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Document 52000AC0080

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der «Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Der Luftverkehr in der Gemeinschaft: vom Binnenmarkt zur weltweiten Herausforderung»

    ABl. C 75 vom 15.3.2000, p. 4–10 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52000AC0080

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der «Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Der Luftverkehr in der Gemeinschaft: vom Binnenmarkt zur weltweiten Herausforderung»

    Amtsblatt Nr. C 075 vom 15/03/2000 S. 0004 - 0010


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Der Luftverkehr in der Gemeinschaft: vom Binnenmarkt zur weltweiten Herausforderung"

    (2000/C 75/02)

    Die Europäische Kommission beschloß am 20. Mai 1999, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 262 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 21. Dezember 1999 an. Berichterstatter war Herr von Schwerin.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 369. Plenartagung am 26. und 27. Januar 2000 (Sitzung vom 26. Januar) mit 116 Stimmen und 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Die Kommission geht mit ihrer Mitteilung "Der Luftverkehr in der Gemeinschaft: Vom Binnenmarkt zur weltweiten Herausforderung" auf die derzeitige Lage der europäischen Luftverkehrsbranche, das Erfordernis einer fortlaufenden Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Luftverkehrsgesellschaften und die vergangenen zehn Jahre der Liberalisierung des Luftverkehrs ein.

    1.2. Die Mitteilung soll dazu dienen, den in diesem Bereich erzielten Fortschritt zu beurteilen und die Maßnahmen zu bestimmen, mit denen ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Branche geleistet werden kann.

    1.3. Nach Auffassung der Kommission haben die europäischen Luftverkehrsunternehmen innovative Strategien entwickelt, um sich an das Wachstum des Marktes und die Herausforderungen des Wettbewerbs anzupassen. Während des vergangenen Jahrzehnts seien erhebliche Produktivitätssteigerungen erzielt worden, die es dem Sektor ermöglichten, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Branche leide jedoch nach wie vor noch unter starker Zersplitterung und finanzieller Anfälligkeit im Vergleich zu ihren Hauptkonkurrenten, insbesondere nordamerikanischen Fluggesellschaften.

    1.4. Die Wettbewerbsorientierung des Marktes sei durch Liberalisierung und Globalisierung zunehmend verstärkt worden. Die Luftverkehrsunternehmen sähen sich gezwungen, ihre Umstrukturierungsbemühungen zu verstärken.

    1.5. Die Kommission habe staatliche Beihilfen als einmalige Maßnahmen genehmigt, um den nationalen Luftverkehrsunternehmen den Übergang in den liberalisierten gemeinsamen Markt zu erleichtern. Diese Übergangsphase sei jedoch inzwischen abgeschlossen.

    1.6. Um der Luftverkehrsbranche bei der Ausarbeitung einer Strategie behilflich zu sein, habe die Kommission die nachstehenden politischen Leitlinien definiert:

    "Die Kommission nutzt alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, um die Integration des europäischen Marktes zu gewährleisten. Hierzu gehört auch die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft, um Versuchen einer erneuten Aufsplitterung des Marktes durch Eingriffe der öffentlichen Hand oder wettbewerbsschädigende Allianzen und Unternehmenszusammenschlüsse vorzubeugen. In dieser Hinsicht sind die Rolle der Kommission als Überwacher des öffentlichen und privaten Handelns sowie die Transparenz der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und die Verbreitung bester Praktiken im Zusammenhang mit zahlreichen Fragen, wie beispielsweise gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wichtige Elemente.

    Ferner unterstützt die Kommission die Industrie. Der Abbau technischer Handelshemmnisse, insbesondere durch eine schnellere und effizientere Harmonisierung der Sicherheitsvorschriften, die durch die Einrichtung der Europäischen Behörde für die Luftverkehrssicherheit bewirkt werden soll, wird die Industrie unterstützen. Außerdem fördert sie die ICAO-Maßnahmen im Umweltbereich.

    Die Zersplitterung des Binnenmarkts ist auch darauf zurückzuführen, daß es keine außenpolitische Dimension gibt. Eigentumsrechtliche Bestimmungen und bilaterale Abkommen behindern die Umstrukturierung des Sektors auf europäischer Ebene und den lauteren Wettbewerb mit den Unterzeichnerstaaten des 'Open-skies'-Vertrags. Neben den rechtlichen Aspekten begründen auch diese wirtschaftlichen Konsequenzen die Notwendigkeit, konkrete außenpolitische Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Unternehmenszusammenschlüsse in Europa innerhalb eines geregelten ordnungspolitischen Rahmens erfolgen können."

    1.7. Die Kommission beabsichtigt, eine umfassende Datenbank über die europäische Luftverkehrsbranche einzurichten. Hiermit solle eine bessere Qualität und Verfügbarkeit von Daten und Analysen über Kapazitäten, Verkehrsaufkommen, finanzielle Leistungsfähigkeit, Produktivität, Branchen- und Streckenstruktur, Flughäfen und Beschäftigung erzielt werden, die zur Förderung einer Politik erforderlich sei, mit der die Wettbewerbsfähigkeit der Branche erhalten werden solle. Über die Internet-Seite der Kommission solle auch die breite Öffentlichkeit Zugang zu Informationen und Analysen über die Entwicklung dieses Sektors erhalten. Somit werde die Kommission in die Lage versetzt, die Entwicklung der Branche im allgemeinen und insbesondere hinsichtlich der Tarife zu verfolgen.

