisieren, das von der Kommission auf der Grundlage der in der vorliegenden Delegierten Verordnung beschriebenen Kriterien bei der Erstellung der Liste antimikrobieller Wirkstoffe, die der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen, angewandt wird. Es wurde auch gefordert, als Bestandteil dieses Verfahrens den Mechanismus zu beschreiben, anhand dessen festgestellt würde, ob ein übergeordnetes Interesse der öffentlichen Gesundheit besteht, das rechtfertigt, dass ein antimikrobieller Wirkstoff der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleibt, vorausgesetzt, dass die Nichtanwendung in der Veterinärmedizin nur zu einer begrenzten Morbidität oder Mortalität führen würde. In den Rückmeldungen wurde darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren transparent sein sollte und die einschlägigen Interessenträger konsultiert werden sollten. Die Kommission teilt voll und ganz die Auffassung, dass eine wissenschaftlich fundierte Bewertung dazu erforderlich ist, welche antimikrobiellen Wirkstoffe der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollten, und dass die nationalen Behörden zusammen mit den einschlägigen Interessenträgern zu der vorgeschlagenen Liste antimikrobieller Wirkstoffe konsultiert werden sollten. Die Liste selbst wird in einer Durchführungsverordnung auf der Grundlage der in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erstellt. Dieses Verfahren fällt jedoch nicht in den Anwendungsbereich der vorliegenden Delegierten Verordnung. Ihr Anwendungsbereich besteht gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 nämlich darin, die Kriterien festzulegen, anhand derer eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe erstellt wird, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen. Aus diesem Grund hat die Kommission keine Bestimmungen zur Beschreibung des Verfahrens der Anwendung dieser Kriterien aufgenommen.
In anderen Rückmeldungen wurde betont, dass sich die Kriterien teilweise auf messbare Parameter wie „hohe Morbidität oder hohe Mortalität“ oder „begrenzte Behandlungsalternativen“ ohne entsprechenden numerischen Wert stützten, anhand dessen zweifelsfrei festgestellt werden könnte, ob das Kriterium erfüllt ist oder nicht. Die Kommission möchte betonen, dass sie im Rahmen der vorliegenden Delegierten Verordnung keine solchen numerischen Werte angegeben hat, da diese von einer Reihe von Parametern abhängen würden, wie z. B. dem jeweiligen antimikrobiellen Wirkstoff, dem jeweiligen Mikroorganismus und der jeweiligen Krankheit oder der betreffenden Tierart, sodass es unrealistisch wäre, eine erschöpfende Liste zu erstellen. Die Kommission wird im Einklang mit Artikel 37 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2019/6 die wissenschaftlichen Empfehlungen der EMA, der EFSA und des ECDC berücksichtigen, deren Sachverständige auf Einzelfallbasis gemeinsam bewerten werden, welche antimikrobiellen Wirkstoffe die drei in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erfüllen und daher in die Durchführungsverordnung zur Erstellung der Liste der antimikrobiellen Wirkstoffe, die der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen, aufgenommen werden sollten. Diese wissenschaftliche Bewertung wird von der EMA in einem wissenschaftlichen Beratungsbericht veröffentlicht, der zur Gewährleistung der Transparenz der breiten Öffentlichkeit zugänglich sein wird.
In einigen Rückmeldungen wurde auch darauf hingewiesen, dass das Kriterium „Risiko der Resistenzübertragung“ zu streng sei und wahrscheinlich dazu führen werde, dass in Zukunft keine neuen antimikrobiellen Wirkstoffe für den Veterinärmarkt zugelassen würden, da alle antimikrobiellen Wirkstoffe theoretisch ein „Potenzial“ für eine Kreuzresistenz oder eine Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe hätten. Die Kommission möchte klarstellen, dass dieses Kriterium nur dann erfüllt werden kann, wenn wissenschaftlich nachgewiesen wird, dass ein solches Potenzial besteht, aber auch wissenschaftliche Nachweise dafür vorliegen, dass diese Übertragung von tierischen Quellen auf den Menschen wahrscheinlich erheblich ist und mit der Verwendung dieses antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. dieser Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zusammenhängt. Darüber hinaus betont die Kommission, dass antimikrobielle Wirkstoffe nicht allein aufgrund der Erfüllung dieses Kriteriums in die Liste der antimikrobiellen Wirkstoffe, die der Verwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen, aufgenommen werden können; tatsächlich sollten alle drei in der vorliegenden Delegierten Verordnung festgelegten Kriterien erfüllt sein.
Einige Interessenträger äußerten ihr Bedauern darüber, dass bei den Kriterien nicht zwischen der Bewertung antimikrobieller Wirkstoffe, die bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tierarten verwendet werden, und der Bewertung antimikrobieller Wirkstoffe, die bei Heimtierarten verwendet werden, unterschieden wird. Die Kommission möchte klarstellen, dass in der Verordnung (EU) 2019/6 bei der Ausarbeitung der Kriterien keine Unterscheidung je nach Tierart, bei der antimikrobielle Wirkstoffe verwendet werden dürfen, vorgesehen ist. Artikel 107 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2019/6 sieht jedoch die Möglichkeit vor, die Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen auf bestimmte Bedingungen zu beschränken, sowie die Möglichkeit, dass die Kommission in einer Durchführungsverordnung eine Liste antimikrobieller Wirkstoffe erstellt, die diesen Bedingungen unterliegen. Diese Bedingungen könnten die Beschränkung der Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen auf bestimmte Tierarten mit einschließen und beispielsweise die Verwendung bestimmter antimikrobieller Wirkstoffe außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen bei Heimtieren, nicht aber bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tierarten erlauben. Diese Bestimmung bietet somit ein sehr nützliches ergänzendes Instrument, um einen umsichtigen und verantwortungsvollen Einsatz antimikrobieller Wirkstoffe in der Veterinärmedizin zu fördern und gleichzeitig einen gezielteren Ansatz zu ermöglichen.
3.RECHTLICHE ASPEKTE DES DELEGIERTEN RECHTSAKTS
Gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/6 sollen mit dem vorliegenden delegierten Rechtsakt die Kriterien für die Bestimmung der antimikrobiellen Wirkstoffe festgelegt werden, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, damit die Wirksamkeit dieser antimikrobiellen Wirkstoffe erhalten bleibt. Diese Kriterien sollten nicht nur für antimikrobielle Wirkstoffe gelten, die noch nicht für den Veterinärmarkt zugelassen wurden, sondern im Einklang mit Artikel 152 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/6 auch für antimikrobielle Wirkstoffe in bestehenden Tierarzneimitteln.
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) .../... DER KOMMISSION