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Document 52019IP0202

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. März 2019 zu dem Thema „Europäisches Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Beschäftigungspolitische und soziale Aspekte im Jahreswachstumsbericht 2019“ (2018/2120(INI))

ABl. C 23 vom 21.1.2021, p. 73–82 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.1.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 23/73


P8_TA(2019)0202

Europäisches Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Beschäftigungspolitische und soziale Aspekte im Jahreswachstumsbericht 2019

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. März 2019 zu dem Thema „Europäisches Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Beschäftigungspolitische und soziale Aspekte im Jahreswachstumsbericht 2019“ (2018/2120(INI))

(2021/C 23/12)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. November 2018 mit dem Titel „Jahreswachstumsbericht 2019: Für ein starkes Europa in Zeiten globaler Ungewissheit“ (COM(2018)0770),

unter Hinweis auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung, die im September 2015 von Staats- und Regierungsvertretern aus aller Welt angenommen und vom Rat — der sich zu ihrer Umsetzung verpflichtet hat — gebilligt wurden,

unter Hinweis auf die vom Europäischen Rat, vom Europäischen Parlament und von der Europäischen Kommission im November 2017 proklamierte europäische Säule sozialer Rechte,

unter Hinweis auf den Entwurf des Gemeinsamen Beschäftigungsberichts der Kommission und des Rates vom 21. November 2018, der der Mitteilung der Kommission über den Jahreswachstumsbericht 2019 als Begleitunterlage beigefügt ist (COM(2018)0761),

unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 21. November 2018 für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (COM(2018)0759),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 21. November 2018 mit dem Titel „Alarmmechanismusbericht 2019“ (COM(2018)0758),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. November 2018 mit dem Titel „Übersichten über die Haushaltsplanung 2019: Gesamtbewertung“ (COM(2018)0807),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. November 2018 zur Situation von Frauen mit Behinderungen (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2018 zu Betreuungsangeboten in der EU für eine verbesserte Gleichstellung der Geschlechter (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2018 zu der Beschäftigungs- und Sozialpolitik des Euro-Währungsgebiets (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2018 zu dem Thema „Europäisches Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik: Beschäftigungspolitische und soziale Aspekte im Jahreswachstumsbericht 2018“ (4),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum digitalen Geschlechtergefälle;

unter Hinweis auf die Aussprache über die Prioritäten des Europäischen Semesters 2018 mit Vertretern der nationalen Parlamente,

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0162/2019),

A.

in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote bei den 20- bis 64-Jährigen im Jahr 2017 bei 73,2 % lag, was darauf hindeutet, dass sich die EU auf gutem Wege befindet, die in der Strategie Europa 2020 festgelegte Zielmarke von 75 % zu erreichen;

B.

in der Erwägung, dass menschenwürdige Arbeitsplätze mit Beschäftigungssicherheit bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung eine wichtige Rolle spielen und gefördert werden sollten, um zur EU-weiten Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sowie zur Ankurbelung der Binnennachfrage und der Förderung des Wachstums beizutragen; in der Erwägung, dass der Anteil von Teilzeitkräften an der Gesamtzahl der Beschäftigten von 16,8 % im Jahr 2008 auf 18,7 % im Jahr 2017 gestiegen ist, wobei der Anteil unter jungen Menschen höher ist und stärker zugenommen hat;

C.

in der Erwägung, dass sich die Beschäftigungsquoten innerhalb der EU stark unterscheiden, und zwar sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch innerhalb dieser, und dass außerdem Unterschiede hinsichtlich der Qualität der Beschäftigung bestehen;

D.

in der Erwägung, dass die Langzeitarbeitslosigkeit und die Jugendarbeitslosigkeit auf EU-Ebene zwar zurückgehen, in etlichen Mitgliedstaaten aber immer noch hoch sind;

E.

in der Erwägung, dass die Jugendarbeitslosenquote auf EU-Ebene 18,6 % beträgt und damit immer noch höher liegt als im Jahr 2008; in der Erwägung, dass nach Angaben der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) junge Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, der EU schätzungsweise jährliche Kosten in Höhe von 153 Mrd. EUR verursachen, während sich die geschätzten Gesamtkosten für die Einrichtung der Jugendgarantie auf 21 Mrd. EUR pro Jahr belaufen; in der Erwägung, dass der Jugendgarantie für den Zeitraum 2017–2020 derzeit ein Betrag in Höhe von 2 Mrd. EUR zugewiesen ist;

F.

in der Erwägung, dass in Anbetracht der Entstehung und zunehmenden Verbreitung neuer Arbeitsformen wie etwa Plattformarbeit und Solo-Selbständigkeit der Sozialschutz, der weitgehend auf Arbeitnehmer in unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnissen zugeschnitten ist, modernisiert und angepasst werden muss;

G.

in der Erwägung, dass der Anstieg der Beschäftigungsquote in den Mitgliedstaaten mit einer Zunahme atypischer, prekärer und nicht formaler Beschäftigungsformen einschließlich Null-Stunden-Verträgen, mit der Schwächung des sozialen Dialogs und in einigen Mitgliedstaaten mit der Dezentralisierung der Tarifverhandlungen einhergegangen ist, was sich negativ auf die Rechte der Arbeitnehmer auswirkt;

H.

in der Erwägung, dass die schwierigsten Arbeitsverhältnisse diejenigen sind, bei denen die Einzelnen ihre Rechte nicht durchsetzen können, es keinen Sozialversicherungsschutz gibt, die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gefährdet sind und die Arbeit kein ausreichendes Einkommen für ein menschenwürdiges Leben generiert; in der Erwägung, dass die Unsicherheit ein weiterer zentraler Faktor prekärer Arbeitsverhältnisse ist und Folgendes einschließt: einen unsicheren Arbeitsplatz, ein unzureichendes Einkommen, einen mangelnden Kündigungsschutz, Unsicherheit in Bezug auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses und Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Beschäftigungsmöglichkeiten;