    2. Wesentlicher Inhalt der Kommissionsmitteilung

    2.1. Nach Auffassung der Kommission handelt es sich beim Luftverkehr um eine Wachstumsbranche, die sich jedoch konjunkturanfällig und von unsicherer Rentabilität zeige. Das Wirtschaftswachstum sei die treibende Kraft für die Verkehrsnachfrage. Der Luftverkehr hätte in den vergangenen Jahren eine starke volumenmäßige Leistungs- und Umsatzsteigerung zu verzeichnen gehabt. Den neuesten Marktstudien zufolge werde die weltweite Nachfrage nach Flugreisen in den kommenden zwei Jahrzehnten mit einer Zuwachsrate von 5 % pro Jahr weiterhin stark ansteigen, wobei unvorhersehbare größere Ereignisse wie die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise in Südostasien berücksichtigt werden müßten.

    2.2. Die Kommission stellt einen weltweiten Vergleich der Leistungsfähigkeit der europäischen Luftverkehrsbranche an und kommt zu dem Ergebnis, daß die größten europäischen Luftfahrtunternehmen sich größenmäßig kaum von den größten amerikanischen Unternehmen unterscheiden. Typisch für die europäische Luftverkehrsbranche sei jedoch das Vorhandensein einer zweiten Gruppe von relativ kleinen Luftverkehrsunternehmen, die im internationalen Verkehr tätig seien. Hierdurch lasse sich teilweise die begrenzte Rentabilität der europäischen Luftverkehrsbranche erklären, da die Größe in der internationalen Luftverkehrsbranche ein bedeutender Faktor sei.

    2.3. Zur Struktur der europäischen Luftverkehrsindustrie bemerkt die Kommission, daß in der Regel die Öffnung eines zuvor für den Wettbewerb geschlossenen Marktes zunächst eine Zunahme der Wirtschaftsteilnehmer bewirke. In der anschließenden Konsolidierungsphase gehe die Zahl der Unternehmen zurück, ihre Größe jedoch nehme zu. In den USA scheine die Luftverkehrsbranche diesem Modell gefolgt zu sein, Europa befinde sich dagegen immer noch in der ersten Phase dieses Prozesses. 1993 habe es 132 im wirtschaftlich bedeutenden Linienflugverkehr in Europa tätige Unternehmen gegeben. 1998 seien es 164 gewesen.

    2.3.1. Bei einem Vergleich des Luftverkehrsmarktes der EU mit dem nordamerikanischen Markt dürften jedoch einige wichtige strukturelle Unterschiede nicht außer acht gelassen werden. So seien in Europa die durchschnittlichen Entfernungen zwischen den Städten geringer und der Wettbewerb alternativer Verkehrsträger, insbesondere des Straßen- und Eisenbahnverkehrs, weitaus stärker als in den USA. Hierdurch lasse sich die unterschiedliche Struktur zwar bis zu einem gewissen Grade erklären, dennoch sei es erstaunlich, daß es in Europa, dessen Binnenmarkt weniger als ein Drittel so groß sei wie der nordamerikanische Binnenmarkt, weitaus mehr Luftverkehrsunternehmen gebe, die Großflugzeuge betrieben (90 gegenüber 37). Im Gegensatz dazu seien die europäischen Luftverkehrsunternehmen sowohl hinsichtlich ihrer Flottenstärke als auch ihres Marktanteils durchschnittlich kleiner als ihre amerikanischen Konkurrenten (durchschnittliche Flottengröße 27 gegenüber 111). Die Kommission spricht in diesem Zusammenhang von einer Zersplitterung der europäischen Luftverkehrsbranche.

    2.4. Ein bedeutender Aspekt des strukturellen Wandels sei die neue Betriebsstrategie der Luftverkehrsunternehmen, der Knotenpunktbetrieb. Diese Strategie werde inzwischen von vielen Unternehmen eingesetzt. Durch einen Abbau der Direktverbindungen würden die Verkehrsströme verdichtet, so daß sich größere Flugzeuge einsetzen und ein höherer Auslastungsgrad erzielen ließen. Einige Luftverkehrsunternehmen betrieben eine Niedrigkostenpolitik, die sich in erster Linie durch folgende Merkmale auszeichne: kein Teilstreckenverkehr, keine vorherige Sitzplatzauswahl, keine Bordverpflegung, Einklassen-Service, Nutzung billiger, nicht überlasteter Sekundärflughäfen und einheitlicher Flotten sowie neuer und treibstoffsparender Flugzeuge.

    2.5. Zur Produktivität führt die Kommission aus, daß in der Zeit von 1990-1996 die 10 führenden europäischen Unternehmen eine durchschnittliche Zunahme des Verhältnisses der Pro-Kopf-Leistung der Beschäftigten (RTK/Personal) um 53 % verzeichneten, wohingegen das Verhältnis von Betriebskosten je Leistungseinheit (Kosten/ATK) um 13 % sank. Die Produktivität der 10 führenden nordamerikanischen Luftverkehrsunternehmen sei aber nach wie vor höher. Dies bedeute, daß die Umstrukturierungsbemühungen fortgesetzt werden müßten.

