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Document 62022CJ0331

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 13. Juni 2024.
    KT u. a. gegen Dirección General de la Función Pública, adscrita al Departamento de la Presidenia de la Generalitat de Catalunya und Departamento de Justicia de la Generalitat de Catalunya.
    Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado Contencioso-Administrativo n° 17 de Barcelona.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 1999/70/EG – EGB‑UNICE‑CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor – Interimsbeamte – Paragraf 5 – Maßnahmen zur Vermeidung und Ahndung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse.
    Verbundene Rechtssachen C-331/22 und C-332/22.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:496

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    13. Juni 2024 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 1999/70/EG – EGB‑UNICE‑CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge – Befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor – Interimsbeamte – Paragraf 5 – Maßnahmen zur Vermeidung und Ahndung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse“

    In den verbundenen Rechtssachen C‑331/22 und C‑332/22

    betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 17 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 17 Barcelona, Spanien) mit Entscheidungen vom 12. Mai 2022 und vom 6. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Mai 2022 und am 19. Mai 2022, in den Verfahren

    KT

    gegen

    Dirección General de la Función Pública, adscrita al Departamento de la Presidencia de la Generalitat de Catalunya (C‑331/22)

    und

    HM,

    VD

    gegen

    Departamento de Justicia de la Generalitat de Catalunya (C‑332/22)

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Richters P. G. Xuereb in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, des Richters A. Kumin (Berichterstatter) und der Richterin I. Ziemele,

    Generalanwalt: N. Emiliou,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    von KT, vertreten durch B. Salellas Vilar, Abogado,

    von HM und VD, vertreten durch J. Araúz de Robles Dávila, Abogado,

    der Dirección General de la Función Pública, adscrita al Departamento de la Presidencia de la Generalitat de Catalunya und dem Departamento de Justicia de la Generalitat de Catalunya, vertreten durch B. Bernad Sorjús, Letrada,

    der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

    der griechischen Regierung, vertreten durch V. Baroutas und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Galindo Martín, D. Recchia und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE‑CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43).

    2

    Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten in der Rechtssache C‑331/22 zwischen KT und der Dirección General de la Función Pública, adscrita al Departamento de la Presidencia de la Generalitat de Catalunya (Generaldirektion [GD] für den öffentlichen Dienst bei der Präsidentschaft der Autonomen Gemeinschaft Katalonien, Spanien) und in der Rechtssache C‑332/22 zwischen HM und VD auf der einen Seite und dem Departamento de Justicia de la Generalitat de Catalunya (Justizministerium der Regierung der Autonomen Gemeinschaft Katalonien, Spanien) auf der anderen Seite über die Einstufung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Betroffenen und der jeweiligen öffentlichen Verwaltung.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 1999/70 sieht vor:

    „Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie … nachzukommen, [und haben dabei] alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. …“

    4

    In Paragraf 1 der Rahmenvereinbarung heißt es:

    „Diese Rahmenvereinbarung soll:

    b)

    einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse verhindert.“

    5

    Paragraf 4 („Grundsatz der Nichtdiskriminierung“) Nr. 1 der Rahmenvereinbarung bestimmt:

    „Befristet beschäftig[t]e Arbeitnehmer dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.“

    6

    Paragraf 5 („Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch“) der Rahmenvereinbarung lautet:

    „1.

    Um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

    a)

    sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;

    b)

    die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse;

    c)

    die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.

    2.

    Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner legen gegebenenfalls fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse:

    a)

    als, aufeinanderfolgend‘ zu betrachten sind;

    b)

    als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.“

    Spanisches Recht

    Verfassung

    7

    Art. 23 Abs. 2 der Constitución española (spanische Verfassung, im Folgenden: Verfassung) bestimmt, dass die Bürger „vorbehaltlich gesetzlich festgelegter Anforderungen zu gleichen Bedingungen das Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern und Stellen [haben]“.

    8

    Art. 103 Abs. 3 der Verfassung bestimmt unter anderem, dass das Statut der Beamten durch Gesetz festgelegt wird und für den Zugang zum öffentlichen Dienst die Grundsätze der Leistung und der Befähigung maßgeblich sind.

    Rechtsvorschriften über befristete Arbeitsverträge

    – Arbeitnehmerstatut

    9

    Art. 15 Abs. 3 des Real Decreto Legislativo 2/2015, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores (Königliches gesetzesvertretendes Dekret 2/2015 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut) vom 23. Oktober 2015 (BOE Nr. 255 vom 24. Oktober 2015, S. 100224) in seiner auf die Sachverhalte der Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung (im Folgenden: Arbeitnehmerstatut) legt fest, dass „rechtsmissbräuchlich geschlossene befristete Verträge … als unbefristet [gelten]“.

    10

    Art. 15 Abs. 5 des Arbeitnehmerstatuts bestimmt:

    „Unbeschadet des Abs. 1 Buchst. a sowie der Abs. 2 und 3 dieses Artikels erlangen Arbeitnehmer, die bei demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe innerhalb von 30 Monaten, sei es mit oder ohne Unterbrechung, für eine Dauer von mehr als 24 Monaten auf ein und derselben Stelle oder verschiedenen Stellen auf der Grundlage von mindestens zwei befristeten Arbeitsverträgen unmittelbar oder durch Überlassung durch Zeitarbeitsfirmen – mit denselben oder abweichenden Vertragsbedingungen betreffend die Befristung – beschäftigt waren, den Status von Dauerbeschäftigten. …“

    – EBEP

    11

    Art. 10 des Texto refundido de la Ley del Estatuto Básico del Empleado Público (Neufassung des Gesetzes über das Grundstatut der öffentlichen Bediensteten), die durch das Real Decreto Legislativo 5/2015, por el que se aprueba el Texto Refundido de la Ley del Estatuto Básico del Empleado Público (Königliches gesetzesvertretendes Dekret 5/2015 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Grundstatut der öffentlichen Bediensteten) vom 30. Oktober 2015 (BOE Nr. 261 vom 31. Oktober 2015, S. 103105) gebilligt wurde, in ihrer auf die Sachverhalte der Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: EBEP) sieht vor:

    „1.   Interimsbeamte sind Personen, die aus ausdrücklich dargelegten Gründen der Notwendigkeit und Dringlichkeit als solche ernannt werden, um in einem der folgenden Fälle Aufgaben von Laufbahnbeamten wahrzunehmen:

    a)

    Vorhandensein freier Stellen, die nicht mit Laufbahnbeamten besetzt werden können;

    b)

    zeitweilige Vertretung der Stelleninhaber;

    c)

    Durchführung zeitlich begrenzter Programme mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren, wobei diese Laufzeit nach den zur Umsetzung dieses Statuts verabschiedeten Gesetzen über den öffentlichen Dienst um weitere zwölf Monate verlängert werden kann;

    d)

    übermäßiges oder gesteigertes Arbeitsaufkommen für höchstens sechs Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten.

    2.   Die Auswahl von Interimsbeamten erfolgt anhand beschleunigter Verfahren, die in jedem Fall den Grundsätzen der Gleichheit, der Leistung, der Befähigung und der Öffentlichkeit unterliegen.

    3.   Abgesehen von den in Art. 63 genannten Gründen endet die Tätigkeit von Interimsbeamten, wenn der Grund für ihre Ernennung wegfällt.

    4.   Sofern kein Wegfall der Stellen beschlossen wurde, werden mit Interimsbeamten besetzte freie Stellen im Fall des Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels in das Stellenangebot im öffentlichen Dienst des entsprechenden Haushaltsjahrs, in dem die Ernennung der Interimsbeamten erfolgt, oder, wenn dies nicht möglich ist, des darauffolgenden Haushaltsjahrs einbezogen.

    5.   Die allgemeinen Regelungen für Laufbahnbeamte gelten für Interimsbeamte, soweit dies aufgrund ihrer Rechtsstellung … angemessen ist …“

    12

    Art. 70 EBEP bestimmt:

    „1.   Bei Personalbedarf, für den Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und dessen Deckung die Neueinstellung von Bediensteten erfordert, sind Stellen im öffentlichen Dienst auszuweisen oder andere ähnliche Instrumente zur Steuerung der Deckung des Personalbedarfs anzuwenden; dies beinhaltet die Verpflichtung, für die vorgesehenen Stellen – bis zu [10 %] zusätzlich – die entsprechenden Auswahlverfahren auszuschreiben und die maximale Frist für die Veröffentlichung der Bekanntmachungen der Auswahlverfahren festzusetzen. Die Ausschreibung einer Stelle im öffentlichen Dienst oder die Durchführung eines ähnlichen Instruments hat in jedem Fall innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von drei Jahren zu erfolgen.

    2.   Die Ausschreibung von Stellen im öffentlichen Dienst bzw. das ähnliche Instrument wird alljährlich durch die Leitungsorgane der betreffenden öffentlichen Verwaltung genehmigt und im jeweiligen Amtsblatt veröffentlicht.

    …“

    – Gesetz 20/2021

    13

    Die Ley 20/2021, de medidas urgentes para la reducción de la temporalidad en el empleo público (Gesetz 20/2021 über dringende Maßnahmen zur Verringerung befristeter Beschäftigung im öffentlichen Dienst) vom 28. Dezember 2021 (BOE Nr. 312 vom 29. Dezember 2021, S. 165067, im Folgenden: Gesetz 20/2021) hat u. a. das Real Decreto-ley 14/2021, de medidas urgentes para la reducción de la temporalidad en el empleo público (Königliches Gesetzesdekret 14/2021 über dringende Maßnahmen zur Verringerung befristeter Beschäftigung im öffentlichen Dienst) vom 6. Juli 2021 (BOE Nr. 161 vom 7. Juli 2021, S. 80375) ersetzt und einige Bestimmungen des EBEP geändert.

    14

    Art. 2 („Verfahren zur Stabilisierung befristeter Beschäftigung“) des Gesetzes 20/2021 sieht vor:

    „1.   In Ergänzung zu Art. 19 Abs. 1 Nr. 6 der Ley 3/2017, de Presupuestos Generales del Estado para el año 2017 [(Gesetz 3/2017 über den allgemeinen Staatshaushalt für das Jahr 2017) vom 27. Juni 2017 (BOE Nr. 153 vom 28. Juni 2017, S. 53787)] und Art. 19 Abs. 1 Nr. 9 der Ley 6/2018, de Presupuestos Generales del Estado para el año 2018 [(Gesetz 6/2018 über den allgemeinen Staatshaushalt für das Jahr 2018) vom 3. Juli 2018 (BOE Nr. 161 vom 4. Juli 2018, S. 66621)] wird durch das vorliegende Gesetz zur Stabilisierung befristeter Beschäftigung eine zusätzliche Quote zugelassen, um Stellen, auf denen befristet beschäftigtes Personal beschäftigt wird, in Stellen, die mit Laufbahnbeamten besetzt werden, umzuwandeln (sogenannte ‚Stabilisierungsquote‘ [(‚tasa de estabilización‘)], die Planstellen einbezieht, für die Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und auf denen mindestens in den drei Jahren vor dem 31. Dezember 2020 ununterbrochen befristet beschäftigtes Personal beschäftigt war; dies gilt unabhängig davon, ob diese Stellen in Stellenplänen, Personaleinsatzplänen oder anderen in den einzelnen öffentlichen Verwaltungen praktizierten Formen der Personalorganisation ausgewiesen sind oder nicht.

