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Document 52006IE0245

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Grundzüge der Wirtschaftspolitik (2005-2008)

ABl. C 88 vom 11.4.2006, p. 76–84 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

11.4.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 88/76


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Grundzüge der Wirtschaftspolitik (2005-2008)“

(2006/C 88/16)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 10. Februar 2005 gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, eine Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: „Grundzüge der Wirtschaftspolitik (2005-2008)“.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 27. Januar 2006 an. Berichterstatter war Herr METZLER.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 424. Plenartagung am 14./15. Februar 2006 (Sitzung vom 15. Februar) mit 79 gegen 18 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Der EWSA hat die Initiative zur Stellungnahme ergriffen im Vorfeld des Frühjahrsgipfels 2006, um aus dem Interessenmix der Zivilgesellschaft die Player der EU-Wirtschaftspolitik mit Anregungen für das weitere Vorgehen zu versehen.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Wachstumsschwäche im Euroraum bzw. in der EU und der Herausforderungen insbesondere auch durch die Globalisierung und den demografischen Wandel vertritt der Ausschuss in seiner Initiativstellungnahme zu den „Grundzügen der Wirtschaftspolitik (2005-2008)“ die Auffassung, dass — eingebettet in die Lissabon-Strategie — eine koordinierte Makropolitik, die das Wachstum und die Beschäftigung intensiv fördert, zur Überwindung der gegenwärtigen Konjunktur- und Beschäftigungsprobleme in der EU unerlässlich ist. Die in den großen Volkswirtschaften der Eurozone verbreitete Vertrauenskrise kann zudem nur durch eine Orientierung an den Grundprinzipien der finanz- und sozialpolitischen Nachhaltigkeit überwunden werden. Der Ausschuss teilt deshalb auch die Auffassung der Kommission, dass eine den jeweils eingegangenen Verpflichtungen gerecht werdende Haushaltspolitik in den Staaten der EU unabdingbar ist.

Die Forderung der Kommission, die sozialen Sicherungssysteme nachhaltig zu modernisieren, wird vom Ausschuss unterstützt. Um die Arbeitslosigkeit zu verringern, muss darüber hinaus auch die Anpassungsfähigkeit der Arbeitsmärkte erhöht werden. Dabei gilt es, die soziale Sicherheit, auf die viele Menschen zu Recht vertrauen, zu bewahren. Gleichzeitig gilt es, das vorhandene Potenzial an Arbeitskräften zu mobilisieren. In diesem Bereich sind die Sozialpartner und die Regierungen der Mitgliedstaaten gefragt, um ein innovationsfreundliches Gleichgewicht von Flexibilität und Sicherheit zu schaffen.

Neben einer angemessenen makroökonomischen Politik zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung sind nach Ansicht des Ausschusses auch mikroökonomische Reformen zur Stärkung des Wachstumspotenzials geboten. Hierzu gehört neben Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs und zur Entbürokratisierung auch die Weiterentwicklung des EU-Binnenmarktes. Nach Ansicht des Ausschusses wäre es allerdings irreführend, dabei den maximalen Integrationsgrad in jedem Fall mit dem optimalen Integrationsgrad der Märkte gleichzusetzen.

Von zentraler Bedeutung sind aus Sicht des Ausschusses im Zusammenhang mit der wissensbasierten Gesellschaft auch die richtigen Weichenstellungen in den Bereichen lebenslanges Lernen, Chancengleichheit, Familienförderung, Bildung sowie Forschung und Innovation. So müssen die Rahmenbedingungen und Anreizmechanismen für die Schaffung einer innovationsfreundlichen Atmosphäre weiter verbessert werden. Generell betont der Ausschuss zudem, dass die Förderung unternehmerischer Initiative besonderes Augenmerk verdient.

1.   Vorbemerkungen

1.1

Die vorliegende Initiativstellungnahme zu den „Grundzügen der Wirtschaftspolitik (2005-2008)“ der „Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008)“ ist komplementär zur Stellungnahme über die „Beschäftigungspolitischen Leitlinien — 2005/2008“ zu verstehen (1). Wiederholt kritisiert der Ausschuss die Modalitäten des Konsultationsverfahrens, welche in Bezug auf die eigentliche Kohärenz der beiden Stellungnahmen der Sache nicht gerecht werden. Eine gemeinsame Abhandlung zu den Grundzügen und den beschäftigungspolitischen Leitlinien würde die vielfältigen Verflechtungen beider Bereiche besser widerspiegeln.

1.1.1

Zur besseren Umsetzung der Lissabon-Strategie hat der Europäische Rat auf seinem Frühjahrsgipfel beschlossen, die wirtschaftspolitischen und beschäftigungspolitischen Leitlinien zu verknüpfen und in den Lissabon-Prozess zu integrieren.

1.1.2

Schon in seiner Stellungnahme zu den „Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2003-2005“ (2) hat der Ausschuss gemahnt, den Policy-Mix verstärkt auf Wachstum und Vollbeschäftigung auszurichten. Diese Empfehlung hat nichts von ihrer Aktualität verloren.

1.2

Die EZB muss im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtungen neben der Preisstabilität auch realwirtschaftlichen Erfordernissen von Wachstum und Beschäftigung gerecht werden. Im Zuge der im Köln-Prozess definierten Koordination der einzelnen Bereiche der Makro-Politik muss sie dabei in einen konstruktiven Dialog mit den Entscheidungsträgern der Haushaltspolitik und der Lohnpolitik eingebunden sein.

1.3

Die Integrierten Leitlinien sind als Empfehlungen für die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten anzusehen, deren verantwortungsvolle Umsetzung gemäß dem Subsidiaritätsprinzip jedoch in den Bereich der Mitgliedstaaten fällt. „In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, wird die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkung besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können“ (Artikel 5 EG-Vertrag). Unbeschadet dessen bleibt die Wirtschaftspolitik eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse (Artikel 99, Absatz 1 EG-Vertrag).

1.4

Die vorliegende Stellungnahme liefert eine Betrachtung der gesamteuropäischen Wirtschaft unbeschadet der Heterogenität der einzelnen nationalen Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten.

2.   Problemstellung

Ausgangslage: Aktuelle wirtschaftliche Entwicklung

2.1

Nach vier Jahren enttäuschenden Wirtschaftswachstums in der EU erreichte dieses im Jahr 2005 wieder nur 1,5 % (EU-25) bzw. 1,3 % (Eurozone). Gleichwohl gibt es signifikante Unterschiede in der Entwicklung einzelner Mitgliedstaaten. Trotz des Wirtschaftswachstums konnte die europäische Wirtschaft nicht in vollem Umfang von der weltwirtschaftlichen Belebung profitieren. Der Abstand zu anderen Industrieländern und Regionen außerhalb Europas hat sich weiter vergrößert.

2.1.1

Auch aufgrund der Abwertung des Euro gingen vom Außenhandel zuletzt erhebliche Impulse auf die Wirtschaftsaktivität aus. Das Vertrauen der europäischen Verbraucher hat sich dagegen seit 2003 nur zögerlich verbessert und in 2005 über viele Monate sogar wieder verschlechtert, was zu einer nur geringen Erhöhung der Verbrauchernachfrage geführt hat. Von einer den konjunkturellen Aufschwung tragenden robusten Binnennachfrage kann weiterhin nicht gesprochen werden. Die weiterhin vorhandene Unsicherheit der europäischen Verbraucher drückt sich auch in der im internationalen Vergleich hohen Sparquote aus.