    2.6. Die Kommission ist der Auffassung, daß sich die Luftverkehrsunternehmen zunehmend komplexeren Situationen gegenübersehen. Insbesondere die fortdauernde Nachfrage nach neuen Zielorten und häufigeren Verbindungen erfordere eine ausgesprochene Innovationsfähigkeit und umfangreiche finanzielle Mittel. Wenn die europäischen Luftverkehrsunternehmen in diesem zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld überleben wollten, sei eine permanente Umstrukturierung, d. h. eine fortlaufende Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit erforderlich. Der verstärkte Wettbewerb sei weitestgehend auf die Liberalisierungsbemühungen der EU zurückzuführen. Allerdings habe sich der Wettbewerb hierdurch nicht auf allen Märkten durchgesetzt. Aus dem 1996 von der Kommission angefertigten Bericht über die Auswirkungen des dritten Liberalisierungspakets gehe hervor, daß 64 % der Strecken in der EU als Monopole betrieben würden, obwohl zahlreiche Strecken neu eingeführt worden seien oder ein geringeres Verkehrsaufkommen aufwiesen. Ferner sei in dem Bericht festgestellt worden, daß für Geschäftsreisende keine Tarifsenkung stattgefunden habe.

    2.7. In ihrer 1994 veröffentlichten Mitteilung "Die Zivilluftfahrt auf dem Weg in die Zukunft"(1) habe die Kommission aufgezeigt, daß unzureichende Infrastrukturen und Infrastrukturkosten hauptsächlich für die hohen Kosten verantwortlich seien, die der Fluggast in Europa zu tragen habe. Zur Verbesserung dieser Situation habe die Kommission in den vergangenen Jahren gezielte Maßnahmen im Infrastrukturbereich getroffen. Dazu gehörten:

    - Die Verabschiedung der Richtlinie 96/67/EG über die Liberalisierung des Zugangs zu den Bodenabfertigungsdiensten für Drittabfertiger auf den Flughäfen der Gemeinschaft.

    - Eine neue Richtlinie über Flughafengebühren stehe kurz vor der Annahme.

    - Der Zersplitterung der Luftverkehrsmanagementsysteme solle durch eine Stärkung von Eurocontrol entgegengewirkt werden.

    - Aktive Beteiligung an der Einrichtung der Europäischen Flugsicherheitsbehörde (EASA).

    - Eingehende Befassung mit der Frage des Umweltschutzes und seiner Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit in einer zukünftigen Mitteilung.

    2.8. Um langfristigen Erfolg in einem zunehmend globalisierten Luftverkehrsmarkt zu gewährleisten, hält es die Kommission für notwendig, daß sich die europäischen Luftverkehrsunternehmen zu global wettbewerbsfähigen Unternehmen entwickeln. Es sei zu beobachten, daß sich die Beziehungen zwischen den nationalen und den regionalen Luftfahrtunternehmen von der Ebene einfacher kommerzieller Vereinbarungen hin zu fortschrittlicheren Integrationsformen wie dem Franchising oder unmittelbarer Kontrolle durch Übernahme entwickelten. Es hätten sich weiterhin vier globale strategische Allianzen (STAR ALLIANCE, ONE WORLD, WINGS, QUALIFYER) unter Mitwirkung europäischer Luftverkehrsunternehmen gebildet.

    2.9. Die Kommission beanstandet, daß es bislang wegen bestehender bilateraler Abkommen noch keine Dienstleistungsfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Union und Drittländern gibt. Besonders negativ wirke sich das bilaterale System dadurch aus, daß die europäischen Luftverkehrsunternehmen nicht von einem beliebigen Punkt in der EU, sondern nur vom Gebiet ihres Heimatmitgliedsstaates Drittländer anfliegen könnten. Dies sei besonders gegenüber amerikanischen Luftverkehrsunternehmen eine Benachteiligung, die von jedem beliebigen Flughafen in den USA zahlreiche Flughäfen in der Gemeinschaft anfliegen könnten. Der Binnenmarkt für den Luftverkehr müsse daher durch eine wirkliche außenpolitische Dimension ergänzt werden. So müßten nach Auffassung der Kommission gemeinsame Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und Drittländern sowohl im multilateralen als auch im bilateralen Bereich ausgehandelt werden. Die Kommission werde sich weiterhin darum bemühen, einen gemeinsamen Luftverkehrsraum mit den USA einzurichten. Ferner müsse die Lage des Luftverkehrs in der neuen Verhandlungsrunde innerhalb des Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der WHO Rechnung getragen werden, die im Jahr 1999 erneut aufgenommen wurde.

    2.10. Die Kommission geht auf die vergangenen 10 Jahre der Liberalisierung des Luftverkehrs näher ein. Bereits 1996 habe die Kommission die Entwicklung des Luftverkehrs in ihrer Mitteilung "Auswirkungen des dritten Pakets von Maßnahmen zur Liberalisierung des Luftverkehrs"(2) bewertet und dabei festgestellt, daß der Liberalisierungsprozeß das wirtschaftliche Umfeld für den Luftverkehr durch eine verstärkte Wettbewerbsorientierung des Marktes verändert habe. Die ersten drei Jahre der Liberalisierung hätten zu einer schrittweisen Zunahme des Wettbewerbs und insbesondere zu einer größeren Zahl der auf dem Markt tätigen Unternehmen geführt. Es seien jedoch auch eindeutige Vorteile für den Verbraucher entstanden Der Liberalisierungsprozeß könnte jedoch in seinen Möglichkeiten geschwächt werden, den Verbrauchern bessere Dienste zu niedrigeren Kosten anzubieten. Der Bericht verweise auf das Problem der Kapazitätsbeschränkungen und der hohen Infrastrukturkosten sowie die widersprüchlichen und unzufriedenstellenden Trends im Bereich der Tarifgestaltung. Die Sondertarife hätten sich stärker durchgesetzt. Dennoch gäbe es in Europa noch starke Tarifunterschiede je Flugkilometer. Selbst Preissteigerungen seien auf lukrativen Strecken zu verzeichnen. Die jüngsten Entwicklungen bestätigten diesen Trend.

