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Document 52020AE1859

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie“ (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des deutschen Ratsvorsitzes)

    EESC 2020/01859

    ABl. C 429 vom 11.12.2020, p. 173–186 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    11.12.2020   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 429/173


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie“

    (Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des deutschen Ratsvorsitzes)

    (2020/C 429/23)

    Berichterstatter:

    Carlos Manuel TRINDADE

    Ersuchen des deutschen Ratsvorsitzes

    Schreiben vom 18.2.2020

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    9.7.2020

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    18.9.2020

    Plenartagung Nr.

    554

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    182/23/8

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hält fest, dass mit dieser Stellungnahme, die auf Ersuchen des deutschen Ratsvorsitzes erarbeitet wurde, einem ganzheitlichen Ansatz folgend der allgemeine Rahmen für faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie abgesteckt werden soll.

    1.2.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass Fragen bezüglich der Plattformarbeit insbesondere im Lichte der Ziele für nachhaltige Entwicklung, der Digitalen Agenda und der europäischen Säule sozialer Rechte behandelt und beantwortet werden müssen.

    1.3.

    Der EWSA stellt fest, dass die Plattformökonomie noch wenig Gewicht hat, allerdings Wachstumspotenzial aufweist.

    1.4.

    Der EWSA stellt fest, dass Plattformen im Allgemeinen positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben (1), da sie zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur Innovation, Flexibilität und Autonomie der Erwerbstätigen beitragen, Einkommen (häufig als Zusatzverdienst) für Erwerbstätige sichern und die Erwerbsbeteiligung benachteiligter Personen ermöglichen.

    1.5.

    Der EWSA stellt fest, dass es Risiken gibt, die nicht unterschätzt werden dürfen: (i) für die Erwerbstätigen: die Verweigerung von Grundrechten, einschließlich des Rechts auf gewerkschaftliche Organisation und des Rechts auf Tarifverhandlungen; Prekarität; niedriges Einkommen; Intensivierung der Arbeit; übermäßige Fragmentierung der Arbeit über die ganze Welt; fehlender Sozialversicherungsschutz der Erwerbstätigen; (ii) für die Gesellschaft: das erhöhte Risiko des Wettbewerbs auf der Grundlage von Sozialdumping, was sowohl den Arbeitgebern, die unhaltbarem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, als auch den Mitgliedstaaten schadet, denen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge entgehen.

    1.6.

    Der EWSA nimmt die kontroverse Diskussion über plattformbezogene Konzepte zur Kenntnis, insbesondere in Bezug auf den Status der Plattformen als „Arbeitgeber“ und nicht als „Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage“ sowie auf die Unterscheidung zwischen „abhängig Beschäftigten“ und „Selbstständigen“, da diese Auswirkungen auf ihre Rechte hat.

    1.7.

    Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich angesichts der Folgen für die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften und einer Reihe von Arbeitsschutzrechten um eine Klarstellung dieser Begriffe zu bemühen.

    1.8.

    Der EWSA empfiehlt, dass sich die EU und die Mitgliedstaaten um eine Vereinheitlichung der Begriffe bemühen, um so faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie zu erreichen. Zu diesem Zweck sollten sich die Kommission und die Mitgliedstaaten an folgenden Kriterien orientieren: (i) wirtschaftliche Abhängigkeit und abhängige Beschäftigung: Wessen Lebensunterhalt hauptsächlich vom Arbeitsentgelt abhängt, ist abhängig beschäftigt und nicht selbstständig tätig; (ii) die Anwendung des Grundsatzes, wonach ein Plattformmitarbeiter als Beschäftigter gilt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, muss in all ihren Aspekten eingehend geprüft werden; (iii) die von den Plattformen verwendeten Algorithmen sollten den mündlichen oder schriftlichen Anweisungen im Rahmen von Standard-Arbeitsverhältnissen gleichgestellt werden.

    1.9.

    Der EWSA empfiehlt, unter Wahrung der Souveränität der Mitgliedstaaten in Sozialfragen Leitlinien festzulegen, die dazu beitragen, den Beschäftigungsstatus von Plattformmitarbeitern zu klären. Er hält es im Bereich der Plattformökonomie für erforderlich sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter Zugang zu einer Reihe von Rechten und Garantien haben, ungeachtet ihres Beschäftigungsstatus oder der Art ihres Vertrags, womit gewährleistet werden soll, dass sich einige Betreiber nicht durch Missachtung ihrer Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten Wettbewerbsvorteile verschaffen können.

    1.10.

    Der EWSA empfiehlt, die Verantwortlichkeiten der beteiligten Akteure in Bereichen wie Gesundheit und Sicherheit, Datenschutz, Versicherung und gesetzliche Haftung zu klären, um die bestehenden Vorschriften zu bewerten, anzupassen und zu harmonisieren.

    1.11.

    Der EWSA unterstreicht, dass der soziale Dialog und die Tarifverhandlungen in allen relevanten Bereichen unter Beachtung der Tarifautonomie eine vorrangige Rolle spielen müssen, um faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie sicherzustellen.

    1.12.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass unter Beteiligung der Plattformen, der Mitarbeiter und der Verbraucher Verhaltenskodizes erarbeitet werden sollten, die die besten Grundsätze und Leitlinien für die Vergütung, die Arbeitsbedingungen und die Dienstleistungsqualität umfassen.

    1.13.

    Der EWSA fordert die Kommission auf, die Empfehlungen der Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit zur Besteuerung in der Plattformökonomie zu berücksichtigen.

    1.14.

    Der EWSA bekräftigt seine frühere Empfehlung, „dass die Europäische Kommission, die OECD und die IAO gemeinsam mit den Sozialpartnern auf allen geeigneten Ebenen und mit der breiteren Zivilgesellschaft zusammenarbeiten sollten, um geeignete Bestimmungen zu guten Arbeitsbedingungen und für den nötigen Schutz im Fall neuer Beschäftigungsformen […] zu entwickeln“ (2). In diesem Zusammenhang hält es der EWSA für wünschenswert, dass diese Zusammenarbeit in ein Übereinkommen der IAO für Plattformen mündet.

    1.15.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass sichergestellt werden muss, dass die Plattformen Informationen bereitstellen, die für alle beteiligten Akteure Transparenz und Berechenbarkeit ermöglichen. In diesem Sinne ist es notwendig, die Plattformen in jedem Mitgliedstaat in einem Verzeichnis zu erfassen und in der EU eine Datenbank einzurichten, um die Entwicklung der Plattformökonomie zu überwachen.

    1.16.

    Der EWSA unterstützt die Anstrengungen der Kommission zur Untersuchung der Plattformökonomie. Allerdings gibt es auf Ebene der Mitgliedstaaten und der EU immer noch einen erheblichen Mangel an kohärenten und systematischen Informationen. Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf zusammenzuarbeiten, um die Verfügbarkeit dieser statistischen Informationen zu verbessern.

    2.   Hintergrund

    2.1.

