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Document 32022H0627(02)

    Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2022 über einen europäischen Ansatz für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit 2022/C 243/02

    ST/9790/2022/INIT

    ABl. C 243 vom 27/06/2022, p. 10–25 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    27.6.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 243/10


    EMPFEHLUNG DES RATES

    vom 16. Juni 2022

    über einen europäischen Ansatz für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit

    (2022/C 243/02)

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 149 und 292 sowie die Artikel 165 und 166,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Immer mehr Menschen in Europa müssen ihre Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen auf den neuesten Stand bringen und verbessern, um Lücken zwischen ihrer formalen allgemeinen und beruflichen Bildung und dem Bedarf einer Gesellschaft und eines Arbeitsmarkts im raschen Wandel zu schließen. Die Erholung von der COVID-19-Pandemie sowie der digitale und der grüne Wandel haben dazu geführt, dass sich die Art und Weise, wie wir leben, lernen und arbeiten, schneller verändert. Diese Entwicklungen haben auch deutlich gemacht, dass die Menschen besser gerüstet sein müssen, um die aktuellen und künftigen Herausforderungen bewältigen zu können. Die Pandemie hat die Berufsaussichten sowohl junger Menschen als auch Erwachsener beeinflusst. Des Weiteren hat sie zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt und das körperliche, geistige und emotionale Wohlbefinden hunderter Millionen Menschen in Europa beeinträchtigt.

    (2)

    Eine der größten Herausforderungen für europäische Unternehmen und Arbeitgeber ist das unzureichende Angebot an einschlägigen Qualifikationen auf dem EU-Arbeitsmarkt. Gleichzeitig sehen sich die Arbeitskräfte mit noch nie da gewesenen Veränderungen in der Arbeitsorganisation konfrontiert. Darüber hinaus ändern sich die Aufgabenprofile und Qualifikationsanforderungen aufgrund des digitalen und des grünen Wandels grundlegend. Wie im Beschluss (EU) 2021/1868 des Rates vom 15. Oktober 2021 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (1) dargelegt, sind „die Mitgliedstaaten und die Union [...] gehalten, auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie auf zukunftsorientierte Arbeitsmärkte, die auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels reagieren, hinzuarbeiten.“ Kontinuierliche Weiterbildung und Umschulung sind wichtig, damit die Arbeitskräfte den Anforderungen ihres derzeitigen Arbeitsplatzes gerecht werden oder in neue Arbeitsplätze und expandierende Sektoren wie den grünen und den digitalen Sektor wechseln können, insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen Alterung.

    (3)

    Die Menschen benötigen Zugang zu qualitativ hochwertigem Lehren und Lernen, das auf unterschiedliche Weise und in verschiedenen Umgebungen angeboten wird, um ihre persönlichen, sozialen, kulturellen und beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln. Es gibt Appelle, die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung flexibler zu gestalten und Lösungen zu finden, um einem breiteren Spektrum von Profilen ein auf die Lernenden ausgerichtetes, zugängliches und integratives Lernen zu ermöglichen. Auch nichtformale Anbieter von allgemeiner und beruflicher Bildung gehen auf diesen Bedarf ein, indem sie neue und innovative Möglichkeiten zur Weiterbildung und Umschulung anbieten.

    (4)

    Eine wirksame Kultur des lebenslangen Lernens ist der Schlüssel, um zu gewährleisten, dass jeder Mensch über die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen verfügt, die er braucht, um in der Gesellschaft, auf dem Arbeitsmarkt und in seinem persönlichen Leben erfolgreich zu sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Menschen während ihres gesamten Lebens Zugang zu qualitativ hochwertiger und sachgerechter allgemeiner und beruflicher Bildung, Weiterbildung und Umschulung haben. Angebote für lebenslanges Lernen sollten Teil der langfristigen Strategie von Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung sein, um ihre Reaktionsfähigkeit auf den sich schnell ändernden Bedarf von Arbeitgebern und Lernenden zu verbessern. Dies würde es einer vielfältigeren Gruppe von Lernenden (einschließlich Absolventinnen und Absolventen dieser Einrichtungen und anderen erwachsenen Lernenden) ermöglichen, Weiterbildungen und Umschulungen wahrzunehmen. Hochschuleinrichtungen, Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Anbieter für Erwachsenenbildung und andere Anbieter von Microcredentials, einschließlich Arbeitgeber, sollten zusammenarbeiten und die neuesten Forschungsergebnisse bei der Gestaltung und Aktualisierung von Lernangeboten einbeziehen.

    (5)

    Microcredentials könnten helfen, die Ergebnisse kleiner, maßgeschneiderter Lernerfahrungen zu zertifizieren. Sie ermöglichen den gezielten, flexiblen Erwerb von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen, um neuem und aufkommendem Bedarf in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden und befähigen Personen zur Schließung individueller Kompetenzlücken, die ihrem Erfolg in einem sich rasch wandelnden Umfeld im Wege stehen, ohne jedoch die traditionellen Qualifikationen zu ersetzen. Sie können gegebenenfalls bestehende Qualifikationen ergänzen, indem sie einen Mehrwert erbringen, ohne dabei das Grundprinzip der vollständigen Studiengänge in der allgemeinen und beruflichen Erstausbildung zu untergraben. Microcredentials könnten von einer Vielzahl von Anbietern in verschiedenen (formalen, nichtformalen und informellen) Lernumgebungen konzipiert und ausgestellt werden.

    (6)

    Trotz ihrer zunehmenden Nutzung gibt es in Europa keine einheitlichen Definitionen oder Standards für Microcredentials. Dies schränkt das Verständnis und die Akzeptanz von Microcredentials ein und untergräbt folglich ihr Potenzial, flexible Lern- und Karrierewege zu fördern. Mit dieser Empfehlung soll der Aufbau von Vertrauen in Microcredentials in ganz Europa unter allen Beteiligten, unabhängig davon, ob es sich um Anbieter oder Begünstigte handelt, unterstützt werden.

    (7)

    Im ersten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte (2) ist festgelegt, dass jede Person das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form hat, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen, und zwar überall in der Europäischen Union. Im vierten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte ist festgelegt, dass jede Person das Recht auf frühzeitige und bedarfsgerechte Unterstützung zur Verbesserung ihrer Beschäftigungs- oder Selbstständigkeitsaussichten hat. Dieses Recht auf Unterstützung umfasst auch das Recht auf Unterstützung bei Fortbildung und Umschulung. Im Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte werden Microcredentials als innovatives Instrument benannt, das „flexible Lernwege erleichtern und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder bei beruflichen Übergängen unterstützen“ kann. Microcredentials können eine Rolle bei der Verwirklichung der Kernziele der EU spielen, die bis 2030 erreicht werden sollen, darunter das Ziel, dass jährlich 60 % aller Erwachsenen an einer Aus- und Weiterbildung teilnehmen, und die angestrebte Beschäftigungsquote von mindestens 78 %. Diese beiden Ziele wurden von den Staats- und Regierungschefs der EU, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft auf dem Sozialgipfel in Porto und anschließend auf der Tagung des Europäischen Rates vom 24./25. Juni 2021 (3) begrüßt.

    (8)

    Parallel zum Aktionsplan nahm die Kommission eine Empfehlung zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) nach der COVID-19-Krise (im Folgenden „EASE-Empfehlung“) (4) an. Diese Empfehlung bietet den Mitgliedstaaten konkrete politische Leitlinien für die Entwicklung kohärenter Pakete mit politischen Maßnahmen zur Erleichterung des beruflichen Wechsels und zur Förderung eines beschäftigungswirksamen Konjunkturaufschwungs nach der COVID-19-Pandemie. Die politischen Leitlinien decken auch Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung und Umschulung sowie Begleitmaßnahmen ab.

