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Document 52005AE1248

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat über europäische Politiken im Jugendbereich — Die Anliegen Jugendlicher in Europa aufgreifen — Umsetzung des Europäischen Pakts für die Jugend und Förderung der aktiven Bürgerschaft (KOM(2005) 206 endg.)

ABl. C 28 vom 3.2.2006, p. 35–41 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

3.2.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 28/35


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat über europäische Politiken im Jugendbereich — Die Anliegen Jugendlicher in Europa aufgreifen — Umsetzung des Europäischen Pakts für die Jugend und Förderung der aktiven Bürgerschaft“

(KOM(2005) 206 endg.)

(2006/C 28/07)

Die Kommission beschloss am 30. Mai 2005 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Oktober 2005 an. Berichterstatterin war Frau VAN TURNHOUT.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 421. Plenartagung am 26./27. Oktober 2005 (Sitzung vom 26. Oktober) mit 126 Ja-Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss würdigt den Europäischen Pakt für die Jugend und seine Ausgestaltung im Rahmen der Kommissionsmitteilung über europäische Politiken im Jugendbereich. Diese Mitteilung bietet einen Rahmen, der als Grundlage für die weitere Politikgestaltung in Bereichen dienen kann, die für junge Menschen in der Europäischen Union relevant sind.

1.2

Wie sich die Zukunft Europas gestaltet, hängt zunehmend von der Fähigkeit ab, eine jugend- und kinderfreundliche Gesellschaft zu schaffen. Die Annahme des Europäischen Pakts für die Jugend auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rats als Teil der überarbeiteten Lissabon-Strategie mit dem Schwerpunkt auf Wachstum und Beschäftigung bedeutet die Anerkennung des Umstands, dass die Einbeziehung Jugendlicher in Gesellschaft und Erwerbsleben und eine sinnvollere Nutzung ihres Potenzials grundlegende Voraussetzungen dafür sind, die Rückkehr zu anhaltendem und nachhaltigem Wachstum in Europa sicherzustellen.

1.3

In dem Wissen um die vielfältigen Herausforderungen, die sich den jungen Menschen in der heutigen Gesellschaft stellen, leistet der EWSA seit über zehn Jahren einen regelmäßigen Beitrag zur Entwicklung der Jugendpolitik auf Gemeinschaftsebene (1). Er hat grundlegende Debatten über zentrale Themen wie Jugendarbeitslosigkeit, soziale Integration, Bildung, Mobilität, Mitsprache und die Rolle der NGO in Gang gesetzt. Gleichzeitig ist sich der EWSA auch bewusst, dass sich der Europäischen Union derzeit zahlreiche Herausforderungen stellen und dass sie sich Vertrauen zurückerobern muss.

1.4

Der EWSA empfiehlt, die jungen Menschen in den Mittelpunkt dieses Rahmens zu stellen und ihnen Raum und Antrieb für eine aktive Beteiligung an der Politikgestaltung zu geben. Am Wandel mitwirken zu können, ist ein wesentlicher Motivationsfaktor für junge Menschen, sich einzubringen. Die Mitgliedstaaten und die Institutionen müssen die nötigen Mittel und Verfahren sowie die erforderliche Unterstützung bereit stellen, um es Jugendlichen auf allen Ebenen zu erleichtern, an Entscheidungen und Maßnahmen mitzuwirken, die ihr Leben beeinflussen. Nur wirkliche Einflussnahme kann zur Übernahme echter Verantwortung führen.

1.5

Mehr als je zuvor braucht Europa das kontinuierliche Engagement Jugendlicher, mit dem sich ein integriertes, wettbewerbsfähiges, sicheres und integrationsfähiges Europa leichter aufbauen lässt. Wenn die Europäische Union für Jugendliche von Bedeutung sein soll, muss sie sich konkret auf ihr Leben auswirken, deutliches Interesse für ihre Anliegen zeigen und diese auf kreative und für die Öffentlichkeit wahrnehmbare Weise aufgreifen. Der Erfolg dieser Initiative hängt auch von der Mitwirkung aller Beteiligten ab, insbesondere der Jugendorganisationen sowie der Gebietskörperschaften und der Sozialpartner. Der EWSA macht sich den Gedanken zu eigen, der sich aus dem Bericht der Hochrangigen Gruppe über die Zukunft der Sozialpolitik in der erweiterten Europäischen Union ergibt, nämlich die 'Idee eines neuen Generationenvertrags'. Demnach soll von einem auf die älteren Bürger ausgerichteten und auf Ängsten beruhenden Generationenvertrag zu einem neuen Generationenvertrag übergegangen werden, der sich an den jungen Menschen orientiert und auf Vertrauen basiert, um 'all diese Ängste in einen Prozess, der vorteilhaft für alle beteiligten Gruppen ist, zu verwandeln, der von positiven Zukunftsvorstellungen und einer neuen Ausgewogenheit der Generationen ausgeht.'

1.6

Daher hofft der EWSA, dass durch die Kommissionsmitteilung sowohl auf einzelstaatlicher als auch auf europäischer Ebene die Grundlage für eine bessere Partnerschaft zwischen den Entscheidungsträgern und jungen Menschen gelegt wird. Eine echte und beständige Einbeziehung von Jugendlichen und Jugendorganisationen in die Politikgestaltung und -umsetzung wird gewährleisten, dass den wirklichen Bedürfnissen junger Menschen Rechnung getragen und ihnen das Gefühl vermittelt wird, an der Verwirklichung des Lissabon-Prozesses teilzuhaben.

