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Document 52005AE1251(01)
Opinion of the European Economic and Social Committee on the Proposal for a Council Regulation on the common organisation of the markets in the sugar sector (COM(2005) 263 final — 2005/0118 CNS)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (KOM(2005) 263 endg. — 2005/0118 (CNS))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (KOM(2005) 263 endg. — 2005/0118 (CNS))
ABl. C 28 vom 3.2.2006, p. 52–56
(ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
3.2.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 28/52 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu
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dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker“, |
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dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe“ und |
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dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik“ |
(KOM(2005) 263 endg. — 2005/0118-0119-0120 (CNS))
(2006/C 28/10)
Der Rat beschloss am 25. Juli 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 36 und Artikel 37 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnten Vorlagen zu ersuchen.
Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 7. Oktober 2005 an. Berichterstatter war Herr BASTIAN.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 421. Plenartagung am 26./27. Oktober 2005 (Sitzung vom 26. Oktober 2005 ) mit 103 gegen 22 Stimmen bei 18 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Einleitung
1.1 |
21 Staaten der Europäischen Union produzieren Rübenzucker. In den französischen überseeischen Departements und in geringerem Maße auch in Spanien wird Rohrzucker (280 000 Tonnen) erzeugt. Insgesamt schwankt die europäische Zuckerproduktion je nach Jahr zwischen 17 und 20 Mio. Tonnen bei einem auf 16 Mio. Tonnen geschätzten Zuckerverbrauch der EU. |
1.2 |
Die zur Fruchtfolge gehörenden Zuckerrüben werden von 320 000 Landwirten auf 2,2 Mio. Hektar (im Durchschnitt etwas weniger als 7 Hektar Zuckerrüben pro Zuckerrübenanbauer) angebaut. Die Zuckerrüben werden in 236 Zuckerfabriken, die direkt nahezu 75 000 Arbeitnehmer — regulär und saisonal angestellte — beschäftigen, verarbeitet. Der europäische Zucker-/Zuckerrübensektor stellt insgesamt 500 000 direkte oder indirekte Arbeitsplätze. |
1.3 |
Außerdem stellt die Europäische Union 500 000 Tonnen Isoglukose und 250 000 Tonnen Inulinsirup her und raffiniert Rohrohrzucker (der zum Großteil — 1,6 Mio. Tonnen — aus AKP-Staaten importiert wird (1)). |
1.4 |
Die Quotenregelung für den Sektor Zucker, Isoglukose und Inulinsirup wurde zuletzt im Jahr 2001 verlängert. |
1.5 |
Am 14. Juli 2004 legte die Kommission eine Mitteilung über die Reform des Zuckersektors vor (2), zu der der EWSA am 15.12. 2004 eine Stellungnahme verabschiedet hat (3). |
1.6 |
Die Kommission legte am 22. Juni 2005 drei Rechtsetzungsvorschläge vor (4), die Gegenstand der vorliegenden Stellungnahme sind. Parallel dazu legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung von Begleitmaßnahmen für Vertragsstaaten des AKP-Zuckerprotokolls vor, die von der Reform der EU-Zuckermarktordnung betroffen sind (5). |
1.7 |
Der Rechtsetzungsvorschlag der Kommission unterscheidet sich durch folgende Merkmale von der Mitteilung vom 14. Juli 2004:
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2. Allgemeine Bemerkungen
2.1 |
Der EWSA sieht eine Reform der Gemeinsamen Marktordnung für Zucker als notwendig an. Er weist diesbezüglich auf seine Stellungnahme vom 15.12.2004 (6), insbesondere auf die Ziffern 2.1, 2.4, 2.6, 2.7, 2.8, 2.9, 2.10 hin. |
2.2 |
