Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52023AB0002

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 16. Januar 2023 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung) (EZB/2023/2) 2023/C 89/01

CON/2023/2

ABl. C 89 vom 10/03/2023, p. 1–6 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

10.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 89/1


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 16. Januar 2023

zu einem Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung)

(EZB/2023/2)

(2023/C 89/01)

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 15. Dezember 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (1) (im Folgenden der „Richtlinienvorschlag“).

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat beschlossen, auf eigene Initiative eine Stellungnahme zu dem Richtlinienvorschlag abzugeben. Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 127 Absatz 4 und Artikel 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie auf Artikel 25.1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend die „ESZB-Satzung“), insbesondere, da der Richtlinienvorschlag a) die grundlegende Aufgabe des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) gemäß Artikel 127 Absatz 2 AEUV, die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen, b) die Aufgaben der EZB gemäß Artikel 127 Absatz 6 AEUV betreffend die Aufsicht über Kreditinstitute und c) die Förderung der Harmonisierung der Bestimmungen und Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Erhebung, Zusammenstellung und Weitergabe von statistischen Daten durch die EZB in den in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen gemäß Artikel 5.3 der ESZB-Satzung betrifft. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

1.   Allgemeine Anmerkungen

1.1.

Die EZB unterstützt weitgehend den Richtlinienvorschlag, der auf die Steigerung der Quote und des Umfangs von Gebäuderenovierungen in der Union, die Verbesserung der Informationen über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und die Gewährleistung, dass alle Gebäude in Einklang mit den Klimazielen der Union stehen, abzielt. Der Richtlinienvorschlag wird nicht nur zur Erreichung der Klimaziele der Union beitragen, sondern auch die Bemühungen der Union um die Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit unterstützen. Durch die Beseitigung von Hindernissen für Renovierungen und die Festlegung von Zielen für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wird der Richtlinienvorschlag zur Verringerung der Abhängigkeit der Union von fossilen Brennstoffen und zur Senkung der Nachfrage nach Erdgas beitragen. Darüber hinaus wird der Richtlinienvorschlag durch eine Senkung des Energieverbrauchs von Gebäuden die Widerstandskraft von Haushalten und Unternehmen gegen einen starken Anstieg der Energiepreise stärken und mittel- bis langfristig zu einer Senkung der Preissensibilität gegenüber Preisschwankungen bei fossilen Brennstoffe beitragen. Darüber hinaus schafft der Richtlinienvorschlag mehr Sicherheit im Hinblick auf das Tempo und den Zeitplan des nachhaltigen Wandels in der Union, so dass Kredit- und Finanzinstitute diese Kriterien bei ihren Entscheidungen über Portfolioallokationen und mittelfristigen Finanzierungen berücksichtigen können.

1.2.

Die EZB begrüßt das Ziel des Richtlinienvorschlags, den Zugang zu Ausweisen über die Gesamtenergieeffizienz (Energieausweise) in der Union zu erleichtern. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden den uneingeschränkten Zugang von Finanzinstituten zu Energieausweisen gewährleisten und damit den erheblichen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu diesen Informationen begegnen, mit denen Finanzinstitute im Allgemeinen und Kreditinstitute im Besonderen derzeit konfrontiert sind. Diese Maßnahmen würden es Kredit- und Finanzinstituten ermöglichen, die Beurteilung der klimabezogenen Transitionsrisiken ihrer Immobilien zu verbessern. Eine solche Verbesserung ist für die EZB, das Eurosystem und das ESZB aus mehreren Gründen von Bedeutung. Erstens sind diese Informationen für die EZB und für ihre Aufsichtsfunktionen von großer Bedeutung, da das Immobilienkreditgeschäft einen erheblichen Anteil am Anlagebuch der beaufsichtigten Kreditinstitute ausmacht. Zweitens besteht ein erheblicher Anteil der von Geschäftspartnern bei geldpolitischen Geschäften gestellten Sicherheiten aus durch Hypotheken auf Immobilien besicherten finanziellen Vermögenswerten, so dass die Gewährleistung des uneingeschränkten Zugangs zu Informationen aus Energieausweisen für Kredit- und Finanzinstitute die Fähigkeit des Eurosystems – im Rahmen der Erfüllung seines Preisstabilitätsmandats – verbessert, die Risiken zu erkennen, zu überwachen und zu mindern, die mit seinen Geschäftspartnern, den Sicherheiten, die es im Rahmen seiner Refinanzierungsgeschäfte akzeptiert, und seinen Beständen an Vermögenswerten aus endgültigen Käufen und Verkäufen einhergehen. Drittens ist ein besserer Zugang zu granularen Daten in Energieausweisen zur Unterstützung der statistischen Aufgaben des ESZB, zu denen auch die Entwicklung statistischer Indikatoren für die Analyse klimabedingter Risiken gehört, erforderlich. Hierdurch würde wiederum die EZB bei der Erbringung ihres Beitrags zur Harmonisierung der Bestimmungen und Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Erhebung, Zusammenstellung und Weitergabe von statistischen Daten in den in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen unterstützt.