I.

in der Erwägung, dass die Zahl der Menschen, die trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen sind, mit einem Anteil von 9,6 % an der Erwerbsbevölkerung weiterhin inakzeptabel hoch ist, obgleich sich die Einkommensschere in der EU 2017 leicht geschlossen hat, und dass vor allem Frauen von Erwerbsarmut betroffen sind;

J.

in der Erwägung, dass der Gesamtanteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen bei 22,5 % und somit unter dem Vorkrisenniveau liegt, das in der Strategie Europa 2020 proklamierte Kernziel, die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen um 20 Millionen zu senken, aber noch lange nicht erreicht ist; in der Erwägung, dass die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder zwar weiter zurückgeht, aber immer noch inakzeptabel hoch ist; in der Erwägung, dass die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder bei Kindern von Alleinerziehenden doppelt so hoch ist wie der Gesamtdurchschnitt; in der Erwägung, dass sich durch starke Ungleichheit die Wirtschaftsleistung und das Potenzial, nachhaltiges Wachstum zu erzielen, verringern;

K.

in der Erwägung, dass die Globalisierung dazu beigetragen hat, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, dass ihr Nutzen aber sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch innerhalb dieser ungleich verteilt ist; in der Erwägung, dass der integrative Charakter des europäischen Wachstumsmodells überprüft und insbesondere hinsichtlich der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit gestärkt werden sollte;

L.

in der Erwägung, dass in dem Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen betont wird, wie dringend es ist, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu ergreifen, der in drei Jahren unumkehrbar sein könnte; in der Erwägung, dass auf allen Steuerungsebenen Budgets (öffentliche wie auch private Investitionen) bereitgestellt werden sollten, die der Modernisierung und Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Energie dienen;

M.

in der Erwägung, dass nun das sechste Jahr in Folge beginnt, in dem die EU-Wirtschaft kontinuierlich wächst, eine Belebung bei den Investitionen zu verzeichnen ist, die Nachfrage der Verbraucher steigt und mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, und in der Erwägung, dass die Wachstumsraten im Euro-Währungsgebiet in der Geschichte der WWU noch nie so dicht beieinander lagen; in der Erwägung, dass es nichtsdestotrotz bedauerlich ist, dass der wachstumsbedingte Nutzen ungleich verteilt ist;

N.

in der Erwägung, dass die Haushaltseinkommen langsamer angestiegen sind als das BIP und dass dies Fragen bezüglich des integrativen Charakters des neuerlichen Wachstums aufwirft;

O.

in der Erwägung, dass der demografische Wandel und die steigende Lebenserwartung die Renten-, Gesundheits- und Pflegesysteme vor sehr große Herausforderungen in Bezug auf Tragfähigkeit und Angemessenheit stellen;

P.

in der Erwägung, dass ein gut funktionierender sozialer Dialog ein Schlüsselelement der sozialen Marktwirtschaft in Europa ist, durch das der soziale Zusammenhalt verbessert wird und innergesellschaftliche Konflikte vermindert werden, was Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Regierungen gleichermaßen zugutekommt;

Q.

in der Erwägung, dass die 2018 eingeleitete Integration der europäischen Säule sozialer Rechte in das Europäische Semester dazu beigetragen hat, integratives Wachstum und Beschäftigung zu fördern und makroökonomische Ungleichgewichte zu verringern;

R.

in der Erwägung, dass das Europäische Semester zur Verwirklichung der europäischen Säule sozialer Rechte beitragen sollte, damit Gleichbehandlung und Chancengleichheit für Frauen und Männer, das Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher Arbeit für Frauen und Männer und das Recht auf den Zugang zu einer hochwertigen und erschwinglichen Gesundheitsversorgung sichergestellt werden;

S.

in der Erwägung, dass 80 Millionen Europäer mit Behinderungen sowie etliche klar definierte Gruppen, zu denen unter anderem marginalisierte junge Menschen, gesellschaftliche Randgruppen, chronisch kranke Menschen und Angehörige von Minderheiten gehören, beim Zugang zu Beschäftigung mit besonderen Hürden konfrontiert und in stärkerem Maße von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind; in der Erwägung, dass zivilgesellschaftliche Organisationen einen wesentlichen Beitrag leisten, wenn es darum geht, der Integration dienende Angebote bereitzustellen und die Vertretung bei der Politikgestaltung sicherzustellen;

T.

in der Erwägung, dass anhaltende Ungleichheiten im Gesundheitsbereich und eine zunehmende Belastung durch chronische Krankheiten derzeit in der gesamten EU zu einer hohen vorzeitigen Mortalität führen und sich auf das Arbeitskräftepotenzial, die Produktivität und die Sozialsysteme auswirken;

U.

in der Erwägung, dass der Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter ein Grundwert der EU ist und in den Artikeln 8 und 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert ist, in denen die Union verpflichtet wird, Ungleichheiten zu beseitigen, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass Gender Mainstreaming in allen Politikbereichen und Aktivitäten der EU zur Anwendung kommt;

V.

in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote bei den Frauen im Jahr 2017 bei 66,5 % lag, das Geschlechtergefälle bei der Beschäftigung jedoch 12 % betrug und damit — ebenso wie das Lohngefälle und folglich auch das Rentengefälle zwischen Frauen und Männern — nach wie vor groß ist; in der Erwägung, dass mehr Frauen als Männer von Altersarmut betroffen sind und Frauen im Alter in stärkerem Maße von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, weil ihre Rentenbezüge wegen der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten, denen sie im Laufe ihres Lebens ausgesetzt sind, fast 40 % geringer ausfallen, und dass dies für viele Frauen und die Gesellschaft ein Problem darstellt; in der Erwägung, dass eine gleichberechtigte Erwerbsbeteiligung sowohl für Männer als auch für Frauen durch Zugang zu guten und erschwinglichen Betreuungsangeboten erleichtert werden kann;

W.

