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Document 32022R1172

Delegierte Verordnung (EU) 2022/1172 der Kommission vom 4. Mai 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2021/2116 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität

C/2022/2789

ABl. L 183 vom 8.7.2022, p. 12–22 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 01/01/2023

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg_del/2022/1172/oj

8.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 183/12


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/1172 DER KOMMISSION

vom 4. Mai 2022

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2021/2116 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/2116 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 über die Finanzierung, Verwaltung und Überwachung der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 (1), insbesondere auf Artikel 74, Artikel 85 Absatz 7 und Artikel 105,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der Verordnung (EU) 2021/2116 sind die grundlegenden Vorschriften unter anderem für das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (im Folgenden das „integrierte System“) und für die Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität festgelegt. Um sicherzustellen, dass der neue Rechtsrahmen reibungslos funktioniert, sind die Vorschriften der genannten Verordnung in den betreffenden Bereichen durch bestimmte Vorschriften zu ergänzen.

(2)

Die Vorschriften über das integrierte System und über die Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität sollten ein wirksames Kontrollsystem für die von den Mitgliedstaaten und den Begünstigten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) anzuwendenden Vorschriften gewährleisten und daher in einem einzigen delegierten Rechtsakt festgelegt werden. Diese neuen Vorschriften sollten die einschlägigen Bestimmungen der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission (2) ersetzen.

(3)

Insbesondere sollten Vorschriften zur Ergänzung bestimmter nicht wesentlicher Elemente der Verordnung (EU) 2021/2116 in Bezug auf das Funktionieren des integrierten Systems gemäß Artikel 65 der genannten Verordnung, Vorschriften über die Qualitätsbewertungen gemäß Artikel 68 Absatz 3, Artikel 69 Absatz 6 und Artikel 70 Absatz 2 der genannten Verordnung, Vorschriften über das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß Artikel 68 der genannten Verordnung und detaillierte Vorschriften über die Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität gemäß Artikel 85 der genannten Verordnung festgelegt werden.

(4)

Das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen soll nützliche, umfassende und zuverlässige Informationen liefern, die für die Berichterstattung über die Leistung der Agrarpolitik relevant sind, zur effizienten Durchführung der flächenbezogenen Interventionen beitragen und die Begünstigten bei der Einreichung richtig ausgefüllter Beihilfeanträge unterstützen. Damit diese Ziele erreicht werden, sind Vorschriften erforderlich, um klarzustellen, welche technischen Anforderungen die Mitgliedstaaten erfüllen und wie die verfügbaren Informationen strukturiert und aktualisiert werden müssen.

(5)

Damit die Mitgliedstaaten mögliche Schwachstellen des integrierten Systems proaktiv erkennen und erforderlichenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen können, sollten Vorschriften für die jährliche Bewertung der Qualität des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen, des Systems für geodatenbasierte Anträge und des Flächenüberwachungssystems festgelegt werden. Die Erfahrungen mit der Bewertung der Qualität des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 haben gezeigt, dass die Ausarbeitung technischer Leitlinien durch die Kommission besonders hilfreich ist. Diese technischen Leitlinien helfen den Mitgliedstaaten, eine angepasste Methode für die Durchführung ihrer Bewertungen anzuwenden. Angesichts der Bedeutung der Qualitätsbewertungen für ein ordnungsgemäß funktionierendes integriertes System, das zuverlässige und überprüfbare Daten für den jährlichen Leistungsbericht liefert, sollte die Kommission die Mitgliedstaaten in ähnlicher Weise bei der Durchführung der in der Verordnung (EU) 2021/2116 vorgesehenen Qualitätsbewertungen unterstützen.

(6)

Bei den Qualitätsbewertungen soll bewertet werden, ob das integrierte System seinen Zweck erfüllt, zuverlässige und umfassende Informationen bereitzustellen, die für die jährliche Leistungsberichterstattung gemäß Artikel 66 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2116 relevant sind, insbesondere die korrekte Hektarzahl für die Outputindikatoren und den korrekten Flächenanteil für Ergebnisindikatoren flächenbezogener Interventionen. Dies erfordert die Kombination relevanter Ergebnisse aus der Bewertung der Qualität des Flächenüberwachungssystems und des Systems für geodatenbasierte Anträge, um eine Überschätzung dieser Auswirkungen aufgrund von Flächen zu vermeiden, bei denen sowohl Messfehler als auch falsche Entscheidungen über Fördervoraussetzungen aufgetreten sind. Zu diesem Zweck sollte die Überprüfung der angemeldeten Fläche bei der Bewertung der Qualität des Systems für geodatenbasierte Anträge auf derselben Stichprobe von Parzellen beruhen wie bei der Bewertung der Qualität des Flächenüberwachungssystems.

