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Document 52005AE1260

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 77/388/EWG an nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (KOM(2004) 728 endg. — 2005/0807 (CNS))

    ABl. C 28 vom 3.2.2006, p. 86–87 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    3.2.2006   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 28/86


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 77/388/EWG an nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige“

    (KOM(2004) 728 endg. — 2005/0807 (CNS))

    (2006/C 28/18)

    Der Rat der Europäischen Union beschloss am 20. Juli 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 93 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

    Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Ausschuss auf seiner 421. Plenartagung am 26./27. Oktober 2005 (Sitzung vom 26. Oktober) Herrn BURANI zum Hauptberichterstatter zu bestellen, und verabschiedete mit 79 Ja-Stimmen ohne Gegenstimme bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

    1.   Einleitung: Das Kommissionsdokument

    1.1

    Im Oktober 2003 legte die Kommission ein Dokument (1) vor, dass die bereits im Juni 2000 umrissene Mehrwertsteuer-Strategie wieder aufnahm. Ein Ziel war dabei die Vereinfachung der Verfahren. In diesem Zusammenhang wurden in einem weiteren Dokument der Kommission im Oktober 2004 (2) drei konkrete Initiativen vorgeschlagen. Zwei davon (3) hat der EWSA bereits in einer Stellungnahme (4) behandelt, die dritte ist Gegenstand des vorliegenden Dokuments.

    1.2

    Zweck des Kommissionsvorschlags ist die Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren, durch die einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen die Mehrwertsteuer erstattet wird, die ihm für Lieferungen von Waren oder Dienstleistungen von anderen Steuerpflichtigen im Inland oder für die Einfuhr von Waren ins Inland in Rechnung gestellt wurde.

    1.3

    Im Wesentlichen bleiben die allgemeinen Regelungen unverändert. Der eigentliche Fortschritt liegt in dem Vorschlag, die Verwaltungspflichten, die den Erstattungsberechtigten auferlegt werden, grundlegend zu vereinfachen und gleichzeitig ein Recht auf Entschädigung zu begründen für den Fall, dass sich die Zahlung durch die zuständige Steuerbehörde über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus verzögert.

    1.4

    In Artikel 5 des Richtlinienvorschlags ist die Vereinfachung der Verwaltungspflichten geregelt. Er sieht vor, dass die betroffenen Steuerpflichtigen anstelle eines Antrags auf einem Standardformular unter Beifügung der Originalrechnungen und der Zollpapiere lediglich einen Antrag auf elektronischem Wege stellen müssen. Natürlich muss der Antrag eine Reihe von Angaben enthalten, die in Artikel 5 näher beschrieben werden, und die es der Steuerbehörde ermöglichen, die Anspruchsberechtigung zu prüfen.

    1.5

    Grundsätzlich kann der Antrag für Erwerbe von Waren oder Dienstleistungen gegen Rechnung oder für Einfuhren gestellt werden, die während eines Zeitraums von mindestens drei Monaten und höchstens einem Kalenderjahr getätigt wurden, und ist innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Steueranspruch entstanden ist. Es ist allerdings möglich, unter bestimmten Umständen sowohl den Bezugszeitraum als auch die Frist für die Antragstellung zu ändern.

    1.6

    Die Steuerbehörde des Mitgliedstaates, in dem die Mehrwertsteuer gezahlt wird, muss innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Erstattungsantrags den Antragsteller über ihre Entscheidung unterrichten und den fälligen Betrag erstatten. Ablehnende Bescheide sind zu begründen. Einspruch ist zulässig und unterliegt denselben Fristen und Bedingungen, die auch für im betreffenden Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige gelten. Die Behörden können eventuelle Zusatzinformationen anfordern, jedoch nur innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung. In diesem Fall wird die Frist für die Zahlung jedoch ab dem Zeitpunkt der Anforderung der erwähnten Informationen gerechnet. Anträge gelten als bewilligt, sofern sie nicht innerhalb der festgelegten Frist ausdrücklich abgelehnt werden.

    1.7

    Wie in Ziffer 1.6 erwähnt, muss die Zahlung des zu erstattenden Betrags innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung erfolgen; bei Verzögerungen jedweder Art ist der Mitgliedstaat verpflichtet, dem Antragsteller 1 % Zinsen je Monat auf den zu erstattenden Betrag zu zahlen.

    2.   Bemerkungen des EWSA

    2.1

    Vorschläge, die darauf abzielen, die Verwaltungspflichten für die Betroffenen zu vereinfachen, können sich der Zustimmung des EWSA sicher sein, insbesondere wenn die Vereinfachung sich, wie im vorliegenden Fall, gleichzeitig in einer Straffung der staatlichen Verwaltungspraxis und in einem Anreiz für eine bessere Arbeitsorganisation ausdrückt. Im Fall des vorliegenden Vorschlags entspricht die Vereinfachung nicht nur einem bloßen Wunsch, die Verfahrensweise zu straffen, sondern einer wirklichen Notwendigkeit. Es sei daran erinnert, dass die Kommission, wie bereits vom EWSA hervorgehoben (5), in der einleitenden Begründung zu den drei Vorschlägen selbst feststellt, dass „… das derzeitige Erstattungsverfahren … offenbar so aufwendig [ist], dass mehr als die Hälfte (53,5 %) der Unternehmen angaben, wegen dieser Probleme schon einmal darauf verzichtet zu haben, ihnen eigentlich zustehende Erstattungen zu beantragen“ (6).

    2.2

    Wie ihr Titel bereits sagt, ist die Richtlinie anwendbar auf „nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige“ gemäß den Durchführungsbestimmungen und für die Transaktionen, die in den derzeit gültigen Bestimmungen vorgesehen sind.

