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Document 52020XE3155

Entschließung zum „Beitrag des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Arbeitsprogramm 2021 der Europäischen Kommission auf der Grundlage der Arbeit der Ad-hoc-Gruppe ‚Beitrag des EWSA zum Arbeitsprogramm 2021 der Kommission‘“

ABl. C 364 vom 28.10.2020, p. 1–13 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

28.10.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 364/1


Entschließung zum „Beitrag des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Arbeitsprogramm 2021 der Europäischen Kommission auf der Grundlage der Arbeit der Ad-hoc-Gruppe ‚Beitrag des EWSA zum Arbeitsprogramm 2021 der Kommission‘“

(2020/C 364/01)

Berichterstatter:

Petr ZAHRADNÍK

Stefano PALMIERI

Jan DIRX

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner Plenartagung am 15./16. Juli 2020 (Sitzung vom 16. Juli) mit 140 gegen 15 Stimmen bei 17 Enthaltungen folgende Entschließung:

1.   Einleitung

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt und unterstützt nachdrücklich die Vorschläge der Europäischen Kommission, den „Next Generation EU“-Plan und den langfristigen EU-Haushalt für 2021-2027, wie er bereits in seiner Entschließung zu den „Vorschlägen des EWSA für den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung nach der Covid-19-Krise“ (1) betont hat. Der Ausschuss hofft und erwartet, dass die von der Kommission in diesen Plänen dargelegte Marschroute für die notwendige Erholung und den Wiederaufbau nach der Coronavirus-Krise in ihrem Arbeitsprogramm für 2021 umfassend und konkret weiterentwickelt wird.

1.2.

Nach Auffassung des EWSA sollte sich das Arbeitsprogramm auf die Neustrukturierung und Verbesserung unserer Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grundlage folgender Prinzipien konzentrieren: Schutz der Menschenrechte und der sozialen Rechte, der demokratischen Werte und der Rechtsstaatlichkeit, Erschließung des vollen Potenzials des Binnenmarkts, Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele, Schaffung einer Kreislaufwirtschaft und einer klimaneutralen EU bis spätestens 2050 sowie Gewährleistung eines verantwortungsvollen Regierungshandelns und demokratischer Rechenschaftspflicht.

1.3.

Der EWSA betont, dass die von der Kommission gewählten sechs Kernziele (europäischer Grüner Deal, ein Europa für das digitale Zeitalter, eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, ein stärkeres Europa in der Welt, Förderung unserer europäischen Lebensweise und neuer Schwung für die Demokratie in Europa) einen wirksamen Rahmen für die Ausarbeitung des Arbeitsprogramms für 2021 bieten. Eventuell sollte der Schwerpunkt, auch mit Blick auf die gegenwärtig ergriffenen Maßnahmen, dezidierter auf Investitionen und auf die Tatsache gelegt werden, dass sie beschleunigt werden müssen. Einige Einzelheiten zum künftigen Arbeitsprogramm sind in der Mitteilung der Kommission über den EU-Aufbauplan (2) zu finden, und neue Vorschläge werden in der Rede der Kommissionspräsidentin von der Leyen zur Lage der Union im September und der Absichtserklärung an das Europäische Parlament und den Rat enthalten sein. Der EWSA begrüßt auch das angepasste Arbeitsprogramm für 2020, das der COVID-Krise Rechnung trägt und Hinweise auf die Entwicklung in naher Zukunft geben könnte.

1.4.

Der EWSA begrüßt, dass die Europäische Kommission als Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie ihr Arbeitsprogramm für 2020 überarbeitet hat und auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas abstellt. Sie hat ihre Arbeit neu ausgerichtet und den Schwerpunkt auf die Maßnahmen gelegt, die erforderlich sind, um den Wiederaufbau und die Resilienz Europas zu fördern, und ist zugleich nach wie vor entschlossen, ihre Leitinitiativen, den europäischen Grünen Deal und die Digitale Strategie, umzusetzen, da sie von entscheidender Bedeutung für die Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft und den Aufbau eines resilienteren, nachhaltigeren, gerechteren und wohlhabenderen Europas sind. Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass neun Initiativen auf 2021 vertagt wurden.

1.5.

Gerade jetzt, da wir erleben, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Ländern in diesen Krisenzeiten ist, hofft der EWSA, dass die bevorstehende Konferenz zur Zukunft Europas zur Stärkung und Vertiefung des institutionellen Gefüges der EU und zu einer echten Erneuerung des EU-Projekts führen wird, das für die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gerüstet sein muss. Die Kommission kann deshalb auf die uneingeschränkte Unterstützung des Ausschusses zählen.

1.6.

Der EWSA ist überzeugt, dass der Prozess der Erholung und des Wiederaufbaus von Wirtschaft und Gesellschaft nur unter aktiver Beteiligung der Organisationen der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner möglich sein wird.

1.7.

In den folgenden Abschnitten und Ziffern formuliert er konkrete Vorschläge für das Arbeitsprogramm 2021 zu den sechs Kernzielen der Kommission.

2.   Ein europäischer Grüner Deal

2.1.   Der Grüne Deal

2.1.1.

Der Grüne Deal der EU kann auch als wirksames Instrument zur nachhaltigen Wiederbelebung der Wirtschaft durch massive Investitionen zur Unterstützung der notwendigen strukturellen Veränderungen, mit denen Europa konfrontiert ist, angesehen werden. Unter diesem Gesichtspunkt ließe er sich als Chance zur Unterstützung einer längerfristigen wirtschaftlichen Erholung begreifen. Ausreichende öffentliche und private Finanzierungsquellen für dieses Ziel zu bündeln und eine neue Governance zu schaffen, um den Grünen Deal erfolgreich in die Praxis umzusetzen, erfordert einen neuen Konsens in Europa.

2.1.2.

Der EWSA setzt sich nachdrücklich für die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft ein. Über sein Engagement für die Europäische Plattform der Interessenträger für die Kreislaufwirtschaft tritt er zudem energisch für ehrgeizige politische Maßnahmen in diesem Bereich ein. Zu seinen seit Langem an die Kommission gerichteten Forderungen nach Ressourceneffizienz gehört auch die Forderung nach einer Überprüfung der Rechtsvorschriften über die umweltgerechte Gestaltung von Produkten und generell der einschlägigen Rechtsvorschriften über Produkte, nach einer schrittweisen Einbeziehung verbindlicher Anforderungen an die Ressourceneffizienz bei der Produktgestaltung und nach neuen Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge, um kreislauforientierte Produkte und neue Geschäftsmodelle zu fördern. Dabei muss berücksichtigt werden, welche wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach der COVID-19-Pandemie herrschen und welche Veränderungen tatsächlich realisierbar sind.

2.1.3.

Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Überarbeitung der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen, durch die Qualität und Umfang der Offenlegung nichtfinanzieller Informationen, auch in Bezug auf Umweltaspekte wie die biologische Vielfalt, verbessert werden sollen, auf 2021 verschoben wurde. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Steuerpolitik generell im Einklang mit den Klimaschutzzielen reformiert werden sollte und dass sich die Umweltkosten, einschließlich des Verlusts an biologischer Vielfalt, in den Steuersystemen und der Preisgestaltung niederschlagen sollten. Damit sollen Änderungen der nationalen Steuersysteme angeregt werden, um die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf Faktoren wie Umweltverschmutzung, unterpreisige Ressourcen und andere ökologische externe Effekte zu verlagern. Das Nutzerprinzip und das Verursacherprinzip müssen angewandt werden, um Umweltschäden zu verhindern und zu beseitigen.

2.1.4.

Der EWSA begrüßt, dass die biologische Vielfalt in allen Politikbereichen durchgängig berücksichtigt wird, wie in der Mitteilung zur Biodiversitätsstrategie bis 2030 (3) dargelegt. Der EWSA begrüßt, dass die Kommission einen neuen europäischen Governance-Rahmen im Bereich der Biodiversität schaffen wird. Dieser wird dazu beitragen, Verpflichtungen und Zusagen zu erfassen und einen Fahrplan für die Umsetzung aufzustellen. Dies käme sowohl der GAP als auch dem europäischen Lebensmittelsystem zugute und könnte damit einen weiteren Beitrag leisten, beide nachhaltiger zu machen. In diesem Rahmen wird die Kommission einen Überwachungs- und Überprüfungsmechanismus mit klaren vereinbarten Indikatoren einrichten, der eine regelmäßige Bewertung der Fortschritte und gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen ermöglicht. Dieser Mechanismus muss in die Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik einfließen und zum Europäischen Semester beitragen.

2.1.5.

