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Document 52018AE2619

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“ (COM(2018) 238 final — 2018/0112 (COD))

EESC 2018/02619

ABl. C 440 vom 6.12.2018, p. 177–182 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

6.12.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 440/177


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“

(COM(2018) 238 final — 2018/0112 (COD))

(2018/C 440/31)

Berichterstatter:

Marco VEZZANI

Befassung

Europäisches Parlament, 28.5.2018

Rat der Europäischen Union, 22.5.2018

Rechtsgrundlage

Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

Annahme in der Fachgruppe

6.9.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

19.9.2018

Plenartagung Nr.

537

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

190/0/3

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung und hält ihn für einen wichtigen ersten Schritt zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten. Der EWSA hält diesen Vorschlag vor allem deshalb für sehr wichtig, weil damit zum ersten Mal die B2B-Beziehungen im elektronischen Geschäftsverkehr geregelt werden. Er empfiehlt eine zügige Verabschiedung, damit eine offensichtliche Regulierungslücke geschlossen werden kann.

1.2.

Der Ausschuss ist jedoch der Ansicht, dass mit dieser Verordnung allein nicht alle Probleme des digitalen Binnenmarkts gelöst werden können und „der Kreis nicht geschlossen wird“. Den Schwerpunkt der Verordnung bildet die „Transparenz“, aber diese allein reicht nicht aus, um einen extrem dynamischen und komplexen Markt wie den digitalen Markt zu regulieren, auf dem der ungleichen Machtverteilung zwischen globalen Akteuren und gewerblichen Nutzern (vor allem KMU) nur durch die Festlegung von Grenzen und eindeutigeren Beziehungen zwischen den Parteien sowie durch die Bekämpfung des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen beizukommen ist. Darüber hinaus empfiehlt der EWSA, im Wege des sozialen Dialogs schnellstmöglich das Thema der sozialen Dimension der Digitalisierung anzugehen. Ebenso viel Aufmerksamkeit sollte Fragen im Zusammenhang mit Steuerdumping, Datenwirtschaft und Dateneigentum geschenkt und dabei ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden, wie es die Kommission im Übrigen bereits bei anderen Themen tut.

1.3.

Der EWSA empfiehlt, in die Verordnung ein Verbot von Preisparitätsklauseln aufzunehmen, die derzeit den Wettbewerb behindern, Unternehmen und Verbrauchern schaden und die Gefahr bergen, dass Oligopole oder Monopole der großen Online-Plattformen entstehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Verbraucher in die Lage versetzt werden, Waren und Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen zu erwerben, dass die Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit über die eigene Website effizient ausbauen können und dass neue Online-Plattformen wachsen und im fairen Wettbewerb mit den bereits vorhandenen Plattformen konkurrieren können.

1.4.

Der EWSA hält es für notwendig, dass eventuelle Sonderbehandlungen bestimmter Unternehmen (insbesondere solcher, die hierfür bezahlen, z. B. beim Ranking) nicht nur in den Verträgen mit gewerblichen Nutzern deutlich zum Ausdruck gebracht, sondern auch bei der Online-Suche nach Waren oder Dienstleistungen durch Vermerke wie „gesponserte Anzeige“, „kostenpflichtige Anzeige“ oder ähnliche Hinweise für die Verbraucher eindeutig kenntlich gemacht werden. Genauso wichtig ist es, gewerbliche Nutzer und Verbraucher über die wichtigsten Kriterien bei der Aufstellung der Rangfolge zu informieren, die dem Ranking der gewerblichen Nutzer zugrunde liegen.

1.5.

Der Ausschuss unterstützt die Einführung von Mechanismen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten und empfiehlt die Festlegung harmonisierter Kriterien zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der Mediatoren. Der EWSA ist der Ansicht, dass die Handelskammern, die diese Aufgabe auf nationaler Ebene bereits effektiv erfüllen, eine praktikable Option darstellen. Ebenso ist es wichtig, dass die Mechanismen für das Anstrengen von Unterlassungsklagen zur Verhinderung von Verlusten zulasten der gewerblichen Nutzer einfach, eindeutig und kostengünstig sind.