(7)

Darüber hinaus soll mit der Qualitätsbewertung im Zusammenhang mit dem Flächenüberwachungssystem sichergestellt werden, dass die Ergebnisse zwischen den Mitgliedstaaten vergleichbar sind, und zwar unabhängig von der Möglichkeit, die Einführung eines vollständig einsatzbereiten Flächenüberwachungssystems zu verschieben. Diese Qualitätsbewertung sollte daher alle flächenbezogenen Interventionen und die einschlägigen Fördervoraussetzungen umfassen, unabhängig davon, ob ein Mitgliedstaat entschieden hat, gemäß Artikel 70 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 erst ab dem 1. Januar 2024 ein vollständig einsatzbereites Flächenüberwachungssystem zu betreiben. Die Bewertung der Qualität des Flächenüberwachungssystems sollte diagnostische Informationen sowohl auf der Ebene der Interventionen als auch auf der Ebene der Fördervoraussetzungen liefern, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen sollten.

(8)

Aus Gründen der Klarheit und um eine harmonisierte Grundlage für die Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität zu schaffen, müssen gemeinsame Definitionen und allgemeine Grundsätze für Verstöße festgelegt werden.

(9)

Die Verordnung (EU) 2021/2116 sieht vor, dass Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festzulegen sind. Daher sollten Kürzungen und Ausschlüsse nach der Schwere des Verstoßes eingestuft werden und bei vorsätzlichen Verstößen bis zum vollständigen Ausschluss des Begünstigten von allen Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der genannten Verordnung reichen. Um den Begünstigten Rechtssicherheit zu verschaffen, sollte eine Frist für die Anwendung von Verwaltungssanktionen festgelegt werden.

(10)

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 erfolgt die Berechnung der Verwaltungssanktion für die Konditionalität auf der Grundlage der Zahlungen, die dem betreffenden Begünstigten in Bezug auf Beihilfe- oder Zahlungsanträge gewährt wurden oder zu gewähren sind, die im Laufe des Kalenderjahres eingereicht wurden oder eingereicht werden, in dem der Verstoß begangen wurde. Um den Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Landwirts und der Sanktion und die Gleichbehandlung der Landwirte zu gewährleisten, sollte daher vorgesehen werden, dass, wenn derselbe Verstoß über mehrere Kalenderjahre hinweg auftritt, für jedes Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wird, eine Verwaltungssanktion verhängt und berechnet wird.

(11)

Um zu gewährleisten, dass die Verwaltungssanktionen wirksam verhängt und verrechnet werden können, sollte vorgesehen werden, dass in Fällen, in denen die Sanktion im Kalenderjahr der Feststellung den Gesamtbetrag der dem Begünstigten gewährten oder zu gewährenden Zahlungen übersteigt oder der Begünstigte keinen Beihilfeantrag stellt, die Sanktion im Wege der Einziehung verhängt oder auferlegt wird.

(12)

Gemäß Artikel 85 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 werden unabhängig davon, ob ein Verstoß durch das Flächenüberwachungssystem oder auf andere Weise festgestellt wird, keine Verwaltungssanktionen verhängt, wenn der nicht vorsätzliche Verstoß keine oder nur unerhebliche Folgen für die Erreichung des Ziels des betreffenden Standards oder der betreffenden Anforderung hat. Aufgrund der Geringfügigkeit der Verstöße, die keine oder nur unerhebliche Folgen für die Erreichung des Ziels des betreffenden Standards oder der betreffenden Anforderung haben, und um den Verwaltungsaufwand zu verringern, sollten solche Verstöße bei der Feststellung, ob ein Verstoß wiederholt auftritt oder andauert, nicht berücksichtigt werden.

(13)

Gemäß Artikel 85 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/2116 kann ein Mitgliedstaat beschließen, eine prozentual geringere Kürzung vorzunehmen, wenn er das Flächenüberwachungssystem zur Aufdeckung von Verstößen nutzt. Es empfiehlt sich, einen Mindestprozentsatz für die Kürzung festzusetzen.

(14)

Es sollten Vorschriften für die Berechnung von Verwaltungssanktionen bei mehreren Verstößen im selben Kalenderjahr festgelegt werden.

(15)

Im Hinblick auf einen reibungslosen Übergang von den Regelungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) wird es als angemessen erachtet, Übergangsbestimmungen für die Anwendung von Artikel 104 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iv der Verordnung (EU) 2021/2116 festzulegen, um übermäßige Verwaltungskosten und einen übermäßigen Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit den Kontrollen der Konditionalität und der Cross-Compliance zu vermeiden, die bei Begünstigten durchgeführt werden, die sowohl im Rahmen eines GAP-Strategieplans gemäß der Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) als auch im Rahmen eines gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) durchgeführten Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums bis zum 31. Dezember 2025 flächenbezogene Zahlungen erhalten. Zu diesem Zweck sollte davon ausgegangen werden, dass die flächenbezogenen Kontrollen der Konditionalität auch die Kontrolle der Cross-Compliance gemäß Artikel 96 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 umfassen. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass bei flächenbezogenen Zahlungen die Vorschriften über die Konditionalität sowohl hinsichtlich der Auflagen als auch hinsichtlich der Sanktionen generell strenger sind als die Cross-Compliance-Vorschriften. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Cross-Compliance-Vorschriften eingehalten werden, wenn der Begünstigte die in den Vorschriften über die Konditionalität festgelegten Verpflichtungen einhält. Werden bei den Kontrollen der Konditionalität jedoch Verstöße festgestellt, kann der Mitgliedstaat nicht mehr davon ausgehen, dass die Cross-Compliance-Vorschriften eingehalten werden, und sollte daher die Kontrollen gemäß Artikel 96 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 durchführen und in diesem Zusammenhang die Vorschriften für die Berechnung und Verhängung von Verwaltungssanktionen gemäß den Bestimmungen der genannten Verordnung anwenden.