2.1.2

Die Anlageinvestitionen, die seit Beginn des Abschwungs im Jahr 2001 praktisch ununterbrochen gesunken sind, haben im letzten Jahr wieder angezogen. Günstige Finanzierungsmöglichkeiten durch niedrige Zinsen und wachsende Unternehmensgewinne sorgen für weiterhin investitionsfreundliche Rahmenbedingungen, was allerdings eher den Finanzinvestitionen mit hoher Börsenrendite als den Anlageinvestitionen zugute kommt. Der Ausschuss zeigt sich gleichwohl besorgt über Kapitalabflüsse in die USA, die auch Ausdruck der Investitionsschwäche in Europa sind. Die Verbesserung der Standortbedingungen bleibt daher ein Hauptanliegen, wenn ein nachhaltiger Anstieg der Investitionen erreicht werden soll. Eine Hauptursache für das niedrige Investitionsniveau ist die gegenwärtig schwache Verbrauchernachfrage. Gleichzeitig liegt die Inflationsrate trotz anhaltend hoher Energiepreise auf einem verträglichen Niveau. Dies gilt insbesondere für die Kerninflation (ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel), die noch deutlich unter der Headline-Inflation liegt. Geopolitische Risiken und Kapazitätsengpässe bei der Erdölförderung bieten jedoch Potenzial für zukünftigen Inflationsdruck. Auf die Herausforderung infolge der Entwicklung der Preise für Rohöl wird im Folgenden noch eingegangen.

2.1.3

Der Ausschuss ist verwundert darüber, dass — trotz der positiven Finanzsituation und des hohen Ertragsniveaus — die boomenden Gewinne der Großunternehmen 2003 und 2004 nicht zu Investitionen in die Forschung und Produktion geführt haben, die es der EU ermöglichen würden, den Wettbewerb zu entschärfen, mit dem sie konfrontiert ist. Die akkumulierten Finanzmittel werden jedoch dahingehend genutzt, den Anteilseignern Sondergewinne auszuschütten, eigene Anteile an Unternehmen zurückzukaufen, um den Börsenkurs zu stimulieren, oder Fusionen und Zukäufe einzuleiten, die dann Restrukturierungsmaßnahmen nach sich ziehen. Der Ausschuss ist insbesondere über die kurzfristige Ausrichtung besorgt, durch die notwendige langfristige Geschäftsinvestitionen behindert werden.

2.1.4

Eines der Hauptprobleme der europäischen Wirtschaft liegt neben der gegenwärtigen Nachfrageschwäche und dem im internationalen Vergleich niedrigeren Wachstum in der hohen strukturellen Arbeitslosigkeit. So hat die jüngste konjunkturelle Belebung nur in sehr geringem Maße zu einer Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt geführt. Die Arbeitslosenquote verharrt mit rund 9 % weiterhin auf einem zu hohen Niveau, so dass die Wertschöpfung in der europäischen Volkswirtschaft hinter ihrem Potenzial zurückbleibt. Hinzu kommt, dass die gegenwärtige Investitionsschwäche die zukünftigen Wachstumschancen weiter beeinträchtigt.

2.1.5

Diese Tendenz der „jobless-recovery“ wurde in ähnlicher Weise auch für die Arbeitsmärkte anderer vergleichbarer Industriestaaten und -regionen beobachtet. Die Arbeitsmarktlage ist dort allerdings meist erheblich freundlicher. Nach Schätzungen der Kommission (3) wird sich das Wachstum von 2005 und 2006 in über 3 Millionen neuen Arbeitsplätzen in der EU niederschlagen. Der Effekt in Bezug auf die Arbeitslosenquote wird jedoch schwach sein, da mit einer Zunahme der Erwerbsbeteiligung durch Rückkehr auf den Arbeitsmarkt, angeregt durch die bessere Wirtschaftslage, zu rechnen ist.

2.1.6

Daher bleibt die Beschäftigung des ungenutzten Arbeitskräftepotenzials eine der größten Herausforderungen, denen sich die EU stellen muss. Spezielle Programme sollten aufgelegt werden, um Frauen und jüngeren Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen sowie um ältere Arbeitnehmer wieder zu integrieren.

Weitere Herausforderungen: Globalisierung und demografischer Wandel

2.2

Neben den aktuellen wirtschafts- und finanzpolitischen Problemfeldern wie der unbefriedigenden Lage auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere der Arbeitslosigkeit sowie wachsenden Defiziten der öffentlichen Haushalte warten weitere Herausforderungen auf die EU, die zwar heute bereits erkannt sind, jedoch erst zukünftig voll zur Entfaltung kommen werden.

2.2.1

Zum einen muss sich die EU einem verschärften wirtschaftlichen Wettbewerb stellen. Mit den kräftig wachsenden Volkswirtschaften Chinas und Indiens sind neue Konkurrenten auf den Plan getreten, die vor zehn Jahren in einer weltwirtschaftlichen Betrachtung noch keine Rolle spielten. Das globale Arbeitskräftepotenzial hat sich verdoppelt, die Relationen zwischen Kapital und Arbeit haben sich in einer globalen Betrachtung geändert. Den bevölkerungsreichen Ländern China und Indien steht im Vergleich zu den traditionellen Industrieländern aufgrund ihrer wirtschaftlichen Entwicklung weit weniger Kapital pro Arbeitnehmer zur Verfügung.

2.2.2

Alles muss getan werden, damit die bisherigen Konsequenzen im Zuge der Globalisierung und verstärkten internationalen Arbeitsteilung auch als Chance für die Zukunft Europas angesehen werden können. Nach der wirtschaftlichen Öffnung Chinas und weiterer südostasiatischer Staaten steigt zwar der Wettbewerb um Investitionen, jedoch haben sich für europäische Firmen auch gewaltige Absatzmärkte aufgetan, die mit dort wachsendem Wohlstand erhebliches Potenzial bieten. Die Wirtschaftspolitik muss den damit einhergehenden Strukturwandel adäquat begleiten. Hierzu gehört auch die Ausgestaltung der weltweiten Rahmenbedingungen im Hinblick auf den Schutz ökologischer und sozialer Mindeststandards sowie der Eigentumsrechte.

2.2.3

Stellen muss sich die EU auch dem mit der Globalisierung und der weltweit steigenden Ölnachfrage zusammenhängenden dramatischen Anstieg des Ölpreises. Dank Einsparungen beim Verbrauch und einem stärkeren Einsatz anderer Energiequellen hat sich gerade in der EU die Abhängigkeit vom Öl gegenüber früher deutlich verringert. Gerade konkurrierende Industriestaaten — etwa China — sind stärker betroffen. Auch könnte die EU überproportional vom Recycling der Einnahmen der ölexportierenden Staaten durch deren Ausgaben für Importe profitieren.

2.2.4

Die zweite große Herausforderung für die europäischen Volkswirtschaften wird die demografische Entwicklung und die damit einhergehende alternde Gesellschaft sein. Die Gemeinschaft kann dabei allerdings nur begrenzt Einfluss nehmen, da, wie die Kommission an anderer Stelle zu Recht festgestellt hat, viele Fragen in Bezug auf die demografischen Veränderungen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten oder der Sozialpartner fallen. Darüber hinaus stellt der demografische Wandel eine gesellschaftliche Erscheinung dar, die wirtschaftspolitischen Maßnahmen nur begrenzt zugänglich ist. Um so mehr kommt es darauf an, die Weichen so zu stellen, dass notwendige Anpassungen rechtzeitig vorgenommen werden können.