    Mit dieser Stellungnahme sollen Fragen des deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Plattformarbeit beantwortet und dabei die wichtigsten Herausforderungen und Chancen ermittelt sowie der Status von Plattformmitarbeitern, die politischen Instrumente zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und die bewährten Verfahren im Bereich der Regulierung untersucht werden.

    2.2.

    Die digitalen Plattformen gehen auf Entwicklungen im Zusammenhang mit Innovationen aus jüngster Zeit zurück: das Internet als entscheidende Innovation; große Datenbanken („Big Data“), die die Verwaltung umfangreicher Datenmengen erlauben, mobile Endgeräte, die Verbrauchern, Mitarbeitern und Diensteanbietern den Zugang zum mobilen Internet zu jeder Zeit und an jedem Ort ermöglichen (3).

    2.3.

    Die Fragen bezüglich der Plattformarbeit müssen insbesondere im Lichte der Ziele für nachhaltige Entwicklung, der Digitalen Agenda und der europäischen Säule sozialer Rechte behandelt und beantwortet werden.

    2.4.

    Der EWSA weist an dieser Stelle auf eine Reihe früherer Stellungnahmen (4) zur Digitalisierung der Wirtschaft und zur Entstehung neuer Beschäftigungsformen hin.

    2.5.

    Die Komplexität der Plattformen, der Mangel an normierten Begriffen und das Fehlen statistischer Informationen erschweren Schätzungen zu Umfang und Wachstum der Plattformökonomie. Die OECD (5) weist darauf hin, dass den meisten Studien zufolge der Anteil der Plattformmitarbeiter an der gesamten Erwerbsbevölkerung bei 0,5 bis 3 % liegt. In insgesamt 16 untersuchten europäischen Ländern war für nur 1,4 % der Bevölkerung im Alter von 16 bis 74 Jahren die Plattformarbeit die Haupttätigkeit (von 0,6 % in Finnland bis 2,7 % in den Niederlanden) (6). Etwa 11 % hatten bereits Plattformdienstleistungen erbracht (7).

    2.6.

    Das künftige Wachstum der Plattformarbeit (8) liegt im Ungewissen‚ da ihr Wachstum von technologischen Fortschritten und neuen Geschäftsmodellen sowie dem Datenschutz und der Verbraucherpolitik abhängt. Einige Autoren schätzen, dass sich der Wert der Transaktionen und Einnahmen der Plattformen in Europa zwischen 2013 und 2015 praktisch verdreifacht hat (9). Der EWSA ist der Auffassung, dass ein Verzeichnis der Plattformen — hauptsächlich unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, beschäftigungsbezogener und sozialer Aspekte — erstellt werden sollte, um so ein besseres Verständnis dieses Phänomens zu erreichen.

    2.7.

    Kennzeichnend für die Plattformarbeit ist das Verhältnis zwischen Plattform, Mitarbeiter und Nutzer. Bei der Vermittlung werden in großem Umfang Technologien und Algorithmen eingesetzt, die oft intransparent sind und die Arbeitsbedingungen beeinflussen, weil sie sich auf die Arbeitsteilung und -organisation sowie die Beurteilung von Mitarbeitern auswirken. Diese „Black Box der Vermittlung“ ist ein charakteristisches Merkmal der Plattformarbeit (10).

    2.8.

    Laut Eurofound (11) ist die Plattformarbeit eine Form der Beschäftigung‚ die eine Online-Plattform nutzt, um Organisationen oder Einzelpersonen den Zugang zu anderen Organisationen oder Einzelpersonen zwecks Lösung von Problemen oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt zu ermöglichen. Hauptmerkmale der Plattformarbeit sind:

    Die bezahlte Arbeit wird über eine Online-Plattform organisiert.

    Es gibt drei beteiligte Parteien: die Online-Plattform, der Kunde und der Mitarbeiter.

    Ziel ist die Durchführung spezifischer Aufgaben oder die Lösung spezifischer Probleme.

    Die Arbeit wird ausgelagert oder extern vergeben.

    Die Arbeit ist in Aufgaben unterteilt.

    Die Dienstleistungen werden auf Abruf erbracht (on demand).

    2.9.

    Ein Schlüsselelement der Plattformarbeit ist der Status der Mitarbeiter. Im Allgemeinen präsentieren sich die Plattformen als Mittler zwischen Angebot und Nachfrage und somit nicht als Arbeitgeber, da keine abhängige Beschäftigung vorliegt. In dieser Situation werden die Mitarbeiter als „Selbstständige“ und nicht als „abhängig Beschäftigte“ betrachtet, womit die Anwendung von Vorschriften des Arbeitsrechts (u. a. Gesundheit und Sicherheit), des Sozialschutzes und der Besteuerung vermieden wird. Der EWSA ist der Ansicht, dass es zwar echte Selbstständige gibt, aber die Anwendung des Grundsatzes, wonach ein Plattformmitarbeiter als Beschäftigter gilt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, von der EU und den Mitgliedstaaten in all ihren Aspekten eingehend geprüft werden muss. Dadurch wird die Wahrung der Interessen der Erwerbstätigen, deren Haupteinkünfte von Plattformen stammen, sichergestellt. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass es echten Selbstständigen ermöglicht werden muss, diesen Status zu behalten, sofern sie es ausdrücklich wünschen.

    2.10.

    Der EWSA stellt fest, dass es eine breite Palette ganz unterschiedlicher Plattformen gibt. Die Kriterien für die Einteilung von Plattformen in verschiedene Typen sind: Art der Aufgabe (mit niedrigem oder hohem Anforderungsprofil); Raum oder physischer Ort, wo die Dienstleistung erbracht wird (online oder offline); wer entscheidet über den Auswahlprozess (Plattform, Plattformmitarbeiter oder Kunde). Von manchen Autoren werden noch weitere Kriterien genannt, z. B. Unterschiede bei der Arbeitsteilung und der Autonomie der Mitarbeiter (12).

    2.11.

    Die IAO (13) ist der Auffassung, dass Plattformen spezifische regulatorische Probleme aufwerfen, und nennt mehrere Problembereiche, u. a.: Niedriglöhne (zum Großteil unter dem Mindestlohnniveau); fehlender Sozialversicherungsschutz (bei der Plattform Amazon Mechanical Turk betrifft das 91 %); Ablehnung erbrachter Arbeitsleistungen (neun von zehn Mitarbeitern geben an, dass ihre Arbeit bereits einmal abgelehnt wurde); Zahlung einer Gebühr, um arbeiten zu können, was gegen mehrere IAO-Übereinkommen zum Lohnschutz verstößt; keine gewerkschaftliche Organisation und fehlende Tarifverhandlungen.

    2.12.

