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Document 52008AE0996

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Modalitäten für die optimale Förderung der Mobilität junger Menschen in Europa

    ABl. C 224 vom 30.8.2008, p. 100–105 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    30.8.2008   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 224/100


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Modalitäten für die optimale Förderung der Mobilität junger Menschen in Europa“

    (2008/C 224/23)

    In seinem Schreiben vom 25. Oktober 2007 ersuchte Herr JOUYET, Staatssekretär für Europäische Angelegenheiten der Republik Frankreich, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um die Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme zu folgender Vorlage:

    „Modalitäten für die optimale Förderung der Mobilität junger Menschen in Europa“.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 7. Mai 2008 an. Berichterstatter war Herr RODRÍGUEZ GARCÍA-CARO.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 445. Plenartagung am 28./29. Mai 2008 (Sitzung vom 29. Mai) mit 117 gegen 4 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen

    1.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt das Interesse des künftigen französischen Ratsvorsitzes und seine Unterstützung im Hinblick auf die Mobilität junger Menschen in Europa. Bereits auf seiner Tagung im Dezember 2000 in Nizza hatte der Rat der Europäischen Union eine Entschließung angenommen, die 42 Maßnahmen zur Förderung und Begünstigung der Mobilität junger Menschen umfasste. Jahre später und im Rahmen eines neuen Ratsvorsitzes der französischen Republik stellen wir erneut ein Interesse daran fest, die Mobilitätsprobleme unserer jüngeren Mitbürger zu lösen.

    1.2

    Aus Sicht des Ausschusses besteht das größte Problem der Europäischen Union in Bezug auf die transnationale Mobilität der jungen europäischen Bürger sowohl in einem offensichtlichen Mangel an Lösungen für die Probleme, die bereits bei zahlreichen Gelegenheiten beschrieben wurden, als auch in der Schwierigkeit, die zur Lösung dieser Mobilitätsprobleme beschlossenen Maßnahmen umzusetzen. Die Liste der festgestellten Probleme ist ebenso umfassend wie die Reihe der zu ihrer Lösung ergriffenen Maßnahmen. Deshalb geht es unseres Erachtens nicht darum, nach den Hindernissen für die Mobilität zu suchen und eine Liste von Fördermaßnahmen aufzustellen, sondern darum, das Problem von Grund auf anzugehen. Das heißt, wir müssen uns fragen, was bereits unternommen worden ist und was noch zu tun ist. Außerdem müssen die Ergebnisse bewertet werden.

    1.3

    Deshalb ist es nach Ansicht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses nicht nötig, zusätzliche Sachverständigen- oder hochrangige Gruppen einzurichten, da sie sich mit Sicherheit nur erneut mit Fragen befassen würden, die schon zuvor behandelt wurden. Nach Auffassung des Ausschusses ist es jedoch nötig, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Mitglieder der verschiedenen im Bereich der Mobilität tätigen Generaldirektionen der Kommission umfasst, um eine Analyse der Situation vorzunehmen und auf systematische Weise folgende Aspekte anzusprechen:

    Benennung der bereits bei früheren Gelegenheiten ermittelten und beschriebenen Hindernisse;

    Bestandsaufnahme der wirksamen Maßnahmen, die auf europäischer Ebene bereits ergriffen wurden, um diese Hindernisse zu beseitigen (Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Entschließungen, Empfehlungen usw.);

    Ermittlung der zuvor beschriebenen noch ungelösten Probleme, die jedoch aufgrund des Erlasses irgendeines Rechtsakts gerade gelöst werden;

    Ermittlung der bereits beschriebenen Probleme, für die noch keine Lösungsansätze vorhanden sind;

    Identifizierung der vorgeschlagenen Maßnahmen, die bisher weder berücksichtigt noch von den Mitgliedstaaten angewendet wurden.

    1.4

    Ebenso müsste bei der Bestimmung der Situation junger Menschen auf systematische Weise vorgegangen werden, indem diese in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Situation oder Problematik in verschiedene Zielgruppen eingeteilt werden. Diese Maßnahme würde es ermöglichen, die Probleme verschiedener Gruppen junger Menschen im Detail zu verstehen, um auf selektive Weise spezifische Maßnahmen zugunsten dieser Gruppen zu ergreifen. Auf diese Weise würden die Effizienz und Wirksamkeit gesteigert werden, da nicht nur generelle Entscheidungen getroffen würden.

