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Document 52006AE0587

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz KOM(2005) 375 endg. — 2002/0156 (COD)

    ABl. C 185 vom 8.8.2006, p. 31–34 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    8.8.2006   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 185/31


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz“

    KOM(2005) 375 endg. — 2002/0156 (COD)

    (2006/C 185/06)

    Der Rat beschloss am 17. November 2005 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 22. Februar 2006 an. Berichterstatterin war Frau SCIBERRAS.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 426. Plenartagung am 20./21. April 2006 (Sitzung vom 20. April) mit 131 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Einleitung

    1.1

    1999 trat der Vertrag von Amsterdam in Kraft. Zu den Zielen dieses Vertrags zählt „die Erhaltung und Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie Personenverkehr gewährleistet ist“ (1).

    1.2

    Dies bedeutete einen geradezu revolutionären Schritt, da die Migrationspolitik von der dritten, auf Regierungszusammenarbeit beruhenden Säule der Europäischen Union auf die erste Säule übertragen wurde, bei der die Europäische Kommission das Initiativrecht für die Politikgestaltung besitzt. Am 1. Mai 2004 begann zudem eine neue Etappe der Migrationspolitik in den nun 25 Mitgliedstaaten: Der allmähliche Wandel von einer einzelstaatlichen Politik hin zu einer gemeinschaftlichen Politik wurde weiter ausgedehnt.

    1.3

    Am 17. Dezember 2005 gelang es dem britischen Ratsvorsitz, eine Einigung über die Finanzielle Vorausschau 2007-2013 — den Rahmen für die Finanzen der EU im nächsten Planungszeitraum — herbeizuführen (2).

    1.4

    Unter der Rubrik „Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Recht“ sind Ausgaben für verschiedene Initiativen (z.B. im Bereich des Grenzschutzes) vorgesehen, um die Sicherheit der Unionsbürger in den 25 Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Diese Ausgaben dürften in den kommenden acht Jahren deutlich zunehmen. Andererseits gibt es auch Initiativen im Bereich der Sozialpolitik, z.B. die sozial ausgerichteten Vorhaben, einen Europäischen Flüchtlingsfonds und einen Integrationsfonds ins Leben zu rufen, die auf bessere Leistungen für Einwanderer in den Mitgliedstaaten abzielen.

    1.5

    Der Europäische Rat von Thessaloniki 2003 drängte darauf, „legale Wege für die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen in die Union zu sondieren, wobei der Aufnahmekapazität der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen ist“ (3).

    1.6

    In den einschlägigen Beratungen — insbesondere bei der Beurteilung der Aufnahmekapazität der einzelnen Mitgliedstaaten — müssen nicht nur die Größe der Bevölkerung, des Staatsgebiets und der Wirtschaftsleistung, sondern auch die Zahl der bereits eingewanderten Personen und die aktuellen Migrationsbewegungen berücksichtigt werden. Eine korrekte Beurteilung dieser Aspekte ist jedoch nicht möglich ohne eine Harmonisierung statistischer Metadaten (Regeln für die Datenerhebung) in den Mitgliedstaaten, die die interne Kohärenz der Statistiken im Unionsgebiet gewährleisten würde.

    1.7

    Die mangelnde Harmonisierung der Statistiken resultiert teilweise aus unterschiedlichen Definitionen des Begriffs „Migration“ (bzw. „Wanderung“), die wiederum auf Unterschiede im Migrationsrecht zurückgeführt werden können. Darüber hinaus zeichnet sich die Datenerhebung durch Ineffizienzen und Defizite aus, die die Entwicklung und Förderung einer schrittweisen Harmonisierung erschweren.

