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Document 62022CJ0088

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 19. Oktober 2023.
QB gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Anhang VII des Statuts der Beamten der Europäischen Union – Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich – Bedienstete auf Zeit – Dienstbezüge – Auslandszulage – Voraussetzungen für die Gewährung – Hauptberufliche Tätigkeit – Dienst für einen anderen Staat.
Rechtssache C-88/22 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:792

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

19. Oktober 2023 ( *1 )

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Anhang VII des Statuts der Beamten der Europäischen Union – Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich – Bedienstete auf Zeit – Dienstbezüge – Auslandszulage – Voraussetzungen für die Gewährung – Hauptberufliche Tätigkeit – Dienst für einen anderen Staat“

In der Rechtssache C‑88/22 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 8. Februar 2022,

QB, zunächst vertreten durch R. Wardyn, Radca prawny, dann durch K. Staszkiewicz, Avocate,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch T. S. Bohr und A.‑C. Simon als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters J.‑C. Bonichot in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, des Richters S. Rodin und der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. Mai 2023

folgendes

Urteil

1

Mit seinem Rechtsmittel beantragt QB, ein Bediensteter auf Zeit der Europäischen Kommission, die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Dezember 2021, QB/Kommission (T‑71/21, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:868), mit dem das Gericht seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung des Amts für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) der Kommission vom 6. April 2020, mit der dieses ihm die Auslandszulage versagte (im Folgenden: streitige Entscheidung), abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2

Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Union in der auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„Eine Auslandszulage in Höhe von 16 v. H. des Gesamtbetrags des Grundgehalts sowie der Haushaltszulage und der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, die dem Beamten gezahlt werden, wird gewährt:

a)

Beamten, die

die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben

und

während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben. Bei Anwendung dieser Vorschrift bleibt die Lage unberücksichtigt, die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt.

…“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

3

Das Gericht legte die Vorgeschichte des Rechtsstreits in den Rn. 3 bis 13 des angefochtenen Urteils wie folgt dar:

„3

Das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (im Folgenden: EJTN) ist eine gemeinnützige internationale Vereinigung nach belgischem Recht, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und ihren Sitz in Brüssel (Belgien) hat. Es bezweckt die Entwicklung von Fortbildungsprogrammen mit europäischer Dimension für die Mitglieder und das Personal der Gerichtsbarkeiten. Mitglieder des EJTN können diejenigen Organe der Mitgliedstaaten sein, die für die Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten verantwortlich oder an der juristischen Fortbildung auf Unionsebene beteiligt sind.

4

Ab 2005 übte der Rechtsmittelführer polnischer Staatsangehörigkeit, QB, das Amt eines Richters in einem Rayongericht in Polen aus.

5

Ab März 2009 war der Rechtsmittelführer infolge einer Entscheidung des polnischen Justizministeriums an die Krajowa Szkoła Sądownictwa i Prokuratury (Staatliche Schule für Justiz und Staatsanwaltschaft, im Folgenden: KSSiP) abgeordnet. Letztere ist eine durch ein Gesetz geschaffene Zentralorganisation des Staates, die die Ausbildung der Mitglieder der ordentlichen Gerichte und der Staatsanwaltschaft in Polen sicherstellen soll.

6

Im Dezember 2013 schlossen das polnische Justizministerium und das EJTN eine Vereinbarung, in der dem von der KSSiP abgeordneten Rechtsmittelführer die Aufgaben des Generalsekretärs des EJTN übertragen wurden. Betreffend den Ort der Ausübung der Tätigkeit war vorgesehen, dass die Anwesenheit des Rechtsmittelführers nicht nur am Sitz der KSSiP in Polen, sondern auch in den Räumlichkeiten des EJTN in Brüssel und an jedem anderen Ort erforderlich wäre, an dem die Tätigkeiten des EJTN stattfänden oder an dem die Anwesenheit des Rechtsmittelführers als im Interesse des EJTN liegend angesehen würde.

7

Vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2019 war der Rechtsmittelführer außerdem als leitender Experte im Internationalen Zentrum für Zusammenarbeit der KSSiP tätig. Er war damit betraut, die ordnungsgemäße Zusammenarbeit und die Durchführung der sich aus dem Beitritt der KSSiP zum EJTN ergebenden Tätigkeiten sicherzustellen.

8

Der Rechtsmittelführer lebte vom 1. Januar 2014 bis zum 30. Juni 2019 mit seiner Familie in Brüssel. Nach Ablauf seines Mandats für das EJTN im Juni 2019 kehrten der Rechtsmittelführer und seine Familie nach Polen zurück.