    1.5

    Insbesondere folgende Gruppen müssten Gegenstand dieser Analyse sein:

    Studenten;

    junge Menschen, die ihre Hochschul- oder Berufsausbildung abgeschlossen haben und ihre erste Beschäftigung aufnehmen;

    Schüler alternierender Berufsbildungsprogramme;

    Künstler;

    junge Freiwillige;

    Jungunternehmer;

    Jugendliche ohne finanzielle Einkünfte;

    junge Paare, die das Familienleben mit dem Ausbildungs- oder Berufsleben vereinbaren müssen;

    junge Menschen, die unter sozialer Ausgrenzung leiden;

    junge Menschen, die eine Beschäftigung suchen, und junge Menschen in den ersten Jahren ihrer Beschäftigung.

    1.6

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Ansicht, dass es nicht unbedingt nötig ist, weitere Hindernisse zu ermitteln und nach Lösungen zu suchen, sondern dass möglichst schnell geeignete Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, damit all das, was bereits ausführlich über die Mobilität gesagt wurde, in Form von Lösungen für die Mobilitätsprobleme der europäischen Jugendlichen Gestalt annimmt.

    1.7

    Die Einbindung aller Interessengruppen in die Förderung der Mobilität junger Menschen und eine offensivere Durchführung der verschiedenen europäischen Maßnahmen in diesem Bereich können die Grundlage für eine deutliche Änderung der aktuellen Situation sein.

    2.   Einführung

    2.1   Anlass für diese Sondierungsstellungnahme

    2.1.1

    Anlass für diese Stellungnahme war das Schreiben des Staatssekretärs für Europäische Angelegenheiten des Außenministeriums der Republik Frankreich an den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. Am 25. Oktober 2007 ersuchte der französische Staatssekretär den Ausschuss um die Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme zum Thema „Modalitäten für die optimale Förderung der Mobilität junger Menschen in Europa“ . Diese Stellungnahme wurde im Hinblick auf den französischen Ratsvorsitz im zweiten Semester 2008 angefordert.

    2.1.2

    Gleichzeitig hat sich das für allgemeine und berufliche Bildung zuständige Kommissionsmitglied für die Einrichtung einer hochrangigen Sachverständigengruppe zur Förderung der Mobilität der Europäer eingesetzt. Die hochrangige Gruppe, deren Ziel darin besteht, die nötigen Maßnahmen zu entwickeln, um den Austausch von Jugendlichen zu intensivieren, die Unterstützung bei der Mobilität im Rahmen der Berufs- und Erwachsenenbildung zu verbessern und die Mobilität von jungen Künstlern, Jungunternehmern und Freiwilligen zu erhöhen, nahm ihre Arbeit am 24. Januar 2008 auf und plant, ihre Arbeiten Mitte des Jahres mit einem Strategiebericht abzuschließen.

    2.2   Mobilität in der Europäischen Union. Mehr als nur ein Recht auf Freizügigkeit

    2.2.1

    Die Mobilität ist ein Recht, das in Artikel 18 des EG-Vertrags verankert ist. Dieses Recht findet gemäß den Bestimmungen der Artikel 149 Absatz 4 und 150 Absatz 4 des EG-Vertrags auch Anwendung auf die Bereiche der allgemeinen und beruflichen Bildung. Deshalb hat die Europäische Union und haben insbesondere die Mitgliedstaaten die Pflicht, die zur Gewährleistung dieses Rechts auf Freizügigkeit nötigen Maßnahmen zu ergreifen, ganz gleich, ob aus Gründen der Arbeit, der Ausbildung, eines Volontariats oder einfach der Freizeitgestaltung.