    (9)

    In der Europäischen Kompetenzagenda (5) wurden 12 Leitaktionen angekündigt, zu denen eine neue Initiative für einen europäischen Ansatz für Microcredentials zählt. Diese neue Initiative zielt darauf ab, die Qualität, Transparenz und Akzeptanz von Microcredentials in der EU zu fördern. Zugleich wurde im Rahmen der Kompetenzagenda eine Initiative zu individuellen Lernkonten angekündigt, die dazu beitragen könnte, bestehende Lücken beim Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung für Erwachsene im erwerbsfähigen Alter zu schließen und den Menschen zu ermöglichen, Arbeitsmarktübergänge erfolgreich zu bewältigen. Microcredentials können als Teil der allgemeinen und beruflichen Bildung verwendet werden, die den Menschen zur Verfügung gestellt wird, um die Nutzung dieser individuellen Lernkonten zu unterstützen.

    (10)

    In der Mitteilung der Kommission über die Vollendung des europäischen Bildungsraums bis 2025 (6) wurde angekündigt, dass die Kommission an der Entwicklung eines europäischen Ansatzes für Microcredentials arbeiten wird, um die Lernmöglichkeiten zu erweitern und die Rolle zu stärken, die Hochschul- und Berufsbildungseinrichtungen beim lebenslangen Lernen spielen.

    (11)

    In der Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz (7) wird die Kommission aufgefordert, „das Konzept der Microcredentials und deren Nutzung“ zu sondieren.

    (12)

    In der Entschließung des Rates zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung mit Blick auf den europäischen Bildungsraum und darüber hinaus (2021-2030) (8) wird unter den konkreten Themen und Maßnahmen für den prioritären Bereich 2 des strategischen Rahmens (Lebenslanges Lernen und Mobilität) die Prüfung des Konzepts der Microcredentials und ihre Nutzung vorgestellt.

    (13)

    In den Schlussfolgerungen des Rates zu der Initiative „Europäische Hochschulen“ – Ein Brückenschlag zwischen Hochschulbildung, Forschung, Innovation und Gesellschaft: Wegbereitung für einen neuen Bezugsrahmen für die europäische Hochschulbildung (9) wird Folgendes betont: „Auch wenn durch Microcredentials keine Abweichung vom Grundprinzip des vollwertigen Studiums bewirkt und dieses Prinzip nicht untergraben werden soll, so kann durch sie dazu beigetragen werden, die Lernangebote dahin gehend zu erweitern, dass Lernende, die nicht zur klassischen Zielgruppe gehören, daran teilnehmen können und die Lernangebote der am Arbeitsmarkt bestehenden Nachfrage nach neuen Kompetenzen gerecht werden; dass die Lernerfahrung flexibler und verstärkt modular gestaltet werden kann, der Zugang zur Tertiärbildung gefördert wird, Lernende unabhängig von früheren Qualifikationen und unabhängig von ihrem Hintergrund eingebunden und Möglichkeiten zur Umschulung und Weiterbildung gefördert werden, während gleichzeitig eine hochwertige Bildung sichergestellt wird“.

    (14)

    Die Bildungsministerinnen und -minister des Europäischen Hochschulraums haben sich im Kommuniqué von Rom des zwischenstaatlichen Bologna-Prozesses (10) dazu verpflichtet, ihre Hochschuleinrichtungen dabei zu unterstützen, i) ihr Lernangebot zu diversifizieren und ii) bei Bildungsinhalten und Vermittlungsformen innovativ zu sein. Neben vollständigen Studiengängen bieten viele Hochschuleinrichtungen auch kleinere Lerneinheiten an oder planen, diese anzubieten, wobei ihr Recht gewahrt bleibt, Studiengänge zu konzipieren und Fragen der Anrechnung von Studienleistungen unabhängig zu regeln. Diese kleineren Einheiten können den Lernenden helfen, ihre kulturellen, beruflichen und bereichsübergreifenden Fertigkeiten und Kompetenzen in verschiedenen Lebensabschnitten weiterzuentwickeln oder zu aktualisieren. Im Rahmen des Bologna-Prozesses wird gemeinsam untersucht werden, wie und in welchem Umfang diese kleineren, flexiblen Lerneinheiten – einschließlich derjenigen, die zum Erwerb von Microcredentials führen – unter Verwendung gemeinsamer Instrumente definiert, entwickelt, umgesetzt und anerkannt werden können.

    (15)

    Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sollten den unterschiedlichen individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Kapazitäten aller Lernenden gerecht werden. Außerdem sollten sie allen Menschen Lernmöglichkeiten bieten, auch in nichtformalen und informellen Umfeldern, wie in den Schlussfolgerungen des Rates zu Chancengleichheit und Inklusion im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung zur Förderung des Bildungserfolgs für alle (11) betont wird. Gut konzipierte Microcredentials können als Teil gezielter Maßnahmen zur Förderung der Inklusion und des Zugangs zu allgemeiner und beruflicher Bildung für ein breiteres Spektrum von Lernenden eingesetzt werden. Zu diesem breiteren Spektrum von Lernenden gehören auch benachteiligte und schutzbedürftige Gruppen (wie Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Geringqualifizierte, Minderheiten, Menschen mit Migrationshintergrund, Flüchtlinge und Menschen mit geringeren Chancen aufgrund ihres Wohnortes und/oder ihrer nachteiligen sozioökonomischen Situation). Microcredentials können ferner eingesetzt werden, um Lernende bessere zu beraten, den Zugang zu und den Erfolg von Lernen und Ausbildung zu erleichtern und den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu unterstützen. Der erwartete Anstieg der Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern wird die Entwicklung von Strategien zur effektiven Integration dieser Gruppen in die Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitssysteme erfordern. Bei der Gestaltung und Ausstellung von Microcredentials können Beratung und das Lernen voneinander innerhalb der EU die Inklusion fördern und sicherstellen, dass Lernende aus allen gesellschaftlichen Gruppen hiervon profitieren können.

    (16)

    Microcredentials können zudem die berufliche Entwicklung und die Mobilität von Beschäftigten unterstützen, auch von Menschen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie z. B. in der Plattformwirtschaft (12), die je nach ihrem Beschäftigungsstatus Schwierigkeiten beim Zugang zu Weiterbildung haben können (13).

    (17)

    Microcredentials könnten eine aktive Rolle bei der Umsetzung der politischen Initiativen der EU zur Förderung des digitalen und des grünen Wandels spielen. Microcredentials könnten dabei helfen, i) die Ziele des Aktionsplans für digitale Bildung 2021-2027 (14) zu unterstützen, um flexible, zugängliche Lernmöglichkeiten für digitale Fähigkeiten zu schaffen, und ii) die Ziele des Plans „Digitaler Kompass 2030“ der Kommission zu erreichen, der darauf abzielt, bis zum Jahr 2030 eine digital qualifizierte Bevölkerung und hoch qualifizierte digitale Fachkräfte in Europa zu schaffen. Microcredentials könnten ferner eine Rolle bei der Umsetzung des europäischen Grünen Deals (15) spielen, der europäischen Wachstumsstrategie, die darauf abzielt, Wirtschaft und Gesellschaft zu transformieren und auf einen nachhaltigeren Weg zu bringen.

    (18)

    Die Empfehlung des Rates über den Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen und zur Aufhebung der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (16) sieht die Schaffung eines gemeinsamen Referenzrahmens vor, der Menschen und Organisationen den Vergleich verschiedener Qualifikationssysteme und der sich daraus ergebenden Qualifikationsniveaus ermöglicht. Als europäischer Referenzrahmen ist der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) offen für alle Arten und Niveaus von Qualifikationen; er stellt die gemeinsame Standardreferenz für Transparenz, Übertragbarkeit und Vergleichbarkeit dar. Der EQR ist zudem offen für Microcredentials, falls und sobald sie zum ersten Mal in nationale Qualifikationsrahmen aufgenommen werden.

    (19)

    In der Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens (17) wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis zum Jahr 2018 – im Einklang mit ihren nationalen Gegebenheiten und Besonderheiten und nach eigenem Ermessen – Regelungen zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens einzuführen. Diese Regelungen zur Validierung bedeuten, dass Menschen ihre Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen, die sie durch nichtformales und informelles Lernen erworben haben, validieren lassen können. Die Regelungen zur Validierung ermöglichen es zudem, eine vollständige Qualifikation – oder gegebenenfalls eine Teilqualifikation – zu erwerben. In der Evaluierung der Empfehlung aus dem Jahr 2020 (18) wurde eine stärkere Verknüpfung von Validierung und Microcredentials gefordert.