2.2.5

Hauptursachen für den demografischen Wandel sind die anhaltende Verlängerung der Lebenserwartung, die Zunahme der Altersgruppe über 60 Jahre und die anhaltend geringe Geburtenrate. Der Wandel der Altersstruktur beeinflusst alle Märkte einer Volkswirtschaft, dem Arbeitsmarkt werden ab 2020 zunehmend junge Erwerbstätige fehlen, die Produktmärkte werden sich auf eine andere Kundschaft einstellen müssen und auf dem Kapitalmarkt werden sich das Sparverhalten und die Nachfrage nach Vermögensanlagen ändern. Weiter ist zu vermuten, dass die von der Globalisierung herrührende höhere allgemeine Wettbewerbsintensität auf den Arbeitsmarkt durchschlägt und eine andere Organisation der Arbeit im Rahmen des sozialen Dialogs notwendig macht. Das Konzept des lebenslangen Lernens findet gerade in diesem Kontext seine Berechtigung (4). Auch der soziale Dialog und die Zivilgesellschaft werden bei der Bewältigung des demografischen Wandels gefordert sein.

2.2.6

Damit das Ziel der Schaffung eines wettbewerbsfähigen, wissensbasierten Wirtschaftsraums verwirklicht werden kann, müssen die Unternehmen zur Förderung und Entwicklung des technologischen und organisatorischen Wandels, der Produktivität und der Innovation imstande sein. Dies lässt sich nur durch eine ständige Anpassung der Qualifikationen der Beschäftigten an die sich verändernde Nachfrage und durch aktive Strategien der Unternehmen verwirklichen. Die Unternehmen müssen zu diesem Zweck in ihre Strategien Fortbildungsmaßnahmen als mittel- und langfristige Investitionen integrieren und nicht als eine Maßnahme, die schnellen, wenn nicht gar unmittelbaren Profit abwirft. Die berufliche Bildung und die lebensbegleitende Aus- und Fortbildung dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern sollten grundlegende Elemente bei der Karriereplanung von Erwerbstätigen darstellen. In jeder Altersgruppe sollte ausreichend Motivation zur Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen vorhanden sein, und zwar durch Höherbewertung von Kompetenzen und Dynamisierung der beruflichen Laufbahnen. In dieser Hinsicht sind Bewertungssysteme und die Validierung des beruflichen Erfahrungswissens Konzepte, die im Rahmen individueller beruflicher Planung in Verbindung mit der Planung des Unternehmens weiter entwickelt werden müssen (5).

Lissabon-Strategie

2.3

Die Entwicklung der Weltwirtschaft in den letzten fünf Jahren untermauert die ehrgeizigen Ziele der Lissabon-Strategie, dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Die Grundsätze der Lissabon-Agenda sollten verinnerlicht werden. Nur mit Vertrauen in die eigenen Stärken und mit Mut zur Veränderung kann die EU zu dem wissensbasierten führenden Wirtschaftsraum in der Welt mit sicheren und besseren Arbeitsplätzen werden, wie es ihr Ziel ist. Die Berichte dieses Ausschusses (6) und der hochrangigen Sachverständigengruppe (7) (Kok-Bericht) für den Europäischen Rat zur Evaluation der bisherigen Ergebnisse in Bezug auf die Lissabon-Strategie sehen das Erreichen der gesteckten Ziele aber in weite Ferne gerückt. Das Wirtschaftswachstum in der EU ist aufgrund der Zwänge der monetaristischen Politik, die eine Stimulierung der Nachfrage durch das Tätigen von Ausgaben nicht zulässt, zuletzt merklich hinter dem der Vereinigten Staaten zurückgeblieben. Die durchschnittliche Wachstumsrate der EU beträgt für die Jahre 2001-2004 gerade einmal 1,5 %. Beim Pro-Kopf EU-Bruttoinlandsprodukt und beim Produktivitätswachstum konnte der Abstand zu anderen vergleichbaren Industriestaaten und -regionen nicht verringert werden.

2.3.1

Dabei bietet die Lissabon-Agenda viele Ansatzpunkte, um die binnenwirtschaftliche Dynamik in der EU und ihren Mitgliedsländern zu stärken (8).

2.3.2

Potenzial für mehr Wachstum kann in den meisten Mitgliedsländern durch eine Erhöhung der Erwerbsquote erschlossen werden.

2.4

Einige der Ursachen für die Wachstumsschwäche Europas und die bisher enttäuschende Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt liegen auch in bisher ungelösten Strukturproblemen, mit denen vor allem die großen Volkswirtschaften der Eurozone zu kämpfen haben. Es besteht darüber hinaus Konsens bei allen Regierungen der Mitgliedstaaten, dass sowohl eine finanzpolitische Konsolidierung der öffentlichen Haushalte als auch eine Überwindung der Wachstumsschwäche notwendig sind.

2.4.1

Die EU muss selbst zum Motor für Wachstum werden, um gegenüber anderen führenden Wirtschaftsräumen nicht weiter an Boden zu verlieren und die hoch gesteckten Ziele im Rahmen der Lissabon-Strategie noch zu erreichen.

2.4.2

Nach Ansicht des Ausschusses kommt den Sozialpartnern und anderen repräsentativen zivilgesellschaftlichen Organisationen in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle zu. Der Ausschuss verweist zudem wiederholt auf seine Stellungnahme zur Verbesserung der Durchführung der Lissabon-Strategie (9), die im Kontext der vorliegenden Stellungnahme fortgeschrieben worden ist.

Überwindung der Vertrauenskrise

2.5

Die Unsicherheit über die Beschäftigungssituation hat in manchen Mitgliedstaaten dazu geführt, dass die Verbraucher Konsumentscheidungen verwerfen oder in die Zukunft verschieben. Es entsteht dadurch ein Erwartungsmechanismus (Attentismus), der die Binnennachfrage schwächt, langfristig wirksame Transaktionen werden zurückgestellt und das Wirtschaftswachstum wird beeinträchtigt. Besorgnis erregt, dass in einzelnen Mitgliedstaaten die mit einem konjunkturellen Abschwung (2001-2003) verbundenen geringeren Konsumausgaben sich in Folge der danach anziehenden Konjunktur nicht wieder signifikant gesteigert haben. Ähnliches gilt für die Investitionsentscheidungen der Unternehmen. Es besteht die Gefahr, dass sich selbst erfüllende Erwartungen sich verfestigen und ein hartnäckiges konjunkturelles Ungleichgewicht bestehen bleibt. Dieser Gefahr muss durch geeignete Maßnahmen vorgebeugt werden.

2.5.1

Die Vertrauenskrise bei Arbeitnehmern und Verbrauchern wird in vielen Ländern der Europäischen Gemeinschaft durch öffentlich werdende Fehlleistungen und Fehlverhalten von Führungskräften und ganzen Führungsstrukturen verstärkt. Der Ausschuss sieht es als wichtig an, dass die europäischen Staaten, unterstützt von der Europäischen Gemeinschaft, den Qualifizierungs- und Integritätsdefiziten im Bereich der Führungskräfte erhöhte Aufmerksamkeit, unter Bekämpfung der Defizite, und erhöhte Aktivitäten zuwenden. Darüber hinaus muss daran gedacht werden, wie durch erhöhte Transparenz, ggf. auch durch verschärfte Haftungsmaßstäbe die Verantwortung tragenden Handelnden zu strikter Aufgabenorientierung und sozialer Verantwortlichkeit angehalten werden können.