9

Der Rechtsmittelführer trat am 1. Januar 2020 als Bediensteter auf Zeit in den Dienst der … Kommission ein.

10

Mit [der streitigen Entscheidung] gewährte das Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) dem Rechtsmittelführer nach dem Dienstantritt bei der Kommission die Expatriierungszulage, nicht aber die Auslandszulage.

13

Mit Entscheidung vom 3. November 2020 (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde) wies die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde … der Kommission [die] Beschwerde [des Rechtsmittelführers gegen die streitige Entscheidung] zurück. Sie stellte klar, dass sich der Bezugszeitraum von fünf Jahren vor Dienstantritt des Rechtsmittelführers bei der Kommission [(im Folgenden: Bezugszeitraum)] vom 1. Juli 2014 bis zum 30. Juni 2019 erstreckt habe. Während dieses gesamten Zeitraums habe der Rechtsmittelführer die Aufgaben des Generalsekretärs des EJTN in Brüssel ausgeübt. Der Rechtsmittelführer bestreite nicht die Schlussfolgerung des PMO, dass das EJTN nicht als eine internationale Organisation im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts angesehen werden könne. Der Rechtsmittelführer sei zwar im Bezugszeitraum den Anweisungen seiner Vorgesetzten der KSSiP unterworfen geblieben, aber dennoch durch eine eigenständige rechtliche Beziehung mit dem EJTN verbunden gewesen. Da der Rechtsmittelführer nicht in die Ständige Vertretung des polnischen Staates in Belgien eingegliedert gewesen sei, könne die Ausübung der Aufgaben des Generalsekretärs des EJTN nicht als Dienst für den polnischen Staat im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts angesehen werden, so dass seine hauptberufliche Tätigkeit während des Bezugszeitraums in Belgien ausgeübt worden sei. Da die Auslandszulage allein aufgrund des Kriteriums des Ortes der Ausübung der Haupttätigkeit verweigert werden könne, brauche das Kriterium des ständigen Wohnsitzes nicht geprüft zu werden.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

4

Mit Klageschrift, die am 2. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob QB Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

5

QB stützte seine Klage auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund machte er eine Verletzung der Begründungspflicht geltend. Mit dem zweiten Klagegrund warf er der Kommission einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts vor, bezogen auf, erstens, die Bestimmung seines ständigen Wohnsitzes während des Bezugszeitraums, zweitens, die Bestimmung seiner hauptberuflichen Tätigkeit während dieses Zeitraums und des Ortes ihrer Ausübung und, drittens, die Anwendbarkeit der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahme auf den „Dienst für einen anderen Staat“. Mit dem dritten Klagegrund machte er einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Anwendung der Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage geltend.

6

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht die Klage in vollem Umfang ab.

Anträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren

7

Mit seinem Rechtsmittel beantragt QB,

das angefochtene Urteil aufzuheben,

die streitige Entscheidung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde für nichtig zu erklären,

hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen, und

der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

8

Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und QB zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Zum Rechtsmittel

9

Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf zwei Gründe, mit denen er Rechtsfehler des Gerichts bei der Auslegung und Anwendung der Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts rügt.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

10

Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt zu haben, indem es in den Rn. 63 bis 74 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die hauptberufliche Tätigkeit des Rechtsmittelführers im Bezugszeitraum die des Generalsekretärs des EJTN gewesen sei und dass sich der Ort der Ausübung dieser Tätigkeit in Brüssel befunden habe.

11

Insoweit bestreitet der Rechtsmittelführer nicht, dass er während des Bezugszeitraums die Aufgaben des Generalsekretärs des EJTN ausgeübt hat, dass er in dieser Funktion eine Vielzahl an Verwaltungs- und Repräsentationsaufgaben mit weitreichender Verantwortung wahrgenommen hat und dass seine Anwesenheit nicht nur bei der KSSiP, sondern auch in den Geschäftsräumen des EJTN in Brüssel erforderlich war.

12

Er ist jedoch der Ansicht, dass seine hauptberufliche Tätigkeit während dieses gesamten Zeitraums immer noch die eines an die KSSiP in Polen abgeordneten Richters gewesen sei.

13

Insbesondere macht er erstens geltend, dass er die Aufgaben und Funktionen für das EJTN im Auftrag der KSSiP wahrgenommen habe, da Letztere die Aufgabe habe, die polnische Justiz zu bilden, und einer der Hauptbegünstigten des Bildungsangebots des EJTN sei.

14

Zweitens macht der Rechtsmittelführer geltend, dass alle Tätigkeiten des EJTN zugunsten der Justizorgane der Mitgliedstaaten ausgeübt würden und dass das EJTN als eine Gruppierung dieser nationalen Organe anzusehen sei, was durch die fehlende Rechtspersönlichkeit des EJTN bestätigt werde.