    (20)

    Der Beschluss (EU) 2018/646 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. April 2018 über einen gemeinsamen Rahmen für die Bereitstellung besserer Dienste für Fertigkeiten und Qualifikationen (Europass) und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2241/2004/EG (19) legt die Grundlage für die Bereitstellung webbasierter Instrumente, die das Management der beruflichen Laufbahn und des lebenslangen Lernens mit Authentifizierungsdiensten für Nachweise, die Microcredentials übertragbar machen, ermöglichen.

    (21)

    Die Relevanz, Entwicklung und Aktualisierung von Microcredentials hängen von Folgendem ab:

    i)

    der Kooperation und Zusammenarbeit der regionalen und nationalen Behörden mit Organisationen der allgemeinen und beruflichen Bildung und

    ii)

    dem sektoralen und branchenübergreifenden sozialen Dialog (dieser soziale Dialog sollte Organisationen einbeziehen, die Arbeitskräfte und Arbeitgeber aus dem privaten und öffentlichen Sektor, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Fach- und Führungskräfte vertreten).

    (22)

    Diese Empfehlung entspricht uneingeschränkt den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, den Grundsätzen der institutionellen Autonomie und der akademischen Freiheit sowie die Verantwortung der Mitgliedstaaten für Inhalt und Organisation der allgemeinen und beruflichen Bildung entsprechend den nationalen Gegebenheiten und in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgern.

    (23)

    Diese Empfehlung gilt unbeschadet der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der durch die Richtlinie 2013/55/EU geänderten Fassung und der dort vorgesehenen Regelung zur automatischen Anerkennung —

    HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN, die im Einklang mit den Rechtsvorschriften und Prioritäten auf regionaler und nationaler Ebene sowie auf Unionsebene, den nationalen Gegebenheiten und verfügbaren Ressourcen, einschließlich der sozioökonomischen Lage und den Merkmalen der nationalen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, des lebenslangen Lernens und der Beschäftigung, und in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgern umzusetzen ist:

    Ziele

    1.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, einen europäischen Ansatz für Microcredentials anzunehmen, der darauf abzielt,

    a)

    jeden Menschen in die Lage zu versetzen, die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen zu erwerben, auf den neuesten Stand zu bringen und zu verbessern, die er braucht, um auf einem sich wandelnden Arbeitsmarkt und in einer sich wandelnden Gesellschaft erfolgreich zu sein, in vollem Umfang von einem sozial gerechten Aufschwung und einem gerechten Übergang zu einer grünen und digitalen Wirtschaft zu profitieren sowie besser für die Bewältigung der aktuellen und künftigen Herausforderungen gerüstet zu sein;

    b)

    die Bereitschaft von Anbietern von Microcredentials dafür zu unterstützen, die Qualität, Transparenz, Zugänglichkeit und Flexibilität des Lernangebots zu verbessern, um die Menschen in die Lage zu versetzen, individuelle Lern- und Karrierewege zu gestalten;

    c)

    die Inklusion, den Zugang und die Chancengleichheit zu fördern und zur Erreichung von Resilienz, sozialer Gerechtigkeit und Wohlstand für alle beizutragen, und zwar im Kontext des demografischen und des gesellschaftlichen Wandels und in allen Phasen der Konjunkturzyklen.

    2.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gegebenenfalls Microcredentials als Instrument zu nutzen, um bestehende Lernmöglichkeiten zu stärken und zu ergänzen, die Teilnahme am lebenslangen Lernen zu erhöhen und das Ziel zu erreichen, dass jährlich 60 % aller Erwachsenen an einer Weiterbildung teilnehmen, wie es im Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte festgelegt sowie von den Staats- und Regierungschefs der EU begrüßt und durch die Entschließung des Rates zu einer neuen europäischen Agenda für die Erwachsenenbildung 2021-2030 (20) gebilligt wurde.

    Anwendungsbereich

    3.

    Gegenstand der vorliegenden Empfehlung sind Microcredentials sowie Strategien, die die wirksame Gestaltung, Ausstellung und Nutzung von Microcredentials unterstützen können.

    4.

    Microcredentials können zur Ergänzung und Verbesserung der Ökosysteme für das Unterrichtswesen, die Berufsbildung, das lebenslange Lernen und die Beschäftigungsfähigkeit eingesetzt werden. Die in der vorliegenden Empfehlung dargelegten Maßnahmen zielen darauf ab, Lernmöglichkeiten und die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, ohne dass die Systeme der Erstausbildung, der Hochschulbildung und der beruflichen Aus- und Weiterbildung gestört oder bestehende Qualifikationen und Abschlüsse ausgehöhlt und ersetzt werden. Die Maßnahmen beinhalten die Empfehlung, einen gemeinsamen europäischen Ansatz für die laufende und neue Bereitstellung von Microcredentials in der Europäischen Union festzulegen, und sie enthalten eine Definition sowie Leitlinien für die Gestaltung, Ausstellung und Beschreibung von Microcredentials, um deren Qualität und Transparenz zu verbessern und deren Akzeptanz zu fördern.

    Begriffsbestimmungen

    5.

    Für die Zwecke dieser Empfehlung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    a)

    „Microcredentials“ sind Nachweise über die Lernergebnisse, die eine Lernende bzw. ein Lernender im Rahmen einer weniger umfangreichen Lerneinheit erzielt hat. Diese Lernergebnisse werden anhand transparenter und eindeutig definierter Kriterien beurteilt. Lernerfahrungen, die zum Erhalt von Microcredentials führen, sind so konzipiert, dass sie den Lernenden spezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen vermitteln, die dem gesellschaftlichen, persönlichen, kulturellen oder arbeitsmarktbezogenen Bedarf entsprechen. Microcredentials sind Eigentum der Lernenden, können geteilt werden und sind übertragbar. Sie können eigenständig sein oder kombiniert werden, sodass sich daraus umfangreichere Qualifikationen ergeben. Sie werden durch eine Qualitätssicherung gestützt, die sich an den im jeweiligen Sektor oder Tätigkeitsbereich vereinbarten Standards orientiert.

    b)

    „Anbieter von Microcredentials“ sind Einrichtungen und Organisationen der allgemeinen und beruflichen Bildung, Sozialpartner (d. h. Organisationen, die Arbeitskräfte und Arbeitgeber vertreten), Arbeitgeber und Industrie, Organisationen der Zivilgesellschaft, öffentliche Arbeitsvermittlungsstellen, regionale und nationale Behörden sowie andere Arten von Akteuren, die Microcredentials für formales, nichtformales und informelles Lernen konzipieren, anbieten und ausstellen. Dies gilt unbeschadet der regionalen und nationalen Rechtsvorschriften und Gegebenheiten.

    c)

    Unter „Lernumgebungen“ sind die unterschiedlichen, physischen, webbasierten, integrierten (21), virtuellen und digitalen Orte, Kontexte und Kulturen zu verstehen, an bzw. in denen Menschen lernen, d. h. alle Umgebungen, in denen formales, nichtformales und informelles Lernen stattfinden kann.

    d)

    „Formales Lernen“ bezeichnet einen Lernprozess, der in einem organisierten und strukturierten, speziell dem Lernen dienenden Kontext stattfindet und typischerweise zum Erwerb einer Qualifikation, in der Regel in Form eines Zeugnisses oder eines Befähigungsnachweises führt; hierzu gehören Systeme der allgemeinen Bildung, der beruflichen Erstausbildung, fortlaufenden Weiterbildung und der tertiären beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie der Hochschulbildung (22).

    e)

