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Document 52002AE0692

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung" (KOM(2002) 82 endg.)

    ABl. C 221 vom 17.9.2002, p. 87–96 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52002AE0692

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung" (KOM(2002) 82 endg.)

    Amtsblatt Nr. C 221 vom 17/09/2002 S. 0087 - 0096


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung"

    (KOM(2002) 82 endg.)

    (2002/C 221/20)

    Die Kommission beschloss am 14. Februar 2002, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

    Der mit der Vorbereitung der Arbeiten des Ausschusses zu diesem Thema beauftragte Unterausschuss "Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung" nahm seine Stellungnahme am 15. Mai 2002 an. Berichterstatter war Herr Ehnmark.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 391. Plenartagung am 29. und 30. Mai 2002 (Sitzung vom 30. Mai) mit 85 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

    Zusammenfassung

    1. Der Weltgipfel im Jahr 1992 weckte hohe Erwartungen, dass eine neue weltweite koordinierte Anstrengung zur Unterstützung der Entwicklungsländer und der benachteiligten Regionen in Gang kommen würde. Angesichts all der sorgfältigen Vorbereitungsarbeiten und dem Zustandekommen eines breiten Konsens' bei seinen Entschließungen und Empfehlungen deutete alles darauf hin, dass der Erdgipfel zu einem Meilenstein in dem weltweiten Streben nach Fortschritt, Wohlstand und Sicherheit werden würde. Zehn Jahre später muss man jedoch einsehen, dass der Weltgipfel zwar von den Worten her ein Erfolg war, nicht aber bezüglich der Taten. Die Solidarität bei den Maßnahmen zugunsten der Entwicklung wurde nicht mit konkretem Inhalt erfuellt.

    2. Die im September 2000 angenommene Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen steckte eine neue globale Plattform für Fortschritt und Wohlstand mit acht grundlegenden Zielen (vgl. hierzu Fußnote 1) ab. Für sieben dieser Ziele wurde ein ehrgeiziger Zeitplan festgelegt. Die Millenniums-Erklärung weckte neue und hohe Erwartungen, dass eine neue globale Anstrengung zur Förderung von Entwicklung und Wohlstand sich abzeichnen würde.

    Zwei Jahre später muss man jedoch erkennen, dass die Erklärung bislang hauptsächlich ein Erfolg der Worte gewesen ist. Die Aufforderungen zu Solidarität wurden nicht in konkrete Maßnahmen zugunsten der Entwicklung gegossen(1).

    3. Der Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung (WSSD) im September 2002 ist eine neue Chance. In diesen Gipfel werden hohe Erwartungen gesteckt. Die vorbereitenden Arbeiten geben jedoch mehr Anlass zur Sorge, denn zur Hoffnung. Der WSSD sollte vielleicht bestenfalls als ein weiterer Schritt eines langen Prozesses gesehen werden - allerdings ein Schritt, der greifbare Ergebnisse und Vereinbarungen über konkrete Maßnahmen abwerfen muss. Für weitere feierliche Erklärungen besteht kein Bedarf. Der Weltgipfel sollte sich auf globale Partnerschaften und feste Zusagen, eine weltweit nachhaltige Entwicklung auf den Weg zu bringen, konzentrieren und dabei der Beseitigung der Armut Priorität einräumen. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) appelliert an die teilnehmenden Regierungen und Organisationen, von diesem Schwerpunkt nicht abzurücken. Der WSSD ist ein Aufruf an alle Nationen und Völker, Verantwortung für ein Wohlergehen durch Solidarität für die jetzige Generation und für die kommenden Generationen zu übernehmen.

    4. Es kommt vor allem darauf an, dass der WSSD den Völkern der Welt wirklich ein überzeugendes Zeichen geben kann, dass es von nun an eine feste Zusage der Industriestaaten wie der Entwicklungsländer gibt, sich für eine neue große Anstrengung für weltweiten Wohlstand und Fortschritt zusammenzutun. Es ist von vitaler Bedeutung, dass der WSSD die nach dem Erdgipfel verbliebenen Wolken der Ungewissheit und Enttäuschung zu beseitigen vermag. Für eine weitere Auszeit bei den gemeinsamen Bemühungen um globale Entwicklung bleibt keine Zeit. Beharrlich steuert unser Planet auf eine Situation schwerer Einschränkungen für den Fortbestand der Menschheit zu. Es muss eine große Anstrengung für unser aller Wohl und Zukunft in Angriff genommen werden. Die Aufgabe des Weltgipfel besteht nicht darin, die Empfehlungen des Erdgipfels oder die Millenniums-Ziele neu zu verhandeln, sondern zu einer Einigung darüber zu gelangen, wie diese in die Tat umgesetzt werden sollen. Lassen wir es nicht darauf ankommen, dass es vielleicht in zwei oder zehn Jahren heißt, dass der Weltgipfel sich als eine weitere Enttäuschung herausgestellt hat. Machen wir die positiven Ergebnisse des Welternährungsgipfels und der Konferenz von Monterrey über Entwicklungsfinanzierung zum Wegweiser für den Erfolg auf dem WSSD.

    5. Das Basis-Tagesordnungprogramm für den Weltgipfel steht, so wie es vom Erdgipfel und der Millenniums-Erklärung formuliert wurde. Die in Doha erfolgte Lancierung einer neuen Agenda für Entwicklung und Handel muss einen Nachgang erhalten, genau wie das Monterrey-Übereinkommen über Entwicklungsfinanzierung. Die Eindämmung der Armut und die Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sind Schlüsselthemen: Die allgemeine Umkehrung der Tendenz zu einer immer weiteren Verschlechterung der Umweltsituation ist von überragender Bedeutung. Nachhaltige Entwicklung muss ganz eindeutig gleichermaßen wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele beinhalten.

    6. Seit dem Erdgipfel haben einige Faktoren an Bedeutung gewonnen. Die Anzeichen einer drohenden Umweltkrise ist einer dieser Aspekte. Der Teufelskreis von Armut, Krankheit und Analphabetismus ist ein weiterer Faktor. Ein dritter Parameter ist das Aufkommen einer globalen wissensbasierten Wirtschaft, was neue Herausforderungen für die Entwicklungsländer schafft. Aus einer jüngsten UNCTAD-Studie geht eindeutig hervor, dass die ernsthafte Gefahr besteht, dass für die Entwicklungsländer in dieser neuen globalen Wirtschaft auch weiterhin nur die eher in Geringqualifiziertenarbeit erzeugten Anteile der Produkte und Dienstleistungen abfallen. Die Entwicklung der Humanressourcen wird daher um so wesentlicher sein. Der Ausschuss möchte anregen, dass allgemeiner und beruflicher Bildung auf dem WSSD höchste Priorität eingeräumt wird.

    7. Nachhaltige Entwicklung ist im Wesentlichen eine Frage der Solidarität zwischen Generationen und zwischen Völkern und Nationen. Die Europäische Union hat Verantwortungsbewusstsein gezeigt, indem sie als erste eine Strategie und ein Programm für nachhaltige Entwicklung beschloss. Der globale Effekt dieses Schrittes sollte nicht unterschätzt werden. Der EWSA unterstützt voll und ganz die Kommission und den Rat in ihren Bemühungen, die Beschlüsse des Europäischen Gipfels von Göteborg im Jahre 2001 weiterzuentwickeln. Mit diesen Entscheidungen über die nachhaltige Entwicklung hat die Europäische Union es vermocht, eine neue Plattform für die internationale Zusammenarbeit und eine Führungsrolle für sich selbst abzustecken. Dies ist eine einzigartige Gelegenheit. Die Europäische Union sollte das Heft in die Hand nehmen und ein konkretes WSSD-Aktionsprogramm konzipieren und Partnerschaften auf den Weg bringen, die erforderlich sind um zu gewährleisten, dass die echte Arbeit getan wird.