    Unbeschadet der ersten Übergangsbestimmung werden Stellen, die von den in Art. 19 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes 3/2017 über den allgemeinen Staatshaushalt für das Jahr 2017 und Art. 19 Abs. 1 Nr. 9 des Gesetzes 6/2018 über den allgemeinen Staatshaushalt für das Jahr 2018 vorgesehenen Verfahren zur Stabilisierung der Beschäftigung betroffen sind, in das im vorstehenden Unterabsatz beschriebene Verfahren zur Stabilisierung der Beschäftigung aufgenommen, sofern sie in das entsprechende Stellenangebot zur Stabilisierung im öffentlichen Dienst einbezogen wurden und sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in Bezug auf diese Stellen entweder nicht zur Einreichung von Bewerbungen aufgefordert wurde oder zur Einreichung von Bewerbungen aufgefordert wurde und diese Stellen nach Abschluss des Auswahlverfahrens unbesetzt geblieben sind.

    2.   Das Stellenangebot, mit dem die in Abs. 1 genannten Stabilisierungsverfahren umgesetzt werden, sowie das neue Stabilisierungsverfahren werden vor dem 1. Juni 2022 genehmigt und in den einschlägigen Amtsblättern veröffentlicht; ihre Koordinierung erfolgt durch die zuständigen Behörden.

    Bekanntmachungen von Auswahlverfahren zur Besetzung der Stellen, die in das Stellenangebot im öffentlichen Dienst aufgenommen wurden, werden bis zum 31. Dezember 2022 veröffentlicht.

    Diese Auswahlverfahren werden bis zum 31. Dezember 2024 abgeschlossen.

    3.   Der Anteil der Stellen, auf denen befristet beschäftigtes Personal beschäftigt wird, muss sich auf weniger als [8 %] der Planstellen belaufen.

    4.   Zur Durchführung der Auswahlverfahren, die in jedem Fall die Grundsätze des freien Wettbewerbs, der Gleichheit, der Leistung, der Befähigung und der Öffentlichkeit wahren, können auf der Ebene der jeweiligen regionalen Zuständigkeitsbereiche der allgemeinen Staatsverwaltung, der Autonomen Gemeinschaften und der lokalen Gebietskörperschaften Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern stattfinden; die Comisión de Coordinación del Empleo Público [(Kommission für die Koordinierung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst, Spanien)] kann Maßnahmen treffen, um die Durchführung dieser Verfahren zwischen den einzelnen öffentlichen Verwaltungen zu koordinieren.

    Unbeschadet etwaiger Bestimmungen in den Vorschriften für den öffentlichen Dienst der einzelnen Verwaltungen oder besonderer Vorschriften erfolgt die Personalauswahl auf der Grundlage von Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern gemäß Art. 37 Abs. 1 Buchst. c EBEP durch Auswahlverfahren anhand von Befähigungsnachweisen und Prüfungen, wobei der Abschnitt der Auswahl anhand von Befähigungsnachweisen zu [40 %] in die Gesamtbewertung eingeht, in der zu einem überwiegenden Anteil die Erfahrung im Tätigkeitsbereich, der Rang, der Grad oder eine gleichwertige einschlägige Einstufung berücksichtigt werden und die Prüfungsaufgaben des Abschnitts der Auswahl anhand von Prüfungen nicht zu einem Ausschluss führen dürfen.

    Soweit dies in den sektorspezifischen Vorschriften oder Rechtsvorschriften der einzelnen Verwaltungen vorgesehen ist, sind Arbeitsplatzwechsel und interner Aufstieg als einer derartigen Stellenbesetzung vorgeschaltete Verfahren mit den Stabilisierungsverfahren vereinbar.

    5.   Die Durchführung dieser Verfahren darf keinesfalls zu einer Erhöhung der Ausgaben oder des Personalbestands führen, weshalb in diesen Verfahren zwingend Planstellen, auf denen befristet beschäftigtes Personal beschäftigt wird, auszuschreiben sind.

    6.   Interimsbeamte oder befristet beschäftigte Vertragsbedienstete, deren Vertrag von der Verwaltung wegen einer erfolglosen Teilnahme an einem zur Stabilisierung durchgeführten Auswahlverfahren zu einem Zeitpunkt beendet wurde, zu dem sie als Interimsbeamte oder befristet beschäftigte Vertragsbedienstete tätig waren, haben Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 20 Tagesentgelten je Dienstjahr, wobei Zeiten von unter einem Jahr bis zu einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten anteilig nach den Monaten, in denen sie beschäftigt waren, berücksichtigt werden.

    Bei einem befristet beschäftigtem Vertragsbediensteten entspricht diese Entschädigung der Differenz zwischen höchstens 20 Tagesentgelten je Dienstjahr bis zu einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten und der Entschädigung, auf die er aufgrund der Beendigung seines Vertrags Anspruch hat, wobei Zeiten von unter einem Jahr anteilig nach den Monaten, in denen er beschäftigt war, berücksichtigt werden. Wird die Entschädigung gerichtlich zugesprochen, erfolgt eine Entschädigung in Höhe des gerichtlich zugesprochenen Betrags.

    Nimmt ein Bewerber oder eine Bewerberin an einem zur Stabilisierung durchgeführten Auswahlverfahren nicht teil, so hat er oder sie keinen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung.

    7.   Zur Weiterverfolgung des Stellenangebots bescheinigen die öffentlichen Verwaltungen dem Ministerium für Finanzen und den öffentlichen Dienst über den Staatssekretär für Haushalt und Ausgaben die Zahl in jedem der betreffenden Bereiche ermittelten Planstellen, auf denen befristet beschäftigtes Personal beschäftigt wird.“

    15

    In der sechsten Zusatzbestimmung des Gesetzes 20/2021 heißt es:

    „In Ausnahmefällen und gemäß Art. 61 Abs. 6 und 7 [EBEP] veröffentlichen die öffentlichen Verwaltungen einen Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen in Form eines Auswahlverfahrens anhand von Befähigungsnachweisen für Stellen, die den Anforderungen nach Art. 2 Abs. 1 entsprechen und auf denen vor dem 1. Januar 2016 ununterbrochen befristet beschäftigte Bedienstete beschäftigt wurden.

    Zu diesen einmalig durchgeführten Auswahlverfahren, die in jedem Fall die in diesem Gesetz vorgesehenen Fristen zu wahren haben, können in den jeweiligen regionalen Zuständigkeitsbereichen der Verwaltung des Staates, der Autonomen Gemeinschaften und der lokalen Gebietskörperschaften Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern stattfinden.“

    16

    Die achte Zusatzbestimmung des Gesetzes 20/2021 sieht vor:

    „Bei den in der sechsten Zusatzbestimmung genannten Stabilisierungsverfahren werden in die Aufrufe zur Einreichung von Bewerbungen auch freie Planstellen einbezogen, auf denen befristet beschäftigtes Personal tätig ist, dessen Beschäftigungsverhältnis vor dem 1. Januar 2016 begonnen hat.“

    – Gesetz 40/2015

    17

    Nach Art. 87 Abs. 5 der Ley 40/2015, de Régimen Jurídico del Sector Público (Gesetz 40/2015 über die Rechtsordnung des öffentlichen Sektors) vom 1. Oktober 2015 (BOE Nr. 236 vom 2. Oktober 2015, S. 89411) in der durch die Ley 11/2020, de Presupuestos Generales del Estado para el año 2021 (Gesetz 11/2020 über den allgemeinen Staatshaushalt für das Jahr 2021) geänderten Fassung vom 30. Dezember 2020 (BOE Nr. 341 vom 31. Dezember 2020, S. 125958, im Folgenden: Gesetz 40/2015) dürfen Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Unternehmen und Einrichtungen, die in den öffentlichen Sektor übergehen, die gleichen Aufgaben wie Laufbahnbeamte wahrnehmen, und zwar als Bedienstete auf einer Stelle mit dem Vermerk „künftig wegfallend“ („a extinguir“).

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    Rechtssache C‑331/22

    18

    Am 5. Mai 2005 wurde KT zur Interimsbeamtin ernannt, um in der Verwaltung der Generalitat de Catalunya (Autonome Gemeinschaft Katalonien, Spanien) eine leitende Position zu übernehmen. Seitdem wurde sie in dieser öffentlichen Verwaltung mehrfach auf Zeit ernannt, wobei die letzte Ernennung am 5. August 2015 erfolgte. Die Ernennung von KT war das Ergebnis eines Auswahlverfahrens, das u. a. unter Wahrung der in Art. 103 Abs. 3 der Verfassung vorgesehenen Grundsätze der Leistung, der Befähigung und der Gleichheit durchgeführt wurde.

    19

    Nach der Einleitung des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache C‑331/22 schrieb die Beklagte des Ausgangsrechtsstreits die Durchführung eines öffentlichen Auswahlverfahrens aus, um unter anderem die Stelle zu besetzen, auf der KT beschäftigt war. KT beantragte daraufhin den Erlass einer einstweiligen Anordnung, um zu erwirken, dass diese Stelle von dem Auswahlverfahren ausgenommen werde. Diesem Antrag wurde vom vorlegenden Gericht in dieser Rechtssache, dem Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 17 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 17 Barcelona, Spanien), stattgegeben.

    20

    Vor dem vorlegenden Gericht vertritt die Klägerin des Ausgangsverfahrens die Auffassung, dass ihr, da sie seit ihrem Dienstantritt auf einer freien Stelle beschäftigt gewesen sei und diese Stelle in kein Stellenangebot aufgenommen worden sei, der Status eines „unbefristeten, nicht dauerhaft beschäftigten“ Arbeitnehmers („indefinido no fijo“) zuzuerkennen sei, oder, hilfsweise, eine Maßnahme zu ihrer Weiterbeschäftigung zu ergreifen sei, um den Missbrauch durch aufeinanderfolgende Ernennungen auf Zeit, von dem sie betroffen gewesen sei, zu beseitigen.

    21

    Die Beklagte des Ausgangsverfahrens ist dagegen der Ansicht, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) nicht möglich sei, das befristete Beschäftigungsverhältnis eines Interimsbeamten in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln. Außerdem liege kein Missbrauch vor. Schließlich biete das Gesetz 20/2021, das wirksame Maßnahmen vorsehe, um den missbräuchlichen Rückgriff auf befristete Beschäftigung im öffentlichen Sektor zu verringern, jedenfalls die Möglichkeit, die rechtliche Situation von Interimsbeamten zu regularisieren.

    22

    Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens das Verfahren in der Rechtssache C‑331/22 zu einer Zeit eingeleitet habe, als das nationale Recht im öffentlichen Sektor bei missbräuchlichem Rückgriff auf befristete Beschäftigung keine Rechtsfolgen vorgesehen habe. Allerdings lege das Gesetz 20/2021, von dem einige Bestimmungen auf den Ausgangsrechtsstreit in dieser Rechtssache anwendbar seien, Maßnahmen zur Verringerung eines derartigen Missbrauchs fest. Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit dieses Gesetzes mit der Rahmenvereinbarung.

