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Document 52013AE5189

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische langfristige Investmentfonds — COM(2013) 462 final — 2013/0214 (COD)

    ABl. C 67 vom 6.3.2014, p. 71–73 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    6.3.2014   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 67/71


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische langfristige Investmentfonds

    COM(2013) 462 final — 2013/0214 (COD)

    2014/C 67/13

    Berichterstatter: Michael SMYTH

    Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 4. Juli bzw. am 17. Juli 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 und 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische langfristige Investmentfonds

    COM(2013) 462 final — 2013/0214 (COD).

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 4. Oktober 2013 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 493. Plenartagung am 16./17. Oktober 2013 (Sitzung vom 16. Oktober) mit 150 gegen 2 Stimmen bei 1 Enthaltung folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Verordnungsvorschlag der Kommission, mit dem ein grenzübergreifender Rahmen für langfristige Investitionsprodukte geschaffen werden soll. Die Einführung von Europäischen Fonds für langfristige Investitionen (ELTIF) wird dabei behilflich sein, die Nachfrage der Anleger nach längerfristigen Anlagewerten zu beleben.

    1.2

    Die Tatsache, dass ELTIF nur gemäß der Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) angeboten werden können und mindestens 70 % der Mittel in zuschussfähige langfristige Projekte wie z.B. physische und soziale Infrastrukturen und KMU investiert werden müssen, dürfte das Entstehen stabiler Anlageprodukte sicherstellen.

    1.3

    Der EWSA akzeptiert großteils die Bewertung der Kommission bezüglich der zu erwartenden Nachfrage nach ELTIF und der gegenwärtigen Hindernisse, die Investitionen institutioneller Anleger und von Kleinanlegern in neue grenzübergreifende Infrastrukturprojekte beeinträchtigen. Mit dem Verordnungsvorschlag kann ein bedeutender Binnenmarkt für Investitionen in langfristige Projekte angeregt werden.

    1.4

    Der Vorschlag der Kommission, geschlossene Investmentfonds, die sowohl professionellen Anlegern als auch Kleinanlegern offen stehen einzuführen, ist wohl der beste Ansatz, insbesondere da sich für die ELTIF-Anteile der Anleger Handelsmöglichkeiten auf dem Sekundärmarkt bieten dürften.

    1.5

    Damit der vorgeschlagenen Verordnung Neuland auf den europäischen Investmentmärkten beschritten wird, muss ihre Umsetzung sorgfältig überwacht werden. Der EWSA begrüßt den Vorschlag, die Entwicklung des ELTIF-Markts zu überwachen. Sollte die Entwicklung eines Markts für langfristige grenzüberschreitende Investitionen scheitern, würden weitere Maßnahmen der Abschätzung, Bewertung und Überarbeitung erfolgen, um die Mängel zu beheben und die Attraktivität von ELTIF zu erhöhen.

    2.   Hintergrund der vorgeschlagenen Richtlinie

    2.1

    Die Europäische Kommission veröffentlichte am 26. Juni 2013 einen Vorschlag für eine Verordnung über langfristige Investmentfonds (ELTIF), zusammen mit einer ausführlichen Folgenabschätzung (1). Die Kommission stellt fest, dass es das Hauptziel der Schaffung eines grenzübergreifenden Fonds mit diesen Eigenschaften ist, einen besseren Zugang zu Finanzierungen aus dem Nichtbankensektor zu verschaffen für EU-Unternehmen, die langfristiges Kapital für Projekte in folgenden Bereichen benötigen:

    Infrastrukturprojekte, z.B. in den Bereichen Verkehr, Kommunikation, Energie oder Bildung;

    Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen, hauptsächlich KMU;

    Investitionen in Immobilien wie Gebäude oder Direkterwerb von Infrastrukturen;

    Investitionen in soziale Infrastrukturen, Innovationsinfrastrukturen und Klimaschutz.

    2.2

    Die Kommissionsvorschläge stehen im Einklang mit dem Ansatz, der im Grünbuch über die langfristige Finanzierung der europäischen Wirtschaft (2) gewählt wurde und der vom EWSA in seiner im Juli 2013 verabschiedeten Stellungnahme (3) begrüßt wurde. Wie bereits der Titel der Verordnung nahelegt, liegt der Schwerpunkt auf Anregung und Erleichterung größerer langfristiger Investitionen in ganz Europa. Es ist notwendig, dass solche langfristige Investitionen verstärkt zur Verfügung stehen und auch für Anleger attraktiv sind.

    2.3

    Ein Handeln auf europäischer Ebene ist notwendig, da die Untersuchungen der Kommission Störungen, Verzerrungen und Zersplitterung bei der Verfügbarkeit langfristiger Investitionsprodukte in der Union ans Licht gebracht hat. In Anhang 2 der beigefügten Folgenabschätzung werden die Störungen bei langfristigen Fondsregelungen in Deutschland, UK, Frankreich, Irland, den Niederlanden, Italien und Luxemburg detailliert aufgeführt. Laut Kommission gibt es keine vereinbarten grenzübergreifenden Standards dafür, was langfristige Anlagen und Investitionen sind, für wen sie sich eignen und wie sie funktionieren.