    2.2.2

    Ursprünglich war die Freizügigkeit von Arbeitnehmern — eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft neben dem freien Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen — die Grundlage für die Mobilität der Staatsangehörigen der einzelnen Mitgliedstaaten. Um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, wurden wichtige Fortschritte im Bereich der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften — insbesondere in Bezug auf die Sozialleistungen — erzielt, die auch die Familien dieser Arbeitnehmer betreffen, wenn diese in einen anderen Mitgliedstaat der EU ziehen. Später, als die Gemeinschaftsprogramme in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und Forschung umgesetzt wurden, traten zahlreiche weitere Hindernisse für die transnationale Mobilität zu Tage.

    2.2.3

    Im Laufe der Jahre wurde in zahlreichen Dokumenten verschiedener Art auf die bestehenden Hindernisse für die Mobilität hingewiesen, und es wurden Lösungen vorgeschlagen, beschrieben und in einigen Fällen in die Praxis umgesetzt, durch die es möglich wurde, die Hindernisse für die Freizügigkeit und den Aufenthalt von Unionsbürgern außerhalb ihrer Herkunftsländer zu beseitigen.

    2.2.4

    Dennoch konnte im Laufe der Zeit beobachtet werden, dass die ermittelten Hindernisse und gemachten Vorschläge nicht immer dazu beigetragen haben, die Schranken abzubauen und die Probleme im Hinblick auf die Freizügigkeit und die Mobilität zu beseitigen. Es ist festzustellen, dass in den verschiedenen Dokumenten der europäischen Institutionen immer wieder auf die gleichen Probleme hingewiesen wird und sogar wiederholt Maßnahmen vorgeschlagen werden, die bereits zuvor vorgeschlagen wurden, ohne in vielen Fällen jemals in die Praxis umgesetzt worden zu sein.

    2.2.5

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist sich bewusst, dass bestimmte Probleme im Bereich der Mobilität nach komplexen Lösungen verlangen. Jedoch haben wir in bestimmten Fällen auch festgestellt, dass die Bereitwilligkeit zur Lösung dieser Probleme nicht der Bedeutung entspricht, die die Beseitigung der administrativen oder juristischen Mobilitätshindernisse für die Bürger hat.

    2.2.6

    Aus juristischer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit, dass die ergriffenen Maßnahmen die Mobilitätsprobleme auch tatsächlich lösen, unmittelbar von dem verwendeten Rechtsinstrument abhängig. Je häufiger zum Beispiel auf Empfehlungen oder Entschließungen zurückgegriffen wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht in allen Mitgliedstaaten Anwendung finden. Wenn die Kommission gelegentlich sogar den Europäischen Gerichtshof bemühen muss, damit der Inhalt einer Richtlinie in einzelstaatliches Recht umgesetzt wird, um wie viel weniger werden oftmals einfache Empfehlungen nicht berücksichtigt und bleiben deshalb die empfohlenen Maßnahmen wirkungslos.

    2.2.7

    Es ist zwar richtig, dass die rechtlichen Hindernisse im Laufe der Zeit anderen Hindernissen praktischer Art gewichen sind, die mit Sprachkenntnissen, der Verfügbarkeit finanzieller Ressourcen zur Ausübung der Mobilität, den nötigen Informationen, dem Interesse der jungen Menschen usw. in Verbindung stehen. Aber Tatsache ist auch, dass in Bezug auf andere praktische Aspekte, die gleichzeitig rechtlicher Art sind — wie die Anerkennung von Qualifikationen — in der Union noch viel getan werden muss.

    2.2.8

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat sowohl auf Ersuchen der europäischen Institutionen als auch auf eigene Initiative wiederholt Stellungnahmen zu diesem wichtigen Thema abgegeben, das das Leben der Unionsbürger unmittelbar betrifft. In seinen Stellungnahmen hat er das Vorhandensein von Hindernissen jeglicher Art festgestellt oder bekräftigt und zahlreiche Lösungsmöglichkeiten unterstützt oder selbst vorgeschlagen. Aus diesem Grund wird er als Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft weiterhin aktiv an der Lösung der Probleme arbeiten, mit denen die Unionsbürger bei der Ausübung ihres Rechts auf Mobilität innerhalb der Europäischen Union konfrontiert sind.