    1.8

    Außerdem sind illegale Einwanderung und Schwarzarbeit weit verbreitet und — teilweise aufgrund der Einschränkungen der Möglichkeiten zur legalen Einwanderung — weiter im Vormarsch. In diesem Bereich der nicht registrierten Migration erweisen sich statistische Messungen häufig als ungenau. Gerade hier zeigt sich, dass Umfang und Methode der statistischen Berechnung oftmals zwischen den einzelnen nationalen Statistikbehörden variieren. Dies macht die Harmonisierung von Metadaten umso dringlicher. So führte in den Vereinigten Staaten das Problem der Dunkelziffer illegaler Einwanderer zu einer Diskussion über die Frage, ob das in Volkszählungen erhobene Zahlenmaterial durch jene Daten über nicht gemeldete Personen ergänzt werden sollte, die mittels Stichprobentechniken gesammelt werden. Neben Stichprobentechniken gibt es noch andere Methoden, die für statistische Erhebungen verwandt werden können. Beispielsweise sind in Frankreich die lokalen Gebietskörperschaften an der Datenerfassung beteiligt.

    1.9

    Im Entwurf des Verfassungsvertrags wird das Recht der Mitgliedstaaten anerkannt, „festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittländern in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder Selbstständige Arbeit zu suchen“ (4). Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat die Auffassung vertreten, dass dieser Verfassungszwang die EU aber nicht darin hindert, bei den Rechtsvorschriften über die Aufnahme von Einwanderern ein hohes Harmonisierungsniveau zu erreichen. Der EWSA hat zudem die Notwendigkeit einer aktiven EU-Politik für Wirtschaftsmigration und einer Harmonisierung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften herausgestellt (5).

    1.10

    Das Erfordernis einer Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für Migration liegt teilweise in demografischen Veränderungen sowie der Umsetzung der Lissabon-Strategie begründet. Der EWA hat festgestellt, dass „die Bevölkerungsentwicklung in der EU und die Strategie von Lissabon […] aktive Maßnahmen zur Aufnahme von Wirtschaftsmigranten […] notwendig erscheinen [lassen]. Zwar weist jedes Land eigene Erfordernisse und Besonderheiten auf, doch ein gemeinsames Merkmal aller Mitgliedstaaten ist die Öffnung der Kanäle für die Wirtschaftsmigration“ (6). Die EU und die Mitgliedstaaten benötigen Rechtsvorschriften, die Arbeitsmigration ermöglichen und dafür sorgen, dass sie über legale und transparente Kanäle erfolgt. Der EWSA ist der Auffassung, dass dieses Konzept — auch wenn es vornehmlich auf den wirtschaftlichen Aspekt der Migration abhebt — für sich genommen auf eine Reduzierung ausgerichtet ist und dass die Mitgliedstaaten auch aktive Maßnahmen zur Aufnahme von Nicht-Wirtschaftsmigranten ergreifen sollten.

    1.11

    Umfangreiche Migrationsströme führen wegen der erhöhten Belastung der öffentlichen Leistungsträger und der möglichen Folgen für den Arbeitsmarkt auch zu Anpassungsschwierigkeiten in den Aufnahmeländern. Diese Folgen fallen indes — in Abhängigkeit vom Absorptionsvermögen der Aufnahmeländer — unterschiedlich ins Gewicht. Damit sich die Bürger eine Meinung zu den Auswirkungen der Migrationsströme bilden können, benötigen sie präzise und zwischen allen Mitgliedstaaten übereinstimmende statistische Informationen. Darüber hinaus können exakte Statistiken dazu beitragen, fremdenfeindlichen Tendenzen in Teilen der Bevölkerung zu begegnen, z.B. Ansichten wie „Die Einwanderer nehmen den Einheimischen die Arbeitsplätze weg!“ oder „Unser Land wird von Einwanderern überschwemmt!“.

    1.12

    Zuverlässige statistische Informationen können der Entwicklung eines gemeinsamen Rechtsrahmens, der zum Schutz der Rechte von Einwanderern beiträgt, förderlich sein. Der EWSA ruft die Kommission dazu auf, die Bedeutung der sorgfältigen Zusammenstellung und Auswertung statistischer Informationen herauszustellen, um so Fehlinterpretationen von Daten vorzubeugen.