    Die Plattformarbeit hat eine geschlechtsspezifische und eine altersspezifische Dimension. Im Allgemeinen arbeiten mehr Männer im Bereich Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Softwareentwicklung und der Erbringung von Verkehrsdienstleistungen; Frauen dominieren bei Aufgaben im Bereich der Übersetzung und Vor-Ort-Dienstleistungen. Unter den Plattformmitarbeitern sind junge Menschen vergleichsweise überrepräsentiert — insbesondere in den Fällen, in denen über 50 % ihres Einkommens von Plattformen stammt oder sie mehr als 20 Stunden pro Woche für Plattformen tätig sind. Ältere Menschen haben damit begonnen, sich in bestimmten Fällen an Plattformen zu beteiligen. Der EWSA ist der Auffassung, dass diese Aspekte eingehender untersucht werden sollten, um das Phänomen besser verstehen und geeignete politische Maßnahmen ergreifen zu können.

    3.   Herausforderungen, Chancen und Risiken in der Plattformökonomie

    3.1.

    Plattformen haben im Allgemeinen positive Auswirkungen auf die Wirtschaft (14), da sie zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur Innovation, Flexibilität und Autonomie der Erwerbstätigen beitragen, Einkommen (häufig als Zusatzverdienst) für Erwerbstätige sichern, die Schwellen beim Eintritt in den Arbeitsmarkt senken und die Erwerbsbeteiligung benachteiligter Personen ermöglichen (15). Die Kommission stellt fest: „Die kollaborative Wirtschaft schafft neue Beschäftigungsmöglichkeiten, mit denen ein höheres Einkommen erzielt werden kann als in den herkömmlichen Regelarbeitsverhältnissen, und ermöglicht flexible Arbeitsregelungen. So können auch Menschen eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, für die herkömmlichere Formen der Beschäftigung nicht geeignet oder nicht verfügbar sind“ (16). Ungeachtet dieser neuen Möglichkeiten ist der EWSA jedoch der Auffassung, dass weitere Studien über die makroökonomischen Auswirkungen der Plattformökonomie erforderlich sind.

    3.2.

    Für die Erwerbstätigen — mit Ausnahme jener, die hoch qualifiziert sind — gibt es jedoch Risiken, die nicht unterschätzt werden dürfen; Verweigerung von Grundrechten, einschließlich des Rechts auf gewerkschaftliche Organisation und des Rechts auf Tarifverhandlungen; Prekarität; niedriges Einkommen bei gleichzeitiger Überqualifizierung; Intensivierung der Arbeit; übermäßige Fragmentierung der Arbeit über die ganze Welt; fehlender Sozialversicherungsschutz der Erwerbstätigen.

    3.3.

    Aus einer Studie der EU-OSHA (17) geht hervor, dass die Plattformarbeit größere physische und soziale Risiken birgt, einschließlich Beschäftigungsunsicherheit, Gefahrenaussetzung (Verkehrsunfälle, chemische Stoffe usw.), spezifische Risiken im Rahmen von Online-Aktivitäten (Cybermobbing, Haltungsstörungen, Augenmüdigkeit und eine Reihe von Stressfaktoren). Der EWSA empfiehlt, die Verantwortlichkeiten der beteiligten Akteure in Bereichen wie Gesundheit und Sicherheit, Datenschutz, Versicherung und gesetzliche Haftung zu klären, um die bestehenden Vorschriften zu bewerten, anzupassen und zu harmonisieren.

    3.4.

    Es gibt auch Gefahren für die Gesellschaft, worauf der EWSA bereits hingewiesen hat: „[Die Kommission betont, dass] [d]adurch […] die Gefahr des Wettbewerbs auf der Grundlage von Sozialdumping [steigt], was sowohl den Arbeitgebern, die unhaltbarem Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, als auch den Mitgliedstaaten schadet, denen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge entgehen“ (18).

    3.5.

    Auch die Verbraucher tragen Risiken hinsichtlich der Qualität der für sie erbrachten Dienstleistungen, da sie im Falle eines Unfalls oder eines Problems im Zusammenhang mit den Dienstleistungen nur schwer nachvollziehen können, wer zuständig ist. Der EWSA ist der Ansicht, dass ein besserer Rechtsschutz für die Mitarbeiter einen Qualitätsgewinn für die Verbraucher darstellt.

    3.6.

    Der EWSA hält die jüngsten Überlegungen zu den Herausforderungen für Plattformmitarbeiter für wichtig und innovativ (19), insbesondere die Entwicklung eines Modells zur Untersuchung von drei Hauptbereichen: Arbeit, Beschäftigung und soziale Beziehungen. Die wichtigsten Herausforderungen für Plattformen sind:

    3.6.1.

    im Bereich „Arbeit“: Leitung, Kontrolle, Bewertung (durch Algorithmen), Autonomie bei der Zuweisung der Arbeit und die physische Umgebung, insbesondere bei Plattformen, die Arbeit nutzen, die geringe Qualifikationen erfordert, vor Ort ausgeführt und vom Kunden bestimmt wird.

    3.6.2.

    im Bereich „Beschäftigung“: Status, — vielleicht die größte Herausforderung — die Bestimmung des Arbeitgebers und des Vertrags, insbesondere für Plattformen, die sich durch geringqualifizierte und wenig autonome Arbeit auszeichnen. Weitere, wenngleich allen atypischen Beschäftigungsverhältnissen gemeinsame Probleme sind der Sozialschutz, die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz, das Einkommen und die Arbeitszeiten.

    3.6.3.

    im Bereich „soziale Beziehungen“: Interessenvertretung, auch wenn dieses Problem auch bei anderen Formen atypischer Beschäftigungsverhältnisse auftritt. Flexibilität und Fragmentierung machen es sehr schwierig, Erwerbstätige in atypischen Beschäftigungen zu ermitteln, zu organisieren und zu vertreten. Darüber hinaus weist die Plattformarbeit naturgemäß folgende Merkmale auf: Alleinarbeit, geografisch verstreut, große Anonymität und Fluktuation der Mitarbeiter, die miteinander konkurrieren und auf weiteren Plattformen tätig sind. In der Regel akzeptieren die Plattformen die Arbeitgeberrolle nicht und gehören keinen Arbeitgeberverbänden an, weshalb die Mitarbeiter, die Gewerkschaften und die politischen Entscheidungsträger ohne Verhandlungspartner dastehen.

    3.6.4.

    Negatives Sozialverhalten und diskriminierende Behandlung sind auch große Herausforderungen im Falle von Plattformen mit geringqualifizierter Arbeit, da die Mitarbeiter generell jung sind und benachteiligten Minderheiten angehören. Die Nutzung von Algorithmen und Situationen, in denen die Kunden die Zuteilung und Ausführung der Arbeit beeinflussen, verstärken negatives Verhalten und Diskriminierung.

    3.6.5.

    Auch der Datenschutz stellt unter dem Gesichtspunkt des Eigentums und der Nutzung von Daten eine große und spezifische Herausforderung sowohl für die Plattformmitarbeiter als auch für die Verbraucher dar.

    4.   Status der Erwerbstätigen in der Plattformökonomie

    4.1.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass zur Erleichterung des reibungslosen und ordnungsgemäßen Funktionierens des Systems der Plattformökonomie Anstrengungen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten unternommen werden müssen, um den Status von Plattformmitarbeitern zu klären und tendenziell zu regulieren und um sicherzustellen, dass die Plattformen Informationen bereitstellen, die für alle beteiligten Akteure Transparenz, Berechenbarkeit und faire Behandlung gewährleisten.