1.6.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die EU-Beobachtungsstelle für die Online-Plattformwirtschaft bei der Umsetzung der oben genannten Verordnung und aller anderen mit ihr verbundenen Legislativvorschläge eine entscheidende Rolle spielen wird. Dadurch erhält die genannte Beobachtungsstelle neben ihrer fachlichen eine besondere politische Bedeutung. Der EWSA kann sich auf fundierte Überlegungen und zahlreiche Stellungnahmen zu dieser Thematik stützen und ist bereit, die Arbeit der Expertengruppe durch die Entsendung eines Delegierten in der Rolle eines Beobachters zu unterstützen und auf diese Weise dazu beizutragen, dass der Standpunkt der organisierten Zivilgesellschaft berücksichtigt wird.

2.   Einleitung

2.1.

Online-Plattformen und Suchmaschinen sind ein wesentliches Element des digitalen Ökosystems und haben erheblichen Einfluss auf dessen Organisation und Funktionsweise. In den letzten Jahren haben diese Plattformen bei der Entwicklung des Netzes eine zentrale Rolle gespielt und neue „soziale und wirtschaftliche Modelle“ nahegelegt, die die Entscheidungen und Handlungen der Bürger und Unternehmen beeinflussen.

2.2.

Der elektronische Geschäftsverkehr wächst in Europa exponentiell. 2017 wurde im Einzelhandel ein Umsatz von geschätzt 602 Mrd. EUR generiert (+ 14 % im Vergleich zu 2016). In diesen Zahlen spiegelt sich der Wachstumstrend des vorangegangenen Jahres wider, in dem sich der Absatz auf 530 Mrd. EUR belief (+ 15 % im Vergleich zu 2015) (1).

2.3.

Laut Eurostat (2) waren 2016 20 % der Unternehmen in der EU-28 im elektronischen Geschäftsverkehr aktiv. Aus dieser Zahl gehen jedoch nicht die großen Unterschiede in Abhängigkeit von der Größe der Unternehmen hervor. So waren 44 % der großen Unternehmen, 29 % der mittleren Unternehmen und nur 18 % der kleineren Unternehmen im Online-Handel tätig.

2.4.

85 % der Unternehmen, die elektronische Verkäufe tätigen, verfügen über eine eigene Website. Online-Plattformen werden derzeit von 39 % der Unternehmen (gewerbliche Nutzer) genutzt, ihre Nutzung steigt jedoch konstant an (3). Dies ist auf zwei Faktoren zurückzuführen: das steigende Interesse am elektronischen Geschäftsverkehr aufseiten der KMU, die in Online-Plattformen ein strategisches Instrument für den Eintritt in den digitalen Markt sehen, und das exponentielle Wachstum kollaborativer Plattformen (sozialer Netzwerke), die die wirkliche Welt und die virtuelle Welt der Nutzer miteinander verbinden.

2.5.

Mehr als eine Million europäischer KMU nehmen Online-Vermittlungsdienste in Anspruch, aber es gibt noch relativ wenige Plattformen, die solche Dienste anbieten. Dadurch sind die KMU von diesen Online-Plattformen und Suchmaschinen komplett abhängig. Letztere erhalten dadurch die Macht, einseitige Maßnahmen zu ergreifen, die die legitimen Interessen von Unternehmen und Verbrauchern beeinträchtigen.

2.6.

Laut einer anderen Studie der Kommission stoßen beinahe 50 % der europäischen Unternehmen, die auf Plattformen tätig sind, auf Probleme. Darüber hinaus bleiben 38 % der Probleme im Zusammenhang mit Vertragsverhältnissen ungelöst, und 26 % der Probleme können nur unter Schwierigkeiten behoben werden (4).

2.7.

Insbesondere die Verbraucher leiden indirekt unter den Auswirkungen der Einschränkung des umfassenden und fairen Wettbewerbs. Das äußert sich in vielen Situationen: angefangen beim nicht transparenten Ranking von Waren und Dienstleistungen bis hin zu einer fehlenden Auswahl beim Angebot, da die Unternehmen nur wenig Vertrauen in den digitalen Markt haben.

2.8.

Den Unternehmen stehen nur begrenzt Rechtsbehelfe zur Verfügung, die schwer zugänglich und oft ineffizient sind. Es ist kein Zufall, dass die überwiegende Mehrheit der Unternehmen sich beim Online-Verkauf ihrer Produkte auf das Inland konzentriert (93 %), hauptsächlich aufgrund der fragmentierten Gesetzgebung, wodurch die Beilegung von grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten langwierig und schwierig wird (5).

2.9.