1.3.

Die EZB hat jedoch Bedenken hinsichtlich der für die Definition der neuen Energieausweisklassen vorgeschlagenen Methode und fordert eine stärkere unionsweite Harmonisierung. Im Richtlinienvorschlag werden lediglich gemeinsame Kriterien für die besten und die schlechtesten Energieausweise für jeden Mitgliedstaat festgelegt, ohne dass eine vollständige Harmonisierung der zugrunde liegenden Definitionen und Methoden erfolgt, die auf nationaler Ebene festgelegt werden. Aus Risikosicht wird dies zu einer eingeschränkten Vergleichbarkeit unter den Mitgliedstaaten führen und den Nutzen von Energieausweisen als Indikator für die Risikobehaftung einer bestimmten Immobilie verringern. Eine stärker harmonisierte Methode würde die EZB bei der Beurteilung der Auswirkungen der Gesamtenergieeffizienz auf durch Immobilien besicherte Risikopositionen von Kreditinstituten auf der Grundlage zuverlässiger und vergleichbarer Daten sowie gemeinsamer und standardisierter Definitionen auf Unionsebene im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktionen unterstützen. Dies würde auch die Fähigkeit des Eurosystems stärken, die Auswirkungen klimabezogener finanzieller Risiken auf die in seiner Bilanz gehaltenen Vermögenswerte ordnungsgemäß zu überwachen und zu bewerten und einen angemessenen Risikoschutz für die Bilanz des Eurosystems zu gewährleisten.

1.4.

Im Richtlinienvorschlag wird das Interesse der Finanzbranche an einem Zugang zu Gesamtenergieeffizienzdaten von Gebäuden zu Recht anerkannt. In dem Richtlinienvorschlag sollte klargestellt werden, dass Kreditinstitute als wichtigste Hypothekarkreditgeber in den Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags fallen.

1.5.

Wie nachstehend näher ausgeführt, befürwortet die EZB insbesondere a) eine stärkere Harmonisierung der Methode für die Energieausweiskennzeichnung in der Union, b) den uneingeschränkten und zeitnahen Zugang für Kredit- und Finanzinstitute zu Energieausweis-Datenbanken, um den Kredit- und Finanzinstituten die Steuerung ihrer klimabezogenen Transitionsrisiken zu ermöglichen, und c) die Umsetzung des Richtlinienvorschlags vor 2025.

Spezifische Anmerkungen

2.   Methode für die Definition neuer Energieausweisklassen

2.1.

Da in einigen Mitgliedstaaten Zielvorgaben für Energieausweise auf regionaler Ebene gelten, spricht sich die EZB für eine Harmonisierung des Verfahrens für die Energieausweiskennzeichnung und der zugrunde liegenden Schwellenwerte in den Mitgliedstaaten aus. Darüber hinaus sollte der Richtlinienvorschlag die in den nationalen Ermessensspielraum fallenden Ausnahmen beschränken (beispielsweise unterliegen in einigen Mitgliedstaaten frei stehende Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von weniger als 50 m2 nicht den Gesamtenergieeffizienzanforderungen), um ein Höchstmaß an verfügbaren Energieausweisen auf dem Markt und einen gemeinsamen Ansatz auf Unionsebene zu gewährleisten.

2.2.

Im Hinblick auf die Definition des Energieausweises begrüßt die EZB zwar, dass der Richtlinienvorschlag im Vergleich zum Status quo auf eine Verbesserung der Vergleichbarkeit der Energieausweisklassen in der Union abzielt, sie befürchtet jedoch, dass mit der vorgeschlagenen Methode das erforderliche Maß an Harmonisierung nicht erreicht wird.