15

Drittens sähen die Satzung und die Geschäftsordnung des EJTN weder ein Arbeitsverhältnis noch eine sonstige rechtliche Beziehung zwischen dem EJTN und dem nationalen Richter, der die Aufgaben des Generalsekretärs ausübe, vor. Dies ergebe sich auch aus der Vereinbarung zwischen dem EJTN und dem polnischen Justizministerium, in der es heiße, dass zwischen dem Rechtsmittelführer und dem EJTN keine rechtliche Beziehung bestehe.

16

Viertens ergebe sich aus der auf das Urteil vom 21. Juni 2007, Kommission/Hosman-Chevalier (C‑424/05 P, EU:C:2007:367, Rn. 42), zurückgehenden Rechtsprechung, dass die „vorgesetzte Behörde“ ein relevanter Gesichtspunkt sei, wenn bestimmt werde, für wen eine Person im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts Dienst geleistet habe. Während des gesamten Bezugszeitraums habe er seinen Status als Richter behalten und sei somit ein der KSSiP unterstehender Angestellter des polnischen Staates geblieben. Er habe daher die Aufgaben und Funktionen des Generalsekretärs des EJTN als an die KSSiP abgeordneter Richter im Einklang mit den Grundsätzen der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit ausgeübt, die es den Richtern verböten, eine Parallelbeschäftigung auszuüben oder eine rechtliche Beziehung ähnlicher Art einzugehen.

17

In seiner Erwiderung bestreitet der Rechtsmittelführer außerdem, dass er vom EJTN für seine in seiner Eigenschaft als Generalsekretär erbrachten Dienste vergütet worden sei, und macht geltend, dass er während des gesamten Bezugszeitraums ausschließlich vom polnischen Staat, seinem einzigen Arbeitgeber de iure, bezahlt worden sei.

18

Insoweit trägt der Rechtsmittelführer insbesondere zum einen vor, dass die Generalsekretäre des EJTN weiterhin ihr jeweiliges nationales Gehalt erhielten, wobei dieses Gehalt den jeweiligen nationalen Behörden vom EJTN bis zu einer jährlichen Obergrenze erstattet werde, die nicht zwangsläufig dem gesamten Gehalt entspreche. Zum anderen betont er, dass nur die Wohnkosten der Generalsekretäre in Brüssel vom EJTN übernommen würden, nicht aber andere Sachleistungen, die dem Personal des EJTN gewährt würden, was beweise, dass die Generalsekretäre nicht beim EJTN beschäftigt seien.

19

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

20

Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird ein Rechtsfehler gerügt, den das Gericht bei der Auslegung und Anwendung der Kriterien für die Bestimmung der hauptberuflichen Tätigkeit der betroffenen Person und des Ortes der Ausübung dieser Tätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts begangen haben soll, als es in den Rn. 63 bis 74 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die hauptberufliche Tätigkeit des Rechtsmittelführers im Bezugszeitraum die des Generalsekretärs des EJTN gewesen sei und dass sich der Ort ihrer Ausübung in Brüssel befunden habe.

21

Nach dieser Bestimmung wird die Auslandszulage Beamten gewährt, die die beiden Voraussetzungen, die in dieser Bestimmung genannt sind, erfüllen, und zwar erstens, die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben (im Folgenden: Dienststaat), nicht zu besitzen und nicht besessen zu haben, und zweitens, während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Bezugszeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt zu haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2022, Brown/Kommission und Rat, C‑675/20 P, EU:C:2022:686, Rn. 37 und 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). In dieser Vorschrift wird jedoch klargestellt, dass die Lage, die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt, für die Anwendung der zweiten Voraussetzung unberücksichtigt bleibt.

22

Mangels einer Definition des Begriffs „hauptberufliche Tätigkeit“ im Statut ist seine Bedeutung und die Tragweite entsprechend dem üblichen Sinn dieses Begriffs im gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem er verwendet wird, und der mit der Regelung, zu der er gehört, verfolgten Ziele zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2023, Kommission/Slowakei (Recht auf kostenfreien Rücktritt), C‑540/21, EU:C:2023:450, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „hauptberufliche Tätigkeit“ nach seinem üblichen Sinn im gewöhnlichen Sprachgebrauch jede entgeltliche und regelmäßige Tätigkeit bezeichnet, unabhängig davon, ob sie privat oder öffentlich, als Arbeitnehmer oder Selbstständiger ausgeübt wird, die gegenüber jeder anderen Tätigkeit, die die betreffende Person möglicherweise ausübt, überwiegt.