Der EWSA begrüßt das Europäische Klimagesetz, das als rechtsverbindliches EU-weites gemeinsames Ziel festlegt, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu senken, und einen Rahmen für die Verwirklichung dieses Ziels schafft. Der EWSA betrachtet das vorgeschlagene Europäische Klimagesetz deshalb als eines der Instrumente, die zu diesem erwünschten und notwendigen Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft beitragen können (4). Bis September 2020 will die Kommission das EU-Klimaziel für 2030 unter dem Gesichtspunkt der Klimaneutralität begutachten sowie Möglichkeiten für eine Anhebung der Emissionssenkungen auf 50-55 % gegenüber 1990 prüfen, um dann bis Mitte 2021 entsprechende Legislativvorschläge zu unterbreiten. Der EWSA drängt die Kommission, sich für eine Reduzierung von mindestens 55 % bis 2030 zu entscheiden und entsprechende Legislativvorschläge zu unterbreiten, damit die EU ihren Teil zu den notwendigen weltweiten Emissionssenkungsanstrengungen beiträgt (5).

2.1.6.

Die Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger über die Organisationen, Verbände und Netze der Zivilgesellschaft wird Reformen von Wirtschaft und Gesellschaft tatsächlich ermöglichen. Die Mitgliedstaaten und die EU müssen daher sicherstellen, dass bei diesen komplexen Veränderungen niemand zurückgelassen wird, vor allem nicht die Schwächsten.

2.1.7.

Die Maßnahmen für Erholung und Wiederaufbau müssen die EU aus einem kohlenstoffintensiven Zukunftsentwurf befreien und eine Verpflichtung auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit zugrunde legen.

2.1.8.

Mit dem neuen MFR müssen ausreichend Mittel bereitgestellt werden, um die erforderlichen Investitionen für eine echte und tief greifende Umstellung auf eine grüne Wirtschaft zu ermöglichen. Darüber hinaus ist es wichtig, auch künftig den Schwerpunkt auf weitere Umweltbelange wie den Schutz von Boden, Land und Meeren zu legen, die trotz der COVID-19-Krise und auch in der Zeit danach nicht hintangestellt werden dürfen.

2.1.9.

Die Energieversorgungssicherheit auf allen Ebenen und die Resilienz der Gesellschaft müssen weiter verbessert werden, beispielsweise durch Gebäuderenovierungsprogramme. Grenzüberschreitende Energiezusammenarbeit und EU-weite Verbundnetze sind nach wie vor wichtig, und es ist auch nötig, eine stärkere Diversifizierung der Versorgungsquellen zu fördern, etwa durch eine größere Auswahl an erneuerbaren Energieträgern und Energiespeicherlösungen.

2.1.10.

Eine Möglichkeit, die Verwirklichung des EU-Klimaneutralitätsziels zu beschleunigen, besteht darin, die Nutzung von regenerativ und CO2-arm erzeugtem Strom zu steigern und Branchen, die derzeit noch von fossilen Energieträgern abhängig sind, auf Elektroenergie umzustellen. Ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Energieunion und des europäischen Grünen Deals sind die nationalen Energie- und Klimapläne.

2.1.11.

Ein besonderer Stellenwert für das im Europäischen Klimagesetz festgelegte Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050 muss dem Verkehr zukommen. Die verkehrsbedingten CO2-Emissionen, die derzeit sogar noch zunehmen, müssen bis 2050 um 90 % gesenkt werden, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

2.1.12.

Der EWSA fordert eine Aktualisierung der EU-Forststrategie nach 2020 im Rahmen des europäischen Grünen Deals. Die neue Strategie könnte sich auf den Zeitraum bis 2050 erstrecken. Die Bedeutung der Wälder, der Waldbewirtschaftung und der Holzverarbeitung für die Verwirklichung dieser Ziele sollte in allen Branchen anerkannt werden und zu einer optimierten branchenübergreifenden Zusammenarbeit führen.

2.1.13.

Nach Auffassung des EWSA könnten Anpassungsmaßnahmen erheblich zur gerechteren Gestaltung der Nachhaltigkeitswende und des Wiederaufbaus nach der COVID-19-Krise beitragen. Gemeinden und Regionen, die negativen Auswirkungen des Klimawandels in überdurchschnittlichem Maße ausgesetzt sind, sollten bei der Eindämmung der Auswirkungen und der wahrgenommenen Risiken unterstützt werden. Dies gilt insbesondere für die Gemeinden und Regionen, deren Treibhausgasemissionen seit jeher unter dem Durchschnitt liegen.

2.1.14.

Der EWSA begrüßt, dass der europäischer Grüne Deal im angepassten Arbeitsprogramm 2020 der Kommission ausreichend und gleichermaßen in allen Teilen berücksichtigt wird. Er betont insbesondere, dass der Schwerpunkt auf die Finanzierung des nachhaltigen Wandels gelegt wird, insbesondere auf das Investitionsprogramm für den europäischen Grünen Deal und den Fonds für einen gerechten Übergang. Auch die anderen im angepassten Arbeitsprogramm genannten Themenbereiche, etwa die nachhaltige und intelligente Mobilität, nachhaltige Produktion und nachhaltiger Verbrauch, Nachhaltigkeit der Lebensmittelsysteme oder Dekarbonisierung der Energie, sind für die Erreichung dieses Ziels von recht großer Bedeutung. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Kommission ihr Hauptaugenmerk auch im Arbeitsprogramm 2021 auf diese Initiativen legen wird.

2.2.   Investitionsprioritäten

2.2.1.

Öffentliche Mittel, die in Konjunkturprogramme investiert werden, sollten nicht nur zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft beitragen, sondern im Wege der Förderung einer widerstandsfähigen, inklusiven und klimafreundlichen Wirtschaft (der sogenannten „Ökonomie des Wohlergehens“) auch zur wirksamen Eindämmung der Auswirkungen weiterer Schocks.

2.2.2.

Die EU-Taxonomie für ein nachhaltiges Finanzwesen sollte während der Phase der wirtschaftlichen Erholung als Richtschnur für öffentliche und private Investitionen dienen, um die Verlagerung weg von umweltschädlichen hin zu umweltverträglichen Branchen zu beschleunigen.

2.2.3.

Es muss sichergestellt werden, dass im neuen MFR umfangreiche Mittel für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele und Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen und nicht-zweckdienliche Finanzierungen (etwa für fossile Brennstoffe) eingestellt werden.

2.2.4.

Die europäische Wirtschaft hat für den größten Teil des Jahrzehnts nach der Krise nach 2009 eine Investitionslücke verzeichnet, die geschlossen werden muss, um ausreichende Erfolge zu erzielen. Der EWSA begrüßt deshalb den Vorschlag für den Aufbauplan, der vor allem aus dem Instrument Next Generation EU und seinen Säulen besteht, sowie dem angepassten MFR 2021-2027. Next Generation EU kann als außerordentlicher, dabei jedoch notwendiger und dringender Schritt zur Verbesserung des Investitionsumfelds in der EU betrachtet werden. Dies wird beispielsweise in der EWSA-Stellungnahme ECO/523 (6) näher erläutert.

2.2.5.

Der EWSA stellt fest, dass Investitionen kein politisches Ziel der Kommission für die Mandatsperiode bis 2024 darstellen und dass sie auch bei den einzelnen Initiativen im angepassten Arbeitsprogramm 2020 nicht angemessen berücksichtigt werden. Der EWSA empfiehlt deshalb, die auf Investitionen beruhenden Initiativen in das Arbeitsprogramm 2021 aufzunehmen, einschließlich der Bemühungen um die Mobilisierung privater Investitionen zur Förderung der künftigen nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung der EU.

3.   Ein Europa für das digitale Zeitalter

3.1.

Die Coronakrise zeigt, dass die digitale Revolution ein wichtiges Element für eine größere Krisenresilienz unserer Gesellschaft ist. Investitionen in die Digitalisierung wesentlicher Dienstleistungen und die Verbesserung der Fähigkeit von Regierungen, gesetzgebenden Organen und öffentlichen Einrichtungen, ihre Dienste auch in einer Krise weiter zu erbringen, sind von größter Bedeutung. Gleichzeitig müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass digitale Technologien nicht das Endziel, sondern nur ein Hilfsmittel sind. Der Rahmen, in dem sich digitale Technologien bewegen, muss in öffentlicher Verantwortung nach hohen Nachhaltigkeitsstandards geregelt werden. Er muss starke demokratische und technische Schutzmaßnahmen umfassen, verbunden mit Maßnahmen zur Kostenstützung und Wissensförderung, die niemanden zurücklassen. Im Einklang mit dem EU-Rechtsakt über Barrierefreiheit muss daher sichergestellt werden, dass die digitale Revolution die Barrierefreiheit für die mehr als 100 Millionen Bürgerinnen und Bürger mit Behinderungen in der EU gewährleistet.

