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Document 32002Q0328

    Interinstitutionelle Vereinbarung vom 28. November 2001 über die systematischere Neufassung von Rechtsakten

    ABl. C 77 vom 28.3.2002, p. 1–3 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (CS, ET, LV, LT, HU, MT, PL, SK, SL, BG, RO, HR)

    Legal status of the document In force

    32002Q0328

    Interinstitutionelle Vereinbarung vom 28. November 2001 über die systematischere Neufassung von Rechtsakten

    Amtsblatt Nr. C 077 vom 28/03/2002 S. 0001 - 0003


    Interinstitutionelle Vereinbarung

    vom 28. November 2001

    über die systematischere Neufassung von Rechtsakten

    (2002/C 77/01)

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Edinburgh im Dezember 1992 betont, wie wichtig es für die Gemeinschaft ist, die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften verständlicher zu gestalten und den Zugang zu ihnen zu verbessern.

    (2) Ausgehend von den vom Europäischen Rat festgelegten Leitlinien haben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission am 20. Dezember 1994 eine Interinstitutionelle Vereinbarung über ein beschleunigtes Arbeitsverfahren für die amtliche Kodifizierung von Rechtstexten(1) getroffen; die Kodifizierung ermöglicht eine wesentlich bessere Lesbarkeit von Rechtsakten, die häufig geändert worden sind.

    (3) Die Erfahrung zeigt indes, dass trotz des beschleunigten Verfahrens die Vorlage der Kommissionsvorschläge zur amtlichen Kodifizierung und die Verabschiedung der entsprechenden Kodifizierungsakte durch die Rechtsetzungsorgane sich häufig vor allem dadurch verzögern, dass inzwischen weitere Änderungen an dem betreffenden Rechtsakt vorgenommen worden sind, was zur Folge hat, dass mit den Arbeiten zur Kodifizierung von neuem begonnen werden muss.

    (4) Insbesondere für häufig geänderte Rechtsakte empfiehlt sich daher die Anwendung einer Rechtsetzungstechnik, mit der Rechtsakte mit einem einzigen Rechtstext zugleich geändert und kodifiziert werden können.

    (5) Die Technik der Neufassung erlaubt es im Falle einer wesentlichen Änderung eines Rechtsakts, mit einem einzigen Rechtstext zugleich die gewünschte Änderung vorzunehmen, diese Änderung zusammen mit den unveränderten Bestimmungen des bisherigen Rechtsakts zu kodifizieren und den bisherigen Rechtsakt aufzuheben.

    (6) Da durch die Technik der Neufassung somit die übermäßige Zunahme getrennter Änderungsakte vermieden wird, durch die die Regelungen oft schwer verständlich werden, ist sie ein geeignetes Mittel, um die Lesbarkeit der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften auf Dauer und umfassend zu gewährleisten.

    (7) Ein systematischerer Rückgriff auf die Technik der Neufassung zählt zu den Maßnahmen der Organe zur Verbesserung der Zugänglichkeit der Gemeinschaftsvorschriften; zu diesen Maßnahmen gehören beispielsweise die Einführung des beschleunigten Arbeitsverfahrens für die amtliche Kodifizierung und die Festlegung gemeinsamer Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften durch die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 22. Dezember 1998(2).

    (8) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Helsinki im Dezember 1999 den Wunsch geäußert, dass das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission möglichst bald eine Interinstitutionelle Vereinbarung über den Rückgriff auf die Technik der Neufassung treffen -

    VEREINBAREN FOLGENDES:

    1. Mit dieser Vereinbarung sollen die Modalitäten festgelegt werden, die im Rahmen des üblichen Rechtsetzungsverfahrens der Gemeinschaft einen systematischeren Rückgriff auf die Technik der Neufassung von Rechtsakten ermöglichen.