24

Damit eine Tätigkeit unter diesen Begriff fällt, ist es, wie die Generalanwältin in Nr. 46 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, somit unerlässlich, dass diese Person den größten Teil ihrer Arbeitszeit für diese Tätigkeit aufwendet und daraus den größten Teil ihrer beruflichen Einkünfte erzielt. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass sie im Rahmen eines statutarischen oder vertraglichen Arbeitsverhältnisses ausgeübt wird, das die betreffende Person speziell an die Einrichtung bindet, für die diese Tätigkeit ausgeübt wird.

25

Zum Zusammenhang, in den sich der Begriff „hauptberufliche Tätigkeit“ einfügt, und zwar insbesondere Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts, ist zum einen festzustellen, dass die hauptberufliche Tätigkeit für diese Bestimmung nur insoweit relevant ist, als sie „ständig“ und „in dem europäischen Hoheitsgebiet“ des Dienststaats ausgeübt wurde. Demnach kommt es für die Einstufung einer bestimmten Arbeit als hauptberufliche Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung vor allem auf die tatsächlichen Umstände an, anhand deren sich feststellen lässt, ob die Tätigkeit dauerhaft und ununterbrochen verrichtet wurde und wo sie ausgeübt wurde, wie etwa die Aufteilung der Arbeitszeit der betreffenden Person während des Bezugszeitraums und der Ort, an dem diese Person diese Arbeitszeit tatsächlich zu verbringen hatte.

26

Zum anderen stellt sich erst nach Bestimmung der von der betreffenden Person ausgeübten hauptberuflichen Tätigkeit die Frage, ob diese Tätigkeit als „Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation“ im Sinne dieser Vorschrift eingestuft werden kann, und erst dann wird die etwaige Ermittlung der Einrichtung, für die sie ausgeübt wird, relevant. Daraus folgt, dass die Endbegünstigten dieser Tätigkeit und die Einrichtungen, für die sie möglicherweise ausgeübt wurde, für die Feststellung der hauptberuflichen Tätigkeit der betreffenden Person oder des Ortes ihrer Ausübung unerheblich sind.

27

Eine solche wörtliche und systematische Auslegung des Begriffs „hauptberufliche Tätigkeit“ wird durch die in Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts verfolgten Ziele bestätigt. Der Gerichtshof hat nämlich wiederholt entschieden, dass die Auslandszulage die besonderen Belastungen und Nachteile ausgleichen soll, die der Dienstantritt bei den Organen der Union für die Beamten mit sich bringt, die hierdurch gezwungen sind, von ihrem Wohnstaat in den Dienststaat umzuziehen und sich in eine neue Umgebung zu integrieren. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage vorliegen, hängt auch von der subjektiven Situation des Beamten ab, nämlich vom Grad seiner Integration in seine neue Umgebung, wie er sich aus seinem ständigen Wohnsitz oder den Merkmalen der ausgeübten hauptberuflichen Tätigkeit ergibt. Durch die Auslandszulage sollen somit die faktischen Ungleichheiten ausgeglichen werden, die zwischen Beamten, die in die Gesellschaft des Dienststaats integriert sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. März 2021, Alvarez y Bejarano u. a./Kommission, C‑517/19 P und C‑518/19 P, EU:C:2021:240, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Daraus folgt, wie die Generalanwältin in den Nrn. 49 und 50 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, dass für die Feststellung, ob die betreffende Person im Bezugszeitraum ihre hauptberufliche Tätigkeit im Dienststaat ausgeübt hat, so dass sie grundsätzlich als in die Gesellschaft dieses Staates integriert anzusehen ist und daher nicht in den Genuss der Auslandszulage kommen kann, faktische Elemente zu berücksichtigen sind, die sich auf ihre Integration in diese Gesellschaft auswirken können, und nicht formelle, mit dem rechtlichen oder vertraglichen Status der betreffenden Person zusammenhängende Umstände. Zu diesen faktischen Elementen gehören insbesondere der hauptsächliche Ort, an dem die mit einer solchen beruflichen Tätigkeit verbundenen Aufgaben tatsächlich ausgeübt werden, die für diese Tätigkeit aufgewendete Arbeitszeit und die Höhe des dafür bezogenen Gehalts, auch in Form etwaiger Sachleistungen, die zum Erfordernis der Anwesenheit am Arbeitsplatz passen.