3.2.

Die Digitalisierung bietet sowohl Chancen als auch Risiken für die Konjunkturerholung. Im Innovationsbereich kann die EU eine Vorreiterrolle spielen, beispielsweise im Bereich Blockchain, wo die EU bereits führend ist. Die Blockchain-Technologie (ohne sie auf Bitcoins zu reduzieren) vermittelt demokratische Werte und bietet dabei Transparenz und verbesserte Steuerungsstrukturen. Die mit der Digitalisierung verbundenen Risiken wie zunehmende Arbeitslosigkeit, digitale Kluft und soziale Ausgrenzung müssen jedoch angegangen werden. Außerdem müssen Möglichkeiten gefunden werden, um die Chancen zu nutzen und diese gleichzeitig gegen die Risiken abzuwägen — und dies in einem Kontext, in dem die EU weltweit wettbewerbsfähig bleiben will.

3.3.

Es ist wichtig, das europäische Modell der Rechte, der Standards und der Verbraucherpolitik beizubehalten. All dies macht die EU einzigartig. Im Bereich der Digitalisierung zum Beispiel beruht der Ethikkodex der EU bezüglich der künstlichen Intelligenz (KI) auf dem Ansatz „human-in-command“ (Kontrolle durch den Menschen), wodurch sich der Standpunkt der EU von dem anderer Weltregionen unterscheidet. Dieser Ansatz, der auf Grundrechten und Grundfreiheiten fußt, ist Teil des EU-Modells und sollte trotz des gegenwärtig immer härteren Wettbewerbsklimas beibehalten werden.

3.4.

Der EWSA unterstreicht, wie wichtig die Digitalisierung in allen Bereichen der Gesellschaft ist, insbesondere durch Telearbeit und digitale Dienste einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs und elektronischer Gesundheitsdienste.

3.5.

Die Pandemie hat gezeigt, dass bei der Digitalisierung in der Bildung keine gesellschaftsweite Chancengleichheit herrscht, was weitere Probleme bei den schulischen Leistungen und Bildungsmöglichkeiten hervorrufen könnte. Daher werden Maßnahmen zur Unterstützung benachteiligter Gruppen gebraucht, wodurch auch einer Segregation vorgebeugt würde.

3.6.

Der Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz und Digitalisierung muss ständig aktualisiert werden, um mit dem technischen Fortschritt Schritt zu halten und insbesondere beim Thema Sicherheit der digitalen Kommunikation in Bezug auf Netze und Inhalte auf dem neuesten Stand zu bleiben.

3.7.

Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission den Legislativvorschlag zu den Folgemaßnahmen zum Weißbuch zur künstlichen Intelligenz, einschließlich Sicherheit, Haftung, Grundrechte und Daten, auf 2021 verschieben wird. Er ruft die Kommission auf, a) die Multidisziplinarität in der Forschung durch Einbeziehung anderer Disziplinen wie Recht, Ethik, Philosophie, Psychologie, Arbeitswissenschaften, Geisteswissenschaften, Wirtschaft usw. zu fördern, b) relevante Interessenträger (Gewerkschaften, Berufs- und Unternehmensverbände, Verbraucherorganisationen, NRO) in die Debatte über KI und als gleichberechtigte Partner in von der EU finanzierte Forschungsprojekte und andere Projekte wie die öffentlich-private Partnerschaft für KI, sektorale Dialoge, das Adopt-AI-Programm im öffentlichen Sektor und das Leitzentrum einzubeziehen und c) die breitere Öffentlichkeit über die Chancen und Herausforderungen der KI weiter aufzuklären und zu informieren. Ferner empfiehlt er der Kommission, die Auswirkungen der KI auf das gesamte Spektrum der Grundrechte und -freiheiten eingehender zu prüfen, u. a. auf das Recht auf ein faires Verfahren, auf faire und offene Wahlen, auf die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit sowie auf Nichtdiskriminierung. Der EWSA spricht sich nach wie vor gegen die Einführung jeglicher Formen der Rechtspersönlichkeit für KI aus. Dies würde die präventive Wirkung des Haftungsrechts aushöhlen, ein erhebliches Risiko der Schaffung von Fehlanreizen sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Nutzung von KI bergen und Missbrauch ermöglichen (7).

3.8.

Aufgrund der zunehmenden Nutzung von Smartphones und der Einführung der 5G-Netze ist die Frage der EU-weiten Interoperabilität zwischen Anwendungen und Netzen insbesondere in Notlagen von großer Bedeutung.

3.9.

Angesichts der weiteren Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung und ihrer zunehmenden Auswirkungen auf das Privat-, Sozial- und Arbeitsleben sowie auf alle Sektoren sind die Vermittlung digitaler Kompetenzen und die Überwindung der digitalen Kluft für die Bürgerinnen und Bürger äußerst wichtig.

3.10.

Die Vorbereitung Europas auf das digitale Zeitalter zählt völlig zu Recht zu den wichtigsten Prioritäten, was auch im angepassten Arbeitsprogramm für 2020 deutlich zum Ausdruck kommt. Der EWSA begrüßt die erheblichen Anstrengungen der Europäischen Kommission in Bereichen wie der künstlichen Intelligenz, digitalen Dienste, der Cybersicherheit, digitalen Geräte und Lösungen für Verbraucher, aber auch der digitalen Finanzdienste. Insbesondere begrüßt er die starke digitale Ausrichtung im Rahmen der vorgeschlagenen neuen Industriestrategie für Europa. Die Digitalisierung kommt auch im Luftverkehrspaket zum Tragen. Der EWSA würdigt ferner, dass die Digitalisierung in den vorgeschlagenen Schwerpunktbereichen für den europäischen Forschungsraum ihren Widerhall findet.

4.   Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen

4.1.

Wir müssen unsere wirtschaftspolitische Steuerung auf der Grundlage eines widerstandsfähigen, nachhaltigen und inklusiven europäischen Wirtschaftssystems neu ausrichten. Wir streben keine stereotype wirtschaftliche Erholung, sondern stattdessen eine qualitative Änderung der wirtschaftspolitischen Steuerung an.

4.2.

Noch haben wir kein klares Bild der gesamten Auswirkungen der Krise, fest steht jedoch, dass der Wiederaufbau und die Erholung erhebliche Anstrengungen erfordern werden. Daher müssen die Vorschläge vom Mai 2020 für ein Aufbauinstrument und einen verstärkten MFR dringend umgesetzt werden. Wir müssen auch bereit sein für weitere Maßnahmen und Änderungen der bereits angenommenen Maßnahmen, wenn die Entwicklung der Lage dies rechtfertigt.

4.3.

Die Kommission wird ersucht, das Semester weiterhin als Hebel für den Aufschwung auf der Grundlage der im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten Investitions- und Reformprioritäten zu nutzen. Der Ausschuss begrüßt den jüngsten Fokus auf einer besseren Einbeziehung sozialer Fragen und des europäischen Grünen Deals ebenso wie die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität im Rahmen des Europäischen Semesters. Die Kommission sollte die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des Europäischen Semesters dabei unterstützen, alle zur Stärkung von Konvergenz und Integration im Wirtschaftsbereich erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört auch ein aggregierter positiver fiskalischer Kurs für das Euro-Währungsgebiet als Ganzes zur Bewältigung der aktuellen Krise.

4.4.

Alle in den anderen genannten Politikbereichen dargelegten Prioritäten und Maßnahmen machen die Ausarbeitung eines neuen Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung erforderlich, der den Herausforderungen der heutigen makroökonomischen Lage gerecht wird und die Umsetzung strategischer industrie-, wettbewerbs-, sozial-, umwelt- und handelspolitischer Maßnahmen durch die Union und ihre Mitgliedstaaten ermöglicht. Anfang 2020 leitete die Kommission eine umfassende öffentliche Konsultation zu diesem Thema ein, die jedoch aufgrund der Coronakrise und der Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorerst eingestellt wurde. Wir sollten nicht glauben, dass wir 2021 den Pakt einfach wieder automatisch anwenden können. Die Kommission sollte daher neue Initiativen zur Förderung einer Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorlegen, um Stabilität und Wachstum gleichzeitig zu garantieren.

4.5.