    3.   Mobilitätshindernisse in der Europäischen Union. Analyse der Situation

    3.1

    Das Grünbuch „Allgemeine und berufliche Bildung, Forschung: Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität“ (1) ist eine Zusammenstellung von Hintergründen, Hindernissen und möglichen Lösungen in Bezug auf die Mobilität derjenigen, die sich zu Bildungszwecken innerhalb der Union bewegen. Der EWSA gab eine entsprechende Stellungnahme (2) ab, in der er zusätzlich zu den in dem Grünbuch enthaltenen Lösungen noch weitere Lösungsansätze lieferte. Von der erwähnten Stellungnahme möchten wir folgende Beobachtung besonders hervorheben: „Die rein technischen Aspekte der Vertragsbestimmungen wurden effizienter umgesetzt als die 'menschlichen' Aspekte, so dass im Laufe der Zeit ein Regelwerk entstanden ist, mit dem sich Waren innerhalb der Binnengrenzen leichter bewegen können als Personen. Nach Ansicht des Ausschusses muss ein politischer Kompromiss erzielt werden, der dem Europa der Bürger tatsächlich zu mehr Gestalt verhilft“.

    3.2

    Einige der beschriebenen Probleme sind bereits gelöst worden, andere werden zurzeit noch gelöst und wiederum andere bestehen mit gleicher oder neuer Ausprägung fort. Zu diesen Problemen gehörten Hindernisse im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht, der Anerkennung von Qualifikationen, der territorialen Beschränkung von Stipendien, den Steuerfragen der einzelnen Mitgliedstaaten, dem Sozialschutzsystem usw. Neben diesen juristischen Problemen traten ebenso Hindernisse auf, die auf Kultur- und Sprachbarrieren und den Mangel an verfügbaren Informationen über das Aufnahmeland und das dortige Alltagsleben usw. zurückzuführen waren. Zweifelsohne Probleme, die auch heute noch in vielen Fällen vorhanden sind.

    3.3

    Am 14. Dezember 2000 wurde auf dem Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Nizza eine Entschließung über den Aktionsplan zur Förderung der Mobilität (3) verabschiedet. Die Entschließung schließt sich an die Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens des Europäischen Rates im März 2000 in Lissabon an, in denen auf die Dringlichkeit hingewiesen wurde, die Hindernisse für die Mobilität der Bürger innerhalb der Europäischen Union zu beseitigen, um einen wirklichen europäischen Wissensraum zu schaffen. Die besagte Entschließung umfasst 42 Maßnahmen, die das Ziel haben, die Mobilitätshindernisse zu beseitigen.

    3.3.1

    Die 42 Maßnahmen können unter folgenden Zielen zusammengefasst werden:

    Annahme einer europäischen Strategie zur Förderung der Mobilität;

    Ausbildung von Personen, die die Mobilität in Europa fördern;

    Entwicklung der Mehrsprachigkeit;

    besserer Zugang zu Informationen über Mobilität;

    Kartierung der Mobilität;

    Überlegungen zur Finanzierung der Mobilität;

    Demokratisierung der Mobilität, damit sie unter finanziellen und sozialen Gesichtspunkten für alle zugänglich wird;

    Schaffung neuer Mobilitätsformen;

    Verbesserung der Aufnahmebedingungen für Personen, die eine Mobilitätsmöglichkeit wahrnehmen;

    Vereinfachung des Mobilitätskalenders;

    angemessener Status für Personen, die eine Mobilitätsmöglichkeit wahrnehmen;

    Entwicklung des Systems zur Anerkennung der Abschlüsse und Ausbildungen;

    Anerkennung der gewonnenen Erfahrungen;

    Valorisierung der Mobilitätszeiten.