    2. Die Neufassung besteht in der Annahme eines neuen Rechtsakts, der in einem einzigen Text die inhaltlichen Änderungen, die an einem bisherigen Rechtsakt vorgenommen werden, und die unveränderten Bestimmungen dieses Rechtsakts zusammenfasst. Der neue Rechtsakt tritt an die Stelle des bisherigen Rechtsakts und hebt diesen auf.

    3. Gegenstand eines Kommissionsvorschlags für eine Neufassung sind die inhaltlichen Änderungen, die an einem bisherigen Rechtsakt vorgenommen werden. Der Vorschlag umfasst daneben die Kodifizierung der unveränderten Bestimmungen des bisherigen Rechtsakts und der genannten inhaltlichen Änderungen.

    4. Im Sinne dieser Vereinbarung bezeichnet der Ausdruck

    - "bisheriger Rechtsakt" einen geltenden Rechtsakt, der gegebenenfalls durch einen oder mehrere Änderungsakte geändert wurde;

    - "inhaltliche Änderung" jede Änderung, die - im Gegensatz zu rein formalen oder redaktionellen Anpassungen - den sachlichen Inhalt des bisherigen Rechtsakts betrifft;

    - "unveränderte Bestimmung" jede Bestimmung des bisherigen Rechtsakts, an der, auch wenn sie möglicherweise Gegenstand rein formaler oder redaktioneller Anpassungen ist, keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen werden.

    Nicht als Neufassung ist ein neuer Rechtsakt zu betrachten, durch den, mit Ausnahme der Standardbestimmungen oder -formulierungen, alle Bestimmungen des bisherigen Rechtsakts, den er ersetzt und aufhebt, inhaltlich geändert werden.

    5. Das übliche Rechtsetzungsverfahren der Gemeinschaft wird uneingeschränkt eingehalten.

    6. Der Vorschlag für eine Neufassung erfuellt die nachstehend genannten Anforderungen:

    a) In der dem Vorschlag beigefügten Begründung

    i) wird ausdrücklich angegeben, dass es sich um einen Vorschlag für eine Neufassung handelt, und es werden die Gründe genannt, aus denen eine Neufassung vorgeschlagen wird;

    ii) wird jede vorgeschlagene inhaltliche Änderung begründet;

    iii) werden die unveränderten Bestimmungen des bisherigen Rechtsakts genau angegeben.

    b) Die Methode für die Aufmachung des vorgeschlagenen Rechtstexts

    i) ermöglicht es, die inhaltlichen Änderungen und die neuen Erwägungsgründe von den unveränderten Bestimmungen und Erwägungsgründen eindeutig zu unterscheiden;

    ii) lehnt sich hinsichtlich der unveränderten Bestimmungen und Erwägungsgründe an die für Vorschläge zur amtlichen Kodifizierung von Rechtsakten angewandte Methode an.

    7. Um die Klarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten, werden bei der Neufassung von Rechtsakten unter anderem(3) folgende Regeln der Rechtsetzungstechnik eingehalten:

    a) Im ersten Erwägungsgrund wird angegeben, dass es sich bei dem neuen Rechtsakt um eine Neufassung des bisherigen Rechtsakts handelt.

    b) In dem Artikel über die Aufhebung des bisherigen Rechtsakts wird ausgeführt, dass die Bezugnahmen auf den bisherigen Rechtsakt als Bezugnahmen auf den Neufassungsakt gelten und nach Maßgabe einer dem Neufassungsakt beigefügten Entsprechungstabelle zu lesen sind.

    c) Für den Rechtsakt zur Neufassung einer Richtlinie gilt darüber hinaus:

    i) In dem Aufhebungsartikel wird bestimmt, dass die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die sich aus der Umsetzungsfrist(4) und gegebenenfalls der Anwendungsfrist der durch den Neufassungsakt aufgehobenen Richtlinie ergeben, durch diese Aufhebung nicht berührt werden.

    ii) Die unter Ziffer i) genannten Fristen werden in einem Anhang in Form einer Tabelle wiedergegeben.

    iii) Der Artikel über die Verpflichtung zur Umsetzung(5) einer neugefassten Richtlinie in das innerstaatliche Recht betrifft nur die inhaltlich geänderten Bestimmungen, die genau ausgewiesen werden. Die Umsetzung der Bestimmungen, die in der neugefassten Richtlinie unverändert bleiben, erfolgt nach Maßgabe der bisherigen Richtlinien.

