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Document 32007D0414

    2007/414/EG: Entscheidung der Kommission vom 21. Februar 2007 über die Staatliche Beihilfe C 36/2004 (ex N 220/2004), die Portugal zugunsten von CORDEX, Companhia Industrial Têxtil S.A. gewähren will (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 474) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 156 vom 16.6.2007, p. 23–27 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2007/414/oj

    16.6.2007   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 156/23


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

    vom 21. Februar 2007

    über die Staatliche Beihilfe C 36/2004 (ex N 220/2004), die Portugal zugunsten von CORDEX, Companhia Industrial Têxtil S.A. gewähren will

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 474)

    (Nur der portugiesische Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2007/414/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2, erster Unterabsatz,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

    nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I.   VERFAHREN

    (1)

    Mit Schreiben vom 5. Mai 2004 (registriert am 19. Mai 2004) teilte Portugal der Kommission seine Absicht mit, dem Unternehmen CORDEX, Companhia Industrial Têxtil S.A. (nachstehend „CORDEX“) zur Unterstützung bei der Finanzierung einer Investition in Brasilien eine Beihilfe zu gewähren. Auf Ersuchen der Kommission übermittelte Portugal mit Schreiben vom 31. August 2004 (registriert am 6. September 2004) sowie vom 13. September 2004 (registriert am 16. September 2004) weitere Auskünfte.

    (2)

    Die Kommission hat Portugal mit Schreiben vom 19. November 2004 von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, wegen dieser Beihilfe das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

    (3)

    Mit Schreiben vom 7. Januar 2005 (registriert am 11. Januar 2005) übermittelten die portugiesischen Behörden ihre Stellungnahme im Rahmen des vorgenannten Verfahrens.

    (4)

    Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission hat die Beteiligten zur Äußerung zu der betreffenden Beihilfe aufgefordert.

    (5)

    Die Stellungnahmen, die die Kommission von Beteiligten erhalten hat, sind den portugiesischen Behörden zugeleitet worden, die mit Schreiben vom 20. Mai 2005 (eingegangen am 25. Mai 2005) hierzu ihre Bemerkungen abgegeben haben.

    (6)

    Die Kommission ersuchte mit Schreiben vom 26. September 2005 um weitere Auskünfte. Dieser Aufforderung kam Portugal mit Schreiben vom 9. November 2005 (eingegangen am 10. November 2005) nach. Die letzten Auskünfte wurden von den portugiesischen Behörden mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 (eingegangen am 23. Dezember 2005) übermittelt.

    II.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

    (7)

    Bei CORDEX handelt es sich um einen Hersteller von Seilerwaren mit Sitz in Ovar, einem Gebiet, das unter Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag fällt. Das Unternehmen wurde 1969 gegründet und spezialisierte sich auf die Herstellung von Seilen aus Kunstfasern (Polypropylen und Polyethylen) sowie von landwirtschaftlichem Bindegarn („binder“ und „baler twine“) und anderen Sisalerzeugnissen. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der Beihilfe beschäftigte CORDEX 259 Mitarbeiter. Sein Umsatz betrug in jenem Jahr (2004) ca. 25 Mio. EUR. CORDEX besitzt zwei weitere Beteiligungsunternehmen in demselben Gebiet, und zwar FLEX 2000 (gegründet 2001) und CORDENET (gegründet 2003). Die drei Unternehmen beschäftigten zusammen rund 415 Mitarbeiter (3).

    (8)

    Das Beihilfevorhaben besteht in der Gründung eines neuen Unternehmens — Cordebras Lda. — in Brasilien zur ausschließlichen Herstellung von Pressengarnen, einem hauptsächlich in der Landwirtschaft verwendeten Produkt. Mit dieser Investition will CORDEX seine Herstellung von Sisalprodukten steigern und die kostengünstigen Rohstoffe und Arbeitskräfte in Brasilien nutzen. Brasilien gilt als weltweit führender Produzent dieses Rohstoffes (Sisalfaser), und die Kosten für Arbeitskräfte betragen in diesem Land etwa ein Drittel der Kosten in Portugal.

    (9)

    Mit diesem Projekt möchte CORDEX auch neue Märkte erschließen, insbesondere in den USA, in Kanada und in den Mercosur-Ländern. Darüber hinaus wird ein Teil des in Brasilien produzierten Sisal sowohl als Fertigerzeugnis als auch als Halbfabrikat nach Portugal eingeführt (4). Im letzteren Fall wird das Produkt einer speziellen Behandlung auf Ölbasis unterzogen und vor der Vermarktung neu gewickelt und verpackt.