2.5.2

Die Überwindung der Vertrauenskrise in den großen Volkswirtschaften der Eurozone ist eine der zentralen Aufgaben. Nur eine Strategie der finanz- und sozialpolitischen Nachhaltigkeit wird das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit ihrer nationalen Regierungen und die Institutionen der EU bewahren und stärken (10).

2.5.3

Eine Entlastung der öffentlichen Haushalte und Stärkung der sozialen Sicherungssysteme wird nur in Verbindung mit einer dauerhaften Verbesserung der Arbeitsmarktsituation möglich sein. Arbeitsmarktreformen, die dem sich beschleunigenden wirtschaftlichen Wandel und gleichzeitig der sozialen Sicherheit gerecht werden, müssen als Kernpunkte in eine nachhaltige Wirtschaftspolitik integriert werden. Entsprechend der Lissabon-Strategie kann der Staat Lenkungsfunktionen wahrnehmen, um entsprechende Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in neuen Bereichen als positive Antwort auf die Globalisierung zu unterstützen.

2.5.4

Es ist daher äußerst wichtig, durch eine verbesserte Koordinierung der Maßnahmen in den Bereichen Handel, Wettbewerb, Industrie, Innovation, Bildung und Ausbildung sowie Beschäftigung eine genaue Ausrichtung auf diese neuen Bereiche und die sich dort bietenden Chancen vorzunehmen. Die Zivilgesellschaft insgesamt sollte hier ihrer Verantwortung gerecht werden.

2.5.5

Es ist unabdingbar, dass auch die Geld- und Fiskalpolitik die Stimulierung von Wachstum und Beschäftigung unterstützen (11). Was die Mitgliedstaaten wirklich brauchen, ist Koordinierung der Wirtschaftspolitik. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, dass konjunkturpolitische Maßnahmen zur Belebung der Nachfrage nicht das Vertrauen in die Stabilität gefährden.

3.   Makroökonomische Politik für Wachstum und Beschäftigung

Haushaltspolitik

3.1

Strukturreformen ohne ausreichende Nachfrage wirken sich negativ auf die Beschäftigung aus. Bereits jetzt muss dem aus der Bevölkerungsalterung resultierenden hohen langfristigen Ausgabendruck Rechnung getragen werden. Unter dieser Voraussetzung könnte die Fiskalpolitik im Rahmen einer ausgewogenen makroökonomischen Politik auch zu einer Stärkung der effektiven Nachfrage beitragen (12).

3.1.1

Dazu müssen die Mitgliedstaaten von einer realistischeren und transparenteren Haushaltsplanung ausgehen. Aufgabenkritik und mehr Ausgabendisziplin wären Beweise für die Qualität der öffentlichen Ausgaben und ein Beitrag zu höherem Wachstum. Dies gilt auch für alle EU-Ebenen. Es bedarf strengerer Durchsetzungsmechanismen innerhalb der einzelnen Länder, um die Defizitrisiken an der Wurzel anzugehen. Die Herbst-Prognose 2005 der Kommission zum Defizit der öffentlichen Haushalte unterstreicht die Notwendigkeit einer Konsolidierung. Trotz anhaltender (wenn auch schwungloser) konjunktureller Belebung schätzt die Kommission, dass das Haushaltsdefizit der EU-25 in den Jahren 2005 und 2006 mit jeweils 2,7 % nur unwesentlich unter dem Referenzwert von 3 % liegen wird.

3.1.2

Finanzpolitische Disziplin ist eine wichtige Vorraussetzung dafür, dass das Europäische System der Zentralbanken Preisstabilität bei relativ niedrigen Zinsen dauerhaft gewährleisten kann. Die EZB sollte weiterhin Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität wachsam im Auge behalten, wie z.B. solche im Zusammenhang mit dem weltweiten Liquiditätsüberhang oder Zweitrundeneffekten der Energiepreishausse. Damit unterstützt der Ausschuss die Feststellung der Kommission, dass die Wahrung der Preisstabilität oberstes Ziel der EZB bleiben sollte.

Nachhaltigkeit der Sozialsysteme

3.2

Der hohe Anpassungsdruck auf die sozialen Sicherungssysteme entsteht nicht in erster Linie durch die Globalisierung, sondern vor allem durch die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit sowie den einschneidenden demografischen Wandel durch den Rückgang der Geburtenrate und den Anstieg der Lebenserwartung, der zu immer längeren Rentenbezugszeiten führen kann. Die von der Kommission geäußerte Forderung, die sozialen Sicherungssysteme nachhaltig zu modernisieren, unterstützt der Ausschuss ebenso wie sämtliche ihrer Bemühungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, da ein hohes Maß an sozialer Sicherheit unerlässlich ist, um die Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Nachfrage und sozialer Kohäsion zu gewährleisten (13). Dabei gilt es, die soziale Sicherheit, auf die viele Menschen zu Recht vertrauen, zu bewahren.

3.2.1

Eine Reform der sozialen Sicherungssysteme muss dabei auch eng mit spezifischen Plänen zur Erleichterung des Zugangs von Frauen zum Arbeitsmarkt verzahnt sein; daher sollten Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen usw. ebenfalls gewährleistet sein. Maßnahmen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, wie z.B. eine verstärkte Ganztagsbetreuung von Kleinkindern, sind zu fördern (14). In Ländern mit einem nicht ausreichenden Kinderbetreuungsangebot liegt die Beschäftigungsquote bei Frauen relativ niedrig. Umgekehrt besteht in Ländern mit hoher Frauenerwerbstätigkeit ein guter Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen. Erhebungen haben gezeigt, dass es eine erhebliche Diskrepanz zwischen der gewünschten (2,3) und der tatsächlichen (1,5) Kinderzahl in der EU gibt. Eine Geburtenrate von 2,1 würde dabei bereits genügen, um die bevorstehende Schrumpfung der europäischen Bevölkerung zu stoppen. Die Schaffung geeigneter Infrastrukturen, eine dem Schutz der Arbeitnehmer Rechnung tragende Arbeitsorganisation durch Steigerung der Attraktivität von Teilzeitarbeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die anreizneutral ausgestaltete Erleichterung von Erwerbsunterbrechungen und flexiblen Arbeitszeitregelungen dürften zumindest in einigen Mitgliedstaaten die Anreize zum Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt nach einer Phase der Kindererziehung deutlich erhöhen. Darüber hinaus wird auch durch eine nachhaltige Reform des Arbeitsmarktes, die zu einer verstärkten Nachfrage nach Arbeitskräften führt, die Stellung der Arbeitnehmer und damit die Bereitschaft der Arbeitgeber, zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie beizutragen, gestärkt.