    8. Der EWSA anerkennt voll und ganz die Bedeutung der acht Millenniums-Ziele im Entwicklungsbereich, die im Jahre 1999 beschlossen wurden. Der Ausschuss unterstreicht insbesondere die Bedeutung der ersten drei dieser Anstrengungen: - Senkung des Anteils der Menschen mit einem Einkommen von weniger als einem Dollar pro Tag innerhalb der nächsten 15 Jahre um 50 %; - Erreichung einer universellen Primarschulbildung bis zum Jahr 2015 und - Beseitigung der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Primar- und Sekundarschulbildung bis zum Jahr 2005 und in den sonstigen Bildungsebenen bis zum Jahr 2015. Insgesamt gesehen sind die acht Ziele ein äußerst ehrgeiziger Aufgabenkatalog für die Formgebung einer besseren Welt. Um dies verwirklichen zu können, muss mehr Forschungsarbeit in die zentralen Entwicklungsprobleme gesteckt werden und insbesondere in die Bereiche Energie, Klimaveränderung und Verkehr.

    9. Der EWSA unterstreicht die Notwendigkeit, dass auf dem WSSD ein kohärentes Bündel von politischen Weichenstellungen und konkreten Maßnahmen zustande kommt, bei dem die acht Millenniums-Ziele in den Kontext der drei Pfeiler der nachhaltigen Entwicklung - Wirtschaft, Soziales und Umwelt - gestellt werden. Es wäre katastrophal, wenn der Weltgipfel sich an dem Konflikt zwischen Umweltschutzbelangen und dem Aspekt der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung festführe. Um dies zu vermeiden, muss den engen Verbindungen zwischen bestimmten, die Nachhaltigkeit beeinträchtigende Faktoren, wie etwa Bevölkerungswachstum, Umweltzerstörung, Armut und wirtschaftliche Stagnation, besonderes Schwergewicht gelegt werden.

    10. Der EWSA hat das positive Ergebnis der Monterrey-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung zur Kenntnis genommen. Dies ist als Durchbruch auf dem Gebiet der gegenseitigen Verpflichtung zu Entwicklungsbemühungen zu werten. Zugleich muss jedoch betont werden, dass Finanzhilfe allein das Problem nicht löst. Wenn sich die Handelsmöglichkeiten für die Entwicklungsländer schlagartig verbessern, wird auch der Forderungsdruck nach Entwicklungshilfe nachlassen. Bei konstruktiven Entschuldungsmaßnahmen werden die Entwicklungsländer auch eher in der Lage sein, sich neuen eigenen Anstrengungen zuzuwenden. Der pauschale Schuldenerlass wird aber möglicherweise nicht immer den gewünschten Effekt zeitigen. Nach Ansicht des Ausschusses sollte der Schuldenerlass an die Bedingung messbarer Fortschritte in Richtung nachhaltige Entwicklung bis hin zu einem besseren Umweltschutz geknüpft werden. Der EWSA empfiehlt, dass die EU den Spielraum für erneute Anstrengungen zur Ausweitung des Schuldenerlasses für Entwicklungsländer eingehender prüft.

    11. Die schrittweise Beseitigung von Handelshemmnissen ist ein entscheidendes Instrument für die Förderung der Entwicklung. Die Europäische Union hat mit ihrer Entscheidung, die Zölle beim Warenverkehr mit den 48 ärmsten Ländern (für "alles außer Waffen") aufzuheben, einen vorausblickenden Schritt unternommen. Der EWSA möchte die Regierungen anderer Industrieländer auffordern, die Möglichkeiten für eine Ausdehnung des Konzepts der Zollfreiheit für "alles außer Waffen" auf mehr Entwicklungsländer auszuloten.

    12. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist Schlüsselelement eines jedweden Plans zum Abbau der Armut. In der Vergangenheit ging die Schaffung von Arbeitsplätzen zu oft auf Kosten der Umwelt. Dies muss geändert werden. Der WSSD sollte die positiven Bindeglieder zwischen bewährten umweltgerechten Praktiken und der Schaffung von Arbeitsplätzen herausarbeiten. Außerdem sollte auf dem WSSD die Schaffung von Arbeitsplätzen als eine der grundlegenden Marschrouten zur Verwirklichung der Millenniums-Ziele ausgemacht werden. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sollte mit Maßnahmen zur Förderung der zentralen Arbeitnehmerrechte Hand in Hand gehen.

    13. Der WSSD sollte die Bedeutung der Frauen beim Entwicklungsprozess - insbesondere in den am wenigsten weit entwickelten Ländern - herausstellen. Es sollten neue Partnerschaften mit dem Ziel eingerichtet werden, Möglichkeiten für die allgemeine und berufliche Bildung speziell für Frauen vorzusehen und sowohl grundlegende Problembereiche wie Lebensmittelsicherheit und Gesundheit als auch wirtschaftliche Themenkreise abzudecken, wie etwa die Entwicklung von Genossenschaften und betriebswirtschaftliche Verfahren.

    14. Die Agrarproduktion muss in den Entwicklungsländern drastisch gesteigert werden, wenn das Ziel, den Anteil der in äußerster Armut lebenden Bevölkerung um 50 % zu senken, erreicht werden soll. Den Entwicklungsländern dabei zu helfen, sich einen lebensfähigen und sich selbst tragenden Agrarsektor schaffen, ist ein vielschichtiger, aber zugleich wesentlicher Teil einer jeden globalen Strategie für nachhaltige Entwicklung.

    15. Wenn die Globalisierung den Entwicklungsländern etwas bringen soll, müssen fähige Regierungen und effiziente Verwaltungen vorhanden sein. Der WSSD sollte Partnerschaften für die Ausbildung von Verwaltungspersonal in den Entwicklungsländern anbahnen.

    16. Ausländische Industrieinvestitionen seitens der Wirtschaft machen den Hauptteil des Kapitalflusses in die Entwicklungsländer aus. Eine Zielsetzung des WSSD sollte die Schaffung von Investitionspartnerschaften zwischen Industrie und Regierungen sein. Dies könnte im Rahmen von Unternehmungen geschehen, die etwa der Global Compact Initiative der Vereinten Nationen vergleichbar sind. Wie zahlreiche Studien belegen, gehen Investitionen der Wirtschaft in zunehmendem Maße an Orte mit hochqualifizierten Arbeitskräften.

    17. Nachhaltige Entwicklung auf einzelstaatlicher, regionaler und globaler Ebene bedingt fortgeschrittenes Wissen, das im Forschungs- und Entwicklungsbereich hervorgebracht wird. Nachhaltige Entwicklung ist für sich genommen ein Plädoyer zur Stärkung des Wissensfaktors. Der EWSA schlägt vor, neue globale Wissenschaftsnetze auf den Weg zu bringen, die sich mit den langfristigen Fragen der nachhaltigen Entwicklung beschäftigen, insbesondere im Bereich der Energie, der Wasserversorgung und der Nahrungsmittelsicherheit.

    18. Die organisierte Zivilgesellschaft einschließlich der Sozialpartner haben einen wichtigen Auftrag bei der Förderung der nachhaltigen Entwicklung auf nationaler, regionaler und globaler Ebene. An dem gesamten Entwicklungsprozess muss die organisierte Zivilgesellschaft eng beteiligt werden, dergestalt dass sie in die Sozial-, Wirtschafts- und Umweltplanung eingebunden wird. Auch bei der Herbeiführung eines größeren Verständnisses kommt der organisierten Zivilgesellschaft eine Schlüsselrolle zu. Der EWSA schlägt vor, - so wie es die EU bereits tut - auf einzelstaatlicher, regionaler oder globaler Ebene alle zwei Jahre stattfindende Foren der maßgeblichen Akteure als Instrument zur Einbindung der breiten Öffentlichkeit in die Förderung und Beobachtung einer nachhaltigen Entwicklung einzurichten.