    2.3

    Wirklich wichtig ist die Neuerung in Artikel 5 des Richtlinienvorschlags. Dieser legt fest, dass künftig anstelle des Erstattungsantrags in Papierform mit beigefügten Rechnungen, Original-Zollpapieren und anderen Nachweisen ein elektronisch weitergeleiteter Antrag mit allen notwendigen Verweisen auf die benötigten Dokumente, die sich bereits im Besitz der Behörden befinden, ausreicht. Der EWSA ist selbstverständlich mit dem Vorschlag einverstanden, kann jedoch nur anmerken, dass eine solche Vorgehensweise auch ohne elektronische Mittel bereits heute möglich wäre, wenn die Behörden nur besser und effizienter organisiert wären.

    2.4

    Diese letzte Bemerkung ist weniger banal, als es vielleicht anmutet, und enthält eine konkrete Botschaft: Sollte die Umsetzung der Richtlinie zu lange dauern, so wäre es wünschenswert, wenn die Steuer- und Zollbehörden in der Zwischenzeit hinsichtlich einer Rationalisierung ihrer Arbeitsweise aktiv würden und es den Steuerpflichtigen so ermöglichten, einen vereinfachten Antrag einzureichen, gleich, ob in Papier- oder in elektronischer Form.

    2.5

    Der EWSA ist vollständig mit dem Inhalt von Artikel 6 des Vorschlags (7) einverstanden. Er nimmt mit Genugtuung die Bemühungen der Kommission zur Kenntnis, den Mitgliedstaaten eine Regelung aufzuerlegen, die grundsätzlich die Grundlage ihrer Beziehungen zu den Bürgern bilden sollte, egal, ob es sich dabei um Akteure aus der Wirtschaft handelt oder nicht: Die öffentliche Verwaltung hat die Pflicht, eingehende Anträge stets umgehend zu bearbeiten. Die festgesetzten Bearbeitungsfristen — insbesondere die Dreimonatsfrist für die öffentliche Verwaltung, innerhalb derer eine Erstattung erfolgen oder ein Ablehnungsbescheid ergehen muss — erscheinen angemessen und sinnvoll. Ob sie auch für alle fünfundzwanzig EU-Staaten realistisch sind, ist hingegen eine andere Frage. In einigen Staaten dauert eine Erstattung so lange, dass von einer grundsätzlichen Ineffizienz auszugehen ist, die nicht ohne Weiteres kurzfristig behoben werden kann.

    2.6

    Artikel 8 gründet seinerseits auf einem Gleichheitsgrundsatz, der für sämtliche Beziehungen zwischen Behörden und Steuerzahlern gelten sollte. Nach diesem Prinzip schuldet die öffentliche Verwaltung dem Antragsteller Verzugszinsen in Höhe von 1 % je Monat, falls die Erstattung nicht innerhalb von drei Monaten ab Antragstellung bzw. ab Übermittlung der geforderten Klarstellungen erfolgt. Der EWSA ist grundsätzlich einverstanden, vertritt jedoch die Auffassung, dass der festgelegte Zinssatz nicht leicht anzuwenden sein wird. Es sei daran erinnert, dass ein Zinssatz von 1 % je Monat einem Jahreszins von 12,68 % inklusive Zinseszins entspricht. Nun legen in einigen Ländern die Verbraucherschutzgesetze Grenzen fest, über denen ein bestimmter Zinssatz als Wucher gilt; wenn die nationale Obergrenze in einem Land unter 12,68 % liegt, würde somit der von der öffentlichen Verwaltung zu zahlende Zinssatz durch eine Vorschrift auf eine Höhe festgesetzt, die aufgrund einer anderen Vorschrift nicht zulässig ist. Der EWSA schlägt daher vor, Artikel 8 dahingehend zu ändern, dass die Verzugszinsen in jedem Land auf der Grundlage der Regelungen, die die einzelstaatlichen Gesetze für säumige Steuerzahler vorsehen, zu berechnen sind.

    2.7

    Alles in allem ist der EWSA einverstanden mit den durch den Richtlinienvorschlag eingeführten Grundsätzen, und insbesondere mit denjenigen betreffend die Rechte der Antragsteller und den — indirekten, aber wirksamen — Anreiz zur Verbesserung der Arbeitsweise der öffentlichen Verwaltung. Er empfiehlt lediglich, bei der Verfassung der Vorschriften mehr Realismus walten zu lassen und sich dabei bewusst zu machen, dass in den fünfundzwanzig Mitgliedstaaten noch sehr unterschiedliche Niveaus in Sachen Verbraucherschutz, Effizienz und technische Ressourcen bestehen.

    Brüssel, den 26. Oktober 2005

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  KOM(2003) 614 endg.

    (2)  KOM(2004) 728 endg.

    (3)  „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich der Vereinfachung der mehrwertsteuerlichen Pflichten“ und „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 hinsichtlich der Einführung von Verwaltungsvereinbarungen im Zusammenhang mit der Regelung der einzigen Anlaufstelle und dem Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer“.

    (4)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich der Vereinfachung der mehrwertsteuerlichen Pflichten“ und dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 hinsichtlich der Einführung von Verwaltungsvereinbarungen im Zusammenhang mit der Regelung der einzigen Anlaufstelle und dem Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer“ KOM(2004) 728 endg. – 2004/0261 (CNS) – 2004/0262 (CNS).

    (5)  ABl. C 267 vom 27.10.2005.

    (6)  KOM(2004) 728 vom 29.10.2004, Ziffer 1, Absatz 7.

    (7)  Siehe Ziffern 1.6 und 1.7 der vorliegenden Stellungnahme.


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