    23

    Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 17 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 17 Barcelona) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Das Gesetz 20/2021 sieht als einzige Sanktionsmaßnahme die Durchführung von Auswahlverfahren in Verbindung mit einer Entschädigung vor, die vom Missbrauch durch Rückgriff auf befristete Beschäftigung betroffenen öffentlichen Bediensteten vorbehalten ist, die erfolglos an diesen Auswahlverfahren teilgenommen haben. Verstößt dieses Gesetz gegen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, da mit ihm der Missbrauch in Bezug auf befristet beschäftigte öffentliche Bedienstete, die erfolgreich an den Auswahlverfahren teilgenommen haben, nicht geahndet wird, obwohl stets eine Sanktion erforderlich ist und die erfolgreiche Teilnahme an den Auswahlverfahren keine Sanktionsmaßnahme darstellt, die den Anforderungen der Richtlinie 1999/70 genügt, wie der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 2. Juni 2021, SUSH und CGT Sanidad de Madrid (C‑103/19, EU:C:2021:460), festgestellt hat?

    2.

    Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird und das Gesetz 20/2021 keine anderen wirksamen Maßnahmen vorsieht, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Verträge oder die missbräuchliche Verlängerung eines befristeten Vertrags zu ahnden: Verstößt diese gesetzliche Regelung, da sie keine Umwandlung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder missbräuchlich verlängerter befristeter Verträge in unbefristete Verträge vorsieht, gegen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, wie der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 30. September 2020, Câmara Municipal de Gondomar (C‑135/20, EU:C:2020:760), entschieden hat?

    3.

    Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) hat in seinen Urteilen Nrn. 1425/2018 und 1426/2018 vom 26. September 2018, bestätigt durch das Urteil Nr. 1534/2021 vom 20. Dezember 2021, entschieden, dass es bei einem missbräuchlichen Rückgriff auf befristete Beschäftigung als Maßnahme ausreichend ist, wenn der vom Missbrauch betroffene öffentliche Bedienstete so lange weiterbeschäftigt wird, bis die betreffende Behörde entscheidet, ob eine Planstelle geschaffen werden muss, und zur Besetzung der Stelle mit dauerhaft beschäftigten öffentlichen Bediensteten oder Laufbahnbeamten die entsprechenden Auswahlverfahren durchführt, an denen auch nicht vom Missbrauch durch befristete Beschäftigung betroffene Bewerber teilnehmen können. Verstößt diese Rechtsprechung gegen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, da die Durchführung eines offenen Auswahlverfahrens und eine erfolgreiche Teilnahme an dem Auswahlverfahren keine Sanktionsmaßnahme darstellt, die den Anforderungen der Richtlinie 1999/70 genügt, wie der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 2. Juni 2021, SUSH und CGT Sanidad de Madrid (C‑103/19, EU:C:2021:460), festgestellt hat?

    4.

    Für den Fall, dass die dritte Frage bejaht wird und die Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) keine anderen wirksamen Maßnahmen vorsieht, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Verträge oder ihre missbräuchliche Verlängerung zu ahnden: Verstößt diese Rechtsprechung, da sie keine Umwandlung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder missbräuchlich verlängerter befristeter Verträge in unbefristete Verträge vorsieht, gegen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung der Richtlinie 1999/70, wie der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 30. September 2020, Câmara Municipal de Gondomar (C‑135/20, EU:C:2020:760), entschieden hat?

    5.

    Sofern die zur Umsetzung von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung erlassenen Rechtsvorschriften gegen das Unionsrecht verstoßen, weil sie keine spezifische Sanktionsmaßnahme vorsehen, um die Einhaltung der Ziele dieser Vorschrift des Unionsrechts zu gewährleisten und der befristeten Beschäftigung im öffentlichen Dienst ein Ende zu setzen: Müssen die nationalen Justizbehörden, obwohl in den nationalen Rechtsvorschriften keine Umwandlung vorgesehen ist, das missbräuchlich befristete Beschäftigungsverhältnis in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis umwandeln, das sich von dem eines Laufbahnbeamten unterscheidet, dem vom Missbrauch betroffenen Bediensteten jedoch ein stabiles Beschäftigungsverhältnis bietet, um zu verhindern, dass der Missbrauch ungeahndet bleibt und die Ziele von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung untergraben werden, vorausgesetzt, dem befristeten Beschäftigungsverhältnis ist ein offenes Auswahlverfahren unter Wahrung der Grundsätze der Gleichheit, der Leistung und der Befähigung vorausgegangen?

    Rechtssache C‑332/22

    24

    HM ist seit dem 14. Dezember 1984 als Interimsbeamtin bei der Justizverwaltung in Katalonien tätig. Zum Zeitpunkt der Einleitung des Ausgangsverfahrens der Rechtssache C‑332/22 war sie über 37 Jahre bei dieser Verwaltung beschäftigt. Kennzeichnend für ihr Beschäftigungsverhältnis sind verschiedene Ernennungen und der Abschluss unterschiedlicher Verträge. Seit mehr als acht Jahren ist HM auf der freien Stelle einer Sachbearbeiterin für Verfahrens- und Verwaltungsangelegenheiten beim Juzgado de lo Penal no 3 de Vilanova i la Geltrú (Strafgericht Nr. 3 Vilanova i la Geltrú, Spanien) beschäftigt.

    25

    VD ist seit dem 15. Mai 1991 als Interimsbeamtin bei der Justizverwaltung in Katalonien tätig. Zwischen dem 15. Mai 1991 und dem 31. Mai 2012 wurde sie in verschiedenen Gerichten in Barcelona eingesetzt. Am 20. Juni 2012 wurde sie zur Interimsbeamtin des Cuerpo de Tramitación Procesal y Administrativa (Sachbearbeiterstab für Verfahrens- und Verwaltungsangelegenheiten, Spanien) beim Juzgado de lo Penal no 3 de Barcelona (Strafgericht Nr. 3 Barcelona, Spanien) ernannt. VD ist auf dieser freien Stelle seit dem 20. Juni 2012, d. h. seit mehr als neun Jahren, beschäftigt.

    26

    Vor dem Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 17 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 17 Barcelona), dem vorlegenden Gericht in der Rechtssache C‑332/22 und demselben wie in der Rechtssache C‑331/22, tragen die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens vor, sie hätten in all den Jahren ihrer Tätigkeit bei der Justizverwaltung in Katalonien die gleichen Aufgaben wahrgenommen wie vergleichbare Laufbahnbeamte. Ihre Beschäftigung habe daher nicht dazu gedient, einen zeitweiligen, dringenden und außergewöhnlichen Bedarf zu decken, sondern einen gewöhnlichen, dauerhaften und ständigen Bedarf. Deshalb sei die Feststellung geboten, dass die betreffende öffentliche Verwaltung in mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung unvereinbarer, missbräuchlicher Weise auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zurückgegriffen habe. Da das spanische Recht im öffentlichen Sektor keine Maßnahme vorsehe, mit der ein solcher Rückgriff geahndet werden könne, habe in diesem Sektor die Sanktion in der Weise zu erfolgen, dass ihr Beschäftigungsverhältnis in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis umgewandelt werde, und zwar indem sie den Status von Laufbahnbeamten erlangten oder, hilfsweise, indem das missbräuchliche befristete Beschäftigungsverhältnis in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, das mit dem von Laufbahnbeamten vergleichbar sei, umgewandelt werde. Äußerst hilfsweise beantragen sie, dass ihnen von der betreffenden Verwaltung das Recht zuerkannt werde, auf den Stellen, auf denen sie derzeit beschäftigt werden, dauerhaft weiterbeschäftigt zu werden. Ferner verlangen sie die Zahlung eines Betrags in Höhe von 18000 Euro bzw. einer angemessenen Summe als Sanktion für den missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Beschäftigungsverträge oder ‑verhältnisse, von dem sie betroffen gewesen seien.

    27

    Dagegen macht die Beklagte des Ausgangsverfahrens zum einen geltend, dass kein Missbrauch vorliege, da fast jedes Jahr für die Stellen, auf denen die Klägerinnen beschäftigt würden, Aufforderungen zur Einreichung von Bewerbungen veröffentlicht worden seien. Zum anderen verweist sie auf das Gesetz 20/2021, das eine Möglichkeit biete, die rechtliche Situation der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens zu regularisieren.

    28

    Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 17 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 17 Barcelona) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Handelt es sich bei den Maßnahmen in den Urteilen Nrn. 1425/2018 und 1426/2018 vom 26. September 2018 des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) – der seine Auffassung bis heute (30. November 2021) nicht geändert hat –, den vom Missbrauch betroffenen öffentlichen Bediensteten so lange in diesem missbräuchlich befristeten Beschäftigungsverhältnis weiterzubeschäftigen, bis die betreffende Behörde entscheidet, ob eine Planstelle geschaffen werden muss, und die entsprechenden Auswahlverfahren ausschreibt, um die Stelle mit einem dauerhaft beschäftigten öffentlichen Bediensteten oder einem Laufbahnbeamten zu besetzen, um Maßnahmen, die den Anforderungen an Sanktionen nach Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung genügen?

    Oder führen diese Maßnahmen vielmehr zur Perpetuierung der unsicheren Stellung und Schutzlosigkeit, bis die Anstellungsbehörde nach Gutdünken beschließt, ein Auswahlverfahren auszuschreiben (dessen Ausgang ungewiss ist, weil solche Verfahren auch Bewerbern offenstehen, die nicht von einem derartigen Missbrauch betroffen sind), um die Stelle des vom Missbrauch betroffenen Bediensteten mit einem dauerhaft beschäftigten öffentlichen Bediensteten zu besetzen, so dass diese Maßnahmen weder als abschreckende Sanktionsmaßnahmen im Sinne von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung angesehen werden können noch die Einhaltung seiner Ziele gewährleisten?

    2.

    Wenn ein nationales Gericht entsprechend seiner Verpflichtung, den festgestellten Missbrauch in jedem Fall zu ahnden (da eine Sanktion „unerlässlich“ und „unmittelbar“ zu erfolgen hat), zu dem Ergebnis gelangt, dass der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung die praktische Wirksamkeit der Richtlinie nicht zu gewährleisten vermag, ohne das nationale Recht contra legem auszulegen, gerade weil im innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats im öffentlichen Sektor keine Sanktionsmaßnahme zur Anwendung von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung umgesetzt wurde, sind dann die Erwägungen im Urteil vom 17. April 2018, Egenberger (C‑414/16, EU:C:2018:257), oder im Urteil vom 15. April 2008, Impact (C‑268/06, EU:C:2008:223), dahin zu verstehen, dass die Art. 21 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) die Nichtanwendung von Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts zulassen, die der Gewährleistung der vollen Wirksamkeit der Richtlinie 1999/70 entgegenstehen, auch wenn sie Verfassungsrang haben?

    Ist folglich das missbräuchlich befristete Beschäftigungsverhältnis in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln, das mit dem von vergleichbaren Laufbahnbeamten wesensgleich oder ähnlich ist und dem vom Missbrauch Betroffenen ein stabiles Beschäftigungsverhältnis bietet, um zu verhindern, dass der Missbrauch ungeahndet bleibt und die Ziele und die praktische Wirksamkeit von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung untergraben werden, obwohl nach den nationalen Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) eine Umwandlung untersagt ist bzw. gegen die Verfassung verstoßen könnte?

    3.

    In seinen Urteilen vom 25. Oktober 2018, Sciotto (C‑331/17, EU:C:2018:859), und vom 13. Januar 2022, MIUR und Ufficio Scolastico Regionale per la Campania (C‑282/19, EU:C:2022:3), hat der Gerichtshof entschieden, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung einer nationalen Regelung entgegensteht, die bestimmte öffentliche Bedienstete von der Anwendung der Bestimmungen zur Ahndung des missbräuchlichen Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ausnimmt, wenn die innerstaatliche Rechtsordnung keine andere wirksame Maßnahme zur Ahndung dieses Missbrauchs vorsieht. Insoweit steht im spanischen Recht keine Maßnahme zu Ahndung der missbräuchlichen Beschäftigung von Personal im öffentlichen Sektor durch aufeinanderfolgende befristete Beschäftigungsverhältnisse zur Verfügung.