    19. Der EWSA fordert die an dem WSSD teilnehmenden Regierungen auf, ihr Äußerstes zu tun, um den Gipfel auf ein konstruktives, konkretes und klares Ergebnis hinzuführen, bei dem neue Anstrengungen für Fortschritte im Wirtschafts-, Sozial- und Umweltbereich auf weltweiter Ebene eingeleitet und Maßnahmen für die Verwirklichung der acht Millenniums-Entwicklungsziele aufgezeigt werden. Diesbezüglich werden an den Weltgipfel große Erwartungen geknüpft. Nicht-staatliche Organisationen und andere aktive gesellschaftliche Gremien engagieren sich in Wort und Tat sehr stark für dieses Unterfangen. Dies ist wirklich eine einmalige Gelegenheit.

    1. Der Weg nach Johannesburg

    1.1. Auf dem Erdgipfel von Rio de Janeiro wurde die nachhaltige Entwicklung zum globalen Ziel ausgerufen, wobei die drei Pfeiler der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung als gleichermaßen wichtige und untereinander verwobene Parameter ausgewiesen wurden. Der Schlüsselbegriff dieses Globalziels ist und bleibt die Solidarität zwischen Generationen und zwischen Völkern und Ländern.

    Nachhaltige Entwicklung ist im wesentlichen ein Gesamtbild von Maßnahmen, die darauf abheben, gute Lebensbedingungen für die jetzigen Generationen abzustecken, ohne die diesbezüglichen Möglichkeiten für die nächsten Generationen zu schmälern.

    Auf dem besagten Gipfel wurde herausgestellt, dass in der Praxis die nachhaltige Entwicklung auf dem Prinzip der Mitbestimmung aufbauen müsse, und zwar letztlich auf der Mitsprache der Kommunal- und Provinzebene. Im Rahmen der Agenda 21 wurde ein breites Spektrum an Initiativen befürwortet.

    1.2. Ganz allgemein führt jedoch kein Weg an der Tatsache vorbei, dass die in Rio gesteckten Erwartungen enttäuscht worden sind.

    Auf internationaler Ebene waren einige Rückschläge zu verzeichnen, zumal die Schwierigkeiten bei der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls über Treibhausgasemissionen.

    Die Verzögerungen bei der Befolgung der Zielsetzungen von Rio durch konkrete Maßnahmen können zum Teil auch als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise in den 90er Jahren betrachtet werden. Andererseits ist ganz offensichtlich, dass sich die Umsetzung der Zielsetzungen von Rio für die verschiedenen Länder als schwieriger erwiesen hat als erwartet.

    1.3. Eine Staatengruppe hat jedoch die in Rio geweckten Hoffnungen als eine konkrete Herausforderung angenommen.

    Im Juni 2001 verabschiedete der Rat für die Europäische Union eine weitreichende Strategie und einen Aktionsplan für nachhaltige Entwicklung und hob hervor, dass künftig alle Initiativen und Aktionen in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung bewertet würden.

    Die EU schafft sich somit den Nimbus eines weltweiten Spitzenreiters bei der Umsetzung der Ziele von Rio in konkrete politische Aktionen.

    1.4. Bei der Strategie der EU ist die Selbstverpflichtung der Mitgliedstaaten, einzelstaatliche Strategien für nachhaltige Entwicklung zu konzipieren und jährliche Berichte darüber vorzulegen, was konkret getan wird, besonders wichtig. Dies eröffnet eine echte Möglichkeit, Aktionen und Ergebnisse zu vergleichen.

    1.5. Die Vorbereitungen für den WSSD sind bereits seit einigen Jahren im Gange; dabei wurden zahlreiche politische Studien durchgeführt und Seminare und Konferenzen abgehalten. Ein Schlüsselereignis aus jüngster Zeit war die internationale Konferenz in Monterrey über die Entwicklungsfinanzierung. Das in Monterrey gesetzte Zeichen für die Entwicklungsländer war insgesamt positiv: Die entwickelten Ländern erklärten sich bereit, die Entwicklungshilfe in den nächsten fünf Jahren gewaltig aufzustocken, dergestalt, dass sie innerhalb von 8 Jahren eine Gesamthöhe von 0,7 % ihres BNE erreicht (d. h. zusätzliche 200 Milliarden an Entwicklungshilfe).

    1.6. In der Europäischen Kommission begann die Vorbereitungsarbeit eigentlich mit einer Mitteilung über die Erfahrungen seit dem Klimagipfel von Rio, die im Frühjahr 2001 veröffentlicht wurde.

    1.7. Die Europäische Kommission schlug vier strategische Ziele vor, für die sich die EU auf dem Weltgipfel einsetzen sollte:

    - größere Gerechtigkeit weltweit und eine effektive Partnerschaft für eine nachhaltige Entwicklung;

    - verstärkte Integration und Kohärenz auf internationaler Ebene;

    - Vereinbarung von Umwelt- und Entwicklungszielen zur Neubelebung und Verstärkung des politischen Engagements und

    - wirkungsvollere Maßnahmen auf nationaler Ebene und internationale Überwachung.

    1.8. Im Februar 2002 nahm die Kommission eine neue Mitteilung im Hinblick auf den WSSD an.

    In ihrer Mitteilung begründet die Kommission die Notwendigkeit einer neuen globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung und macht eine Reihe von Aspekten aus, die auf dem Weltgipfel im Mittelpunkt stehen sollten und sich in konkreten Maßnahmen niederschlagen können. Wegen der Schwierigkeiten bei den Vorbereitungsarbeiten auf UN-Ebene werden die Prioritäten der EU im Hinblick auf den Weltgipfel derzeit einer Überarbeitung unterzogen, in dem Anliegen sie operationeller zu gestalten, wobei der Schwerpunkt auf Bildung, Gesundheit, Fischerei, Forstwirtschaft, Wasserversorgung, Energie, Finanzierung, Governance und politischen Zusammenhalt gelegt wird.

    2. Absteckung einer Gesamtstrategie für eine nachhaltige Entwicklung

    2.1. Die Vorbereitungsarbeiten der Vereinten Nationen für den WSSD lassen bezüglich der Planungskonzepte gewissen Kongruenzen zu den von der EU ausgemachten Problembereichen erkennen.

    2.1.1. Nachhaltige Entwicklung ist per definitionem ein Konzept, das auf parallelen und in einer Wechselbeziehung stehenden Überlegungen betreffend Wirtschafts-, Sozial- und Umweltfragen basiert. Es wurde richtigerweise festgestellt, dass der wichtigste Aspekt der Strategie für nachhaltige Entwicklung darin besteht, dass Umweltfragen ein gleich hoher Stellenwert eingeräumt wird wie Wirtschafts- und Sozialaspekten. Die Interaktion zwischen diesen drei Komponenten ließ sich jedoch nur sehr schwer illustrieren und konkretisieren. Wo liegen beispielsweise die Bindeglieder zwischen Umweltzielen und Schaffung von Arbeitsplätzen? Oder anders gesagt, wie kann ein Konflikt zwischen Umweltanliegen einerseits und dem Aspekt der Entwicklung von Wirtschaft und Beschäftigung auf der anderen Seite vermieden werden?

