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Document 52018XX0406(01)
Summary of the Opinion of the European Data Protection Supervisor on the proposal for a recast of the Brussels IIa Regulation
Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag einer Neufassung der Brüssel-IIa-Verordnung
Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag einer Neufassung der Brüssel-IIa-Verordnung
ABl. C 120 vom 6.4.2018, pp. 18–20
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
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6.4.2018 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 120/18 |
Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag einer Neufassung der Brüssel-IIa-Verordnung
(Der vollständige Text dieser Stellungnahme ist in deutscher, englischer und französischer Sprache auf der Internetpräsenz des EDSB unter www.edps.europa.eu erhältlich)
(2018/C 120/07)
Die Brüssel-IIa-Verordnung ist der Eckpfeiler der justiziellen Zusammenarbeit in Familiensachen in der Europäischen Union. Sie enthält einheitliche Regeln für die gerichtliche Zuständigkeit im Falle der Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und Ungültigerklärung einer Ehe sowie bei Streitigkeiten über die elterliche Verantwortung in grenzüberschreitenden Situationen. Das vorrangige Ziel der Neufassung der Brüssel-IIa-Verordnung ist es, die noch verbleibenden Hindernisse für den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zu beseitigen und das Kindeswohl besser zu schützen, indem die Verfahren vereinfacht und effizienter gemacht werden.
Die vorgeschlagenen neuen Regeln sollen eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden, die Informationen innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten austauschen, ohne Einrichtung eines IT-Systems fördern. Der EDSB wurde von der Kommission zu dem Vorschlag nicht konsultiert. Da während der Diskussionen der Arbeitsgruppe des Rates für Zivilrecht Fragen über die Beziehung zwischen der vorgeschlagenen Neufassung und dem Unionsrecht über den Schutz personenbezogener Daten aufgetreten sind, ersuchte der Rat förmlich um eine Stellungnahme des EDSB. Der EDSB begrüßt dieses Ersuchen des Rates um Stellungnahme.
Die Stellungnahme konzentriert sich vor allem auf spezifische Empfehlungen zur Stärkung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Artikel 63 und 64 des Vorschlags. Daneben erteilt der EDSB auch Empfehlungen für einen angemessenen und spezifischen Schutz der Grundrechte und Interessen der betroffenen Personen.
Im Hinblick auf die Artikel 6 Absatz 3 und 9 Absatz 2 Buchstabe g der Datenschutz-Grundverordnung und unter Berücksichtigung des Kontextes, des Ziels des Vorschlags und des Umstands, dass auch Kinder zu den betroffenen Personen des Vorschlags gehören, empfiehlt der EDSB, in die Verordnung spezifische Bestimmungen über den Zweck der Verarbeitung sowie über die Arten der von der Verarbeitung betroffenen Daten aufzunehmen. Der EDSB regt vor allem an, genau zu bestimmen, ob sich der in Kapitel V des Vorschlags geregelte Rahmen für die Zusammenarbeit nur auf die Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung oder auch über internationale Kindesentführungen bezieht. Da Kapitel V für beide Bereiche der Zusammenarbeit zu gelten scheint und mehr Rechtssicherheit und die Voraussetzungen des Grundsatzes der Zweckbindung erreicht werden sollen, könnte Artikel 63 Absatz 3 nach Auffassung des EDSB also geändert werden, um die Zwecke auf eine: „Zusammenarbeit in besonderen Fällen, die die elterliche Verantwortung und internationale Kindesentführung betreffen“ zu begrenzen. Außerdem würde der EDSB einen ausdrücklichen Verweis auf die Grundsätze der Datenqualität und Datenminimierung in der Verordnung begrüßen.
Im Kontext des vorliegenden Vorschlags ist der EDSB zufrieden, dass Artikel 63 Absatz 4 die grundsätzliche Pflicht enthält, die betroffene Person über die Informationsübermittlung zu informieren. Diese Pflicht kann im Ausnahmefall bis zur Erledigung des Antrags aufgeschoben werden. Diese Beschränkung, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Rechten der betroffenen Person auf Information über die Übermittlung und den Interessen der Mitgliedstaaten auf Informationsaustausch gewährleisten soll, scheint als solche keine grundsätzlichen Fragen im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze der Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben und Transparenz aufzuwerfen. Dennoch ist der EDSB der Auffassung, der Bezug auf „mit dem nationalen Recht des ersuchten Mitgliedstaats“ könnte Verwirrung auslösen, da er die Einführung nationaler Beschränkungen der Informationspflicht zu erlauben scheint. Der EDSB empfiehlt anzugeben, dass der Bezug auf das nationale Recht des ersuchten Mitgliedstaats gemäß Artikel 63 Absatz 4 keine Einführung weiterer Einschränkungen des Rechts auf Information auf nationaler Ebene erlaubt. Somit wird die vorgesehene spezifische Maßnahme zur Sicherstellung der in dieser Bestimmung enthaltenen Verarbeitung nach Treu und Glauben unionsweit einheitlich angewandt.
Zusätzlich empfiehlt der EDSB in der Verordnung das Auskunftsrecht der betroffenen Personen über die Informationen, die an die ersuchende Behörde eines Mitgliedstaats übermittelt wurden, als Grundsatz zu verankern. Weiter rät der EDSB den Vorschlag in dem Umfang, in dem die Beschränkungen der Rechte auf Auskunft und Berichtigung in dem besonderen Kontext des Vorschlags als notwendig erachtet werden, mit einer klaren und besonderen Bestimmung auszustatten, die den „Anwendungsbereich der Beschränkungen“ gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe c der Datenschutz-Grundverordnung festlegt.