Erstens führen die derzeit geltenden heterogenen nationalen Vorschriften zu Energieausweisen, insbesondere die unterschiedlichen Methoden, die von den Mitgliedstaaten zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden angewandt werden, dazu, dass keine genaue Aggregation von Daten auf Unionsebene möglich ist, wie der von der EZB im Jahr 2022 durchgeführte Klimastresstest gezeigt hat (2).

Zweitens werden im Richtlinienvorschlag nur gemeinsame Kriterien für die Definition der besten und schlechtesten Gebäude festgelegt. Insbesondere werden Gebäude der Gesamtenergieeffizienzklasse G als die 15 % der Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz im Gebäudebestand eines Mitgliedstaats zum Zeitpunkt der Einführung der neuen Energieausweise definiert. Dies bedeutet, dass die unteren 15 % der Gebäude in den einzelnen Mitgliedstaaten eine sehr unterschiedliche tatsächliche Gesamtenergieeffizienz aufweisen würden, wodurch die tatsächliche Vergleichbarkeit innerhalb der Union erheblich beeinträchtigt wird.

Drittens führt der Richtlinienvorschlag keine einheitlichen Schwellenwerte zur Harmonisierung des Kennzeichnungssystems in der Union ein; vielmehr wird die Definition der Energieausweise in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt. Zwar könnte dieser Ansatz die Transparenz in Bezug auf die relative Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in einem Mitgliedstaat erhöhen und zu vergleichbaren Renovierungsanstrengungen in der gesamten Union führen, er könnte aber möglicherweise auch zu einer ineffizienten Kapitalallokation innerhalb der Union führen (3). Darüber hinaus könnten sich mitgliedstaatspezifische Energieausweise und die damit verbundenen Renovierungsziele auf die Bewertung von Immobilien auswirken, wenn die Bewertung nicht unmittelbar an die Gesamtenergieeffizienz und die damit verbundenen Auswirkungen der energiebezogenen Kosten geknüpft ist. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Aufsicht und des Risikomanagements nicht erstrebenswert, da hierdurch eine Verknüpfung der Bewertung von Immobilien mit Kreditrisikoparametern und Kreditvergabestandards erschwert würde.

Viertens könnten angesichts der derzeit begrenzten Abdeckung des Gebäudebestands mit Energieausweisen und des Mangels an Daten zur Gesamtenergieeffizienz des Gebäudebestands auch länderspezifische Schwellenwerte auf der Grundlage der vorhandenen Energieausweisdaten zu schlecht kalibrierten Schwellenwerten führen, insbesondere in Mitgliedstaaten, in denen lediglich eine geringe Abdeckung des Gebäudebestands mit Energieausweisen besteht. Bei schlecht kalibrierten Schwellenwerten spiegeln die Energieausweisdaten möglicherweise nicht die Gesamtverteilung der Gesamtenergieeffizienz aller Gebäude wider und führen zu einer nicht gerechtfertigten Heterogenität zwischen den Mitgliedstaaten.

2.3.

Aus den oben dargelegten Gründen ist die EZB der Auffassung, dass eine einheitlichere unionsweite Methode, insbesondere auf lange Sicht, vorzuziehen ist. Die EZB erkennt an, dass die Entscheidung, Schwellenwerte auf Ebene der Mitgliedstaaten oder auf Unionsebene einzuführen, letztlich eine politische Entscheidung ist, bei der auch eine Reihe weiterer Erwägungen berücksichtigt werden müssen, wie etwa vergleichbare Renovierungsanstrengungen in den einzelnen Mitgliedstaaten, die unabhängig vom Zustand des ursprünglichen Gebäudebestands sind, oder die Nutzbarkeit für Mieter und Käufer. Dennoch sollte der Richtlinienvorschlag darauf abzielen, nach und nach eine Konvergenz der Gesamtenergieeffizienzskalen in den Mitgliedstaaten zu erreichen. Ein solcher Ansatz würde eine einheitlichere Definition in der Union gewährleisten und den Informationsgehalt von Energieausweisen als Grundlage für die Risikodifferenzierung von Immobilien auf Basis der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden stärken (4).

2.4.