    Die Erfahrungen der EU zeigen, dass die den miteinander in einer Wechselbeziehung stehenden drei Komponenten zugrunde liegenden Theorien ein neues modular angelegtes Planungskonzept erforderlich machen.

    2.1.2. Auf dem Europäischen Gipfel in Göteborg im Juli 2001 wurde feierlich erklärt, dass nachhaltige Entwicklung das neue vorrangige Ziel der Union sein sollte und alle vorgeschlagenen neuen Aktionen und Programme einer Folgenabschätzung in Bezug auf nachhaltige Entwicklung unterzogen werden sollten. In der Realität hat sich die Verwirklichung dieses sehr ehrgeizigen Ziels jedoch als sehr schwierig herausgestellt. Politische Kohärenz zwischen einer Vielzahl unterschiedlicher Organisationen ist äußerst schwierig zu erreichen. Letztlich wird wahrscheinlich eine politische Koordinierung auf einer sehr hohen Regierungsebene erforderlich sein. Andernfalls werden die Zielsetzungen der nachhaltigen Entwicklung möglicherweise auf eine Vision ohne echte Schlagwirkung zurückgeschraubt.

    2.1.3. Nachhaltige Entwicklung wird auf längere Sicht tiefgreifende Auswirkungen auf Bereiche wie etwa Verkehr und Energieverbrauch haben und auch die politischen Weichenstellungen im Bereich der Nahrungsmittelsicherheit und der Agrarproduktion beeinflussen. Die Eindämmung des Klimawandels ist ein anderes Beispiel; die Reduzierung der Verschwendung natürlicher Ressourcen ein weiterer Fragenkomplex. Die Liste lässt sich noch beliebig verlängern. Es kommt jedoch darauf an, dass alle Politiken, die den Alltag der Bürger berühren und verändern, letztlich auf einer aktiven und vollen Unterstützung seitens der Bürger selbst fußen müssen. Strategien für nachhaltige Entwicklung können nicht nur vertikal von oben nach unten aufgebaut werden, selbst wenn dies in der Anfangsphase der Fall sein muss. Es muss auch ein paralleler Prozess von unten nach oben stattfinden.

    Die aktive Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft einschließlich der Sozialpartner und deren aktive Beteiligung an der Beobachtung und Umsetzung von Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung ist eine Grundnotwendigkeit und in Wirklichkeit der einzige Weg, um zu einem von Erfolg getragenen Ergebnis zu gelangen.

    2.1.4. Die Strategien für nachhaltige Entwicklung werden sehr häufig so verstanden, dass sie ausschließlich wirtschaftliche, soziale und Umweltfragen berühren. Da Strategien für nachhaltige Entwicklung jedoch ihrem Wesen nach international sind, gibt es auch andere Dimensionen, denen Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Nachzuvollziehen, warum ein anderes Land eine spezifische Entscheidung im Bereich der nachhaltigen Entwicklung getroffen hat, bedeutet auch den Versuch, etwas von der Geschichte oder dem Wertesystem eines anderen Landes zu begreifen. Dies bedeutet, dass Strategien für nachhaltige Entwicklung auch dem Aspekt der Kommunikation und des kulturellen Bewusstseins in Bezug auf andere benachbarte Länder Rechnung tragen müssen.

    2.2. Die Millenniumserklärung über zentrale Entwicklungsziele, die innerhalb eines begrenzten Zeithorizonts erreicht werden sollen, stellt einen Durchbruch bei den globalen Anstrengungen zur Absteckung einer langfristigen und konkreten Politik für globale Entwicklung dar. Die Entscheidung, die acht Ziele festzulegen, wurde von den Vereinten Nationen, vom IWF, der Weltbank, OECD, G7, G20 und allen maßgeblichen entwickelten Ländern und Entwicklungsländern getroffen.

    Vor diesem Hintergrund wird eine der wirklich entscheidenden Herausforderungen für den WSSD im Jahre 2002 darin bestehen, eine Einigung darüber zu erzielen, wie die Prioritäten und Modalitäten bei der Umsetzung dieser Millenniumsziele zu definieren sind.

    2.3. Zentrale Überlegungen des WSSD werden eindeutig sein, was auf welche Art und Weise, wann und unter Einsatz welcher Ressourcen zu tun ist, und nicht etwa der Festlegung neuer Ziele gelten.

    2.3.1. Besonderes Augenmerk wird dabei Aspekten folgender Art beigemessen werden:

    - Verbesserung der Bedingungen, zu denen die ärmsten Länder am Weltwirtschaftsgeschehen teilnehmen, und insbesondere Schaffung einer günstigeren Handelsregelung für diese Länder;

    - internationale Verständigung der Unternehmen auf einen anspruchsvollen Verhaltenskodex, sprich als zuverlässiger und verantwortungsbewusster Partner im Entwicklungsprozess aufzutreten;

    - umfangreicher Transfer zusätzlicher Ressourcen von den reichsten zu den ärmsten Ländern in Form von Entwicklungsinvestitionen.

    2.3.2. Dieser Auflistung ist eigentlich eine Veranschaulichung der Auswirkungen der Globalisierung und der daraus resultierenden Herausforderungen für die entwickelten wie für die Entwicklungsländer. Die Regierungen müssen das intensive Wettbewerbsdenken in der globalisierten Weltwirtschaft zur Kenntnis nehmen. Effiziente Verwaltung ist wichtiger denn je. Die Schaffung eines attraktiven Investitionsumfelds erfordert politische Führungskraft, gutes Management und das Vermögen, Partnerschaften zu bilden. Der Handel wird mehr und mehr zu einem Schlüsselelement des Entwicklungsprozesses. Die öffentliche Entwicklungshilfe und Direktinvestitionen erhöhen die Ressourcen, aber der Handel ist für die meisten Länder der zentrale Aspekt.

    2.4. Dem Weltgipfel kommt in der Tat eine vielfältige Aufgabe zu: Er soll auf globaler Ebene langfristige Aspekte für die Herbeiführung einer nachhaltigen Entwicklung angehen, zugleich gängigen Befürchtungen bezüglich der Globalisierung und Vorschläge für Normen etwa im Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutzbereich unter einen Hut bringen und dafür Sorge tragen, dass grundlegende Arbeitsnormen gewahrt werden.

    3. Eine Plattform für die EU bei den Verhandlungen in Johannesburg

    3.1. In der Kommissionsmitteilung vom Februar 2002 werden insgesamt 39 EU-Maßnahmen aufgeführt, die in sechs Rubriken eingeteilt sind: Handel, Armutsbekämpfung und Förderung der sozialen Entwicklung, nachhaltiges Management der natürlichen und ökologischen Ressourcen, größere Kohärenz der Politik der Europäischen Union, bessere Governance auf allen Ebenen und Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung.

    Der EWSA unterstützt diese schwerpunktmäßigere Art der Absteckung der prioritären Fragen als Betätigungsfelder des WSSD.

    Zu der Kommissionsmitteilung trägt der Ausschuss Folgendes vor:

    4. Die Globalisierung nutzbar machen: den Handel dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung unterordnen

    4.1. Die Entwicklungsagenda von Doha bildet die Grundlage für eine Einigung auf dem Weltgipfel in Handelsfragen. Die Aufgabe des Weltgipfel sollte darin bestehen, Maßnahmen auszumachen, die die Entwicklungsagenda von Doha und den Monterrey Prozess unterstützen und ergänzen. In diesem Zusammenhang könnte an Anreize für ökologisch und sozial nachhaltige Produktions- und Handelsmethoden gedacht werden.

