Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52017XC1114(01)

    Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission vom 2. Oktober 2017 in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Sache AT.39813 — Baltic Rail (Schienenverkehr im Baltikum)) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 6544)

    ABl. C 383 vom 14.11.2017, p. 7–8 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    14.11.2017   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 383/7


    Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission

    vom 2. Oktober 2017

    in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    (Sache AT.39813 — Baltic Rail (Schienenverkehr im Baltikum))

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 6544)

    (Nur der englische Text ist verbindlich)

    (2017/C 383/08)

    Am 2. Oktober 2017 erließ die Kommission einen Beschluss in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Nach Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates  (1) veröffentlicht die Kommission im Folgenden die Namen der Parteien und den wesentlichen Inhalt des Beschlusses, einschließlich der verhängten Sanktionen, wobei sie dem berechtigten Interesse der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt. Eine nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses wird in englischer Sprache auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht: http://ec.europa.eu/competition/index_de.html

    1.   Einleitung

    1.

    Die Kommission kam zu dem Schluss, dass das staatliche Bahnunternehmen Litauens, AB Lietuvos geležinkeliai (im Folgenden „LG“), seine beherrschende Stellung als Betreiber der litauischen Eisenbahninfrastruktur missbraucht hat, indem es einen Gleisabschnitt entfernte, der von Litauen bis zur lettischen Grenze reichte, sodass ein konkurrierendes Eisenbahnunternehmen aus Lettland nicht in den litauischen Markt eintreten konnte. Die Kommission verhängte eine Geldbuße gegen LG und wies das Unternehmen an, die Zuwiderhandlung einzustellen.

    2.   Verfahren

    2.

    Am 14. Juli 2010 ging bei der Kommission eine gegen LG gerichtete Beschwerde nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ein, die von AB ORLEN Lietuva („OL“) eingereicht worden war.

    3.

    Vom 8. bis 10. März 2011 führte die Kommission in den Geschäftsräumen von LG Nachprüfungen gemäß Artikel 20 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 durch.

    4.

    Am 6. März 2013 beschloss die Kommission, gegen LG ein Verfahren nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 (2) und Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 einzuleiten.

    5.

    Am 5. Januar 2015 erließ die Kommission eine an LG gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die mündliche Anhörung fand am 27. Mai 2015 statt.

    6.

    Am 23. Oktober 2015 übermittelte die Kommission LG ein Sachverhaltsschreiben, auf das LG am 2. Dezember 2015 antwortete.

    3.   Sachverhalt

    7.

    LG verfügt über ein gesetzliches Monopol zum Betrieb der Schieneninfrastruktur in Litauen.

    8.

    Der Beschwerdeführer OL betreibt eine Raffinerie in Litauen, in der Nähe der Grenze zu Lettland. OL ist für den Transport der Produkte aus seiner Raffinerie auf den Schienenverkehr angewiesen. Der überwiegende Teil der Produktion wird für den See-Export zum litauischen Seehafen Klaipeda befördert. OL ist ein wichtiger Kunde von LG.

    9.

    Im Jahr 2008 erwog OL, auf die lettischen Seehäfen umzusteigen und dafür die Dienste des lettischen Eisenbahnunternehmens LDZ zu nutzen. Dabei wäre die Fracht von OL auf einer 34 km langen Gleisstrecke von der Raffinerie in Litauen bis zur lettischen Grenze transportiert worden. Im September 2008 setzte LG den Verkehr auf einem 19 km langen Abschnitt dieser Gleisstrecke (im Folgenden „Gleisstrecke“) wegen einer angeblichen Verformung auf einer Länge von 40 Metern (im Folgenden „Verformung“) aus. Im Oktober 2008 wurde die 19 Kilometer lange Gleisstrecke von LG vollständig entfernt und anschließend auch nicht wieder aufgebaut.

    4.   Rechtliche Würdigung

    10.

    Die Kommission vertrat die Auffassung, dass LG durch die vollständige Beseitigung der Gleisstrecke wettbewerbswidrige Methoden angewandt hat, da sich LG bewusst war, dass OL erwog, auf die lettischen Seehäfen umzusteigen und dafür die Dienste von LDZ zu nutzen; die Entfernung der Gleisstrecke durch LG in großer Eile vorgenommen wurde, ohne zuvor sicherzustellen, dass die dafür erforderlichen Mittel bereitstanden, und ohne die normalen Vorbereitungen für den Wiederaufbau der Gleisstrecke zu treffen; die Beseitigung der Gleisstrecke nicht dem üblichen Vorgehen entsprach; LG Schritte unternahm, um die litauische Regierung davon zu überzeugen, die Gleisstrecke nicht wieder aufzubauen.

    11.

    Die Kommission stellte fest, dass die Gleisstrecke auf dem kürzesten und kostengünstigsten Weg von der Raffinerie zu einem Seehafen lag. Weil die Gleisstrecke in der Nähe von Lettland und vom Logistikzentrum von LDZ lag, stellte sie ferner eine sehr gute Möglichkeit für LDZ dar, in den litauischen Markt einzutreten.

    12.

    Die Beseitigung der Gleisstrecke beeinträchtigte die Wettbewerbsstellung von LDZ gegenüber LG und erschwerte dem Unternehmen den Eintritt in den litauischen Markt erheblich. Nach der Beseitigung der Gleisstrecke musste der Schienenverkehr von der Raffinerie zu einem Seehafen (in Litauen oder Lettland) über wesentlich längere Strecken in Litauen geführt werden. Somit hätte LDZ viel weiter von seinem Logistikzentrum in Lettland entfernt agieren müssen, wobei es zudem auf die Infrastrukturdienstleistungen seines Wettbewerbers LG angewiesen gewesen wäre. Unter diesen Umständen wären LDZ erhebliche finanzielle Risiken entstanden, die das Unternehmen wahrscheinlich nicht eingegangen wäre.

    13.

    Zur Rechtfertigung seines Handelns machte LG geltend, dass nach der Verformung die gesamte Gleisstrecke hätte saniert werden müssen, bevor der Schienenverkehr wieder hätte aufgenommen werden können. Für die Sanierung hätten zunächst die Gleise auf dem Streckenabschnitt vollständig entfernt werden müssen. Die Kommission war jedoch der Auffassung, dass diese Erklärungen weder kohärent noch überzeugend waren und sich zum Teil widersprachen. Daher gelangte sie zu dem Schluss, dass LG keine objektive Begründung für die Beseitigung der Gleisstrecke vorgelegt hatte.

    5.   Geldbußen

    14.

    In Anbetracht der Schwere und der Dauer dieser laufenden Zuwiderhandlung verhängte die Kommission eine Geldbuße von 27 873 000 EUR gegen LG.

    6.   Abhilfemaßnahmen

    15.

    Die Kommission war der Auffassung, dass durch verschiedene strukturelle oder verhaltensbezogene Abhilfemaßnahmen die Wettbewerbssituation von vor der Entfernung der Gleisstrecke wiederherstellt oder aber die Nachteile für potenzielle Wettbewerber auf Alternativstrecken zu den Seehäfen beseitigt werden könnten.

    16.

    Die Kommission hat LG angewiesen, die Zuwiderhandlung einzustellen und ihr innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses mitzuteilen, welche Maßnahmen das Unternehmen zu diesem Zweck vorschlägt.


    (1)  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1). Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten.

    (2)  Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission (ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18).


    Top