    Gebietet es vor diesem Hintergrund die Anwendung dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs und des unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatzes, den Status von befristet beschäftigten öffentlichen Bediensteten, die von Missbrauch betroffen sind, in den Status von dauerhaft beschäftigten öffentlichen Bediensteten oder Laufbahnbeamten umzuwandeln, so dass für Bedienstete, die von Missbrauch betroffen sind, dieselben Gründe für die Beendigung und die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses gelten wie für dauerhaft beschäftigte öffentliche Bedienstete oder Laufbahnbeamte, da zum einen im privaten Sektor nach Art. 15 des Arbeitnehmerstatuts der Status befristet beschäftigter Arbeitnehmer, die mehr als 24 Monate innerhalb eines Zeitraums von 30 Monaten bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind, in den Status eines Dauerbeschäftigten umzuwandeln ist, und zum anderen nach Art. 87 Abs. 5 des Gesetzes 40/2015 in Anwendung des nationalen Rechts Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Unternehmen und Einrichtungen, die in den öffentlichen Sektor übergehen, als Bedienstete auf einer Stelle mit dem Vermerk „künftig wegfallend“ („a extinguir“) die gleichen Aufgaben wie Laufbahnbeamte wahrnehmen dürfen und denselben Gründen für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unterworfen werden wie Laufbahnbeamte?

    4.

    Die Bedingungen für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und die Kündigungsbedingungen eines Arbeitsvertrags fallen unter den Begriff „Beschäftigungsbedingungen“ in Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung (Urteile vom 13. März 2014, Nierodzik,C‑38/13, EU:C:2014:152, Rn. 27 und 29, sowie vom 14. September 2016, de Diego Porras,C‑596/14, EU:C:2016:683, Rn. 30 und 31).

    In Anbetracht dessen wird der Gerichtshof, falls die dritte Frage verneint werden sollte, um Entscheidung ersucht, ob die Stabilisierung der Beschäftigungssituation der von einem Missbrauch betroffenen befristet beschäftigten öffentlichen Bediensteten durch die Anwendung derselben Beendigungs- und Entlassungsgründe, die für Laufbahnbeamte oder vergleichbare dauerhaft beschäftigte Bedienstete gelten, ohne dass sie deren Rechtsstellung erwerben, eine Maßnahme ist, die die nationalen Behörden in Anwendung der Paragrafen 4 und 5 der Rahmenvereinbarung und des Grundsatzes der unionsrechtskonformen Auslegung zwingend vornehmen müssen, da nach nationalem Recht Personen, die bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllen, lediglich der Status eines Dauerbeschäftigten oder Laufbahnbeamten versagt ist und die Stabilisierung der Beschäftigungssituation dieser Bediensteten unter den genannten Bedingungen nicht zum Erwerb dieses Status führt.

    5.

    Art. 15 des Arbeitnehmerstatuts legt die Höchstdauer befristeter Verträge auf zwei Jahre fest, da die Bedarfsdeckung nach Ablauf dieser Frist nicht mehr als zeitweilig oder außergewöhnlich, sondern als gewöhnlich und dauerhaft angesehen wird, wodurch die Arbeitgeber des privaten Sektors verpflichtet werden, das befristete Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umzuwandeln. Darüber hinaus schreibt Art. 10 EBEP vor, dass freie Stellen, auf denen Interimsbeamte oder befristet beschäftigte Bedienstete beschäftigt werden, in das Stellenangebot im öffentlichen Dienst des Haushaltsjahrs, in dem ihre Ernennung erfolgt, oder, wenn dies nicht möglich ist, des darauffolgenden Haushaltsjahrs (d. h. innerhalb einer Frist von höchstens zwei Jahren) einzubeziehen sind, damit die betreffende Stelle mit einem Laufbahnbeamten besetzt wird.

    Besteht vor diesem Hintergrund der missbräuchliche Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Beschäftigungsverhältnisse ab dem Zeitpunkt, zu dem die beschäftigende Behörde die Stelle, auf der ein befristet beschäftigter öffentlicher Bediensteter beschäftigt wird, nicht innerhalb der in der nationalen Regelung vorgesehenen Fristen mit einem Dauerbeschäftigten oder einem Laufbahnbeamten besetzt, also ab dem Zeitpunkt, ab dem sie diese Stelle innerhalb einer Frist von höchstens zwei Jahren ab Ernennung des Interimsbeamten oder befristet beschäftigten Bediensteten in das Stellenangebot im öffentlichen Dienst einbezieht, was sie dazu verpflichtet, das Beschäftigungsverhältnis dieses befristet beschäftigten öffentlichen Bediensteten aufgrund der Ausschreibung des Stellenangebots im öffentlichen Dienst innerhalb der in Art. 70 EBEP vorgesehenen Frist von höchstens drei Jahren zu beenden?

    6.

    Verstößt das Gesetz 20/2021 gegen die unionsrechtlichen Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und des Verbots der Rückwirkung von Strafrechtsvorschriften, die u. a. in Art. 49 der Charta verankert sind, weil es als Sanktion für den missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Beschäftigungsverhältnisse Auswahlverfahren vorsieht, die auch dann zur Anwendung kommen, wenn sich die Handlungen oder Unterlassungen, die den Verstoß – und damit den Missbrauch – begründen, bzw. deren Anzeige vor Erlass des Gesetzes 20/2021 (nämlich mehrere Jahre vorher) zugetragen und erledigt haben?

    7.

    Verstößt das Gesetz 20/2021, indem es als Sanktionsmaßnahme die Durchführung von Auswahlverfahren sowie eine Entschädigung nur für Betroffene eines Missbrauchs vorsieht, die erfolglos an den Auswahlverfahren teilgenommen haben, gegen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung und die Richtlinie 1999/70, weil es den Missbrauch gegenüber befristet beschäftigten öffentlichen Bediensteten, die erfolgreich an den Auswahlverfahren teilgenommen haben, ungeahndet lässt, obwohl eine Sanktion stets unerlässlich ist und, wie der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 2. Juni 2021, SUSH und CGT Sanidad de Madrid (C‑103/19, EU:C:2021:460), festgestellt hat, eine erfolgreiche Teilnahme an einem solchen Auswahlverfahren keine Sanktionsmaßnahme darstellt, die den Anforderungen dieser Richtlinie genügt?

    Oder, anders ausgedrückt, verstößt das Gesetz 20/2021, indem es die Entschädigung nur Personal gewährt, das von Missbrauch betroffen ist und erfolglos am Auswahlverfahren teilgenommen hat, und Bedienstete, die von Missbrauch betroffen waren und später über solche Auswahlverfahren den Status von Dauerbeschäftigten erlangt haben, von diesem Anspruch ausschließt, gegen die Richtlinie 1999/70 und insbesondere gegen Rn. 45 des Beschlusses vom 2. Juni 2021, SUSH und CGT Sanidad de Madrid (C‑103/19, EU:C:2021:460), wonach die Durchführung von Auswahlverfahren, die öffentlichen Bediensteten offenstehen, die missbräuchlich im Rahmen aufeinanderfolgender befristeter Beschäftigungsverhältnisse ernannt wurden, diesen zwar die Möglichkeit gibt, eine unbefristete und dauerhafte Stelle und damit den Status eines Dauerbeschäftigten anzustreben, dies aber die Mitgliedstaaten nicht von der Verpflichtung entbindet, eine geeignete Maßnahme vorzusehen, um den missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse angemessen zu ahnden?

    8.

    Verstößt das Gesetz 20/2021, indem es bestimmt, dass Auswahlverfahren zur Verringerung der Befristung im öffentlichen Sektor innerhalb einer Frist von drei Jahren bis zum 31. Dezember 2024 durchzuführen sind, und als Sanktion eine Entschädigung vorsieht, die der von Missbrauch Betroffene zum Zeitpunkt der Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses oder seiner Entlassung zu erhalten hat, im Licht des Beschlusses vom 9. Februar 2017, Rodrigo Sanz (C‑443/16, EU:C:2017:109), oder der Urteile vom 14. September 2016, Pérez López (C‑16/15, EU:C:2016:679), und vom 21. November 2018, de Diego Porras (C‑619/17, EU:C:2018:936), gegen Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, weil es für den vom Missbrauch betroffenen Bediensteten zu einer Perpetuierung oder Verlängerung des Missbrauchs, der Schutzlosigkeit und der unsicheren Stellung führt und dadurch die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 1999/70 so lange untergraben wird, bis der betroffene Bedienstete schließlich entlassen wird und die genannte Entschädigung erhalten kann?

    9.

    Verstößt das Gesetz 20/2021 gegen den Äquivalenzgrundsatz, weil es im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 1999/70 geringere als die sich aus dem innerstaatlichen Recht ergebenden Rechte einräumt, da

    nach dem Gesetz 11/2020 durch Änderung von Art. 87 Abs. 5 des Gesetzes 40/2015 in Anwendung des innerstaatlichen Rechts Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Unternehmen, die in den öffentlichen Sektor übergehen, als Bedienstete auf einer Stelle mit dem Vermerk „künftig wegfallend“ („a extinguir“) die gleichen Aufgaben wie Laufbahnbeamte wahrnehmen dürfen und denselben Gründen für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unterworfen werden wie Laufbahnbeamte, obwohl sie kein Auswahlverfahren bestanden haben, während nach dem Gesetz 20/2021, mit dem das Unionsrecht umgesetzt wird, nicht gestattet ist, dass öffentliche Bedienstete, die anhand von Auswahlverfahren ausgewählt wurden, die den Grundsätzen der Gleichheit, der Öffentlichkeit und des freien Wettbewerbs unterliegen, weiter die gleichen Aufgaben wie Laufbahnbeamte wahrnehmen und denselben Gründen für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unterworfen werden wie Laufbahnbeamte;

    nach Art. 15 des Arbeitnehmerstatuts in der Fassung des Real Decreto Legislativo 1/1995, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores (Königliches gesetzesvertretendes Dekret 1/1995 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut) vom 24. März 1995 (BOE Nr. 75 vom 29. März 1995, S. 9654), d. h. in der vor dem Erlass der Richtlinie 1999/70 geltenden Fassung, in Anwendung des innerstaatlichen Rechts die Umwandlung des Status von im privaten Sektor beschäftigten Arbeitnehmern, die seit mehr als zwei Jahren für denselben Arbeitgeber tätig sind, in den Status von Dauerbeschäftigten gestattet ist, während in Anwendung des Unionsrechts öffentliche Bedienstete, die von einem Missbrauch betroffen sind, nur eine Entschädigung von 20 Tagesentgelten je Dienstjahr mit einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten erhalten und ihnen eine Umwandlung ihres Status in den dauerhaft beschäftigter öffentlicher Bediensteter versagt ist;

    nach den Art. 32 ff. des Gesetzes 40/2015 über die Rechtsordnung des öffentlichen Sektors, in denen der Grundsatz des vollständigen Ersatzes niedergelegt ist, der die Verwaltung in Anwendung des Unionsrechts zum Ausgleich sämtlicher Schäden verpflichtet, die den durch ihr Handeln Geschädigten entstanden sind, die Entschädigung für Betroffene eines Missbrauchs jedoch von vornherein sowohl der Höhe nach – auf 20 Tagesentgelte je Dienstjahr – als auch zeitlich – mit einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten – begrenzt ist?