    4.2. Die Kommission schlägt acht weitere spezifische Themenkreise für weitere Arbeiten und Aktionen der EU vor wie beispielsweise die stärkere Integration der Entwicklungsländer in das internationale Handelssystem durch entsprechende Überzeugungsarbeit in der Welthandelsorganisation. Die Kommission möchte die Rolle des allgemeinen Präferenzsystems (APS) für die nachhaltige Entwicklung dadurch stärken, dass im Jahre 2004 ein besser abgestimmtes System eingeführt wird. Die Kommission empfiehlt im Allgemeinen eine Stärkung der Nachhaltigkeitsdimension bilateraler und regionaler Handelsabkommen.

    4.3. Der EWSA unterstützt die Konzeption des Vorschlags für einen EU-Standpunkt zu Handel und Entwicklung. Der Vorschlag steht im Einklang mit den Sichtweisen der EU bei der WTO-Konferenz in Doha.

    4.4. Gleichwohl möchte der Ausschuss einige Bemerkungen hinzufügen. Die Welthandelsorganisation als Schlüsselinstrument für die Förderung des Handels sollte von sich aus Gründe finden, um ihre Position und ihr Profil weiterzuentwickeln und ihren Programmen und Aktionen ein menschlicheres Antlitz zu verleihen. Der Ausschuss beabsichtigt die Ausarbeitung einer Stellungnahme, in der genau auf diese Perspektive abgehoben wird.

    4.5. Es gibt durchaus Spielraum für weitere Initiativen, um den Handel zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern auszubauen. In letzter Zeit wurde von einem EU-Mitgliedstaat angeregt, eine zentrale Anlaufstelle für sachkundige Unterstützung (gewissermaßen eine Art Ombudsmann) einzurichten, die den Entwicklungsländern dabei behilflich sein soll, die verwaltungsmäßigen Hürden, die ihre Ausfuhren in die Industriestaaten erschweren, zu überwinden. Nach Ansicht des EWSA verdient eine solche Initiative durchaus, im Kontext des WSSD geprüft zu werden.

    4.6. Eine Thematik, die in der Kommissionsmitteilung eigentlich zu erwarten gewesen wäre, ist die Initiative "alles außer Waffen" und die Frage, wie andere Länder auch dazu bewegt werden können, sich dieser Marschrichtung anzuschließen. Die Initiative erstreckte sich auf die 48 am wenigsten weit entwickelten Länder. Jetzt ist die Gelegenheit da zu prüfen, ob diese Initiative nicht weiter ausbaufähig ist.

    4.7. Der Ausschuss hat die von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme, die europäischen Unternehmen zu ermutigen, sich zu ihrer sozialen Verpflichtung zu bekennen durch Verpflichtung zur Einhaltung der OECD-Leitlinien für ausländische Investoren und durch Initiativen als Follow-up zum Grünbuch der Kommission zur Förderung europäischer Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen, zur Kenntnis genommen und befürwortet sie nachdrücklich.

    4.8. Handel schafft Anreize für Direktinvestitionen insbesondere in Produktionseinrichtungen. Die Schaffung eines positiven Klimas für derartige Investitionen seitens der Wirtschaft ist von entscheidender Bedeutung. Die Entwicklungsagenda von Doha sieht Schritte in dieser Richtung vor. Die Konferenz von Monterrey gab zusätzliche Impulse. Die Global Compact-Initiative der Vereinten Nationen ist ein weiterer diesbezüglicher Ansatz. Einige Nichtregierungsorganisationen wie etwa OXFAM sowie bestimmte Fachgremien haben in jüngster Zeit zusätzliche Anregungen gegeben. Die Weltbank verfolgt ein ehrgeiziges Programm, das darauf ausgerichtet ist, das Potential an Humanressourcen durch Qualifizierungsmaßnahmen, allgemeine und berufliche Bildung zu steigern. Mit ihrem Programm "Menschenwürdige Arbeit" hat die IAO eine weitere wichtige Dimension in diesem Bereich eröffnet.

    4.9. Der EWSA hält es für besonders dringlich, dass der WSSD insbesondere im Nachgang zu Doha und Monterrey sich auf eine Plattform von Maßnahmen zur Stimulierung ausländischer Direktinvestitionen in den Entwicklungsländern verständigt.

    4.10. Zugleich muss der WSSD der Notwendigkeit der Konzipierung einer umfassenden Politik, die sich auf Entwicklungshilfe, Investitionen und Schuldenerlass erstreckt, Rechnung tragen. Für viele Entwicklungsländer ist der Schuldenerlass nach wie vor ein Schlüsselproblem, das gelöst werden muss, wenn die Entwicklungsländer stärker auf eigenen Füssen stehen und in der Lage sein sollen, Ressourcen von außen besser zu nutzen.

    Der Ausschuss appelliert an die EU, den Spielraum für erneute Anstrengungen zur Ausdehnung der Entschuldung von Entwicklungsländer eingehender zu prüfen.

    5. Bekämpfung der Armut und Förderung der sozialen Entwicklung

    5.1. Die Kommission konzentriert sich auf Aktionen zur Senkung der Armut und Ausmerzung des Hungerproblems entsprechend den Millenniums-Zielen im Bereich der Entwicklung. Konkret schlägt sie vor, die Entwicklungspolitik der EU noch stärker auf das zentrale Ziel der Senkung der Armut auszurichten, dergestalt, dass die Mittel stärker zugunsten der Entwicklungsländer eingesetzt werden und vor allem den ärmsten Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern zugute kommen.

    5.2. Der EWSA unterstützt die vorgeschlagenen Maßnahmen. Es kommt jedoch darauf an, dass diese Aktionen wie die Kommission selbst hervorhebt, Maßnahmen im Bereich der Wasserversorgung und der Bereitstellung sanitärer Anlagen beinhalten und sich auch in weiterem Sinne auf Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsdienste erstrecken, bei denen ein entsprechender Zugang zu Heilmitteln zu gestaffelten Preisen gewährleistet ist.

    5.3. Die Kommission schlägt vor, den Geschlechtsgesichtspunkt in den maßgeblichen EU-Politiken stärker zur Geltung zu bringen. Der Ausschuss hätte es begrüßt, wenn dieser Aspekt ausführlicher analysiert worden wäre; auch wenn die Kommission im vergangenen Jahr bereits eine Mitteilung über den Aspekt der Gleichstellung der Geschlechter im Kontext der Entwicklungspolitik(2) veröffentlicht hat. Eine EU-Plattform für den Weltgipfel stellt eine wesentliche Gelegenheit für einen Austausch in diesen Fragen dar.

    5.4. Die Rolle der Frauen bei den sich wandelnden Lebensstilmustern und die Förderung der Akzeptanz neuer Lebensformen ist sehr wichtig und kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bildungspolitische Anstrengungen in dieser Richtung sollten deswegen vorrangig darauf abheben, insbesondere die Frauen anzusprechen, das Gleiche gilt für Maßnahmen zur Unterstützung der Veränderung der Ernährungs-, Gesundheits- und Hygienegewohnheiten.

    5.5. In diesem Zusammenhang sollte der von der UNO-Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (UNCPD) im Jahre 1994 gefasste Beschluss in Erinnerung gerufen werden. Die UNCPD kam damals überein, dass der Zugang zu Familienplanungsdiensten und die Anerkennung des Rechtes der Frauen auf Selbstbestimmung im Reproduktionsbereich Grundvoraussetzung für die Verbesserung der Situation der Frau sind.

    5.6. Der Ausschuss hat den Vorschlag zur Förderung der Forschung zu Themen, die mit nachhaltiger Entwicklung in Zusammenhang stehen, zur Kenntnis genommen und unterstützt ihn nachdrücklich. Er hat u. a. neue Forschungsvorhaben über Modalitäten für Veränderungen bei den Produktions- und Verbrauchsmustern zur Kenntnis genommen. Dies ist offensichtlich ein Bereich, in dem dringlichst mehr Basisinformation gebraucht wird - und auch eine solidere Dialogbasis erforderlich ist.