    4.2.

    Der EWSA empfiehlt, unter Berücksichtigung der Souveränität der Mitgliedstaaten im Bereich der Sozialpolitik und unter Wahrung des Grundsatzes der Aufwärtsharmonisierung Leitlinien für die Definition des Beschäftigungsstatus für Plattformen festzulegen, um den Erwerbstätigen den Zugang zu Rechten und Schutz zu ermöglichen.

    4.3.

    In einer europäischen Umfrage (20) unter Erwerbstätigen des Sektors zu ihrem Beschäftigungsverhältnis bezeichneten sich 68,1 % als abhängig Beschäftigte und 7,6 % als Selbstständige. Mithin betrachten sich die meisten Befragten als abhängig Beschäftigte, ungeachtet ihres durch die Plattformen festgelegten Status.

    4.4.

    Die Kommission hat sich mit der Frage des Beschäftigungsstatus auseinandergesetzt (21) und erklärt, dass die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern aufgrund von drei Kriterien getroffen werden kann: Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses, Art der Arbeit, Vorhandensein einer Vergütung. Diese Kriterien werden definiert, um den Begriff „Arbeitnehmer“ in der EU anzuwenden, doch wird in der Mitteilung auch darauf hingewiesen, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Zuständigkeit tendenziell eine Reihe identischer Kriterien anwenden.

    4.5.

    In einer früheren Stellungnahme des EWSA heißt es: „Konkret sollte unter Beachtung der nationalen Zuständigkeiten ein Rechtsrahmen für Arbeitnehmer festgelegt werden, der die entsprechenden Arbeitsverhältnisse genau regelt: eine angemessene Bezahlung und das Recht auf Teilnahme an Tarifverhandlungen, Schutz gegen Willkür, das Recht sich abzumelden, um akzeptable Computerarbeitszeiten zu gewährleisten usw“ (22).

    4.6.

    In der europäischen Rechtsprechung wird in Bezug auf die Definition des Begriffs „Arbeitnehmer“ das Augenmerk auf das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses, die Wirtschaftlichkeit und Echtheit der Dienstleistung sowie das Vorhandensein einer Vergütung gelegt (23).

    4.7.

    Der EWSA unterstreicht die Bedeutung zweier Urteile des EuGH. Ein Urteil (C-67/96, Albany) legt eine wichtige Ausnahme von der Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts fest, nämlich, dass Tarifverträge für Arbeitnehmer nicht in den Geltungsbereich des Wettbewerbsrechts fallen, wenn der Wettbewerbsgrundsatz im Widerspruch zur Sozialpolitik steht. In einem anderen Urteil (C-413/13, FNV Kunsten Informatie) wurde die Vereinbarkeit des europäischen Wettbewerbsrechts mit Tarifverhandlungen bekräftigt und Selbstständige in diesem Fall als „Scheinselbstständige“ eingestuft. Dies ist für die Plattformarbeit von besonderer Bedeutung, da damit die scheinselbstständigen Plattformmitarbeiter wie abhängig Beschäftigte behandelt werden können (24).

    4.8.

    Auch gibt es in einigen Mitgliedstaaten, wie etwa Italien und Frankreich, bereits eine Rechtsprechung, die sich an dieser Leitlinie des EuGH orientiert (25).

    4.9.

    Viele Plattformmitarbeiter sind nicht sozialversichert und verfügen über keine angemessenen Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz, obwohl diese Rechte als grundlegend erachtet werden und in den Gesetzen der Länder, den Verträgen, den europäischen Rechtsvorschriften und den internationalen IAO-Normen (26) verankert sind. Die gegenwärtige COVID-19-Krise macht deutlich, wie wichtig die Systeme der sozialen Sicherheit in demokratischen Gesellschaften sind, da diese Systeme bisher einerseits das Einkommen eines Großteils der Bevölkerung gestützt und andererseits die Schutzbedürftigkeit derjenigen, die von diesen Systemen ausgeschlossen sind, verstärkt haben.

    5.   Politische Instrumente zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der digitalen Plattformen

    5.1.

    Der EWSA nimmt die jüngsten Überlegungen zur Vielfalt der nationalen Instrumente zur Bewältigung der Herausforderungen, die durch digitale Plattformen entstehen (27), zur Kenntnis. Es handelt sich einerseits um administrative und „harte“ Instrumente (Rechtsvorschriften, Gerichte und Arbeitsaufsicht) und andererseits um „weiche“ Instrumente (Tarifverhandlungen (28), Aktionen der Plattformen und Aktionen der Mitarbeiter).

    5.1.1.

    Bei den Rechtsvorschriften gibt es selten Maßnahmen, die zudem weniger darauf ausgerichtet sind, die Arbeitsbedingungen oder den Sozialschutz zu verbessern, als darauf, Wettbewerbsprobleme zu lösen, obwohl der Sozialschutz in vielen Ländern auf Selbstständige ausgeweitet wurde. Was die Gerichte angeht, besteht hinsichtlich der Entscheidung über Konflikte bezüglich des Status Ungewissheit. Im puncto Arbeitsaufsicht haben die Länder zwar versucht, deren Tätigkeit zu intensivieren, doch werden Schwierigkeiten bei der Notifizierung seitens vieler (Online-)Plattformen festgestellt. Der EWSA ist der Meinung, dass im Mittelpunkt der für Plattformen geltenden Gesetze die wichtigsten wirtschafts-, arbeits- und sozialrechtlichen Probleme stehen sollten.

    5.1.2.

    Tarifverhandlungen gibt es kaum (die Wettbewerbsvorschriften erschweren Tarifverhandlungen zwischen „Selbstständigen“ und Plattformen), wenngleich sie in einigen Ländern in bestimmten Bereichen (Transport und Vertrieb) existieren. Die Aktionen der Plattformen konzentrieren sich auf die Behandlung von Kritik an ihren Praktiken, die Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden, die Selbstregulierung und die Unterzeichnung von Verhaltenskodizes, die Anpassung der Geschäftstätigkeiten und die Einstellung einer Geschäftstätigkeit. Die Aktionen der Mitarbeiter sind vielfältig und umfassen u. a. Proteste und Streiks. Sie haben nicht nur im Falle von „on-location skilled platforms“ stattgefunden, sondern auch im Falle anders gearteter Plattformen; einschlägige Beispiele sind ein von der IG Metall im Jahr 2016 ins Leben gerufenes Projekt, das gemeinsam mit den schwedischen und österreichischen Gewerkschaften zur Frankfurter Erklärung („Fair Crowd Work“, 2016) geführt hat.

    5.1.3.

    Der EWSA hält es für wichtig, in der Plattformökonomie Verhaltenskodizes zu fördern, die unter Beteiligung der Plattformen, der Mitarbeiter und der Verbraucher erarbeitet werden sollten.

    5.2.