Ist eine Anpassung der Methode für die Harmonisierung von Energieausweisen letztlich nicht möglich, so könnten statistische Stichproben auf der Grundlage anderer Gebäudeeigenschaften und Daten aus allen Mitgliedstaaten die Kalibrierung der Schwellenwerte für die Gesamtenergieeffizienz verbessern. Die Kalibrierung sollte idealerweise auf Unionsebene erfolgen, um eine Fragmentierung der Schätzmethoden zu vermeiden. Nähere Angaben zum Umfang der Stichproben, die in Bezug auf den Anteil der nationalen Immobilien zu verwenden sind (5), würden insbesondere die Kohärenz der in den Mitgliedstaaten verwendeten Methoden verbessern.

2.5.

Sind solche Änderungen nicht möglich, so ist es zumindest unerlässlich, dass die zur Berechnung der Energieausweise verwendeten Daten öffentlich zugänglich sind, wie nachstehend dargelegt.

3.   Zugang zu Gesamtenergieeffizienzdaten für betroffene Parteien

3.1.

Die EZB unterstützt nachdrücklich das Ziel des Richtlinienvorschlags, den Zugang von Kredit- und Finanzinstituten zu Energieausweisen sicherzustellen. Der Zugang zu Gesamtenergieeffizienzdaten von Gebäuden ist eine wesentliche Voraussetzung für die Bewertung klimabezogener Transitionsrisiken und des CO2-Fußabdrucks von Immobilien, da sich diese auf Kredit- und Finanzinstitute, insbesondere auf deren Hypothekenportfolios, auswirken. Ein solcher Zugang würde daher der Verhinderung möglicher Übertragungseffekte auf das Finanzsystem der Union dienen. Die für die Aufsicht über Kredit- und Finanzinstitute zuständigen Behörden, einschließlich der EZB, sollten uneingeschränkten Zugang zu den in den Energieausweisen enthaltenen Daten haben, um die zugrunde liegenden Klimarisiken beurteilen zu können.

3.2.

Neben Kredit- und Finanzinstituten und Zentralbanken benötigen auch andere Finanzmarktteilnehmer, die in durch Immobilien besicherte Produkte wie Hypothekenportfolios, Asset-Backed Securities oder gedeckte Schuldverschreibungen investieren, Zugang zu den Gesamtenergieeffizienzdaten der zugrunde liegenden Immobilien zur Beurteilung ihrer eigenen Klimarisiken und für Offenlegungen, insbesondere nach der Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) (im Folgenden die „Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor“ – SFDR), sowie zur Beurteilung der Anpassung von Wirtschaftstätigkeiten im Bereich Immobilien an die Klimaschutzkriterien der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) (im Folgenden die „Taxonomieverordnung“). Mit dem Richtlinienvorschlag sollte daher sichergestellt werden, dass Drittanleger, die direkt in Vermögenswerte investieren, welche letztlich durch Immobilien besichert sind, oder die solche Vermögenswerte als Sicherheit akzeptieren, Zugang zu den Energieausweisen für diese Immobilien haben.

3.3.

Die in den Energieausweisen enthaltenen Daten, einschließlich Informationen zum Primärenergiebedarf, sollten Kredit- und Finanzinstituten nicht nur im Zusammenhang mit Direktinvestitionen oder Hypothekarkrediten für den Bau oder Erwerb eines Hauses zur Verfügung stehen, sondern auch im Zusammenhang mit Darlehen für umfassende Renovierungen. Damit könnten Kredit- und Finanzinstitute die Auswirkungen solcher Renovierungen auf den Wert der Sicherheiten beurteilen und eine angemessene Risikoanalyse durchführen. Fehlen solche Bestimmungen, so besteht das Risiko, dass der Richtlinienvorschlag nicht zur Schließung einer der erheblichsten Datenlücken führt, die bei Kredit- und Finanzinstituten im Rahmen der gemäß Taxonomieverordnung vorgeschriebenen Datenerhebung festgestellt wurde (8).

3.4.

Angesichts der bestehenden Beschränkungen bei der derzeitigen Methode zur Berechnung der Angaben in den Energieausweisen (siehe Nummer 2.2), insbesondere in Ermangelung einer stärker harmonisierten Methode für die neuen Energieausweisklassen, sollte der Richtlinienvorschlag zumindest sicherstellen, dass alle wichtigen Merkmale und Felder von Energieausweisen (z. B. der Primärenergieverbrauch in kWh/(m2.a)) allen betroffenen Parteien, einschließlich Kredit- und Finanzinstituten, zur Verfügung stehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass nicht nur Zugang zu aggregierten Daten besteht, sondern auch Zugang zu hinreichend granularen Daten (z. B. zum Primärenergieverbrauch in kWh/(m2.a)), damit die aus den Unterschieden bei den Energieausweisklassen der einzelnen Mitgliedstaaten resultierenden Beschränkungen überwunden werden können und deren Vergleichbarkeit gewährleistet werden kann.