(16)

Im Interesse der Klarheit und der Rechtssicherheit sollte die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 aufgehoben werden. Die genannte Verordnung sollte jedoch weiterhin für Beihilfeanträge für Direktzahlungen gelten, die vor dem 1. Januar 2023 gestellt wurden, für Zahlungsanträge im Zusammenhang mit Stützungsmaßnahmen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 und für das Kontrollsystem und die Verwaltungssanktionen in Bezug auf die Cross-Compliance-Vorschriften.

(17)

Gemäß Artikel 104 Absatz 1 Unterabsatz 2 und Artikel 106 der Verordnung (EU) 2021/2116 sollte die vorliegende Verordnung für Interventionen gelten, die ab dem 1. Januar 2023 beginnen und im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/2115 durchgeführt werden.

(18)

Schließlich ist die Kommission im Hinblick auf Nummer 31 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung der Auffassung, dass die in der Verordnung (EU) 2021/2116 vorgesehenen Befugnisübertragungen in Bezug auf die Vorschriften für das integrierte System und die Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität inhaltlich zusammenhängen und miteinander verbunden sind. Es ist daher angezeigt, diese Vorschriften in denselben delegierten Rechtsakt aufzunehmen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Anwendungsbereich

Diese Verordnung enthält Bestimmungen zur Ergänzung bestimmter nicht wesentlicher Teile der Verordnung (EU) 2021/2116 in Bezug auf:

a)

die Bewertung der Qualität des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß Artikel 68 Absatz 3, des Systems für geodatenbasierte Anträge gemäß Artikel 69 Absatz 6 und des Flächenüberwachungssystems gemäß Artikel 70 Absatz 2 der genannten Verordnung;

b)

das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß Artikel 68 der genannten Verordnung;

c)

die Verhängung und Berechnung von Verwaltungssanktionen im Bereich der Konditionalität gemäß Artikel 85 der genannten Verordnung.

KAPITEL II

INTEGRIERTES SYSTEM

Artikel 2

System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen

(1)   Das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß Artikel 68 der Verordnung (EU) 2021/2116 wird auf Ebene der Referenzparzellen angewandt und enthält Informationen, die den Datenaustausch mit dem geodatenbasierten Beihilfeantrag gemäß Artikel 69 der genannten Verordnung und dem Flächenüberwachungssystem gemäß Artikel 70 der genannten Verordnung ermöglichen.

(2)   Für die Zwecke der vorliegenden Verordnung bezeichnet der Begriff „Referenzparzelle“ eine geografisch abgegrenzte Fläche mit einer individuellen, im System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß Artikel 68 der Verordnung (EU) 2021/2116 registrierten Identifizierungsnummer. Eine Referenzparzelle umfasst eine Einheit einer Fläche, die der landwirtschaftlichen Fläche im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2115 entspricht. Gegebenenfalls umfasst eine Referenzparzelle auch nichtlandwirtschaftliche Flächen, die von den Mitgliedstaaten für die Unterstützung für flächenbezogene Interventionen gemäß Artikel 65 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 als förderfähig angesehen werden.

(3)   Die Referenzparzellen dienen als Grundlage für die Unterstützung der Begünstigten bei der Einreichung von geodatenbasierten Anträgen für flächenbezogene Interventionen gemäß Artikel 65 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) 2021/2116.

(4)   Die Mitgliedstaaten grenzen die Referenzparzellen so ab, dass jede Parzelle zeitlich stabil und messbar ist und eine eindeutige individuelle Lokalisierung der einzelnen jährlich gemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen und Flächeneinheiten nichtlandwirtschaftlicher Flächen möglich ist, die von den Mitgliedstaaten für die flächenbezogenen Interventionen gemäß Artikel 65 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 als förderfähig angesehen werden.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Angaben im Identifizierungssystem zu allen Referenzparzellen mindestens alle drei Jahre aktualisiert werden. Darüber hinaus berücksichtigen die Mitgliedstaaten jedes Jahr alle verfügbaren Informationen aus dem geodatenbasierten Antrag, dem Flächenüberwachungssystem oder einer anderen zuverlässigen Quelle.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen die erforderlichen Informationen enthält, um Daten zu extrahieren, die für die korrekte Berichterstattung über die Indikatoren gemäß Artikel 66 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2116 relevant sind.