    (10)

    Die zu würdigenden beihilfefähigen Investitionskosten belaufen sich auf 2 678 630 EUR, was dem Nennkapital des neuen Unternehmens Cordebras Lda entspricht. Das Vorhaben wurde 2002 abgeschlossen und ist derzeit betriebsbereit.

    (11)

    CORDEX stellte an die portugiesischen Behörden einen Beihilfeantrag auf der Grundlage einer Regelung, mit der die Internationalisierung der portugiesischen Unternehmen gefördert werden soll (5). Entsprechend dieser Regelung müssen die Beihilfen für Großunternehmen bei der Kommission angemeldet werden. Obwohl CORDEX den Beihilfeantrag im Jahr 2000 vor Beginn der Durchführung des Vorhabens gestellt hat, hat Portugal die Beihilfe aufgrund von Verzögerungen interner Art erst im Januar 2004 bei der Kommission angemeldet.

    (12)

    Die angemeldete Maßnahme besteht in einer Steuererleichterung in Höhe von 401 795 EUR, was 15 % der beihilfefähigen Investitionskosten entspricht.

    III.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

    (13)

    In ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens in diesem Fall hat die Kommission dargelegt, dass sie die Maßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag würdigen würde, um zu entscheiden, ob die Beihilfe zur Förderung der Entwicklung eines Wirtschaftszweiges beiträgt, ohne die Handelsbeziehungen in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

    (14)

    Desgleichen berücksichtigte die Kommission folgende Kriterien, die bereits in früheren Fällen von Beihilfen für Großunternehmen zur Finanzierung von Direktinvestitionen im Ausland angewandt wurden (6): dass in der Beihilfe keine verdeckten Bestandteile von Ausfuhrbeihilfen enthalten sind; mögliche Auswirkungen der Beihilfe auf die Beschäftigung sowohl im Ursprungs- als im Empfangsland; das Risiko einer Verlagerung; Auswirkung der Maßnahme in dem Gebiet, in dem der Beihilfeempfänger seinen Sitz hat; die Notwendigkeit der Beihilfe, auch der vorgesehenen Intensität, im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie bzw. die mit einem Investitionsvorhaben in dritten Ländern verbundenen Risiken.

    (15)

    Die Kommission kam in diesem Zusammenhang zu dem Schluss, dass die Beihilfe für eine produktive Erstinvestition gewährt wurde und keine verdeckten Bestandteile von Ausfuhrbeihilfen enthielt. Sie führte auch nicht zu Verlagerungen von Arbeitsplätzen von Portugal nach Brasilien, da CORDEX den Beschäftigungsstand in Portugal beibehalten wollte. Da die in Brasilien errichtete neue Betriebsstätte mit neuen Produktionsmaschinen ausgestattet ist und die Arbeitskräfte vor Ort eingestellt werden, hat sich das Risiko einer Verlagerung sogar noch verringert.

    (16)

    Die Kommission nahm auch das Argument Portugals zur Kenntnis, dieses Vorhaben sei die erste Internationalisierungserfahrung von CORDEX, das den brasilianischen Markt nicht kannte, und Investitionen in einen unbekannten Markt könnten mit hohen Risiken verbunden sein. Daraus könnte billigerweise abgeleitet werden, dass ein Misserfolg erhebliche finanzielle Auswirkungen für das Unternehmen hätte, da die Investitionskosten etwa 12 % seines Umsatzes ausmachen. Zudem stellte das Unternehmen den Beihilfeantrag vor Beginn der Durchführung des Vorhabens, was darauf hindeuten würde, dass die Maßnahme das Anreizkriterium erfüllt, wie es in den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung gefordert wird (7).

    (17)

    Doch die Kommission äußerte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Beihilfe auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden europäischen Industrie. Die Kommission stellte fest, dass ein Teil der in Brasilien hergestellten Waren vermutlich in den Wettbewerb auf dem EU-Markt gelangen wird und dass sie über keinerlei Informationen zur Größe des Beihilfeempfängers oder des Marktes und auch nicht zur Auswirkung der Maßnahme in dem Gebiet, in dem CORDEX seinen Sitz hat, verfügte. Folglich konnte die Kommission zu diesem Zeitpunkt nicht feststellen, dass die Beihilfe mit der Ausnahmebestimmung des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag vereinbar ist.