2.   Hintergrund

2.1

Auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates am 22./23. März nahmen die Staats- und Regierungschefs der EU einen „Europäischen Pakt für die Jugend“ (2) an. Bei ihrem Vorschlag, einen solchen Pakt zu schließen, umrissen die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, Spaniens und Schwedens vier Hauptproblembereiche: die besondere Gefährdung Jugendlicher, die Notwendigkeit, in einer alternden Gesellschaft eine generationenübergreifende Solidarität zu entwickeln und jungen Menschen mit Hilfe der allgemeinen und beruflichen Bildung das nötige Rüstzeug für das Leben zu geben sowie die Notwendigkeit einer besseren Abstimmung zwischen allen jugendrelevanten Politikbereichen.

2.2

Die Mitteilung befasst sich mit einer Reihe von Fragen und Politikbereichen, die für die Jugendlichen in Europa von großer Bedeutung sind und in dem Weißbuch „Neuer Schwung für die Jugend Europas“ sowie anschließend in der Entschließung des Rates vom 27. Juni 2002 zur Festlegung des Rahmens für die Jugendpolitik in Europa aufgezeigt wurden.

2.3

Gemäß den Schlussfolgerungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates nahm die Europäische Kommission am 12. April 2005 integrierte Leitlinien an (3). Dieses Leitlinienpaket, das zum einen Empfehlungen für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik und zum anderen einen inzwischen bereits angenommenen Vorschlag für ein Entscheidung des Rates über Leitlinien für die Beschäftigungspolitik umfasst, sollte als Grundlage für die nationalen Reformprogramme dienen, die von den Mitgliedstaaten für die nächsten drei Jahre erstellt werden müssen.

2.4

Im Einleitungsteil der Leitlinien wird betont, dass es wichtig ist, die relevanten Akteure in die Lissabon-Strategie einzubeziehen und dass die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft jede Gelegenheit nutzen sollten, um die Regionalregierungen und Lokalverwaltungen, die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft in die Umsetzung der integrierten Leitlinien einzubinden.

2.5

Während die Grundzüge der Wirtschaftspolitik sehr stark auf die Frage ausgerichtet sind, wie durch wirtschaftspolitische Maßnahmen zum Erreichen der Ziele von Lissabon beigetragen werden kann, beziehen sich die Leitlinien für die Beschäftigungspolitik insbesondere auf die Europäische Beschäftigungsstrategie und zielen darauf ab, die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten zu koordinieren. Im Rahmen dieser beschäftigungspolitischen Leitlinien werden unter besonderer Bezugnahme auf den Europäischen Pakt für die Jugend einige Aktionslinien des Pakts in die integrierten Leitlinien übernommen. So sind Inhalte aus dem Europäischen Pakt für die Jugend insbesondere in zwei Leitlinien eingeflossen: Leitlinie 18 beinhaltet die Zielvorgaben, jungen Menschen Wege zur Beschäftigung zu eröffnen und die Jugendarbeitslosigkeit abzubauen, eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben anzustreben und Betreuungseinrichtungen für Kinder bereitzustellen. Im Rahmen von Leitlinie 23 ist vorgesehen, die Anzahl der Schulabbrecher erheblich zu reduzieren und den Zugang zur Berufsbildung, zur Sekundarbildung und zur Hochschulbildung zu verbessern, einschließlich der Lehrlingsausbildung und der Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen. Ferner wird mit Leitlinie 24 angestrebt, das Angebot an Instrumenten der Aus- und Weiterbildung zu verbreitern und Rahmenbedingungen zu schaffen, die geeignet sind, die Anerkennung und Transparenz von Qualifikationen und Befähigungsnachweisen sowie die Validierung des nichtformalen und des informellen Lernens zu verbessern. Abschließend wird in den Leitlinien für die Beschäftigungspolitik bekräftigt, dass die Mitgliedstaaten durch Einbeziehung von parlamentarischen Gremien und Akteuren, auch auf regionaler und lokaler Ebene, eine umfassende Partnerschaft für den Wandel einrichten sollten.

2.6

In der Kommissionsmitteilung wird die Rolle der Jugend in Kernbereichen der im Rahmen der Lissabon-Strategie begründeten Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung hervorgehoben, insbesondere über die Europäische Beschäftigungsstrategie und die Europäische Strategie zur sozialen Eingliederung sowie auch über das Arbeitsprogramm „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“. Ferner wird die Forderung erhoben, dass alle auf diesen Gebieten einzuleitenden Initiativen aufeinander abgestimmt werden.

2.7

Die Annahme des Pakts fällt mit dem Abschluss des ersten Zyklus der Umsetzung des Weißbuchs „Neuer Schwung für die Jugend Europas“ von 2001 zusammen, die mit der Entschließung des Rates vom Juni 2002 eingeleitet wurde. Darin wurde ein Rahmen für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa gesetzt, um das bürgerschaftliche Engagement der Jugendlichen zu stärken, gestützt auf die offene Methode der Koordinierung und die Aufnahme der jugendpolitischen Dimension in andere Politikbereiche.

2.8

In dem schließlich auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates angenommenen Europäischen Pakt für die Jugend wird betont, dass dafür gesorgt werden muss, dass der Jugend Europas ein Paket von Strategien und Maßnahmen zugute kommt, die sich voll und ganz in die Lissabonner Strategie einfügen. Der Pakt zielt darauf ab, die allgemeine und die berufliche Bildung, die Mobilität sowie die berufliche und soziale Eingliederung der europäischen Jugend zu verbessern und zugleich die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienleben zu erleichtern. Ferner wird mit dem Europäischen Pakt für die Jugend das ehrgeizige Ziel verfolgt, zu gewährleisten, dass alle auf diesen Gebieten einzuleitenden Initiativen aufeinander abgestimmt sind, und der Pakt soll den Ausgangspunkt für eine intensive und kontinuierliche Mobilisierung zugunsten der Jugend darstellen. Des Weiteren ist festgehalten, dass es für den Erfolg des Pakts der Mitwirkung aller Beteiligten und in allererster Linie der nationalen, regionalen und örtlichen Jugendorganisationen sowie des Europäischen Jugendforums, der Gebietskörperschaften und der Sozialpartner bedarf. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, sich an drei Vorgaben zu orientieren: 1) Beschäftigung, Integration und sozialer Aufstieg; 2) Allgemeine und berufliche Bildung, Mobilität sowie 3) Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben.