(7)   Im System zur Identifizierung müssen die Mitgliedstaaten für jede Referenzparzelle mindestens

a)

eine förderfähige Höchstfläche für die flächenbezogenen Interventionen im Rahmen des integrierten Systems festlegen. Zur Bestimmung der förderfähigen Höchstfläche ziehen die Mitgliedstaaten nicht förderfähige Elemente nach Möglichkeit durch Abgrenzung von der Parzelle ab. Die Mitgliedstaaten legen im Voraus die Kriterien und Verfahren für die Bewertung, Quantifizierung und gegebenenfalls Abgrenzung der förderfähigen und nicht förderfähigen Teile der Parzelle fest. Bei der Festlegung der förderfähigen Höchstfläche können die Mitgliedstaaten eine angemessene Marge für die korrekte Quantifizierung festlegen, um dem Umriss und dem Zustand der Parzelle Rechnung zu tragen;

b)

die landwirtschaftliche Fläche gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2115 angeben. Gegebenenfalls stellen die Mitgliedstaaten die Einteilung landwirtschaftlicher Flächen in Ackerland, Dauerkulturen und Dauergrünland gemäß Artikel 4 Absatz 3 der genannten Verordnung durch Abgrenzung sicher, und das auch, wenn diese auf der betreffenden Fläche Agrarforstsysteme bilden;

c)

für Dauergrünland mit verstreuten, nicht förderfähigen Landschaftselementen und wenn die Mitgliedstaaten beschließen, zur Bestimmung der als förderfähig geltenden Fläche gemäß Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2115 festgesetzte Verringerungskoeffizienten anzuwenden, alle einschlägigen Informationen erfassen;

d)

dauerhaft bestehende Landschaftselemente und/oder Verpflichtungen aufnehmen, die für die Förderfähigkeit flächenbezogener Interventionen und für die Konditionalitätsanforderungen relevant sind. Diese Angaben werden als Attribute oder Schichten im System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen erfasst, wobei mindestens Folgendes anzugeben ist:

i)

gegebenenfalls die Lage von Torfflächen oder Feuchtgebieten gemäß dem in Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115 aufgeführten GLÖZ-Standard 2;

ii)

Art und Lage der Landschaftselemente auf der Parzelle, die für die Konditionalität oder die Interventionen gemäß Artikel 65 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 relevant sind;

e)

gegebenenfalls die Landschaftselemente, die für den Mindestanteil der landwirtschaftlichen Fläche für nichtproduktive Flächen oder Elemente nach dem GLÖZ-Standard 8 gemäß Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115 relevant sind, lokalisieren und ihre Größe bestimmen;

f)

feststellen, ob die Parzellen in aus naturbedingten oder anderen gebietsspezifischen Gründen benachteiligten Gebieten gemäß Artikel 71 der Verordnung (EU) 2021/2115 liegen, oder ob gebietsspezifische Benachteiligungen, die sich aus bestimmten verpflichtenden Anforderungen ergeben, gemäß Artikel 72 der genannten Verordnung vorherrschen;

g)

bestimmen, ob Parzellen in Natura-2000-Gebieten oder in Gebieten, die unter die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (6) fallen, liegen oder sich auf folgenden Flächen befinden: landwirtschaftlichen Flächen, die gemäß Artikel 37 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2115 für die Baumwollerzeugung zugelassen sind; Flächen, die Teil etablierter lokaler Praktiken gemäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe c Unterabsatz 2 Buchstabe i der genannten Verordnung sind; Flächen mit Dauergrünland, das nach dem GLÖZ-Standard 9 gemäß Anhang III der Verordnung (EU) 2021/2115 als umweltsensibel eingestuft wurden, oder Flächen, die unter die Richtlinie 92/43/EWG des Rates (7) oder die Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (8) fallen.

(8)   Für forstwirtschaftliche Interventionen, die im Rahmen der Artikel 70 und 72 der Verordnung (EU) 2021/2115 unterstützt werden, können die Mitgliedstaaten geeignete alternative Regelungen für die eindeutige Identifizierung der unter die Stützungsregelung fallenden Flächen festlegen, wenn diese Flächen bewaldet sind.

(9)   Das geografische Informationssystem wird auf der Grundlage eines nationalen Koordinatenreferenzsystems gemäß der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (9) angewandt, durch das landwirtschaftliche Parzellen in dem gesamten Mitgliedstaat standardisiert vermessen und identifiziert werden können. Werden unterschiedliche Koordinatenreferenzsysteme verwendet, so schließen diese sich gegenseitig aus, und jedes System gewährleistet die Kohärenz zwischen Informationselementen, die denselben Standort betreffen.