    Der EWSA stellt fest, dass trotz dieser breiten Palette von Instrumenten noch keine adäquate Lösung erreicht wurde, um angemessene Arbeitsbedingungen bei Plattformen zu verankern und zu verteidigen. Die meisten Initiativen wurden auf nationaler Ebene ergriffen, wobei Änderungen beim Erlass spezifischer Gesetze und im Rahmen der Arbeitsvorschriften herauszustellen sind — in einigen Fällen durch die Einführung einer Zwischenkategorie zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit (29). Der EWSA hält diese Lösung für nicht zufriedenstellend.

    5.3.

    Die Häufigkeit der Anrufung von Arbeitsaufsichtsbehörden und Gerichten ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. Die Gerichtsverfahren haben zu uneinheitlichen Urteilen geführt, wobei in einigen Fällen die Arbeitsverhältnisse als abhängige Beschäftigung und in anderen Fällen die Plattformmitarbeiter als Selbstständige bezeichnet wurden.

    5.4.

    Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten sich am Konzept der wirtschaftlichen Abhängigkeit und der abhängigen Beschäftigung orientieren. Plattformmitarbeiter, deren Lebensunterhalt hauptsächlich von der Bezahlung, die sie für ihre Arbeit und Arbeit in Form einer abhängigen Beschäftigung erhalten, abhängt, sind abhängig Beschäftigte und nicht Selbstständige. Die von den Plattformen verwendeten Algorithmen sollten ebenfalls den mündlichen oder schriftlichen Anweisungen im Rahmen von Standard-Arbeitsverhältnissen gleichgestellt werden. Der EWSA hat diese Konzepte bereits in einer Stellungnahme (30) befürwortet.

    5.5.

    Im Rahmen einer verstärkten Arbeitsaufsicht muss den Plattformmitarbeitern besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, um zu vermeiden, dass diese weiter keinen Schutz haben und dass die Plattformen an unlauteren Wettbewerbspraktiken gegenüber anderen Unternehmen festhalten (31).

    5.6.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass die Mitarbeiter sozialversichert sein und über angemessene Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen am Arbeitsplatz verfügen müssen. Die europäischen Institutionen sind der Auffassung, dass alle Mitarbeiter unabhängig von der Art des Vertrages Zugang zur Sozialversicherung haben müssen. In mehreren Ländern wurde spezifische Systeme für Selbstständige eingerichtet, die den besonderen Bedingungen, unter denen sie arbeiten, Rechnung tragen sollen.

    5.7.

    Im Bericht der Globalen Kommission zur Zukunft der Arbeit (32) wird die Entwicklung eines internationalen Governancesystems für Plattformen (33) vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang empfahl der EWSA bereits, „dass die Europäische Kommission, die OECD und die IAO gemeinsam mit den Sozialpartnern auf allen geeigneten Ebenen und mit der breiteren Zivilgesellschaft zusammenarbeiten sollten, um geeignete Bestimmungen zu guten Arbeitsbedingungen und für den nötigen Schutz im Fall neuer Beschäftigungsformen […] zu entwickeln“ (34).

    5.8.

    In Bezug auf die Besteuerung ist der EWSA der Auffassung, dass alle Akteure der digitalen Wirtschaft Steuern zahlen müssen. In dieser Hinsicht unterstützt der EWSA die Empfehlungen der Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit (35), dass die EU ein verbindliches Rechtsinstrument einführen sollte, um: Plattformen dazu zu verpflichten, den Steuerbehörden der Länder, in denen sie tätig sind, sämtliche Transaktionen zu melden; den Steuerbehörden die Informationen zu liefern, die notwendig sind, um die Einhaltung der Steuervorschriften sicherzustellen; die Mitarbeiter über ihren Verdienst und ihre Steuerpflichten zu informieren und sie vor einer falschen Einstufung als Selbstständige zu schützen.

    6.   Bewährte Verfahren für die Regulierung der Plattformarbeit

    6.1.

    Im Einklang mit internationalen Studien (36) ist der EWSA der Ansicht, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen zur Regulierung der Bereiche Arbeitsmarkt, sozialer Dialog und Tarifverhandlungen sowie Qualifizierung sicherstellen müssen.

    6.1.1.

    In Bezug auf die Arbeitsmarktregulierung sollte sichergestellt werden, dass alle Mitarbeiter gemäß den nationalen Systemen und Verfahren Zugang zu einer Reihe von Rechten und Garantien haben, ungeachtet ihres Beschäftigungsstatus oder der Art ihres Vertrags, womit gewährleistet werden soll, dass Betreiber sich nicht durch Missachtung ihrer Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten Wettbewerbsvorteile verschaffen können.

    6.1.1.1.

    Die Grauzone zwischen Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung sollte so gering wie möglich gehalten werden, indem diese Definitionen weitestgehend vereinheitlicht und präzisiert werden. Dadurch wird die Unsicherheit für Mitarbeiter und Arbeitgeber verringert.

    6.1.1.2.

    Die Scheinselbstständigkeit sollte durch die Stärkung der Aufsichtskapazitäten, die Verringerung der Anreize für Unternehmen, Beschäftigungsverhältnisse „falsch“ einzustufen, und die Verhängung erheblicher Strafen für diese Falscheinstufung bekämpft werden.

    6.1.1.3.

    Auf internationaler Ebene sollte ein Prozess der Zusammenarbeit zwischen Kommission, OECD und IAO eingeleitet werden, der in ein Übereinkommen der IAO für Plattformen münden könnte.

    6.1.2.

    Das Problem des ungleichen Machtverhältnisses zwischen Plattformen und Mitarbeitern sollte durch sozialen Dialog und Tarifverhandlungen angegangen werden. Missbräuchliche Marktpraktiken müssen bekämpft werden, indem die Transparenz von Vergütung, Informationen, Rechten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten erhöht wird.

    6.1.2.1.

    Der soziale Dialog auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten sollte gefördert werden; ebenso sollten die Tarifverhandlungen in den Mitgliedstaaten gefördert werden, damit sie gegebenenfalls zusammen mit den Rechtsvorschriften zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen.

    6.1.2.2.

    Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände spielen eine wesentliche Rolle, wenn es darum geht, die Interessenvertretung im Rahmen des europäischen Sozialmodells in die Praxis umzusetzen.

    6.1.3.

    Unter Beteiligung der Plattformen, der Mitarbeiter und der Verbraucher müssen Verhaltenskodizes erarbeitet werden, die die besten Grundsätze und Leitlinien für die Vergütung, die Arbeitsbedingungen und die Dienstleistungsqualität umfassen.

    6.1.4.

    Die Mitgliedstaaten sollten Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten für die Plattformmitarbeiter sicherstellen, da diese in der Regel zu benachteiligten Gruppen (u. a. Migranten) gehören, die mit Problemen im Bereich der Ausbildung konfrontiert sind.

    Brüssel, den 18. September 2020

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  ABl. C 303 vom 19.8.2016, S. 54.

    (2)  ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 10, Ziffer 3.9.

    (3)  C. Degryse, „Digitalisation of the economy and its impact on labour markets“ [Digitalisierung der Wirtschaft und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte], Arbeitsdokument, 2016.02, S. 7.