3.   Einbeziehung junger Menschen

3.1

Im Rahmen der Erarbeitung dieser Stellungnahme führte der EWSA am 6. September 2005 eine Anhörung durch, bei der Vertreter von Jugendorganisationen konsultiert wurden. Die Ergebnisse dieser Anhörung sind in diese Stellungnahme eingeflossen.

3.2

Die Einbeziehung junger Menschen muss in allen Bereichen als Ausgangspunkt dienen. Ein Merkmal jeder Politik für Jugendliche muss der Grundsatz der Mitwirkung junger Menschen sein. Dieses Prinzip wird auf europäischer und auf internationaler Ebene mehrfach bekräftigt (4). Der EWSA begrüßt die Maßnahmen zur Konsultierung Jugendlicher auf europäischer Ebene, insbesondere durch die Abhaltung der „États Généraux“ 2005, stellt jedoch mit Bedauern fest, dass in der Mitteilung zu wenige konkrete Empfehlungen hinsichtlich der Frage enthalten sind, wie Jugendliche und Jugendorganisationen auf Ebene der Mitgliedstaaten einbezogen werden und mitwirken können. Der EWSA legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nahe, neuartige Wege zu beschreiten, um Jugendliche anzusprechen und den Dialog mit ihnen zu suchen.

3.3

Der EWSA betont die Bedeutung der aktiven Beteiligung und Selbstbestimmung junger Menschen, und zwar nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern in der Gesellschaft insgesamt. Die aktive Teilhabe Jugendlicher an der Gesellschaft sowie ihre Selbstbestimmung sollten gleichzeitig Ziel und Weg sein, wenn es darum geht, einen Beitrag zur persönlichen Entwicklung der Jugendlichen, zur Förderung ihrer Eigeninitiative und ihrer Integration in die Gesellschaft sowie zum sozialen Zusammenhalt allgemein zu leisten.

3.4

Der EWSA stellt mit Bedauern fest, dass in der Mitteilung klar dargelegte Vorschläge für Verfahren zur echten Einbeziehung von Jugendlichen und Jugendorganisationen fehlen. So betonten Studentenorganisationen beispielsweise im Rahmen der Anhörung, die der EWSA am 6. September 2005 durchführte und die in Ziffer 3.1 erwähnt wird, wie sehr die Verwaltung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge — in diesem Fall der obligatorischen Sozialversicherung für Studenten — durch Vertreter der betroffenen Jugendlichen das Verantwortungsgefühl der Jugend insgesamt, und nicht nur der organisierten Jugend, stärkt und der Jugend als solcher eine Stimme gibt. Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, junge Menschen und Jugendorganisationen bei ihrer Politikgestaltung und -umsetzung partnerschaftlich mitwirken zu lassen und weiterhin auf ihre Einbeziehung in allen Phasen hinzuwirken. Jugendliche, Jugendorganisationen und die Sozialpartner müssen zu der Frage gehört werden, wie Maßnahmen zur Umsetzung dieser Initiative im Rahmen der nationalen Lissabon-Reformprogramme entwickelt werden sollten und wie Folgemaßnahmen zu deren Umsetzung aussehen sollten.

3.5

Mit Interesse sieht der EWSA der Veröffentlichung des Syntheseberichts (5) der Europäischen Kommission entgegen, in dem die bis dato im Rahmen der OMK (6) unternommenen Anstrengungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Mitwirkung Jugendlicher dokumentiert werden sollen. Es steht zu hoffen, dass in diesem Synthesebericht Beispiele für vorbildliche Verfahren und Methoden aufgeführt werden, die anderen Mitgliedstaaten als Vorbild dienen könnten.

3.6

Der EWSA fordert, dass die Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen, insbesondere der Jugendorganisationen, innerhalb des Zyklus der offenen Koordinierungsmethode geklärt wird. Es sei daran erinnert, dass den nichtstaatlichen Organisationen (NGO) laut Ziffer 38 der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon eine Rolle bei der Anwendung der offenen Koordinierungsmethode zukommt (7). Der EWSA kann mit seinem Sachverstand und seiner Erfahrung auf diesem Gebiet aktiv werden und an der Entwicklung eines Verfahrens zur Einbeziehung von Jugendlichen und Jugendorganisationen mitwirken, das dann auch in seinem eigenen Bereich eingeführt wird.

4.   Die Rolle der Jugend in der im Rahmen der Lissabon-Strategie begründeten Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung

4.1

Der EWSA begrüßt, dass dem Thema Arbeitsplätze für Jugendliche in dem Pakt besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Ausgestaltung und Umsetzung des Pakts für die Jugend sollte jedoch unter dem Gesichtspunkt geschehen, dass der Pakt nicht nur Bestandteil der Lissabon-Strategie, sondern als solcher ein wichtiges Ziel ist. Zudem ist die erfolgreiche Umsetzung der Lissabon-Strategie einerseits für Jugendliche von Bedeutung, andererseits spielen junge Menschen aber auch eine wichtige Rolle für den Erfolg der Strategie von Lissabon. Investitionen in die Jugend sind entscheidend, wenn es darum geht, höhere Wachstums- und Beschäftigungsquoten, kontinuierliche Innovation sowie eine Stärkung des Unternehmertums zu erreichen. Damit die Lissabon-Strategie funktionieren kann, müssen die Jugendlichen nicht nur in ihre Umsetzung einbezogen werden, sondern sich auch für ihre Ziele verantwortlich fühlen und engagieren.