Artikel 3

Bewertung der Qualität des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen

(1)   Die Mitgliedstaaten führen jährlich die Qualitätsbewertung gemäß Artikel 68 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 für die Zwecke der Einkommensgrundstützung für Nachhaltigkeit durch. Die Qualitätsbewertung erstreckt sich auf die folgenden Elemente:

a)

richtige Angabe der Größe der förderfähigen Höchstfläche;

b)

Anteil und Verteilung der Referenzparzellen mit einer förderfähigen Höchstfläche, bei der nicht förderfähige Flächen mitgerechnet oder bei der landwirtschaftliche Flächen nicht mitgerechnet sind;

c)

Auftreten von Referenzparzellen mit kritischen Mängeln;

d)

korrekte Einstufung der landwirtschaftlichen Fläche als Ackerland, Dauergrünland oder Dauerkultur in jeder Referenzparzelle;

e)

Anteil der gemeldeten Flächen je Referenzparzelle;

f)

Einstufung von Referenzparzellen, bei denen in der förderfähigen Höchstfläche nicht förderfähige Flächen mitgerechnet oder landwirtschaftliche Flächen nicht mitgerechnet sind oder bei denen ein kritischer Mangel aufgetreten ist;

g)

Prozentsatz der Referenzparzellen, die im Laufe des regelmäßigen Aktualisierungszyklus geändert wurden.

Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass alle Anträge auf Aktualisierung des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen so umgesetzt werden, dass nachvollzogen werden kann, ob sie auf das Flächenüberwachungssystem zurückzuführen sind, auf Betreiben des Begünstigten vorgenommen wurden oder aus anderen Quellen stammen.

(2)   Für die Bewertung gemäß Absatz 1 verwenden die Mitgliedstaaten eine Stichprobe von Referenzparzellen. Sie verwenden Daten, anhand deren die tatsächliche Situation vor Ort beurteilt werden kann.

(3)   Zeigt die Qualitätsbewertung Mängel auf, so schlägt der Mitgliedstaat geeignete Abhilfemaßnahmen vor.

Artikel 4

Bewertung der Qualität des Systems für geodatenbasierte Anträge

(1)   Bei der jährlichen Qualitätsbewertung gemäß Artikel 69 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2021/2116 werden die Zuverlässigkeit der im geodatenbasierten Antrag enthaltenen Informationen und die Richtigkeit der Informationen bewertet, die für die Berichterstattung über die Indikatoren gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) 2021/2115 verwendet werden. Bei der Qualitätsbewertung werden insbesondere die Vollständigkeit und Richtigkeit der vorab im geodatenbasierten Antrag eingegebenen Informationen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der den Begünstigten während des Antragsverfahrens übermittelten Warnhinweise und die Rückverfolgbarkeit aller in den geodatenbasierten Anträgen nach ihrer Einreichung registrierten Änderungen bewertet.

(2)   Die Qualitätsbewertung umfasst Folgendes:

a)

Überprüfung der Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben, mit denen der Mitgliedstaat den geodatenbasierten Antrag vorausgefüllt hat;

b)

Überprüfung durch den Mitgliedstaat, ob die vom Begünstigten für eine flächenbezogene Intervention angemeldete Fläche in Bezug auf die geltenden Fördervoraussetzungen korrekt ermittelt wurde;

c)

Überprüfung, dass alle Fördervoraussetzungen von Interventionen und gegebenenfalls die Konditionalitätsanforderungen bei den Warnhinweisen des Mitgliedstaats an die Begünstigten während des Antragsverfahrens so weit wie möglich berücksichtigt wurden;

d)

Überprüfung, ob alle Änderungen des geodatenbasierten Antrags nach seiner Einreichung vom Mitgliedstaat so registriert wurden, dass nachvollzogen werden kann, ob sie sich aus einer Warnung des Flächenüberwachungssystems ergeben haben, auf Betreiben des Begünstigten vorgenommen wurden oder aus einer anderen Quelle stammen.

(3)   Die Qualitätsbewertung gemäß Absatz 2 Buchstaben a, c und d erfolgt mittels elektronischer Kontrolle und erneuter Durchführung des Antragsverfahrens anhand einer repräsentativen Stichprobe von Beihilfeanträgen.

(4)   Für die Überprüfung gemäß Absatz 2 Buchstabe b wird die Qualitätsbewertung durch Besuche vor Ort oder durch Analyse von Bildern aus demselben Kalenderjahr und von mindestens der gleichen Qualität, die für die Qualitätsbewertung gemäß Artikel 68 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 erforderlich ist, durchgeführt. Diese Überprüfung erfolgt durch Vermessung der für eine Intervention angemeldeten Fläche anhand der Stichprobe, die für die Bewertung der Qualität des Flächenüberwachungssystems gemäß Artikel 5 der vorliegenden Verordnung ausgewählt wurde.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle über das integrierte System verwalteten flächenbezogenen Interventionen in die Stichproben gemäß den Absätzen 3 und 4 einbezogen und im Rahmen der Qualitätsbewertung überprüft werden.

(6)   Zeigt die Qualitätsbewertung Mängel auf, so schlägt der Mitgliedstaat geeignete Abhilfemaßnahmen vor.

Artikel 5

Bewertung der Qualität des Flächenüberwachungssystems

(1)   Bei der jährlichen Qualitätsbewertung gemäß Artikel 70 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2116 werden die Zuverlässigkeit der Umsetzung des Flächenüberwachungssystems bewertet, diagnostische Informationen über die Ursachen falscher Entscheidungen auf Ebene der Interventionen und Fördervoraussetzungen vorgelegt und insbesondere die Richtigkeit der Informationen bewertet, die für die Berichterstattung über die Indikatoren gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) 2021/2115 bereitgestellt werden.