In diesem Zusammenhang fordert der EWSA eine stärker symmetrische makroökonomische Anpassung, die sowohl von Mitgliedstaaten mit Defiziten als auch von Mitgliedstaaten mit Überschüssen mitgetragen werden sollte. Alle Mitgliedstaaten müssen mehr in öffentliche Dienste investieren können, denn die Krise hat gezeigt, dass gerade sie eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Menschenleben und der Eindämmung der Pandemie spielen. Daneben sollten die europäischen Staats- und Regierungschefs bei der Anwendung der Haushaltsvorschriften der EU wieder die „Goldene Regel“ berücksichtigen, so dass bestimmte öffentliche Investitionen von der Defizitberechnung ausgenommen werden und die Tragfähigkeit des bestehenden Schuldenstands berücksichtigt wird.

4.6.

Schließlich wird seit Langem ein ständiger fiskalischer Stabilisierungsmechanismus für das Euro-Währungsgebiet gefordert, da ein solcher Mechanismus die antizyklische Politik der Union im Falle künftiger Schocks maßgeblich unterstützen würde. Außerdem würde er zur langfristigen Stabilität und Tragfähigkeit der nationalen öffentlichen Finanzen beitragen und wäre der notwendige nächste Schritt zur Vertiefung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

4.7.

Die Erholung nach der COVID-19-Krise wird entscheidend von der Fähigkeit der europäischen Finanzmärkte abhängen, ausreichende Liquidität zu gewährleisten. Um die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken, müssen die Finanzmärkte ordnungsgemäß funktionieren und die Möglichkeiten, Finanzrisiken gemeinsam zu tragen, ausgebaut werden. Die weitere Harmonisierung und Integration der europäischen Finanzmärkte sollte daher ohne Verzögerungen fortgesetzt werden, einschließlich der Vollendung der Bankenunion und der Stärkung der Kapitalmarktunion. Bei der Überprüfung der Bankenaufsichtsvorschriften zur Umsetzung der verbleibenden Vereinbarungen der Baseler Rahmenvereinbarung müssen die Besonderheiten der EU-Bankenlandschaft berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss dafür gesorgt werden, dass die Finanzmärkte die ökologische Wende und die Digitalisierung unterstützen können. Nach Auffassung des EWSA sind daher mehr Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit im gesamten Finanzsektor erforderlich, weswegen er die Absicht der Kommission begrüßt, ihre Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen zu erneuern.

4.8.

Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft etwaige Änderungen der Zuweisung der Gewinnbesteuerungsrechte zwischen den Staaten weltweit koordiniert werden müssen und begrüßt daher die enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und der OECD/G20 zur Unterstützung der Entwicklung einer internationalen Lösung. Kann eine internationale Lösung nicht gefunden werden, muss die EU einen Alleingang in Erwägung ziehen. Der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sowie der Geldwäsche muss weiterhin höchste Priorität eingeräumt werden.

4.9.

Die Kohäsionspolitik wird eine Schlüsselrolle dabei spielen, wenn es darum geht, eine ausgewogene Erholung zu gewährleisten, Konvergenz zu fördern und sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird. Bei den kohäsionspolitischen Programmen ist finanzielle Flexibilität besonders wichtig, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, die Mittel ihrem Bedarf entsprechend zur Bewältigung der Krise einzusetzen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die zeitliche Flexibilität realistisch gehandhabt werden sollte, damit die Mittel den Mitgliedstaaten so bald wie möglich zugewiesen werden. Die EU-Kohäsionspolitik sollte sich auch im Zeitraum 2021-2027 auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit durch Forschung und Innovation, die Digitalisierung sowie auf die Agenda des europäischen Grünen Deals und der nachhaltigen Entwicklung konzentrieren.

4.10.

Die durch den Ausbruch von COVID-19 verursachte Gesundheits- und Wirtschaftskrise hat die bestehenden Ungleichheiten bei Wohlstand und Einkommen verschärft und deutlich gezeigt, dass wir ein neues Gesellschaftsmodell brauchen, das zu mehr wirtschaftlichem und sozialem Zusammenhalt, Produktivitätssteigerungen und einer gerechteren Verteilung des Wohlstands beiträgt. Die Kommission muss nun dringend auf frühere Vorschläge des EWSA eingehen, die dazu beitragen würden, den Trend zunehmender Ungleichheit umzukehren, die zu einer Kluft zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten und gesellschaftlichen Gruppen führt und den Aufstieg extremer Bewegungen und Parteien begünstigt hat. Hierfür bedarf es entschlossener Maßnahmen der EU, die die Anstrengungen der Mitgliedstaaten ergänzen, um Investitionen in die soziale Infrastruktur (Bildung und lebenslanges Lernen, Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege und Sozialfürsorge, erschwinglicher Wohnraum) anzukurbeln, öffentliches Vermögen zu entwickeln, um Lücken im Marktsystem auszugleichen, das Steueraufkommen allmählich zu verlagern, damit es weniger auf der Besteuerung von Arbeit als auf der Besteuerung von Vermögen beruht, ein transparentes Verfahren für die systematische Verfolgung und Konsolidierung der Daten über sämtliche Einkünfte und Vermögenswerte zu entwickeln und ein Finanzregister der Anteilseigner von Unternehmen auf europäischer Ebene zu erstellen usw.

4.11.

Vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise sollte die Kommission auch frühere Initiativen weiterverfolgen, die die Stärkung und Förderung der Rolle Europas als globaler Wirtschaftsteilnehmer zum Ziel haben. Sie sollte weitere konkrete Mittel und Wege erforschen und vorschlagen, um die internationale Rolle des Euro zu stärken, Lieferketten zu diversifizieren und europäische Regeln und Standards in bestimmten strategischen Sektoren zu fördern, eine widerstandsfähigere europäische Reaktion auf extraterritoriale Sanktionen von Drittländern sicherzustellen und schrittweise auf eine einheitliche europäische Vertretung in den internationalen Finanzforen hinzuarbeiten.

4.12.

Wirtschaftlicher Wohlstand muss von Umweltzerstörung und sozialer Erschöpfung abgekoppelt werden. Modelle wie die Kreislaufwirtschaft, Gemeinwirtschaft und kollaborative Wirtschaft bieten neue Möglichkeiten für Beschäftigung, Eigentum und Innovation, und sie verändern die Beziehungen zwischen Herstellern, Händlern und Verbrauchern, wodurch alle Akteure krisenresistenter werden, eine angemessene Regulierung vorausgesetzt. Neben der ordnungsgemäßen Umsetzung des neuen Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft und der Fortführung der Europäischen Plattform der Interessenträger für die Kreislaufwirtschaft des EWSA/der Europäischen Kommission zählen zu den wichtigsten Prioritäten: die Förderung einer umfassenden Strategie für nachhaltigen Konsum, die Entwicklung neuer Indikatoren zur Ablösung des ungeeigneten BIP und die Einbeziehung der Aspekte der Nachhaltigkeit und des Wohlergehens in den Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU.

4.13.

Wir müssen eine Gesellschaft wiederaufbauen, in der die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Sinne von Artikel 14 AEUV zu den DAWI, dem dem AEUV beigefügten Protokoll Nr. 26 über DAI und insbesondere der europäischen Säule sozialer Rechte stärker entwickelt sind; nötig sind gleichfalls Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, elektronische Kommunikation, öffentlicher Verkehr, Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft sowie ein flankierendes Investitionsprogramm.

4.14.

Moderne Konzepte für die Wirtschaftsentwicklung beziehen sich nicht nur auf die Kriterien Wohlstand, Rentabilität und Effizienz, sondern auch auf die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Anforderungen und den Abbau aller Arten von negativen externen Effekten und Marktversagen. Eine Erkenntnis aus der jüngsten COVID-Krise muss lauten, dass die Wirtschaft auch widerstandsfähig und stark genug sein muss, um künftigen Schocks standhalten zu können. Hierfür ist es dringend angeraten, strukturelle Ungleichgewichte zu beseitigen.

4.15.

Die moderne Wirtschaft erfordert ferner ein reibungsloses Funktionieren aller Marktsegmente, auch der neuesten (virtuelle Wirtschaft, Sharing Economy, Kreislaufwirtschaft, digitale Wirtschaft). Daher muss auch für ein besseres Funktionieren der Finanzintermediation gesorgt werden, was im EU-Kontext insbesondere die Vertiefung der Kapitalmarktunion und die Vollendung der Bankenunion bedeutet. Um den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft stärker zu unterstützen, müsste auch das Besteuerungssystem angepasst werden.

4.16.   Der Binnenmarkt

4.16.1.

Der Binnenmarkt ist der tragende Pfeiler des europäischen Projekts. Ein funktionierender Binnenmarkt fördert den Wettbewerb, steigert Effizienz und Qualität und trägt zu Preissenkungen bei. Der europäische Binnenmarkt ist sicherlich eine der größten Errungenschaften der EU. Daher muss unbedingt untersucht werden, wie das Funktionieren des Binnenmarkts die wirtschaftliche Erholung nach der Gesundheitskrise stimulieren oder aber behindern kann.