    2.11. Die Kommission kritisiert, daß die zunehmende Streuung von Tarifen, Überbuchungen, die Verfügbarkeit von Sitzen zu den am stärksten propagierten Sondertarifen, die Zunahme von Vielfliegerprogrammen, Code-sharing und Unternehmensallianzen dem Verbraucher den Vergleich der miteinander im Wettbewerb stehenden Angebote erschweren könnte. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs müsse die Markttransparenz gewährleistet werden, wenn das Vertrauen der Verbraucher gewahrt werden solle. Die Kommission habe eine Studie in Auftrag gegeben, mit der untersucht werden solle, welche Informationen Fluggäste benötigten, um besonnene Entscheidungen treffen zu können.

    2.12. Das Leasing von in Drittstaaten eingetragenen Flugzeugen sei ein weiterer Problembereich. Die Kommission habe festgestellt, daß die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Bestimmungen über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen unterschiedlich verfahren würden. Die Kommission möchte daher in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Leitlinien ausarbeiten, um die Auslegung der für das kurzfristige Leasing von Drittlandflugzeugen geltenden Bestimmungen klarer zu gestalten.

    2.13. Die Kommission hat eine Studie über die Auswirkungen durchgeführt, die die Regulierung und bestimmte kommerzielle Praktiken auf den Wettbewerb im Luftverkehr haben und in diesem Zusammenhang mehrere kleine und mittlere Luftverkehrsunternehmen befragt und darum gebeten, den Liberalisierungsprozeß und die hiermit verbundenen Unzulänglichkeiten zu bewerten. Die Studie sei zu dem Ergebnis gelangt, daß sich das derzeitige Regulierungssystem allgemeiner Zustimmung erfreue. Bedenken gebe es u. a. zu folgenden Punkten:

    - Es gebe nicht ausreichend Zeitnischen, die es einem Neubewerber ermöglichen würden, in den Wettbewerb mit einem etablierten Konkurrenten zu treten.

    - Nur größere Luftverkehrsgesellschaften seien in der Lage, Bonusprogramme anzubieten. Das Hauptthema beruhe auf dem Umstand, daß Vielfliegerprogramme Luftverkehrsunternehmen mit großen Streckennetzen bevorteilten, die dem Reisenden bessere Möglichkeiten böten, Punkte zu sammeln und zu nutzen. Demgegenüber hätten kleine und mittlere Unternehmen wenig Spielraum beim Angebot solcher Systeme, da ihre Streckennetze zu klein seien, um attraktiv zu sein.

    2.14. Die Kommission geht auf die sozialen Auswirkungen der aktuellen Trends im Luftverkehr ein und konstatiert, daß im Anschluß an die von den Luftverkehrsunternehmen durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen die Gesamtzahl der in der Zivilluftfahrt Beschäftigten in der EU von 1988 bis 1996 von 435400 auf 489700 gestiegen ist und die Aussichten für die Beschäftigungsentwicklung weiterhin positiv sind.

    2.14.1. Das Entstehen neuer Beschäftigungsformen, mit denen eine größere Flexibilität erzielt werden solle, sei eines der Hauptmerkmale des Berichtszeitraums. Die Beschäftigungsbedingungen seien insbesondere für neu eingestellte Arbeitnehmer geändert worden. Viele erhielten zeitlich befristete Arbeitsverträge, für die häufig andere Lohn- und Gehaltsbedingungen gelten würden. Für bestimmte Gruppen von Beschäftigten werde die dienstalterabhängige Besoldung in zunehmendem Maße durch leistungsorientierte Lohn- und Gehaltssysteme ersetzt. Dieser Trend sei aber nicht auf die Luftverkehrsbranche beschränkt. Bei den nationalen Luftverkehrsgesellschaften sei die Arbeitsplatzsicherheit der dienstälteren Mitarbeiter jedoch nach wie vor relativ groß. Auch die Bezahlung liege für vergleichbare Tätigkeiten immer noch höher als bei kleineren Luftverkehrsunternehmen.

    3. Bemerkungen des Ausschusses

    3.1. Der Ausschuß begrüßt die eingehende Auseinandersetzung mit den Problemen des Luftverkehrs. Die Mitteilung der Kommission enthält in weiten Teilen zutreffende Wertungen und Analysen. Die Zielrichtung einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen insbesondere gegenüber den amerikanischen Fluggesellschaften und der Abbau einer strukturellen Benachteiligung kann nur nachdrücklich unterstützt werden.

    3.2. Der Ausschuß bedauert, daß die Kommission den Luftverkehr losgelöst von anderen Verkehrsarten betrachtet und hält es für dringend erforderlich, daß die Kommission die Verknüpfung der einzelnen Verkehrsarten thematisiert. Insbesondere die stärkere Verknüpfung von Luftverkehr und Bahn hält der Ausschuß aus Umweltschutzgründen für geboten, da dadurch die Kurzstreckenfluege erheblich reduziert werden könnten. Aber auch für den Verbraucher ließen sich durch die Intermodalität erhebliche Verbesserungen erzielen, wenn gewährleistet werden könnte, daß er sein Ziel in kürzerer Zeit, bequemer oder kostengünstiger erreichen kann.