1. EINLEITUNG UND HINTERGRUND
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1. |
Die Kommission hat dem Rat am 30. Juni 2016 einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Neufassung) übermittelt. Bei dem Vorschlag handelt es sich um eine Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (die sogenannte Brüssel-IIa-Verordnung, im Folgenden der „Vorschlag“). |
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2. |
Die Brüssel-IIa-Verordnung ist der Eckpfeiler der justiziellen Zusammenarbeit in Familiensachen in der Europäischen Union. Sie enthält einheitliche Regeln für die gerichtliche Zuständigkeit im Falle der Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und Ungültigerklärung einer Ehe sowie bei Streitigkeiten über die elterliche Verantwortung in grenzüberschreitenden Situationen. Sie erleichtert den freien Verkehr von Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und Vereinbarungen in der Union, indem sie Bestimmungen über deren Anerkennung und Vollstreckung in anderen Mitgliedstaaten festlegt. Die Verordnung gilt seit dem 1. März 2005 in allen Mitgliedstaaten (1) mit Ausnahme Dänemarks (2). |
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3. |
Die Kommission hat die Verordnung auf ihre Praxistauglichkeit überprüft und in ihrem im April 2014 angenommenen Anwendungsbericht (3) Änderungen an der Verordnung für nötig befunden. Von den beiden wichtigsten unter die Verordnung fallenden Bereichen, Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, erwies sich der Bewertung zufolge letzterer als Ursache akuter Probleme. Zudem hat der Gerichtshof (EuGH) bislang 24 Urteile zur Auslegung der Verordnung erlassen, die berücksichtigt wurden. |
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4. |
Das vorrangige Ziel des Vorschlags ist die Weiterentwicklung des europäischen Raums des Rechts und der Grundrechte auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens, die Beseitigung der noch verbleibenden Hindernisse für den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und der bessere Schutz des Kindeswohls, indem die Verfahren vereinfacht und effizienter gemacht werden. |
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5. |
Der Vorschlag schafft insbesondere das Exequaturverfahren (4) für alle in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Entscheidungen ab und führt dafür die automatische Anerkennung aller Entscheidungen von anderen EU-Mitgliedstaaten ein. Der Vorschlag präzisiert eine Anzahl von Punkten bei grenzüberschreitender Kindesentführung mit dem Ziel, das Verfahren der Rückgabe eines entführten Kindes effizienter zu gestalten. |
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6. |
Die neuen Regeln sollen eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden, die Informationen innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten austauschen, ohne die Einrichtung eines IT-Systems fördern. Die Arbeitsgruppe des Rates für Zivilrecht hat dennoch während der Diskussionen über die Beziehung zwischen der vorgeschlagenen Neufassung und dem Unionsrecht über den Schutz personenbezogener Daten Bedenken geäußert. |
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7. |
Der Rat hat am 11. Januar 2018 den EDSB förmlich um eine Stellungnahme ersucht. Dieses Ersuchen bezieht sich insbesondere auf die Artikel 63 Absatz 3 und 63 Absatz 4 des Vorschlags, die Regeln darüber enthalten, wie die von den Zentralen Behörden eingeholten Informationen betreffend grenzüberschreitende Fälle weiter verwendet werden dürfen und wie die Benachrichtigung der betroffenen Personen darüber erfolgen soll. |
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8. |
Der EDSB begrüßt, dass er vom Rat konsultiert wurde. Der Schwerpunkt dieser Stellungnahme liegt darin, spezifische Empfehlungen zur Stärkung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Artikel 63 und 64 des Vorschlags (Abschnitt 2) zu erteilen. Daneben erteilt der EDSB auch Empfehlungen für einen angemessenen und spezifischen Schutz der Grundrechte und Interessen der betroffenen Personen (Abschnitt 3). |
4. SCHLUSSFOLGERUNG
Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
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38. |
Als Hauptempfehlung und als Stärkung der Rechtmäßigkeit der vorgesehenen Verarbeitung (gemäß Artikel 6 Absatz 3 und 9 Absatz 2 Buchstabe g der Datenschutz-Grundverordnung) und unter Berücksichtigung des Kontextes und des Ziels des Vorschlags, empfiehlt der EDSB den Umfang und den Zweck/die Zwecke der in Kapitel V des Vorschlags festgelegten Zusammenarbeit genau zu bestimmen:
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39. |
Als zusätzliche Empfehlung für die Stärkung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung:
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Angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person
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40. |
Als Hauptempfehlung:
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41. |
Als zusätzliche Empfehlung legt der EDSB nahe, den Vorschlag durch spezifische Maßnahmen zur Sicherstellung der Auskunfts- und Berichtigungsrechte der betroffenen Personen zu ergänzen:
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Brüssel, den 15. Februar 2018
Giovanni BUTTARELLI
Europäischer Datenschutzbeauftragter
(1) In den Mitgliedstaaten, die der Union nach diesem Zeitpunkt beigetreten sind, gilt die Verordnung seit dem Beginn ihrer Mitgliedschaft.
(2) Dänemark beteiligt sich nicht an der Verordnung, die daher für diesen Staat weder bindend noch auf ihn anwendbar ist.
(3) COM(2014) 225 final.
(4) Ein Verfahren, in dem eine ausländische Entscheidung förmlich von dem Vollstreckungsmitgliedstaat anerkannt werden muss.