    (18)

    Das französische Unternehmen BIHR erklärte, dass die Investition von CORDEX in Brasilien im Gefolge anderer Investitionen portugiesischer Hersteller zustande kam und dass diese Unternehmen zusammen mit anderen brasilianischen und amerikanischen Wettbewerbern eine Bedrohung für die Sisalproduktion von BIHR in Europa darstellen. BIHR war auch besorgt, dass die Beihilfe die Position von CORDEX im Kunstfaser-Sektor stärken könnte.

    (19)

    Ähnliche Bedenken äußerte Sainte Germaine, ein anderes französisches Unternehmen, das angibt, in Europa Kunstfasererzeugnisse herzustellen und seine Tätigkeiten im Sisal-Sektor nach Brasilien verlagert zu haben. Sainte Germaine machte geltend, dass die portugiesischen Unternehmen Vorteile haben, wenn sie in Brasilien investieren, da sie anschließend das Erzeugnis mit niedrigeren Zollgebühren nach Europa einführen können.

    (20)

    Ein weiteres Unternehmen, das anonym bleiben möchte, äußerte sich im gleichen Sinne und erklärte, dass die Beihilfe CORDEX Wettbewerbsvorteile im Seilerwarensektor verschaffen würde.

    (21)

    Portugal stellte fest, dass die Investition in Brasilien Teil der Strategie von CORDEX ist, in Portugal ein breites Spektrum von Tätigkeiten zu sichern und dabei zugleich den derzeitigen Beschäftigungsstand zu halten. CORDEX wird weiterhin Sisalprodukte in Portugal herstellen, und zwar mit aus Brasilien eingeführten Rohstoffen und auch von Cordebras Lda. sowohl Fertigerzeugnisse als auch Halbfabrikate einführen, die es zu Sisalerzeugnissen mit einem höheren Mehrwert verarbeiten wird. Zu diesen Tätigkeiten gehört die Anpassung der Verpackung aus landwirtschaftlichem Bindegarn („baler twine“), das entsprechend den Anforderungen des Kunden (beispielsweise bei der Größe oder der Etikettierung) eingeführt wird, wodurch auch ein Beitrag zur Beschäftigung in der Industrie des Verpackungssektors in dem Gebiet, in dem CORDEX ansässig ist, geleistet wird.

    (22)

    Im Ergebnis der Investition in Brasilien errichtete CORDEX zwei neue Unternehmen in OVAR (FLEX und CORDENET für die Herstellung von Schaumstoffen bzw. Netzen). Dies führte zu einigen Umsetzungen von Mitarbeitern zwischen den beiden Unternehmen und zu einer leichten Steigerung der Gesamtbeschäftigung in den drei Unternehmen in Ovar von 358 Mitarbeitern im Jahr 2000 auf 415 Mitarbeiter im Jahr 2005. Das vor kurzem gegründete brasilianische Unternehmen Cordebras Lda. hat etwa 145 Beschäftigte.

    (23)

    Nach Auskunft der portugiesischen Behörden wirkt die Diversifizierungsstrategie von CORDEX, einschließlich der Investition in Brasilien, demnach arbeitsplatzsichernd aus in einem Gebiet (Ovar), dessen Arbeitslosenrate weit über dem Landesdurchschnitt liegt. Sie trägt ebenfalls zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Bundesstaat Bahia (Brasilien) bei, in dem das Unternehmen Cordebras Lda. liegt.

    (24)

    In Bezug auf die Stellungnahmen von Beteiligten erklärten die portugiesischen Behörden, dass CORDEX denselben Bedingungen und denselben Zollgebühren unterliegt wie jeder andere Hersteller der EU, der Sisalerzeugnisse aus Brasilien einführt, und dass der geringere Betrag der Beihilfe, den sie CORDEX gewähren wollen, aller Voraussicht nach keinerlei beträchtliche Auswirkungen auf den Gemeinschaftsmarkt haben wird. Aus Sicht der portugiesischen Behörden war die Investition von CORDEX in Brasilien notwendig, um den Auswirkungen der gestiegenen Ausfuhren aus Ländern entgegenzuwirken, die durch geringere Kosten im Vorteil sind (afrikanische Länder und Brasilien) (8).