    10.

    Verstößt das Gesetz 20/2021, indem es als einzige wirkliche Sanktionsmaßnahme für Betroffene eines Missbrauchs, die erfolglos an einem Auswahlverfahren teilgenommen haben, eine Entschädigung von 20 Tagesentgelten je Dienstjahr vorsieht, gegen die Rechtsprechung, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. März 2018, Santoro (C‑494/16, EU:C:2018:166), begründet hat, wonach im öffentlichen Sektor eine Entschädigung nicht ausreicht, um den Anforderungen der Richtlinie 1999/70 zu genügen, sondern mit anderen zusätzlichen, wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionsmaßnahmen einhergehen muss?

    11.

    Verstößt das Gesetz 20/2021, indem es die Entschädigungen für Betroffene, die erfolglos an einem Auswahlverfahren teilnehmen, auf 20 Tagesentgelte je Dienstjahr mit einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten festlegt, gegen die unionsrechtlichen Grundsätze des angemessenen und vollständigen Ersatzes und der Verhältnismäßigkeit, weil es den Verdienstausfall und andere Entschädigungs- oder Ausgleichskonzepte ausschließt, wie beispielsweise jene, die auf entgangenen Chancen, einen Begriff, den der Gerichtshof im Urteil vom 7. März 2018, Santoro (C‑494/16, EU:C:2018:166), verwendet, auf der Unmöglichkeit, den Status von dauerhaft beschäftigten Bediensteten zu erlangen, da innerhalb der in der nationalen Regelung vorgesehenen Fristen keine Auswahlverfahren durchgeführt werden oder sie nicht befördert werden bzw. nicht befördert werden können, auf dem immateriellen Schaden aufgrund der mit jeder unsicheren Beschäftigungssituation verbundenen Schutzlosigkeit, auf einer Entlassung des vom Missbrauch Betroffenen mit einem bestimmten Alter oder Geschlecht (z. B. Frauen, die älter als 50 Jahre sind) und für den es keinen alternativen Arbeitsmarkt gibt, oder auf einer Kürzung der Altersrente basieren?

    12.

    Verstößt das Gesetz 20/2021, indem es eine Entschädigung mit einer Obergrenze von 20 Tagesentgelten je Dienstjahr mit einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten festlegt, im Licht der Urteile vom 2. August 1993, Marshall (C‑271/91, EU:C:1993:335), und vom 17. Dezember 2015, Arjona Camacho (C‑407/14, EU:C:2015:831), wonach das Unionsrecht einem von vornherein auf eine Obergrenze beschränkten Ersatz des einer Person durch eine Entlassung entstandenen Schadens entgegensteht, gegen das Unionsrecht?

    Verfahren vor dem Gerichtshof

    29

    Mit Beschluss vom 19. September 2023 sind die Rechtssachen C‑331/22 und C‑332/22 gemäß Art. 54 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

    Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs und zur Zulässigkeit der Vorabentscheidungsersuchen

    30

    Als Erstes sind die Beklagten der Ausgangsverfahren und die spanische Regierung der Ansicht, dass der Gerichtshof für die Beantwortung der Vorabentscheidungsersuchen nicht zuständig sei, da das vorlegende Gericht damit den Gerichtshof ersuche, die im Gesetz 20/2021 vorgesehenen Sanktionsmaßnahmen auszulegen und sich zur Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit der Rahmenvereinbarung zu äußern. Die spanische Regierung meint, diese Ersuchen liefen darauf hinaus, vom Gerichtshof zu verlangen, dass er ein allgemeines Gutachten zu dem Konzept des „Interimsbeamten“ abgebe, wie es im spanischen Recht vorgesehen sei.

    31

    Als Zweites machen die Beklagten der Ausgangsverfahren und die spanische Regierung geltend, dass die Vorabentscheidungsersuchen, soweit sie Maßnahmen beträfen, die im Gesetz 20/2021 enthalten seien oder sich aus der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ergäben, über den Gegenstand der Ausgangsverfahren hinausgingen und daher ein Problem hypothetischer Natur aufwürfen.

    32

    Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren beantragten nämlich nur, ihr befristetes Beschäftigungsverhältnis nunmehr als ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis einzustufen, ohne dass sich diese Anträge auf diese Maßnahmen oder diese Rechtsprechung stützten. So seien z. B. erstens die in Art. 2 des Gesetzes 20/2021 vorgesehene Entschädigung für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Fall einer erfolglosen Teilnahme am Auswahlverfahren, zweitens die Teilnahme an diesem Auswahlverfahren als Mittel zur Erlangung einer dauerhaften Beschäftigung oder drittens die von der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) entwickelte Maßnahme der Weiterbeschäftigung auf einer Stelle bis zu der Durchführung und dem Abschluss des entsprechenden Auswahlverfahrens Maßnahmen, die nicht Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten seien und daher für die Entscheidung dieser Rechtsstreitigkeiten ohne Bedeutung seien.

    33

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das in Art. 267 AEUV errichtete System der Zusammenarbeit auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht. Im Rahmen eines gemäß diesem Artikel eingeleiteten Verfahrens ist die Auslegung der nationalen Vorschriften Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten und nicht des Gerichtshofs, und es kommt diesem nicht zu, sich zur Vereinbarkeit von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts mit den Bestimmungen des Unionsrechts zu äußern. Der Gerichtshof ist jedoch befugt, dem nationalen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, über die Frage der Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Unionsrecht zu entscheiden (Urteil vom 25. Oktober 2018, Sciotto, C‑331/17, EU:C:2018:859, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    34

    Ferner ist daran zu erinnern, dass im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen hat. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    35

    Folglich spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen zum Unionsrecht. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    36

    Im vorliegenden Fall soll sich der Gerichtshof nach dem Wortlaut der vom vorlegenden Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen zwar dazu äußern, ob die innerstaatlichen Bestimmungen einschließlich der durch die nationale Rechtsprechung entwickelten Maßnahmen mit dem Unionsrecht vereinbar sind, doch ist er durch nichts daran gehindert, diesem Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, indem er ihm Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts liefert, anhand deren das Gericht selbst über die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht entscheiden kann (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2018, Sciotto, C‑331/17, EU:C:2018:859, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    37

    Außerdem geht aus den Vorabentscheidungsersuchen eindeutig hervor, dass das vorlegende Gericht im Rahmen der Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten die nationalen Maßnahmen zu bestimmen haben wird, die es ermöglichen, entsprechend den Anforderungen der Richtlinie 1999/70 den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu ahnden.

    38

    Unter diesen Umständen ist nicht offensichtlich, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten steht oder dass die Fragen zu den in Rn. 32 des vorliegenden Urteils genannten nationalen Maßnahmen als Maßnahmen, um gemäß den Anforderungen der Richtlinie 1999/70 den missbräuchlichen Rückgriff auf die betreffenden befristeten Beschäftigungsverhältnisse ahnden zu können, ein Problem hypothetischer Natur aufwerfen.

    39

    Allerdings möchte das vorlegende Gericht mit der sechsten Frage in der Rechtssache C‑332/22 im Wesentlichen wissen, ob der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und das Verbot der Rückwirkung von Strafrechtsvorschriften, die u. a. in Art. 49 der Charta niedergelegt sind, der rückwirkenden Anwendung einer nationalen Regelung wie des Gesetzes 20/2021 entgegenstehen, soweit diese zur Verringerung des Anteils an befristeter Beschäftigung für Arbeitnehmer, die von dem missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse betroffen sind, weniger günstige Maßnahmen vorsieht als die frühere nationale Regelung.

    40

    Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und das Verbot der Rückwirkung von Strafrechtsvorschriften sind jedoch unanwendbar, wenn die betreffenden nationalen Bestimmungen ihrem Wesen nach nicht strafrechtlicher Natur sind, sondern, wie das vorlegende Gericht ausführt, dringende Maßnahmen enthalten, die darauf abzielen, den Anteil an befristeter Beschäftigung im öffentlichen Sektor zu verringern, und zu diesem Zweck die betreffende öffentliche Verwaltung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichten, Auswahlverfahren durchzuführen oder Arbeitnehmern, die aufeinanderfolgend befristet eingestellt wurden, eine Entschädigung zu zahlen.

    41

    Unter diesen Umständen ist offensichtlich, dass die im Rahmen der sechsten Frage in der Rechtssache C‑332/22 erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht. Diese Frage ist daher nach der in Rn. 35 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung für unzulässig zu erklären.

    42

    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zum einen, dass der Gerichtshof für die Entscheidung über die Vorabentscheidungsersuchen zuständig ist, und zum anderen, dass die Vorabentscheidungsersuchen mit Ausnahme der sechsten Frage in der Rechtssache C‑332/22 zulässig sind.

    Zu den Vorlagefragen

    Zur fünften Frage in der Rechtssache C‑332/22

    43

    Mit der fünften Frage in der Rechtssache C‑332/22, die als Erstes zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen der Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse im öffentlichen Sektor missbräuchlich wird, wenn die betreffende öffentliche Verwaltung die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Fristen zur Besetzung der Stelle, auf der der betroffene Arbeitnehmer befristet beschäftigt wird, deshalb nicht einhält, weil nach Ablauf dieser Fristen diese aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse keinen zeitweiligen, sondern einen ständigen und dauerhaften Bedarf dieser Verwaltung decken.

    44

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Rahmenvereinbarung nach ihrem Paragraf 1 insbesondere einen Rahmen schaffen soll, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse verhindert.

    45

    Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung dient zur Umsetzung dieses Ziels, das darin besteht, den wiederholten Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse, in dem eine potenzielle Quelle des Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer gesehen wird, einzugrenzen, indem eine Reihe von Mindestschutzbestimmungen vorgesehen wird, die die Prekarisierung der Lage der Beschäftigten verhindern sollen (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    46

    Daher verpflichtet Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Vermeidung des missbräuchlichen Einsatzes aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse dazu, wirksam und mit verbindlicher Wirkung mindestens eine der dort aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen, wenn ihr innerstaatliches Recht keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen enthält. Die hierfür in diesem Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c aufgeführten drei Maßnahmen betreffen sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse rechtfertigen, die maximal zulässige Gesamtdauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse und die zulässige Zahl ihrer Verlängerungen (Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    47

    Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen, da sie die Wahl haben, auf eine oder mehrere der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen oder auf bestehende gleichwertige gesetzliche Maßnahmen zurückzugreifen, und zwar unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien (Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    48

    Damit gibt Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung den Mitgliedstaaten ein allgemeines Ziel – Verhinderung eines solchen Missbrauchs – vor, lässt ihnen jedoch zugleich die Wahl der Mittel zu seiner Erreichung, solange sie nicht das Ziel oder die praktische Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung in Frage stellen (Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    49

    Aus dem Wortlaut von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung sowie aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass dieser Paragraf nur bei aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen oder ‑verhältnissen zur Anwendung kommt, so dass der allererste befristete Arbeitsvertrag oder ein einziger befristeter Arbeitsvertrag nicht unter Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung fällt (vgl. Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    50

    Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑332/22 hervor, dass die Beschäftigungsverhältnisse zwischen den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und der betreffenden öffentlichen Verwaltung von aufeinanderfolgenden Ernennungen und/oder dem Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Verträge zum Ausdruck kamen. Demnach ist Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in dieser Rechtssache anwendbar.