29

Allerdings ist hinzuweisen, dass nach Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. Allein das Gericht ist für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Somit ist die Würdigung der Tatsachen und Beweise, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2023, Lietuvos geležinkeliai/Kommission, C‑42/21 P, EU:C:2023:12, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelführer keine Verfälschung der in den Rn. 63 bis 66 des angefochtenen Urteils dargelegten Begründung geltend gemacht. Darin stellte das Gericht im Wesentlichen fest, dass sich aus der Vereinbarung zwischen dem polnischen Justizministerium und dem EJTN ergebe, dass der Rechtsmittelführer Verwaltungsaufgaben und die Vertretung nach außen wahrnehmen müsse, die verlangten, dass er einen Großteil seiner Arbeitszeit in den Räumlichkeiten des Sekretariats des EJTN in Brüssel verbringen müsse. Zudem wies das Gericht dort darauf hin, dass der Rechtsmittelführer in seiner Funktion als Generalsekretär zum einen ein beachtliches Gehalt bezogen habe, dessen Höhe es ausschließe, dass diese Funktion vom Rechtsmittelführer als eine nebenberufliche Tätigkeit zu seinem Richteramt in Polen ausgeübt worden sein könne, und dass ihm zum anderen Sachleistungen gewährt worden seien, die dazu passten, dass er in Brüssel habe anwesend sein müssen, u. a. die Nutzung einer Dienstwohnung, in der der Rechtsmittelführer während des gesamten Bezugszeitraums mit seiner Familie gelebt habe. Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das Amt des Generalsekretärs des EJTN ein Amt mit wichtigen Aufgaben und Verpflichtungen ist.

31

Zur Stützung seines ersten Rechtsmittelgrundes beruft sich der Rechtsmittelführer erstens darauf, dass die Aufgaben und Funktionen, die er für das EJTN in seiner Eigenschaft als Generalsekretär wahrgenommen habe, im Auftrag der KSSiP als der Begünstigten des Bildungsangebots des EJTN durchgeführt bzw. ausgeübt worden seien, und dass alle Tätigkeiten des EJTN zugunsten der Einrichtungen für juristische Fortbildung der Mitgliedstaaten ausgeübt würden.

32

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, da, wie in Rn. 26 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Ermittlung der Endbegünstigten der beruflichen Tätigkeit der betreffenden Person für die Feststellung, ob diese Tätigkeit ihre hauptberufliche Tätigkeit darstellt, ebenso unerheblich ist wie für die Bestimmung des Ortes, an dem sie ausgeübt wird.

33

Zweitens beruft sich der Rechtsmittelführer auf das Fehlen eines Arbeitsverhältnisses oder einer anderen rechtlichen Beziehung zwischen ihm und dem EJTN. Wie jedoch in den Rn. 23, 24 und 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist es, damit eine Tätigkeit als „hauptberufliche Tätigkeit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts angesehen werden kann, nicht erforderlich, dass sie Gegenstand eines Arbeitsverhältnisses zwischen der betreffenden Person und der Einrichtung ist, für die diese Tätigkeit ausgeübt wird, sofern die Tätigkeit zum einen von dieser Person regelmäßig und entgeltlich ausgeübt wird und diese Person zum anderen den größten Teil ihrer Arbeitszeit dafür aufwendet und aus dieser Tätigkeit den größten Teil ihrer beruflichen Einkünfte erzielt.

34

Im vorliegenden Fall geht aus den in Rn. 30 des vorliegenden Urteils angeführten, im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen des Gerichts hervor, dass es sich zum einen bei der Tätigkeit als Generalsekretär des EJTN um eine Arbeitstätigkeit handelte, die der Rechtsmittelführer in Durchführung einer Vereinbarung zwischen seinem Arbeitgeber, nämlich dem polnischen Justizministerium, und dem EJTN regelmäßig und entgeltlich ausübte, und dass zum anderen der Rechtsmittelführer einen Großteil seiner Arbeitszeit für diese Tätigkeit aufwandte, und zwar für ein Gehalt, dessen Höhe die nebenberufliche Ausübung dieser Tätigkeit ausschloss.

35

Drittens wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, bei der Bestimmung seiner hauptberuflichen Tätigkeit das Kriterium der vorgesetzten Behörde nicht berücksichtigt zu haben, das sich aus der auf das Urteil vom 21. Juni 2007, Kommission/Hosman-Chevalier (C‑424/05 P, EU:C:2007:367, Rn. 42), zurückgehenden Rechtsprechung des Gerichtshofs und aus seinem Status als nationaler Richter ergebe.