    8. Sollte es sich im Laufe des Rechtsetzungsverfahrens als erforderlich erweisen, in den Neufassungsakt inhaltliche Änderungen der nach dem Vorschlag der Kommission unveränderten Bestimmungen aufzunehmen, so werden diese Änderungen nach dem im Vertrag vorgesehenen Verfahren gemäß der anwendbaren Rechtsgrundlage vorgenommen.

    9. Der Vorschlag für eine Neufassung wird von einer beratenden Gruppe geprüft, die sich aus den Juristischen Diensten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zusammensetzt. Diese Gruppe nimmt gegenüber dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission so bald wie möglich dazu Stellung, ob der Vorschlag tatsächlich keine anderen sachlichen Änderungen als die als solche ausgewiesenen enthält.

    10. Die vorliegende Vereinbarung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

    Sie gilt für alle Neufassungsvorschläge, die ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgelegt werden.

    Drei Jahre nach Inkrafttreten der vorliegenden Vereinbarung wird eine Bewertung vorgenommen. Zu diesem Zweck erstellen die Juristischen Dienste der Organe, die die Vereinbarung unterzeichnet haben, einen Bewertungsbericht und schlagen gegebenenfalls erforderliche Anpassungen vor.

    Geschehen zu Brüssel am achtundzwanzigsten November zweitausendundeins.

    Im Namen des Europäischen Parlaments

    Die Präsidentin

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    Im Namen des Rates

    Der Präsident

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    Im Namen der Kommission

    Der Präsident

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    (1) ABl. C 102 vom 4.4.1996, S. 2.

    (2) ABl. C 73 vom 17.3.1999, S. 1.

    (3) Siehe insbesondere die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 22. Dezember 1998 über die gemeinsamen Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften (ABl. C 73 vom 17.3.1999, S. 1).

    (4) D. h. die Frist für das Inkraftsetzen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um den Bestimmungen der Richtlinie nachzukommen.

    (5) D. h. die Verpflichtung, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um den Bestimmungen der Richtlinie nachzukommen.

    ERKLÄRUNGEN

    Gemeinsame Erklärung zu Nummer 2

    Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission stellen fest, dass eine Neufassung "vertikal" sein kann (der neue Rechtsakt ersetzt einen einzigen bisherigen Rechtsakt) oder "horizontal" (der neue Rechtsakt ersetzt mehrere parallele bisherige Rechtsakte, die dasselbe Sachgebiet betreffen).

    Gemeinsame Erklärung zu Nummer 4

    Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission kommen überein, dass in den Fällen, in denen durch eine einzelne Änderung innerhalb einer Bestimmung tatsächlich der Inhalt der betreffenden Bestimmung geändert wird, diese Bestimmung als vollständig geänderte Bestimmung ausgewiesen wird.

    Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Nummer 6 Buchstabe b)

    Das Europäische Parlament und der Rat nehmen zur Kenntnis, dass die Kommission beabsichtigt, inhaltliche Änderungen und neue Erwägungsgründe in den von ihr vorgelegten "KOM-Dokumenten" durch Grauschattierung des Schriftbilds auszuweisen.

    Gemeinsame Erklärung zu Nummer 9

    Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission stellen fest, dass im Hinblick auf die reibungslose Durchführung dieser Vereinbarung vor allem dafür zu sorgen ist, dass ihre Juristischen Dienste über ausreichend Personal verfügen, damit die Zahl ihrer Vertreter in der beratenden Gruppe eine zügige Prüfung der Neufassungsvorschläge der Kommission ermöglicht und den Organen somit so bald wie möglich eine Stellungnahme übermittelt werden kann.

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