Der EWSA stellt jedoch fest, dass der Reformvorschlag viel weiter geht als in der Mitteilung vom 14. Juli 2004 angekündigt. Die Preissenkungen und die Verringerung der Produktion fallen weitaus stärker aus und die Ausfuhren werden rasch eingestellt. Der Vorschlag ist somit ein falsches Signal an unsere Mitstreiter bei den WTO-Verhandlungen. Zudem verträgt er sich nicht mit dem Ziel einer europäischen Zuckerproduktion, die die Versorgung des Marktes, insbesondere in Regionen, in denen die Umstellung schwierig ist, zu garantieren vermag. |
2.3 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss zeigt sich besorgt über die Auswirkungen der vorgeschlagenen Preissenkungen und Verringerung der Produktion auf die Einkommen in der Landwirtschaft sowie auf die Beschäftigung. Er hebt diesbezüglich die bedeutende Rolle des Zuckersektors in der Wirtschaft zahlreicher Regionen hervor. Der EWSA ist der Auffassung, dass der Vorschlag dem europäischen Agrarmodell, dem vielfach geäußerten Bestreben des Rates, die traditionelle landwirtschaftliche Produktion auch in den benachteiligten Regionen oder Mitgliedstaaten zu unterstützen, der Multifunktionalität, der Nachhaltigkeit und der Lissabon-Strategie nicht gerecht wird. Die Reformvorschläge laufen nämlich darauf hinaus, dass 150 000 direkte oder indirekte Arbeitsplätze verloren gehen. |
2.4 |
Der Ausschuss glaubt nicht, dass die von der Kommission gewählte Reformoption, nämlich durch die Senkung der Preise das Marktgleichgewicht wiederherzustellen, ihr Ziel erreichen kann, die langfristige Erhaltung eines soliden europäischen Zuckerrübenanbaus und einer soliden europäischen Zuckerindustrie zu gewährleisten im Stande ist und den Entwicklungsländern, die Lieferanten von Präferenzzucker sind, gerecht zu werden vermag. Der EWSA ist der Auffassung, dass alles getan werden müsse, um zu vermeiden, dass sich durch den Dreieckshandel mit Zucker, der für die Entwicklung der am wenigsten entwickelten Länder keinerlei Nutzen bringt, insbesondere für Brasilien neue Teile des Weltmarktes öffnen. In diesem Zusammenhang unterstreicht der Ausschuss, dass die weitgehend von der Politik zur Förderung von Bioethanol und der Geldpolitik gestützte Zuckerherstellung in Brasilien unter inakzeptablen sozialen, ökologischen und bodenrechtlichen Bedingungen vollzogen wird, die allerdings die äußerst niedrigen Produktionskosten, den Anstieg der Weltmarktvorräte infolge der Produktionserhöhung in den letzten Jahren und damit die niedrigen Preise auf diesem Markt erklären. Nach Ansicht des Ausschusses sollte der Zugang zum Gemeinschaftsmarkt an die Einhaltung bestimmter sozialer und ökologischer Normen gebunden sein, wie sie in der Erklärung der Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation von 1998 enthalten sind. |
2.5 |
Nach Auffassung des Ausschusses (7) sind die vorgeschlagenen Preissenkungen ein wichtiger Schritt in Richtung einer vollständigen Zuckermarktliberalisierung. Damit kann weder den Zuckerrübenerzeugern noch den Beschäftigten des Zuckersektors und den Verbrauchern in Europa eine langfristige Perspektive geboten werden. |
2.6 |
Der Ausschuss (8) kann nicht nachvollziehen, warum die Kommission den Gedanken verworfen hat, mit den am wenigsten entwickelten Ländern Quoten für die präferenzielle Einfuhr auszuhandeln — wie diese es im Übrigen gefordert hatten. Dies würde es ermöglichen, den Interessen der ärmsten Entwicklungsländer zielgerichteter zu entsprechen und eine ausgewogenere Marktversorgung sowie ein vertretbares Preisniveau in Europa zu erreichen. Der Ausschuss macht auf den grundlegenden Widerspruch aufmerksam, dass die Kommission einerseits die radikale Reform der GMO für Zucker mit der Initiative „Alles außer Waffen“ rechtfertigt, sich andererseits jedoch weigert, dem von den am wenigsten entwickelten Ländern ausdrücklich geäußerten Wunsch nach einem Präferenzsystem mit Quoten Folge zu leisten. |