    3.3. Der Ausschuß vermißt ein stärkeres Eingehen auf die Rechte der Passagiere im Luftverkehr. Die Kommission geht hierauf leider nur am Rande ein. Insbesondere bei Codesharing-Flügen müßten die Rechte der Passagiere verbessert werden. Hinsichtlich der zunehmenden Überbuchungen und Verspätungen im Luftverkehr ist dringend anzumahnen, daß die verbesserte Entschädigungsverordnung für Ausgleichsleistungen bei Nichtbeförderung oder anderer Nachteile im Linienverkehr endlich in Kraft tritt. Das Recht der Passagiere muß juristisch eindeutig fixiert werden. Nichtbeförderung, Verspätungen oder andere Nachteile müssen zu Lasten der Verursacher einklagbar sein. Zu beachten ist dabei aber auch, daß die Fluggesellschaften bei Verspätungen nicht die alleinige Schuld trifft. Eine Hauptursache für Verspätungen ist in der Organisation der Flugsicherung in Europa zu suchen.

    3.4. Der Ausschuß stellt fest, daß die Kommission den Charterverkehr/Urlaubsreiseverkehr nur am Rande behandelt. Offensichtlich macht die Kommission keinen Unterschied zwischen Linien- und Charterverkehr, obwohl beim Charterverkehr teilweise andere Bedingungen als beim Linienverkehr gelten und dieser einen großen Anteil am zivilen Luftverkehr hat. Gerade weil die Abgrenzung zwischen Linien/Charterverkehr nach der Luftverkehrliberalisierung zunehmend schwieriger wird, empfiehlt der Ausschuß, die vom normalen Linienverkehr abweichenden Bedingungen des Charter/Urlaubsreiseverkehrs näher zu untersuchen.

    3.5. Die Kommission hätte nach Auffassung des Ausschusses die Zukunftsaussichten des Luftverkehrs und die dadurch zu erwartenden Probleme stärker beleuchten müssen.

    3.6. Die Kommission beklagt einerseits die starke Zersplitterung der Luftverkehrsbranche und fordert andererseits mehr Wettbewerb. Hierin liegt ein Widerspruch. Eine Vielzahl von Fluggesellschaften muß nicht negativ sein, sondern kann zu mehr Wettbewerb führen. Offensichtlich hält die Kommission aber die Anzahl der europäischen Fluggesellschaften, die Großflugzeuge betreiben, für zu groß und erwartet eine Konsolidierung des Marktes. Es bleibt unklar, bei welcher Anzahl, Größe, Flottenstärke und welchem Marktanteil die Kommission eine wettbewerbsfähige und wettbewerbsförderliche Struktur bei den europäischen Luftverkehrsunternehmen annimmt.

    3.7. Die Zusage der Kommission, die Übergangsphase für die Genehmigung staatlicher Beihilfen sei inzwischen abgeschlossen, und es habe sich um einmalige Maßnahmen gehandelt, um den nationalen Luftverkehrsunternehmen den Übergang in den liberalisierten gemeinsamen Markt zu erleichtern, wird begrüßt. Die nationalen Luftverkehrsgesellschaften hatten in den Jahren seit Beginn der Liberalisierung ausreichend Gelegenheit, sich auf die neue Wettbewerbssituation einzustellen. Staatliche Beihilfen sollten daher nicht mehr genehmigt werden, da sie zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würden und bereits geführt haben.

    3.8. Die Absicht der Kommission, eine umfassende Datenbank z. B. in bezug auf Preise, Sicherheitsbedingungen und Aussagen über Qualifizierung des Personals, über die europäische Luftverkehrsbranche einzurichten und diese per Internet der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wird begrüßt. Da die zu erhebenden Daten bei den verschiedenen Organisationen des Luftverkehrs [ICAO(3), ECAC(4), IATA(5), AEA(6)] und nationalen Stellen bereits vorhanden sein dürften, erscheint es zur Vermeidung unnötigen Aufwandes sinnvoll, auf diese Daten zurückzugreifen und in Abstimmung mit diesen Organisationen und nationalen Stellen eine Datenbank aufzubauen. Aus Sicht des Ausschusses muß beim Aufbau einer Datenbank darauf geachtet werden, daß der Öffentlichkeit verläßliche Daten zur Verfügung gestellt werden, die eine Vergleichbarkeit der Angebote im Luftverkehr gewährleisten.

    3.9. Die Kommission bezeichnet den Knotenpunktbetrieb als neue Betriebsstrategie der Luftverkehrsunternehmen und bedeutenden Aspekt des strukturellen Wandels. Durch einen Abbau der Direktverbindungen seien die Verkehrsströme verdichtet worden, so daß sich größere Flugzeuge einsetzen und ein höherer Auslastungsgrad erzielen ließen. Es handelt sich beim Knotenpunktbetrieb nicht um eine neue Betriebsstrategie. Anders als in den USA wurde in Europa der Flugverkehr schon früher über je einen nationalen Flughafen abgewickelt, da nur so die internationalen Langstreckenfluege gefuellt werden konnten. Nach Kenntnis des Ausschusses hat es in der EU keinen wesentlichen Abbau bereits vorhandener Direktverbindungen zwischen Sekundärpunkten gegeben. Der Ausschuß hält es aus Gründen der Erhaltung der Mobilität der Verbraucher für wichtig, daß es keinen Rückschritt in der Bedienung von verkehrstechnisch sinnvollen Sekundärpunkten gibt.