    6. Nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen und ökologischen Ressourcen

    6.1. Die erste Priorität geht dahin, bis zum Jahre 2015 sowohl auf nationaler als auf weltweiter Ebene die bestehenden Tendenzen bezüglich des Verlusts an ökologischen Ressourcen umzukehren. Ein zweites vorrangiges Ziel ist die Entwicklung sektoraler und intermediärer Ziele in einigen Schlüsselsektoren wie etwa Wasserwirtschaft, Bodennutzung, Energie und biologische Vielfalt.

    6.2. Genauer gesagt plant die Kommission, auf dem Weltgipfel eine Initiative für eine globale Partnerschaft zur Förderung eines nachhaltigen Wasserressourcenmanagements einzuleiten.

    6.3. Der EWSA unterstützt die Kommissionsvorschläge zu diesem wichtigen sektoralen Schwerpunkt. Die Vorschläge zum Wasser- und Energiebereich, insbesondere die Vorhaltung erneuerbarer Energiequellen, sind äußerst wichtig und sollten auf dem Weltgipfel sehr hohe Priorität eingeräumt bekommen. Einige Länder und Regionen mögen zwar diesbezüglich eine Wegbereiterrolle übernehmen, aber wenn globale Lösungen tatsächlich nachhaltig sein sollen, dann müssen bewährte Praktiken und modernste Techniken aktualisiert werden und auf der ganzen Welt Verbreitung finden und dürfen nicht das Privileg einer kleinen Gruppe bleiben.

    6.4. In diesem Zusammenhang ist eine Weiterentwicklung der Strategie der EU für nachhaltige Entwicklung an sich einer der besten Beiträge, die zu dem Weltgipfel und den sich daran anschließenden Arbeiten geleistet werden können. Die Idee eines EU-Aktionsplans zur Durchsetzung des Forstrechts, entsprechende Regierungsarbeit und Handel mit Forstprodukten ist ein wichtiger Beitrag; dies gilt auch für internationale Initiativen, die sich mit Forstrechtsverstößen und forstwirtschaftlichen Vergehen beschäftigen. Die Entwicklung einer EU-Strategie für Fischwirtschaft in entlegenen Gebieten ist ein weiterer guter Ansatzpunkt.

    6.5. Die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls ist ein Schlüsselelement bei den langfristigen Anstrengungen zur Eindämmung der Klimaveränderung. Aber auch wenn das Kyoto-Protokoll ratifiziert wird, muss der Blick allmählich nach vorn gerichtet werden, und zwar auf weitere und künftige Schritte. In diesem Bereich könnte die EU eine Initiative ergreifen, indem sie neue Verpflichtungen bezüglich höherer Emissionssenkungsziele eingeht.

    6.6. Ein Vorschlag der Kommissionsmitteilung anerkennt die Notwendigkeit, Investitionen in erschwingliche, nachhaltige und umweltfreundliche Energieträger zu fördern. Der Ausschuss hätte eine detailliertere Darstellung dieses Aspekts begrüßt.

    6.7. Der Verkehr wird allmählich zu einem Hauptaspekt bei sämtlichen Strategien für nachhaltige Entwicklung, sei es in den Industriestaaten oder in den Entwicklungsländern. Er steht in einem sehr engen Zusammenhang mit der städtischen wie der ländlichen Entwicklung und der Art und Weise, in der Gemeinwesen ihr Arbeitswelt und ihre Lebensform organisieren. In diesem Zusammenhang werden aber die Entwicklungen im Bereich der Verkehrstechnologie sehr stark ins Spiel gebracht. Der Ausschuss würde es begrüßen, wenn die Kommission diesen Problembereich entschlossen angehen würde.

    6.8. Die Kommission regt an, dass die Europäische Union besonderes Augenmerk darauf verwendet, regionale und subregionale Antworten auf ökologische und soziale, sowie auch wirtschaftliche Herausforderungen im Rahmen des Gesamtziels der Herbeiführung einer nachhaltigen Entwicklung zu fördern. Ein solches Konzept könnte als Teilstück der Zusammenarbeit Europa-Mittelmeerraum zum Einsatz gebracht werden.

    6.9. Der Ausschuss unterstützt ausdrücklich diese Idee, da sie mit den Erfahrungen des Ausschusses bei der Zusammenarbeit innerhalb des Mittelmeerraums in Einklang steht. Die Bewerberstaaten sind eine weitere Herausforderung; wenn sie einmal Mitglied sind, werden sie automatisch unter die EU-Gesamtstrategie fallen, aber sie werden sowohl vor als auch nach dem Beitritt gewaltige Unterstützung benötigen, um zu den derzeitigen Mitgliedstaaten aufschließen zu können.

    7. Größere Kohärenz der Politik der Europäischen Union

    7.1. Entsprechend der Struktur und Ausrichtung der Strategie der EU für nachhaltige Entwicklung betont die Kommission die Notwendigkeit neuer Initiativen zur Überprüfung der politischen Kohärenz sämtlicher Politiken, die die nachhaltige Entwicklung berühren.

    7.2. Der Ausschuss hatte wiederholt Gelegenheit, die zentrale Bedeutung dieses Aspekts herauszustellen.

    Er bekräftigt seine feste Überzeugung, dass die EU-Organe entschlossenere Schritte unternehmen müssen, um die entsprechende politische Kohärenz zu erreichen, die für die Durchführung einer in sich geschlossenen Politik für eine nachhaltige Entwicklung erforderlich ist - sei es innerhalb der Grenzen Europas oder als Teil einer globalen Anstrengung aufgrund des Weltgipfels.

    8. Bessere Governance auf allen Ebenen

    8.1. Eine der Prioritäten besteht darin, eine gute Regierungsarbeit auf sämtlichen Ebenen und in allen Ländern zu gewährleisten, damit gemeinsame Ziele im Bereich der nachhaltigen Entwicklung erreicht werden können.

    Der Ausschuss hat die Bemerkungen der Kommission über die Notwendigkeit einer effizienten und transparenten Governance auf sämtlichen Ebenen unter aktiver Beteiligung der der organisierten Zivilgesellschaft einschließlich der Sozialpartner sowohl bei der Planung als auch bei der praktischen Umsetzung zur Kenntnis genommen.

    Der Ausschuss hatte in früheren Stellungnahmen über nachhaltige Entwicklung Gelegenheit, sich zu dieser Thematik zu äußern(3).

    8.2. Die Rolle der Wirtschaft bei der Förderung der Entwicklung sollte unterstützt werden. Die Vereinten Nationen haben die Global-Compact-Initivative als einen Mechanismus zur Förderung einer aktiven Beteiligung der Wirtschaft an den Entwicklungsprozessen und zur Verwirklichung der Millenniumsziele eingeleitet.

    8.3. Der EWSA unterstützt nachdrücklich diese Initiative und äußert die Hoffnung, dass vergleichbare Initiativen auch auf nationaler oder europäischer Ebene ergriffen werden.

    9. Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung

    9.1. Die UNO-Konferenz von Monterrey im März 2002 gelangte zu einer Vereinbarung über eine langsame aber kontinuierliche Anhebung der Finanzmittel, die für nachhaltige Entwicklung bereitgestellt werden sollen. Insgesamt ist das Ergebnis dieser Konferenz als Erfolg zu werten.

    Diese Ressourcen werden zweifelsfrei nicht ausreichen. Auf der anderen Seite stellen sie eine wichtige Trendwende dar.