in der Erwägung, dass ein höherer Frauenanteil in Entscheidungspositionen die Gleichstellung der Geschlechter verbessern würde;

X.

in der Erwägung, dass informelle Pflegekräfte und pflegende bzw. betreuende Familienangehörige sowohl während der Zeiten, in denen sie andere pflegen bzw. betreuen, als auch hinsichtlich des Erwerbs von Rentenansprüchen in höherem Maße von Armut bedroht sind; in der Erwägung, dass pflegende Angehörige vorwiegend Frauen sind; in der Erwägung, dass 80 % der Pflegeleistungen in der EU von unbezahlten, informellen Pflegekräften erbracht werden, von denen wiederum 75 % Frauen sind;

Y.

in der Erwägung, dass hinsichtlich der Qualität von Betreuungsleistungen große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb dieser, zwischen privaten und öffentlichen Einrichtungen, zwischen ländlichen und städtischen Gebieten sowie zwischen verschiedenen Altersgruppen bestehen; in der Erwägung, dass Frauen sowohl direkt — als Nutzerinnen der Leistungen und Beschäftigte — als auch indirekt — durch ihre Unterstützung von Familienmitgliedern, die auf grundlegende Gemeinwohldienstleistungen angewiesen sind — von Kürzungen bei Gemeinwohldienstleistungen unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Wohnraum betroffen sind;

Z.

in der Erwägung, dass Frauen aufgrund ihrer Funktion im Familienleben ihre berufliche Laufbahn eher unterbrechen und häufiger aus dem Erwerbsleben ausscheiden, um ein Kind oder einen kranken Angehörigen zu betreuen; in der Erwägung, dass sich diese von Frauen wahrgenommene Rolle als Karrierehindernis erweisen kann; in der Erwägung, dass derzeit Debatten über die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben geführt werden;

AA.

in der Erwägung, dass auf dem Weg zur Verwirklichung des Kernziels 2020, die Schulabbrecherquote auf unter 10 % zu senken, sowie des Ziels, eine Hochschulabsolventenquote von 40 % zu erreichen, beträchtliche Fortschritte erzielt worden sind, dass aber zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor große Unterschiede bestehen; in der Erwägung, dass den Mitgliedstaaten nahegelegt werden sollte, die Zugänglichkeit und öffentliche Akzeptanz der beruflichen Ausbildung zu verbessern und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Qualität der Hochschulbildung bei der Verwirklichung der Kernziele 2020 vorrangig bleibt;

AB.

in der Erwägung, dass digitale Kompetenzen im digitalen Zeitalter für jedwede private und berufliche Tätigkeit essenziell sind und dennoch mehr als 40 % der Erwachsenen in der EU keine grundlegenden digitalen Kompetenzen besitzen; in der Erwägung, dass es 60 Millionen Erwachsenen an grundlegenden Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen fehlt; in der Erwägung, dass bei den digitalen Kompetenzen, die über die Grundkompetenzen hinausgehen, ein Geschlechtergefälle von 12,9 % besteht;

AC.

in der Erwägung, dass die Chancen geringqualifizierter und älterer Arbeitnehmer, an Umschulungs- und Fortbildungsprogrammen teilzunehmen, deutlich geringer sind; in der Erwägung, dass Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen häufig nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um ihren Mitarbeitern Fortbildungen und Umschulungen anbieten zu können;

AD.

in der Erwägung, dass die Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt, die Obdachlosigkeit und die Bezahlbarkeit von Wohnraum in vielen Mitgliedstaaten eine große Herausforderung darstellen, wobei nicht weniger als zehn Mitgliedstaaten Überbelegungsquoten verzeichnen, die über dem europäischen Durchschnitt liegen; in der Erwägung, dass Wohnraum der höchste Ausgabenposten der Europäer ist und dass die Preise für Wohnraum in den meisten Mitgliedstaaten schneller steigen als die Einkommen; in der Erwägung, dass sich Ungleichheit und Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt gegenseitig verstärken, wobei Frauen, Kinder und Menschen mit Migrationshintergrund in besonderem Maße von Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt und Obdachlosigkeit bedroht sind;

AE.

in der Erwägung, dass nach wie vor dringende langfristige Herausforderungen bestehen, wie etwa die Alterung der Bevölkerung, die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt, der Klimawandel und eine nicht nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen;

1.

nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die hinsichtlich des sozialpolitischen Scoreboards erzielt worden sind, stellt aber fest, dass die meisten Mitgliedstaaten bei mindestens einem Leitindikator Schwierigkeiten haben und dass 10 % aller Bewertungen als „kritische Situation“ eingestuft wurden;

2.

betont, dass die sozialen Ziele und Verpflichtungen der EU ebenso wichtig sind wie ihre wirtschaftlichen Ziele; betont, dass die notwendigen Investitionen im Bereich der sozialen Entwicklung nicht nur ein Mittel sind, um für Wirtschaftswachstum und wirtschaftliche Konvergenz zu sorgen, sondern dass es sich hierbei auch um ein spezifisches Ziel an sich handeln muss; begrüßt, dass anerkannt wurde, wie wichtig die Säule sozialer Rechte ist und dass die soziale Dimension der EU gestärkt und auf Ungleichheiten, die innerhalb von Regionen und zwischen diesen bestehen, reagiert werden muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die sozialen Rechte zu stärken, indem die europäische Säule sozialer Rechte dergestalt umgesetzt wird, dass in der EU eine wahrhaftige soziale Dimension aufgebaut wird, unter anderem indem aktuelle Studien (5) zur Kenntnis genommen werden und das Scoreboard beschäftigungs- und sozialpolitischer Indikatoren von der Politik besser wahrgenommen wird und dessen Auswirkungen verbessert werden, wobei sämtliche länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen sind, einschließlich jener, die auf Maßnahmen mit transformativer Wirkung ausgerichtet sind, mit denen auf eine in sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht nachhaltigere Union abgezielt wird; fordert die Kommission auf, die 20 Grundsätze der sozialen Säule als Anzeiger bei der Bewertung zu nutzen, inwiefern es den Mitgliedstaaten gelungen ist, ihr diesbezügliches Engagement in ihre Wirtschaftspolitik zu integrieren, sowie ihre Kapazität zur Überwachung der sozialen Lage auszubauen;