    2.4

    Der bestehende grenzübergreifende Rahmen für Investitionen - Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) - bezieht sich auf Portfolios liquider Wertpapiere wie Anleihen oder Aktien. Die von OGAW ausgenommenen Anlageklassen, namentlich langfristige Realvermögenswerte wie Infrastrukturen und Eigentum, sind für die Gewährleistung nachhaltigen Wachstums von grundlegender Bedeutung. Langfristige Investitionen sind im Allgemeinen nicht übertragbar und illiquide, da keine Sekundärmärkte zur Verfügung stehen und häufig eine erhebliche Kapitalbindung im Vorfeld erforderlich ist. Diese Faktoren können sogar die größten institutionellen Investoren abschrecken.

    2.5

    Die Kommission macht drei Arten von Risiken aus, die im Allgemeinen mit langfristigen Anlagen und Investitionen einhergehen:

    die Gefahr, dass die Investoren sich über die Natur der Gefahren langfristiger Anlagen nicht im Klaren sind;

    das mit der Illiquidität einhergehende Risiko von Anlagevermögen und

    die Gefahr, dass die bestehenden langfristigen Fonds nicht über ausreichende Erfahrung bei der Auswahl von Vermögenswerten, der Projektüberwachung und der Abstimmung von Ertragsprofilen auf eventuelle Bedürfnisse der Kunden verfügen.

    2.5.1

    Es ist in erster Linie auf diese Risiken zurückzuführen, dass langfristige Investmentfonds bis heute keinen durchschlagenden Erfolg erzielen konnten. Sie waren nicht immer so leistungsfähig wie geplant, Investoren wurden über die zu erwartenden Renditen getäuscht und es gibt Hinweise darauf, dass mitunter die falschen Produkte verkauft wurden. Die Kommission anerkennt, dass solche langfristigen Investmentfonds angemessener Sorgfaltspflicht und professioneller Verwaltung bedürfen. In der Verordnung wird großes Gewicht gelegt auf die Erarbeitung angemessener Informationen und entsprechender Marketingunterlagen. ELTIF für Kleinanleger werden Standardprodukte für Kleinanleger sein und müssen ein Basisinformationsblatt (Key Information Document - KID) für Standardprodukte für Privatanleger (PRIPS) erhalten. Erforderlich sind gut sichtbare und deutliche Warnungen für Kleinanleger bezüglich des geschlossenen Typs des Produkts, des Investitionshorizonts und das Fehlen jedweden Rechts auf frühzeitige Rückgabe.

    2.6

    Schätzungen der Kommission zufolge werden bis 2020 in Europa zwischen 1,5 und 2 Mrd. EUR für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten benötigt, was den Bedarf an umfangreichen Finanzierungen belegt. Bei den Konsultationen im Zuge der Folgenabschätzung wurde das große Interesse - sowohl seitens der institutionellen Anleger als auch der Kleinanleger - an solchen ELTIF offensichtlich.

    3.   Kernelemente des Vorschlags

    3.1

    All dies führte zu einer unzulänglichen Entwicklung und Leistung des Markts für langfristige Investitionsprodukte in der gesamten EU. Insbesondere wurde beklagt, dass die Fonds kleiner als möglich und die Verwaltungskosten höher als notwendig seien und dass Kleinanleger nur eine sehr beschränkte Auswahl an Fonds in den verschiedenen Mitgliedstaaten haben. Um diese Situation in den Griff zu bekommen, muss auf europäischer Ebene gehandelt werden. Die Kommission schlägt deshalb vor, einen Binnenmarkt für langfristige Investitionsfonds zu schaffen.

    3.2

    Es wurden sieben Politikoptionen mit Blick auf ihre Fähigkeit, diesen operativen Zielen zu entsprechen, ausgemacht. Diese Optionen reichen von 1. der Bewahrung des Status quo; 2. der Einführung eines freiwilligen Produktlabels und Produktkodex; 3. der Ausweitung der OGAW auf einige langfristige Vermögenswerte; 4. dem Auflegen eines langfristigen geschlossenen Anlageinstruments nach dem OGAW-Modell, das nur institutionellen Anlegern offensteht; 5. dem gleichen Produkt, das allerdings auch vermögenden Einzelpersonen offensteht; 6. einem neuen Fonds mit höheren Anforderungen im Bereich des Anlegerschutzes ohne Rückgaberechte, der allen Anlegern, auch Kleinanlegern offensteht; bis schließlich 7. zu dem gleichen Fonds, aber mit Rückgaberechten nach einer anfänglichen Bindungsfrist.