3.5.

Zur Ermöglichung der Interoperabilität und zur Vermeidung der Überschneidung von Berichtspflichten ist eine eindeutige Identifizierung von entscheidender Bedeutung, damit Daten über Datenquellen hinweg verknüpft werden können. Daher sollte mit dem Richtlinienvorschlag auch sichergestellt werden, dass die Energieausweisdaten mit dem genauen Standort eines Gebäudes, seinen physischen Eigenschaften oder relevanten Finanzdaten unter Verwendung einer eindeutigen Gebäudekennung und gemäß den im Rahmen der Geodateninfrastruktur in Europa (9) (INSPIRE) entwickelten Leitlinien verknüpft werden können, damit Investoren, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden die mit den Gebäuden einhergehenden Übergangsrisiken und physischen Risiken bestmöglich bewerten können.

3.6.

Im Richtlinienvorschlag sollte klargestellt werden, dass die Übermittlung von Informationen aus nationalen Datenbanken an die Beobachtungsstelle für den Gebäudebestand der Union oder eine andere spezielle Plattform unbeschadet der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) (im Folgenden die „Datenschutz-Grundverordnung“ – DSGVO) und sonstiger rechtlicher Garantien auch granulare Daten umfasst. Darüber hinaus sollten öffentlich zugängliche Informationen aus nationalen Datenbanken sowie Informationen, die an die Beobachtungsstelle für den Gebäudebestand oder eine andere spezielle Plattform übermittelt werden, häufiger als ein- oder zweimal jährlich – wie derzeit im Richtlinienvorschlag vorgesehen – aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass alle beteiligten Akteure über aktuelle Informationen verfügen (11).

4.   Zeitplan für die neue Methode zur Berechnung der Energieausweise

4.1.

Die EZB schlägt vor, den Richtlinienvorschlag bereits bis Ende 2024 statt bis Ende 2025 umzusetzen, und zwar aus den folgenden Gründen:

Erstens haben die von der EZB im Jahr 2022 durchgeführten Aufsichtsverfahren gezeigt, dass die Menge der von Kreditinstituten bereitgestellten Energieausweisdaten ein zentraler Punkt ist. Während Kreditinstitute den eingeschränkten Zugang zu Gesamtenergieeffizienzregistern in einigen Mitgliedstaaten (12) als eine der Hauptursachen nannten, meldeten sie ebenfalls keine aussagekräftigen Näherungswerte. Wenn Kredit- und Finanzinstitute so bald wie möglich Zugang zu granularen Energieausweisdaten erhielten, würde dies zu einer Verbesserung ihrer bestehenden Risikomanagementpraktiken und -strategien in Bezug auf klimabezogene Transitionsrisiken, vor allem in Bezug auf den Bestand an Immobilienkrediten, führen.

Zweitens ist die rechtzeitige Verfügbarkeit von Gesamtenergieeffizienzdaten auf Unionsebene für die Erfüllung der Modernisierungsanforderungen des Richtlinienvorschlags von entscheidender Bedeutung. Der Richtlinienvorschlag sieht vor, dass Gebäude und Gebäudeteile, die sich im Eigentum öffentlicher Einrichtungen befinden, sowie Nichtwohngebäude und -gebäudeteile auf der Grundlage der neuen Vorgaben für Energieausweise bis 2027 mindestens die Gesamtenergieeffizienzklasse F erreichen sollen. Die Erreichung dieser Ziele gestaltet sich schwierig, wenn die neuen Vorgaben für Energieausweise nicht früher angenommen werden (13). Die Mitgliedstaaten sind zur Umsetzung des Richtlinienvorschlags bis 2025 verpflichtet, so dass lediglich zwei Jahre für den Abschluss der erforderlichen Renovierungen zur Verfügung stehen.

4.2.

Sollte es nicht möglich sein, die Umsetzung insgesamt vorzuziehen, schlägt die EZB eine vorgezogene Umsetzung einzelner Bestimmungen des Richtlinienvorschlags bereits bis Ende 2024 statt bis Ende 2025 vor.