    9.2. Eines der eingehender zu betrachtenden Schlüsselthemen wird die Frage sein, wie für eine stärkere Steigerung der Privatinvestitionen in Entwicklungsländern gesorgt werden kann.

    Auch hier liegt der Kern der Sache in den Kriterien, die darüber entscheiden, wo Investitionen stattfinden. Und auch hier steht die Bedeutung des Humankapitals im Mittelpunkt.

    Der EWSA unterstützt die in Monterrey getroffene Vereinbarung, dass die Industrieländer ihre öffentliche Entwicklungshilfe auf etwa 0,7 % des BIP anheben sollen, und plädiert zugleich für weitere Initiativen zur Stimulierung von mehr Direktinvestitionen des Privatsektors.

    10. Zusätzliche Aspekte einer globalen Strategie für nachhaltige Entwicklung

    10.1. Die Europäische Kommission hat eine sorgfältig ausgewogene Plattform für die Verhandlungen vor und während des Johannesburger Weltgipfels vorgelegt. Der EWSA hat im vorstehenden Text hierzu seine Bemerkungen vorgetragen.

    Ergänzend zu diesen Überlegungen möchte der Ausschuss vorschlagen, folgende Fragenkomplexe in die Verhandlungsplattform für den Weltgipfel aufzunehmen.

    10.2. Das Millenniums-Ziel einer Primarschulbildung für alle Kinder bis zum Jahre 2015 muss als der erste Schritt einer umfassenden globalen Investition in das Humankapital verstanden werden. Berufliche Bildung, die zum Teil im Rahmen des Primarschulunterrichts und zum Teil in der Zeit danach vermittelt wird, sollte der nächste strategische Schritt zur Schaffung einer globalen Wissensgesellschaft bilden. In einem jüngsten UNCTAD-Bericht wird hervorgehoben, welche Gefahren sich für die Entwicklungsländer ergeben, wenn sie nicht stärker in allgemeine und berufliche Bildung investieren: die hochqualifizierte Arbeit erfordernden Produktkomponenten werden Einfuhrware bleiben und nur die in niedrigqualifizierter Arbeit geschaffenen Teile werden in einem Entwicklungsland angesiedelt.

    10.3. Der EWSA schlägt vor, im Rahmen des Weltgipfels die Einsetzung eines Sonderausschusses zu erörtern, dessen beiden Aufgaben darin bestehen sollten, die Umsetzung des Millenniums-Ziel zu verfolgen und Pläne für eine breiter angelegte Anstrengung im Bereich der beruflichen Bildung abzustecken. Die Entstehung einer globalen wissensbasierten Wirtschaft gebietet eine neue Eilbedürftigkeit bei den Investitionen in allgemeine und berufliche Bildung.

    10.4. Die Rolle der Frauen bei der Ausgestaltung der nachhaltigen Entwicklung wird sehr leicht unterschätzt, was auf traditionelle bzw. kulturelle Denkschemen zurückzuführen ist. Was die am wenigsten weit entwickelten Länder angeht, kommt den Frauen eine besondere Rolle bei der Veränderung der Verhaltensweisen in Bezug auf Ernährungs-, Gesundheits- und Hygienegewohnheiten zu.

    10.5. Der EWSA regt an, dass der Weltgipfel die Bedeutung der Frauen im Entwicklungsprozess herausstreicht und eine gemeinsame neue Anstrengung zur Unterstützung von Frauen initiiert, die gewillt sind, unternehmerisch tätig zu sein, indem entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten, Kapital für mikroökonomische Aktivitäten, verwaltungsmäßige Unterstützung und Erfahrungsaustausch angeboten werden. Die Europäische Union sollte eine entsprechende spezielle Verantwortung für die Initiierung solcher Anstrengungen im Wege von Partnerschaften mit den Sozialpartnern, der Industrie, Ausbildungsstätten, Handelseinrichtungen und internationalen Gremien übernehmen.

    10.6. Das Millenniums-Ziel, den Anteil der Weltbevölkerung, der mit einem US-Dollar pro Tag auskommen muss, bis zum Jahre 2015 zu halbieren, bedingt eine ganze Reihe von miteinander in Wechselbeziehung stehenden Initiativen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist eine der augenscheinlich wichtigsten Aktivitäten in diesem Bereich. Sie bedingt entsprechende Produktionsmöglichkeiten, die Existenz entsprechender Märkte, die Verfügbarkeit entsprechenden Investitionskapitals und ein entsprechendes Bildungs- und Ausbildungsangebot, um nur einige Beispiele zu nennen. Auf der anderen Seite richtet sich die Schaffung von Arbeitsplätzen aber auch nach dem Bedarf und der Verfügbarkeit von Finanzmitteln für öffentliche Versorgungseinrichtungen. Vor allem muss es Verbraucher und Märkte für die betreffenden Erzeugnisse und Dienstleistungen geben.

    10.7. Der EWSA schlägt vor, dass der Weltgipfel die Bedeutung der Schaffung von Arbeitsplätzen als Instrument für die Verwirklichung einiger der Entwicklungsziele herausstreicht. Es sollte eine entsprechende internationale Task Force eingerichtet werden, deren Aufgabe darin besteht, Strategien und Maßnahmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen im Lichte der Ergebnisse der Konferenz von Monterrey und des Weltgipfels selbst auszumachen.

    10.8. Das Bevölkerungsproblem ist zweifelsohne ein maßgeblicher Faktor bei sämtlichen Überlegungen zum Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Einige neue Trends bei der Bevölkerungsstatistik könnten darauf hindeuten, dass die bisherige Entwicklung doch nicht ganz so irreversibel ist, wie von vielen Seiten angenommen wurde. Immerhin haben 13 der bevölkerungsreichsten Länder signalisiert, dass ihre Geburtenraten drastisch zurückgehen, bis auf zwei oder sogar noch weniger Kinder pro Frau. Der Grund liegt eindeutig darin, dass eine zunehmende Anzahl von Frauen auf den Arbeitsmarkt streben.

    10.9. In Anbetracht der Signifikanz der neuen statistischen Trends möchte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss vorschlagen, dass der Weltgipfel bezüglich des Bevölkerungswachstums zu dem Schluss gelangen könnte, dass eine neue globale Studie erforderlich ist, in der die derzeitigen Trends bei den Geburtsraten untersucht werden und auf der Basis der dabei gewonnenen Erkenntnisse denkbare Strategien für die Herbeiführung eines Gleichgewichtes zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklungsaspekten einerseits und der Bevölkerungsentwicklung auf der anderen Seite aufgezeigt werden. Die Studie sollte aber auch dem überall auf der Welt zu beobachtenden Phänomen der alternden Bevölkerung und den damit verbundenen demographischen und wirtschaftlichen Folgen Beachtung schenken.

    10.10. Die großen städtischen Ballungsräume in den Entwicklungsländern stellen besondere Herausforderungen für nachhaltige Entwicklung dar. Oftmals in extremem Maße gilt dies auch für bestimmte ländliche Räume. In beiden Fällen ist die derzeitige Situation das Ergebnis eines langjährigen Unvermögens, die komplexen Faktoren zu begreifen und entsprechend anzugehen, die Überbevölkerung in städtischen Räumen und Bevölkerungsdefizite - und vielfach extreme Entwicklungsrückstände - in ländlichen Gebieten verursachen. Zugleich bilden die großen städtischen Ballungsräume große Problemzonen in Bezug auf Nahrungsmittelversorgung, Gesundheit, Wohnraum, sanitäre Anlagen, Verschmutzung, Bildung, Recht und Ordnung, Verkehr usw.