    3.10. Die Wettbewerbspolitik einiger Luftverkehrsunternehmen wird von der Kommission zu unkritisch gesehen. Die externen Kosten der Luftverkehrsunternehmen sind untereinander vergleichbar. Aus diesem Grunde müssen für alle Unternehmen, die sich gezielt Wettbewerbsvorteile durch niedrigere Gehälter, die Einstellung unqualifizierter Mitarbeiter, schlechtere Sozialstandards und Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften, z. B. bei Wartungsintervallen, gegenüber den anderen Fluggesellschaften verschaffen, stärkere Kontrollmöglichkeiten geschaffen werden. Um einen Mindeststandard bei der Qualität und der Sicherheit im Flugverkehr zu gewährleisten, sollten u. a. EU-weit geltende Mindestausbildungsinhalte z. B. bei den Flugbegleitern entsprechend der JAR OPS(7) festgelegt und eingehalten werden.(8) Aber auch alle anderen im Luftverkehr Beschäftigten sollten eine Mindestausbildung und eine kontinuierliche Weiterqualifizierung erhalten, damit eine gute Qualität der Dienstleistung "Fliegen" gewährleistet werden kann. Immer noch verfügen einige Luftverkehrsunternehmen nicht über neuere treibstoffsparende Flugzeuge, sondern setzen billig erworbene alte Flugzeuge ein, um Kapitalkosten zu sparen. Dies führt zu einer höheren Lärmentwicklung sowie einem größeren Treibstoffverbrauch und damit zu einer stärkeren Umweltbelastung. Auf jeden Fall verhindert werden muß aus Sicht des Ausschusses, daß Luftverkehrsunternehmen zu Lasten der Sicherheit der Flugzeuge und damit auch der Passagiere und der Crews sparen. Innerhalb der EU ist aus Sicht des Ausschusses eine harmonisierte Regelung der Arbeitszeiten der Crews erforderlich, die aber genügend Flexibilität bei betrieblichen Erfordernissen gewährleisten sollte, ohne die Sicherheit im Luftverkehr zu vernachlässigen.

    3.11. Die Tatsache, daß vor 1996 rund 64 % der EU-Strecken nur von einem Unternehmen bedient wurden, ist vor allem auf das niedrige Aufkommen bei diesen Verbindungen zurückzuführen. Es fehlte das Marktpotential für die Betätigung eines weiteren Unternehmens. Ein staatlicher Eingriff wäre daher marktpolitisch falsch.

    3.12. Der Aussage der Kommission, für Geschäftsreisende habe keine Tarifsenkung stattgefunden, muß widersprochen werden. Es ist eine Vielzahl von Tarifen auch für Geschäftsreisende eingeführt worden. Die neu eingeführten flexiblen Tarife unterhalb des Normaltarifniveaus ermöglichen auch den Geschäftsreisenden die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Tarifniveaus. Dadurch ist es auch im Bereich der Business-Klasse zu einer Senkung der durchschnittlichen Flugpreise gekommen. Dies wird in einer neueren Studie der British Aerospace Consultancy, die im Auftrag der Kommission erstellt wurde, bestätigt.

    3.13. Die Feststellung der Kommission, daß unzureichende Infrastrukturen und Infrastrukturkosten zu den vergleichsweise hohen Kosten der europäischen Luftfahrt beitragen, ist völlig zutreffend. Auch neuere Vergleichsstudien beweisen die Richtigkeit dieser Feststellung. Hier könnte die Kommission durch geeignete Maßnahmen, z. B. bei der Gestaltung der Flughafengebühren, für Abhilfe sorgen.(9)

    3.14. Die Absicht der Kommission, der Zersplitterung der Luftverkehrsmanagementsysteme durch eine Stärkung von Eurocontrol entgegenzuwirken, kann nur voll unterstützt werden. Die Verhandlungen zur Mitgliedschaft der EG in der Organisation Eurocontrol sollten aus Sicht des Ausschusses beschleunigt werden. Mit der Mitgliedschaft der EG sollten die Beschlüsse von Eurocontrol, die unter Mitwirkung der EG entstehen, verbindlich in Gemeinschaftsrecht umgesetzt werden.

    3.15. Nach Ansicht des Ausschusses ist die einzelstaatliche Organisation der Flugsicherung und die Vielzahl der Flugsicherungssysteme in Europa nicht mehr zeitgemäß und bedarf dringend eines veränderten Entscheidungsverfahrens. Die verschiedenen, nicht aufeinander abgestimmten Flugsicherungssysteme müssen durch ein einheitliches europaweites Flugsicherungssystem ersetzt werden. Der Ausschuß schlägt vor, daß Eurocontrol die Kompetenz erhält, innerhalb der EU für die Flugsicherungssysteme einheitliche Standards hinsichtlich der zu verwendenden Technik zu setzen und in bezug auf die einzuhaltenden Verfahren einheitliche Normen zu schaffen. Die wichtigste Voraussetzung, schnell Verbesserungen auf dem Gebiet der Flugsicherung zu erzielen, ist die Einführung einer einheitlichen Technik für das gesamte Gebiet der EU und eine bessere Zusammenarbeit der nationalen Flugsicherungsbehörden. Eine kurzfristige Verbesserung der flugsicherungsbedingten Verspätungen muß auch ohne die Einführung einer zentralen europäischen Flugsicherungsbehörde möglich sein. Als langfristiges Ziel hält der Ausschuß aber eine zentrale europäische Flugsicherungsbehörde für sinnvoll und unterstützt deren Einführung. Um eine höhere Flexibilität der nationalen Flugsicherungen zu gewährleisten, hält der Ausschuß eine Beteiligung privatwirtschaftlicher Organisationen, soweit die Qualität garantiert ist, für überlegenswert.