4.2

Desgleichen ist die Frage der Beschäftigung eines der wichtigsten Anliegen des europäischen Bürgers, und es muss alles darangesetzt werden, damit die Arbeitslosigkeit, deren unannehmbar hohes Niveau den Zusammenhalt unserer Gesellschaften bedroht, bekämpft wird (8). Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Europa immer noch mehr als doppelt so hoch wie die durchschnittliche Arbeitslosenquote. Für viele Jugendliche stellt die Arbeitslosigkeit oder die Aussicht, ihren Lebensunterhalt mit einem geringen Einkommen bestreiten zu müssen, eine reale Bedrohung dar. Jugendliche, die aus benachteiligten Verhältnissen stammen oder ethnischen Minderheiten angehören, Einwanderer, junge Menschen mit Behinderungen sowie Frauen sind der Gefahr der gesellschaftlichen Ausgrenzung noch stärker ausgesetzt. Letztendlich ist aber die Jugend als Ganzes von Problemen wie materielle Unsicherheit, Verarmung und Abhängigkeit betroffen, was ein noch nie da gewesenes historisches Drama ist, gleichzeitig jedoch auch eine neuartige Chance bietet, ein gemeinsames solidarisches Bemühen der Jugend und der Gesellschaft zu erreichen, um diese in Europa beispiellose Situation zu überwinden.

4.3

Junge Menschen sind stärker von Arbeitslosigkeit bedroht und beziehen, falls sie Arbeit finden, weitaus häufiger Niedriglöhne (9). Durch die Lissabon-Strategie sollen nicht nur mehr, sondern auch bessere Arbeitsplätze geschaffen werden Um jedem Jugendlichen eine echte Chance zu geben, Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten, muss das Augenmerk stärker auf angemessene berufliche und allgemeine Bildung, auf die berufsbildenden Einrichtungen sowie auf Gelegenheiten gerichtet werden, den jungen Menschen das nötige Rüstzeug für ihren Lebensweg mitzugeben, damit sie sich persönlich und beruflich entfalten können. Zudem muss die schulische Bildung so beschaffen sein, dass Jugendliche dazu befähigt werden, das Erwerbsleben zu meistern und die begleitenden Fortbildungsmaßnahmen erfolgreich zu nutzen.

4.4

Der EWSA betont, dass er sich der Probleme, die sich aus dem demografischen Wandel in Europa ergeben, bewusst ist und verweist in diesem Zusammenhang auf das Grünbuch der Kommission zu diesem Thema (10). So wird die Zahl der 0-14-Jährigen zwischen 2000 und 2015 um 11 % und bis 2030 um weitere 6 % zurückgehen. Ferner macht der EWSA auf den gleichzeitig stattfindenden sozialen, kulturellen und politischen Wandel in Europa aufmerksam. Beim demografischen Wandel geht es nicht nur um bloße Statistiken und Zahlen; vielmehr muss bei der Wahl der geeigneten Politiken und Maßnahmen eine weiter gefasste Perspektive zugrunde gelegt werden. Wie die Hochrangige Gruppe über die Zukunft der Sozialpolitik in der erweiterten Europäischen Union darlegt, ist diese demografische Lage, die bis zum Jahr 2025 eine erhebliche Verringerung des relativen Anteils der jungen Altersgruppe bewirken wird, eine Chance — sofern sie genutzt wird -, da dies „eine geringere Nachfrage nach gesellschaftlichen Ressourcen“ bedeutet und somit die Möglichkeit eröffnet, bei gleichbleibenden Kosten wesentliche Verbesserungen in diesen Bereichen herbeizuführen.

4.5

Daher ist der EWSA der Auffassung, dass ein Europäischer Pakt für die und mit der Jugend die Lebensbedingungen und -perspektiven junger Menschen in Europa erheblich verbessern und gleichzeitig eine effiziente Umsetzung der Lissabon-Strategie fördern könnte.

5.   Der Europäische Pakt für die Jugend

5.1

Der EWSA begrüßt, dass gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates dafür gesorgt werden soll, dass der Jugend Europas ein Paket von Strategien und Maßnahmen zugute kommt, die sich voll und ganz in die überarbeitete Lissabonner Strategie einfügen.

5.2

In der Mitteilung werden folgende Aspekte der integrierten Leitlinien als wesentliche Voraussetzung für eine maximale Wirkungskraft des Pakts für die Jugend herausgestellt:

(i)

Maßnahmen zugunsten von Beschäftigung, Integration und sozialem Aufstieg von Jugendlichen. Der Schwerpunkt der integrierten Leitlinien liegt auf den Bemühungen, die beschäftigungspolitischen Maßnahmen dazu beitragen zu lassen, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen.

(ii)

Maßnahmen zugunsten von allgemeiner und beruflicher Bildung und Mobilität. In den integrierten Leitlinien wird hervorgehoben, dass Europa die Investitionen in Humanressourcen steigern und verbessern und die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung anpassen muss. Ferner werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Mobilitätschancen zu verbessern, wozu auch eine Verbesserung der Möglichkeiten für Jugendliche gehört, im Ausland zu arbeiten und zu studieren.

(iv)

Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben. Gemäß den integrierten Leitlinien ist es erforderlich, sich um ein besseres Gleichgewicht zwischen Berufs- und Familienleben zu bemühen. Es werden Aspekte wie Kinderbetreuung, familienfreundliche Formen der Arbeitszeitgestaltung und Gleichbehandlung angesprochen.

5.3

Der EWSA stellt mit Enttäuschung fest, dass zwar für jeden der oben genannten Bereiche konkrete Aktionen aufgezeigt werden, in der Mitteilung jedoch weder für die Mitgliedstaaten noch für die Kommission genaue und messbare Zielsetzungen genannt werden. In Zeiten, in denen die Bürger den Sinn der Europäischen Union in Frage stellen, ist es äußerst wichtig, dass Europa zu effektivem Handeln veranlasst wird. Damit dies erreicht werden kann, müssen die Zielvorgaben eindeutig und ergebnisorientiert sein.