    51

    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die vorübergehende Vertretung eines Arbeitnehmers, um einen zeitweiligen Arbeitskräftebedarf des betreffenden Arbeitgebers zu decken, prinzipiell einen „sachlichen Grund“ im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung darstellen kann (Urteil vom 19. März 2020, Sánchez Ruiz u. a., C‑103/18 und C‑429/18, EU:C:2020:219, Rn. 72 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    52

    Insoweit hat der Gerichtshof als Erstes klargestellt, dass die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zum Zweck einer ständigen und dauerhaften Wahrnehmung von Aufgaben bei den in Rede stehenden Dienststellen, die zur normalen Tätigkeit des betreffenden Personals gehören, nicht zulässig ist (Urteil vom 19. März 2020, Sánchez Ruiz u. a., C‑103/18 und C‑429/18, EU:C:2020:219, Rn. 75 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    53

    Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zur Deckung eines in Wirklichkeit nicht zeitweiligen, sondern ständigen und dauerhaften Bedarfs ist nämlich nicht im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt, da ein solcher Einsatz befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse der Prämisse der Rahmenvereinbarung, dass unbefristete Arbeitsverträge die übliche Form der Beschäftigungsverhältnisse sind, auch wenn befristete Arbeitsverträge für die Beschäftigung in bestimmten Branchen oder für bestimmte Berufe und Tätigkeiten charakteristisch sind, unmittelbar zuwiderläuft (Urteil vom 19. März 2020, Sánchez Ruiz u. a., C‑103/18 und C‑429/18, EU:C:2020:219, Rn. 76 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    54

    Damit Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung eingehalten wird, muss somit konkret geprüft werden, ob die aufeinanderfolgende Verlängerung von Arbeitsverträgen oder ‑verhältnissen zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht in Wirklichkeit herangezogen wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken (Urteil vom 19. März 2020, Sánchez Ruiz u. a., C‑103/18 und C‑429/18, EU:C:2020:219, Rn. 77 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    55

    Als Zweites hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine nationale Maßnahme, die die Durchführung von Auswahlverfahren innerhalb der vorgesehenen Fristen vorsieht, um die Stellen endgültig zu besetzen, auf denen vorübergehend befristet beschäftigte Arbeitnehmer beschäftigt werden, geeignet ist, eine Perpetuierung der unsicheren Stellung dieser Arbeitnehmer zu vermeiden, indem sie sicherstellt, dass die von ihnen ausgefüllten Stellen rasch endgültig besetzt werden (vgl. Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    56

    Daher ist die fristgerechte Durchführung solcher Verfahren grundsätzlich geeignet, Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse bis zur endgültigen Besetzung dieser Stellen zu verhindern (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    57

    Allerdings hat der Gerichtshof im Weiteren ausgeführt, dass eine nationale Regelung, die die Durchführung von Auswahlverfahren zur endgültigen Besetzung von Stellen, auf denen vorübergehend befristet beschäftigte Arbeitnehmer beschäftigt werden, sowie eine genaue Frist hierfür vorsieht, aber nicht sicherzustellen vermag, dass solche Verfahren tatsächlich durchgeführt werden, nicht geeignet erscheint, den missbräuchlichen Rückgriff des betreffenden Arbeitgebers auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    58

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, sich zur Auslegung der Bestimmungen des nationalen Rechts zu äußern; diese Aufgabe kommt allein den zuständigen nationalen Gerichten zu, die festzustellen haben, ob die von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen durch die Bestimmungen der anwendbaren nationalen Regelung gewahrt werden (vgl. Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    59

    Somit obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu beurteilen, inwieweit die einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts unter Berücksichtigung ihrer Anwendungsvoraussetzungen und ihrer tatsächlichen Anwendung eine angemessene Maßnahme darstellen, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern (vgl. Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    60

    Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens entscheidet, gegebenenfalls Klarstellungen vornehmen, um diesen Gerichten eine Richtschnur für ihre Auslegung zu geben (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    61

    Im vorliegenden Fall stellt das vorlegende Gericht klar, dass das spanische Recht Bestimmungen vorsieht, wonach der Rückgriff auf aufeinanderfolgende Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse als missbräuchlich zu betrachten ist, wenn diese Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse eine Dauer von zwei Jahren überschreiten, weil in einem solchen Fall die Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse keinen zeitweiligen, sondern einen ständigen und dauerhaften Bedarf des betreffenden Arbeitgebers decken. So sieht Art. 10 Abs. 4 EBEP in Bezug auf öffentliche Bedienstete vor, dass freie Stellen, auf denen Interimsbeamte beschäftigt werden, in das Stellenangebot im öffentlichen Dienst aufgenommen werden, damit sie innerhalb einer Frist von höchstens zwei Jahren nach Ernennung des betroffenen Interimsbeamten mit einem Laufbahnbeamten besetzt werden können. Ferner obliegt es nach Art. 70 EBEP der Verwaltung, dieselben befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse durch Ausschreibung dieses Stellenangebots im öffentlichen Dienst innerhalb einer Frist von höchstens drei Jahren zu beenden.

    62

    Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen wird durch eine nationale Bestimmung wie Art. 10 EBEP offenbar keine allgemeine und abstrakte Erlaubnis zum Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse erteilt, sondern der Abschluss solcher Verträge im Wesentlichen auf die Deckung eines zeitweiligen Bedarfs begrenzt.

    63

    Außerdem geht aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑332/22 hervor, dass die in Rn. 61 des vorliegenden Urteils genannten nationalen Bestimmungen auch die in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen beinhalten, d. h. erstens eine Grenze in Bezug auf die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse und zweitens die maximal zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

    64

    Aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑332/22 ergibt sich jedoch auch, dass die aufeinanderfolgenden Ernennungen der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens in dieser Rechtssache und/oder die von ihnen abgeschlossenen aufeinanderfolgenden Verträge keinen bloß zeitweiligen Bedarf der Justizverwaltung in Katalonien deckten, sondern zur Deckung eines ständigen und dauerhaften Personalbedarfs dieser Verwaltung dienten. Denn dieser Vorlageentscheidung lässt sich entnehmen, dass die Klägerinnen zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer Klagen durchgehend seit über 37 bzw. 17 Jahren von dieser Verwaltung beschäftigt wurden und Aufgaben wahrnahmen, die zur normalen Tätigkeit des fest angestellten Personals gehörten. Zudem würde eine nationale Regelung wie die in Rn. 61 des vorliegenden Urteils genannte auch dann die Gefahr eines missbräuchlichen Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse begründen, wenn die gesetzliche Verpflichtung, Stellen, auf denen vorübergehend Interimsbeamte beschäftigt werden, innerhalb der angegebenen Frist zu besetzen, nicht eingehalten würde. In Anbetracht des Sachverhalts, der der Vorlageentscheidung zu entnehmen ist, hat sich eine solche Gefahr im vorliegenden Fall verwirklicht.

    65

    Nach alledem ist auf die fünfte Frage in der Rechtssache C‑332/22 zu antworten, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, nach denen der Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse im öffentlichen Sektor missbräuchlich wird, wenn die betreffende öffentliche Verwaltung die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Fristen zur Besetzung der Stelle, auf der der betroffene Arbeitnehmer befristet beschäftigt wird, nicht einhält, sofern in einer solchen Situation diese aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse keinen zeitweiligen, sondern einen ständigen und dauerhaften Bedarf dieser Verwaltung decken.

    Zur ersten und zur dritten Frage in der Rechtssache C‑331/22 sowie zur ersten und zur siebten bis zwölften Frage in der Rechtssache C‑332/22

    66

    Mit der ersten und der dritten Frage in der Rechtssache C‑331/22 sowie der ersten und der siebten bis zwölften Frage in der Rechtssache C‑332/22, die zusammen und als Zweites zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung im Licht der Grundsätze der Äquivalenz und der Verhältnismäßigkeit sowie des Grundsatzes des vollständigen Ersatzes des erlittenen Schadens dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsprechung und Regelung entgegensteht, die als Maßnahmen zur Ahndung des missbräuchlichen Einsatzes aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers bis zu der Durchführung und dem Abschluss von Auswahlverfahren durch die beschäftigende Verwaltung bzw. die Durchführung solcher Verfahren sowie die Zahlung einer finanziellen Entschädigung mit einer festgelegten doppelten Obergrenze lediglich zugunsten eines Arbeitnehmers, der erfolglos an diesen Verfahren teilnimmt, vorsehen.

    67

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung keine spezifischen Sanktionen für den Fall vorsieht, dass ein Missbrauch festgestellt wurde. In einem solchen Fall obliegt es den nationalen Stellen, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur verhältnismäßig, sondern auch hinreichend wirksam und abschreckend sein müssen, um die volle Wirksamkeit der zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen (Urteil vom 13. Januar 2022, MIUR und Ufficio Scolastico Regionale per la Campania, C‑282/19, EU:C:2022:3, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    68

    Zwar werden in Ermangelung einer einschlägigen Unionsregelung die Einzelheiten der Durchführung solcher Normen nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten durch deren jeweiliges innerstaatliches Recht geregelt, doch dürfen sie nicht weniger günstig sein als bei entsprechenden Sachverhalten, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    69

    Zudem hat der Gerichtshof klargestellt, dass, wenn es zu einem missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse gekommen ist, die Möglichkeit bestehen muss, eine Maßnahme anzuwenden, die effektive und äquivalente Garantien für den Schutz der Arbeitnehmer bietet, um diesen Missbrauch angemessen zu ahnden und die Folgen des Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beseitigen. Denn nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 1999/70 haben die Mitgliedstaaten „alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch [diese] Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden“ (Urteil vom 13. Januar 2022, MIUR und Ufficio Scolastico Regionale per la Campania, C‑282/19, EU:C:2022:3, Rn. 84 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    70

    Wie oben in Rn. 58 des vorliegenden Urteils dargelegt, ist es ferner nicht Sache des Gerichtshofs, sich zur Auslegung einer nationalen Regelung und Rechtsprechung zu äußern; diese Aufgabe kommt allein den zuständigen nationalen Gerichten zu, die festzustellen haben, ob die von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen durch diese Regelung und Rechtsprechung gewahrt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    71

    Somit obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu beurteilen, inwieweit die nationale Regelung und Rechtsprechung, die in den Ausgangsverfahren in Rede stehen, unter Berücksichtigung ihrer Anwendungsvoraussetzungen und ihrer tatsächlichen Anwendung eine angemessene Maßnahme darstellen, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu ahnden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    72

    Wie sich jedoch aus der in Rn. 60 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, kann der Gerichtshof, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens entscheidet, gegebenenfalls Klarstellungen vornehmen, um diesen Gerichten eine Richtschnur für ihre Auslegung zu geben.

    73

    Im vorliegenden Fall geht aus den Vorlageentscheidungen erstens hervor, dass nach der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in Fällen des missbräuchlichen Rückgriffs auf die befristete Beschäftigung öffentlicher Bediensteter die Weiterbeschäftigung des vom Missbrauch betroffenen öffentlichen Bediensteten auf seiner Stelle bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die ihn beschäftigende Verwaltung zum einen entscheidet, ob eine Planstelle geschaffen werden muss, und sodann zur dauerhaften Besetzung der betreffenden Stelle ein entsprechendes Auswahlverfahren durchführt, das auch Bewerbern offensteht, die nicht von einem solchen Missbrauch betroffen sind, und zum anderen dieses Verfahren abschließt, als wirksame Maßnahme zur Ahndung dieser Fälle anzusehen ist.