    „Nichtformales Lernen“ bezeichnet Lernen, das außerhalb der formalen allgemeinen und beruflichen Bildung im Rahmen von Aktivitäten, die in Bezug auf Lernziele und Lernzeit geplant sind, stattfindet und bei dem die Lernenden in irgendeiner Form unterstützt werden (23).

    f)

    „Informelles Lernen“ bezeichnet Lernen durch alltägliche Aktivitäten und Erfahrungen, das in Bezug auf Ziele, Zeit oder Lernunterstützung nicht organisiert oder strukturiert ist; informelles Lernen kann aus Sicht des Lernenden unbeabsichtigt sein (24). Es führt nicht automatisch zu einem Microcredential, sondern kann im Zusammenhang mit Validierungsregelungen betrachtet werden, auf deren Grundlage die Lernergebnisse einer Person ermittelt, dokumentiert, bewertet und/oder zertifiziert werden können.

    g)

    „Übertragbarkeit“ bedeutet, dass die Inhaber von Nachweisen in der Lage sind, ihre Microcredentials in einem System ihrer Wahl zu speichern, sie mit einer (nationalen oder transnationalen) Partei ihrer Wahl zu teilen, und dass alle an dem Austausch beteiligten Parteien in der Lage sind, den Inhalt des Nachweises zu verstehen und seine Authentizität zu überprüfen. Dies ermöglicht die Übertragbarkeit zwischen und innerhalb der Sektoren der allgemeinen und beruflichen Bildung, auf dem Arbeitsmarkt und über Ländergrenzen hinweg.

    h)

    „Kumulierbarkeit“ bedeutet die Möglichkeit, verschiedene Microcredentials gegebenenfalls zu kombinieren und logisch aufeinander aufzubauen. Die Entscheidung, Microcredentials zu kumulieren, liegt bei der aufnehmenden Organisation (z. B. Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Arbeitgeber usw.) in Übereinstimmung mit ihren Praktiken und sollte die Ziele und Bedürfnisse der Lernenden unterstützen. Kumulieren begründet nicht automatisch einen Anspruch auf eine Qualifikation oder einen Abschluss. Diese Entscheidungen liegen bei den regionalen und nationalen Behörden und Einrichtungen entsprechend den jeweiligen Vergabeverfahren.

    i)

    „Bewertung“ bezeichnet ein Verfahren oder eine Methode zur Beurteilung, Messung und Beschreibung der Lernergebnisse, die eine Person in formalem, nichtformalem oder informellem Rahmen erworben hat. Die Bewertung erfolgt durch den Anbieter oder andere anerkannte Bewertungsanbieter.

    Definition und europäische Standardelemente zur Beschreibung eines Microcredentials

    6.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Folgendes anzunehmen und zu fördern:

    a)

    eine Definition für Microcredentials wie unter Nummer 5 Buchstabe a dargelegt;

    b)

    die europäischen Standardelemente zur Beschreibung eines Microcredentials (wie in Anhang I beschrieben) einschließlich der folgenden obligatorischen Elemente:

    i)

    Identitätsnachweis des bzw. der Lernenden,

    ii)

    Bezeichnung des Microcredentials,

    iii)

    Land (Länder) / Region(en) des Ausstellers,

    iv)

    ausstellende Stelle(n),

    v)

    Ausstellungsdatum,

    vi)

    Lernergebnisse,

    vii)

    geschätzter Arbeitsaufwand, der zur Erreichung der Lernergebnisse erforderlich ist (nach Möglichkeit im Europäischen System zur Anrechnung von Studienleistungen – ECTS),

    viii)

    Niveau (und gegebenenfalls Zyklus) der Lernerfahrung, die zum Erwerb des Microcredentials führt (Europäischer Qualifikationsrahmen, Qualifikationsrahmen für den Europäischen Hochschulraum), falls zutreffend,

    ix)

    Art der Bewertung,

    x)

    Form der Teilnahme an der Lernaktivität,

    xi)

    Art der Qualitätssicherung, die dem Microcredential zugrunde liegt;

    c)

    die europäischen Grundsätze für die Gestaltung und Ausstellung von Microcredentials (wie in Anhang II beschrieben).

    Entwicklung des Ökosystems für Microcredentials

    7.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gegebenenfalls die laufende und sich abzeichnende Entwicklung von Microcredentials in formalen Lernumgebungen zu erleichtern, unter anderem durch

    a)

    die Unterstützung der Hochschuleinrichtungen bei der Sondierung der Rolle von Microcredentials in Bezug auf das Angebot von Lernmöglichkeiten für unterschiedliche Lernende, insbesondere durch die Ausweitung eines attraktiven, zugänglichen, integrativen und auf die Lernenden ausgerichteten Angebots an Aktivitäten des lebenslangen Lernens, gegebenenfalls auch durch die Aktivitäten der Allianzen „Europäischer Hochschulen“ (25);

    b)

    die Unterstützung der von Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie anderen Berufsbildungseinrichtungen durchzuführenden Sondierung der Rolle von Microcredentials in der beruflichen Aus- und Weiterbildung bei der Förderung der Weiterbildung und Umschulung von Erwachsenen, auch im Rahmen der Tätigkeiten der Exzellenzzentren für die berufliche Aus- und Weiterbildung, sofern anwendbar;

    c)

    die Erwägung, entsprechend den nationalen Gegebenheiten öffentliche Mittel für die Entwicklung und Bereitstellung weniger umfangreicher Aktivitäten der allgemeinen und beruflichen Bildung, die zum Erwerb von Microcredentials führen, auf allen Ebenen der allgemeinen und beruflichen Bildung zur Verfügung zu stellen, wobei die institutionelle Autonomie zu berücksichtigen ist, um Vielfalt und Kreativität zu ermöglichen.

    8.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gegebenenfalls die laufende und sich abzeichnende Entwicklung von Microcredentials in nichtformalen und informellen Lernumgebungen zu unterstützen, unter anderem durch

    a)

    die Unterstützung der Gestaltung und Ausstellung von Microcredentials durch andere als die in Nummer 7 genannten Anbieter (dazu können Unternehmen, Sozialpartner, Organisationen der Zivilgesellschaft, lokale Behörden, Gemeinschaftszentren, Berufsverbände, Forschungs- und Innovationsorganisationen und private Anbieter gehören), einschließlich der Förderung der Vielfalt der Finanzierungsquellen;

    b)

    gegebenenfalls die Förderung der Entwicklung von Microcredentials, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter im Rahmen des sozialen Dialogs konzipieren und vereinbaren;

    c)

    die Erwägung, die Verfahren zur Anerkennung früherer Lernerfahrungen und zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens anzupassen, um die Vergabe von Microcredentials zu ermöglichen.

    9.

    Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, gegebenenfalls die Qualität und Transparenz von Microcredentials zu unterstützen, unter anderem durch

    a)

    die Anwendung, Anpassung und Entwicklung von Qualitätssicherungsmechanismen für Microcredentials, die von verschiedenen Arten von Anbietern ausgestellt werden, wobei nach Möglichkeit bestehende Mechanismen zu nutzen sind (siehe Anhang II);

    b)

    die Unterstützung des Einsatzes von Systemen für Erkenntnisse über Kompetenzen zur Analyse des Arbeitsmarktbedarfs und der demografischen Veränderungen, um die Notwendigkeit der Entwicklung oder Aktualisierung von Microcredentials zu ermitteln;

    c)

    die Aufforderung an die Anbieter, Kataloge der von ihnen angebotenen Microcredentials zu veröffentlichen, gegebenenfalls einschließlich ihrer Strategie zur Anerkennung von Microcredentials, die von anderen Anbietern ausgestellt wurden;

    d)

    die Integration von Microcredentials in nationale Qualifikationsrahmen und -systeme. Entscheidungen über die Integration von Microcredentials in regionale und nationale Rahmen oder Systeme liegen bei den nationalen Behörden oder Einrichtungen im Einklang mit den nationalen Gegebenheiten.

    10.

    Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, gegebenenfalls eine effektive Erprobung, Zusammenarbeit, Governance sowie Partnerschaften zwischen den folgenden Akteuren zu fördern und zu unterstützen:

    i)

    Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung,

    ii)

    Sozialpartner,

    iii)

    Arbeitgeber und Industrie,

    iv)

    Forschungs- und Innovationsorganisationen,

    v)

    Organisationen der Zivilgesellschaft,

    vi)

    Dienste in den Bereichen Beschäftigung und soziale Inklusion

    vii)

    lokale, regionale und nationale Behörden.

    Diese Erprobung, Zusammenarbeit, Governance und Partnerschaften sind wichtig, um den Bedarf an Microcredentials zu ermitteln, Microcredentials gemeinsam zu entwickeln und Microcredentials zu aktualisieren und um die Auswirkungen auf Weiterbildung und Umschulung, lebenslanges Lernen und die Laufbahnentwicklung zu beurteilen.

    Das Potenzial von Microcredentials ausschöpfen

    11.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Microcredentials gegebenenfalls sowohl in die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung als auch in die Qualifizierungsstrategien zu integrieren, unter anderem durch

    a)

    die Aufforderung, Angebote der allgemeinen und beruflichen Bildung, die zum Erwerb von Microcredentials führen, in die Kataloge der allgemeinen und beruflichen Bildungsangebote aufzunehmen;

    b)

    gegebenenfalls die Nutzung von Microcredentials zur Verbesserung des Zugangs zur allgemeinen und beruflichen Bildung für alle Lernenden, einschließlich benachteiligter und schutzbedürftiger Gruppen (wie Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Geringqualifizierte, Minderheiten, Menschen mit Migrationshintergrund, Flüchtlinge und Menschen mit geringeren Chancen aufgrund ihres Wohnortes und/oder ihrer nachteiligen sozioökonomischen Situation);

    c)

    die Nutzung von Microcredentials, um flexible Lernwege und den Übergang vom Sekundarbereich II oder der beruflichen Bildung in den tertiären Bildungsbereich und die Erwachsenenbildung zu unterstützen, sofern relevant;

    d)

    die Nutzung von Microcredentials, die in Studiengänge integriert werden können oder diese ergänzen können, sofern relevant;

    e)

    die Nutzung von Microcredentials als weiteres Mittel zur Verbesserung der grundlegenden bzw. fortgeschrittenen digitalen Fertigkeiten und Kompetenzen eines breiteren Spektrums von Lernenden, im Einklang mit dem Aktionsplan für digitale Bildung und dem Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte;

    f)

    die Nutzung von Microcredentials zur Unterstützung der Entwicklung von Lernangeboten im Bereich des grünen Wandels und der nachhaltigen Entwicklung als Teil der nationalen Umsetzung der Empfehlung des Rates zum Lernen für den grünen Wandel und die nachhaltige Entwicklung;

    g)

    die Förderung des Einsatzes von Microcredentials durch Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung und andere Anbieter – in Zusammenarbeit mit dem sie umgebenden Wissens- und Innovationsökosystem –, um die Relevanz von Microcredentials zu steigern und ihre potenziellen positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft auf lokaler und regionaler Ebene zu erhöhen;

    h)

    die Förderung des Verständnisses und der Nutzung von Microcredentials durch die berufliche Weiterbildung von Lehr- und Ausbildungskräften, Berufsberatern (z. B. im Rahmen der Erasmus+-Lehrkräfteakademien) sowie von Wissenschaftlern, Forschern und sonstigem entsprechendem Personal;

    i)

    die Förderung des Einsatzes von Microcredentials für die rasche Umsetzung neuester Forschungsergebnisse in Lernangebote sowie die Stärkung der Synergien zwischen dem europäischen Bildungsraum und dem Europäischen Forschungsraum;

    j)

    die Erforschung der Nutzung von Microcredentials im europäischen Bildungsraum, um geschlechtsspezifische und andere diskriminierende Stereotypen in Bezug auf die Studienwahl und in Bezug auf Bildungspraktiken und -materialien zu bekämpfen.

    12.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Microcredentials gegebenenfalls in ihre Beschäftigungspolitik und aktive Arbeitsmarktpolitik (d. h. Arbeitsvermittlung, Aus- und Weiterbildungsförderung und Beschäftigungsanreize) zu integrieren, unter anderem durch

    a)

    die Nutzung von Microcredentials, sofern relevant, um

    i)

    Qualifikationsungleichgewichte und Engpässe in bestimmten Wirtschaftssektoren und Regionen zu beseitigen, und

    ii)

    die Weiterbildung und Umschulung von Arbeitskräften für die auf dem Arbeitsmarkt nachgefragten Qualifikationen und Arbeitsplätze durchzuführen, insbesondere im Zusammenhang mit dem digitalen und dem grünen Wandel;

    b)

    die Aufnahme von Aus- und Weiterbildung, die zum Erwerb von Microcredentials führt, in anerkannte Ausbildungsmöglichkeiten, die mit individuellen Lernkonten – wo diese existieren – und anderen Systemen zur Ausbildungsförderung verknüpft werden können;

    c)

    die Förderung des Einsatzes von Microcredentials als Mittel zur Aktualisierung und Verbesserung der Qualifikationen von Selbstständigen und Erwerbstätigen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, einschließlich auf Plattformen beschäftigter Arbeitskräfte und KMU;

    d)

    die Sondierung des Einsatzes von Microcredentials in gezielten Initiativen, um benachteiligte und schutzbedürftige Gruppen (wie Personen, die das Mindesteinkommen beziehen, Menschen mit Behinderungen, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte) zu unterstützen und zu motivieren, wieder in den Arbeitsmarkt einzutreten oder ihre Beschäftigung fortzusetzen;

    e)

    die Sondierung der Rolle von Microcredentials innerhalb der Systeme zur Umsetzung der verstärkten Jugendgarantie, um junge Menschen zu unterstützen, auch bei der vorbereitenden Aus- und Weiterbildung und bei qualitativ hochwertigen Angeboten für die allgemeine oder berufliche Fort- und Weiterbildung;

    f)

    die Sondierung der Rolle von Microcredentials als Teil der nationalen Umsetzung der Empfehlung zur wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) nach der COVID-19-Krise;

    g)

    die Sondierung der Nutzung von Microcredentials, um die berufliche Entwicklung von Arbeitnehmern zu unterstützen und die obligatorischen Anforderungen für die berufliche Weiterbildung und Umschulung in bestimmten Berufen und Arbeitsbereichen zu erfüllen (z. B. für Lizenzen, erforderliche Aus- und Weiterbildungen und Genehmigungen).

    13.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gegebenenfalls das europäische Netz der nationalen Informationszentren und die nationalen Informationszentren für Fragen der akademischen Anerkennung (ENIC- und NARIC-Netze) oder andere geeignete Stellen bei der Entwicklung, sofern relevant, transparenter Anerkennungsverfahren für Microcredentials, die von unterschiedlichen Anbietern ausgestellt werden, zu fördern und zu unterstützen. Dies sollte in Zusammenarbeit mit den in Absatz 10 genannten einschlägigen Interessenträgern geschehen, unter anderem durch Prüfung der Möglichkeit einer automatischen Anerkennung von Microcredentials (26).

    14.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gegebenenfalls sicherzustellen, dass Informationen und Ratschläge zur Identifizierung und Auswahl von Microcredentials in die Beratungsdienste für lebenslanges Lernen aufgenommen werden. Dazu gehören Beratungsdienste in Karrierezentren von Hochschuleinrichtungen, öffentliche Arbeitsvermittlungsstellen, private Arbeitsvermittlungsdienste, Sozialdienste und andere Beratungsdienste (Beschäftigung, Karriere, allgemeine und berufliche Bildung, Coaching). Die Aufnahme von Beratung in Bezug auf Microcredentials in diese Dienste sollte allen Lernenden zugutekommen, einschließlich benachteiligter und schutzbedürftiger Lernender.