    (25)

    Schließlich erklärte Portugal noch, dass die Tatsache, dass die Investition ohne staatliche Finanzierungen erfolgte, nicht dem Unternehmen zur Last gelegt werden darf, das das Vorhaben mit Hilfe von Bankdarlehen und Eigenkapital fortführte in der Erwartung, die staatliche Beihilfe zu erhalten, die es im Rahmen der relevanten nationalen Regelung beantragt hatte (9).

    IV.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

    (26)

    Im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

    In ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens im vorliegenden Fall gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass die Beihilfemaßnahme in den Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fällt, und zwar mit folgender Begründung:

    Mit der Unterstützung der Errichtung einer neuen Fertigungsstätte im Rahmen der Internationalisierungsinitiative eines portugiesischen Unternehmens in Brasilien begünstigt die angemeldete Maßnahme ein bestimmtes Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass Beihilfen, die Unternehmen der Europäischen Union für ausländische Direktinvestitionen gewährt werden, vergleichbar sind mit den Beihilfen, die Unternehmen gewährt werden, die praktisch ihre gesamte Produktion nach außerhalb der Gemeinschaft ausführen. In solchen Fällen kann angesichts der Abhängigkeit zwischen den Märkten, auf denen die Unternehmen der Gemeinschaft aktiv werden, nicht ausgeschlossen werden, dass die Beihilfe möglicherweise den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft verfälscht (10).

    Portugal erklärte, dass mit der Investition auch die Tätigkeiten des Beihilfeempfängers in Portugal (sowie in dem Land, in dem die Investition getätigt wird) gefördert werden sollen und somit potenziell der innergemeinschaftliche Handel beeinträchtigt werden kann.

    Die Beihilfe wird mit staatlichen Mitteln finanziert. Diese Schlussfolgerungen wurden von Portugal nicht bestritten und gelten deshalb als bestätigt.

    (27)

    Da die Beihilfe nicht als vereinbar mit geltenden Leitlinien oder Rahmen angesehen werden konnte, erklärte die Kommission, sie werde würdigen, ob die Beihilfe als vereinbar mit der Ausnahmeregelung des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag angesehen werden könne, wonach eine Beihilfen zulässig ist, die zur Förderung der Entwicklung eines Wirtschaftszweiges beiträgt, ohne die Handelsbeziehungen in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Folglich muss die Kommission würdigen, ob die Beihilfe zur Entwicklung der Sisalproduktion oder anderer Wirtschaftszweige in der Europäischen Union beiträgt, ohne sich nachteilig auf die Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten auszuwirken.

    (28)

    In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens unterstrich die Kommission ebenfalls, dass sie bestimmte Kriterien berücksichtigen würde, die sie bereits in früheren Fällen der Gewährung von Beihilfen für Großunternehmen zur Finanzierung ausländischer Direktinvestitionen herangezogen hat (siehe Randnummer 14), um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Vorteilen der Beihilfe als Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden europäischen Industrie (wenn etwa die Beihilfe im Hinblick auf die mit dem Vorhaben verbundenen Risiken im Drittland notwendig ist) und ihren möglichen nachteiligen Folgen auf dem EU-Markt herzustellen.

    (29)

    In diesem Zusammenhang hatte die Kommission Bedenken im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen auf Gemeinsamen Markt und auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden europäischen Industrie. Zudem verfügte sie nicht über Informationen zur relativen Position des Beihilfeempfängers gegenüber den EU-Wettbewerbern oder zu den Auswirkungen der Maßnahme in dem Gebiet, in dem CORDEX ansässig ist (siehe Randnummer 17).

    (30)

    In den Rechtsvorschriften im Bereich der staatlichen Beihilfen ist als allgemeiner Grundsatz festgelegt, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, wenn nachgewiesen wird, dass sie zu einer zusätzlichen Wirtschaftstätigkeit des Beihilfeempfängers führt, die ohne die Gewährung der Beihilfe nicht durchgeführt würde. Andernfalls verursacht die Beihilfe nur eine Verzerrung des Wettbewerbs, ohne dass im Gegenzug eine positive Wirkung erzielt wird. Die Kommission unterstrich, dass es, da das Unternehmen die Beihilfe vor Anlauf des Vorhabens beantragt hat, offenbar einiges dafür sprach, dass die Maßnahme die Anreizwirkung ausübte, die nach den Vorschriften über staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung erforderlich ist (11). Doch das allein beweist nicht, dass die Beihilfe im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie bzw. die mit den Investitionsprojekten in einigen dritten Ländern verbundenen Risiken tatsächlich notwendig war.