    3.3.2

    Zu den vorrangigen Maßnahmen der Entschließung gehören:

    Entwicklung der Mehrsprachigkeit;

    Schaffung eines Portals, das den Zugriff auf die verschiedenen europäischen Informationsquellen im Bereich Mobilität eröffnet;

    Anerkennung von Mobilitätszeiten in Diplomstudiengängen;

    Ausbildung von Mobilitätsakteuren, die in der Lage sind, Beratungs- und Betreuungsaufgaben wahrzunehmen und Mobilitätsprojekte auszuarbeiten;

    Erarbeitung und Verabschiedung einer Qualitätscharta;

    Durchführung einer vollständigen Bestandsaufnahme von Mobilitätsmöglichkeiten und bewährten Praktiken beim Austausch;

    Verknüpfung der von den einzelnen Akteuren angebotenen Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich Mobilitätsförderung.

    3.4

    Die erste Empfehlung, die vom Europäischen Parlament und dem Rat verabschiedet wurde, um die Tätigkeiten der Gemeinschaft im Bereich der Mobilität zu begünstigen, war die Empfehlung 2001/613/EG über die Mobilität von Studierenden, in der Ausbildung stehenden Personen, Freiwilligen, Lehrkräften und Ausbildern in der Gemeinschaft (4). Zu dieser Empfehlung gab der EWSA seine entsprechende Stellungnahme (5) ab, aus der wir folgende Beobachtung besonders hervorheben möchten: „Zur Verwirklichung der europäischen Integration im Sinne eines Europas der Bürger und zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist es eine Voraussetzung, dass Mobilität weitgehend ungehindert wahrgenommen werden kann“.

    3.4.1

    In dieser Empfehlung werden die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert:

    die rechtlichen und administrativen Hindernisse für die Mobilität zu beseitigen;

    Sprachbarrieren durch das Erlernen von mindestens zwei Sprachen zu verringern;

    die verschiedenen Formen der finanziellen Unterstützung zu fördern, indem sie die Übertragbarkeit von Stipendien erleichtern;

    einen europäischen Raum der Qualifikationen zu fördern;

    den Zugang zu jeglicher Art von nützlichen Informationen zu erleichtern.

    3.4.2

    Darüber hinaus wird eine Reihe von speziellen Maßnahmen für Studenten, Auszubildende, Freiwillige, Lehrer und Ausbilder vorgeschlagen.

    3.5

    In seiner Initiativstellungnahme (6) zum „Weißbuch Jugendpolitik“ äußert sich der EWSA zum Thema Mobilität folgendermaßen: „Derzeit bleibt […] [dieses Recht] aus vielfältigen Gründen für die meisten Jugendlichen Theorie: Mangel an Möglichkeiten und Ressourcen, mangelnde Anerkennung der Bedeutung der Mobilität an sich und der durch sie erworbenen Fähigkeiten, Chancenungleichgewicht, sozialer und kultureller Widerstand gegen das Konzept der Mobilität sowie rechtliche und verwaltungstechnische Hindernisse. Besondere Aufmerksamkeit sollte daher den Verwaltungshemmnissen gewidmet werden, die in den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Sozialversicherung […], die Besteuerung, Niederlassungsrechte und die Anerkennung von Fähigkeiten bestehen, die formell oder über nicht-formelle bzw. informelle Bildungswege erworben wurden“.

    3.6

    Obwohl die europäischen Institutionen zahlreiche Anstrengungen unternommen haben, um die Probleme zu lösen, auf die bereits in dem Grünbuch hingewiesen wurde — wie z.B. die Probleme, die die Mobilität der jungen Menschen im Allgemeinen, der Lehrer, Ausbilder und Forscher einschränken — und trotz der mit dem Aktionsplan für Mobilität bewiesenen guten Absichten, lässt sich feststellen, dass einige dieser Probleme nach wie vor vorhanden sind.

    3.7

    Dennoch lassen sich einige Beispiele für rechtliche Lösungen für die bestehenden Probleme anführen. Dazu gehören:

    3.7.1

    Angenommenen Rechtsakte:

    Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (7);

    Richtlinie 1408/71 und die sie ersetzende Verordnung Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (8);

    Entscheidung Nr. 2241/2004/EG über ein einheitliches gemeinschaftliches Rahmenkonzept zur Förderung der Transparenz bei Qualifikationen und Kompetenzen (Europass) (9);

    Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (10);

    Empfehlung 2006/961/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur transnationalen Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu Zwecken der allgemeinen und beruflichen Bildung: Europäische Qualitätscharta für Mobilität (11);

    Empfehlung 3662/07 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (12).