4.16.2.

Die Kohärenz und Einheit des Binnenmarkts wurden während der COVID-Pandemie auf eine harte Probe gestellt. In einigen Bereichen sind schwere Beeinträchtigungen bzw. eine vollständige Lähmung des Binnenmarkts aufgetreten, insbesondere im Bereich des freien Personenverkehrs. Auch die Kontinuität der grenzüberschreitenden Lieferketten hat gelitten. Das Volumen des grenzüberschreitenden Handels in der EU ging im Vergleich zum Vorjahr um Werte im zweistelligen Bereich zurück. Der Kern des Binnenmarkts blieb jedoch erhalten und hat überlebt. Die größte Herausforderung besteht jetzt in der Wiederherstellung aller EU-internen natürlichen grenzüberschreitenden Ströme und im Abbau der bestehenden Hindernisse für den Binnenmarkt, die in jüngster Zeit infolge einiger national ausgerichteter Strategien und Konzepte nach der letzten Krise sogar noch zunahmen.

4.16.3.

Es gibt eine Chance zur Förderung der sozialen Innovation als Modell für den Wiederaufbau durch gemeinsame Entwicklung, Gestaltung und Produktion. In einem komplexen sozialen Umfeld mit massiven gesellschaftlichen Herausforderungen besteht die einzige Möglichkeit darin, alle Ressourcen in der Gesellschaft zu mobilisieren und dabei bereichsübergreifend und multidisziplinär zu arbeiten, um Lösungen zu finden. Die organisierte Zivilgesellschaft ist ein Katalysator für soziale Innovation, aus der heraus Sozialsysteme entstanden sind, die neue Ansätze, Strukturen, Produkte, Dienstleistungen und Arbeitsmethoden hervorgebracht haben. Die Teilhabe der Zivilgesellschaft ist heute wichtiger denn je, doch kann es echte soziale Innovation nur geben, wenn die Zivilgesellschaft beteiligt wird.

4.16.4.

Die Binnenmarktstrategie steht im Mittelpunkt des europäischen Projekts. Sie ermöglicht den freieren Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr und eröffnet Chancen für europäische Unternehmen, Verbraucher und Arbeitnehmer. Es bedarf weiterer Maßnahmen, um das volle Binnenmarktpotenzial durch die Beseitigung von Hindernissen zu erschließen. Zudem muss sich der Binnenmarkt nach der Krise und im Kontext anderer Aspekte eines sich wandelnden Umfelds wie der Digitalisierung neuen Ideen und Unternehmensmodellen anpassen. Daher muss der Binnenmarkt als Aufbauinstrument wiederhergestellt, neu belebt und umgebaut werden. Zu den kurzfristigen Schritten gehört eine unverzügliche Öffnung der Grenzen. Darüber hinaus muss kurzfristig in zwei Bereichen gehandelt werden: Spannungen abbauen und die Wirtschaft ankurbeln und die Produktivität steigern.

4.16.5.

Die sich abzeichnenden „Schieflagen“ sind ein ernster Grund zur Sorge. Die Konjunkturpakete der Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich und haben (ungeachtet der guten Absicht einer Abfederung des Nachfrageschocks) zu ungleichen Bedingungen unter den Mitgliedstaaten geführt. Zudem muss die Frage staatlicher Beihilfen erörtert und aus sektoraler Sicht analysiert werden. Dabei wird zu prüfen sein, inwieweit diese Maßnahmen den Wettbewerb und die Ausgangsbedingungen kurz- und langfristig verzerren.

4.16.6.

Wir brauchen Produktivität in der Realwirtschaft (d. h. Arbeitsplätze, Kaufkraft und grundlegende Produkte und Dienstleistungen). Produktivität äußert sich in unterschiedlicher Form und kann durch verschiedene Geschäftsmodelle erreicht werden, wir müssen aber in diesem Bereich handeln, wenn wir ein weiteres Aufgehen der Ungleichheitsschere verhindern wollen. Um neu durchzustarten, brauchen wir Unterstützungspakete und ein KMU- und industriefreundliches Umfeld. Als Rückgrat der europäischen Wirtschaft brauchen KMU eine besondere Unterstützung, die ihnen keinen Mehraufwand oder Bürokratie verursacht. Die KMU werden nur mit finanzieller Hilfe der EU und der Mitgliedstaaten wieder auf die Beine kommen. In dieser Hinsicht sind Zuschüsse, Kredite, die Sicherstellung der Liquidität, steuerliche Anreize, günstige Bedingungen für die Weiterbeschäftigung oder Neueinstellung von Mitarbeitern, eine Überarbeitung des Insolvenzrechts und andere Formen der Unterstützung wichtig. Im Bereich des Insolvenzrechts sollte die EU gesetzgeberisch tätig werden, damit kleine Betriebe, die aufgrund von COVID-19 bankrottgingen, rasch wieder neugegründet werden können. Diese Maßnahmen sollten zeitlich begrenzt sein.

4.17.   Industriestrategie

4.17.1.

Viele der vorstehend genannten Punkte gelten generell auch für die Industriestrategie. Anders als die Dienstleistungsbranche muss die europäische Industrie muss jedoch nicht nur die Verbesserung des Binnenmarkts, sondern auch einen fundamentalen Strukturwandel meistern, der vor allem den Kohlebergbau und die CO2-intensive Schwerindustrie betrifft.

4.17.2.

Im Mittelpunkt der neuen Industriestrategie für Europa steht die Suche nach Lösungen für eine Vereinbarkeit einer modernen und starken europäischen Industrie mit den klima- und umweltpolitischen Notwendigkeiten. Der EWSA ist überzeugt, dass eine solche Vereinbarkeit möglich ist und sie, wenn sie erfolgreich ist, Europa global einen komparativen Vorteil verschaffen kann. Andererseits ist sich der EWSA der hiermit verbundenen gigantischen Kosten durchaus und absolut bewusst, weswegen er sich dafür ausspricht, sie in angemessener Weise und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Möglichkeiten einzudämmen und Ausgleiche zu schaffen.

4.18.   Gesundheitssysteme

4.18.1.

Nicht zuletzt lautet eine der wichtigsten Lehren aus der Coronakrise, dass die Gesundheitssysteme in fast allen europäischen Ländern gestärkt werden müssen, indem der Schwerpunkt in erster Linie auf Prävention gelegt wird. Die Auswirkungen des Coronavirus belasten die Gesundheitssysteme in ganz Europa enorm. Zwar fällt die Gesundheitsversorgung in die Zuständigkeit der einzelnen Länder, doch kennt die Ausbreitung des Virus keine Grenzen. Das Virus verbreitet sich in ganz Europa — sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Grenzen —, mit gesundheits-, sozial- und wirtschaftspolitischen Folgen, die gemeinsame Reaktionen auf europäischer Ebene erfordern.

4.18.2.

Die Coronakrise hat gezeigt, dass die EU von der Einfuhr von Medizinprodukten aus Drittstaaten abhängig ist. Die erforderlichen Investitionen in Gesundheitsschutz, Pflege (insbesondere Langzeitpflegedienstleistungen), Gesundheitsvorsorge sowie Maßnahmen für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz müssen im Rahmen eines Lebenszyklusansatzes von den EU-Institutionen unterstützt werden.

4.18.3.

Die Coronakrise verdeutlicht, dass multinationale Pharmaunternehmen eine große Macht haben. Um die Unabhängigkeit der Pharmaindustrie zu stärken, muss auch ein großer europäischer Forschungsfonds für die Entwicklung neuer Arzneimittel und Impfstoffe eingerichtet werden. Die EU-Organe sollten über die erforderlichen Befugnisse verfügen, um die Bereitstellung, den Vertrieb und die Preise von grundlegenden medizinischen und dem Schutz dienenden Ausrüstungen im Binnenmarkt zu koordinieren.

4.18.4.

Der EWSA fordert eine Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien, die den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gewährleistet und gleichzeitig die Exposition gegenüber gefährlichen Chemikalien minimiert. Die neue Strategie muss vollumfänglich mit dem europäischen Grünen Deal in Einklang stehen.

4.18.5.

Es ist wichtig, das Vertrauen der Fahrgäste insbesondere in öffentliche Verkehrsmittel wiederherzustellen. Dazu sind unter anderem Maßnahmen erforderlich, um den Gesundheitsschutz der Fahrgäste zu verbessern (z. B. Klimaanlagen, Erkennung kranker Personen, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen usw.). In diesem Zusammenhang müssen die Fahrgastrechte überdacht und sogar gestärkt werden (z. B. Erstattungen für abgesagte Reisen).