    (31)

    In ihrem Beschluss vom 19. November 2004 verwies die Kommission auf das Argument der portugiesischen Behörden, eine Investition in Brasilien könne wegen der Unvorhersehbarkeit der brasilianischen Währung höhere Risiken für CORDEX bergen als eine Investition in der Europäischen Union. Zudem handele es sich um die erste Internationalisierungserfahrung von CORDEX und das Unternehmen habe über keine Erfahrung auf dem brasilianischen Markt verfügt (12).

    (32)

    Aus den der Kommission nach Einleitung des Verfahrens übermittelten Auskünften geht jedoch hervor, dass andere Hersteller, Konkurrenten von CORDEX, in Brasilien investiert haben (trotz der offensichtlichen Unvorhersehbarkeit der brasilianischen Währung). Speziell das Unternehmen Quintas & Quintas S.A., ein portugiesisches Unternehmen, das mit CORDEX im Wettbewerb steht, hat den von den portugiesischen Behörden vorgelegten Angaben zufolge eine Produktionsstätte in Brasilien (Brascorda) errichtet, ohne die portugiesischen Behörden um Unterstützung in irgendeiner Form zu bitten. Folglich gibt es keine Beweise für eine generelle Marktschwäche in Verbindung mit dieser Art Vorhaben, die CORDEX oder seine Wettbewerber daran hindern könnte, in Brasilien ohne staatliche Unterstützung zu investieren.

    (33)

    Auch wenn dies die erste Internationalisierungserfahrung von CORDEX ist, gelang es den portugiesischen Behörden nicht zu beweisen, dass spezielle Schwierigkeiten für das Unternehmen bestanden, um die betreffende Investition zu tätigen. So haben die portugiesischen Behörden beispielsweise trotz des relativ kleinen Umsatzvolumens von CORDEX (unter dem Schwellenwert von KMU) nicht festgestellt, dass CORDEX nicht die Möglichkeit gehabt hätte, eine Finanzierung von kommerziellen Banken zu erhalten. Vielmehr scheint es so zu sein, dass das Unternehmen die Investition mit Eigenmitteln und Bankdarlehen finanzieren konnte.

    (34)

    Ausgehend von den vorstehenden Informationen ist die Kommission deshalb der Auffassung, dass Portugal nicht den Beweis erbringen konnte, dass CORDEX die betreffende Investition in Brasilien ohne die Beihilfe nicht durchgeführt hätte und dass die Beihilfe angesichts der Risiken in Verbindung mit seinem Vorhaben in Brasilien notwendig war.

    (35)

    Den verfügbaren Informationen zufolge gibt es etwa zwölf europäische Sisalproduzenten auf dem Gemeinsamen Markt. Fünf davon sind in Portugal ansässig, und sie erbringen ca. 81 % der EU-Produktion (13). Alle diese Unternehmen produzieren Kunstfasern, Seilerwaren und Sisalgarne. Die meisten dieser Unternehmen stellen hauptsächlich Kunstfasern her. Dies gilt auch für CORDEX (der Sisalsektor bindet nur rund 20 % seiner Produktionskapazität). Was ihre Einsetzbarkeit in der Landwirtschaft betrifft, so sind Sisal- und Kunstfasern mehr oder minder austauschbar.

    (36)

    Im Jahr 2003 betrug der Anteil von CORDEX am Gemeinsamen Markt für Sisalerzeugnisse ca. 6,6 %. Berücksichtigt man aber auch noch die Vermarktung der Produkte von Cordebras Lda., dann steigt der Anteil von CORDEX am Gemeinsamen Markt auf 17,7 % (14). In diesem Zusammenhang gaben die portugiesischen Behörden an, dass etwa 47 % der Ausfuhren von Cordebras (rund 2 210 Tonnen im Jahr 2003) für den Gemeinsamen Markt bestimmt waren.

    (37)

    Angesichts des bedeutenden Anteils der Sisalproduktion von Cordebras Lda., der in die EU (über CORDEX) eingeführt wird, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Beihilfe offensichtlich erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt hat. Darüber hinaus stärkt die Beihilfe offenbar auch die allgemeine Position von CORDEX in der EU und kann sich somit auf andere Marktsegmente auswirken, in denen CORDEX und seine Wettbewerber vertreten sind. Diese Angaben werden durch die eingereichten Stellungnahmen der Wettbewerber bestätigt, die vorbringen, die Beihilfe führe zu schwerwiegenden Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt für Sisal- und Kunstfaserseile und -zwirne.