3.

fordert, dass das Europäische Semester uneingeschränkt für die europäische Säule sozialer Rechte eintritt, indem die Gleichbehandlung und die Chancengleichheit von Frauen und Männern, das Recht auf gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit und das Recht auf gute und erschwingliche Betreuungsangebote hervorgehoben werden;

4.

weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten mit strukturellen Problemen am Arbeitsmarkt zu kämpfen haben, die sich beispielsweise in einer geringen Erwerbsbeteiligung, der Segmentierung des Arbeitsmarkts und Missverhältnissen zwischen Angebot und Nachfrage in Bezug auf Fertigkeiten und Qualifikationen äußern; stellt fest, dass der Bedarf an wirksamen Maßnahmen zur Eingliederung und Wiedereingliederung der inaktiven Erwerbsbevölkerung einschließlich Migranten in den Arbeitsmarkt wächst;

5.

fordert mehr Beständigkeit innerhalb des Europäischen Semesters, wobei unter anderem gewährleistet werden sollte, dass Themen, auf die im gemeinsamen Beschäftigungsbericht aufmerksam gemacht wird, im Jahreswachstumsbericht und in den länderspezifischen Empfehlungen in angemessener Form aufgegriffen werden und dass vorrangige Ziele im Folgejahr bestehen bleiben, sofern sie nicht als erreicht gelten;

6.

stellt fest, dass die Volkswirtschaften aller Mitgliedstaaten den Prognosen zufolge weiter wachsen werden, wobei sich das Tempo jedoch verringern wird; betont, dass die Investitionslücke im Bereich Forschung und Innovation auf dem Gebiet der Infrastruktur — Sozial-, Gesundheits- und Pflegedienste sowie Gesundheitsförderung und Krankheitsvorsorge und angemessener, energieeffizienter Wohnraum eingeschlossen — und auf dem Gebiet des Humankapitals geschlossen werden muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu maximieren, in erschwingliche, zugängliche und zielgerichtete hochwertige allgemeine und berufliche Bildung zu investieren und dabei Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen — unter anderem zur Förderung digitaler Kompetenzen und von Querschnittskompetenzen — auszubauen, sowie lebenslanges Lernen und die Entwicklung von Kompetenzen zu fördern; betont, wie wichtig es ist, spezielle Maßnahmen an Frauen und Mädchen zu richten, welche in den Bereichen Digitalwirtschaft sowie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) weiter unterrepräsentiert sind, und die Erstausbildung und die Weiterbildung von Lehrkräften und Ausbildern zu verbessern; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Berufsbildungs- und Lehrlingsausbildungssysteme und das praxisbezogene Lernen zu stärken und sie gleichzeitig besser an den aktuellen und voraussichtlichen Bedürfnissen des Arbeitsmarkts auszurichten; verweist außerdem auf die Bedeutung von im informellen Lernumfeld erworbenen Fähigkeiten und Kompetenzen und fordert die Mitgliedstaaten auf, ein Anrechnungssystem für informelle Kompetenzen einzurichten, die insbesondere im Rahmen von Freiwilligentätigkeiten erworben wurden;

7.

teilt die Ansicht der Kommission, wonach das derzeitige Wirtschaftswachstum für vorgezogene Investitionen in die Dekarbonisierung der Industrie und der Verkehrs- und Energiesysteme in Europa genutzt werden sollte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, sich stärker anzustrengen, um passende und zugängliche Ausbildungsangebote zur Vermittlung der richtigen Kompetenzen zur Verfügung zu stellen, wobei dies auch Unterstützung für Unternehmen bei der Aus- und Weiterbildung und der Umschulung ihrer Mitarbeiter sowie die erneute Anpassung von Bildungs- und Ausbildungssystemen umfasst;

8.

weist darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in einigen Mitgliedstaaten aufgrund fehlenden Wachstums und struktureller Schwächen, die zu einem Großteil auf ineffiziente und in vielen Fällen starre ordnungspolitische Rahmen für den Arbeitsmarkt zurückzuführen sind, weiterhin hoch ist;

9.

stellt fest, dass es zwar Verbesserungen gegeben hat, dass aber zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Konjunkturaufschwungs und der wirtschaftlichen Fortschritte bestehen, die sich auf bereits in der Vergangenheit vor allem in den Bereichen Beschäftigung und Produktivität vorhandene Strukturschwächen einer Reihe von Mitgliedstaaten zurückführen lassen; ist diesbezüglich der Ansicht, dass durch die allmähliche EU-weite Angleichung auch der Divergenz innerhalb der Mitgliedstaaten beigekommen werden sollte, weil sich regionale Unterschiede insofern auf das Wachstumspotenzial in Europa auswirken, als viele Maßnahmen und Dienstleistungen auf regionaler Ebene angeboten werden;

10.

vertritt die Auffassung, dass das der Säule sozialer Rechte beigefügte Scoreboard nicht nur als Richtschnur für politische Empfehlungen dienen sollte, sondern auch als Vorbild für ähnliche Analysen der Leistungsfähigkeit einzelner Länder in Bezug auf Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, damit diese auf ähnlich fundierte Weise beurteilt werden können;