5.4

Die einzelstaatlichen Regierungen müssen dazu aufgefordert werden, die Ziele zu quantifizieren und in ihren nationalen Reformprogrammen klare Vorgaben festzulegen. Im Rahmen dieser Ziele und Vorgaben sollten nicht nur die Schwierigkeiten berücksichtigt werden, denen sich Jugendliche in den aufgeführten Bereichen gegenüber sehen, sondern auch Themen, die, wenn auch nur mittelbar, einen wesentlichen Einfluss auf die Umsetzung dieser Ziele haben. Dies gilt insbesondere für die Frage des Wohnraums und die Notwendigkeit einer Familienpolitik, die sich an junge Eltern richtet. Ferner ist es wichtig, dass auf europäischer wie auf nationaler Ebene funktionierende Koordinierungsverfahren geschaffen werden, um in allen Bereichen einen kohärenten Ansatz zu erreichen.

5.5

Der EWSA fordert, dass erwogen wird, folgende Zielvorgaben in die Reformprogramme der Mitgliedstaaten für die Lissabon-Strategie aufzunehmen:

Festlegung individueller Zielvorgaben für jeden Mitgliedstaat im Hinblick auf eine Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit um mindestens 50 % im Zeitraum 2006-2010 (derzeit liegt die Arbeitslosenquote in der Europäischen Union bei Jugendlichen unter 25 bei 17,9 % (11));

Entwicklung von Systemen der sozialen Sicherung, die es Jugendlichen ermöglichen, Entscheidungen für die eigene Zukunft zu treffen;

Einleitung von Maßnahmen zur Förderung der sozialen Eingliederung junger Menschen, die insbesondere auf Jugendliche ausgerichtet werden sollten, die weder eine schulische/universitäre oder berufliche Ausbildung absolvieren noch einen Beruf ausüben und die nicht arbeitslos gemeldet sind;

Festlegung von Zielvorgaben zur Verringerung der Unterschiede, die in Bezug auf den Zugang zu beruflicher und technischer Ausbildung zwischen Jungen und Mädchen bestehen, und Reduzierung des Gefälles bei den Einstiegslöhnen und -gehältern;

Verringerung der Schulabbrüche um 50 % im Zeitraum 2006-2010 und Förderung von 'Schnupperpraktika' in Unternehmen;

Stärkung des Gewichts fremdsprachlicher Kompetenz bei der Schaffung besserer Bildungs- bzw. Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie der Förderung der Mobilität Jugendlicher;

Förderung junger Existenzgründer in finanzieller und materieller Hinsicht sowie durch Beschränkung des bürokratischen Aufwands bei der Übernahme, Übertragung und Gründung von Unternehmen;

Unterstützung geregelter und geprüfter Strukturen für die Kleinkindererziehung und -betreuung nach anerkannten und für alle geltenden Standards;

Bereitstellung besonderer Unterstützungsleistungen für benachteiligte Familien.

5.6

Der EWSA legt der Kommission nahe, ihre Arbeit zur Anerkennung von Jugendarbeit fortzuführen, und sieht der Umsetzung konkreter Maßnahmen, einschließlich der Initiative, einen „Jugendpass“ zu entwickeln, mit Interesse entgegen. Nach Auffassung des EWSA reicht der „Jugendpass“ allein jedoch nicht aus, um der Jugendarbeit zu mehr Anerkennung zu verhelfen. Daher empfiehlt er der Kommission, mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, Vertretern der Einrichtungen des formellen Bildungssystems sowie mit in diesem Bereich tätigen Nichtregierungsorganisationen in Dialog zu treten, um eine flexible Methodik zu entwickeln, die das Bewusstsein dafür stärkt, wie sehr die Jugendarbeit zur Entfaltung junger Menschen sowie zur Entwicklung der Fähigkeiten, Werte und Sichtweisen beiträgt, die Jugendliche durch ihr aktives Engagement in Jugendorganisationen und für die Jugendarbeit erwerben. Der EWSA könnte zur Unterstützung dieses Prozesses beitragen.

5.7

Diejenigen europäischen Länder, die in der vom Weltwirtschaftsforum ermittelten Rangfolge der Wettbewerbsfähigkeit vorderste Plätze einnehmen, tätigen durchweg hohe Investitionen in die Sozialpolitik und die sozialen Sicherungssysteme und weisen zugleich hohe Beschäftigungsquoten sowie geringe Armutsquoten nach Sozialtransfers auf (12). Nachhaltige Systeme der sozialen Sicherung, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruhen und konzipiert sind, um die wichtigsten Lebensrisiken des Einzelnen abzudecken, bilden die Grundlage für den Erfolg.

5.8

Der EWSA dringt darauf, dass der Situation junger Menschen in ländlichen Gebieten und benachteiligten städtischen Gebieten besser Rechnung getragen wird. Die geographische Herkunft wirkt sich für junge Menschen oftmals nachteilig aus. In vielen ländlichen Gebieten und benachteiligten städtischen Gebieten bleibt den Jugendlichen der Zugang zu erstklassigen Bildungs- und Ausbildungsstätten, Mobilität, Gesundheitsfürsorge, Freizeiteinrichtungen oder Beschäftigungsmöglichkeiten verwehrt, wie auch die Chance, sich in der Zivilgesellschaft zu engagieren. Es sollten zielgruppenorientierte Maßnahmen eingeleitet werden, um zu gewährleisten, dass jungen Menschen in bestimmten geographischen Gebieten alle Möglichkeiten offen stehen und sie über ihren Lebensweg bestimmen können. In Folge der Abgelegenheit vieler ländlicher Gebiete wird den Jugendlichen der Zugang zu Informationen erschwert, insbesondere was die bestehenden Möglichkeiten betrifft.