    (38)

    Bei der Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfe muss die Kommission sorgfältig das Verhältnis zwischen den negativen und positiven Auswirkungen der Maßnahme in der EU prüfen und ermitteln, ob die vorteilhaften Auswirkungen für die Gemeinschaft die nachteiligen Auswirkungen für den Wettbewerb und den Handel auf dem Gemeinsamen Markt ausgleichen. Ausgehend von den vorstehenden Informationen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass keine Beweise vorliegen, aus denen hervorginge, dass die Gewährung der Beihilfe an CORDEX für dessen Investition in Brasilien zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden europäischen Industrie beitragen könnte. Die Beihilfe würde vermutlich die Position des Beihilfeempfängers stärken, dies jedoch zum Nachteil seiner Wettbewerber, die keine staatlichen Beihilfen erhalten. Es ist demzufolge nicht bewiesen, dass die Beihilfe positive Auswirkungen für die Gemeinschaft hätte, die ihre negativen Folgen für den Wettbewerb und den Handel auf dem Gemeinsamen Markt ausgleichen würden.

    (39)

    Aufgrund der vorstehenden Überlegungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass keine Beweise dafür vorliegen, dass die Beihilfe notwendig ist, damit CORDEX die betreffende Investition in Brasilien durchführt. Außerdem kann die Beihilfe eine erhebliche wettbewerbsverzerrende Wirkung auf dem Gemeinsamen Markt haben. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das staatliche Beihilfevorhaben zugunsten von CORDEX, mit dem dessen Direktinvestition in Brasilien unterstützt werden soll, nicht im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c zur Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige beiträgt, ohne die Handelsbeziehungen in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, und deshalb nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist —

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die angemeldete Steuererleichterung, die Portugal in Höhe von 401 795 EUR zugunsten von CORDEX, Companhia Industrial Têxtil S.A., zur Finanzierung von dessen ausländischer Direktinvestition in Brasilien gewähren will, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie die in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag festgelegten Kriterien nicht erfüllt.

    Artikel 2

    Diese Entscheidung ist an die Portugiesische Republik gerichtet.

    Brüssel, den 21. Februar 2007

    Für die Kommission

    Neelie KROES

    Mitglied der Kommission


    (1)  ABl. C 35 vom 10.2.2005, S. 2.

    (2)  Siehe Fußnote 1.

    (3)  Angaben von 2005.

    (4)  Portugal erläuterte, dass das in Brasilien hergestellte landwirtschaftliche Bindegarn „baler twine“ als Fertigerzeugnis oder als Halbfabrikat zur Verwendung bei anderen Erzeugnissen wie Teppichen, Ausstattungsgegenständen oder im Bereich der traditionellen Verpackung eingesetzt werden kann.

    (5)  N 96/99, ABl. C 375 vom 24.12.1999, S. 4.

    (6)  Siehe Beihilfe C 77/97 (LiftGmbH — Doppelmayr, Österreich), ABl. L 142 vom 5.6.1999, S. 32, und Beihilfe C 47/02 (Vila Galé-Cintra), ABl. L 61 vom 27.2.2004, S. 76.

    (7)  Siehe Ziffer 4.2 der zum Zeitpunkt der Mitteilung über die Maßnahme geltenden Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung: „der Beihilfeantrag (muss) vor Beginn der Projektausführung gestellt werden“, ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 13.

    (8)  Nach Auskunft dieser Behörden sank der Absatz von portugiesischem Sisal in der EU im Zeitraum 1999—2004 um 12,3 %, hauptsächlich wegen gestiegener Einfuhren.

    (9)  Siehe Fußnote 5.

    (10)  Siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C 142/87, „Tubemeuse“, Slg. 1990, I-959, Entscheidungsgrund 35.

    (11)  Siehe Fußnote 7.

    (12)  Siehe hierzu auch Beihilfe C 47/02, Vila Galé-Cintra.

    (13)  Angaben von 2003.

    (14)  Von Portugal vorgelegte Angaben, bezogen auf den sichtbaren Verbrauch der EU-15 im Jahr 2003.


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