    1.13

    Da Arbeitsmigranten einen erheblichen Teil der Arbeitskräfte ausmachen, müssen bei der Verwirklichung des Ziels, Mobilität auf dem EU-weiten Arbeitsmarkt zu erreichen, die Konsequenzen von Beschränkungen berücksichtigt werden, denen Arbeitsmigranten aus Drittstaaten bei der Freizügigkeit zwischen den Mitgliedstaaten und einer Neuansiedlung in einem anderen Mitgliedstaat unterliegen. Darüber hinaus dürfte eine solche EU-interne Migration die Anpassungsschwierigkeiten der Aufnahmeländer mit geringem Absorptionsvermögen erleichtern.

    1.14

    Der EWSA vertritt den Standpunkt, dass zur Gewährleistung der Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde jedes Einzelnen sämtliche Prozesse der Sammlung/Verarbeitung persönlicher Daten zu statistischen und/oder anderen amtlichen Zwecken vor Verfahrensmissbrauch oder anderen Verstößen wirkungsvoll geschützt werden sollten.

    2.   Bedeutung statistischer Daten in einem Rechtsrahmen

    2.1

    Statistiken über die politische, soziale und wirtschaftliche Situation sowie die Einstellung der einzelnen Mitgliedstaaten zur Migrationsproblematik können die Gestaltung, Bewertung und Überarbeitung der Migrationspolitik in diesen Ländern beeinflussen und unterstützen.

    2.2

    Exakte statistische Daten sind für die Beschreibung der Migrantenpopulationen in den Mitgliedstaaten (z.B. ihre Größe und andere demografische Merkmale) äußerst wichtig. Der EWSA fordert die Kommission nachdrücklich dazu auf, die Notwendigkeit präziser statistischer Daten auf diesem Gebiet zu unterstreichen, damit sich die Mitgliedstaaten der Bedeutung dieses Handlungsfeldes bewusst werden und dafür mehr Mittel vorsehen.

    3.   Migrationsdaten

    3.1

    Folgende Merkmale des Migrationsszenarios müssen bedacht werden: 1. Die Ströme der Migranten, die auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen sind, verlaufen vornehmlich von Osten nach Westen. 2. Immer mehr Drittstaatsangehörige wandern in die neuen Mitgliedstaaten ein, da sie sich offenkundig von den potenziellen Vorteilen, die sich aus der EU-Mitgliedschaft dieser Länder ergeben, angezogen fühlen und sie diese Länder außerdem als Sprungbrett nutzen können, um in den Westen zu gelangen. Statistische Informationen über Migrationsmuster sind für die Mitgliedstaaten erforderlich, um frühere und aktuelle Migrationsströme zu untersuchen und künftige Trends vorherzusagen, aber auch um die demografischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen und Chancen, die ihrerseits für die einschlägigen Maßnahmen von Bedeutung sind, zu analysieren.

    4.   Vorteile statistischer Daten

    4.1

    Die meisten Mitgliedstaaten besitzen bereits umfangreiche Statistiken über die Herkunftsländer von Asylsuchenden. Dennoch besteht ein großer Bedarf an noch eingehenderen Statistiken, die auf zwischen den Mitgliedstaaten übereinstimmenden und damit länderübergreifende Vergleiche erlaubenden Kriterien basieren.

    4.2

    Die vorgeschlagene Verordnung für einen gemeinsamen Rahmen für die Sammlung und Erstellung von Statistiken erweist sich in den Ländern als besonders dringlich, in denen die migrations- und asylspezifischen Informationen nicht in einer zentralen Datenbank, sondern in den Datenbänken verschiedener Behörden gespeichert werden.

    4.3

    Statistiken sind u.a. deshalb von entscheidender Bedeutung, weil sie auf die Politikgestaltung und -reformierung einwirken. Beispielsweise haben die Statistiken, denen zufolge unter den illegalen Einwanderern auch Kinder, unbegleitete Minderjährige, Schwangere und Behinderte sind, zur Entwicklung nationaler Maßnahmen für (aus der Haft zu entlassende) „schutzbedürftige Personen“ und „unbegleitete Minderjährige“ geführt. Demzufolge wirkt sich eine größere Tiefengliederung von Statistiken — bei der es nicht nur um die zahlenmäßige Erfassung der Zuwanderer, sondern auch um die Sammlung umfangreicherer demografischer und sozioökonomischer Informationen (z.B. zu den Sprachkenntnissen) geht — auf die Politikgestaltung aus. Sie kann sich auch auf die Eingliederung von Migranten in den Arbeitsmarkt auswirken.