2.7 |
Der Ausschuss (9) ist nicht der Ansicht, dass die deutliche Verringerung der Zuckerpreise den Verbrauchern zugute kommen wird. 70 % des Zuckers werden für Verarbeitungserzeugnisse verwendet, bei denen Preissenkungen nur schwerlich bei den Verbrauchern ankommen. Zudem sind die Verbraucherpreise in den Ländern, in denen der Zuckermarkt liberalisiert wurde, in keiner Weise gesunken. |
2.8 |
Für den Ausschuss ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Kommission vorschlägt, rasch auf die Ausfuhr von Zucker in unverändertem Zustand zu verzichten. Die Europäische Union hat, auch wenn sie vor dem WTO-Schiedsgericht eine Niederlage hinnehmen musste, noch immer das Recht, 1,273 Mio. Tonnen subventionierten Zucker in unverändertem Zustand — Quotenzucker mit Ausfuhrerstattung oder Nicht-Quotenzucker ohne Ausfuhrerstattung — auszuführen. Der Anbau von Zuckerrüben weist überdies gewisse Schwankungen bei den Erträgen auf und der Markt wird Importschwankungen unterworfen sein. Es wäre deshalb erstrebenswert, mittels Ausfuhren über eine gewisse Flexibilität zu verfügen, um die Schwankungen bei der Verfügbarkeit von Quotenzucker und Nicht-Quotenzucker auszugleichen. Eine solche Flexibilität ist notwendig, um die Nachhaltigkeit der Erzeugung und einen rationellen Einsatz der Arbeitskräfte sowie der Betriebsanlagen zu gewährleisten. |
2.9 |
Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag der Kommission bezüglich des Plans einer freiwilligen Umstrukturierung, durch den die Umsetzungsbedingungen der Umstrukturierung deutlich verbessert werden. Er fordert jedoch, diesen Plan zu ergänzen, um den Interessen der Zuckerrübenerzeuger und der Beschäftigten in der Zuckerindustrie Rechnung zu tragen. |
2.10 |
Insgesamt ist der Ausschuss (10) der Auffassung, dass die Kommission die Auswirkungen ihres Vorschlags nicht angemessen abgeschätzt hat. Der Vorschlag führt dazu, dass Ressourcen des ländlichen Raums (Landwirtschaft und Erstverarbeitung) in Europa und in den Entwicklungsländern in großem Umfang auf große internationale Unternehmen der Lebensmittelbranche und des Vertriebs übergehen, und dass gleichzeitig ein beträchtlicher Teil der Zuckerindustrie in Europa und den AKP-Staaten abgebaut wird — und zwar nahezu ausschließlich zugunsten der brasilianischen Zuckererzeugung (11). |
3. Besondere Bemerkungen
3.1 |
Der EWSA begrüßt den Umstand, dass die Kommission, so wie vom Ausschuss gefordert, eine Regelung für den Zeitraum vom 1.7.2006 bis zum 30.9.2015 vorgeschlagen hat. |
3.2 |
Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Preissenkungen überzogen sind und überdies keinerlei Auswirkungen auf die Zuckereinfuhr im Rahmen des Dreieckshandels (Weltmarkt, am wenigsten entwickelte Länder, EU), dessen Umfang von den Schwankungen des Weltmarktpreises sowie den Wechselkursen abhängig ist, haben werden. Der Ausschuss fordert deshalb, insbesondere um den neuen Mitgliedstaaten die zur Anpassung benötigte Zeit zu gewähren, die Preissenkungen unter Berücksichtigung der WTO-Verhandlungen auf das Notwendige zu beschränken und sie, ebenso wie Senkung der Zölle, über einen längeren Zeitraum zu strecken. Der EWSA fordert überdies den Rat dazu auf, sich besonders mit den Problemen der Landwirte in schwierigen Regionen, bzw. Regionen, die wenige rentable Alternativen zum Zuckerrübenanbau bieten, auseinander zu setzen. |
3.3 |
Der Ausschuss zeigt sich erstaunt darüber, dass der Vorschlag eine Produktionsgebühr auf Kosten der Erzeuger und Hersteller vorsieht, während das Niveau der Quoten eindeutig unter dem des Verbrauchs liegen wird. Ebenso verwundert ihn die Logik der Kommission, die auf eine Logik des Wettbewerbs zwischen europäischem und importiertem Zucker hinausläuft. Die Gebühr diskriminiert in dieser Hinsicht die Zuckeranbauer und -hersteller der Gemeinschaft. Der Ausschuss fordert deshalb, diese abzuschaffen oder andernfalls auf alle Zuckerimporte auszudehnen. |