(2)   Die Qualitätsbewertung wird durch Besuche vor Ort oder durch Analyse von Bildern aus demselben Kalenderjahr und gegebenenfalls von mindestens der gleichen Qualität, die für die Qualitätsbewertung gemäß Artikel 68 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/2116 erforderlich ist, durchgeführt. Besuche vor Ort können jederzeit im Laufe des Jahres durchgeführt werden; während desselben Besuchs müssen so weit wie möglich alle für einen bestimmten Begünstigten relevanten Fördervoraussetzungen abgedeckt werden. Die von den Mitgliedstaaten für die Qualitätsbewertung verwendeten Bilder müssen schlüssige und zuverlässige Ergebnisse in Bezug auf die tatsächliche Situation vor Ort liefern. Verwenden die Mitgliedstaaten georeferenzierte Fotos zur Beobachtung, Nachverfolgung und Bewertung landwirtschaftlicher Tätigkeiten als Daten, die den Daten der Sentinel-Satelliten im Rahmen des Copernicus-Programms mindestens gleichwertig sind, so können die Mitgliedstaaten die Qualitätsbewertung der auf der Grundlage georeferenzierter Fotos getroffenen Entscheidungen anhand einer nicht automatisierten Analyse der georeferenzierten Fotos durchführen, sofern diese schlüssige und zuverlässige Ergebnisse liefern.

(3)   Auf Ebene der Interventionen umfasst die Qualitätsbewertung Folgendes:

a)

Quantifizierung von Fehlern aufgrund falscher Entscheidungen über Fördervoraussetzungen für Parzellen, die einer flächenbezogene Intervention unterliegen, unabhängig davon, ob sich die entsprechende Entscheidung aus dem Flächenüberwachungssystem ergibt oder nicht. Das Ergebnis wird in Hektar ausgedrückt;

b)

Quantifizierung der Zahl der Parzellen, bei denen im Rahmen des Flächenüberwachungssystems ein Verstoß gegen die Fördervoraussetzungen festgestellt wurde, und der Zahl der Parzellen, die nach dem letzten Termin für die Änderung der Beihilfeanträge die Fördervoraussetzungen nicht erfüllen.

(4)   Im Rahmen der bis zum 15. Februar 2025 bzw. bis zum 15. Februar 2027 vorzulegenden Berichte ist auch zu überprüfen, dass alle Fördervoraussetzungen für flächenbezogene Interventionen, die als überwachbar gelten, in den Jahren 2024 bzw. 2026 unter das Flächenüberwachungssystem fielen. Nach der Auswertung der Ergebnisse dieser Berichte können Abhilfemaßnahmen erforderlich sein.

(5)   Die Qualitätsbewertung erfolgt durch Überprüfung sämtlicher Fördervoraussetzungen aller beantragten Interventionen anhand einer repräsentativen Stichprobe von Parzellen.

(6)   Zur Vereinfachung und angesichts der Tatsache, dass die Stichprobe der Qualitätsbewertung des Flächenüberwachungssystems ein angemessenes Maß an Sicherheit hinsichtlich der Erfüllung der Fördervoraussetzungen je Intervention bietet, können die Mitgliedstaaten beschließen, die Qualitätsbewertungen gemäß den Artikeln 4 und 5 der vorliegenden Verordnung auch in Bezug auf die Verpflichtung zur Einrichtung eines Kontrollsystems gemäß Artikel 72 der Verordnung (EU) 2021/2116 heranzuziehen.

(7)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle über das integrierte System verwalteten flächenbezogenen Interventionen in die Stichprobe der Parzellen einbezogen und im Rahmen der Qualitätsbewertung überprüft werden, unabhängig von der Möglichkeit, das Flächenüberwachungssystem gemäß Artikel 70 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 schrittweise einzurichten.

(8)   Zeigen die Quantifizierungen gemäß Absatz 3 Buchstaben a und b Mängel auf, so schlägt der Mitgliedstaat geeignete Abhilfemaßnahmen vor.

(9)   Abhilfemaßnahmen für nicht überwachte oder nicht abschließend überwachte Fördervoraussetzungen können die Durchführung von Besuchen vor Ort umfassen. In Fällen, in denen aufgrund der Ergebnisse der Qualitätsbewertung für das betreffende Kalenderjahr Abhilfemaßnahmen erforderlich sind, müssen gegebenenfalls zusätzliche Angaben zu den zu behebenden Mängeln in den Qualitätsbewertungsbericht des Folgejahres aufgenommen werden.

KAPITEL III

VERHÄNGUNG UND BERECHNUNG VON VERWALTUNGSSANKTIONEN IM BEREICH DER KONDITIONALITÄT

Artikel 6

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Kapitels gelten die Begriffsbestimmungen in Titel IV Kapitel IV der Verordnung (EU) 2021/2116.