11.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich eingehend mit dem Thema der Erwerbsarmut zu befassen und sowohl auf EU-Ebene als auch auf einzelstaatlicher Ebene Lösungen vorzuschlagen, wie diesem äußerst perfiden Problem begegnet werden kann; ist der Ansicht, dass unverzüglich koordinierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine Trendwende herbeizuführen, damit der soziale Zusammenhalt und die generationenübergreifende Solidarität nicht länger von Spaltung bedroht werden; bekräftigt seine Besorgnis angesichts der vielen Menschen, die trotz der rückläufigen Tendenz von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind; ist insbesondere besorgt über die hohe Kinderarmut, Armut im ländlichen Raum sowie Altersarmut, die stark weiblich geprägt sind; ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Armut und vor allem die Kinderarmut deutlich zu verringern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Arbeit und das Fachwissen nichtstaatlicher Organisationen, im Bereich der Armutsbekämpfung und der sozialen Eingliederung tätiger Organisationen und der von Armut betroffenen Menschen selbst stärker anzuerkennen und dabei deren Beteiligung am Austausch bewährter Verfahren zu fördern; weist darauf hin, dass die Wirtschaftsleistung und das Potenzial für nachhaltiges und integratives Wachstum durch ein hohes Maß an Ungleichheit verringert werden;

12.

verweist darauf, dass angemessene Löhne nicht nur für den sozialen Zusammenhalt, sondern auch für den Erhalt einer starken Wirtschaft und einer produktiven Arbeitnehmerschaft von Bedeutung sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen umzusetzen, durch die die Qualität der Arbeitsplätze erhöht und die Lohnstreuung verringert wird, unter anderem durch eine Anhebung der Lohnniveaus, gegebenenfalls auch in Form von menschenwürdigen Mindestlöhnen; fordert in diesem Zusammenhang Maßnahmen, bei denen die Tarifverhandlungen und die Position der Arbeitnehmer in den Lohnfestsetzungssystemen gewahrt, gefördert und gestärkt werden, was eine entscheidende Rolle beim Erreichen guter Arbeitsbedingungen spielt; ist der Auffassung, dass all diese Maßnahmen darauf abzielen sollten, die Gesamtnachfrage und den wirtschaftlichen Aufschwung zu fördern, Lohnungleichheiten zu verringern und die Erwerbstätigenarmut zu bekämpfen; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die Rechtsvorschriften und die Maßnahmen der EU den Rechten und Freiheiten der Gewerkschaften, den Tarifverträgen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer Rechnung tragen müssen;

13.

betont, dass die Arbeitslosenquoten in der EU zwar einen Tiefststand erreicht haben, die Quote der unbesetzten Stellen aber von 1,9 % im Jahr 2017 auf 2,2 % im Jahr 2018 angestiegen ist; stellt mit Sorge fest, dass ein deutliches Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage besteht, weist darauf hin, dass es Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, den Zugang zu hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildung sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, einen Schwerpunkt auf öffentliche Investitionen zu legen, damit jeder von seinem Recht auf hochwertige und integrative allgemeine und berufliche Bildung Gebrauch machen kann; weist darauf hin, dass Berufsberatung und berufliche Bildung als Triebkraft für nachhaltiges und integratives Wachstum fungieren können; betont, dass es Voraussetzung für die Schaffung eines wettbewerbsfähigen EU-Arbeitsmarkts ist, Fertigkeiten und Qualifikationen mit Beschäftigungsmöglichkeiten in Einklang zu bringen, und dass darauf hingewirkt werden sollte, indem Bildungssysteme zu einer engeren Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Sozialpartnern, etwa Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, bewegt werden und indem die duale Ausbildung, die Lehrlingsausbildung, das Lernen am Arbeitsplatz und das realitätsbezogene Lernen in allen Bildungsformen und auf allen Bildungsebenen einschließlich der Hochschulbildung gefördert werden;

14.

fordert die Kommission auf, das Portal zur beruflichen Mobilität (EURES) und weitere Programme, durch die die Bildungs- und Berufsbildungsmobilität gefördert wird, weiter zu unterstützen; stellt fest, dass die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen insbesondere in Ländern mit hohen Quoten an unbesetzten Stellen die Beschäftigungschancen verbessert;

15.

betont, dass die Integration von Langzeitarbeitslosen über individuell zugeschnittene Maßnahmen ein Schlüsselfaktor zur Bekämpfung von Ungleichheiten, Armut und sozialer Ausgrenzung ist und letztendlich einen Beitrag zur Tragfähigkeit der nationalen Sozialversicherungssysteme leisten wird; fordert in diesem Zusammenhang, mehr arbeitsmarktorientierte Kompetenzen zu schaffen sowie den Anteil der praxisorientierten Ausbildung deutlich zu erhöhen, um das Ziel der Beschäftigungsfähigkeit zu erreichen; ist der Auffassung, dass die soziale Lage dieser Bürger und ihre Bedürfnisse, insbesondere im Hinblick auf ein ausreichendes Einkommen, einen angemessenen Wohnraum, den öffentlichen Verkehr, die Gesundheit und die Kinderbetreuung berücksichtigt werden müssen und dass die auf einzelstaatlicher Ebene umgesetzten Maßnahmen europaweit besser überwacht werden müssen;

16.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Jugendliche, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden — einschließlich junger Menschen mit Behinderungen und derjenigen mit komplexen Bedürfnissen — die Jugendgarantie entsprechend den Empfehlungen der Kommission und des Europäischen Rechnungshofs tatsächlich und auf sinnvolle Weise nutzen und Nutzen daraus ziehen können; betont, wie wichtig es ist, die aktuell bestehenden Mängel, die die Qualität der Angebote und die Reichweite des Programms beeinträchtigen, zu beseitigen; ist der Ansicht, dass weitere Anstrengungen unternommen werden sollten, um Qualitätsstandards festzulegen, dauerhaft mehr finanzielle Unterstützung sowohl aus Finanzierungsinstrumenten der EU als auch aus den nationalen Haushalten zu leisten und dafür zu sorgen, dass Jugendliche und Jugendorganisationen auf sinnvolle Weise in die Gestaltung, Umsetzung und Überwachung von Maßnahmen im Rahmen der Jugendgarantie einbezogen werden; betont, dass anerkannt werden muss, dass viele Menschen, die in jungen Jahren arbeitslos oder unterbeschäftigt waren, aufgrund von Alterskriterien nicht in speziell auf jüngere Arbeitnehmer ausgerichtete Maßnahmen einbezogen wurden und ihnen daher Gelegenheit gegeben werden muss, ihre Kompetenzen aufzufrischen; betont, dass Bildung ausschlaggebend ist, um Armut zu verhindern; ist der Auffassung, dass in den Bildungseinrichtungen eine verstärkte Vermittlung der digitalen Grundkompetenzen wie dem Umgang mit digitalen Medien und Grundkenntnisse im Programmieren unerlässlich sind; betont in diesem Zusammenhang, dass in den Bildungseinrichtungen eine angemessene technische Ausstattung und die entsprechende digitale Infrastruktur erforderlich sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das duale Ausbildungssystem, das sich in der EU als Leitmodel etabliert hat, ohne weitere Verzögerungen umzusetzen und dabei zu berücksichtigen, dass es an die jeweiligen eigenen Systeme der Mitgliedstaaten angepasst werden muss;