    15.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gegebenenfalls

    a)

    Maßnahmen zu definieren, die auf den einschlägigen geltenden nationalen Regelungen und Finanzrahmen zur Umsetzung dieser Empfehlung aufbauen. Dazu könnten Verknüpfungen zu individuellen Lernkonten – wo diese existieren – gehören (unter gebührender Berücksichtigung der Verantwortung und Autonomie der Bildungs-, Berufsbildungs- und Arbeitsmarktorganisationen im nationalen Kontext);

    b)

    die Mittel und Instrumente der Union optimal nutzen, um die notwendigen Reformen zu fördern – vom unterstützenden Rahmen bis zur Entwicklung und Nutzung von Microcredentials.

    Unterstützung durch die Kommission

    Der Rat begrüßt folgende Absichten der Kommission, unter gebührender Berücksichtigung der Subsidiarität und der nationalen Gegebenheiten und in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten:

    16.

    Entwicklung und gegebenenfalls Anpassung bestehender Instrumente und Dienste der Union zur Unterstützung der Entwicklung von Microcredentials durch alle Arten von Anbietern, unter anderem durch

    a)

    die Unterstützung der Entwicklung von Leitlinien zur Förderung der Transparenz und zur Anwendung der aktuellen EU- und Bologna-Instrumente im Bereich der Hochschulbildung auf die interne und externe Qualitätssicherung von Microcredentials;

    b)

    die Untersuchung, wie das Benutzerhandbuch des Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen im Bereich der Hochschulbildung angepasst werden kann, um Microcredentials zu integrieren;

    c)

    die Untersuchung, wie die EU-Instrumente für Kompetenzen und Qualifikationen angepasst und weiterentwickelt werden können, um Microcredentials in die Berufsbildungssysteme zu integrieren;

    d)

    die Förderung der Rolle der ENIC- und NARIC-Netze und anderer geeigneter Stellen bei der Anerkennung von Microcredentials für weitere Studien- und/oder Beschäftigungszwecke, einschließlich der Entwicklung von Beratung und Berufsbildung;

    e)

    die Unterstützung strukturierter Beratungen über die Möglichkeit, Microcredentials in nationale Qualifikationsrahmen (NQR) aufzunehmen;

    f)

    die Sondierung der Entwicklung der Initiative für den europäischen Studierendenausweis, der es Studierenden ermöglichen soll, die Ergebnisse von Microcredentials, die sie während ihres Auslandsstudiums erworben haben, auf sichere Weise elektronisch mit anderen Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu teilen.

    17.

    Die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und allen Interessengruppen, unter anderem durch

    a)

    die Unterstützung des Informationsaustauschs zwischen regionalen und nationalen Behörden über einschlägige regionale und nationale politische Initiativen und Erkenntnisse über deren Wirkung unter optimaler Nutzung des strategischen Rahmens für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung mit Blick auf den europäischen Bildungsraum und darüber hinaus;

    b)

    die Förderung der europäischen Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung von Microcredentials, wodurch gegenseitiges Vertrauen entsteht;

    c)

    Anreize für die Erprobung und Nutzung von Microcredentials durch Hochschuleinrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich der Allianzen „Europäischer Hochschulen“ und der Exzellenzzentren für die berufliche Aus- und Weiterbildung, um die Akzeptanz von Microcredentials durch die breitere Gemeinschaft der allgemeinen und beruflichen Bildung zu fördern und zu unterstützen;

    d)

    gegebenenfalls die Förderung des Engagements für Microcredentials in Erasmus+-Lehrkräfteakademien und bei anderen Anbietern von Aus- und Weiterbildungen für Lehrkräfte, um den Bedarf der Lehrkräfte an kontinuierlicher beruflicher Entwicklung zu decken;

    e)

    die Sondierung des Engagements der Sozialpartner, Arbeitgeber und Industrie im Bereich der Microcredentials, unter anderem durch den Kompetenzpakt und die damit verbundenen Kooperationsinitiativen, wie etwa der Initiative „Blaupause zur Branchenzusammenarbeit für Kompetenzen“, der verstärkten Europäischen Ausbildungsallianz und der Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze;

    f)

    die Unterstützung der Zusammenarbeit und des Austauschs bewährter Verfahren zwischen öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen und Arbeitgebern in Bezug auf die Nutzung von Microcredentials zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit im Rahmen des Netzwerks der öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen;

    g)

    die Erleichterung von Kooperationsprojekten zwischen den Sozialpartnern und Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung über die Art und Weise, wie Microcredentials zur Deckung des Qualifikationsbedarfs auf europäischer, nationaler, lokaler und regionaler Ebene und in verschiedenen Sektoren genutzt und umgesetzt werden können.

    18.

    Die Unterstützung der technischen Umsetzung der Empfehlung, indem Weiterentwicklungen der Europass-Plattform geprüft werden, um Folgendes bereitzustellen, sofern relevant:

    a)

    Informationen zu Lernangeboten, die zum Erwerb von Microcredentials führen, und zu Anbietern, die den europäischen Ansatz für Microcredentials übernehmen;

    b)

    Unterstützung für die Authentifizierung von Microcredentials durch europäische digitale Lernnachweise;

    c)

    Unterstützung der Übertragbarkeit, Kumulierbarkeit, Interoperabilität, des Austauschs und der gemeinsamen Nutzung von Informationen über Microcredentials durch einen offenen europäischen Standard, in dem ein gemeinsames Format für Microcredentials festgelegt ist.

    19.

    Förderung weiterer Forschung zu folgenden Themen:

    i)

    Einführung des europäischen Ansatzes für Microcredentials, einschließlich ihrer Nutzung durch Anbieter allgemeiner und beruflicher Bildung, Arbeitgeber und Sozialpartner,

    ii)

    spezifische Ergebnisse und Vorteile für die Lernenden,

    iii)

    ihr Mehrwert im Vergleich zu und in Ergänzung zu vollwertigen Abschlüssen oder Qualifikationen,

    iv)

    weitere Erkenntnisse über die Faktoren, die die Anreize und die Motivation der Menschen zur Teilnahme an einer Aus- und Weiterbildung beeinflussen.

    20.

    Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten gemeinsam daran arbeiten, den Umfang und die Relevanz der bestehenden Datenerhebung zu Microcredentials auf Unionsebene zu verbessern.

    Berichterstattung

    21.

    Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die vorliegende Empfehlung schnellstmöglich umsetzen. Sie werden ersucht, der Kommission bis zum Dezember 2023 über die entsprechenden Maßnahmen zu unterrichten, die auf geeigneter Ebene zur Unterstützung der Ziele der vorliegenden Empfehlung zu ergreifen sind.

    22.

    Die Kommission wird ersucht, die Fortschritte bei der Umsetzung der vorliegenden Empfehlung über die geltenden einschlägigen Überwachungs- und Berichterstattungsrahmen der Union ohne jegliche zusätzliche Belastung für die Mitgliedstaaten, in Zusammenarbeit mit ihnen und nach Konsultation der betroffenen Interessenträger zu überwachen und dem Rat innerhalb von fünf Jahren nach dem Datum der Annahme dieser Empfehlung Bericht erstatten.

    Geschehen zu Luxemburg am 16. Juni 2022.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    O. DUSSOPT


    (1)  ABl. L 379 vom 26.10.2021, S. 1.

    (2)  ABl. C 428 vom 13.12.2017, S. 10.

    (3)  „[...] begrüßt der Europäische Rat die EU-Kernziele des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte im Einklang mit der Erklärung von Porto“, Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, 24./25. Juni 2021, EUCO 7/21.

    (4)  C(2021) 1372 final.

    (5)  COM(2020) 274 final.

    (6)  COM(2020) 625 final.

    (7)  ABl. C 417 vom 2.12.2020, S. 1.

    (8)  ABl. C 66 vom 26.2.2021, S. 1.

    (9)  ABl. C 221 vom 10.6.2021, S. 14.

    (10)  Ministerkommuniqué von Rom vom 19. November 2020.

    (11)  ABl. C 221 vom 10.6.2021, S. 3.