    3.7.2

    Maßnahmen die zurzeit in Vorbereitung sind:

    Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsbildung;

    Anerkennung der im Rahmen freiwilliger Aktivitäten erworbenen Kompetenzen (13);

    eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit (14).

    3.8

    Der EWSA hat in seinen entsprechenden Stellungnahmen seine Meinung zu den verschiedenen Aspekten geäußert, die die Mobilität der Unionsbürger im Allgemeinen und die der Jugendlichen im Besonderen betreffen. Konkret beobachten wir einen Entscheidungsprozess, in dessen Rahmen die Mobilitätsprobleme junger Menschen in Europa gelöst werden sollen, wobei jedoch einige sehr wichtige Aspekte im Hinblick auf das angestrebte Ziel — nämlich die Förderung und Begünstigung der Mobilität — wenig konkret bleiben.

    3.9

    Abschließend darf nicht vergessen werden, dass den Bürgern bereits bestimmte Instrumente zur Verfügung stehen, deren Anwendung unterstützt und deren Funktionsweise verbessert werden kann. Zum Beispiel lässt sich hier EURES, das Europäische Portal zur beruflichen Mobilität, nennen. Seine Datenbanken müssten leichter zugänglich gemacht und regelmäßig aktualisiert werden, es müsste ein Follow-up der zur Verfügung gestellten Informationen durchgeführt werden, die manchmal zu knapp ausfallen, und dieses Portal bzw. Netz muss für den Bürger greifbar sein.

    3.10

    In diesem Zusammenhang sollte man sich in den Institutionen der Union vielleicht fragen, in welchem Maße die europäischen Jugendlichen über die verschiedenen bestehenden Initiativen zur Förderung ihrer Mobilität informiert sind. Wer weiß, was der EUROPASS, der YOUTHPASS oder die Europäische Qualitätscharta ist? Verbreiten die Mitgliedstaaten ihr Wissen ausreichend? Welche Mobilitätsprogramme kennen die jungen Menschen neben dem ERASMUS-Programm? Das Wissen über die verschiedenen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu verbreiten ist, nach Ansicht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, eine weitere Form, um die Mobilitätshindernisse zu beseitigen.

    4.   Die transnationale Mobilität junger Menschen in Europa. Standpunkt des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    4.1

    Nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses besteht das hauptsächliche Hindernis für die Mobilität der jungen Europäer darin, dass die schon so häufig aufgezeigten Probleme nicht gelöst werden und die schon oftmals vorgeschlagenen Lösungsmaßnahmen nicht richtig koordiniert werden.

    4.2

    Wir sind der Ansicht, dass es wichtiger ist, die Anstrengungen darauf zu konzentrieren, die bereits vorgeschlagenen Maßnahmen in die Praxis umzusetzen, als erneut Sachverständigengruppen zu bilden, die wieder die gleichen Hindernisse aufzeigen, die bereits beschrieben wurden und noch zu lösen sind.

    4.3

    Damit soll jedoch nicht gesagt werden, dass es nicht nötig wäre, erneut auf die vorhandenen Schwierigkeiten hinzuweisen, mit denen die europäischen Jugendlichen konfrontiert sind, wenn sie an Mobilitäts- und Austauschmöglichkeiten im Zusammenhang mit den Programmen für lebenslanges Lernen (15), Erasmus Mundus (16), Jugend in Aktion (17) und Kultur (18), teilnehmen. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss betrachtet es lediglich als vorrangig, im Vorfeld eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Zwischendurch ist innezuhalten und aktiv über die Situation nachzudenken, in der wir uns im Hinblick auf dieses überaus wichtige Thema befinden, das die jungen Menschen in Europa so direkt betrifft.