    3.3

    Von diesen sieben Optionen wird Option 6 bevorzugt, d.h. die Schaffung eines neuen Europäischen langfristigen Investitionsfonds (ELTIF) ohne Rückgaberechte, der allen Anlegern offensteht. Diese Option ähnelt bestehenden Modellen in den Mitgliedstaaten, in denen Investitionen von Kleinanlegern zulässig sind.

    3.4

    Laut Kommissionsvorschläge werden ELTIF im Rahmen der Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) als eine neue Kategorie genehmigter geschlossener Fonds operieren. Da der Rechtsrahmen für ELTIF die Form einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates annimmt, wird er in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein und keiner weiteren Umsetzung bedürfen. Für verschiedene Aspekte der Regelung legt die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) technische Regulierungsstandards fest.

    3.5

    ELTIF sind für Investitionen in langfristige Vermögenswerte über die Laufzeit des Fonds gedacht. Das Instrument wird auf langfristige Vermögenswerte wie z.B. Infrastrukturprojekte zugeschnitten und ausgerichtet sein. Die Kommission legt Regeln für das Investitionsportfolio der ELTIF fest. Mindestens 70 % des Kapitals müssen in langfristige Vermögenswerte und höchstens 30 % in Werte, die für eine OGAW-Investition zulässig sind, angelegt werden. Die 70 %-Grenze der Portfoliozusammensetzung gilt nicht in den ersten fünf Jahren eines ELTIF, während einer zwölfmonatigen Frist innerhalb der Laufzeit eines ELTIF, wenn zusätzlich Kapital aufgenommen werden soll, und gegen Ende der Laufzeit, wenn mit der Veräußerung der Vermögenswerte gemäß den Rücknahmegrundsätzen begonnen wird.

    3.6

    ELTIF sind geschlossene Fonds mit bestimmter Laufzeit. Die Anleger können die Rücknahme ihrer Anteile nicht vor Ende der Laufzeit des ELTIF beantragen. Die Länge der Laufzeit wird bestimmt durch die Art der Vermögenswerte, die vom ELTIF erworben und gehalten werden sollen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Investitionshorizont zu erwerbender langfristiger Werte und dem Rückgabehorizont des ELTIF. Die ESMA entwickelt technische Regulierungsstandards, um genauer auszuführen, unter welchen Umständen die Laufzeit eines ELTIF dem Lebenszyklus eines jeden einzelnen ELTIF-Vermögenswerts entspricht.

    3.7

    Mit Artikel 17 des Verordnungsvorschlags wird die Entstehung eines Sekundärmarkts für ELTIF-Anteile angestrebt. Dies würde Anlegern, die ihre Anteile zum Teil oder ganz zurückgeben möchten, Liquidität verschaffen, ohne die zugrunde liegende Finanzierung der ELTIF-Projekte selbst zu beeinträchtigen.

    3.8

    ELTIF sind Anlageprodukte im Sinne der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und unterliegen daher allen Anforderungen dieser Richtlinie in Bezug auf Vertrieb, Kauf und Veröffentlichung.

    3.9

    ELTIF scheinen eine positive Entwicklung zu sein sowohl im Hinblick auf die Schaffung eines neuen Produktlabels und eines Kleinanleger-Passes für langfristige/geschlossene Anlagen als auch als potenzielle Finanzierungsquelle für nicht börsennotierte Unternehmen in der EU. Die Kommission geht davon aus, dass es seitens der Verwalter und Anleger Nachfrage nach einem solchen Produkt gibt, das für die Akteure im Infrastruktursektor als alternative Finanzierungsquelle interessant sein wird.

    3.10

    Angesichts des innovativen Charakters des Verordnungsvorschlags kommt der Überwachung und Evaluierung besonders hohe Bedeutung zu. Die Kommission anerkennt dies und schlägt vor, das Wachstum oder die anderweitige Entwicklung auf dem Markt für ELTIF über einen anfänglichen Zeitraum von ca. vier Jahren zu überwachen. Zentrale Leistungsindikatoren wie z.B. Zahl der eingerichteten, grenzüberschreitend tätigen Fonds, die Durchschnittsgröße der ETIF, die Meinungen der Anleger und der relative Anteil der Finanzierungen in Bezug auf Infrastrukturen, Eigentum, KMU usw. wird eine Bewertung des Erfolgs oder Misserfolgs dieser Initiative ermöglichen. Sollte die Entwicklung eines langfristigen grenzüberschreitenden Investmentmarkts scheitern, würden weitere Maßnahmen der Abschätzung, Bewertung und Überarbeitung erfolgen, um die Mängel zu beheben und die Attraktivität von ELTIF zu erhöhen.

    Brüssel, den 16. Oktober 2013

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Henri MALOSSE


    (1)  SWD(2013) 231 final.

    (2)  COM(2013) 150 final/2.

    (3)  ABl. C 327 vom 12.11.2013, S. 11-14.


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