    (4)  ABl. C 303 vom 19.8.2016, S. 54; ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 39; ABl. C 81 vom 2.3.2018, S. 145; ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 10; ABl. C 237 vom 6.7.2018, S. 1; ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 33.

    (5)  OECD, Beschäftigungsprognosen („Employment Outlook“)‚ 2019, S. 55.

    (6)  Z. Kilhoffer u. a: „Study to gather evidence on the working conditions of platform workers“ [Studie zur Erhebung von Daten über die Arbeitsbedingungen für Plattformmitarbeiter], Dezember 2019, S. 45.

    (7)  Ebenda, S. 47.

    (8)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 48.

    (9)  Werte von 2015: 28,1 bzw. 3,6 Mrd. EUR; Quelle: Z. Kilhoffer, ebenda, S. 48.

    (10)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 15.

    (11)  Eurofound 2018, „Employment and working conditions of selected types of platform work“ [Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen ausgewählter Arten von Plattformarbeit], S. 9.

    (12)  Ebenda, S. 15.

    (13)  IAO: „Policy responses to new forms of work. International governance of digital labour platforms“ [Politische Maßnahmen als Reaktion auf neue Arbeitsformen: Internationale Governance im Bereich der digitalen Arbeitsplattformen], April 2019.

    (14)  Siehe Fußnote 1.

    (15)  Siehe Fußnote 1.

    (16)  Mitteilung der Kommission Eine europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft, COM(2016) 356 final.

    (17)  EU-OSHA, 2017: „Protecting Workers in the Online Platform Economy. An overview of regulatory and policy developments in the EU.“ [Schutz von Arbeitnehmern in der Online-Plattformökonomie. Eine Übersicht über rechtliche und politische Entwicklungen in der EU].

    (18)  ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 39, Ziffer 3.4.

    (19)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 48-98.

    (20)  COLLEEM (COLLaborative Economy and Employment). Siehe Europäische Kommission: „Platform Workers in Europe“ [Plattformmitarbeiter in Europa], 2018, S. 4.

    (21)  Europäische Kommission, Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft, 2016, S. 11-13.

    (22)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 33, Ziffer 4.4.2.

    (23)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 227.

    (24)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 85.

    (25)  Urteil des Obersten Gerichtshofs Nr. 1663/2020 (Italien) und Nr. 17-20.079 vom 28. November 2018 (Frankreich).

    (26)  U. a. das Übereinkommen Nr. 102 von 1952, mit späteren Anpassungen.

    (27)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 125-176.

    (28)  Obwohl die Autoren Tarifverhandlungen als „weich“ einstufen, ist es eine Tatsache, dass Tarifverhandlungen in vielen Mitgliedstaaten rechtswirksam und somit ein „hartes“ Instrument sind.

    (29)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 107.

    (30)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 34, Ziffer 1.4, und ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 39, Ziffer 5.1.2.

    (31)  Z. Kilhoffer, ebenda, S. 227.

    (32)  IAO, ebenda.

    (33)  IAO, Globale Kommission zur Zukunft der Arbeit: „Work for a Brighter Future“ [Arbeit für eine bessere Zukunft], Genf, 2019.

    (34)  ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 10, Ziffer 3.9.

    (35)  ABl. C 458 vom 19.12.2014, S. 43.

    (36)  OECD, Beschäftigungsprognosen („Employment Outlook“)‚ 2019, S. 32.


    ANHANG I

    DIGITALE PLATTFORMEN: BEWÄHRTE VERFAHREN

    Die folgende Kurzdarstellung soll einen Überblick über bewährte Verfahren im Bereich digitaler Plattformen geben. Als wichtigste Informationsquelle diente dabei folgende Veröffentlichung der ETUI: Isabelle Daugareilh u. a., The platform economy and social law: Key issues in comparative perspective , ETUI, 2019 (1).

     

    LAND

    VERFAHREN

    1

    Deutschland

    2017 wurde eine Ombudsstelle für die Anwendung des „Crowdsourcing Code of Conduct“ durch die IG Metall, einen deutschen Crowdsourcing-Verband und acht digitale Plattformen eingerichtet (2).

    2

    Österreich

    2019 wurde ein Tarifvertrag vereinbart, der ab Januar 2020 für ein Cateringunternehmen und dessen Mitarbeiter (die Auslieferer) gilt. Der Beschäftigungsstatus ist nicht klar (3).

    3

    Belgien

    Es existiert eine Kommission (Commission administrative de règlement de la relation de travail)‚ die über die Einstufung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses entscheidet (4).

    4

    Dänemark

    Im Juli 2018 wurde ein Tarifvertrag zwischen Hilfr (eine DP für Reinigungsdienstleistungen) und einer Gewerkschaft geschlossen. Die Plattformmitarbeiter sind selbstständig, erhalten aber nach 100 Arbeitsstunden einen Arbeitsvertrag (5).

    5

    Spanien

    Die Plattformmitarbeiter von DelSevero richteten 2017 die Online-Plattform Ridersxderechos zur Verteidigung ihrer Interessen ein. 2017 startete die UGT das Portal Turespuestasindical (6).

    6

    Spanien

    2018 wurde eine Branchenvereinbarung für Katalonien für den Zeitraum 2018-2020 zwischen Arbeitgeberverbänden (Fomento del Trabajo, PIMEC und FIPIME) und Gewerkschaften (CC.OO. und UGT) unterzeichnet. Die Vereinbarung enthält einen Abschnitt über die Plattformarbeit (7).

    7

    Frankreich

    Mitarbeiter von Lebensmittelvertriebs-Plattformen gründen Gewerkschaftsorganisationen (z. B. in Bordeaux) (8).

    8

    Italien

    2019 wurde ein spezifisches Gesetz über digitale Plattformen in der Region Latium verabschiedet. Das Gesetz enthält eine Definition der Online-Mitarbeiter sowie der einschlägigen Rechte (9).

    9

    Italien

    Mit dem nationalen Tarifvertrag für den Logistiksektor wurde im Jahr 2018 die Kategorie der Kuriere/Auslieferer (riders) eingeführt, deren Arbeit als abhängige Beschäftigung eingestuft wird. Das Gleiche gilt für den Tarifvertrag mit Laconsegna (einer digitalen Plattform für Lebensmittellieferungen). Diese Verträge wurden von den Gewerkschaften unterzeichnet (10).

    10

    Italien

    Die Charta der Grundrechte von Online-Mitarbeitern (Charta von Bologna) wurde 2018 von der Stadt Bologna (?) und zwei Plattformen (Sgnam und MyMenu) unterzeichnet. Sie regelt nicht den Beschäftigungsstatus der Mitarbeiter (11).

    11

    Portugal

    Im Arbeitsgesetzbuch werden Kriterien für die Annahme des Bestehens eines Arbeitsvertrags festgelegt. In den Rechtsvorschriften über digitale Verkehrsplattformen (das sog. „Uber-Gesetz“) wird in Bezug auf die rechtliche Verbindung zwischen den Fahrern und der Plattform ausdrücklich auf das Arbeitsgesetzbuch verwiesen (12).