3.2.2

Auch die Regierungen und die Sozialpartner sind gefordert, durch Kollektivvereinbarungen neue Beschäftigungsmöglichkeiten sowie ein in erster Linie innovationsfreundliches Gleichgewicht von Flexibilität und Sicherheit zu unterstützen. Zu diesem Zweck und im Hinblick auf „die älteren Arbeitskräfte“ hat der Ausschuss die Empfehlungen und die Analyse der Kommission unterstützt, die in ihrer Mitteilung (KOM(2004) 146 endg.) feststellt, dass „... die Sozialpartner sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene ihre Anstrengungen, eine neue Kultur in der Alterungsfrage und dem Management des Wandels einzuführen, verbreiten und vertiefen sollten. Viel zu oft setzen die Arbeitgeber auf Regelungen für einen frühzeitigen Erwerbsaustritt.“ Die Steigerung der Beschäftigungsquote ist von zentraler Bedeutung. Diesbezüglich geht der EWSA davon aus, dass eine Steigerung der Gesamtbeschäftigungsquote bzw. insbesondere der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen auch mit der Steigerung der Beschäftigungsquote derjenigen Kategorien potenzieller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einhergeht, die dort unzureichend vertreten sind. Vor diesem Hintergrund müssen umfassende Maßnahmen ergriffen werden, um alle in der EU vorhandenen Arbeitskraftreserven zu mobilisieren, und zwar vor allem Jugendliche, die nur zu oft in einer demotivierenden Arbeitslosigkeit gehalten werden, was mit Sorge an die zukünftige Gesamtbeschäftigungsquote denken lässt, oder auch Frauen oder Behinderte (15).

Verringerung der Arbeitslosigkeit, Mobilisierung von Arbeitskräften

3.3

Der Ausschuss unterstreicht die von der Kommission geäußerte Notwendigkeit, die Beschäftigungsquoten insbesondere in den großen Volkswirtschaften deutlich anzuheben und das Arbeitskräfteangebot nachhaltig zu erhöhen. Um die langfristige Tragfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu sichern, muss der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit höchste Priorität zukommen.

3.3.1

Die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit und die Ausweitung des weltwirtschaftlichen Handels stellen zusätzliche Anforderungen im Hinblick auf eine effiziente und dynamische Anpassung auf den Arbeitsmärkten dar. Besonders auf den Exportmärkten, aber auch im Dienstleistungssektor, eröffnen sich im Zuge eines stark expandierenden Welthandels zahlreiche neue Chancen. Für die Anpassungsfähigkeit der Arbeitsmärkte stellen sich damit ganz neue Anforderungen, deren Bewältigung gleichwohl ein stabiles Rahmenwerk voraussetzt.

3.3.2

Den europäischen Arbeitsmärkten muss es möglich sein, auf Trends wie Outsourcing und Offshoring besser und dynamischer reagieren zu können. Systeme der Arbeitslosenversicherung, soziale Sicherungssysteme und Arbeitsvermittlung sollten so funktionieren, dass sie nicht nur den Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung abdecken, sondern auch den Wechsel zwischen verschiedenen Beschäftigungssituationen erleichtern, etwa Arbeit, Ausbildung, Erwerbsunterbrechungen oder Selbstständigkeit. Da die Gemeinschaft in diesem Bereich nur über ein beschränktes Mandat verfügt, ist es an den Mitgliedstaaten, ihre Arbeitsmarktinstitutionen in diesem Sinne einzusetzen.

3.3.3

Zudem bestehen nach wie vor temporäre Mobilitätshemmnisse für Arbeitnehmer bei der grenzüberschreitenden Mobilität innerhalb der EU. Der Ausschuss fordert die Mitgliedstaaten auf, ernsthaft zu überprüfen, ob die Übergangsperioden nicht beendet werden können. Dabei bedarf es einer entsprechenden Einbindung und Konsultation der Sozialpartner auf allen relevanten Ebenen (16). Eine Beibehaltung der Übergangsfristen muss jedenfalls mit schwerwiegenden und objektiven Argumenten gerechtfertigt werden.

3.3.4

Da Personen ohne bzw. mit geringer Berufsausbildung eine weit überdurchschnittliche Arbeitslosenquote aufweisen, stellt die Förderung der Aus- und Weiterbildung eines der wichtigsten Instrumente der Arbeitsmarktpolitik dar. Bildung und Ausbildung sind Investitionen in das Humankapital. Sie erhöhen die Arbeitsmarktchancen der Individuen und erweitern die Produktionsmöglichkeiten der Unternehmen. Der Bildungsfaktor ist eine wichtige Komponente für die Entwicklung der Produktivität und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Sozialpartner sollten sich in Kollektivverträgen und allen für sie maßgeblichen Vertragsverhältnissen darüber verständigen, dass die Angestellten und Arbeiter ihr Humankapital durch Weiterbildung und beruflichen Aufstieg erhalten und vermehren.

3.3.5

Insbesondere bei Jugendlichen wird eine Berufsausbildung zu Recht als notwendige Voraussetzung zukünftiger Beschäftigung angesehen, auch wenn diese noch keine hinreichende Bedingung für eine passgenaue Arbeitsnachfrage darstellt. Ältere Personen, die wie Jugendliche und junge Menschen eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote aufweisen, sind ebenso gefordert, durch Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen neues Wissen zu akkumulieren. Wenn das Produktivitätspotenzial älterer Arbeitnehmer nicht ausgeschöpft wird, dann nicht wegen ihres Alters, sondern weil ihre Qualifikationen veraltet sind, was sich aber durch Fortbildung wettmachen ließe. Es ist also deutlich zu machen, dass es nicht ausreicht, eine Politik für die Altersgruppen ab 40 oder 50 Jahren zu verfolgen (17).

3.4

Als ein gravierendes Problemfeld sieht der Ausschuss die hohe Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern und Sozialabgaben an.

4.   Mikroökonomische Reformen zur Stärkung des Wachstumspotenzials

Der EU-Binnenmarkt

4.1

Der Ausschuss teilt die Ansicht der Kommission, dass ein erweiterter und vertiefter Binnenmarkt ein wichtiger Bestandteil einer auf Beschäftigung und Wachstum ausgerichteten Wirtschaftspolitik sein muss. Jedoch sieht der Ausschuss die Probleme bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie nicht primär in einem unzureichend integrierten Binnenmarkt begründet.

4.1.1

Die bisher noch nicht voll zum Tragen gekommene Integration der Dienstleistungsmärkte kann kaum als die Ursache für die schwache Performance der Arbeitsmärkte und des Wirtschaftswachstums angesehen werden. Ein Großteil der Arbeitslosen gehört zur Gruppe der Gering-Qualifizierten, die von einem integrierten europäischen Dienstleistungsbinnenmarkt nur in geringem Maße profitieren würden. Zwar kann eine Beseitigung der steuerlichen Hindernisse das Investitionsklima verbessern und die Überwindung der Mobilitätshemmnisse für einige Arbeitgeber und Arbeitnehmer Erleichterung verschaffen. Dies wird aber kaum zu einer substanziellen Entlastung der nationalen Arbeitsmärkte beitragen. Eine Weiterentwicklung des Binnenmarktes mit dem Ziel der Schaffung eines echten und ausgewogenen Dienstleistungsbinnenmarktes kann gleichwohl einen wichtigen Beitrag leisten.