    3.15.1. Die aktive Beteiligung der Gemeinschaft an der Einrichtung der Europäischen Flugsicherungsbehörde EASA (European Aviation Safety Association) wird begrüßt, wobei noch offen ist, ob die EASA auch die Kompetenz für die Flugsicherung erhält.

    3.15.2. Eine Studie von Eurocontrol nimmt zu Flugsicherungsproblemen wie folgt Stellung: 1998 entfielen 28 % (Air Traffic Control Enroute) + 4 % (Air Traffic Control Ground), d. h. 32 % aller unmittelbaren Verspätungen auf Flugsicherungsprobleme. Werden die Folgeverspätungen von 37 % proportional umgelegt, dann müssen 19 % hinzugerechnet werden. Damit haben 50-51 % aller Verspätungen ihre Ursache im Flugsicherungsbereich gegenüber 13 + 8 % (= 20-21 %) bei den Airlines. Eurocontrol befürchtet für 1999 noch ungünstigere Daten.

    3.16. Die Absicht der Kommission, sich intensiv mit der durch den Luftverkehr verursachten Lärmbelästigung und der Umweltverschmutzung auseinanderzusetzen, wird unterstützt. Von den Anstrengungen in diesem Bereich hängt neben der Verantwortung für die Umwelt unter anderem auch die Akzeptanz des Flugverkehrs in der Öffentlichkeit ab. Der Umweltschutz hat daher im Luftverkehr schon lange einen hohen Stellenwert. Divergierende lokale Standards, z. B. bei den Abgasimmissionen, verhindern jedoch bisher eine zielgerichtete technische Entwicklung neuer Triebwerke. Die Einführung einer Kerosinsteuer ist kein geeignetes Mittel, solange sie nicht zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auf der Ebene aller ICAO-Mitgliedstaaten weltweit erfolgt.

    3.17. Den Nachteilen einer von der Kommission gesehenen Zersplitterung der Branche kann durch die Entwicklung von Synergieeffekten durch die Bildung von internationalen Allianzen entgegengewirkt werden.

    3.18. Die Aussagen der Kommission zum Wettbewerbsrecht hinsichtlich der Allianzen im Luftverkehr können nicht geteilt werden. Allianzen im Luftverkehr können ein besseres Eingehen auf die Kundenbedürfnisse ermöglichen, indem sie z. B. ein größeres abgestimmtes Netz an Flugverbindungen anbieten. Dies ist vorteilhafter für die Kunden im Gegensatz zum Angebot einzelner Unternehmen. Aus wettbewerbspolitischer Sicht sind Allianzen daher positiv zu beurteilen. Es ist aber darauf zu achten, daß kleinere Luftverkehrsgesellschaften durch den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nicht vom Markt verdrängt werden.

    3.19. Die EU-Wettbewerbskommission hat bei der Prüfung verschiedener Allianzen auf dem Nordatlantik einen engen streckenbezogenen Marktbegriff verwendet, der den heutigen Wettbewerbsgegebenheiten nicht gerecht wird. Im Gegensatz dazu betrachten die US-Behörden zutreffend den Gesamtmarkt, da der größte Teil der Passagiere auf den von der Kommission kritisierten Strecken Umsteiger sind. Es ist daher eine Harmonisierung der europäischen und amerikanischen Wettbewerbspolitik notwendig.

    3.20. Da die Kommission eine "Open-skies"-Vereinbarung zwischen der EU und den USA anstrebt, ist es aus Sicht des Ausschusses sinnvoll, bis zum Abschluß dieser Verhandlungen mit der Prüfung der Vereinbarkeit der Allianzen auf dem Nordatlantik mit dem EU-Wettbewerbsrecht zu warten.

    3.21. Die Begründung der Kommission für die angestrebten "Open-skies"-Verhandlungen mit den USA wird geteilt. Die US-Fluggesellschaften werden durch die bisherigen bilateralen Verträge ungerechtfertigt begünstigt, da sie im Gegensatz zu den europäischen Fluggesellschaften von jedem Flughafen in den USA fast jeden Flughafen in Europa anfliegen können. Europäische Fluggesellschaften können dagegen aufgrund der bisher bestehenden bilateralen Verträge nur von Flughäfen in ihrem Heimatstaat in die USA fliegen. Diese Ungleichbehandlung sollte bei den Verhandlungen über ein "Open-skies"-Abkommen mit den USA dringend beseitigt werden.

    3.22. Die neue Verhandlungsrunde innerhalb des Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) sollte zur weiteren Einbeziehung des Luftverkehrs in die Verhandlungen und zur Schaffung eines harmonisierten Umfeldes des Luftverkehrs genutzt werden, z. B. Überfluege, Slotvergabe, Flughafendienste. Des weiteren könnte eine schrittweise Liberalisierung des Luftfrachtverkehrs angestrebt werden.

    3.23. Hinsichtlich der Markttransparenz sollte der Luftverkehr nicht mehr belastet werden als andere Wirtschaftszweige. Der Wettbewerb unter den professionellen Reisemittlern sorgt allein schon für ausreichende Transparenz in diesem Markt.