Bis heute konzentriert sich die europäische Gesetzgebung darauf, die Beziehung zwischen Unternehmen und Verbrauchern im Online-Handel (B2C) zu regeln, während die Beziehung zwischen Unternehmen und Online-Plattformen (B2B) noch nie entschlossen angegangen wurde.

2.10.

Aus diesem Grund hat die Kommission in ihren Vorschlag für die Überprüfung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt (6) die Initiative einfließen lassen, diesen Aspekt der europäischen Gesetzgebung zu vervollständigen, um Fairness und Transparenz zu garantieren und Fälle von Missbrauch zu verhindern, die Regulierungslücken oder der Fragmentierung durch die unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften geschuldet sind.

3.   Zusammenfassung des Vorschlags

3.1.

Ziel dieses Vorschlags ist die Regulierung der von Online-Plattformen und Suchmaschinen für Unternehmen angebotenen Vermittlungsdienste. Dazu gehören auch Vertriebsdienste für Software-Anwendungen (app store) und Online-Dienste von kollaborativen Marktplätzen (social network).

3.2.

Die Verordnung gilt für alle Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten (mit Sitz in oder außerhalb der EU), sofern die gewerblichen Nutzer oder die Nutzer mit eigener Unternehmens-Website ihren Sitz in der EU haben und diese ihre Waren oder Dienstleistungen zumindest für einen Teil der Transaktion europäischen Verbrauchern anbieten. Insbesondere die Verbraucher müssen sich in der EU aufhalten, aber es sind kein europäischer Wohnsitz und keine europäische Staatsbürgerschaft erforderlich.

3.3.

Um Fairness und Transparenz sicherzustellen, müssen die Plattformen die Unternehmen auf einfache und klare Weise über die allgemeinen Geschäftsbedingungen informieren. Eventuelle Änderungen müssen mindestens 15 Tage im Voraus mitgeteilt werden. Insbesondere die Modalitäten für die Veröffentlichung von Anzeigen und die für die Aussetzung und Beendigung des Dienstes vorgesehenen Kriterien sind mitzuteilen.

3.4.

Der Vorschlag sieht des Weiteren vor, dass die Kriterien für das Ranking von Inhalten oder Websites den Unternehmen mitgeteilt werden, auch wenn diese kostenpflichtig sind. Eventuelle Sonderbehandlungen, die zu einer Bevorzugung von Waren oder Dienstleistungen führen, die den Verbrauchern vom Dienstleister selbst oder durch von ihm kontrollierte gewerbliche Nutzer angeboten werden, müssen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

3.5.

Zum besseren Schutz der Rechte kleinerer Unternehmen sieht die Kommission die Schaffung eines internen Systems für die Bearbeitung von Beschwerden durch die Anbieter von Online-Diensten vor. Die Beschwerden müssen zügig bearbeitet und den Nutzern klar und unmissverständlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus sind die Anbieter verpflichtet, regelmäßige Berichte über die Anzahl der eingereichten Beschwerden, den Beschwerdegegenstand, die Dauer der Bearbeitung der Beschwerden und die getroffenen Entscheidungen zu veröffentlichen.

3.6.

Des Weiteren ist ein System zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten vorgesehen. So kann ein Unternehmen sich an einen zuvor vom Anbieter in den allgemeinen Geschäftsbedingungen angegebenen Mediator wenden.

3.7.

Die Mediatoren müssen unparteiisch und unabhängig sein. Die Anbieter werden angehalten, die Bildung von Mediatoren-Organisationen zu unterstützen, um insbesondere Streitigkeiten von grenzüberschreitendem Charakter beizulegen.

3.8.

Die Befolgungskosten entfallen hauptsächlich auf die Anbieter von Diensten, während KMU ausgenommen sind (7). Die vorstehend genannten Maßnahmen schließen den Rechtsweg nicht aus, sondern dienen vielmehr dazu, Streitigkeiten auf effiziente Weise und innerhalb einer bestimmten Zeit beizulegen.

3.9.

Der neue Rechtsrahmen wird einer Überwachung unterworfen. Zu diesem Zweck ist die Schaffung einer EU-Beobachtungsstelle für die Online-Plattformwirtschaft (8) vorgesehen, die die Kommission durch die Analyse der Entwicklung des digitalen Marktes als auch durch die Bewertung des Stands der Umsetzung und der Auswirkungen der Verordnung unterstützt. Die gesammelten Ergebnisse werden dazu beitragen, den Vorschlag für eine Verordnung alle drei Jahre zu überprüfen.