5.   Modalitäten für die Harmonisierung der Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz

5.1.

Da die Gültigkeitsdauer für neu ausgestellte Energieausweise bis zu zehn Jahre beträgt, würde die Annahme des Richtlinienvorschlags dazu führen, dass nach 2025 zwei Generationen von Energieausweisen für einen längeren Zeitraum nebeneinander bestünden. Bei der Umsetzung des Richtlinienvorschlags sollte daher klargestellt werden, inwieweit die alte und die neue Generation von Energieausweisen übereinstimmen, ob sie für regulatorische Zwecke gleich behandelt werden sollen und wie die Eigentümer die auf Unionsnormen basierenden aktualisierten Energieausweise erhalten, da dies Auswirkungen auf den Wert von Gebäuden hätte. Beispielsweise entsprechen im Richtlinienvorschlag „Nullemissionsgebäude“ der Gesamtenergieeffizienzklasse A, es ist jedoch nicht klar, ob Gebäude, die gemäß der bestehenden Richtlinie unter die Energieeffizienzklasse A fallen, als Nullemissionsgebäude gelten. Es ist insbesondere wichtig, diesen Punkt in Verbindung mit anderen Rechtsvorschriften der Union, wie der Taxonomieverordnung und der Verordnung über nachhaltige Finanzdienstleistungen, zu betrachten, die Querverweise auf Energieausweise und die Definitionen von „Nullemissionsgebäuden“ und „Niedrigstenergiegebäuden“ enthalten (14).

5.2.

Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten nach den am besten geeigneten Mitteln zur Schaffung von Anreizen für Gebäudeeigentümer suchen, damit diese ihre Energieausweise zeitnah aktualisieren und das Bewusstsein für empfohlene kosteneffiziente Renovierungen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz geschärft wird.

6.   Hypothekenportfoliostandards

6.1.

Im Richtlinienvorschlag werden die Mitgliedstaaten beauftragt, Finanzierungsmöglichkeiten und finanzielle Instrumente unter anderem durch Hypothekenportfoliostandards zu fördern, bei denen es sich um Mechanismen handelt, die Hypothekarkreditgebern Anreize bieten, die Gesamtenergieeffizienz ihres Gebäudeportfolios zu verbessern (15). Die vorgeschlagene Definition des Begriffs „Hypothekenportfoliostandards“ ist jedoch relativ weit gefasst, und es gibt nur wenige Angaben dazu, wie diese Standards auf nationaler Ebene festgelegt werden sollen (16). Nach der Umsetzung könnte diese Definition zu einer heterogenen Landschaft nicht harmonisierter Hypothekenportfoliostandards in den Mitgliedstaaten führen. Im Richtlinienvorschlag selbst bzw. in einem neuen delegierten Rechtsakt der Kommission könnten präzisere Mindestanforderungen festgelegt werden, um die Hypothekenportfoliostandards in der Union zu harmonisieren. Ebenso ist es äußerst wichtig, dass die Hypothekenportfoliostandards so ausgestaltet sind, dass sie bei der Emission von Finanzinstrumenten und Schuldtiteln ohne Weiteres angewendet werden können. Eine solche Ausgestaltung könnte grenzüberschreitende Investitionen in stärker an Energieeffizienz geknüpfte Hypotheken – auch im Rahmen der Kapitalmarktunion – erleichtern, den Beitrag der Finanzmärkte maximieren und so die Nachfrage nach Bankkrediten und staatlichen Förderprogrammen verringern.

6.2.

Mit zunehmender Verbesserung des durchschnittlichen Niveaus der Energieausweise von Immobilien sollten die Hypothekenportfoliostandards idealerweise im Laufe der Zeit angehoben werden. Daher sollten die Hypothekenportfoliostandards regelmäßig überprüft werden, um der verbesserten Gesamtenergieeffizienz des Immobilienbestands Rechnung zu tragen, so dass der finanzielle Anreiz zur weiteren Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Hypothekenkreditportfolios fortbesteht.

7.   Standardisierung von Datenbanken

7.1.