3.4 |
Der Ausschuss ist der Auffassung, dass eine effiziente Marktordnung für Zucker ohne die Möglichkeit, auf die eine oder andere Weise die Einfuhren zu kontrollieren, nicht möglich ist. Er empfiehlt daher Vorkehrungen, die den Dreieckshandel von Zucker mit den am wenigsten entwickelten Ländern verbieten sowie, für den Fall, dass die Kommission beschließt, eine gewisse Menge an Quotenzucker vom Markt zu nehmen (Rücknahmeverfahren) bzw. für den Fall, dass eine Unterstützungsmaßnahme für private Lagerhaltung (Marktpreis niedriger als Referenzpreis) angewandt wird, die automatische Anwendung einer quantitativen Schutzklausel im Hinblick auf die Einfuhren aus den am wenigsten entwickelten Ländern. |
3.5 |
Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass der Vorschlag für eine Verordnung die Ausfuhren in nicht nachvollziehbare Weise restriktiv behandelt. Er ist der Auffassung, dass alle von der WTO genehmigten Möglichkeiten der Ausfuhr durch die Verordnung zugelassen werden sollten, insbesondere die Ausfuhr einer zusätzlichen Menge von Nicht-Quotenzucker, wenn die von der WTO genehmigten quantitativen und finanziellen Höchstgrenzen für subventionierte Ausfuhren durch die Ausfuhr von Quotenzucker mit Ausfuhrerstattung noch nicht erreicht wurde. Zudem sollte die Verordnung die Ausfuhr von Quotenzucker ohne Ausfuhrerstattung liberalisieren. |
3.6 |
Der Ausschuss kritisiert die geringe Wirksamkeit der von der Kommission als Ersatz für die Intervention vorgeschlagenen Instrumente zur Marktverwaltung. Denn es ist abzusehen, dass angesichts der Unregelmäßigkeit und der Unvorhersehbarkeit der Einfuhren, durch die ständiger Druck auf den Markt ausgeübt wird, private Lagerhaltung und die obligatorische Rücknahme keine Entsprechung von Marktpreis und Referenzpreis gewährleisten können. Der Ausschuss fordert daher, die Interventionsregelung beizubehalten. |
3.7 |
Der Ausschuss nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, 60 % der sich aus der Senkung des Preises für Zuckerrüben ergebenden Einkommenseinbußen auszugleichen. Er vertritt die Auffassung, dass die Ausgleichszahlungen gerecht sein müssen und dass die Höhe des Prozentsatzes den Ausgleichszahlungen bei anderen Kulturpflanzen entsprechen muss. Er stellt fest, dass die tatsächliche Senkung des Preises für Zuckerrüben unter Berücksichtigung der Produktionsabgabe und des Risikos einer zusätzlichen Senkung um 10 %, bei bis zu 50 % liegen könnte. Unter diesen Umständen würden lediglich 51 % ausgeglichen. Der Ausschuss empfiehlt deshalb, unter Beachtung der vorgeschlagenen Mittelbegrenzungen, eine geringere Preissenkung und eine höhere Ausgleichsrate. Der Ausschuss betont nachdrücklich, dass die Gewährung von Ausgleichszahlungen für die Preissenkung nichts an dem langfristigen Bedarf an wirksamen Verwaltungsinstrumenten ändert, die den Einbruch des Marktes vermeiden und die Einkünfte der Landwirte sichern können. |
3.8 |
Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass in dem Vorschlag zur Kompensation entkoppelte Beihilfen pro Hektar für den Anbau von Zuckerrüben oder Zichorie vorgesehener Fläche, die Gegenstand eines Vertrags zur Erzeugung von A- und B-Zucker oder von Inulinsirup waren, vorgesehen sind. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass es den Mitgliedstaaten durch entsprechende Bestimmungen überlassen werden sollte, den Erzeugern von Zuckerrüben und Zichorien im Rahmen der in dem Vorschlag vorgesehenen nationalen Höchstbeträge die Unterstützung in voller Höhe zu gewähren. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, eine Untersuchung der langfristigen Konsequenzen der Entkoppelung vorzunehmen. |