    3.24. Wet-Leasing von Flugzeugen aus Drittländern ist aus Gründen der betrieblichen Flexibilität gelegentlicherforderlich. Der Ausschuß unterstützt die Verabschiedung einer EU-Leitlinie, die beinhalten sollte, daß das Wet-Lease von Flugzeugen nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt genehmigt wird. Voraussetzung dafür sollte aber sein, daß das geleaste Flugzeug die in der EU geltenden Mindestsicherheits- sowie Umweltanforderungen erfuellt, damit ein Mißbrauch ausgeschlossen werden kann. Über ein praktikables Genehmigungsverfahren müßte in diesem Zusammenhang nachgedacht werden.

    3.25. Das von der Kommission geschilderte Slotproblem an den Flughäfen ist Ausfluß der Kapazitätsprobleme dieser Flughäfen. Darunter leiden nicht nur die Neubewerber, sondern auch die dort ansässigen Unternehmen, die keine Wachstumsmöglichkeiten haben. Dieses Problem muß durch eine Kapazitätserweiterung der Flughäfen eingedämmt werden, aber Zeitnischenzuweisungsmechanismen wird es natürlich immer geben müssen. Die Kommission hat einen Bericht über das Zeitnischenproblem angekündigt und der Ausschuß geht davon aus, daß er Gelegenheit bekommen wird, seine Meinung zu diesem Bericht zu äußern. Vorab ist der Ausschuß allerdings der Ansicht, daß die Chancengleichheit für alle Luftverkehrsgesellschaften gewährleistet sein sollte.

    3.26. Auch europäische Fluggesellschaften müssen ihren Kunden Vielfliegerprogramme anbieten können, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, da diese von allen großen Fluggesellschaften genutzt werden und eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit einen Wettbewerbsnachteil bedeuten würde.

    4. Schlußbemerkungen

    4.1. Der Ausschuß hält es aus Gründen der Qualität der Dienstleistung und der Sicherheit für dringend erforderlich, daß für alle im Luftverkehr Beschäftigten EU-weit geltende Mindestausbildungsinhalte und eine kontinuierliche Weiterqualifizierung festgelegt werden und ihre Einhaltung überwacht wird.

    4.2. Der Ausschuß hält es für unabdinglich, daß die Flugsicherungssysteme in Europa vereinheitlicht und Eurocontrol gestärkt wird. Eurocontrol sollte nach Auffassung des Ausschusses die Kompetenz zur Normsetzung für die nationalen Flugsicherungen hinsichtlich der zu verwendenden Technik und einzuhaltenden Verfahren erhalten. Die nationalen Flugsicherungen sollten privatwirtschaftlich organisiert werden. Nur so kann sichergestellt werden, daß die flugsicherungsbedingten Verspätungen vermindert werden.

    4.3. Auf die Einhaltung der Sicherheit im Luftverkehr muß aus Sicht des Ausschusses ein stärkeres Gewicht gelegt werden, da der Luftverkehr in den nächsten Jahren den Prognosen nach noch erheblich an Bedeutung zunehmen wird.

    4.4. Der Ausschuß begrüßt es, daß sich die Kommission in einer Mitteilung mit den Umweltaspekten des Luftverkehrs beschäftigen will. Ebenfalls behandeln sollte die Kommission eine bessere Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger in Europa und insbesondere eine bessere Verknüpfung von Luft- und Bahnverkehr. Durch Intermodalität der Verkehrsträger ließen sich im Umweltbereich und zum Nutzen der Verbraucher viele Verbesserungen erzielen.

    4.5. Die Rechte der Passagiere müssen aus Sicht des Ausschusses juristisch eindeutig fixiert werden. Nichtbeförderung, Verspätungen oder jedwede Nachteile für die Passagiere müssen zu Lasten der Verursacher einklagbar sein. Die so verbesserte Entschädigungsverordnung für Ausgleichsleistungen bei Benachteiligung der Nutzer muß endlich in Kraft treten.

    4.6. Ein "Open-skies"-Abkommen zwischen der EU und den USA wird vom Ausschuß nachdrücklich unterstützt, um die Benachteiligung der europäischen gegenüber den amerikanischen Fluggesellschaften zu beseitigen.

    4.7. Damit wäre nach Auffassung des Ausschusses sowohl der Zielsetzung der Kommission als auch den Interessen der Verbraucher, der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber in Europa im Sinne eines auch künftig zu führenden sozialen Dialogs gedient.

    Brüssel, den 26. Januar 2000.

    Die Präsidentin

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Beatrice Rangoni Machiavelli

    (1) KOM(94) 218 endg.- WSA-Stellungnahme: ABl. C 110 vom 5.2.1995, S. 22.

    (2) KOM(96) 514 endg. vom 22.10.1996.

    (3) International Civil Aviation Organisation (ICAO).

    (4) European Civil Aviation Conference (ECAC).

    (5) International Air Transport Association (IATA).

    (6) Association of European Airlines (AEA).

    (7) Joint Aviation Requirement Operation (JAR OPS).

    (8) WSA-Stellungnahme zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie über die Befähigung von Flugbegleitern in der Zivilluftfahrt"ABl. C 214 vom 10.7.1998, S. 37.

    (9) WSA-Stellungnahme zur Liberalisierung Bodendienste: ABl. C 301 vom 13.11.1995, S. 28.

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