    10.11. Der EWSA ist davon überzeugt, dass globale Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung auch spezielle Anstrengungen beinhalten müssen, um die unnachhaltigen Tendenzen in städtischen und ländlichen Gebieten zu korrigieren, und zwar sowohl in Entwicklungsländern als auch in einigen Industrieländern. Der Ausschuss regt an, dass der Weltgipfel die Situation in städtischen und ländlichen Gebieten zahlreicher Entwicklungsländer zur Kenntnis nimmt und die Länder auffordert, entsprechende Erfahrungen und Lösungen auszutauschen. Es sollten entsprechende Vorbereitungen für ein Gesamtprogramm über nachhaltige großstädtische Ballungsräume anlaufen.

    10.12. Entsprechend den Ergebnissen der vor zehn Jahren stattgefundenen Konferenz von Rio sollten die Länder einzelstaatliche Strategien für eine nachhaltige Entwicklung ausarbeiten. In der Europäischen Union haben einige Länder dies bereits getan, entsprechend der Aufforderung, die auf dem europäischen Gipfel in Göteborg im Juni 2001 erging.

    Auch wenn solche nationalen Aktionspläne erst in einer ersten Entwicklungsphase sind, so bilden sie doch eine reichhaltige Informations- und Erfahrungsquelle. Der Ausschuss schlägt vor, dass die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit den entsprechend anderen internationalen Institutionen neue und leicht erreichbare Dokumentations- und Informationsdienste einrichtet, um diese Informationen allen zugänglich zu machen.

    10.13. Energie und Verkehr sind zwangsläufig vorrangige Themenkreise bei sämtlichen Überlegungen zum Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat seine Standpunkte zu diesen Fragenkomplexen bereits wiederholt vorgetragen.

    Angesichts der Bedeutung dieser Fragen und in Anbetracht des bereits vorhandenen beträchtlichen Fundus an Forschungs- und Analysearbeiten zu diesen Fragenkomplexen, sollte nach Ansicht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom Weltgipfel eine gemeinsame Bestandsaufnahme initiiert werden. Der Zweck dieses Unterfangens sollte weniger darin bestehen, nach neuen Lösungen zu suchen denn eine breit angelegte Standortbestimmung als Grundlage für neue Maßnahmen vorzunehmen.

    10.14. Der Industrie kommt zweifelsohne eine wesentliche Rolle bei den Entwicklungsanstrengungen zu. Es wurden bereits eine ganze Reihe neuer Initiativen ergriffen, um die Industrie stärker an Vorhaben zu beteiligen und für eine stärkere Investitionstätigkeit für Produktionsaktivitäten in Entwicklungsländern zu sorgen.

    10.15. Der EWSA hat die verschiedenen Initiativen zur Kenntnis genommen, die ergriffen worden sind, um Wirtschaft und Industrie in den Prozess der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung einzubinden. Tatsache ist, dass die größten Anstrengungen im ersten Pfeiler der nachhaltigen Entwicklung unternommen wurden. In der Überzeugung, dass die Industrie insgesamt den Nutzeffekt einer aktiven Beteiligung in wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung begreifen und schätzen wird, schlägt der Ausschuss vor, dass der Weltgipfel die umfassende Einbindung der Industrie in den Prozess der nachhaltigen Entwicklung ausdrücklich befürworten und den OECD-Leitlinien für multilaterale Gesellschaften gebührend Gewicht verleihen wird.

    Der Ausschuss befürwortet Initiativen wie etwa den "Global Compact"-Ansatz und äußert die Hoffnung, dass diese spezifische Initiative größere Breitenwirkung haben wird.

    10.16. Den Sozialpartnern und der organisierten Zivilgesellschaft ganz allgemein kommt bei der globalen nachhaltigen Entwicklung auf allen Seiten eine entscheidende Rolle zu. Die Europäische Kommission hat dies erkannt, genau wie der Vorbereitungsausschuss der UNO - auch wenn dieses Gremium sich noch nicht auf einen gemeinsamen Text verständigen konnte.

    10.17. Der EWSA unterstreicht seinen eigenen Standpunkt, dass die Sozialpartner und die organisierte Zivilgesellschaft ganz allgemein eine wichtige Funktion bei all diesen Prozessen haben, und zwar von einer frühen Planungsphase über die Beobachtung und Umsetzung bis hin zur Bewertungs- und "Follow Up"-Phase.

    10.18. Der Ausschuss bekräftigt seine Auffassung, dass Vertreter der Sozialpartner und der organisierten Zivilgesellschaft insgesamt die Gelegenheit bekommen sollten, bei den breit angelegten Bestandsaufnahmen mitzuwirken, die alle zwei oder drei Jahre stattfinden sollten. Derartige Foren der maßgeblichen Akteure sollten eine maßgebliche Gelegenheit der demokratischen Mitwirkung, Transparenz und Rechenschaft darstellen.

    11. Die Rolle der Europäischen Union

    11.1. Die Schwierigkeiten, zu einer einvernehmlichen Plattform - und entsprechenden vorläufigen Vereinbarungen - für den WSSD zu gelangen, lassen vermuten, dass der Gipfel von den Ergebnissen her möglicherweise hinter den Erwartungen zurückbleiben wird. Dies wäre äußerst enttäuschend und bedauerlich. Bei dieser Sachlage muss es der EU vor allem darauf ankommen, eine Führungsrolle zu übernehmen, indem sie eine Plattform und ein Aktionsprogramm zu konzipieren sucht, die in Johannesburg breite Unterstützung finden könnten.

    11.2. Die weltweit nachhaltige Entwicklung ist ein Bereich, zu dem die EU auf der Basis der in der Union selbst gesammelten Erfahrungen einen ganz speziellen Beitrag leisten kann. Die EU muss darauf vorbereitet und auch dazu bereit sein, auf dem Weg nach Johannesburg eine ausgesprochene Führungsrolle zu übernehmen. Außerdem muss sie aber auch gewillt sein, im Nachgang zum WSSD eine aktive Rolle wahrzunehmen.

    11.3. Bei diesem langen Prozess der globalen Entwicklung sollte die nächste Station nach Johannesburg nicht erst zehn Jahre später angesiedelt sein. Die Schlussfolgerungen des WSSD sollten eine umfassende und anspruchsvolle Agenda für die Zeit nach Johannesburg beinhalten.

    Brüssel, den 30. Mai 2002.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Göke Frerichs

    (1) Die 8 Millenniums-Ziele sind:

    - Beseitigung der extremen Armut und des Hungers; innerhalb des Zeitraums 1990 bis 2015: Halbierung des Anteils der Weltbevölkerung mit einem Tageseinkommen von weniger als 1 US-Dollar,

    - bis zum Jahre 2015: Gewährleistung einer Primarschulbildung für alle,

    - Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Ermächtigung der Frau,

    - Senkung der Kindersterblichkeit,

    - Verbesserung der Gesundheit der Mütter,

    - Bekämpfung der HIV-/AIDS-Krankheit, der Malaria und anderer Krankheiten,

    - Gewährleistung der Nachhaltigkeit der Umwelt,

    - Begründung einer globalen Partnerschaft für Entwicklung.

    (2) KOM(2001) 295 endg.

    (3) WSA-Stellungnahme zum Thema "Erarbeitung einer Strategie der Europäischen Union für nachhaltige Entwicklung" - ABl. C 221 vom 7.8.2001;

    WSA-Stellungnahme zum Thema "Schaffung nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen in Europa für eine bessere Welt" - ABl. C 48 vom 21.2.2002;

    WSA-Stellungnahme zum Thema "Strategie für eine nachhaltige Entwicklung" - ABl. C 94 vom 18.4.2002.

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