Ferner gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

„Verstoß“ meint die Nichteinhaltung der Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß den in Artikel 12 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/2115 genannten Unionsbestimmungen oder der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 13 der genannten Verordnung festgelegten Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen;

b)

„Standards“ meint die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/2115 festgelegten Standards;

c)

„Jahr der Feststellung“ meint das Kalenderjahr, in dem die Verwaltungs- oder Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt wurde;

d)

„Bereiche der Konditionalität“ meint einen der drei Bereiche gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2115.

Artikel 7

Allgemeine Grundsätze zu Verstößen

(1)   Bei der Feststellung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes werden Verstöße gegen die gemäß der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 festgelegten Cross-Compliance-Vorschriften berücksichtigt.

(2)   Das „Ausmaß“ eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.

(3)   Die „Schwere“ eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.

(4)   Ob ein Verstoß von „Dauer“ ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.

(5)   Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als „festgestellt“, sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2021/2116 ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind.

Artikel 8

Allgemeine Grundsätze für Verwaltungssanktionen

(1)   Die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 84 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 wird nur verhängt, wenn in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren, berechnet ab dem Jahr und einschließlich des Jahres, in dem der Verstoß begangen wurde, ein Verstoß festgestellt wird.

(2)   Kommt es über mehrere Kalenderjahre kontinuierlich zu demselben Verstoß, so wird für jedes Kalenderjahr, in dem der Verstoß begangen wurde, eine Verwaltungssanktion verhängt. Die Berechnung der Verwaltungssanktion erfolgt auf der Grundlage der Zahlungen, die dem betreffenden Begünstigten in Bezug auf Beihilfe- oder Zahlungsanträge gewährt wurden oder zu gewähren sind, die im Laufe der Kalenderjahre eingereicht wurden oder eingereicht werden, in denen der Verstoß begangen wurde.

(3)   Reicht der Begünstigte im Kalenderjahr der Feststellung keinen Beihilfeantrag ein oder übersteigt die Verwaltungssanktion den Gesamtbetrag der Zahlungen, die dem Begünstigten für Beihilfeanträge gewährt wurden oder zu gewähren sind, die er im Laufe des Kalenderjahres der Feststellung gestellt hat oder stellen wird, so wird die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 30 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/128 der Kommission (10) eingezogen.

Artikel 9

Prozentsätze der Kürzungen bei nicht vorsätzlichen Verstößen

(1)   Bei festgestellten nicht vorsätzlichen Verstößen kann die Zahlstelle auf der Grundlage der Bewertung des Verstoßes durch die zuständige Kontrollbehörde unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 85 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2116 beschließen, den Prozentsatz gemäß Artikel 85 Absatz 2 der genannten Verordnung auf bis zu 1 % zu senken.

(2)   Hat ein festgestellter nicht vorsätzlicher Verstoß schwerwiegende Folgen für die Erreichung des Ziels des betreffenden Standards oder der betreffenden Anforderung, oder bedeutet er eine direkte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder der Tiergesundheit, so kann die Zahlstelle auf der Grundlage der Bewertung des Verstoßes durch die zuständige Kontrollbehörde unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 85 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2116 beschließen, den Prozentsatz gemäß Artikel 85 Absatz 5 der genannten Verordnung auf bis zu 10 % anzuheben.

(3)   Dauert ein festgestellter nicht vorsätzlicher Verstoß gegen dieselbe Anforderung oder denselben Standard innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren weiterhin an, so findet der Kürzungssatz gemäß Artikel 85 Absatz 6 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 nur dann Anwendung, wenn der Begünstigte über den zuvor festgestellten Verstoß unterrichtet wurde. Tritt derselbe Verstoß ohne stichhaltige Begründung seitens des Begünstigten weiterhin auf, so gilt dieser Fall als vorsätzlicher Verstoß.

(4)   Hat ein festgestellter Verstoß keine oder nur unerhebliche Folgen für die Erreichung des Ziels des betreffenden Standards oder der betreffenden Anforderung und wird keine Verwaltungssanktion gemäß Artikel 85 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2021/2116 verhängt, so wird der Verstoß bei der Feststellung, ob ein Verstoß wiederholt auftritt oder andauert, nicht berücksichtigt.

(5)   Nutzt ein Mitgliedstaat das Flächenüberwachungssystem gemäß Artikel 66 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2021/2116 zur Aufdeckung von Verstößen, so kann die für festgestellte nicht vorsätzliche Verstöße zu verhängende Kürzung niedriger sein als die Kürzung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels, muss jedoch mindestens 0,5 % des Gesamtbetrags betragen, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der genannten Verordnung ergibt.

Artikel 10

Prozentsätze der Kürzungen bei vorsätzlichen Verstößen

Die prozentuale Kürzung bei einem festgestellten vorsätzlichen Verstoß beträgt mindestens 15 % des Gesamtbetrags, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2021/2116 ergibt. Auf der Grundlage der Bewertung des Verstoßes durch die zuständige Kontrollbehörde unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 85 Absatz 1 Unterabsatz 2 der genannten Verordnung kann die Zahlstelle beschließen, diesen Prozentsatz auf bis zu 100 % anzuheben.