17.

hebt hervor, dass — zusätzlich zu anderen unterstützenden Indikatoren — der Anteil der als NEET geltenden jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren an der Gesamtbevölkerung überwacht werden muss und besonderes Augenmerk auf junge Frauen und Mädchen gerichtet werden muss, da es beim Anteil der jungen Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, einen großen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt;

18.

weist darauf hin, dass die EU weiterhin unter Strukturproblemen leidet, die angegangen werden müssen; unterstreicht die grundlegende Notwendigkeit, die Binnennachfrage anzukurbeln, indem öffentliche und private Investitionen sowie sozial und wirtschaftlich ausgeglichene Strukturreformen gefördert werden, die Ungleichheiten verringern und hochwertige und integrative Arbeitsplätze, nachhaltiges Wachstum und soziale Investitionen sowie verantwortungsvolle Haushaltskonsolidierung fördern und somit zu einem Weg beitragen, der im Hinblick auf die Schaffung hochwertigerer Arbeitsplätze unter Abwägung der sozialen und wirtschaftlichen Aspekte mehr Zusammenhalt und soziale Annäherung nach oben für Unternehmen und den öffentlichen Dienst begünstigt; betont, dass diese vorrangigen Ziele nur dann erreicht werden, wenn Investitionen in Humankapital als gemeinsame Strategie priorisiert werden;

19.

betont, dass sozialverträgliche Reformen auf Solidarität, Integration, sozialer Gerechtigkeit und einer gerechten Verteilung des Reichtums beruhen müssen, damit ein Modell geschaffen wird, das Gleichberechtigung und Sozialschutz sicherstellt, benachteiligte Gruppen schützt und die Lebensbedingungen aller Bürger verbessert; hebt ferner hervor, dass die Union sich wirtschaftspolitisch neu in Richtung sozialer Marktwirtschaft ausrichten muss;

20.

fordert die Kommission auf, eine geschlechterdifferenzierte Folgenabschätzung der Strukturreformen vorzunehmen;

21.

fordert die Kommission und alle Mitgliedstaaten auf, die Reglementierung neuer Arbeitsformen in die Wege zu leiten bzw. zu verstärken; bringt in diesem Zusammenhang seine Besorgnis bezüglich des Schutzes atypischer Arbeitnehmer und von Selbstständigen zum Ausdruck, die häufig keinen vollständigen Zugang zum Sozialschutzsystem haben; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu entwickeln und zu fördern, die sich hinsichtlich der Verringerung unangemeldeter Erwerbstätigkeit, der Ermöglichung der Anerkennung der Arbeitnehmerrechte von Hausangestellten und Pflegepersonal sowie der Verbesserung der Arbeitsbedingungen als wirksam erwiesen haben; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Null-Stunden-Verträge zu verbieten;

22.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Reichweite und Wirksamkeit ihrer arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu erhöhen, etwa indem sie sie ergebnisorientierter gestalten und eng mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen, den Sozialpartnern und anderen einschlägigen Interessenträgern wie gegebenenfalls der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten;

23.

hebt den Stellenwert der Dimension der automatischen Stabilisierung von Wohlfahrtssystemen hervor, die durch externe Faktoren wie Rezessionen verursachte soziale Erschütterungen absorbieren; hält die Mitgliedstaaten dazu an, Maßnahmen zur Wiederherstellung der Sicherheit der Beschäftigungsverhältnisse einzuführen, indem sie einen vorbeugenden Schutz, auch bei Entlassungen, gewähren; fordert die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, auf der Grundlage der Empfehlung Nr. 202 der IAO, in der ein sozialer Basisschutz definiert wird, Investitionen in die Sozialsysteme sicherzustellen und auszuweiten, um ihre Wirksamkeit bei der Bekämpfung und Verhütung von Armut und Ungleichheit sowie ihre Nachhaltigkeit sicherzustellen;

24.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bemühungen um eine weitergehende Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt zu verstärken, indem rechtliche Hindernisse abgebaut werden, wenn es darum geht, Anreize für ihre Beschäftigung zu schaffen und für Barrierefreiheit am Arbeitsplatz zu sorgen, indem verstärkt auf neue assistive Technologien gesetzt wird, die der Kommunikation und der Steigerung der Mobilität von Menschen mit Behinderungen dienen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, sich verstärkt darum zu bemühen, dass diejenigen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind, wie etwa Alleinerziehende, informelle Pflegekräfte, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen, Gesundheitsproblemen oder komplizierten chronischen Krankheiten, Migranten und Flüchtlinge und Menschen, die ethnischen oder religiösen Minderheiten angehören, besser in den Arbeitsmarkt integriert werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Anstrengungen zu unternehmen, um die Kompetenzen von Arbeitnehmern auszubauen und menschenwürdige Arbeitsplätze zu fördern und auf diese Weise hochwertige Beschäftigung zu erzielen;

25.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass sämtliche Maßnahmen für die Inklusion von Roma in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen der vereinbarten nationalen Strategien zur Integration der Roma stehen;

