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Document 61988CJ0297

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

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1 . Freizuegigkeit - Arbeitnehmer - Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften - Unanwendbarkeit auf Sachverhalte, die sich ausschließlich innerhalb eines Mitgliedstaats abspielen

( Verordnung Nr . 1612/68 des Rates; Verordnung Nr . 1251/70 der Kommission; Richtlinien 64/221 und 68/360 des Rates )

2 . Vorabentscheidungsverfahren - Zuständigkeit des Gerichtshofes - Grenzen - Fiktiver Rechtsstreit oder Ersuchen um Auslegung von im Ausgangsverfahren unanwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechts - Ersuchen um Auslegung wegen der Anwendbarkeit einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift aufgrund einer Verweisung im nationalen Recht - Zuständigkeit für die Auslegung, nicht jedoch für die Schlußfolgerungen aus der Verweisung

( EWG-Vertrag, Artikel 177 )

3 . Freizuegigkeit - Ausnahmen - Ausländerrechtliche Maßnahmen - Gerichtlicher Rechtsschutz - Rechtsbehelfe, die Inländern gegenüber Verwaltungsakten zustehen - Für die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten weniger günstige Form - oder Verfahrenserfordernisse - Unzulässigkeit - Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Maßnahme - Identische Zulässigkeitsvoraussetzungen für die eigenen Staatsangehörigen und die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten

( Richtlinie des Rates 64/221, Artikel 8 )

4 . Freizuegigkeit - Ausnahmen - Ausländerrechtliche Maßnahmen - Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet oder Verweigerung der Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis - Keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, einen Rechtsbehelf bei einem Gericht vorzusehen, das Sicherungsmaßnahmen erlassen kann

( Richtlinie des Rates 64/221, Artikel 9 )

Leitsätze

1 . Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften betreffend die Freizuegigkeit der Arbeitnehmer gelten nicht für Sachverhalte, die sich ausschließlich innerhalb eines Mitgliedstaats abspielen, wie der eines Staatsangehörigen eines Drittstaats, der sich allein aufgrund seiner Eigenschaft als Ehegatte eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats auf ein Aufenthalts - oder ein Verbleiberecht im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats beruft .

2 . Der Gerichtshof entscheidet im Rahmen der in Artikel 177 EWG-Vertrag vorgesehenen Verteilung der Rechtsprechungsaufgaben zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung grundsätzlich ohne Verpflichtung zur Prüfung der Umstände, die die nationalen Gerichte veranlasst haben, ihm die Fragen vorzulegen, und unter denen sie die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung, um deren Auslegung sie ihn ersucht haben, anzuwenden beabsichtigen .

Anders verhielte es sich nur dann, wenn klar zutage läge, daß das Verfahren des Artikels 177 zweckentfremdet wurde und den Gerichtshof in Wirklichkeit veranlassen soll, aufgrund eines fiktiven Rechtsstreits zu entscheiden, oder aber offensichtlich wäre, daß die Gemeinschaftsbestimmung, deren Auslegung vom Gerichtshof begehrt wird, nicht anwendbar sein kann .

Wird das Gemeinschaftsrecht durch die Bestimmungen des nationalen Rechts für anwendbar erklärt, so hat allein das nationale Gericht die genaue Tragweite dieser Verweisung auf das Gemeinschaftsrecht zu beurteilen . Ist es der Auffassung, daß der Inhalt einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung aufgrund dieser Verweisung auf einen rein internen Sachverhalt anwendbar ist, der dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit zugrunde liegt, kann es dem Gerichtshof unter den Voraussetzungen des Artikels 177, wie sie in der Rechtsprechung des Gerichtshofes ausgelegt worden sind, eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegen .

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes beschränkt sich jedoch auf die Prüfung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts . Er kann in seiner Antwort an das vorlegende Gericht nicht die allgemeine Systematik der Bestimmungen des nationalen Rechts berücksichtigen, die gleichzeitig mit der Verweisung auf das Gemeinschaftsrecht den Umfang dieser Verweisung festlegen . Für die Berücksichtigung der Grenzen, die der nationale Gesetzgeber der Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf rein interne Sachverhalte, auf die es nur mittelbar kraft des nationalen Gesetzes anwendbar ist, setzen wollte, gilt das innerstaatliche Recht, so daß dafür ausschließlich die Gerichte der Mitgliedstaaten zuständig sind .

3 . Artikel 8 der Richtlinie 64/221 verpflichtet die Mitgliedstaaten, es jedem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der von einer Maßnahme, durch welche die Einreise, die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis verweigert wird, oder von einer Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet betroffen ist, zu ermöglichen, dieselben Rechtsbehelfe wie diejenigen einzulegen, die Inländern gegen Maßnahmen der Verwaltung zustehen . Kein Mitgliedstaat darf daher, will er nicht gegen diese Verpflichtung verstossen, für die durch die Richtlinie geschützten Personen Rechtsbehelfe vorsehen, für die besondere Verfahrensvorschriften gelten, die geringere Garantien bieten als die Rechtsbehelfe, die Inländer gegen Maßnahmen der Verwaltung einlegen .

Wenn demgemäß die Verwaltungsgerichte eines Mitgliedstaats nicht befugt sind, die Vollziehung eines Verwaltungsakts auszusetzen oder Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Vollziehung dieser Entscheidung anzuordnen, eine solche Befugnis jedoch den ordentlichen Gerichten zuerkannt ist, ist der Mitgliedstaat verpflichtet, es den unter die Richtlinie fallenden Personen zu ermöglichen, bei diesen Gerichten unter denselben Voraussetzungen wie Inländer Rechtsbehelfe einzulegen .

4 . Artikel 9 der Richtlinie 64/221 verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, zugunsten der unter diese Richtlinie fallenden Personen vorzusehen, daß noch vor der Vollziehung einer Entscheidung über die Verweigerung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Maßnahme zur Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ein Rechtsbehelf vor einem Gericht gegeben ist, das im Eilverfahren entscheidet und zum Erlaß von Sicherungsmaßnahmen im Bereich des Aufenthaltsrechts befugt ist .

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