Artikel 11

Berechnung der Kürzungen bei mehreren Verstößen im selben Kalenderjahr

(1)   Stellt ein festgestellter Verstoß gegen einen Standard auch einen Verstoß gegen eine Anforderung dar, so gilt der Verstoß als ein einziger Verstoß. Zum Zweck der Berechnung von Kürzungen gilt der Verstoß als Teil des Konditionalitätsbereichs der Anforderung.

(2)   Sind in demselben Kalenderjahr mehrere festgestellte nicht wiederkehrende, nicht vorsätzliche Verstöße aufgetreten, so wird das Verfahren zur Festsetzung der Kürzung auf jeden Verstoß einzeln angewandt und die sich daraus ergebenden Prozentsätze werden addiert. Die Kürzungen dürfen jedoch insgesamt folgende Prozentsätze nicht überschreiten:

a)

5 % des Gesamtbetrags, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2021/2116 ergibt, wenn keiner der Verstöße schwerwiegende Folgen für die Erreichung des Ziels des betreffenden Standards oder der betreffenden Anforderung hat oder eine direkte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder der Tiergesundheit bedeutet; oder

b)

10 % des Gesamtbetrags, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2021/2116 ergibt, wenn mindestens einer der Verstöße schwerwiegende Folgen für die Erreichung des Ziels des betreffenden Standards oder der betreffenden Anforderung hat oder eine direkte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder der Tiergesundheit bedeutet.

(3)   Sind in demselben Kalenderjahr mehrere festgestellte wiederkehrende, nicht vorsätzliche Verstöße aufgetreten, so wird das Verfahren zur Festsetzung der Kürzung auf jeden Verstoß einzeln angewandt und die sich daraus ergebenden Prozentsätze der Kürzungen werden addiert. Die Kürzung übersteigt jedoch nicht 20 % des Gesamtbetrags, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2021/2116 ergibt.

(4)   Sind in demselben Kalenderjahr mehrere festgestellte vorsätzliche Verstöße aufgetreten, so wird das Verfahren zur Festsetzung der Kürzung auf jeden Verstoß einzeln angewandt und die sich daraus ergebenden Prozentsätze der Kürzungen werden addiert. Die Kürzung übersteigt jedoch nicht 100 % des Gesamtbetrags, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2021/2116 ergibt.

(5)   Sind im selben Kalenderjahr mehrere nicht vorsätzliche, wiederholte und vorsätzliche Verstöße aufgetreten, so werden die sich daraus ergebenden Prozentsätze der Kürzungen gegebenenfalls nach Anwendung der Absätze 2, 3 und 4 des vorliegenden Artikels addiert. Die Kürzung übersteigt jedoch nicht 100 % des Gesamtbetrags, der sich aus den Zahlungen und der Unterstützung gemäß Artikel 83 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2021/2116 ergibt.

KAPITEL IV

ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 12

Übergangsbestimmungen

Abweichend von Artikel 104 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer iv der Verordnung (EU) 2021/2116 werden Kontrollen der Einhaltung der Vorschriften für die Konditionalität gemäß Artikel 83 der genannten Verordnung bei Flächen durchgeführt, die auf der Grundlage der Artikel 28, 29 und 30 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 im Rahmen von bis zum 31. Dezember 2025 gemäß der genannten Verordnung durchgeführten Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums unterstützt werden, wenn der betreffende Begünstigte auch im Rahmen des GAP-Strategieplans gemäß der Verordnung (EU) 2021/2115 flächenbezogene Zahlungen erhält.

Mit den Kontrollen der Konditionalität gemäß Absatz 1 gelten die Kontrollen der Cross-Compliance gemäß Artikel 96 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 als abgedeckt, es sei denn, es werden Verstöße gegen die Vorschriften über die Konditionalität festgestellt. Werden die Vorschriften über die Konditionalität nicht eingehalten, so führt der Mitgliedstaat bei flächenbezogenen Maßnahmen in den Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums Kontrollen gemäß dem genannten Artikel durch und wendet, wenn Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, die Vorschriften für die Berechnung und Verhängung von Verwaltungssanktionen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 an.

Artikel 13

Aufhebung

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 wird mit Wirkung vom 1. Januar 2023 aufgehoben.

Sie gilt jedoch weiterhin für

a)

vor dem 1. Januar 2023 gestellte Beihilfeanträge für Direktzahlungen;

b)

Zahlungsanträge im Zusammenhang mit Stützungsmaßnahmen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013;

c)

das Kontrollsystem und die Verwaltungssanktionen in Bezug auf die Cross-Compliance-Vorschriften.

Artikel 14

Inkrafttreten und Geltungsbeginn

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2023.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 4. Mai 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 187.

(2)  Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance (ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549).

(4)  Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 487).

(6)  Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).

(7)  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

(8)  Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

(9)  Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2007 zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE) (ABl. L 108 vom 25.4.2007, S. 1).

(10)  Durchführungsverordnung (EU) 2022/128 der Kommission vom 21. Dezember 2021 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2021/2116 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Finanzverwaltung, des Rechnungsabschlusses, der Kontrollen, der Sicherheiten und der Transparenz (ABl. L 20 vom 31.1.2022, S. 131).


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