5.   Ein stärkeres Europa in der Welt

5.1.

Die EU muss ihre globale Position stärken und unterstützen, um sowohl in der Weltwirtschaft als auch in der internationalen Politik eine wichtigere strategische Rolle einzunehmen. In den letzten zehn Jahren ist diese Position schwächer geworden. Die EU-Wirtschaft verfügt über das Potenzial, ihre komparativen Vorteile auf dem globalen Handels- und Investitionsmarkt insbesondere in den Bereichen fortgeschrittene Fertigung und innovative Dienstleistungen besser zu nutzen und hat den Anspruch, weltweit führend zu sein. Neben diesem Bestreben sollte eine bessere und wirksamere Vertretung der EU in wichtigen internationalen Organisationen gewährleistet und sichergestellt werden, dass diese dort mit einer Stimme spricht. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, entsprechende Anstrengungen zu unternehmen, um die Notwendigkeit, die globale Position der EU zu stärken, in ihrem Arbeitsprogramm für 2021 deutlicher herauszustellen.

5.1.

In Bezug auf den Handel sollte die EU weiter einen multilateralen Ansatz unterstützen. Die Einbettung von Sozialstandards, Arbeitsnormen und Nachhaltigkeitsstandards (8) in die Regeln der WTO und anderer Einrichtungen der Vereinten Nationen könnte wesentlich zur Etablierung einer neuen, fairen Wirtschaftsordnung und einer gerechten und intelligenten Globalisierung beitragen. Gleichzeitig sollte sich die EU den Bestrebungen widersetzen, neue Hindernisse und Beschränkungen in der Weltwirtschaft einzuführen.

5.2.

Als eine der konkreten Lehren aus der COVID-19-Krise sollte die EU den Schutz ihrer strategischen Vermögenswerte und Investitionen genauer prüfen und die Kontrolle in jenen Bereichen verstärken, in denen das Risiko besteht, dass eine Investitionstransaktion in einer strategischen Branche politisch missbraucht wird.

5.3.

Nach dem Brexit sollte sich die EU nicht nur auf die Stärkung ihres Zusammenhalts und ihrer Einheit konzentrieren, sondern in einschlägigen Fällen auch den Erweiterungsprozess fortführen, der sich trotz einiger Fortschritte, insbesondere beim Beitritt einiger westlicher Balkanländer, in letzter Zeit etwas verzögert hat. Die Erweiterung könnte erheblich dazu beitragen, die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten zu beseitigen und die Stabilität in diesem Teil Europas zu erhöhen.

5.4.

In den letzten zehn Jahren hat sich die geopolitische Lage verschlechtert, wovon auch näher an der EU-Außengrenze gelegene Gebiete betroffen sind. Um die Stabilität zu fördern und die Beziehungen mit der EU zu verbessern, sollte die Initiative für eine strategische Partnerschaft und eine inklusive Nachbarschaftspolitik fortgesetzt werden. Dabei sollte flexibel auf die neuen Gegebenheiten eingegangen und auf wechselseitigen Respekt sowie die Vorteile der Initiative für beide Seiten gesetzt werden.

5.5.

Aufgrund der sich wandelnden geopolitischen Lage und der Auswirkungen der jüngsten Migrationskrise sowie durch die Verschlechterung der internationalen Beziehungen mit der Entstehung vieler neuer Risiken hat sich auch der Fokus der EU-Entwicklungshilfe verschoben. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzmittel für diesen Zweck im nächsten MFR erheblich aufgestockt und der Europäische Entwicklungsfonds in den Rahmen integriert wird. Der EWSA unterstützt diese Maßnahmen und betont, dass Afrika besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, um dem Kontinent bei der Bewältigung der schwierigen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lage zu helfen.

5.6.

Die geopolitische und strategische Rolle der EU bei der Förderung von Friedensprozessen muss wiederbelebt werden, um neue Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung in den EU-Nachbarländern zu schaffen: Westbalkan, Partner im Europa-Mittelmeerraum und in Osteuropa und andere Konfliktgebiete.

6.   Förderung unserer europäischen Lebensweise

6.1.   Soziale Maßnahmen

6.1.1.

Neben wirtschaftlichen und ökologischen Fragen muss das Arbeitsprogramm der EU für 2021 auch an sozialen Fragen ausgerichtet werden. Das bedeutet, dass dem Engagement für ein soziales und nachhaltiges Europa Priorität eingeräumt werden muss. Dabei spielen auch die Organisationen der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Es gibt eine Chance zur Förderung der sozialen Innovation als Modell für den Wiederaufbau durch gemeinsame Entwicklung, Gestaltung und Produktion. In einem komplexen sozialen Umfeld mit massiven gesellschaftlichen Herausforderungen besteht die einzige Möglichkeit darin, alle Ressourcen in der Gesellschaft zu mobilisieren und dabei bereichsübergreifend und multidisziplinär zu arbeiten, um Lösungen zu finden. Dabei ist die organisierte Zivilgesellschaft die Triebfeder für soziale Innovation.

6.1.2.

Es muss ein breiteres Verständnis des Begriffs „gerechter Übergang“ (über den Kohleausstieg hinaus) entwickelt werden, die europäische Säule sozialer Rechte muss vollständig umgesetzt werden und gleichzeitig müssen die Umverteilungssysteme reformiert und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie die Geschlechtergleichstellung gefördert werden.

6.1.3.

Die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte auf europäischer Ebene und in allen Mitgliedstaaten ist ein wichtiger Schritt, um proaktiv einen Prozess der sozialen Aufwärtskonvergenz einzuleiten. In den politischen Leitlinien der Kommission wurde ein gerechter Übergang zu einer grünen sozialen Marktwirtschaft für alle versprochen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission den Fahrplan „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ vorgelegt, mit dem eine Debatte mit den EU-Mitgliedstaaten und Regionen sowie den Partnern über konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Säule angestoßen wurde, um bis November 2020 Fortschritte auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu erzielen (9). Auf der Grundlage der eingegangenen Beiträge wird die Kommission Anfang 2021 einen Aktionsplan für die Umsetzung der Säule vorlegen. Weitere Vorschläge für 2021 sind im Anhang zum Fahrplan enthalten. Dazu gehören eine Kindergarantie, ein Aktionsplan für die Sozialwirtschaft, eine Strategie für Menschen mit Behinderungen und eine langfristige Vision für ländliche Gebiete (10).

6.1.4.

Im Zusammenhang mit dem Fahrplan hat die Kommission eine erste Phase und anschließend eine zweite Phase der Konsultation der Sozialpartner zu angemessenen Mindestlöhnen eingeleitet (11). Der EWSA sieht einer künftigen Rechtsinitiative der Kommission für einen angemessenen und gerechten Mindestlohn erwartungsvoll entgegen. Ziel einer solchen Initiative sollte es sein, sicherzustellen, dass die Mindestlöhne allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überall in der EU einen angemessenen Lebensstandard sichern. Der EWSA begrüßt die Feststellung der Kommission, dass Maßnahmen der EU zur Förderung der Angemessenheit von Mindestlöhnen und der Ausweitung der Tarifbindung die Rolle von Tarifverhandlungen stärken könnten und dass die EU-Maßnahmen zu Mindestlöhnen auch die Unterstützung von Tarifverhandlungen, insbesondere auf Sektorebene, umfassen sollten (12).

6.1.5.

Die soziale Dimension der EU ist so komplex, dass ihre Stärkung die Schaffung von Governance-Mechanismen erfordert, die eine gemeinsame bereichsübergreifende Problemlösung durch verschiedene Akteure ermöglichen. Dem sozialen Dialog kommt entscheidende Bedeutung zu. Eine starke soziale Erholung impliziert auch einen besseren Zugang zu Gewerkschaften und besseren Schutz. Tarifverhandlungen und die Demokratie am Arbeitsplatz sollten unterstützt werden. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen die Sozialpartner bei einer erheblichen Ausweitung der Tarifbindung unterstützen. Die Repräsentativität und die Autonomie des sozialen Dialogs müssen ebenso gestärkt werden wie die Verbindungen zwischen dessen europäischer und nationaler Ebene. Darüber hinaus müssen die Kapazitäten und die Beteiligung der Sozialpartner an der Politikgestaltung weiter verbessert und ein stabiler und ausgewogener Rahmen für die Arbeitsbeziehungen sichergestellt werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Europäische Kommission den EU-Qualitätsrahmen für die Antizipation von Veränderungen und Umstrukturierungen überarbeiten und, ohne in die nationalen Zuständigkeiten einzugreifen, eine Rechtsgrundlage mit spezifischen Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmerbeteiligung vorschlagen sollte (13), um deren Mitwirkung an der Bewältigung der Herausforderungen des Grünen Deals und des digitalen Wandels zu verbessern.