3.10.

In dem Vorschlag wird das Recht von repräsentativen Organisationen, Verbänden oder öffentlichen Stellen verankert, Unterlassungsklagen zu erheben, um Verstöße gegen die Verordnung durch Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten zu unterbinden oder zu verbieten.

3.11.

Die Kommission fordert die Anbieter von Online-Diensten sowie Organisationen und Verbände, die diese vertreten, auf, Verhaltenskodizes auszuarbeiten, die die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung unterstützen, wobei den besonderen Merkmalen von KMU Rechnung zu tragen ist.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1.

Der EWSA gehört von Anfang an zu den Fürsprechern der digitalen Entwicklung und der damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Prozesse. Insbesondere hat der Ausschuss im Wissen um die Risiken und Möglichkeiten der Digitalisierung immer wieder die Festlegung eines sicheren, eindeutigen, transparenten und fairen Rahmens für den digitalen Binnenmarkt durch die Kommission angeregt.

4.2.

Der EWSA begrüßt im Einklang mit früheren Stellungnahmen (9) den Vorschlag der Kommission zur Förderung der Fairness und Transparenz von Online-Vermittlungsdiensten. Der Ausschuss bewertet insbesondere den flexiblen Ansatz des Vorschlags als positiv, der dazu dienen soll, einen allgemeinen klaren Rahmen für einen sich ständig wandelnden Sektor zu schaffen und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb sicherzustellen.

4.3.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass diese Initiative von fundamentaler Bedeutung ist, um die KMU, die ja die Hauptnutzer solcher Dienste sind (10), zu schützen und einen Rechtsrahmen zu schaffen, der einen fairen und effektiven Wettbewerb garantiert. Des Weiteren ist es wichtig, dass KMU in die Lage versetzt werden, die eigenen Wachstumsmöglichkeiten auf dem digitalen Binnenmarkt entweder durch die eigene Website oder über Online-Plattformen maximal zu nutzen.

4.4.

In dieser Hinsicht muss beachtet werden, dass der Zugang zum digitalen Markt für KMU eine extrem komplexe Herausforderung darstellt. KMU müssen ihr Produktions- und Vertriebssystem anpassen, neue Qualifikationen und spezielle Kompetenzen erwerben und entsprechende Investitionen tätigen, ohne die sie automatisch aus diesem Markt verdrängt würden, was sich auch auf ihren Ruf negativ auswirken würde. Daher ist es erforderlich, weitere Instrumente, auch finanzieller Art, zur Begleitung dieses Übergangs bereitzustellen.

4.5.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die „Preisparitätsklauseln“ (auch „Meistbegünstigungsklauseln“ genannt) bis heute ein ernsthaftes Hindernis für die Entwicklung eines fairen und offenen Wettbewerbs auf dem digitalen Binnenmarkt darstellen. Diese Klauseln verpflichten einen gewerblichen Nutzer, auf einer bestimmten Online-Plattform seine Preise niedriger zu gestalten als auf anderen Online-Plattformen und auf der eigenen Website. Das führt zu einer ernsthaften Marktverzerrung, da es die Stärkung der wenigen bestehenden Online-Plattformen begünstigt (und die Entwicklung neuer Plattformen verhindert), den Zugang der Verbraucher zu niedrigeren Preisen einschränkt und den gewerblichen Nutzer an die Plattform bindet, sodass dieser kein eigenes Netz des Direktvertriebs mit den Verbrauchern entwickeln kann. Diese Praxis wurde bereits in vielen EU-Ländern (11) auf Initiative der entsprechenden Wettbewerbsbehörden verboten, was sich positiv auf das Funktionieren des Marktes auswirkte und sowohl Unternehmen als auch Verbrauchern Vorteile brachte. Aus diesen Gründen spricht sich der EWSA für das Verbot solcher Klauseln in der ganzen EU — möglichst im Rahmen dieser Verordnung — aus.

4.6.

Der EWSA weist darauf hin, dass sich bis heute ein großer Teil des Marktes für Online-Vermittlungsdienste in den Händen weniger großer Akteure befindet, von denen sich viele außerhalb der EU befinden. Es ist daher wichtig, dass in der Phase der Umsetzung der Rechtsvorschriften auch der faire Wettbewerb zwischen Online-Plattformen überwacht und sichergestellt wird und dass für neue, insbesondere europäische Plattformen die Möglichkeit geschaffen wird, sich einen Platz auf dem Markt zu erobern.