    4.4

    Nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ist es nötig, eine Koordinationsgruppe einzurichten, die Mitglieder der verschiedenen in diesem Bereich tätigen Generaldirektionen der Kommission umfasst und deren Aufgabe darin bestehen sollte, eine umfassende Analyse der Situation mit folgenden grundsätzlichen Zielsetzungen vorzunehmen:

    Benennung der bereits bei früheren Gelegenheiten ermittelten und beschriebenen Hindernisse;

    Bestandsaufnahme der konkreten Maßnahmen, die auf europäischer Ebene bereits ergriffen wurden, um diese Hindernisse zu beseitigen (Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Entschließungen, Empfehlungen usw.);

    Ermittlung der zuvor beschriebenen noch ungelösten Probleme, die jedoch aufgrund des Erlasses irgendeines Rechtsakts gerade gelöst werden;

    Benennung der bereits beschriebenen Probleme, für die noch keine Lösungsansätze vorhanden sind. Identifizierung der vorgeschlagenen Maßnahmen, die bisher weder berücksichtigt noch von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.

    4.5

    Wenn diese allgemeine Analyse abgeschlossen ist, müsste die Situation der jungen Menschen auf systematische Weise bestimmt werden, indem die Jugendlichen in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Situation oder Problematik in verschiedene Zielgruppen eingeteilt werden, wie es bereits in Ziffer 1.5 der Schlussfolgerungen dieses Dokuments erwähnt wurde.

    4.6

    Mit Hilfe dieser Analyse und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Hintergründe der verschiedenen genannten Gruppen vollkommen unterschiedlich sind, lassen sich die Tätigkeiten der europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten auf die Annahme von spezifischeren und somit weniger allgemein gehaltenen Maßnahmen ausrichten. Auf diese Weise ließe sich die Wirksamkeit der Maßnahmen steigern, und die Mobilitätsprobleme könnten effizienter gelöst werden.

    4.7

    In seiner Eigenschaft als Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft und als beratendes Organ mit weitreichenden Erfahrungen bei der Analyse und Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Mobilität im Allgemeinen und der Verbesserung der Arbeitsmarktsituation junger Menschen im Konkreten (19) bietet der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Kommission seine Zusammenarbeit an, um die oben genannten Ziele zu erreichen. Die Mobilität junger Arbeitskräfte sollte durch spezifische Maßnahmen gefördert werden, deren Wirkung durch Bestimmungen, die für alle Bürger hinsichtlich der Übertragbarkeit von Rechten gelten, noch gesteigert würde. Die Erfahrungen des Ausschusses und seine Nähe zur Gesellschaft machen ihn in diesem Bereich zum notwendigen Gesprächspartner.

    4.8

    Doch ist sich der Ausschuss bewusst, dass zurzeit Maßnahmen angenommen werden, um konkrete Probleme zu lösen, die noch vor Jahren wirkliche rechtlich-administrative Hindernisse für die Mobilität darstellten, und dass diese Hindernisse immer weiter in den Hintergrund treten. Aber ebenso muss er darauf hinweisen, dass weiterhin große Hindernisse bestehen, von denen als repräsentativstes Beispiel die Anerkennung und Validierung von Wissen und Fähigkeiten zu nennen ist. Der Europäische Qualifikationsrahmen kann eine Lösung für dieses Problem bieten. Jedoch wurde bereits in der damals vom EWSA zu diesem Thema erarbeiteten Stellungnahme (20) auf die Schwierigkeiten bei dessen Umsetzung hingewiesen.

    4.9

    Neben dem bereits Gesagten wird der EWSA, ganz im Sinne einer rein konstruktiven Kritik, von der seine Stellungnahmen stets geleitet werden, grundsätzlich alle Handlungen unterstützen, die zur Beseitigung der Hindernisse bei der Ausübung des Rechts auf Mobilität und Freizügigkeit dienen. Manchmal treten diese Hindernisse jedoch in Form von Situationen auf, die nicht in den rechtlich-administrativen Bereich fallen. In diesem Zusammenhang erwähnen lassen sich zum einen Probleme wie unzureichende finanzielle Ressourcen junger Menschen, durch die deren Teilnahme an Mobilitätsprogrammen zum Teil verhindert wird, und zum anderen Schwierigkeiten beim Fremdsprachenerwerb, die eine unüberwindliche Hürde für den Zugang zu anderen Ländern darstellen können, sowie die Ungewissheit darüber, was den Jugendlichen in dem Aufnahmeland erwartet, über das er unter Umständen noch nicht einmal das Nötigste weiß. Dies sind Probleme, zu deren Lösung keine bedeutenden Rechtsvorschriften nötig sind, sondern Handlungskompetenz gefragt ist. In Dokumenten wie dem Aktionsplan zur Förderung der Mobilität sind bereits Vorschläge für Maßnahmen aufgenommen worden, die der Entwicklung von Mehrsprachigkeit und finanziellen Partnerschaften, der Demokratisierung der Mobilität durch Bereitstellung der nötigen finanziellen Mittel, der Verbesserung der Aufnahme der jungen Menschen und der Zuerkennung eines angemessenen Status für diese Personen dienen.