26.

stellt fest, dass Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen für nachhaltige und integrative Entwicklung, Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa enorm wichtig sind; fordert, dass Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen bei der Ausrichtung von einschlägigen Mitarbeiterschulungen besser unterstützt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Interessen von Kleinstunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen bei der Politikgestaltung stärker und besser zu berücksichtigen, indem sie den richtigen Regelungsrahmen für Unternehmen, darunter kleine und Kleinstunternehmen, schaffen, damit Arbeitsplätze entstehen können, etwa durch die Einführung intelligenter Rechtsvorschriften;

27.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zur Gewährleistung einer gerechteren Besteuerung, darunter der digitalen Wirtschaft, zu intensivieren, da dies eine unabdingbare Voraussetzung für integratives Wachstum ist;

28.

ist besorgt darüber, dass der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben im Jahreswachstumsbericht derart wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, alle notwendigen Schritte zu ergreifen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu verbessern und die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben; fordert, dass zugängliche, hochwertige und erschwingliche Pflegeangebote für Menschen jeden Alters und Angebote für die Kinderbetreuung und die frühkindliche Bildung geschaffen, die Barcelona-Ziele von 2002 für die Kinderbetreuung weiter verfolgt werden und für Rechtsvorschriften zur Förderung flexibler Arbeitsreglungen gesorgt wird; fordert die Anerkennung informeller Pflegekräfte sowie bessere Arbeitsbedingungen, angemessene Formen der Unterstützung für pflegende Angehörige und die Anerkennung des Stellenwerts der Arbeit der pflegenden Angehörigen, die den größten Teil der Pflege in der EU leisten, etwa indem Rentenversicherungs- und Sozialversicherungsschutz gewährt sowie die Anerkennung von Erfahrung und informellen Kompetenzen ermöglicht werden; fordert, dass flexible Arbeitsregelungen gefördert und vorteilhafte Regelungen für Mutterschaftsurlaub, Vaterschaftsurlaub, Elternurlaub und Pflegeurlaub eingeführt werden; stellt fest, dass dieses Problem auf vielschichtige Weise angegangen werden muss, und fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dringend damit zu befassen; ist der festen Ansicht, dass die Verabschiedung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige einen notwendigen Schritt auf dem Weg zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben darstellt;

29.

fordert die Mitgliedstaaten auf, auf ein besseres Gleichgewicht der Geschlechter in den einschlägigen Branchen und in den Unternehmen hinzuarbeiten und das Augenmerk dabei verstärkt auf Frauen mit Behinderungen zu richten, die mit besonderen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind.

30.

ist besorgt über die vertikale und horizontale Segregation des Arbeitsmarkts in der EU, über das Lohn- und das Rentengefälle zwischen Frauen und Männern und über die Tatsache, dass nur wenige Frauen in die Beschlussfassung eingebunden sind; weist nachdrücklich darauf hin, dass die Erwerbsquote von Frauen nach wie vor geringer ist als jene von Männern; hebt außerdem hervor, dass dieser Unterschied in der Erwerbsquote bei Müttern und Frauen, die Betreuungsaufgaben wahrnehmen, besonders hoch ist;

31.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass Gender Mainstreaming stärker in die Ausarbeitung der länderspezifischen Empfehlungen, der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme und der einzelstaatlichen Reformprogramme einfließt, indem qualitätsbezogene Vorgaben und Maßnahmen eingeführt werden, mit denen die anhaltenden geschlechtsspezifischen Diskrepanzen angegangen werden, und den Gleichstellungsaspekt bei der Haushaltsplanung systematisch zu berücksichtigen;

32.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren nationalen Reformprogrammen (NRP) konkrete quantitative Ziele für die Erwerbstätigkeit von Frauen festzulegen;

33.

fordert die Kommission und den Rat auf, eine Gleichstellungssäule und ein übergreifendes Gleichstellungsziel in die Strategie 2020 aufzunehmen;

34.

fordert die Kommission auf, den Gleichstellungsindex als weiteres Instrument zur Überwachung der Fortschritte in den Bereichen Beschäftigung und gesellschaftliche Ziele in das Europäische Semester aufzunehmen;

35.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu überwachen; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, die Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten nicht länger zu blockieren;

36.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, sämtliche Hindernisse für die Erwerbsbeteiligung von Frauen abzubauen und alle geschlechtsbezogenen Verzerrungseffekte bei den Steuern und andere Anreize, die auf Ungleichheit basierende Geschlechterrollen verstetigen, zu beseitigen;

37.

fordert Strategien zur Unterstützung des Unternehmertums von Frauen, indem diese Zugang zu Finanzierungen und Geschäftsmöglichkeiten erhalten, maßgeschneiderte Schulungsangebote für sie bereitgestellt werden und Maßnahmen eingeführt werden, mit denen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sichergestellt wird;

38.

hebt hervor, dass das Problem der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nach wie vor besteht, wie das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern (bei den männlichen Beschäftigten fällt der durchschnittliche Bruttoverdienst pro Stunde circa 16 % höher aus als bei den weiblichen Beschäftigten) und das Rentengefälle zwischen Frauen und Männern von 37 % verdeutlichen; betont, dass das Rentengefälle, das als wichtigster Indikator für die Ungleichbehandlung der Geschlechter gilt, darauf zurückzuführen ist, dass Frauen in Tätigkeitsfeldern mit guter Bezahlung unterrepräsentiert sind, es auf dem Arbeitsmarkt zu Diskriminierung kommt und ein hoher Anteil der Frauen einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht und dass es keine hinlänglichen Mechanismen für den Ausgleich familiärer und beruflicher Pflichten zwischen Frauen und Männern gibt;

39.