    (12)  „[...] the notion of the online platform economy should be understood to cover all economic activity arising out of actual or intended commercial transactions in the internal market and facilitated directly or indirectly by online platforms, in particular online intermediation services and online search engines“ (Der Begriff der Online-Plattformwirtschaft sollte so verstanden werden, dass er alle wirtschaftlichen Tätigkeiten umfasst, die sich aus tatsächlichen oder beabsichtigten kommerziellen Transaktionen im Binnenmarkt ergeben und direkt oder indirekt durch Online-Plattformen, insbesondere Online-Vermittlungsdienste und Online-Suchmaschinen, erleichtert werden), Beschluss der Kommission vom 26.4.2018 über die Einsetzung der Sachverständigengruppe für die Beobachtungsstelle für die Online-Plattformwirtschaft, C(2018) 2393 final vom 26.4.2018, S. 1.

    (13)  In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 zu dem Thema „Gerechte Arbeitsbedingungen, Rechte und soziale Sicherung für auf Online-Plattformen beschäftigte Arbeitnehmer – Neue Beschäftigungsformen im Zusammenhang mit der digitalen Entwicklung“ (2019/2186(INI)) wurde gefordert, dass die allgemeine und berufliche Bildung von auf Online-Plattformen Beschäftigten im Rahmen des EU-Ansatzes für Microcredentials behandelt wird.

    (14)  COM(2020) 624 final.

    (15)  COM(2019) 640 final.

    (16)  ABl. C 189 vom 15.6.2017, S. 15.

    (17)  ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 1.

    (18)  SWD(2020) 121 final.

    (19)  ABl. L 112 vom 2.5.2018, S. 42.

    (20)  ABl. C 504 vom 14.12.2021, S. 9.

    (21)  Beim „Blended Learning“ (auch „integriertes Lernen“ genannt) in der formalen allgemeinen und beruflichen Bildung nutzen Schulen, Lehrkräfte und Lernende mehrere Ansätze für den Lernprozess.

    (22)  Begriffsbestimmung aus der Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens, ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 1.

    (23)  Begriffsbestimmung aus der Verordnung (EU) 2021/817 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Einrichtung von Erasmus+, dem Programm der Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 (ABl. L 189 vom 28.05.2021, S. 1).

    (24)  Begriffsbestimmung aus der Verordnung (EU) 2021/817 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Einrichtung von Erasmus+, dem Programm der Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 (ABl. L 189 vom 28.05.2021, S. 1).

    (25)  ABl. C 221 vom 10.6.2021, S. 14.

    (26)  Wie in der Empfehlung des Rates vom 26. November 2018 zur Förderung der automatischen gegenseitigen Anerkennung von im Ausland erworbenen Hochschulqualifikationen und von Qualifikationen der allgemeinen und beruflichen Bildung der Sekundarstufe II sowie der Ergebnisse von Lernzeiten im Ausland (ABl. C 444 vom 10.12.2018, S. 1) festgelegt.


    ANHANG I

    Europäische Standardelemente zur Beschreibung eines Microcredentials

    Dieser Anhang enthält eine Liste gemeinsamer europäischer Standardelemente zur Beschreibung von Microcredentials, die als Ressource zur Unterstützung der Implementierung empfohlen werden (1).

    Obligatorische Elemente:

    Identitätsnachweis des/der Lernenden

    Bezeichnung des Microcredentials

    Land (Länder) / Region(en) des Ausstellers

    Ausstellende Stelle(n)

    Ausstellungsdatum

    Lernergebnisse

    Geschätzter Arbeitsaufwand, der zur Erreichung der Lernergebnisse erforderlich ist (nach Möglichkeit in ECTS-Credits)

    Niveau (und gegebenenfalls Zyklus) der Lernerfahrung, die zum Microcredential führt (Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQF), Qualifikationsrahmen für den Europäischen Hochschulraum (QF-EHEA)), falls anwendbar

    Art der Bewertung

    Form der Teilnahme an der Lernaktivität

    Art der Qualitätssicherung, die dem Microcredential zugrunde liegt

    Optionale Elemente, soweit erforderlich (nicht erschöpfende Liste)

    Erforderliche Voraussetzungen für die Teilnahme an der Lernaktivität

    Beaufsichtigung und Identitätsüberprüfung während der Leistungsbeurteilung (unbeaufsichtigt ohne Identitätsüberprüfung, beaufsichtigt ohne Identitätsüberprüfung, online beaufsichtigt oder vor Ort mit Identitätsüberprüfung)

    Erzielte Note

    Integrations-/Kombinationsoptionen (eigenständig, unabhängiger/integrierter Microcredential, kombinierbar mit einer anderen Qualifikation)

    Sonstige Angaben

    Diese Standardelemente werden in ein europäisches Datenmodell (2) der Union aufgenommen, in dem ein gemeinsames Format für die Beschreibung von Microcredentials festgelegt ist. Das Datenmodell wird als offener Standard verfügbar sein, der von den Anbietern von Microcredentials gegebenenfalls verwendet werden kann und die Interoperabilität sowie den Austausch von Daten über Microcredentials erleichtern könnte.

    Die Kommission wird das Datenmodell auf der Grundlage der oben aufgeführten gemeinsamen Standardelemente entwickeln. Die Entwicklung dieses Datenmodells erfolgt

    i)

    in Absprache mit den Mitgliedstaaten und Interessengruppen,

    ii)

    im Einklang mit den Bedürfnissen der Nutzer und dem technologischen Fortschritt,

    iii)

    im Einklang mit den Veränderungen auf den Arbeitsmärkten,

    iv)

    im Einklang mit bestehenden Ansätzen zur Bereitstellung von Bildung und Berufsbildung.

    Dieses Datenmodell soll die Kohärenz der Informationen unterstützen und einen klaren Mehrwert bieten. Als Rechtsgrundlage für das Datenmodell für Microcredentials wird der Europass-Beschluss dienen, insbesondere Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b, Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d und Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b, in denen die Kommission bereits aufgefordert wird, offene Standards zu entwickeln, zu prüfen und zu aktualisieren.


    (1)  Die Verwendung der europäischen Standardelemente zur Beschreibung von Microcredentials an sich impliziert keine offizielle Validierung oder Anerkennung, bildet jedoch eine wesentliche Voraussetzung dafür.

    (2)  Datenmodelle sind grafische und/oder lexikalische Darstellungen von Daten, die deren Eigenschaften, Struktur und Beziehungen untereinander spezifizieren. Sie werden als offene Standards verwendet, sind frei verwendbar und transparent und beruhen auf einem Konsens.


    ANHANG II

    Europäische Grundsätze für die Gestaltung und Ausstellung von Microcredentials

    Die im Folgenden genannten zehn Grundsätze beschreiben den Charakter von Microcredentials und bieten den Mitgliedstaaten, Behörden und Anbietern eine Orientierungshilfe bei der Gestaltung und Ausstellung von Microcredentials und Systemen für Microcredentials. Die Grundsätze heben die Hauptmerkmale des europäischen Ansatzes für Microcredentials hervor, durch die das Vertrauen und die Qualität von Microcredentials gefördert werden können. Die Grundsätze sind universell und können gegebenenfalls in jedem Bereich oder Sektor angewandt werden.

    1

    Qualität

    Microcredentials unterliegen einer internen und externen Qualitätssicherung durch das System, aus dem sie hervorgehen (z. B. der Bildungs-, Ausbildungs- oder Arbeitsmarktkontext, in dem der Microcredential entwickelt und ausgegeben wird). Qualitätssicherungsprozesse müssen zweckdienlich, klar dokumentiert und zugänglich sein und den Bedürfnissen und Erwartungen von Lernenden und Interessengruppen entsprechen.

    Anbieter: Die externe Qualitätssicherung basiert in erster Linie auf der Bewertung der Anbieter (und nicht der einzelnen Kurse) und der Wirksamkeit ihrer internen Qualitätssicherungsverfahren.