36

Dieses Vorbringen beruht jedoch auf einem falschen Verständnis dieser Rechtsprechung. Der Gerichtshof hat nämlich nur im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob die berufliche Tätigkeit, um die es in der Rechtssache ging, in der dieses Urteil ergangen ist, als „Dienst für einen anderen Staat“ eingestuft werden konnte, das Bestehen eines hierarchischen Verhältnisses zwischen der betreffenden Person und der Einrichtung, für die diese Tätigkeit ausgeübt worden war, berücksichtigt. Wie in Rn. 26 des vorliegenden Urteils ausgeführt, erfolgt diese Beurteilung aber erst, nachdem bestimmt wurde, dass es sich bei einer solchen beruflichen Tätigkeit um eine Haupttätigkeit handelt.

37

Ebenso ist zu dem Umstand, dass der Rechtsmittelführer seinen Status als nationaler Richter behalten und somit seine Aufgaben als Generalsekretär des EJTN als an die KSSiP abgeordneter Richter ausgeübt haben will, darauf hinzuweisen, dass dies, wie die Generalanwältin in Nr. 59 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, allenfalls für die Frage relevant sein könnte, ob eine solche berufliche Tätigkeit im Auftrag des polnischen Staates ausgeübt wurde. Aus den gleichen Gründen wie in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils hat dieser Umstand daher weder eine Auswirkung darauf, ob es sich bei dieser Tätigkeit um eine Haupttätigkeit handelt, noch auf die Bestimmung des Ortes ihrer Ausübung.

38

Viertens und letztens beruht das Vorbringen, das sich gegen die Beurteilung richtet, der Rechtsmittelführer sei vom EJTN für seine in seiner Eigenschaft als Generalsekretär erbrachten Dienste bezahlt worden, jedenfalls auch auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils. In Rn. 66 dieses Urteils stellte das Gericht nämlich nicht fest, dass der Rechtsmittelführer vom EJTN bezahlt wurde, sondern, dass sein Gehalt letztlich vom EJTN bis zu einem beträchtlichen Höchstbetrag übernommen wurde.

39

Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

40

Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, in den Rn. 79 bis 82 des angefochtenen Urteils den Begriff „Dienst für einen anderen Staat“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts rechtsfehlerhaft ausgelegt zu haben.

41

Zum einen trägt der Rechtsmittelführer vor, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass dieser Begriff nur den Dienst bei der Ständigen Vertretung eines Staates erfasse. Hierzu macht der Rechtsmittelführer zunächst geltend, dass eine solche enge Auslegung dieses Begriffs von der Rechtsprechung des Gerichts abweiche, wonach sich die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme auf alle Situationen beziehe, die sich aus dem Dienst für diesen Staat oder diese internationale Organisation ergäben, sofern der Betroffene unmittelbare rechtliche Beziehungen zu dem betreffenden Staat oder der betreffenden internationalen Organisation gehabt habe.

42

Sodann ist der Rechtsmittelführer der Ansicht, dass die Rechtsprechung, auf die das Gericht im angefochtenen Urteil diese enge Auslegung gestützt habe, auf die vorliegende Rechtssache nicht anwendbar sei. Diese Rechtsprechung betreffe nämlich entweder Personen, die nur wegen ihrer Ehegatten, die Diplomaten der Mitgliedstaaten seien, vom Diplomatenstatus profitierten und die aufgrund einer rechtlichen Beziehung zu belgischen Einrichtungen keine unmittelbare Beziehung zu ihrem Herkunftsstaat hätten, oder Personen, die für eine politische Untereinheit eines Staates und nicht für dessen Zentralverwaltung arbeiteten.

43

Schließlich könne – in Anbetracht des Grundsatzes der Gewaltenteilung, der sich insbesondere aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergebe – kein Mitglied der Judikative in eine Ständige Vertretung eines Mitgliedstaats eingegliedert sein, da diese zur Exekutive gehöre. Indem das Gericht den Begriff „Dienst für einen anderen Staat“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts dahin ausgelegt habe, dass er nur den Dienst bei einer Ständigen Vertretung eines Staates erfasse, habe es daher zu Unrecht jedes Mitglied der Judikative von der Inanspruchnahme dieser Ausnahme ausgeschlossen.

44

Zum anderen führt der Rechtsmittelführer aus, das Gericht habe dadurch gegen diese Bestimmung verstoßen, dass es seinen Status als nationaler Richter und seine für die KSSiP geleistete Arbeit nicht berücksichtigt habe. Der Rechtsmittelführer verweist insoweit auf die im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes entwickelten Argumente, um geltend zu machen, dass er durch die Wahrnehmung der Aufgaben und Funktionen des Generalsekretärs des EJTN die ihm von der KSSiP übertragenen Aufgaben ausgeführt habe.