6.1.6.

Der EWSA fordert die Kommission auf, die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union zu reformieren. Dieser Paradigmenwechsel erfordert Änderungen a) im Governancebereich, d. h. die Entwicklung spezifischer Governancemechanismen, um dringende Probleme schneller zu lösen und komplexe Fragestellungen zu bewältigen. Durch diese Mechanismen würden die EU- und nationale Ebene verknüpft, nicht aber Maßnahmen auf diesen Ebenen ersetzt; b) bei der Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsziele im Rahmen der wirtschafts- und sozialpolitischen Überwachungs- und Haushaltsplanungsverfahren. Für das Europäische Semester könnten daher neue verbesserte quantifizierbare und sich ergänzende soziale, wirtschaftliche und ökologische Indikatoren entwickelt werden, um alle Aspekte und Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte sowie die 17 SDG zu überwachen und zu begleiten (14).

6.1.7.

Der EWSA begrüßt den für 2021 angekündigten Vorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeitern. Er bedauert jedoch, dass die viel umfassendere Herausforderung eines inklusiven und fairen Übergangs in der Kommissionsmitteilung nicht direkt angesprochen wird (15). Er betont, dass ein ehrgeiziger Aktionsplan gebraucht wird, der den Mitgliedstaaten den Rückhalt gibt, ihre Versprechen bezüglich der Proklamation der europäischen Säule sozialer Rechte auch einzulösen (16).

6.1.8.

In der Wiederaufbauphase nach der COVID-19-Krise ist die Neugestaltung der Arbeitswelt von entscheidender Bedeutung. Sowohl im privaten als auch im öffentlichen Gesundheits- und Pflegebereich war das Streben nach mehr Produktivität der Dienstleistungsqualität und den Arbeitsbedingungen abträglich. Das hatte während der Gesundheitskrise in den meisten EU-Ländern dramatische Folgen. Die Verlagerung hin zu Dienstleistungen würde zu einer arbeitsintensiveren Wirtschaft führen, was wiederum die Prekarität der Arbeitsplätze in diesen Branchen ausgleichen, die Beschäftigung ankurbeln und wieder mehr Arbeitsplätze in der Realwirtschaft entstehen lassen würde. Deshalb sind Strategien zur Förderung hochwertiger Arbeit in arbeitsintensiven Branchen, die hochwertige Dienstleistungen erbringen, von zentraler Bedeutung.

6.1.9.

Der EWSA ist weiter besorgt darüber, dass Armut im Allgemeinen sowie Erwerbsarmut in vielen Mitgliedstaaten nach wie vor ein erhebliches Problem darstellen. Neben der Verbesserung des Lohnniveaus bedarf es eines umfassenden Ansatzes auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten, einschließlich Maßnahmen zur Gewährleistung angemessener Mindesteinkommensregelungen, gemeinsamer Mindeststandards im Bereich der Arbeitslosenversicherung sowie wirksamer Verfahren für die aktive Eingliederung, die durch grundlegende und auf Qualifizierung abstellende soziale Dienstleistungen gefördert werden muss. Darüber hinaus sind gut funktionierende Arbeitsmärkte, öffentliche Arbeitsverwaltungen und aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erforderlich (17).

6.1.10.

Der EWSA unterstützt die Strategie der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 und empfiehlt dieser, in allen Programmplanungs- und Leitungsgremien Strategien für das Gender Mainstreaming sowie einen bereichsübergreifenden Ansatz für die Geschlechtergleichstellung zu verfolgen. Die Gleichstellungsstrategie sollte parallel zur Bewältigung der Auswirkungen von COVID-19 mithilfe maßgeschneiderter und gezielter politischer Maßnahmen umgesetzt werden. Der EWSA nimmt die Absicht der Kommission zur Kenntnis, eine Gesetzesinitiative für verbindliche Maßnahmen zur Lohntransparenz vorzuschlagen. Zur Bekämpfung des Lohngefälles und anderer geschlechtsspezifischer Unterschiede sollten jene Berufe und Branchen, in denen traditionell viele — oft unterbezahlte und wenig wertgeschätzte — Frauen beschäftigt sind, mehr soziale Anerkennung und wirtschaftlichen Wert erhalten.

6.1.11.

Wichtig ist auch, die sozioökonomischen Folgen der Pandemie, die in den Schlüsselbereichen Verkehr, Reisen und Tourismus außergewöhnlich stark sind, weiter zu bekämpfen und abzumildern.

6.2.   Migration und die Zeit nach COVID-19

6.2.1.

Mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie, der daraus resultierenden gewaltigen Tragödie für die nationalen Gesundheitssysteme und dem wirtschaftlichen Kollaps in allen Ländern schien die Frage der Migration von der Tagesordnung zu verschwinden und zweitrangig zu werden, was mit einer gewissen Gleichgültigkeit seitens der Öffentlichkeit einherging. Wegen der derzeitigen Krise dürfen Asylsuchende aber nicht im Stich gelassen werden. Grundlegende Schutzrechte stehen im Zentrum der europäischen Werte und dürfen nicht aufgegeben werden, wenn die Zeiten dafür ungünstig sind.

7.   Neuer Schwung für die Demokratie in Europa

7.1.

Die Europäische Union fußt auf gemeinsamen Werten, die unter keinen Umständen verhandelbar sind: Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit. Diese Werte dürfen auch dann nicht missachtet werden, wenn die EU und ihre Mitgliedstaaten mit einer Notlage und den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen konfrontiert sind. Sicherlich bedarf es einer raschen Reaktion auf die derzeitige Krise, die bestimmte außerordentliche und zeitlich begrenzte Maßnahmen rechtfertigt. Diese dürfen aber weder gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen noch die Demokratie, die Gewaltenteilung und die Grundrechte der Unionsbürgerinnen und -bürger in Frage stellen. Der EWSA dringt darauf, dass alle in diesem Zusammenhang ergriffenen politischen Maßnahmen voll und ganz im Einklang mit unseren gemeinsamen Werten stehen müssen, wie sie in Artikel 2 EUV verankert sind.

7.2.

In diesem neuen Wiederaufbau- und Erholungsprozess hofft der EWSA, dass die bevorstehende Konferenz zur Zukunft Europas Gelegenheit bietet, die institutionelle Struktur der EU zu stärken und zu vertiefen und das EU-Projekt neu zu formulieren, um für die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte gewappnet zu sein.

7.3.

Die COVID-19-Krise hat die institutionellen Grenzen und Mängel der Europäischen Union in ihrer derzeitigen Form offenbart und gleichzeitig gezeigt, dass eine wirksame und effiziente Union dringend erforderlich ist. Die Europäische Union braucht ein neues Konzept, das über den EU-Binnenmarkt hinausgeht und zu einem stärker integrierten Europa mit einer echten Fiskalkapazität führt, dessen Hauptziel darin besteht, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Aus diesen Gründen ist der EWSA der Auffassung, dass die bestehenden Konjunkturinstrumente der EU und die bereits etablierte Solidarität im Zuge der Konferenz zur Zukunft Europas berücksichtigt und gleichzeitig für ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Entwicklung, sozialen Fortschritt, Sicherheit und Demokratie gesorgt werden sollte. Der EWSA betont, dass das direkte Engagement der Organisationen der Zivilgesellschaft, der Sozialpartner und der gewählten Vertreter trotz der Pandemie eine Priorität der Konferenz bleiben muss, und sieht ihrem Beginn erwartungsvoll entgegen, um gemeinsam mit allen Unionsbürgerinnen und -bürgern eine demokratischere, wirksamere und widerstandsfähigere Union aufzubauen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Kommission das Mandat der Konferenz in Bezug auf die möglichen Ergebnisse offenhalten sollte, einschließlich Legislativvorschlägen, der Einleitung einer Vertragsänderung oder sonstiger Maßnahmen.

7.4.