4.1.2

Es wäre nach Ansicht des Ausschusses dabei fehlerhaft, den maximalen Integrationsgrad der Märkte in jedem Fall mit dem optimalen Integrationsgrad gleichzusetzen. Insbesondere im Falle von typisch regionalen oder lokalen Märkten, wie sie bei vielen Dienstleistern vorliegen, wird sich das Volumen der grenzüberschreitenden Dienstleistungen immer in einem eng begrenzten Rahmen bewegen. Gerade hier könnte eine Forcierung der Harmonisierung den Eindruck erwecken, dass die EU-Politik regionale Besonderheiten nicht genug berücksichtigt und damit zu einer Verhärtung bestehender Vorbehalte führen. Aus diesem Grund müssen zumindest Hemmnisse, die gegenwärtig bestehen, klar benannt und gegen Regulierungen, die aufgrund der Eigenheiten der Mitgliedstaaten auch künftig bestehen bleiben und denen sich die Marktteilnehmer anpassen müssen, abgewogen werden. Dabei ist einer sorgfältigen Abwägung nach Märkten und Branchen der Vorzug zu gewähren.

4.1.3

Unterstützung durch den Ausschuss findet die Kommission auch in ihrer Empfehlung, dem Wettbewerb hinderliche staatliche Beihilfen abzubauen oder die Beihilfen vermehrt in mit dem Lissabon-Programm in Verbindung stehende Bereiche Forschung, Innovation und Bildungspolitik umzuschichten. Mit dem gewünschten Ziel einer erhöhten Wettbewerbsintensität würde so auch eine Entlastung der öffentlichen Haushalte bzw. eine Verstärkung zukunftsträchtiger öffentlicher Investitionen erzielt werden.

4.1.4

Die Integration der europäischen Kapitalmärkte ist von Bedeutung, um das Wachstum in der EU zu beleben. Während der letzten Jahre gab es erhebliche Bemühungen, regulatorische Rahmenbedingungen für einen integrierten Kapital- und Finanzdienstleistungsmarkt zu schaffen. Vor diesem Hintergrund finden Klagen über eine zu schnelle und zu aufwändige Harmonisierungsrunde im Ausschuss Beachtung.

4.1.5

Vor weiteren Harmonisierungs- und Regulierungsvorhaben bedarf es einer vorherigen sorgfältigen Überprüfung hinsichtlich der Kriterien Notwendigkeit und Dringlichkeit. Kurzfristig sollten Richtlinienprojekte, für die es keine akute Notwendigkeit gibt, zurückgestellt werden. Es scheint vielmehr angezeigt, sich vorläufig auf eine marktorientierte und kosteneffiziente Umsetzung und Konsolidierung vereinzelt noch nicht vollständig abgeschlossener Gesetzesinitiativen der jüngsten Vergangenheit zu konzentrieren. Die auch im Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005-2010) der Kommission angelegten diesbezüglichen Positionen finden im Ausschuss ihre Unterstützung.

Wettbewerb und Entbürokratisierung

4.2

Der Ausschuss begrüßt die von der Kommission vorgesehene Zielsetzung der freieren Handelsentfaltung. Eine auf Kernkompetenzen beschränkte schlanke und modernisierte Verwaltung hat Sparpotenzial, kann aber die Mitgliedstaaten im Krisenfall hilflos dastehen lassen, da ihnen die notwendigen Mittel zum Eingreifen fehlen. Eine ambitionierte Konzentration auf die Erfüllung staatlicher Kernaufgaben, wie u.a. Bildung, öffentliche Infrastruktur, innen- und außenpolitische Sicherheit, soziale Absicherung und ein hohes Gesundheitsschutzniveau, sollte als Leitbild stärkere Beachtung in den Mitgliedstaaten finden. In diesem Zusammenhang unterstützt der Ausschuss nachhaltig die Aussagen der Kommission zugunsten der wirtschaftlichen Bedeutung besserer Gesetzgebung. Die verstärkte Konsultation der Stakeholder in den Gesetzgebungsprozessen dient der transparenteren Entscheidungsfindung im Sinne der Legislative und der Marktteilnehmer.

4.2.1

Eine erhöhte Wettbewerbsintensität wird auch zur treibenden Kraft für die Förderung von Innovationen. Die politischen Rahmenbedingungen für Innovationen und im weiteren Sinn für Forschung sollten verbessert werden. In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss auf seine in zahlreichen Stellungnahmen unterbreiteten und immer noch aktuellen Vorschläge hin, die er hier nur bekräftigen kann (18).

4.2.2

Der EWSA weist darauf hin, dass das Thema Entbürokratisierung in den Grundzügen nicht genug Aufmerksamkeit gefunden hat. Daher wird die Bedeutung des EU-Konzepts für eine bessere Rechtsetzung nochmals herausgestellt, der nachhaltige Appell an die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Bürokratievereinfachung zu ergreifen, z.B. Vereinfachung des Steuer- und Abgabesystems, wird seitens des Ausschusses in den Grundzügen vermisst. Gleiches gilt für die Rechtsetzung auf EU-Ebene und deren nationaler Anwendung. Nicht nur kurze Entscheidungswege, sondern auch vereinfachte Verfahrensvorgaben würden die Kosten senken und die öffentlichen Haushalte entlasten.

4.2.3

In den Bereichen Regulierung, Deregulierung und Liberalisierung von Märkten ist eine sorgfältige Abwägung von Verbraucherschutz- oder Umweltinteressen sowie sozialpolitischen Zielsetzungen mit den gesamtwirtschaftlichen Wachstumschancen erforderlich. Zukünftige gesetzgeberische und aufsichtsrechtliche Aktivitäten sollten sich stärker als bisher einer Gesetzesfolgenabschätzung unterziehen (19).

4.2.4

Gerade KMU und andere Selbstständige werden durch zu umfangreiche Regulierungen in ihrer Produktivität überproportional eingeschränkt, da sie nur flache Führungs- und Administrierungsstrukturen aufweisen. Der Ausschuss erneuert daher seine Forderung nach der Schaffung eines gesonderten KMU-Statuts (20).

4.2.5

Eine große Chance sieht der Ausschuss auch in der verstärkten Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit dem Unternehmenssektor zur Bewältigung öffentlicher Aufgaben (Public-Private-Partnership). Diese neueste Form des Zusammenwirkens der EU-Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft selbst bei der Wahrnehmung und Erledigung öffentlicher Aufgaben sollte für den privaten und öffentlichen Sektor gleiche Ausgangsbedingungen gewährleisten, um für die öffentliche Hand einen möglichst großen Nutzen zu ziehen. Darlehen aus der Privatwirtschaft sollten zur Finanzierung von Projekten erwogen werden, wenn dies kosteneffizient und unabhängig von Planung, Bau- oder Betriebsweise der Projekte ist.

Lernen und Bildung

4.3

Das Konzept des lebenslangen Lernens — insbesondere auch durch flexible Lernmethoden -nimmt im Zusammenhang mit der wissensbasierten Gesellschaft eine wichtige Rolle ein. Zur Verwirklichung des lebenslangen Lernens bedarf es einer gesellschaftlichen Lernkultur und einer diese stützenden Infrastruktur. Sozialpartner und Zivilgesellschaft sollten das Leitbild eines lebenslangen Lernens fördern. Auch im Bereich von Bildung und Ausbildung wäre überdies an eine stärkere Nutzung der Möglichkeiten einer Public-Private-Partnership zu denken. Zur Finanzierung der Infrastruktur bedarf es derzeit noch verstärkt der staatlichen Unterstützung, die bislang aber nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Die Gesamtausgaben für Bildung und Ausbildung in der EU-25 beliefen sich zuletzt (2002) auf 5,2 % vom BIP und damit in etwa auf dem Niveau vergleichbarer Wirtschaftsräume. Dabei kamen allerdings nur 0,6 % vom BIP aus privaten Mitteln; dieser Wert liegt weit unter dem der Referenzregionen und könnte gesteigert werden, wenn sich dies über die Laufzeit des Projekts bzw. des Darlehens gesehen rechnet.