4.7.

Der EWSA begrüßt, dass in die Verordnung zahlreiche Anfragen und Empfehlungen aufgenommen wurden, die er in früheren Stellungnahmen vorgebracht hat. Der Ausschuss stellt insbesondere starke Übereinstimmungen und Kontinuität in Bezug auf die Transparenz und Eindeutigkeit der Vertragsklauseln und allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ausdrückliche Darlegung der Kriterien für das Ranking und eventueller Sonderbehandlungen, die Festlegung bestimmter Verfahren für Beschwerden und die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten, die Eigenverantwortung der Online-Plattformen (Verhaltenskodex) sowie die Überwachung der Prozesse fest (12). Er hebt insbesondere hervor, dass eventuelle Sonderbehandlungen, bei denen angebotene Waren oder Dienstleistungen (oft gegen Bezahlung) bevorzugt behandelt werden, den Verbrauchern klar und eindeutig mitzuteilen sind.

4.8.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass sich der Vorschlag in den breiter gefassten Rechtsrahmen des digitalen Binnenmarkts korrekt einfügt, der jedoch noch lange nicht vollständig ist. Die Europäische Union bleibt in Bezug auf die Zahl der Nutzer, der Unternehmen und der Online-Transaktionen hinter den größten globalen Wettbewerbern zurück. Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, ihre Anstrengungen fortzusetzen, um die Regulierung des gesamten Bereichs des elektronischen Geschäftsverkehrs und im weiteren Sinne der E-Demokratie zu vervollständigen und das Internet und den digitalen Markt zu einem sicheren Ort und Chancengenerator für alle zu machen.

4.9.

Die Datenwirtschaft ist ein entscheidendes Element des digitalen Marktes. Der EWSA ist insbesondere der Ansicht, dass die Frage des Dateneigentums nicht allein einer vertraglichen Vereinbarung zwischen zwei Parteien überlassen werden darf. Die in dem hier behandelten Verordnungsvorschlag vorgesehene Transparenz bezüglich der Informationen löst des Weiteren nicht die entscheidende Frage, wie diese Daten genutzt werden können, nachdem sie in den Besitz einer privaten Person gelangt sind. Aus diesen Gründen empfiehlt der EWSA der Kommission, dieses Thema dringend anzugehen und es im grundlegenden Interesse der Nutzer und im Sinne des Konzepts der Datenwirtschaft zu regeln (13).

4.10.

Der EWSA ist der Ansicht, dass der digitale Binnenmarkt allen beteiligten wirtschaftlichen Akteuren, europäischen wie außereuropäischen, die gleichen Bedingungen garantieren sollte. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission daher, alle unlauteren Handelspraktiken, wie zum Beispiel Steuerdumping, auf dem digitalen Markt zu bekämpfen und festzulegen, dass die Gewinnsteuer dort entrichtet werden muss, wo die betreffende Wirtschaftstätigkeit ausgeübt wird (14), und dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Umfang der Tätigkeit stehen muss (15). Es sei hier auf das Beispiel verwiesen, dass die Plattform „Airbnb“ in Frankreich im Jahr 2015 nur 69 000 Euro an Steuern bezahlt hat, im Vergleich zu Steuern in Höhe von etwa 5 Mrd. EUR im gesamten Hotelgewerbe (16).

4.11.

Der Ausschuss hält es für unabdingbar, zunächst den Rechtsrahmen für die gesamte Lieferkette des elektronischen Geschäftsverkehrs zu vervollständigen, um angemessene Garantien und Sicherheiten für alle am digitalen Binnenmarkt beteiligten Akteure zu schaffen (17). Der EWSA hält es insbesondere für grundlegend, die strittigsten Aspekte der sozialen Dimension der Digitalisierung anzugehen, unter anderem Löhne und Gehälter, Verträge, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten von Personen, die bei digitalen Plattformen angestellt sind (18) oder mit diesen verbundene Dienstleistungen erbringen (19). Zu diesem Zweck empfiehlt der Ausschuss, den Prozess des europäischen sozialen Dialogs zügig in Gang zu setzen (20). Angesichts des steigenden Umfangs an Rechtsakten zur Regulierung des Sektors empfiehlt er des Weiteren die Erarbeitung eines „Kodex der Online-Rechte der Bürger“ (21).