    Die Anbieter sollten sicherstellen, dass die interne Qualitätssicherung alle folgenden Elemente umfasst:

    die allgemeine Qualität des Microcredentials selbst, basierend auf den unten genannten Standards;

    gegebenenfalls die Qualität des Kurses, der zum Erhalt des Microcredentials führt;

    das Feedback der Lernenden zu den Lernerfahrungen, die zum Erhalt des Microcredentials geführt haben, und

    das Feedback von Fachkollegen, einschließlich anderer Anbieter und Interessengruppen, zu den Lernerfahrungen, die zum Erhalt des Microcredentials geführt haben.

    Standards: Die externe Qualitätssicherung erfolgt in Übereinstimmung mit:

    Anhang IV der Empfehlung für den Europäischen Qualifikationsrahmen, sofern anwendbar;

    Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum, sofern anwendbar;

    dem europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQAVET-Rahmen), sofern anwendbar;

    anderen Qualitätssicherungsinstrumenten, einschließlich Registern und Gütezeichen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in Microcredentials zu stärken, sofern anwendbar.

    2

    Transparenz

    Microcredentials sind messbar, vergleichbar und verständlich, mit klaren Informationen zu Lernergebnissen, Arbeitsaufwand, Inhalt, Niveau und dem Lernangebot, soweit zutreffend.

    Arbeitsaufwand

    Die Hochschuleinrichtungen sollten das Europäische System zur Anrechnung von Studienleistungen (ECTS) verwenden und die Grundsätze in Anhang V der EQR-Empfehlung einhalten, wo dies möglich ist, um den geschätzten Arbeitsaufwand nachzuweisen, der erforderlich ist, um die Lernergebnisse des Microcredentials zu erreichen.

    Anbieter, die das ECTS nicht nutzen, können andere Systeme oder Arten von Informationen verwenden, mit denen sich Lernergebnisse und Arbeitsaufwand in Übereinstimmung mit den Grundsätzen in Anhang V der EQR-Empfehlung wirksam beschreiben lassen.

    Qualifikationsrahmen/-systeme

    Microcredentials können in nationale Qualifikationsrahmen/-systeme aufgenommen werden, sofern sie angemessen sind und im Einklang mit nationalen Prioritäten und Entscheidungen stehen. Die nationalen Qualifikationsrahmen/-systeme werden dem Europäischen Qualifikationsrahmen zugeordnet und – im Falle von Hochschulqualifikationen – anhand des Qualifikationsrahmens für den Europäischen Hochschulraum selbstzertifiziert, was die Transparenz von und das Vertrauen in Microcredentials weiter fördern kann.

    Informationen über das Angebot von Microcredentials

    Systeme für Microcredentials sollten transparente und klare Informationen liefern, um die Beratungssysteme für Lernende zu unterstützen, in Übereinstimmung mit den nationalen Praktiken und den Bedürfnissen der Beteiligten:

    Informationen über Anbieter von Microcredentials werden, sofern möglich, in bestehenden Registern veröffentlicht. Anbieter im Hochschulbereich (und andere einschlägige Anbieter) sollten nach Möglichkeit in die Datenbank für externe Qualitätssicherungsergebnisse (Database of External Quality Assurance Results – DEQAR) aufgenommen werden, die auf der Qualitätssicherung gemäß den Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum (ESGQA) basiert;

    Informationen über Lernangebote, die zum Erwerb von Microcredentials führen, sollten über die entsprechenden Plattformen, einschließlich Europass, zugänglich sein und leicht ausgetauscht werden können.

    3

    Relevanz

    Microcredentials sollten als eigenständige, zielgerichtete Lernleistungen konzipiert sein und ausgestellt werden, und die Lernangebote, die zu ihrem Erwerb führen, sind erforderlichenfalls zu aktualisieren, um dem festgestellten Lernbedarf zu entsprechen.

    Die Zusammenarbeit zwischen Organisationen der allgemeinen und beruflichen Bildung, Arbeitgebern, Sozialpartnern, anderen Anbietern und Nutzern von Microcredentials wird gefördert, um die Relevanz der Microcredentials für den Arbeitsmarkt zu erhöhen.

    4

    Zuverlässige Bewertung

    Die Lernergebnisse des Microcredentials werden anhand transparenter Kriterien bewertet.

    5

    Lernwege

    Microcredentials sind so konzipiert und werden so ausgestellt, dass sie flexible Lernwege unterstützen, einschließlich der Möglichkeit, Microcredentials aus verschiedenen Systemen zu validieren, anzuerkennen und zu kumulieren.

    Kumulierbarkeit

    Microcredentials sind modular aufgebaut, sodass weitere Microcredentials hinzugefügt und in weiter gefassten Zertifikaten oder Qualifikationen gebündelt werden können. Die Entscheidung, Microcredentials zu kumulieren, liegt bei der aufnehmenden Organisation (z. B. Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Arbeitgeber usw.) in Übereinstimmung mit ihren Praktiken und sollte die Ziele und Bedürfnisse der Lernenden unterstützen. Kumulieren von Microcredentials begründet nicht automatisch einen Anspruch auf eine Qualifikation oder einen Abschluss. Diese Entscheidungen liegen bei den regionalen und nationalen Behörden und Einrichtungen entsprechend den jeweiligen Vergabeverfahren.

    Validierung nichtformalen und informellen Lernens

    Der Erwerb von Microcredentials ist nach der Bewertung von Lernergebnissen möglich, die entweder durch einen speziellen Kurs erworben werden, der zum Erwerb des Microcredentials führt, oder auf der Grundlage der Bewertung von Lernergebnissen, die sich aus nichtformalem und informellem Lernen ergeben.

    6

    Anerkennung

    Microcredentials haben einen eindeutigen Signalwert für die Lernergebnisse kleinerer Lernmodule. Anerkennung ebnet den Weg für ein breiteres Angebot solcher Lernerfahrungen in vergleichbarer Form in der gesamten EU.

    Microcredentials werden von den zuständigen Stellen, sofern möglich, für akademische, die allgemeine bzw. berufliche Bildung betreffende oder berufliche bzw. beschäftigungsrelevante Zwecke, auf der Grundlage von Informationen, die entsprechend den europäischen Standardelementen (Anhang I) und den Grundsätzen für die Gestaltung und Ausstellung von Microcredentials (Anhang II) bereitgestellt werden, anerkannt.

    Wenn Microcredentials von Anbietern formaler Bildung ausgestellt werden, erfolgt die Anerkennung, sofern möglich, auf der Grundlage standardisierter Anerkennungsverfahren, die für die Anerkennung ausländischer Qualifikationen sowie von Lernzeiten im Ausland zu verwenden sind.

    Dies berührt nicht das Recht der zuständigen Behörden, Anerkennungsverfahren festzulegen oder die Echtheit von Dokumenten zu überprüfen.

    7

    Übertragbarkeit

    Microcredentials sind Eigentum der Inhaber der Nachweise (der Lernenden) und können vom ihnen einfach gespeichert und geteilt werden, auch über fälschungssichere elektronische Brieftaschen (z. B. Europass), im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung. Die Infrastruktur für die Datenspeicherung basiert auf offenen Standards und Datenmodellen. Dies gewährleistet Interoperabilität und nahtlosen Datenaustausch und ermöglicht eine reibungslose Überprüfung der Datenauthentizität.

    8

    Lernerzentriert

    Microcredentials sind so konzipiert, dass sie den Bedürfnissen der Zielgruppe der Lernenden entsprechen. Die Lernenden werden in die internen und externen Qualitätssicherungsprozesse einbezogen, und ihr Feedback wird im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserung des Microcredentials berücksichtigt.

    9

    Authentisch

    Die Microcredentials enthalten ausreichende Informationen, um die Identität der Nachweisinhaber (Lernende), die rechtliche Identität des Ausstellers, das Datum und den Ort der Ausstellung des Microcredentials zu überprüfen.

    10

    Informationen und Beratung

    Informationen und Beratung zu Microcredentials sollten in die Beratungsdienste für lebenslanges Lernen integriert werden und möglichst breite Gruppen von Lernenden auf integrative Weise erreichen, um die Bildungs-, Ausbildungs- und Berufswahl zu unterstützen.


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