4.3.1

In einer früheren Stellungnahme äußerte sich der EWSA bereits zum Zusammenhang von kulturellem Austausch und jungen Menschen im Rahmen eines Aktionsprogramms im Bereich lebenslanges Lernen (21). An dieser Stelle muss die Bedeutung dieser Beziehung für die Schaffung einer wissensbasierten Gesellschaft nochmals verdeutlicht werden. Die Förderung des kulturellen Austauschs (vor allem von Jugendlichen) weckt das Interesse an anderen Kulturkreisen und trägt damit positiv zu einem gegenseitigen Wissenstransfer bei.

4.3.2

Der Ausschuss begrüßt, dass durch die Beschlussfassung über die Diplomanerkennungsrichtlinie wesentliche Hindernisse für die Mobilität von Arbeitnehmern und Selbstständigen beseitigt worden sind. Er appelliert an die Mitgliedstaaten, für eine rasche Umsetzung zu sorgen. Darüber hinaus sollte durch regelmäßige Performancevergleiche und Benchmarking der Universitäten und Schulen, wie sie etwa im Rahmen der Pisa-Studie und des Bologna-Prozesses praktiziert werden, positiver Einfluss auf Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft der Teilnehmer genommen werden (22).

4.3.3

Des Weiteren ist das europäische tertiäre Bildungssystem nicht genug auf das Ziel ausgerichtet, ein weltweit führender Raum für Spitzenforschung zu werden. Das Konzept der Exzellenz-Zentren und Exzellenz-Cluster sollte dort, wo dies noch nicht in genügendem Maße der Fall ist, auf nationaler und europäischer Ebene vermehrt Aufmerksamkeit finden. Der Abwanderung europäischer Spitzenforscher in den überseeischen Raum könnte damit entgegengewirkt werden.

Forschung und Innovationen

4.4

Die zu erwartende Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung in Europa erfordert immer mehr technologische Innovationen, um künftig den Wohlstand der europäischen Gesellschaft insgesamt zu sichern. Die Kommission hat jedoch festgestellt und richtigerweise gemahnt, dass die Bemühungen, die Innovationsleistung in der EU zu erhöhen, bisher nicht ausreichend waren (23).

4.4.1

Um die Innovationstätigkeit auf EU-Ebene zu steigern, sieht es der Ausschuss als unabdingbar an, die ihrer grenzüberschreitenden Diffusion im Wege stehenden Hindernisse zu beseitigen. Die noch immer hinter dem Möglichen zurückliegende Innovationstätigkeit gehört neben der unbefriedigenden Arbeitsmarktlage zu den maßgeblichen Faktoren für die Verlangsamung des Produktivitätswachstums im Euroraum. Um bessere Innovationsergebnisse zu erzielen, müssen jedoch die Ursachen der Marktfragmentierung beseitigt werden, die die Verbreitung neuer Technologien derzeit behindern.

4.4.2

Der Ausschuss teilt die Ansicht der Kommission, dass eine Verbesserung der Rahmenbedingungen und Anreizmechanismen für die Schaffung einer produktiven und innovationsfreundlichen Atmosphäre weiterhin erforderlich bleibt.

4.4.3

Staatliche Innovationsförderung sollte effizienter und gezielter eingesetzt werden, um Fehlanreize für private Investoren und damit die Fehlallokation öffentlicher Mittel zu vermeiden. Projekte in enger Konsultation von Universität und Unternehmen sollten — unbeschadet der Notwendigkeit zu einer Grundlagenforschung — verstärkt Anwendung finden, um Forschung wirkungsvoller mit dem privaten Sektor zu verknüpfen.

4.4.4

Die Regelungen für staatliche Fördermaßnahmen sollten transparenter werden, um einen leichteren Zugang zu öffentlichen Forschungsmitteln zu ermöglichen. Eine vermehrte Zusammenarbeit auch innerhalb der Dienststellen der Kommission wird seitens des Ausschusses begrüßt. Der Ausschuss unterstreicht seine mehrfach vorgetragene Forderung, die Rahmenbedingungen der Förderung auch für KMU und Mikrobetriebe zugänglich und handhabbar auszugestalten.

4.4.5

Eine innovationsfördernde Wirkung ginge auch von einem EU-weiten Gemeinschaftspatent aus. Hindernisse hierfür (wie das „Sprachenproblem“) sollten überwindbar sein. Der Ausschuss tritt nochmals nachdrücklich für die Einführung des europäischen Gemeinschaftspatents sobald als möglich ein.

Kleine und mittlere Unternehmen

4.5

Wie der Ausschuss schon in einer früheren Stellungnahme betonte, gilt der Förderung der unternehmerischen Initiative ein besonderes Augenmerk (24). Insbesondere bei den KMU besteht in Bezug auf Innovationsleistungen ein besonderes Potenzial. Um ihren Nachteil auf der Kostenseite gegenüber etablierten größeren Unternehmen zu kompensieren, müssen sie sich durch innovative Produkte und Dienstleistungen behaupten. Daher begrüßt der EWSA die Forderung der Kommission, den Zugang zu Finanzmitteln generell und zu Risikokapitalmärkten für junge Unternehmen in Europa barrierefrei zu gestalten (25).

Brüssel, den 15. Februar 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“, ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 38.

(2)  Vgl. Stellungnahme des EWSA „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2003-2005“, (ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 120); vorliegende Stellungnahme ist als Weiterentwicklung dieser Stellungnahme anzusehen.

(3)  Herbstprognose der Kommission 2005.

(4)  Vgl. Stellungnahme des EWSA „Wirtschaftswachstum, Besteuerung und Nachhaltigkeit der Rentensysteme in der EU“ (ABl. C 48 vom 21.2.2002, S. 89).

(5)  Siehe Stellungnahme des EWSA „Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“ (ABl. C 120 vom 20.5.2005, S. 89) Ziffern 5.4.6.3 und 5.4.6.4 sowie Stellungnahme des EWSA „Anhebung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittsalters“ (ABl. C 157 vom 28.6.2005, S. 120), Ziffer 4.3.5.4.

(6)  Vgl. Stellungnahme des EWSA „Die Durchführung der Lissabon-Strategie verbessern“ (ABl. C 120 vom 20.5.2005, S. 79).

(7)  Die Herausforderung annehmen - Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung, Bericht der Hochrangigen Sachverständigengruppe unter Vorsitz von Wim Kok, November 2004.

(8)  Rat der Europäischen Union, Schlussfolgerungen des Vorsitzes (19255/2005 vom 18.6.2005), insbesondere Ziffern 9-11, und Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Gemeinsame Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung: Das Lissabon-Programm der Gemeinschaft“ (KOM(2005) 330 endg. vom 20.7.2005).

(9)  Vgl. Stellungnahme des EWSA „Die Durchführung der Lissabon-Strategie verbessern“ (ABl. C 120 vom 20.5.2005, S. 79).

(10)  Vgl. Stellungnahme der Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt des EWSA zum Thema „Die Stärkung der Economic Governance – die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes“ (ECO/160 – CESE 780/2005 fin vom 31.1.2006).