5.   Besondere Bemerkungen

5.1.

Der EWSA spricht sich für eine umfassende Definition des Begriffs Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten aus, da das Internet und der elektronische Geschäftsverkehr einer raschen und unvorhersehbaren Entwicklung unterworfen sind. Der EWSA hält es aus diesem Grund für entscheidend, die Modalitäten und die Zeiträume für die Verwaltung dieser Dienste zu regulieren, anstatt dies den Akteuren zu überlassen, die diese Dienste auf dem digitalen Markt bereitstellen, da letztere sich infolge der raschen und unvorhersehbaren Entwicklung des Netzes sehr schnell in ihrer Art bzw. ihren Funktionen ändern könnten (22).

5.2.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der hier geprüfte Vorschlag eine erhebliche Gesetzeslücke schließt und entscheidend dazu beiträgt, die durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften verursachte Fragmentierung zu überwinden, die eine der Hauptquellen für grenzüberschreitende Streitigkeiten darstellt. Darüber hinaus ist der Ausschuss der Ansicht, dass der Vorschlag sich in den bereits vorhandenen Rechtsrahmen für den digitalen Binnenmarkt und die wenigen Vorschriften, die bereits heute mehr oder weniger direkt die B2B-Beziehung regeln, korrekt einfügt. Der umfassende, auf den Grundwerten der EU basierende Rechtsrahmen gewährleistet nach Ansicht des Ausschusses einen weitreichenden Spielraum und wirksame Interventionsmöglichkeiten für die Institutionen, die mit der Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften betraut sind.

5.3.

Der EWSA spricht sich dafür aus, dass die Anbieter von Online-Diensten die wichtigsten Kriterien für das Ranking von Anzeigen und Websites veröffentlichen. Der Ausschuss verweist jedoch darauf, dass diese Initiative mit Vorsicht zu handhaben ist, da sie Betrügereien durch gewerbliche Nutzer zum Schaden von anderen Unternehmen oder Verbrauchern begünstigen und so zu Marktverzerrungen führen könnte.

5.4.

Die Mediatoren werden bei der außergerichtlichen Lösung von Streitigkeiten eine Schlüsselrolle spielen. Nach Meinung des EWSA ist noch nicht völlig klar, über welche Merkmale die Mediatoren verfügen und wie sie berufen werden. Er verweist auf die Unterschiede zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten und empfiehlt die Festlegung harmonisierter Kriterien zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der Mediatoren. Der Ausschuss schlägt vor, die Möglichkeit der Schaffung eines europäischen Berufsregisters in Betracht zu ziehen, um das Vertrauen der gewerblichen Nutzer zu stärken. In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, die Erfahrung der Handelskammern und die von ihnen bereits mit Erfolg auf nationaler Ebene durchgeführten Aktivitäten zu nutzen.

5.5.

Der EWSA begrüßt die Einführung von Unterlassungsklagen zum Schutz der gewerblichen Nutzer. Dieses Instrument ist von entscheidender Bedeutung, um den „Faktor Angst“ zu überwinden, der kleinere Unternehmen gegenüber großen multinationalen Unternehmen oft hemmt. Der Ausschuss ist insbesondere der Ansicht, dass die Verfahren, um solche Klagen anzustrengen, klar, einfach und kostengünstig sein müssen.

5.6.

Die Beobachtungsstelle wird bei der Überwachung der Entwicklungen auf dem digitalen Markt und der richtigen und vollständigen Umsetzung der Verordnung eine entscheidende Rolle spielen. Der EWSA ist insbesondere der Ansicht, dass die Experten mit größter Sorgfalt ausgewählt werden müssen, damit ihre Unabhängigkeit und Neutralität sichergestellt sind. Des Weiteren bietet der EWSA an, die Arbeit der Expertengruppe durch die Entsendung eines Delegierten in der Rolle eines Beobachters zu unterstützen und auf diese Weise dazu beizutragen, dass der Standpunkt der organisierten Zivilgesellschaft berücksichtigt wird (23).

5.7.

Der EWSA begrüßt die Aufforderung an die Anbieter von Online-Diensten, einen Verhaltenskodex auszuarbeiten, um die vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung der Rechtsvorschriften sicherzustellen, hält dafür allerdings das Instrument einer Verordnung in Verbindung mit einer harmonisierten Sanktionsregelung für geeigneter.

5.8.