3.9 |
Der Ausschuss sieht es als merkwürdig an, dass der Vorschlag eine abgabefreie Erhöhung der Isoglukose-Quoten um 300 000 Tonnen vorsieht, während zugleich ein kostspieliges Umstrukturierungsprogramm durchgeführt werden soll, dessen Ziel in der deutlichen Reduzierung der Zuckerquote besteht, dann aber für die zusätzlich zuteilbare Million Tonnen Zuckerquote Profit eine Abgabe erhoben wird. |
3.10 |
Der Ausschuss stellt fest, dass die Kommission seinen Vorschlag aufgegriffen hat, ein Programm zur freiwilligen Umstrukturierung mit anfänglichen Entschädigungszahlungen umzusetzen, das den Mechanismus der obligatorischen Quotenkürzung und der Übertragbarkeit von Quoten auf europäischer Ebene ersetzt. Der Ausschuss fordert nach einer gemeinsamen Entscheidung von Erzeugern und Herstellern bezüglich der Umstrukturierung hin, sowie der Gewährung einer angemessenen Umstrukturierungsentschädigung für die von der Umstrukturierung betroffenen Landwirte. Der Ausschuss stellt dazu fest, dass es sich bei der zusätzlichen Entschädigungszahlung von 4,68 EUR pro Tonne A- und B-Zuckerrüben, die 2006/2007 den von der Umstrukturierung betroffenen Landwirten gewährt wird, lediglich um die Vorwegnahme der Ausgleichszahlung für die ab 2007/2008 geltende Preissenkung an diese Landwirte handelt. Es geht folglich nicht um eine Umstrukturierungsentschädigung. |
3.11 |
Der Ausschuss ist der Auffassung, dass der Rat den Auswirkungen des Vorschlags der Kommission auf die Beschäftigung in den verschiedenen, von der Umstrukturierung im Zuckersektor betroffenen Regionen größte Bedeutung beimessen sollte. Er fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, den Zugang zu den europäischen Strukturfonds und zum europäischen Sozialfonds, insbesondere in den von der Umstrukturierung am stärksten betroffenen Regionen sowie in den neuen Mitgliedstaaten, zu erleichtern, um durch Sozialpläne, die deutlich über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinausgehen, die negativen Auswirkungen der Reform auf die Beschäftigung zu verringern und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Diversifizierung und die Umschulung zu fördern. |
3.12 |
Der Ausschuss hält es in dieser Hinsicht für notwendig, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten durch die entsprechenden rechtlichen und finanziellen Mittel eine zielgerichtete Politik der Verwendung von Biokraftstoffen fördern, in deren Rahmen der Zuckerrübe eine wichtige Rolle zukommen müsste. Für den Ausschuss ist es dringend erforderlich, die Verwertungsverfahren für Zucker, der oberhalb der Quote erzeugt wird, im Nichtnahrungsbereich weiterzuentwickeln. |
3.13 |
Der Ausschuss weist die Kommission und den Rat auf die stark destabilisierende Wirkung hin, die die Zuckereinfuhren aus den Balkanstaaten auf die Märkte der Nachbarländer haben. Er empfiehlt die Absteckung und Anwendung der notwendigen Schutzmaßnahmen (insbesondere die Einhaltung des Interventionspreises bzw. des Referenzpreises) und dringt zudem darauf, die Quote für Kroatien rasch festzulegen. |
4. Schlussfolgerungen
4.1 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss leugnet nicht die Notwendigkeit, die Gemeinsame Marktordnung für Zucker anzupassen, ist jedoch der Auffassung, dass die Reformvorschläge hinsichtlich der Verringerung der Produktion und Preissenkung viel zu weit gehen. Ihre Umsetzung hätte erhebliche Auswirkungen auf den europäischen Zuckersektor, insbesondere durch den Verlust von mindestens 150 000 Arbeitsplätzen in häufig ohnehin schon schwachen Regionen, die keine rentablen Alternativen haben. |
4.2 |