(11)  Dies wurde vom EWSA wiederholt gefordert, zuletzt u.a. in seiner Stellungnahme zum Thema „Beschäftigungspolitik: Rolle des EWSA nach der Erweiterung und in der Perspektive des Lissabonner Prozesses“ (ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 94).

(12)  Vgl. auch Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2003-2005“ (ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 120, Ziffer 1.4).

(13)  Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2003-2005“ (ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 120, Ziffer 1.5.3).

(14)  Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“ (ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 38). Dort heißt es u.a. (Ziffer 3.2.3): „Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten erneut dringend auf, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranzutreiben. Hierbei handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“

(15)  Vgl. Stellungnahme des EWSA „Anhebung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittsalters“ (ABl. C 157 vom 28.6.2005, S. 120), Ziffern 6.3.2 und 4.4.4.

(16)  „Die soziale Dimension der Globalisierung - der politische Beitrag der EU zu einer gleichmäßigen Verteilung des Nutzens“, KOM(2004) 383 endg. vom 18.5.2004.

(17)  Vgl. Internationale Studie der OECD zur Lese- und Schreibfähigkeit der Bevölkerung (International Adult Literacy Survey - IALS) sowie die Stellungnahmen des EWSA „Ältere Arbeitnehmer“ (ABl. C 14 vom 16.1.2001) und „Anhebung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittsalters“ (ABl. C 157 vom 28.6.2005, S. 120, Ziffer 4.3.5).

(18)  Vgl. Stellungnahmen des EWSA „Forscher im europäischen Forschungsraum: ein Beruf, vielfältige Karrieremöglichkeiten“ (ABl. C 110 vom 30.4.2004, S. 3), „Integration und Stärkung des europäischen Forschungsraums“ (ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 81), „Der Europäische Forschungsraum: Ein neuer Schwung - Ausbau, Neuausrichtung, neue Perspektiven“ (ABl. C 95 vom 23.4.2003, S. 48) und „Stärkung des Zusammenhalts und der Wettbewerbsfähigkeit durch Forschung, technologische Entwicklung und Innovation“ (ABl. 40 vom 15.2.1999, S. 12).

(19)  In diesem Sinn hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss schon früher die Schaffung eines einfachen staatlichen Regelwerks und Steuersystems befürwortet. Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2003-2005“ (ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 120, Ziffer 4.4.2.4).

(20)  Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“, (ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 38).

(21)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein integriertes Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens“ vom 10.2.2005 (ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 134).

(22)  Auch an anderer Stelle hat der EWSA bereits hervorgehoben, „dass es ebenfalls sehr wichtig ist, in Europa insgesamt und auch auf internationaler Ebene für Transparenz und Harmonisierung bei den Qualifikationen zu sorgen“. Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“ (ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 38, Ziffer 3.8.1).

(23)  Die EU gibt gegenwärtig lediglich rund 2 % des BIP für FuE aus. Vgl. EU-Kommission, Empfehlung zu den Grundsätzen der Wirtschaftspolitik (2005-2008) KOM(2005) 141 endg., Abschnitt B.2. Dies ist ein Prozentsatz, der kaum höher liegt als zum Zeitpunkt des Anlaufens der Lissabon-Strategie und von der EU-Zielsvorsatz von 3 % des BIP für Forschungsinvestitionen noch deutlich entfernt ist. Der Ausschuss erinnert daran, dass zwei Drittel von der Privatindustrie aufgebracht werden sollen.

(24)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Förderung von unternehmerischer Initiative in Europa: Prioritäten für die Zukunft“ (ABl. C 235 vom 27.7.1998) sowie Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“ (ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 38).

(25)  In diesem Sinne hatte sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss auch früher schon geäußert und zugleich die Förderung von Unternehmergeist und Unternehmensgründungen befürwortet. Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2003-2005“ (ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 120, Ziffer 4.4.2.4).


ANHANG 1

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Abgelehnter Änderungsantrag

Folgender Änderungsantrag, auf den mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen entfielen, wurde im Laufe der Beratungen abgelehnt:

Ziffer 2.5.1

Streichen

Begründung

Die EU-Mitgliedstaaten zählen 23 Millionen unterschiedliche wirtschaftliche Akteure und noch viel mehr Führungskräfte, die zum größten Teil angestellt sind. Sie arbeiten unter großer Stressbelastung und tragen die Verantwortung für praktisch alles, was ihre Mitarbeiter in dem Unternehmen verschulden und verursachen. Zahlreiche Führungskräfte geben ihre Position auf oder sichern sich gegen Risiken ab.

In allen EU-Mitgliedstaaten existieren Rechtssysteme (Zivil-, Handels-, Strafrecht usw.), die die Verantwortung von Führungskräften regeln.

In Ziffer 2.5.1 werden die Mitgliedstaaten und die Europäische Union unterdessen aufgerufen, der Qualifizierung und Integrität im Bereich der Führungskräfte erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken und entsprechende Defizite zu bekämpfen.

Vor diesem Hintergrund stellen sich einige Fragen, die eine Antwort verlangen, wenn die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ernst genommen werden sollen:

1.

Auf welche Art und Weise sollen die Union und ihre Mitgliedstaaten die Qualifizierung und Integrität von mehreren Millionen Menschen kontrollieren? Sind etwa neue Institutionen erforderlich? Sind die geltenden Rechtssysteme nicht ausreichend und muss das geltende Recht nur durchgesetzt werden?

2.

Warum sollten nicht auch die Arbeitnehmer dazu aufgerufen werden, gut und redlich zu arbeiten, entsprechende Qualifikationen vorzuweisen und ethisch zu handeln, weil für von ihnen verschuldete Fehler die Führungskräfte gerade stehen müssen? Wenn der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss tatsächlich ein Organ des Konsenses ist, dann sollten wir auch die Arbeitnehmer und alle Stiftungen und gesellschaftlichen und Nichtregierungsorganisationen dazu aufrufen, über die erforderlichen Qualifikationen zu verfügen und den Grundsätzen zu folgen, während die EU und ihre Mitgliedstaaten über deren Einhaltung wachen sollten. Warum nur die Führungskräfte?

3.

Bei der Annahme dieser Stellungnahme in der Fachgruppe ECO wurde das Argument angeführt, den Appell an die Union und ihre Mitgliedstaaten nicht ernst zu nehmen, da es sich ja nur um einen Appell handele. Wenn es denn so ist, dann sollten wir vielleicht von vornherein in einer Stellungnahme und einem Appell alle möglichen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und anderen Probleme angehen — wo es doch nur ein Appell ist. In den kommunistischen Ländern wurde dies den Parlamenten von der Opposition vorgeschlagen. Dort wurden umso mehr Vorschriften erlassen, je schlechter die Wirtschaftslage war, weil man glaubte, mit Vorschriften, Gesetzen und Appellen etwas ändern zu können. Ich schlage vor, in einer Stellungnahme an die EU und ihre Mitgliedstaaten den Appell zu richten: „Seht doch einfach zu, dass es gut läuft“. Damit wäre nicht nur die Frage der Führungskräfte gelöst, sondern alle anderen Fragen auch. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird nicht länger erforderlich sein, was für die Europäische Union und die europäische Integration nur von Nutzen sein kann.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 37

Nein-Stimmen: 53

Stimmenthaltungen: 9


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