    4.4

    Präzisere und umfassendere Datenbestände ermöglichen zuverlässigere Projektionen und bieten somit eine Grundlage für Finanzplanungen usw. Statistiken sind zudem zuverlässige Instrumente zur Begründung für den Einsatz von Finanzmitteln. Zeigen beispielsweise die jährlichen Statistiken eine stetige Zunahme illegaler unbegleiteter Minderjähriger in einem Land auf, sollten die Mittel zur Bereitstellung von Sonderunterkünften und Betreuungsangeboten für diese Personen eingeplant bzw. aufgestockt werden.

    4.5

    Zuverlässige Statistiken tragen dazu bei, dass die bereitgestellten Leistungen den Bedürfnissen der Leistungsempfänger entsprechen und die Ressourcenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten gerecht und verhältnismäßig erfolgt.

    4.6

    Durch eine vergleichende Studie über sämtliche Einwanderungsgesetze in der EU-25 könnte die Europäische Kommission die Migrationspolitik auf Gemeinschaftsebene zweifellos besser koordinieren. Auch wenn Migration in die Säule „Justiz und Inneres“ fällt, wächst die Forderung der europäischen Bürger, Einwanderungsfragen auf EU-Ebene anzugehen, vor allem in den Ländern, die mit diesem humanitären Problem konfrontiert sind, unaufhörlich. Ziel einer entsprechenden Studie wäre es, den Weg für eine statistische Harmonisierung zu bereiten und damit die EU-Maßnahmen im Bereich der Migration kohärenter zu gestalten.

    4.7

    Zuverlässige statistische Informationen und Umfragen zu den Merkmalen illegaler Einwanderer würden den EU-Mitgliedstaaten helfen, die eigentlichen Ursachen der illegalen Einwanderung zu analysieren. Solche Daten könnten sich auf den sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund der Einwanderer, ihre Qualifikationen, ihre Erwartungen und ihre Gründe für die Auswanderung beziehen. Die Umfragen könnten ihrerseits zu einem besseren Bestand an Informationen über Einwanderer und zur Zuweisung von Mitteln für Bildungs- und Ausbildungsprogramme für diese Personen führen. Die Erhebung von Statistiken — z.B. zu folgenden Fragen: Wie viele Einwanderer sind über die Beantragung internationalen Schutzes informiert? Wie viele entsprechende Anträge werden gestellt? Welcher Status wird wie oft gewährt/verweigert? (Artikel 4) — ist ebenfalls entscheidend für die Gestaltung der Politik zum Schutz von Einwanderern. Die Erfassung und Verarbeitung dieser Daten muss unter Kontrolle der Behörden der Mitgliedstaaten erfolgen. Diese würden mit neuen Ressourcen in Bezug auf Personal, Qualifikationen und Instrumente ausgestattet und wären gehalten, die Vertraulichkeit der angeforderten personenbezogenen Daten zu gewährleisten und Jahresberichte für ihr jeweiliges Parlament zu erstellen. Ein Vergleich solcher Informationen und statistischen Daten setzt gemeinsame Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Einstellung von Berufsdolmetschern voraus, die in der Lage sind, mit den Einwanderern zu kommunizieren und alle für eine erfolgreiche Umfrage notwendigen Daten zu ermitteln. Diese Datenerhebung würde den Mitgliedstaaten helfen, angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Die vorgenannten Programme tragen zur Integration von Einwanderern in die Gesellschaft der Mitgliedstaaten bei. Zur Sammlung von Daten (z.B. über den sozialen Hintergrund von Migranten) stehen bestimmte Fonds zur Verfügung. Derartige statistische Instrumente würden darüber hinaus Einrichtungen wie der Europäischen Beobachtungsstelle ihre Arbeit im Bereich Schutz der Menschenrechte erleichtern.

    4.8

    Es werden auch Statistiken über geschlossene und offene Zentren zur Aufnahme illegaler Einwanderer benötigt, damit die Europäische Kommission zu dieser Frage eine gemeinsame Politik vorschlagen kann.