    12

    Schweiz

    Im Februar 2019 wurde zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband ein Tarifvertrag über die Arbeit von Kurieren/Auslieferern geschlossen (13).

    13

    Europäische Sozialpartner

    Autonome Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über die Digitalisierung — Juni 2020 (14).

    DP = digitale Plattform


    (1)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, Hrsg.: Isabelle Daugareilh, Christophe Degryse und Philippe Pochet, „The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective“ [Plattformökonomie und Sozialrecht: Schlüsselfragen aus vergleichender Sicht], S. 57.

    (2)  IAO: „Policy responses to new forms of work. International governance of digital labour platforms“ [Politische Maßnahmen als Reaktion auf neue Arbeitsformen: Internationale Governance im Bereich der digitalen Arbeitsplattformen], April 2019, S. 6-7.

    (3)  Eurofound, siehe Initiativen im Bereich der Plattformökonomie: https://www.eurofound.europa.eu/data/platform-economy/initiatives.

    (4)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 46; siehe das Portal: https://commissionrelationstravail.belgium.be/fr/.

    (5)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 42; siehe auch: https://www.equaltimes.org/in-denmark-a-historic-collective?lang=en#.XsjN8DpKhPa.

    (6)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 102-103; siehe https://twitter.com/ridersxderechos und https://www.ugt.es/turespuestasindicales.

    (7)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 104-105.

    (8)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 57.

    (9)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 68. Es enthält aber offenbar keine Bestimmungen über ihren Status (abhängig Beschäftigte/Selbständige).

    (10)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 71-72.

    (11)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 72.

    (12)  Portugal: Gesetz 45/2018 vom 10. August.

    (13)  ETUI, 2019, Arbeitspapier 2019.10, The platform economy and Social law: Key issues in comparative perspective, S. 111-112.

    (14)  Autonome Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über die Digitalisierung.


    ANHANG II

    Folgende abgelehnte Änderungsanträge erhielten mindestens ein Viertel der Stimmen:

    Ziffer 2.9

    Ändern:

    2.9.

    Ein Schlüsselelement der Plattformarbeit ist der Status der Mitarbeiter. Im Allgemeinen präsentieren sich die Plattformen als Mittler zwischen Angebot und Nachfrage und somit nicht als Arbeitgeber, da keine abhängige Beschäftigung vorliegt. In dieser Situation werden die Mitarbeiter als „Selbstständige“ und nicht als „abhängig Beschäftigte“ betrachtet, womit die Anwendung von Vorschriften des Arbeitsrechts (u. a. Gesundheit und Sicherheit), des Sozialschutzes und der Besteuerung vermieden wird. Der EWSA ist der Ansicht, dass es zwar echte Selbstständige gibt, aber die Anwendung des Grundsatzes, wonach ein Plattformmitarbeiter als Beschäftigter gilt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, von der EU und den Mitgliedstaaten in all ihren Aspekten eingehend geprüft werden muss, wobei die grundlegenden Unterschiede zwischen abhängig Beschäftigten und Selbstständigen zugrunde zu legen sind (Art der Arbeit, Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses und Vergütung). Dadurch wird die Wahrung der Interessen der Erwerbstätigen, deren Haupteinkünfte von Plattformen stammen, sichergestellt. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass es echten Selbstständigen ermöglicht werden muss, diesen Status zu behalten, sofern sie es ausdrücklich wünschen.

    Begründung

    Nach Auffassung der Europäischen Kommission ist der Status eines Mitarbeiters ein kontroverses Thema und zugleich einer der entscheidenden Aspekte aus politischer Sicht, da Arbeit das wichtigste Gut ist, das über die Plattform gehandelt wird. Die Kommission hat sich mit der Frage des Beschäftigungsstatus auseinandergesetzt und erklärt, dass die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern aufgrund von drei Kriterien getroffen werden kann: Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses, Art der Arbeit, Vorhandensein einer Vergütung. Diese Kriterien werden definiert, um den Begriff „Arbeitnehmer“ in der EU anzuwenden, doch wird in der Mitteilung der Kommission Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft auch darauf hingewiesen, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Zuständigkeit tendenziell eine Reihe identischer Kriterien anwenden. Insofern ist keine zusätzliche Regelung des Status der Mitarbeiter auf europäischer Ebene erforderlich. Auf nationaler Ebene wurden verschiedene Initiativen ergriffen, in einigen Fällen durch die Einführung einer Zwischenkategorie zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit.

    In Bezug auf den Status der Mitarbeiter ist auch darauf hinzuweisen, dass die kürzlich geschlossene Autonome Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über die Digitalisierung alle Beschäftigten und Arbeitgeber im öffentlichen und privaten Sektor abdeckt, einschließlich Tätigkeiten, bei denen Online-Plattformen genutzt werden, auf denen ein Beschäftigungsverhältnis besteht, wie auf nationaler Ebene definiert.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen

    65

    Nein-Stimmen

    99

    Enthaltungen

    13

    Ziffer 5.4

    Ändern:

    5.4.

    Bei der Anwendung der allgemeinen Kriterien für die Bestimmung des Status eines Mitarbeiters (Abhängigkeitsverhältnis, Art der Arbeit, Vergütung) sollten die Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten sich am Konzept der wirtschaftlichen Abhängigkeit und der abhängigen Beschäftigung als einem der wichtigsten Aspekte orientieren, um faire Arbeitsbedingungen für Plattformmitarbeiter zu gewährleisten orientieren. Plattformmitarbeiter, deren Lebensunterhalt hauptsächlich von der Bezahlung, die sie für ihre Arbeit und Arbeit in Form einer abhängigen Beschäftigung erhalten, abhängt, sind abhängig Beschäftigte und nicht Selbstständige. Die von den Plattformen verwendeten Algorithmen sollten können dementsprechend ebenfalls den ebenso wie die mündlichen oder schriftlichen Anweisungen im Rahmen von Standard-Arbeitsverhältnissen gleichgestellt als verbindlich betrachtet werden. Der EWSA hat diese Konzepte bereits in einer Stellungnahme befürwortet.

    Begründung

    Nach Auffassung der Europäischen Kommission ist der Status eines Mitarbeiters ein kontroverses Thema und zugleich einer der entscheidenden Aspekte aus politischer Sicht, da Arbeit das wichtigste Gut ist, das über die Plattform gehandelt wird. Die Kommission hat sich mit der Frage des Beschäftigungsstatus auseinandergesetzt und erklärt, dass die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern aufgrund von drei Kriterien getroffen werden kann: Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses, Art der Arbeit, Vorhandensein einer Vergütung. Diese Kriterien werden definiert, um den Begriff „Arbeitnehmer“ in der EU anzuwenden, doch wird in der Mitteilung der Kommission Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft auch darauf hingewiesen, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Zuständigkeit tendenziell eine Reihe identischer Kriterien anwenden. Insofern ist keine zusätzliche Regelung des Status der Mitarbeiter auf europäischer Ebene erforderlich. Auf nationaler Ebene wurden verschiedene Initiativen ergriffen, in einigen Fällen durch die Einführung einer Zwischenkategorie zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit.