5.9

Der EWSA begrüßt den Vorschlag, 2005 eine Studie über die soziale Eingliederung stark benachteiligter Jugendlicher durchzuführen. Allerdings müssen sich die Mitgliedstaaten der Herausforderung stellen, die Kinderarmut zu beseitigen, und unverzüglich entsprechende Zielvorgaben festlegen. Um diese Herausforderung zu meistern, ist ein umfassendes, nachhaltiges und mit allen erforderlichen Mitteln ausgestattetes Aktionsprogramm erforderlich, das die vielen unterschiedlichen Dimensionen der Kinderarmut berücksichtigt. Kinderarmut zieht für die Betroffenen weite Kreise in Bereichen wie Gesundheit und Bildung und hat selbst auf die künftigen „Lebenschancen“ eines Kindes, aus der Armutsspirale auszubrechen, erhebliche Auswirkungen. Die Mitgliedstaaten müssen umgehend Maßnahmen ergreifen, die der gesamten Bandbreite der Problematik Rechnung tragen.

5.10

Die Kommission ist entschlossen, das Thema Behinderung stärker in die Gemeinschaftspolitik einzubeziehen, wie sie in der Mitteilung „Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen: Ein Europäischer Aktionsplan“ (13) aus dem Jahr 2003 explizit bekräftigt. Daraus ergibt sich für sie die Verpflichtung, bei all ihren Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass Diskriminierung bekämpft wird. Die Einbeziehung der Behindertenthematik ist notwendig, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und umfassend in die Gesellschaft integriert werden und daran mitwirken können. Damit junge Menschen mit Behinderungen voll und ganz in die Jugendpolitik einbezogen werden, betont der EWSA, dass folgende Punkte in die Mitteilung aufgenommen werden müssen: gleichberechtigte Teilnahme an den Maßnahmen im Rahmen des Programms JUGEND; gleichberechtigter Zugang zu Informationen über Jugendpolitik, Projekte im Jugendbereich und Sensibilisierungsmaßnahmen.

5.11

Die jungen Leute bilden keine homogene Gruppe. Der Ausschuss empfiehlt daher, die Politik auf der nationalstaatlichen Ebene ausreichend differenziert zu gestalten und den Bedürfnissen sowohl des Arbeitsmarktes als auch des Einzelnen Rechnung zu tragen. Zudem empfiehlt der Ausschuss der Europäischen Kommission, eine Analyse der Situation und der Bedürfnisse der Jugendlichen in Europa zu erarbeiten.

6.   Bürgerschaftliches Engagement der Jugendlichen

6.1

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission das Thema der „aktiven Bürgerschaft“ Jugendlicher in ihre Mitteilung einbezieht, obschon es im Europäischen Pakt für die Jugend unberücksichtigt blieb. Der Ausschuss ist mit dem Vorschlag der Kommission einverstanden, die vier derzeitigen Ziele — Verbesserung bzw. Förderung der Partizipation, Information, Freiwilligentätigkeit und Kenntnis über Jugendfragen — dauerhaft zu verfolgen und zu stärken. Der EWSA unterstreicht jedoch, dass es wichtig ist, dafür zu sorgen, dass der Schwerpunkt der offenen Koordinierungsmethode nun auf die Erbringung greifbarer Ergebnisse gelegt wird. Daher müssen erkannte Schwachpunkte des OMK-Systems bzw. -verfahrens zur Kenntnis genommen und beseitigt werden.

6.2

Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten über die gemeinsamen Zielsetzungen zu den Themen Partizipation und Information bis Ende 2005 berichten werden und dass im Jahre 2006 Berichte über die Freiwilligentätigkeit und die Verbesserung der Kenntnisse im Jugendbereich folgen sollen. Der Ausschuss fordert indes, dass die partnerschaftliche Zusammenarbeit verstärkt wird, und betont, dass eine Einbeziehung aller Interessenträger, insbesondere die Einbindung von Jugendlichen und Jugendorganisationen, in die Erstellung der nationalen Fortschrittsberichte zweckdienlich ist. Ferner ist es im Interesse der Transparenz von Bedeutung, dass die Erarbeitung dieser Berichte öffentlich stattfindet und/oder dass die Berichte zumindest nach ihrer Vorlage der Öffentlichkeit zugänglich sind. Auch nichtstaatliche Organisationen sollten ermutigt und finanziell dabei unterstützt werden, selbst eine Bewertung des OMK-Verfahrens vorzunehmen.

6.3

Die Organisationen der Zivilgesellschaft und die Sozialpartner sind ein fester Bestandteil jeder pluralistischen Demokratie. In diesem Zusammenhang kommt den Jugendorganisationen eine wichtige Rolle zu, denn sie fördern bürgerschaftliches Engagement und die Partizipation, da sie unmittelbar mit jungen Menschen zusammenarbeiten, sich für ihre Belange einsetzen und die persönlichen Fähigkeiten und das Selbstvertrauen Jugendlicher stärken, damit sie ihr Potenzial entfalten und einen optimalen Lebensstandard sowie eine hohe Lebensqualität erreichen können. Die Arbeitsweise der Jugendorganisationen zeichnet sich durch große Bürgernähe aus, und sie befassen sich — unterstützt durch Einzelne und Gruppen aus ihrem Einzugsbereich — mit Problemen vor Ort. Auch ist ihre Arbeit darauf ausgerichtet, die Fähigkeiten Jugendlicher, selbst für ihre Ziele einzutreten, zu fördern und aufzubauen. Im Jugendbereich tätige nichtstaatliche Organisationen sollten angemessene finanzielle Unterstützung, die nötige Anerkennung und die erforderlichen Mittel erhalten, um auf allen Ebenen als vollwertige Akteure an der Beschlussfassung und in der Gesellschaft mitbestimmen zu können.