Der Ausschuss stellt fest, dass derzeit hauptsächlich in den Vereinigten Staaten Handelspraktiken seitens der großen Plattformen bestehen, die darauf abzielen, andere Akteure aus dem Markt zu drängen, zum Beispiel der kostenlose Versand zum Nachteil von Paketdiensten. Solche Aspekte können mittelfristig zu Oligopolen zulasten von Unternehmen und Verbrauchern führen. Der EWSA fordert die Kommission daher auf, diese Vorgänge aufmerksam zu verfolgen.

5.9.

Der EWSA ist der Ansicht, dass der Vorschlag bedeutende indirekte Auswirkungen haben wird, sowohl auf die Verbraucher, da eine größere Palette an Produkten angeboten und der Wettbewerb zwischen den Unternehmen zunehmen würde, als auch auf die Beschäftigung, die durch eine steigende Zahl an aktiven Unternehmen auf dem digitalen Markt wachsen würde. In dieser Hinsicht ist es wichtig, dass auch kleine Online-Plattformen (z. B. Plattformen von Genossenschaften) eine eigene Nische auf dem digitalen Markt finden können.

5.10.

Der EWSA bekräftigt seine Forderung an die Kommission und die Mitgliedstaaten, den Prozess der digitalen Innovation mit geeigneten Strategien zur Entwicklung digitaler Kompetenz und entsprechenden Bildungsmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung von Minderjährigen und besonders gefährdeten Gruppen zu unterstützen (24). Um das Bewusstsein der gewerblichen Nutzer in diesem Zusammenhang zu schärfen, hält es der Ausschuss außerdem für wichtig, die Berufsverbände einzubeziehen und so insbesondere im Hinblick auf KMU auf spezielle Weiterbildungsmaßnahmen aufmerksam zu machen und diese zu fördern, damit die Chancen, die der digitale Binnenmarkt bietet, voll und ganz ausgeschöpft werden können.

Brüssel, 19. September 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  European E-commerce Report 2017.

(2)  Eurostat, Digital economy and society statistics — enterprises, 2018 (Statistiken zur digitalen Wirtschaft und Gesellschaft — Unternehmen).

(3)  Eurostat, Web sales of EU enterprises, 2018 (Internetumsatz von EU-Unternehmen).

(4)  europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3372_de.pdf.

(5)  Eurostat, E-commerce statistics, 2017 (Statistiken zum elektronischen Geschäftsverkehr).

(6)  COM(2017) 228 final.

(7)  Empfehlung 2003/361/EG.

(8)  Die Beobachtungsstelle wird gemäß Beschluss C(2018)2393 der Kommission eingesetzt. Sie besteht aus mindestens 10 und maximal 15 unabhängigen Experten, die nach einem allgemeinen Auswahlverfahren ausgewählt werden. Die Experten bleiben zwei Jahre im Amt und nehmen ihre Aufgaben unentgeltlich wahr.

(9)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 119. ABl. C 81 vom 2.3.2018, S. 102. ABl. C 12 vom 15.1.2015, S. 1. ABl. C 271 vom 19.9.2013, S. 61.

(10)  ABl. C 389 vom 21.10.2016, S. 50.

(11)  Deutschland, Frankreich, Italien, Schweden, Belgien, Österreich.

(12)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 119, ABl. C 81 vom 2.3.2018, S. 102.

(13)  ABl. C 345 vom 13.10.2017, S. 130; ABl. C 345 vom 13.10.2017, S. 138.

(14)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 119.

(15)  ABl. C 367 vom 10.10.2018, S. 73.

(16)  http://www.lastampa.it/2016/08/11/esteri/airbnb-in-francia-riscoppia-il-caso-tasse-KfgawDjefZxFdSNydZs8XP/pagina.html.

(17)  INT/845, Künstliche Intelligenz/Auswirkungen auf die Beschäftigung, Berichterstatter: Salis Madinier und Samm, 2018 (siehe Seite 1 dieses Amtsblatts).

(18)  ABl. C 125 vom 21.4 2017, S. 10.

(19)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 119.

(20)  ABl. C 434 vom 15.12.2017, S. 30.

(21)  ABl. C 271 vom 19.9 2013, S. 127.

(22)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 119.

(23)  Beschluss C(2018) 2393 der Kommission, Artikel 10.

(24)  ABl. C 173 vom 31.5.2017, S. 45; ABl. C 173 vom 31.5.2017, S. 1.


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