    4.9

    Die Mitgliedstaaten sollten ferner bei der Zusammenstellung von Daten zu (legaler und illegaler) Arbeit von Einwanderern und ihrer Unterbringung zusammenarbeiten. Auf der Grundlage dieser Daten könnten die Mitgliedstaaten der EU-25 Tendenzen ermitteln und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Arbeitsmigranten einleiten. Demnach sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Vertraulichkeit der gesammelten persönlichen Daten in der Praxis sichergestellt ist; die zuständigen Dienststellen sollten zur Erstellung von Jahresberichten für ihr jeweiliges Parlament verpflichtet sein.

    4.10

    Statistiken könnten auch bei Sensibilisierungs- und Integrationskampagnen verwandt werden. Datenmaterial, das sich insbesondere auf den sozialen Hintergrund und den Bildungsstand von Einwanderern bezieht, könnte es den Unionsbürgern erleichtern, diese Personen zu integrieren. Deshalb fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, die Bedeutung der Erhebung von Daten zu sozialen und Bildungsaspekten herauszustellen.

    4.11

    Von größter Bedeutung sind auch Statistiken zu den Ausgaben für die Kontrolle, Inhaftierung, Rückführung und Eingliederung von Einwanderern, da sie der EU-25 die Entwicklung eines auf Solidarität beruhenden gemeinsamen Migrationsfonds bzw. einer gemeinsamen Migrationspolitik erleichtern würden. Statistiken ermöglichen auch eine bessere Einschätzung des Finanzierungsbedarfs.

    4.12

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission dazu auf, neue Kriterien für den Begriff „Neuankömmlinge“ einzuführen und darunter Personen zu fassen, die über den Land-, Luft- oder Seeweg einwandern, um umfassendere Statistiken über die Verhinderung der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts (Artikel 5) und eine Verbesserung der Datenquellen und Qualitätsstandards (Artikel 9) zu ermöglichen.

    5.   Notwendigkeit des internationalen Schutzes von Einwanderern

    5.1

    In den letzten Jahren hat der Zustrom illegaler Einwanderer aus Ländern südlich der Sahara und anderen afrikanischen Staaten zugenommen. Bei illegalen Einwanderern und Asylsuchenden handelt es sich vielfach um Personen, die aus ihren Heimatländern u.a. vor religiös, ethnisch oder politisch begründeter Verfolgung, Bürgerkrieg, Hungersnot, Armut und Naturkatastrophen sowie aus wirtschaftlichen Gründen geflohen sind. Sie mussten vielfach mit ansehen, wie ihre Familienmitglieder getötet, gefoltert oder gequält wurden, und/oder sie wurden von ihren Verwandten getrennt. Sie sind durch ihre Erfahrungen auf den Migrationswegen traumatisiert, verletzlich geworden und damit schutzbedürftig. Durch zuverlässige statistische Informationen über die Gründe für die Auswanderung können gleichzeitig die Gründe für die Einwanderung aufgedeckt sowie die Weiterentwicklung und Bewertung der Maßnahmen in den Bereichen Asyl und Bekämpfung von Menschenhandel unterstützt werden.

    5.2

    Die Entscheidungsträger in den Aufnahmeländern illegaler Einwanderer bzw. die für illegale Einwanderer zuständigen Personen sollten die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen sowie die nationalen Einwanderungs- und Flüchtlingsvorschriften einhalten, um einen entsprechenden Schutz gewähren zu können. Die Sicherheitskräfte der Aufnahmeländer (Armee und Polizei) sind zunächst dazu verpflichtet, Hilfs- und Lebensrettungsmaßnahmen durchzuführen und EU-Mindestnormen bei der Aufnahme zu gewährleisten. Letzteres umfasst häufig die medizinische Versorgung des betreffenden illegalen Einwanderers sowie — sofern irgend möglich — die Ermittlung seines Herkunftslandes und anderer demografischer Daten. Einwanderer haben auch ein Grundrecht auf Informationen über die Beantragung von Asyl. Die Erhebung von Statistiken — z.B. zu folgenden Fragen: Wie viele Einwanderer sind über die Beantragung internationalen Schutzes informiert? Wie viele entsprechende Anträge werden gestellt? Welcher Status wird wie oft gewährt/verweigert? (Artikel 4) — ist ebenfalls entscheidend für die Gestaltung der Politik zum Schutz von Einwanderern.