45

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

46

Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund beanstandet der Rechtsmittelführer die Auslegung des Begriffs „Dienst für einen anderen Staat“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts und macht geltend, das Gericht habe zum einen zu Unrecht entschieden, dass dieser Begriff nur den Dienst bei einer Ständigen Vertretung eines Staates erfasse, und zum anderen seinen Status als nationaler Richter und seine für die KSSiP geleistete Arbeit nicht berücksichtigt.

47

Um die Bedeutung des Begriffs „Dienst für einen anderen Staat“ zu ermitteln, ist dieser Begriff nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in seiner Gesamtheit zu betrachten und nach Maßgabe der Systematik und der Ziele der Regelung auszulegen, deren Teil er ist (Urteil vom 29. November 2007, Salvador García/Kommission, C‑7/06 P, EU:C:2007:724, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48

Insoweit hat der Gerichtshof festgestellt, dass, wie in Rn. 27 des vorliegenden Urteils ausgeführt, durch die Auslandszulage die faktischen Ungleichheiten ausgeglichen werden sollen, die zwischen Beamten, die in diese Gesellschaft integriert sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, bestehen. Der Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation hat aber zur Folge, dass das spezifische Band des Betreffenden zu diesem anderen Staat oder dieser internationalen Organisation bestehen bleibt, und verhindert so, dass ein dauerhaftes Band zum Dienststaat geknüpft wird und es dadurch zu einer hinreichenden Integration des Betreffenden in die Gesellschaft dieses Staates kommt. In diesem Zusammenhang befindet sich auch ein Beamter in einer die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage erfüllenden Situation, der während des Bezugszeitraums im europäischen Hoheitsgebiet des Dienststaates seinen Wohnsitz gehabt oder eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat, um im Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation zu stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. November 2007, Salvador García/Kommission, C‑7/06 P, EU:C:2007:724, Rn. 43 bis 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49

So hat der Gerichtshof entschieden, dass sich jede Person, bei der aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den Strukturen eines anderen Staates oder einer internationalen Organisation im Dienststaat während des Bezugszeitraums davon auszugehen ist, dass sie im Dienst dieses anderen Staates oder dieser internationalen Organisation gestanden hat, in einer Situation befindet, die die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts erfüllt, und zwar unabhängig davon, welche Funktionen sie ausgeübt hat und ob eine unmittelbare rechtliche Beziehung zu diesem anderen Staat oder dieser internationalen Organisation bestanden hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Januar 1981, Vutera/Kommission, 1322/79, EU:C:1981:6, Rn. 8, und vom 21. Juni 2007, Kommission/Hosman-Chevalier, C‑424/05 P, EU:C:2007:367, Rn. 41, 44 und 45).

50

Der Gerichtshof hat außerdem klargestellt, dass, da der Begriff „Dienst für einen anderen Staat“ im Sinne dieser Bestimmung auch den Dienst für einen Drittstaat erfasst, für seine Auslegung das Völkerrecht heranzuziehen ist, das die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten regelt. Auch wenn sich die innerstaatliche Kompetenzverteilung je nach dem institutionellen Aufbau der einzelnen Staaten unterscheidet, ist unter einem Staat im Völkerrecht ein einheitliches Rechtssubjekt zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. November 2007, Salvador García/Kommission, C‑7/06 P, EU:C:2007:724, Rn. 47 bis 49).

51

Nach dieser Konzeption werden die anderen Staaten im Dienststaat der betreffenden Person durch ein einheitliches System der diplomatischen Vertretung vertreten, das ein Reflex der Einheitlichkeit dieser anderen Staaten auf internationaler Ebene ist und die Botschaften, diplomatischen Missionen sowie die Ständigen Vertretungen bei den internationalen Organisationen umfasst (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juni 2007, Kommission/Hosman-Chevalier, C‑424/05 P, EU:C:2007:367, Rn. 39, und vom 29. November 2007, Salvador García/Kommission, C‑7/06 P, EU:C:2007:724, Rn. 49).

52

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden, dass zwar nicht nur dann davon ausgegangen werden kann, dass eine Person, die ihre hauptberufliche Tätigkeit während des Bezugszeitraums in der Vertretung einer politischen Untereinheit eines Mitgliedstaats bei den Organen der Union in Brüssel ausgeübt hat, im Dienst für „einen anderen Staat“ gestanden hat, wenn sie bei der Zentralverwaltung dieses anderen Staates beschäftigt war, dass aber ihre funktionelle Eingliederung in die Ständige Vertretung bei der Europäischen Union dieses anderen Staates während dieses Zeitraums ein entscheidender Gesichtspunkt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. November 2007, Salvador García/Kommission, C‑7/06 P, EU:C:2007:724, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53