weist darauf hin, dass aufgrund der sich verändernden Altersstruktur und der damit verbundenen steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung die Altersversorgungssysteme angepasst und in einigen Mitgliedstaaten geeignete Reformen durchgeführt werden müssen, um in Zukunft tragfähige und angemessene Renten sicherzustellen; fordert erneut die Einführung von Betreuungsgutschriften in Altersversorgungssystemen, mit denen Zeiten, in denen Frauen und Männer aufgrund von Kinderbetreuung oder Langzeitpflege keine Beiträge gezahlt haben, ausgeglichen werden, damit das geschlechtsbedingte Lohn- und Rentengefälle abgebaut und die Generationengerechtigkeit gewahrt werden kann; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, zusammen mit den Sozialpartnern und Gleichstellungsorganisationen Maßnahmen auszuarbeiten und umzusetzen, um das Lohn- und Rentengefälle zwischen Frauen und Männern zu beseitigen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ergänzend zu diesen Bemühungen regelmäßig eine Übersicht über Löhne und Gehälter zu erstellen; hält den Europäischen Rat erneut dazu an, in Erwägung zu ziehen, die Jahresberichte zum Thema Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen des Europäischen Semesters zur Verbesserung des Gender Mainstreamings zu verwenden;

40.

hebt hervor, dass der allgemeine Zugang zu öffentlichen, solidarisch finanzierten und angemessenen Ruhegehältern und Altersrenten für alle Menschen sichergestellt werden muss; erkennt an, dass es für die Mitgliedstaaten schwierig ist, die Tragfähigkeit der Rentensysteme zu stärken, hebt jedoch hervor, dass es wichtig ist, das Prinzip der Solidarität in diesen Systemen zu wahren; ist der Ansicht, dass die beste Möglichkeit, nachhaltige, sichere und angemessene Renten für Frauen und Männer sicherzustellen, darin besteht, die Gesamtbeschäftigungsquote zu erhöhen und mehr hochwertige Arbeitsplätze für alle Lebensalter zu schaffen, die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zu verbessern und die dafür erforderlichen zusätzlichen öffentlichen Ausgaben zu tätigen; ist der Auffassung, dass der Schwerpunkt bei Reformen der Rentensysteme unter anderem auf dem effektiven Renteneintrittsalter liegen sollte und dass diese Reformen die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, die Geburtenraten, die Gesundheits- und Vermögenssituation, die Arbeitsbedingungen und den Belastungsquotienten der Erwerbsbevölkerung widerspiegeln sollten; ist der Ansicht, dass bei diesen Reformen auch die Lage der Millionen von Arbeitnehmern in der EU und insbesondere von Frauen, jungen Menschen und Selbständigen berücksichtigt werden sollte, die von unsicheren, atypischen Beschäftigungsformen, Zeiträumen unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und verkürzten Arbeitszeiten betroffen sind;

41.

stellt fest, dass Sozial- und Gesundheitsdienste in wesentlichem Maße zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung beitragen, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Investitionen und haushaltspolitische Spielräume vorzusehen, um diese Dienste auszubauen und sie erschwinglich, zugänglich und hochwertig zu machen;

42.

bedauert, dass das Problem der Wohnungsnot nicht in die dringlichsten politischen Prioritäten für 2019 aufgenommen wurde, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Semester besser zu nutzen, um die Fortschritte im Bereich der Bezahlbarkeit von Wohnraum und der Obdachlosigkeit zu verfolgen und zu unterstützen, da dies grundlegende Probleme sind, die Anlass zur Sorge geben; fordert die Kommission auf, in einem ersten Schritt in Einklang mit Grundsatz 19 der europäischen Säule sozialer Rechte den im Rahmen der Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) verwendeten Indikator für die Überbelastung durch Wohnkosten in das sozialpolitische Scoreboard aufzunehmen; betont, dass sich hohe Überbelegungsquoten bei jungen Menschen (im Alter zwischen 15 und 29 Jahren) negativ auf die Bildung, die persönliche und berufliche Entwicklung sowie auf die Lebensqualität auswirken; ist der Auffassung, dass öffentliche Gelder vorrangig an junge Menschen zugewiesen werden sollten, die über keinen angemessenen Wohnraum verfügen;

43.

ist der Ansicht, dass die Kohäsionspolitik als eine der wichtigsten Investitionsstrategien der Europäischen Union ihre Wirksamkeit bei der Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Verringerung von Ungleichheiten unter Beweis gestellt hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, die für die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte vorhandenen Mittel in vollem Umfang zu nutzen;

44.

fordert die Kommission erneut auf, die Mitgliedstaaten zu unterstützen, wenn es gilt, die Strukturfonds vermehrt für Investitionen in öffentliche Betreuungseinrichtungen und -dienste für Kinder, ältere Menschen und andere abhängige Personen einzusetzen, damit Frauen leichter auf den Arbeitsmarkt zurückkehren können und für eine angemessene Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gesorgt ist;

45.

weist darauf hin, dass in dem Jahreswachstumsbericht soziale Investitionen in einer Reihe von Bereichen befürwortet werden, darunter Gesundheit, Langzeitpflegesysteme und sozialer Wohnungsbau; weist darauf hin, dass der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss die vielen positiven Auswirkungen sorgfältig geplanter, wirksamer und effizienter sowie zukunftsorientierter Sozialinvestitionen herausgestellt hat;

46.

fordert die Mitgliedstaaten, die Kommission und das Europäische Parlament auf, das Fachwissen im Sozialbereich tätiger nichtstaatlicher Organisationen stärker anzuerkennen, indem im Rahmen des Semesters auf einen Bürgerdialog gemäß Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union hingearbeitet wird;

47.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  Angenommene Texte, P8_TA(2018)0484.

(2)  Angenommene Texte, P8_TA(2018)0464.

(3)  Angenommene Texte, P8_TA(2018)0432.

(4)  Angenommene Texte, P8_TA(2018)0078.

(5)  Siehe die Berichte der OECD („In It Together: Why Less Inequality Benefits All“, 2015) und des IWF („Causes and Consequences of Income Inequality“, Juni 2015).


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