    74

    Zweitens soll Art. 2 des Gesetzes 20/2021 für vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ernannte Bedienstete wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden zwei Maßnahmen vorsehen, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu ahnden, nämlich zum einen die Durchführung von Auswahlverfahren, die auch Bewerbern offenstehen, die nicht von einem solchen Missbrauch betroffen sind, und zum anderen die Zahlung einer finanziellen Entschädigung in Höhe von 20 Tagesentgelten je Dienstjahr mit einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten, sofern der betroffene Bedienstete erfolglos an dem Auswahlverfahren zur Besetzung der Stelle teilgenommen hat, auf der er bis zu diesem Zeitpunkt beschäftigt wurde.

    75

    Zur Durchführung von Auswahlverfahren als Sanktionsmaßnahme im Sinne von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, wie sie in der spanischen Rechtsprechung angewandt wird oder in Art. 2 des Gesetzes 20/2021 vorgesehen ist, hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Durchführung von Auswahlverfahren den Arbeitnehmern, die missbräuchlich im Rahmen aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse beschäftigt wurden, zwar die Möglichkeit bietet, eine stabile Beschäftigung anzustreben, da sie grundsätzlich an solchen Verfahren teilnehmen können, die Mitgliedstaaten jedoch nicht von der Verpflichtung entbinden kann, geeignete Maßnahmen vorzusehen, um den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse angemessen zu ahnden. Solche Verfahren, deren Ausgang zudem ungewiss ist, stehen nämlich im Allgemeinen auch Bewerbern offen, die nicht von einem derartigen Missbrauch betroffen waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. März 2020, Sánchez Ruiz u. a., C‑103/18 und C‑429/18, EU:C:2020:219, Rn. 100).

    76

    Da die Durchführung solcher Verfahren von allen Erwägungen zur Missbräuchlichkeit befristeter Verträge losgelöst ist, erscheint sie nicht geeignet, einen missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse angemessen zu ahnden und die Folgen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beseitigen. Sie dürfte es somit nicht ermöglichen, das mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. März 2020, Sánchez Ruiz u. a., C‑103/18 und C‑429/18, EU:C:2020:219, Rn. 101).

    77

    Im Einklang mit den Erwägungen, die sich aus der in den Rn. 75 und 76 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben und die unter Berücksichtigung des in den Rn. 73 und 74 des vorliegenden Urteils angeführten Inhalts der dem Gerichtshof vorliegenden Akte offenbar anwendbar sind, scheint die Durchführung der Auswahlverfahren, wie sie in der nationalen Rechtsprechung oder in Art. 2 des Gesetzes 20/2021 vorgesehen ist, vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfung, nicht geeignet, den missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse angemessen zu ahnden und damit die Folgen des Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beseitigen.

    78

    In diesem Zusammenhang ändern die in der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑332/22 angeführten Umstände, wonach die Auswahlverfahren im Sinne von Art. 2 des Gesetzes 20/2021 innerhalb einer bestimmten Frist, nämlich bis zum 31. Dezember 2024, abzuschließen sind und diese Verfahren der Leistung des betroffenen Arbeitnehmers Rechnung tragen, nichts an der Relevanz der in den Rn. 75 und 76 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung.

    79

    Was die Gewährung einer Entschädigung, wie sie in Art. 2 des Gesetzes 20/2021 vorgesehen ist, als Sanktionsmaßnahme gemäß Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung betrifft, geht aus den Vorlageentscheidungen hervor, dass diese Entschädigung bei der Beendigung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse aufgrund der Besetzung des betreffenden Arbeitsplatzes durch eine andere Person als den Arbeitnehmer, der diese Stelle innehatte, geschuldet wird, was voraussetzt, dass dieser Arbeitnehmer entweder am Auswahlverfahren teilgenommen hat und seine Teilnahme erfolglos geblieben ist oder dass er an diesem Verfahren nicht teilgenommen hat.

    80

    Der Gerichtshof hat indes entschieden, dass mit der Zahlung einer Entschädigung bei Vertragsende das mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung verfolgte Ziel, den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern, nicht erreicht werden kann. Eine solche Zahlung scheint nämlich losgelöst von jeglichen Erwägungen zur Legitimität oder Missbräuchlichkeit befristeter Verträge (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    81

    Außerdem ist festzustellen, dass eine Entschädigung, wie sie in Art. 2 des Gesetzes 20/2021 vorgesehen ist, da sie eine doppelte Obergrenze festlegt, d. h. die Begrenzung auf 20 Tagesentgelte je Dienstjahr mit einer Obergrenze von zwölf Monatsentgelten, weder eine angemessene und wirksame Entschädigung in Missbrauchsfällen, die länger als eine gewisse Zahl von Jahren andauern, noch einen angemessenen und vollständigen Ersatz der durch solchen Missbrauch entstandenen Schäden zu ermöglichen vermag.

    82

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass weder der Grundsatz des vollständigen Ersatzes des erlittenen Schadens noch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Zahlung von Strafschadensersatz verlangen (Urteil vom 8. Mai 2019, Rossato und Conservatorio di Musica F. A. Bonporti, C‑494/17, EU:C:2019:387, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    83

    Nach diesen Grundsätzen haben die Mitgliedstaaten nämlich eine angemessene Wiedergutmachung vorzusehen, die eine rein symbolische Entschädigung übersteigt, ohne jedoch über einen vollständigen Ausgleich hinauszugehen (Urteil vom 8. Mai 2019, Rossato und Conservatorio di Musica F. A. Bonporti, C‑494/17, EU:C:2019:387, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    84

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass eine finanzielle Entschädigung mit einer festgelegten doppelten Obergrenze, die lediglich einem betroffenen Arbeitnehmer gewährt wird, der erfolglos an den Auswahlverfahren teilnimmt, offensichtlich nicht geeignet ist, einen Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse angemessen zu ahnden und die Folgen eines Verstoßes gegen Unionsrecht zu beseitigen. Folglich scheint sie für sich genommen nicht wirksam und abschreckend genug zu sein, um im Sinne der oben in Rn. 67 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die volle Wirksamkeit der zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    85

    Im Rahmen der ersten und der neunten Frage in der Rechtssache C‑332/22 vertritt das vorlegende Gericht die Auffassung, dass sowohl die Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) als auch die Gewährung der in Art. 2 des Gesetzes 20/2021 vorgesehenen Entschädigung gegen den unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz verstießen, weil erstens im spanischen Recht vorgesehen sei, dass, wenn ein öffentliches Unternehmen oder eine private staatliche Agentur in eine öffentliche Einrichtung umgewandelt werde, das betroffene Personal, d. h. die dem Privatrecht unterliegenden Arbeitnehmer, nach innerstaatlichem Recht Aufgaben von Laufbahnbeamten wahrnehmen könnten, ohne deren Status zu haben, und dieses Personal daher unter bestimmten Voraussetzungen im öffentlichen Sektor weiterbeschäftigt werden könne. Zweitens habe Art. 15 des Arbeitnehmerstatuts bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie 1999/70 die Umwandlung des Status von befristet beschäftigten Arbeitnehmern, die bei demselben Arbeitgeber länger als 24 Monate beschäftigt waren, in den Status von Dauerbeschäftigten vorgesehen. Drittens seien die öffentlichen Verwaltungen trotz der im Gesetz 20/2021 vorgesehenen restriktiven Entschädigungsregelung nach den nationalen Vorschriften über die Rechtsordnung des öffentlichen Sektors verpflichtet, den durch ihre Handlungen entstandenen Schaden vollständig zu ersetzen. Im Übrigen sehe der Código Civil (Zivilgesetzbuch) dieselbe Entschädigungsregelung für die zivilrechtliche Haftung unter Privatpersonen vor.

    86

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Äquivalenzgrundsatz ergibt, dass eine Person, die durch die Unionsrechtsordnung verliehene Rechte geltend macht, nicht gegenüber der Person benachteiligt werden darf, die rein innerstaatliche Rechte geltend macht (Urteil vom 7. März 2018, Santoro, C‑494/16, EU:C:2018:166, Rn. 39).

    87

    Damit dieser Grundsatz anwendbar ist, müssen die vom nationalen Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 1999/70 beschlossenen Rechte insbesondere hinsichtlich ihres Gegenstands und ihres Rechtsgrundes mit den im innerstaatlichen Recht bestehenden Rechten vergleichbar sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 70, sowie Beschluss vom 18. Januar 2011, Berkizi-Nikolakaki, C‑272/10, EU:C:2011:19, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    88

    Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung der Äquivalenzgrundsatz nicht anwendbar, wenn sowohl die Maßnahmen, die der nationale Gesetzgeber im Rahmen der Richtlinie 1999/70 ergriffen hat, um den missbräuchlichen Einsatz befristeter Verträge durch Arbeitgeber des öffentlichen Sektors zu ahnden, als auch die Maßnahmen, die dieser Gesetzgeber getroffen hat, um den missbräuchlichen Einsatz dieser Art von Verträgen durch Arbeitgeber des privaten Sektors zu ahnden, der Durchführung des Unionsrechts gelten. In einem solchen Fall haben nämlich sämtliche in Rede stehenden Maßnahmen durch das Unionsrecht verliehene Rechte zum Gegenstand (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca – MIUR u. a. [Hochschulforscher], C‑326/19, EU:C:2021:438, Rn. 70 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    89

    In diesem Zusammenhang ist ferner auf die Klarstellung des Gerichtshofs hinzuweisen, dass es Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung an und für sich einem Mitgliedstaat nicht verbietet, den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob diese mit einem Arbeitgeber des privaten Sektors oder mit einem Arbeitgeber des öffentlichen Sektors begründet worden sind (Urteil vom 7. März 2018, Santoro, C‑494/16, EU:C:2018:166, Rn. 33 und 42).

    90

    Die Prüfung, ob der Äquivalenzgrundsatz anwendbar und gegebenenfalls gewahrt ist, ist im vorliegenden Fall Sache des vorlegenden Gerichts, das allein über eine unmittelbare Kenntnis der Rechte verfügt, die durch die in Rn. 85 des vorliegenden Urteils genannten nationalen Bestimmungen verliehen werden.

    91

    Nach alledem ist auf die erste und die dritte Frage in der Rechtssache C‑331/22 sowie auf die erste und die siebte bis zwölfte Frage in der Rechtssache C‑332/22 zu antworten, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung im Licht der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des vollständigen Ersatzes des erlittenen Schadens dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsprechung und Regelung entgegensteht, die als Maßnahmen zur Ahndung des Missbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers bis zu der Durchführung und dem Abschluss von Auswahlverfahren durch die beschäftigende Verwaltung bzw. die Durchführung solcher Verfahren sowie die Zahlung einer finanziellen Entschädigung mit einer festgelegten doppelten Obergrenze lediglich zugunsten des Arbeitnehmers, der erfolglos an diesen Verfahren teilnimmt, vorsehen, wenn es sich bei diesen Maßnahmen weder um angemessene noch hinreichend wirksame und abschreckende Maßnahmen handelt, um die volle Wirksamkeit der in Anwendung von Paragraf 5 dieser Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen.