    In Bezug auf den Status der Mitarbeiter ist auch darauf hinzuweisen, dass die kürzlich geschlossene Autonome Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über die Digitalisierung alle Beschäftigten und Arbeitgeber im öffentlichen und privaten Sektor abdeckt, einschließlich Tätigkeiten, bei denen Online-Plattformen genutzt werden, auf denen ein Beschäftigungsverhältnis besteht, wie auf nationaler Ebene definiert.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen

    64

    Nein-Stimmen

    98

    Enthaltungen

    14

    Ziffer 5.8

    Ändern:

    5.8.

    Der EWSA spricht sich dafür aus, dass im Rahmen der nationalen Steuersysteme der kollaborativen Wirtschaft und der digitalen Plattformen Rechnung getragen wird und gleichzeitig die Grundsätze eines fairen Steuersystems (d. h. Kohärenz, Vorhersehbarkeit und Neutralität) gewahrt bleiben. Gleichzeitig muss auch das öffentliche Interesse an der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch alle beteiligten Akteure gewährleistet werden  (1). In Bezug auf die Besteuerung ist der EWSA der Auffassung, dass alle Akteure der digitalen Wirtschaft Steuern zahlen müssen. In dieser Hinsicht unterstützt der EWSA die Empfehlungen der Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit  (2) , dass die EU ein verbindliches Rechtsinstrument einführen sollte, um: Plattformen dazu zu verpflichten, den Steuerbehörden der Länder, in denen sie tätig sind, sämtliche Transaktionen zu melden; den Steuerbehörden die Informationen zu liefern, die notwendig sind, um die Einhaltung der Steuervorschriften sicherzustellen; die Mitarbeiter über ihren Verdienst und ihre Steuerpflichten zu informieren und sie vor einer falschen Einstufung als Selbstständige zu schützen.

    Begründung

    Der EWSA hat vor Kurzem eine Stellungnahme zur Besteuerung der kollaborativen Wirtschaft verabschiedet (Stellungnahme ECO/500 „Besteuerung der kollaborativen Wirtschaft — Berichterstattungspflichten“). Es wäre angemessener, auf diesen vereinbarten Text zu verweisen.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen

    64

    Nein-Stimmen

    97

    Enthaltungen

    14

    Ziffer 1.8

    Ändern:

    1.8.

    Der EWSA empfiehlt, dass sich die EU und die Mitgliedstaaten um eine Vereinheitlichung der Begriffe bemühen, um so faire Beschäftigungsbedingungen in der Plattformökonomie zu erreichen. Zu diesem Zweck und um faire Arbeitsbedingungen insbesondere für Beschäftigte sicherzustellen, deren Lebensunterhalt hauptsächlich von der Vergütung für diese Arbeit abhängt, sollten sich die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Anwendung der allgemeinen Kriterien für den Status eines Mitarbeiters (Abhängigkeitsverhältnis, Art der Arbeit und Vergütung) an folgenden Kriterien orientieren: (i) wirtschaftliche Abhängigkeit und abhängige Beschäftigung: Wessen Lebensunterhalt hauptsächlich vom Arbeitsentgelt abhängt, ist abhängig beschäftigt und nicht selbstständig tätig; (ii) die Anwendung des Grundsatzes, wonach ein Plattformmitarbeiter als Beschäftigter gilt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, muss sollte in all ihren Aspekten eingehend geprüft werden, wobei die grundlegenden Unterschiede zwischen abhängig Beschäftigten und Selbstständigen zugrunde zu legen sind (Art der Arbeit, Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses und Vergütung); (iii) die von den Plattformen verwendeten Algorithmen sollten den können ebenso wie die mündlichen oder schriftlichen Anweisungen im Rahmen von Standard-Arbeitsverhältnissen gleichgestellt als verbindlich betrachtet werden.

    Begründung

    Nach Auffassung der Europäischen Kommission ist der Status eines Mitarbeiters ein kontroverses Thema und zugleich einer der entscheidenden Aspekte aus politischer Sicht, da Arbeit das wichtigste Gut ist, das über die Plattform gehandelt wird. Die Kommission hat sich mit der Frage des Beschäftigungsstatus auseinandergesetzt und erklärt, dass die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern aufgrund von drei Kriterien getroffen werden kann: Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses, Art der Arbeit, Vorhandensein einer Vergütung. Diese Kriterien werden definiert, um den Begriff „Arbeitnehmer“ in der EU anzuwenden, doch wird in der Mitteilung der Kommission Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft auch darauf hingewiesen, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Zuständigkeit tendenziell eine Reihe identischer Kriterien anwenden. Insofern ist keine zusätzliche Regelung des Status der Mitarbeiter auf europäischer Ebene erforderlich. Auf nationaler Ebene wurden verschiedene Initiativen ergriffen, in einigen Fällen durch die Einführung einer Zwischenkategorie zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit.

    In Bezug auf den Status der Mitarbeiter ist auch darauf hinzuweisen, dass die kürzlich geschlossene Autonome Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über die Digitalisierung alle Beschäftigten und Arbeitgeber im öffentlichen und privaten Sektor abdeckt, einschließlich Tätigkeiten, bei denen Online-Plattformen genutzt werden, auf denen ein Beschäftigungsverhältnis besteht, wie auf nationaler Ebene definiert.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen

    63

    Nein-Stimmen

    99

    Enthaltungen

    15

    Ziffer 1.13

    Ändern:

    1.13.

    Der EWSA spricht sich dafür aus, dass im Rahmen der nationalen Steuersysteme der kollaborativen Wirtschaft und der digitalen Plattformen Rechnung getragen wird und gleichzeitig die Grundsätze eines fairen Steuersystems (d. h. Kohärenz, Vorhersehbarkeit und Neutralität) gewahrt bleiben. Gleichzeitig muss auch das öffentliche Interesse an der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch alle beteiligten Akteure gewährleistet werden  (3). Der EWSA fordert die Kommission auf, die Empfehlungen der Europäischen Plattform zur Stärkung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit zur Besteuerung in der Plattformökonomie zu berücksichtigen.

    Begründung

    Der EWSA hat vor Kurzem eine Stellungnahme zur Besteuerung der kollaborativen Wirtschaft verabschiedet (Stellungnahme ECO/500 „Besteuerung der kollaborativen Wirtschaft — Berichterstattungspflichten“). Es wäre angemessener, auf diesen vereinbarten Text zu verweisen.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen

    62

    Nein-Stimmen

    99

    Enthaltungen

    15


    (1)  Siehe Stellungnahme ECO/500 „Besteuerung der kollaborativen Wirtschaft — Berichterstattungspflichten“ (ABl. C 364 vom 28.10.2020, S. 62).

    (2)  ABl. C 458 vom 19.12.2014, S. 43.

    (3)  Siehe Fußnote 1.


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