Desinformation gefährdet nach Auffassung des EWSA nicht nur unmittelbar die Fähigkeit der Menschen, fundierte politische Entscheidungen zu treffen, sondern auch das Projekt der europäischen Integration und damit die Einheit, den Wohlstand und den Einfluss der Europäischen Union in der Welt. Es liegt durchaus im Interesse einer Reihe ausländischer Mächte sowie extremistischer Gruppen, die gegen Zusammenarbeit und mehr Zusammenhalt in Europa sind, die demokratische Entscheidungsfähigkeit der EU zu schwächen. Der EWSA bringt seine entschiedene Unterstützung für die gegenwärtigen Anstrengungen der EU zur Bekämpfung von Desinformation (18), sowohl von außen als auch von innen, zum Ausdruck und fordert die Kommission auf, für die umfassende Einhaltung des Verhaltenskodexes für den Bereich Desinformation sowie der darauf aufbauenden ordnungspolitischen Maßnahmen sowie für die Weiterentwicklung des neu geschaffenen Frühwarnsystems und der Aufklärungseinheiten von StratCom und die Ausweitung der Maßnahmen des Europäischen Auswärtigen Dienstes gegen Desinformation zu sorgen. Zugleich sollten die Maßnahmen der EU gegen Desinformation aus der EU selbst erheblich aufgestockt werden.

7.5.

Der EWSA unterstützt nachdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Erarbeitung eines Europäischen Aktionsplans für Demokratie, der umfassend und langfristig angelegt sein, Änderungen bewirken und durch finanzielle Unterstützung und interinstitutionelle Koordinierung abgesichert sein sollte. Der Europäische Aktionsplan für Demokratie und entsprechende künftige Initiativen sollten verstärkt auf folgende Aspekte abzielen: freie und pluralistische Medien und unabhängigen Qualitätsjournalismus, wirksame Regulierung der sozialen Medien, insbesondere zur Bekämpfung von Desinformation einschließlich Regulierung politischer Werbung im Internet und Haftung für Inhalte, ein moderneres Wahlverfahren und die Inklusion vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossener Gruppen, vor allem Menschen mit Behinderungen, sowie umfassende politische Bildung über die Europäische Union und ihre demokratischen Verfahren in allen Mitgliedstaaten. Der EWSA verweist auf seinen Vorschlag für eine ehrgeizige EU-Strategie für Kommunikation, Bildung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (19).

7.6.

Weitere Maßnahmen sind erforderlich, um freie und pluralistische Medien und einen unabhängigen Qualitätsjournalismus zu gewährleisten sowie — insbesondere zur Bekämpfung von Desinformation — eine wirksame Regulierung der sozialen Medien einschließlich Bestimmungen zu politischer Werbung und zur Haftung für Inhalte im Internet sicherzustellen.

7.7.   Bessere Rechtsetzung und Vorausschau

7.7.1.

Der EWSA bekräftigt seine Forderung nach einer überarbeiteten Agenda für bessere Rechtsetzung, die auch eine „Nachhaltigkeitsprüfung“ umfasst, um sicherzustellen, dass alle Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der EU zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele beitragen.

7.7.2.

Der EWSA ist entschlossen, zum Erfolg der neuen Plattform „Fit for Future“ (F4F) beizutragen, die die REFIT-Plattform ersetzt, und begrüßt die Aufwertung der Rolle des EWSA bei F4F in Bezug auf seine Beteiligung, Vertretung und Beiträge. Im Rahmen dieser neuen Plattform werden die Mitgliedstaaten und die Vertreter der Zivilgesellschaft in die Arbeiten zur Vereinfachung und Verringerung des unnötigen Verwaltungsaufwands sowie zur Vorbereitung Europas auf neue Herausforderungen wie die Digitalisierung einbezogen. Die COVID-19-Krise hat gezeigt, wie wichtig es ist, politische Maßnahmen zu konzipieren und Kapazitäten aufzubauen, um für die Unwägbarkeiten der Zukunft gerüstet zu sein.

7.7.3.

Der EWSA weist darauf hin, dass eine bessere Rechtsetzung kein Ersatz für politische Entscheidungen sein kann und unter keinen Umständen zu einer Deregulierung oder zu einer Verringerung des Sozialschutzes, des Umwelt- und Verbraucherschutzes oder der Grundrechte führen darf. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Leitlinien und Kriterien des Instrumentariums für eine bessere Rechtsetzung zu überarbeiten, um die nachhaltige Entwicklung und die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 in die Bewertungsverfahren einzubeziehen. So sollte eine formelle „Nachhaltigkeitsprüfung“ in das Instrumentarium für eine bessere Rechtsetzung aufgenommen werden. Der EWSA bekräftigt seine Forderung nach einer Weiterentwicklung des europäischen „Ökosystems“ für Folgenabschätzung und Evaluierung, um die Qualität dieser Verfahren zu verbessern und die aktive Beteiligung der organisierten Zivilgesellschaft an der Gestaltung und Umsetzung der Rechtsvorschriften zu fördern (20).

7.7.4.

Der EWSA schlägt der Kommission vor, öffentliche Konsultationen aufgrund ihrer begrenzten Reichweite durch Ad-hoc-Diskussionsrunden mit relevanten Interessenträgern wie Sozialpartnern und Vertretern der organisierten Zivilgesellschaft zu ergänzen, um die partizipative Demokratie zu stärken.

7.7.5.

Die Einbindung der Organisationen der Zivilgesellschaft in die Folgenabschätzungen und die strategische Vorausschau sollte gestärkt werden, um sicherzustellen, dass deren Sachverstand und vor Ort gewonnene Kenntnisse bei der Gestaltung künftiger Rechtsvorschriften und politischer Maßnahmen im neuen Kontext nach der COVID-19 berücksichtigt werden.

7.7.6.

Auch Organisationen der Zivilgesellschaft gehören zu den Opfern der Ungleichheiten und Schwächen des Systems. Ihre gegenwärtige und künftige Fähigkeit, auf Bedürfnisse zu reagieren, hängt von oftmals knappen und schwankenden Ressourcen ab. Dieses Problem sollte durch die Schaffung von Finanzierungsmechanismen für diese Organisationen angegangen werden. Das Arbeitsprogramm der Kommission für 2021, d. h. für eine Zeit nach der Krise, ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, das Engagement der EU für die Organisationen der Zivilgesellschaft zu überprüfen, um ihnen eine im Vergleich zu projektbezogener Finanzierung nachhaltigere und strukturiertere finanzielle Unterstützung zu gewähren.

Brüssel, den 16. Juli 2020

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  Entschließung zum Wiederaufbau und zur wirtschaftlichen Erholung nach der Covid-19-Krise (ABl. C 311 vom 18.9.2020, S. 1).

(2)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1590732521013&uri=COM:2020:456:FIN

(3)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1590574123338&uri=CELEX%3A52020DC0380.

(4)  EWSA-Stellungnahme NAT/784 „Europäisches Klimagesetz“ (siehe Seite 143 dieses Amtsblatts).

(5)  Siehe Fußnote 4.

(6)  Siehe Seite 124 dieses Amtsblatts.

(7)  EWSA-Stellungnahme INT/894 „Weißbuch zur künstlichen Intelligenz“ (siehe Seite 87 dieses Amtsblatts).

(8)  Siehe z. B. https://www.ilo.org/global/standards/lang--en/index.htm

(9)  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_20_20

(10)  Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang.

(11)  https://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=1226&futherNews=yes&newsId=9696

(12)  EWSA-Stellungnahme SOC/632 „Angemessene Mindestlöhne in ganz Europa“ (in Erarbeitung).

(13)  EWSA-Stellungnahme CCMI/124„Qualitätsrahmen der EU für die Antizipation von Veränderungen und Umstrukturierungen“ (ABl. C 19 vom 21.1.2015, S. 50).

(14)  https://www.eesc.europa.eu/de/documents/resolution/european-economic-and-social-committees-contribution-2020-commissions-work-programme-and-beyond

(15)  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication-eu-industrial-strategy-march-2020_de.pdf

(16)  EWSA-Stellungnahme INT/897 „Industriepolitische Strategie“ (siehe Seite 108 dieses Amtsblatts).

(17)  EWSA-Stellungnahmen SOC/632 „Angemessene Mindestlöhnen in ganz Europa“ und SOC/583: https://www.eesc.europa.eu/en/our-work/opinions-information-reports/opinions/common-minimum-standards-field-unemployment-insurance-eu-member-states-concrete-step-towards-effective-implementation (ABl. C 97 vom 24.3.2020, S. 32) sowie SOC/584 „Für eine europäische Rahmenrichtlinie zum Mindesteinkommen“ (ABl. C 190 vom 5.6.2019, S. 1).

(18)  EWSA-Stellungnahme SOC/630 „Einfluss von Kampagnen auf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsprozessen“ (ABl. C 311 vom 18.9.2020, S. 26).

(19)  ABl. C 282 vom 20.8.2019, S. 39 und Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat — Die weitere Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union — Aktuelle Lage und mögliche nächste Schritte, 3. April 2019.

(20)  EWSA-Stellungnahme INT/886 „Bestandsaufnahme für eine bessere Rechtsetzung“, ABl. C 14 vom 15.1.2020, S. 72.


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