Durch den Richtlinienvorschlag wird sichergestellt, dass Verknüpfungen mit anderen gebäudebezogenen Datensätzen in die nationalen Datenbanken aufgenommen werden. Dies setzt voraus, dass die nationalen Datenbanken für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden interoperabel und mit anderen Verwaltungsdatenbanken, die Informationen über Gebäude enthalten, wie z.B. dem nationalen Gebäudekataster und den digitalen Gebäudelogbüchern, integriert sind. Um die erhobenen Daten auch für die Entscheidungsfindung nutzbar zu machen, schlägt die EZB vor, in dem Richtlinienvorschlag auch eine Überarbeitung der für eine solche Interoperabilität und Integration über die nationale Ebene hinaus erforderlichen technischen Umsetzungsstandards vorzusehen.

Sofern die EZB eine Änderung des Richtlinienvorschlags empfiehlt, sind spezielle Redaktionsvorschläge mit Begründung hierfür in einem gesonderten technischen Arbeitsdokument aufgeführt. Das technische Arbeitsdokument steht in englischer Sprache auf EUR-Lex zur Verfügung.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 16. Januar 2023.

Die Präsidentin der EZB

Christine LAGARDE


(1)  COM(2021) 802 final.

(2)  Siehe 2022 climate risk stress test, Juli 2022, abrufbar auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht unter www.bankingsupervision.europa.eu

(3)  Eigentümer in Mitgliedstaaten mit einem relativ hohen Energieeffizienzniveau (unter Berücksichtigung des lokalen Klimas) wären dazu verpflichtet, ihr Gebäude zu renovieren, obwohl dieses aus unionsweiter Sicht bereits relativ energieeffizient ist. Es wird anerkannt, dass die Verfügbarkeit von (meist lokalen) Arbeitskräften in einigen Mitgliedstaaten ein begrenzender Faktor sein könnte.

(4)  Eine genauere, aber einfache Methode zur Harmonisierung von Energieausweisen könnte darin bestehen, auf Unionsebene einen gemeinsamen Indikator als Hauptkriterium zu definieren, z. B. den Primärenergieverbrauch in kWh/(m2.a) oder die CO2-Emissionen bzw. vorzugsweise eine Kombination aus beiden Kriterien; diese könnten dann für alle Gebäude berechnet und die Ergebnisse in sieben Klassen unterteilt werden. In Ergänzung der Informationen aus den Energieausweisen könnte man auf der Grundlage des Primärenergieverbrauchs in kWh/(m2.a) eine Obergrenze für akzeptable Treibhausgasemissionen (kgCO2eq/(m2.a)) für jede Energieausweisklasse in Betracht ziehen, um eine schnellere Dekarbonisierung von Immobilien sicherzustellen.

(5)  Siehe Anhang VI Nummer 2 des Richtlinienvorschlags.

(6)  Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (ABl. L 317 vom 9.12.2019, S. 1).

(7)  Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (ABl. L 198 vom 22.6.2020, S. 13).

(8)  Die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission vom 4. Juni 2021 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet (ABl. L 442 vom 9.12.2021, S. 1) enthält das folgende Bewertungskriterium für einen wesentlichen Beitrag im Zusammenhang mit der Tätigkeit „Renovierung bestehender Gebäude“: Die Gebäuderenovierung entspricht den geltenden Anforderungen an größere Renovierungen. Alternativ führt die Gebäuderenovierung zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 30 %.

(9)  Siehe Wissensdatenbank „Infrastruktur für Geodaten in Europa“, abrufbar unter https://inspire.ec.europa.eu

(10)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(11)  Siehe Artikel 19 Absätze 3 und 4 des Richtlinienvorschlags.

(12)  Siehe 2022 climate risk stress test, Juli 2022, abrufbar auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht unter www.bankingsupervision.europa.eu

(13)  Siehe Artikel 9 des Richtlinienvorschlags.

(14)  Siehe Anhang I Abschnitt 7.1 der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 und Anhang I der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1288 der Kommission vom 6. April 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Einzelheiten des Inhalts und der Darstellung von Informationen in Zusammenhang mit dem Grundsatz der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen, des Inhalts, der Methoden und der Darstellung von Informationen in Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsindikatoren und nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen sowie des Inhalts und der Darstellung von Informationen in Zusammenhang mit der Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale und nachhaltiger Investitionsziele in vorvertraglichen Dokumenten, auf Internetseiten und in regelmäßigen Berichten (ABl. L 196 vom 25.7.2022, S. 1).

(15)  Siehe Artikel 15 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags.

(16)  Siehe Artikel 2 Nummer 36 des Richtlinienvorschlags.


Top