    5.3

    Aufnahmeländer müssen den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen, die sie durch die Unterzeichnung internationaler oder regionaler Übereinkommen, Erklärungen oder Verträge eingegangen sind, nachkommen. Die Europäische Union setzt als Kernbestandteil des Acquis communautaire voraus, dass die Mitgliedstaaten die Flüchtlingskonvention von 1951 und die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1967 einhalten. Das grundlegende Dokument für diese Konventionen ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die das Recht auf Beantragung von Asyl einschließt. Die Flüchtlingskonvention ist ein zentraler Bestandteil des Rahmens der internationalen Menschenrechte. Inzwischen gibt es weitere Konventionen, z.B. gegen Folter (1984) oder für den Schutz von Kindern (7). Die Mitgliedstaaten müssen ferner die einschlägigen EU-Richtlinien befolgen, insbesondere 2003/9/EG über Mindestnormen für die Aufnahme (8), 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status (9) und 2005/85/EG über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (10).

    5.4

    Es ist also von wesentlicher Bedeutung, dass die Aufnahmeländer diese Übereinkommen einhalten, um zunächst zu gewährleisten, dass Asylsuchende einen grundlegenden Schutz erhalten und nicht abgeschoben werden, bevor ihr Asylantrag geprüft und ihr humanitärer Status (Flüchtlingsstatus usw.) festgestellt worden ist.

    5.5

    Vergleichende Untersuchungen zur Frage, wie die Mitgliedstaaten die in Artikel 2 festgelegten Definitionen im Bereich der Migration sowie die Bestimmungen in Artikel 4 (siehe Kommissionsmitteilung KOM(2005) 375 endg.) anwenden, tragen erheblich dazu bei, den internationalen Schutz von Einwanderern sicherzustellen.

    Brüssel, den 20. April 2006

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  Artikel 1-B.

    (2)  Stellungnahme des EWSA vom 19.1.2006 zum Thema „Grundrechte und Justiz“, Berichterstatterin: Frau KING (ABl. C 69 vom 21.3.2006);

    Stellungnahme des EWSA vom 14.2.2006 zum Thema „Steuerung der Migrationsströme“, Berichterstatterin: Frau LE NOUAIL-MARLIÈRE (ABl. C 88 vom 11.4.2006);

    Stellungnahme des EWSA vom 14.12.2005 zum Thema „Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte“, Berichterstatter: Herr CABRA DE LUNA (ABl. C 65 vom 17.3.2006).

    (3)  Punkt 30 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes.

    (4)  Artikel III-267-5.

    (5)  Stellungnahme des EWSA vom 9.6.2005 zu dem „Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“ Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS (ABl. C 286 vom 17.11.2005).

    (6)  Ebenda, Ziffer 1.5.

    (7)  Mackey, Allan (einer der für Einwanderungsrecht zuständigen Obersten Richter in Großbritannien) - „Policies serving migratory purposes and the need to assure protection to asylum seekers and refugees“ („Maßnahmen für Migrationszwecke und die Notwendigkeit, Asylsuchenden und Flüchtlingen Schutz zu gewähren“); Titel des Referats auf dem TAIEX-Seminar am 15./16. Dezember 2005 in Malta.

    (8)  Stellungnahme des EWSA vom 7.11.2001 zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten“ Berichterstatter: Herr MENGOZZI und Herr PARIZA (ABl. C 48 vom 21.2.2002).

    (9)  Stellungnahme des EWSA vom 13.5.2002 zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen“ Berichterstatterin: Frau LE NOUAIL MARLIÈRE (ABl. C 221 vom 17.9.2002).

    (10)  Stellungnahme des EWSA vom 6.4.2001 zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft“ Berichterstatter: Herr MELÍCIAS (ABl. C 193 vom 10.7.2001).


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