Der Ausschuss fordert den Rat auf, sich hinsichtlich der europäischen Zuckerrüben- und Zuckerproduktion stärker zu engagieren als die Kommission und sich für eine quantitative Einfuhrkontrolle und die Genehmigung zur Nutzung aller von der WTO erlaubten Ausfuhrmöglichkeiten auszusprechen. Ein Produktionsziel, das um 2 bis 3 Mio. Tonnen höher liegt als in dem Vorschlag der Kommission vorgesehen, ist nämlich, insbesondere durch Einfuhrkontrollen, möglich. Hierdurch könnten 50 000-75 000 Arbeitsplätze sowie etwa 50.000 Betriebe mit Zuckerrübenanbau in zahlreichen Regionen der Gemeinschaft gerettet werden. |
4.3 |
Der Ausschuss befürchtet, dass die Ziele der Initiative „Alles außer Waffen“ und der Reform der Zuckermarktordnung im Hinblick auf die Entwicklungspolitik nicht erreicht werden. Aus diesem Grunde unterstützt er die Forderung der am wenigsten entwickelten Länder, mit der EU-Einfuhrquoten für Zucker auszuhandeln. Auf jeden Fall sollten SWAP-Geschäfte verboten und automatische Schutzklauseln sowie ein Verhaltenskodex mit Kriterien für soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie der Ernährungssouveränität aufgestellt werden, von deren Erfüllung der Zugang zum Gemeinschaftsmarkt abhängig sein sollte. |
4.4 |
Der Ausschuss empfiehlt die Beibehaltung eines Ausfuhrstroms von Quotenzucker oder Nicht-Quotenzucker entsprechend den von der WTO genehmigten Mengen, um somit unsere traditionellen Kunden, die uns am nächsten sind, auch weiterhin bedienen zu können. |
4.5 |
Der Ausschuss fordert nachdrücklich, die Preissenkungen über einen längeren Zeitraum zu strecken und streng auf die internationalen Verpflichtungen zu beschränken sowie erforderlichenfalls Zucker im Rahmen der Doha-Entwicklungsagenda als sensibles Erzeugnis zu behandeln. |
4.6 |
Er empfiehlt, die Interventionsregelung beizubehalten und wirksame Instrumente zur Marktverwaltung dauerhaft anzuwenden. |
4.7 |
Der Ausschuss fordert, die Teilentschädigungen an Erzeuger für die Einkommenseinbußen infolge der Senkung des Zuckerrübenpreises möglichst zu erhöhen und in Gesamthöhe zu gewähren. Er unterstreicht das Erfordernis, die Nachhaltigkeit der Beihilfen sicherzustellen und die für den Zuckersektor vorgesehenen Haushaltsmittel beizubehalten. |
4.8 |
Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag der Kommission bezüglich des Umstrukturierungsprogramms, fordert aber ein Mitentscheidungsrecht für die Erzeuger sowie die Bewilligung einer Unterstützungsleistung für die von Betriebsschließungen betroffenen Erzeuger, damit diesen eine Umstrukturierung ihre Betriebe ermöglicht wird. |
4.9 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss fordert nachdrücklich dazu auf, Mittel aus dem Europäischen Strukturfonds und den Europäischen Sozialfonds bereitzustellen, um, über die nötigen Entschädigungszahlungen hinaus, den von der Umstrukturierung der europäischen Zuckerindustrie betroffenen Arbeitnehmern die besten Umschulungschancen zu bieten. |
4.10 |
Um einen Beitrag zum Ausgleich der negativen Folgen der Reform zu leisten, sieht es der Ausschuss als notwendig und dringend an, die Zuckerbranche in die Energie-Diskussion (Biokraftstoff-Politik) einzubeziehen. |
4.11 |
Der Ausschuss fordert, den destabilisierenden Folgen der Zuckereinfuhren aus den Balkanstaaten rasch abzuhelfen. |
4.12 |
Er fordert den Rat dazu auf, sich mit der Situation in schwierigen Regionen, bzw. Regionen, die wenige rentable landwirtschaftliche Alternativen bieten, auseinander zu setzen. |
Brüssel, den 26. Oktober 2005
Die Präsidentin
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Anne-Marie SIGMUND
(1) AKP: Entwicklungsländer in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean, die das Zuckerprotokoll des Abkommens von Cotonou unterzeichnet haben.
(2) KOM(2004) 499 endg.
(3) ABl. C 157, S. 102.
(4) KOM(2005) 263 endg.
(5) KOM(2005) 266 endg.
(6) Siehe Fußnote 3.
(10) ABl. C 157 vom 28.6.2005.
(11) Siehe auch ABl. C 157 vom 28.6.2005.