Der Gerichtshof hat nämlich ausgeführt, dass der besondere Status als Mitglied des Personals einer Ständigen Vertretung, der es u. a ermöglicht, in den Genuss verschiedener Vorrechte und Befreiungen nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 zu gelangen, ein spezifisches Band zu dem fraglichen Mitgliedstaat begründet, und als solcher ein Hindernis dafür errichtet, dass die betreffende Person ein dauerhaftes Band zum Dienststaat knüpfen und sich damit hinreichend in die Gesellschaft dieses Staates integrieren kann (Urteil vom 29. November 2007, Salvador García/Kommission, C‑7/06 P, EU:C:2007:724, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54

Im angefochtenen Urteil entschied das Gericht in Rn. 82, nachdem es in den Rn. 78 bis 80 auf den Kern der in den Rn. 50 bis 52 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hingewiesen hatte, dass der Dienst, den der Rechtsmittelführer in seiner Eigenschaft als Generalsekretär für das EJTN geleistet habe, insbesondere deshalb nicht unter den Begriff „Dienst für einen anderen Staat“ falle, weil das EJTN eine gemeinnützige internationale Vereinigung belgischen Rechts sei, „die nicht in eine Ständige Vertretung eines Mitgliedstaats eingegliedert ist“.

55

Indem das Gericht nicht geprüft hat, ob der Rechtsmittelführer selbst seine hauptberufliche Tätigkeit als Generalsekretär des EJTN in einer diplomatischen Vertretung eines anderen Staates im Dienststaat und damit im Dienst dieses anderen Staates im Sinne der in den Rn. 48 bis 51 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ausgeübt hat, hat es mit dieser Entscheidung einen Rechtsfehler begangen.

56

Allerdings kann eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen; die Begründung ist dann durch eine andere zu ersetzen (Urteil vom 17. Januar 2023, Spanien/Kommission, C‑632/20 P, EU:C:2023:28, Rn. 48).

57

Daher ist zu prüfen, ob das Gericht in Rn. 83 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Ausnahme des „Dienst[es] für einen anderen Staat“ nicht für die Arbeit des Rechtsmittelführers für das EJTN gilt.

58

Insoweit geht aus den Ausführungen in den Rn. 3, 64 bis 66 und 73 des angefochtenen Urteils, die vom Rechtsmittelführer nicht beanstandet worden sind, hervor, dass das EJTN eine gemeinnützige internationale Vereinigung belgischen Rechts ist, deren Mitglieder die für die juristische Fortbildung verantwortlichen Organe der Mitgliedstaaten der Union sind und deren Zweck die Entwicklung von Fortbildungsprogrammen für die nationalen Gerichte ist; dass die vom Rechtsmittelführer ausgeübte Tätigkeit als Generalsekretär des EJTN in der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben und der Vertretung dieser Vereinigung nach außen bestand; dass der Rechtsmittelführer als Generalsekretär des EJTN eine Dienstwohnung in Brüssel nutzen durfte, dass er aber, wie er selbst einräumt, weder einen anderen Vorteil noch Vorrechte oder Befreiungen in Anspruch genommen hat; dass er schließlich in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der Kontrollbefugnis des Lenkungsausschusses des EJTN unterstand, der befugt war, ihn zu suspendieren und der Hauptversammlung dieser Vereinigung die Beendigung seines Mandats vorzuschlagen.

59

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Rechtsmittelführer seine hauptberufliche Tätigkeit als Generalsekretär des EJTN nicht bei einer diplomatischen Vertretung eines anderen Staates im Dienststaat und damit im Dienst dieses anderen Staates im Sinne der in den Rn. 48 bis 51 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ausgeübt hat, und im Übrigen auch nicht bei einem anderen Organ, das die Interessen dieses anderen Staates im Dienststaat vertritt.

60

Der Umstand, dass der Rechtsmittelführer während des Bezugszeitraums ein an die KSSiP abgeordneter nationaler Richter war, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. Wie in Rn. 49 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist nämlich das Bestehen einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung mit einem anderen Staat als dem Dienststaat – über die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannten Fälle hinaus – für sich genommen nicht als Nachweis dafür geeignet, dass die hauptberufliche Tätigkeit der betreffenden Person während des Bezugszeitraums im Dienst dieses anderen Staates ausgeübt wurde.

61

Folglich ist das Gericht in Rn. 83 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Ausnahme des „Dienst[es] für einen anderen Staat“ nicht auf die vom Rechtsmittelführer während des Bezugszeitraums ausgeübte hauptberufliche Tätigkeit anwendbar war.

62

Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

63

Nach alledem ist das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen.

Kosten

64

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

65

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

66

Da QB im vorliegenden Fall unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

QB trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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