    4.10

    Abschließend möchte der EWSA noch einmal Folgendes betonen: Es ist nicht unbedingt nötig, weitere Hindernisse zu ermitteln und nach neuen Lösungen zu suchen, sondern es müssen möglichst schnell geeignete Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit all das, was bereits ausführlich über die Mobilität gesagt wurde, tatsächlich Gestalt annimmt. Die Einbindung aller Interessengruppen in die Verwirklichung der Mobilität für junge Menschen und eine engagiertere Umsetzung der verschiedenen europäischen Maßnahmen in diesem Bereich können die Grundlagen für eine deutliche Änderung der aktuellen Situation sein.

    Brüssel, den 29. Mai 2008

    Der Präsident

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Dimitris DIMITRIADIS


    (1)  KOM(96) 462 endg.

    (2)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 26.2.1997 zu dem „Grünbuch über Allgemeine und berufliche Bildung — Forschung: Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität“, Berichterstatter: Herr RODRÍGUEZ GARCÍA-CARO (ABl. C 133 vom 28.4.1997), Ziffer 3.1.2.

    (3)  ABl. C 371 vom 23.12.2000.

    (4)  ABl. L 215 vom 9.8.2001.

    (5)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 27.4.2000 zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Mobilität von Studierenden, in der Ausbildung stehenden Personen, jungen Freiwilligen, Lehrkräften und Ausbildern in der Gemeinschaft“, Berichterstatterin: Frau HORNUNG-DRAUS (ABl. C 168 vom 16.6.2000).

    (6)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 29.11.2000 zum „Weißbuch Jugendpolitik“, Berichterstatterin: Frau HASSETT (ABL. C 116 vom 20.4.2001).

    (7)  ABl. L 158 vom 30.4.2004.

    (8)  ABl. L 166 vom 30.4.2004.

    (9)  ABl. L 390 vom 31.12.2004.

    (10)  ABl. L 255 vom 30.9.2005.

    (11)  ABl. L 394 vom 30.12.2006.

    (12)  PE-CONS 3663/07.

    (13)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 13.12.2006 zum Thema „Freiwillige Aktivitäten, ihre Rolle in der europäischen Gesellschaft und ihre Auswirkungen“, Berichterstatterin: Frau KOLLER, Mitberichterstatterin: Frau ZU EULENBURG (ABL. C 325 vom 30.12.2006).

    (14)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 26.10.2006 zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine neue Rahmenstrategie für Mehrsprachigkeit“, Berichterstatterin: Frau LE NOUAIL-MARLIÈRE (ABl. C 324 vom 30.12.2006).

    (15)  ABl. L 327 vom 24.11.2006.

    (16)  ABl. L 345 vom 31.12.2003.

    (17)  ABl. L 327 vom 24.11.2006.

    (18)  ABl. L 372 vom 27.12.2006.

    (19)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 12.3.2008 zum Thema „Die Rolle der Sozialpartner bei der Verbesserung der Lage junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt“, Berichterstatter: Herr SOARES, Mitberichterstatterin: Frau PÄÄRENDSON, CESE 500/2008.

    (20)  Siehe Stellungnahme des EWSA vom 30.5.2007 zu dem Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen, Berichterstatter: Herr RODRÍGUEZ GARCÍA-CARO (ABl. C 175 vom 27.7.2007).


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