6.4

Im Rahmen seiner Arbeit zur Repräsentativität der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft hat der EWSA bereits wiederholt darauf hingewiesen (14), dass nur eine wirklich anerkannte Repräsentativität den Anspruch der zivilgesellschaftlichen Akteure auf effektive Teilhabe am Prozess der Gestaltung und der Vorbereitung der Gemeinschaftsbeschlüsse begründen kann, so wie dies bei den Sozialpartnern im Rahmen des europäischen „sozialen Dialogs“ der Fall ist.

6.5

Der EWSA stellt mit Enttäuschung fest, dass die Kommission als wesentlichen Beitrag der Freiwilligen zum Leben der Gesellschaft die von ihnen geleistete Hilfe bei Naturkatastrophen hervorhebt. Dies ist zwar eine ehrenwerte Aufgabe, doch vertritt der EWSA die Auffassung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten das beständige und fortlaufende Engagement Freiwilliger in den verschiedensten nichtstaatlichen Organisationen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene anerkennen und unterstreichen sollte. Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass die Freiwilligentätigkeit Jugendlicher nicht nur deren psychologische und moralische Bedürfnisse befriedigt, sondern zahlreiche Leistungen im sozialen und Pflegebereich überhaupt erst ermöglicht oder dazu beiträgt, die Kosten dafür zu senken. Er ersucht daher die Mitgliedstaaten, die Freiwilligentätigkeit unter anderen durch geeignete steuerpolitische Maßnahmen zu fördern.

6.6

Der EWSA stellt mit Bedauern fest, dass der Umfang der vorgeschlagenen Maßnahmen äußerst beschränkt ist und dass sie keine Vorgaben oder eindeutigen Ziele beinhalten. So bleibt eine Gelegenheit, diese Schlüsselkomponente weiterzuentwickeln, ungenutzt.

6.7

Den Gemeinschaftsprogrammen kommt eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, einen Beitrag zur Erreichung der Ziele der offenen Koordinierungsmethode und des Europäischen Pakts für die Jugend zu leisten und die Einbeziehung Jugendlicher in andere für sie relevante Politikbereiche zu fördern. Der EWSA teilt generell die Ansicht der Kommission, dass Projekte, die Jugendliche dazu ermutigen, aktive, engagierte Bürger zu werden, und die ihnen dabei helfen sollen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, im Rahmen der verschiedenen EU-Programme auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene konzipiert werden sollten. Viele dieser Programme könnten tatsächlich im Sinne dieses Ziels verwendet werden, doch muss ihre Nutzung durch und für Jugendliche und Jugendorganisationen gefördert werden, und sie müssen jugendfreundlicher gestaltet werden. Der Einsatz verschiedener Programme, insbesondere des Europäischen Sozialfonds und des Strukturfonds, ist eine große Chance, die Jugendpolitik voranzubringen und Worten Taten folgen zu lassen. Verschiedene Projekte, die darauf abzielen, die Lebensbedingungen oder Beschäftigungsmöglichkeiten Jugendlicher zu verbessern, sind häufig nicht umfangreich genug, um einen Anspruch auf Fördermittel aus diesen Fonds zu begründen. Daher sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten den Dialog mit Jugendorganisationen suchen, um den Einsatz von Fördermitteln aus Gemeinschaftsprogrammen zugunsten junger Menschen in Europa zu erleichtern.

6.8

Der EWSA ist der Auffassung, dass das Programm mit dem größten Potenzial zur Förderung der persönlichen und sozialen Entwicklung junger Menschen das Gemeinschaftsprogramm JUGEND ist. Der Ausschuss begrüßt die Initiative, für den Zeitraum 2007-2013 ein neues Programm „Jugend in Aktion“ einzurichten, und wird sich auch weiterhin an dem Erarbeitungsprozess beteiligen. Angesichts der Erweiterung des Programms und der zunehmenden Bereitschaft Jugendlicher, es zu nutzen, bittet der EWSA den Rat mit Nachdruck, den Vorschlag einer geringfügigen Aufstockung der Mittel für dieses Programm auf 1,2 Mrd. EUR zu unterstützen. Ferner ist der Ausschuss der Ansicht, dass Jugendliche, europäische Jugendorganisationen und das Europäische Jugendforum regelmäßig zur Umsetzung des Programms gehört werden müssen. Der EWSA fordert die nationalen Wirtschafts- und Sozialräte auf, zur Förderung der Mitwirkung Jugendlicher an den nationalen Konsultationsverfahren neue Wege zu beschreiten und einen Austausch vorbildlicher Verfahren in Bezug auf die Frage einzuleiten, wie Jugendlichen innerhalb der WSR-Gremien ein Platz eingeräumt werden kann.

7.   Aufnahme der jugendpolitischen Dimension in andere Politikbereiche

7.1

Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Kommission, sich auf die Politikbereiche zu konzentrieren, die von dem Europäischen Pakt für die Jugend abgedeckt werden. Er betont jedoch, dass es bei der Konzipierung von Maßnahmen im Jugendbereich wichtig ist, eine integrierte, sektorübergreifende Jugendpolitik zugrunde zu legen.

7.2

Ein horizontaler Ansatz bei der Politikgestaltung kann eine besser koordinierte, effektivere Strategie gewährleisten. Arbeitgeber und Gewerkschaften werden von den Mitgliedstaaten regelmäßig gehört, wenn Politikinstrumente wie Leitlinien für die Beschäftigungspolitik entwickelt werden. Genauso müssen die Mitgliedstaaten Jugendliche und Jugendorganisationen zu Politiken konsultieren, die für diese von Belang sind.

7.3

In seiner Initiativstellungnahme zum Thema „Übergewichtigkeit in Europa — Rolle und Verantwortung der Partner der Zivilgesellschaft“ (15) weist der EWSA darauf hin, dass es in Europa mehr als 14 Millionen übergewichtige Kinder gibt, von denen 3 Millionen fettleibig sind. Noch beunruhigender ist die Tatsache, dass diese Zahl jährlich um 400 000 steigt. Der EWSA fordert ein gemeinsames Engagement aller Interessenträger, einschließlich der Jugendlichen.

7.4

Der Ausschuss teilt das vorrangige Interesse der Kommission an Maßnahmen im Bereich Kinder- und Jugendgesundheit, insbesondere zur Förderung von gesunden Lebensweisen. Er vertritt die Auffassung, das diese Maßnahmen für die Bürger besonders wichtig und dringend sind, weshalb die für 2006 geplante Initiative zur Unterstützung solcher Maßnahmen auch unter Berücksichtigung der bereits eingeleiteten Konsultationen und Initiativen auf das Jahr 2005 vorgezogen werden sollte.

7.5

Der EWSA regt an, dass im Rahmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms Untersuchungen zu dem Einfluss der Mitwirkung Jugendlicher auf die repräsentative Demokratie und die Freiwilligentätigkeit angestellt werden. Ein solcher Bericht könnte gegebenenfalls einen Eindruck davon vermitteln, wie sich Partizipation auswirkt.

Brüssel, den 26. Oktober 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Stellungnahme des EWSA zu dem „Weißbuch Jugendpolitik“, veröffentlicht im ABl. C 116 vom 20.4.2001, Berichterstatterin: Frau Hasset-van Turnhout.

Stellungnahme des EWSA zu dem „Weißbuch der Europäischen Kommission: Neuer Schwung für die Jugend Europas“, veröffentlicht im ABl. C 149 vom 21.6.2002, Berichterstatterin: Frau Hassett-van Turnhout.

Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Europäische Jahr der Erziehung durch Sport 2004“, veröffentlicht im ABl. C 149 vom 21.6.2002, Berichterstatter: Herr Koryfidis.

Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Unterstützung europaweit tätiger Jugendorganisationen“, veröffentlicht im ABl. C 10 vom 14.1.2004, Berichterstatterin: Frau Hasset-van Turnhout.

Stellungnahme des EWSA zum Thema „Beziehungen zwischen den Generationen“ (SOC/174), veröffentlicht im ABl. C 157 vom 28.6.2005, Berichterstatter: Herr Bloch-Lainé.

Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Durchführung des Programms ‚Jugend in Aktion‘ im Zeitraum 2007-2013“ (SOC/177), veröffentlicht im ABl. C 234 vom 22.9.2005, Berichterstatter: Herr Rodríguez García-Caro).

(2)  Der „Europäische Pakt für die Jugend“ ist abrufbar unter http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/ec/84347.pdf.

(3)  Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (gemäß Artikel 128 EG-Vertrag)“ (SOC/206, „Beschäftigungspolitische Leitlinien - 2005/2008“, ABl. C 286 vom 17.11.2005, Berichterstatter: Herr Malosse).

(4)  Stellungnahme des EWSA zum „Weißbuch Jugendpolitik“, ABl. C 116 vom 20.4.2001; Erklärung der Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Jugend 1985, das unter dem Motto „Partizipation, Entwicklung und Frieden“ stand; Konvention der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes; Europäische Charta über die Beteiligung der Jugendlichen am Leben der Gemeinden und Regionen des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas, 1992; Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Jugendminister vom 8. Februar 1999 (ABl. C 42 vom 17.2.1999, S. 1).

(5)  Der Bericht soll Ende 2005 veröffentlicht werden.

(6)  Offene Methode der Koordinierung.

(7)  In Ziffer 38 der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon heißt es: „Die Europäische Kommission wird in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anbietern und Nutzern, wie den Sozialpartnern, den Unternehmen und den nichtstaatlichen Organisationen, ein Benchmarking der bewährten Praktiken zur Gestaltung des Wandels erstellen.“

(8)  Sondertagung des Europäischen Rates über Beschäftigungsfragen, Luxemburg 1997, Schlussfolgerungen des Vorsitzes.

(9)  Bericht der Hochrangigen Gruppe über die Zukunft der Sozialpolitik in der erweiterten Europäischen Union.

(10)  Grünbuch „Angesichts des demografischen Wandels - eine neue Solidarität zwischen den Generationen“ (KOM(2005) 94 endg.).

(11)  Mitteilung der Kommission, S. 3.

(12)  Bericht der Hochrangigen Gruppe über die Zukunft der Sozialpolitik in der erweiterten Europäischen Union, Mai 2004.

(13)  KOM(2003) 650 endg., Brüssel, 30.10.2003.

(14)  Vgl. beispielsweise die Dokumentation zur „Ersten Konferenz der organisierten Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene“ am 15./16. Oktober 1999, zur „Konferenz über die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft bei der europäischen Governance“ am 8./9. November 2001 sowie die relevanten Stellungnahmen „Die Rolle und der Beitrag der organisierten Zivilgesellschaft zum europäischen Einigungswerk“, 23. September 1999 (ABl. C 329 vom 17.11.1999), „Ausbau der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und Nichtregierungsorganisationen“, 13. Juli 2000 (ABl. C 268 vom 19.9.2000), „Die organisierte Zivilgesellschaft und europäische Governance - Beitrag des Ausschusses zur Erarbeitung des Weißbuchs“, 26.4.2001 (ABl. C 193 vom 10.7.2001), „Europäisches Regieren - ein Weißbuch“, 21.3.2002 (ABl. C 125 vom 27.5.2002).

(15)  Stellungnahme zum Thema „Übergewichtigkeit in Europa - Rolle und Verantwortung der Partner der Zivilgesellschaft“ (SOC/201 (2005), CESE 649/2005 fin).


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