    Zur zweiten, zur vierten und zur fünften Frage in der Rechtssache C‑331/22 sowie zur zweiten bis vierten Frage in der Rechtssache C‑332/22

    92

    Mit der zweiten, der vierten und der fünften Frage in der Rechtssache C‑331/22 sowie der zweiten bis vierten Frage in der Rechtssache C‑332/22, die zusammen und als Drittes zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Paragrafen 4 und 5 der Rahmenvereinbarung im Licht der Art. 21 und 47 der Charta und des Äquivalenzgrundsatzes dahin auszulegen sind, dass, soweit im nationalen Recht keine geeigneten Maßnahmen vorgesehen sind, um den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse gemäß Paragraf 5 zu vermeiden und gegebenenfalls zu ahnden, diese aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden müssten, das mit dem zwischen Laufbahnbeamten und der Verwaltung bestehenden Beschäftigungsverhältnis wesensgleich oder vergleichbar ist, und zwar selbst dann, wenn eine solche Umwandlung im Widerspruch zu den nationalen Bestimmungen und der nationalen Rechtsprechung steht.

    93

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass aus den Vorlageentscheidungen hervorgeht, dass Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten die Verhinderung und Ahndung des missbräuchlichen Einsatzes befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse im Sinne von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung ist; nichts in diesen Entscheidungen lässt den Schluss zu, dass der in Paragraf 4 dieser Rahmenvereinbarung genannte Grundsatz der Nichtdiskriminierung im vorliegenden Fall anwendbar wäre.

    94

    Folglich steht nach der in Rn. 35 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung sowie von Art. 21 der Charta, die beide das Diskriminierungsverbot betreffen, in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand der Ausgangsrechtsstreitigkeiten, so dass eine solche Auslegung nicht vorzunehmen ist.

    95

    Dies vorausgeschickt, geht aus der ständigen Rechtsprechung hervor, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung weder eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten enthält, die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorzusehen, noch, wie in Rn. 67 des vorliegenden Urteils erwähnt, spezifische Sanktionen für den Fall nennt, dass ein Missbrauch festgestellt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Ministero della Giustizia u. a. [Status der italienischen Friedensrichter], C‑236/20, EU:C:2022:263, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    96

    Gleichwohl ergibt sich aus Paragraf 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen der Maßnahmen zur Verhinderung des missbräuchlichen Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse solche Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in unbefristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse umwandeln können, wobei die durch Letztere gewährleistete Beschäftigungsstabilität einen wichtigen Aspekt des Arbeitnehmerschutzes darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2019, Rossato und Conservatorio di Musica F. A. Bonporti, C‑494/17, EU:C:2019:387, Rn. 39).

    97

    Somit ist es Sache der nationalen Stellen, angemessene, wirksame und abschreckende Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit der zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen, die insoweit die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in unbefristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse vorsehen können. Wenn es jedoch zu einem missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverhältnisse gekommen ist, muss die Möglichkeit bestehen, eine Maßnahme anzuwenden, um diesen Missbrauch angemessen zu ahnden und die Folgen des Verstoßes zu beseitigen (vgl. Urteil vom 7. April 2022, Ministero della Giustizia u. a. [Status der italienischen Friedensrichter], C‑236/20, EU:C:2022:263, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    98

    So hat der Gerichtshof klargestellt, dass eine nationale Regelung, die im öffentlichen Sektor die Umwandlung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis untersagt, nur dann als mit der Rahmenvereinbarung vereinbar angesehen werden kann, wenn das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats in diesem Sektor eine andere wirksame Maßnahme enthält, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Ministero della Giustizia u. a. [Status der italienischen Friedensrichter], C‑236/20, EU:C:2022:263, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    99

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass eine Regelung, die verbindlich anordnet, dass im Fall des missbräuchlichen Rückgriffs auf befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse diese Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden, eine Maßnahme bedeuten kann, die einen solchen missbräuchlichen Rückgriff wirksam ahndet und daher als mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung vereinbar anzusehen ist (Urteil vom 8. Mai 2019, Rossato und Conservatorio di Musica F. A. Bonporti, C‑494/17, EU:C:2019:387, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    100

    Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des vorlegenden Gerichts Paragraf 5 der Richtlinie 1999/70 nicht ordnungsgemäß in das spanische Recht umgesetzt worden, da dieses keine wirksame Maßnahme vorsehe, um den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu ahnden. Außerdem ergebe sich aus Art. 23 der Verfassung in Verbindung mit den Bestimmungen des EBEP, dass der Status von Laufbahnbeamten Personen vorbehalten sei, die erfolgreich an einem zum Erwerb dieses Status dienenden Auswahlverfahren teilgenommen hätten, das die Grundsätze der Gleichheit, der Öffentlichkeit, der Leistung, der Befähigung und des freien Wettbewerbs wahre. So könnte die Umwandlung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, was den Erwerb des Status eines Laufbahnbeamten bedeute, als Maßnahme zur Ahndung des missbräuchlichen Einsatzes dieser aufeinanderfolgenden befristeten Verträge oder Verhältnisse insbesondere gegen die Verfassung verstoßen. Im Übrigen stünde eine solche Umwandlung auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof).

    101

    Insoweit hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass sich Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung inhaltlich nicht als unbedingt und hinreichend genau darstellt, damit sich ein Einzelner vor einem nationalen Gericht darauf berufen kann. Nach dieser Vorschrift steht es nämlich im Ermessen der Mitgliedstaaten, ob sie zur Vermeidung von Missbrauch durch befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse auf eine oder mehrere der dort genannten Maßnahmen oder aber auf gleichwertige bestehende gesetzliche Maßnahmen zurückgreifen, und zwar unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien. Außerdem ist es nicht möglich, den Mindestschutz, der in jedem Fall nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung gewährt werden müsste, hinreichend zu bestimmen (Urteil vom 11. Februar 2021, M. V. u. a. [Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor], C‑760/18, EU:C:2021:113, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    102

    Aus der ständigen Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die nationalen Gerichte bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Ziels der betreffenden Richtlinie auslegen müssen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen. Diese Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung betrifft das gesamte nationale Recht, unabhängig davon, ob es vor oder nach dieser Richtlinie erlassen wurde (Urteil vom 11. Februar 2021, M. V. u. a. [Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor], C‑760/18, EU:C:2021:113, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    103

    Das Gebot einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts ist dem System des AEU‑Vertrags immanent, da dem nationalen Gericht dadurch ermöglicht wird, im Rahmen seiner Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, wenn es über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheidet (Urteil vom 11. Februar 2021, M. V. u. a. [Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor], C‑760/18, EU:C:2021:113, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    104

    Die Verpflichtung der nationalen Gerichte, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, findet zwar in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, insbesondere im Grundsatz der Rechtssicherheit und im Rückwirkungsverbot, ihre Schranken und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (Urteil vom 11. Februar 2021, M. V. u. a. [Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor], C‑760/18, EU:C:2021:113, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    105

    Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung verlangt jedoch, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung der danach anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der betreffenden Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt (Urteil vom 11. Februar 2021, M. V. u. a. [Aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor], C‑760/18, EU:C:2021:113, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    106

    Ferner hat der Gerichtshof präzisiert, dass, da der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der im Übrigen in Art. 47 der Charta anerkannt worden ist, die nationalen Gerichte bei nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Richtlinie 1999/70 in das spanische Recht den Rechtsschutz zu gewährleisten haben, der sich für den Einzelnen aus den Bestimmungen des Unionsrechts ergibt, und deren volle Wirksamkeit sicherzustellen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2010, Gavieiro Gavieiro und Iglesias Torres, C‑444/09 und C‑456/09, EU:C:2010:819, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    107

    Es kommt somit dem vorlegenden Gericht zu, die einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts im Rahmen des Möglichen und dann, wenn ein missbräuchlicher Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge stattgefunden hat, so auszulegen und anzuwenden, dass dieser Missbrauch angemessen geahndet wird und die Folgen des Verstoßes gegen das Unionsrecht beseitigt werden. In diesem Rahmen obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu beurteilen, ob die einschlägigen nationalen Bestimmungen einschließlich derjenigen von Verfassungsrang gegebenenfalls im Einklang mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung ausgelegt werden können, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 1999/70 zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Februar 2021, M. V. u. a. [Aufeinanderfolgende befristete Verträge im öffentlichen Sektor], C‑760/18, EU:C:2021:113, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    108

    Zudem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung den nationalen Gerichten die Verpflichtung auferlegt, eine gefestigte Rechtsprechung gegebenenfalls abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des innerstaatlichen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie nicht vereinbar ist. Folglich darf ein nationales Gericht u. a. nicht davon ausgehen, dass es eine nationale Vorschrift nicht im Einklang mit dem Unionsrecht auslegen könne, nur weil sie in ständiger Rechtsprechung in einem nicht mit dem Unionsrecht vereinbaren Sinne ausgelegt worden ist (Urteil vom 3. Juni 2021, Instituto Madrileño de Investigación y Desarrollo Rural, Agrario y Alimentario, C‑726/19, EU:C:2021:439, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    109

    Aus alledem ergibt sich erstens, dass, falls das vorlegende Gericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass die betreffende innerstaatliche Rechtsordnung im öffentlichen Sektor keine wirksame Maßnahme enthält, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu vermeiden und gegebenenfalls zu ahnden, die Umwandlung dieser Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eine solche Maßnahme darstellen kann.

    110

    Zweitens müsste das vorlegende Gericht, wenn es in einem solchen Fall zudem der Auffassung sein sollte, dass die gefestigte Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) einer solchen Umwandlung entgegensteht, diese Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) demnach unangewendet lassen, wenn sie auf einer Auslegung der Verfassungsbestimmungen beruht, die mit den Zielen der Richtlinie 1999/70 und insbesondere mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung unvereinbar ist.

    111

    Drittens kann eine solche Umwandlung eine Maßnahme darstellen, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse wirksam zu ahnden, sofern dadurch das nationale Recht nicht contra legem ausgelegt wird.

    112

    Im vorliegenden Fall ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass die Umwandlung der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens denselben Beendigungs- und Entlassungsgründen unterlägen wie Laufbahnbeamte, ohne jedoch den Status von Laufbahnbeamten zu erwerben, eine solche Sanktionsmaßnahme darstelle, die mit Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung vereinbar sei. Dem vorlegenden Gericht zufolge wird durch diese Sanktion das nationale Recht nicht contra legem ausgelegt.

    113

    Im Rahmen der zweiten bis vierten Frage in der Rechtssache C‑332/22 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen auch wissen, ob der unionsrechtliche Grundsatz der Äquivalenz es gebietet, befristet beschäftigten Arbeitnehmern des öffentlichen Sektors, die vom missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse betroffen sind, den Status von Laufbahnbeamten oder Dauerbeschäftigten zu verleihen, weil u. a. Art. 15 des Arbeitnehmerstatuts eine solche Lösung im privaten Sektor vorschreibe.

    114

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, das allein über eine unmittelbare Kenntnis der durch die nationalen Bestimmungen verliehenen Rechte verfügt, zu prüfen, ob der Äquivalenzgrundsatz gemäß der in den Rn. 86 bis 89 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung anwendbar und gegebenenfalls gewahrt ist.

    115

    Nach alledem ist auf die zweite, die vierte und die fünfte Frage in der Rechtssache C‑331/22 sowie auf die zweite bis vierte Frage in der Rechtssache C‑332/22 zu antworten, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass, soweit im nationalen Recht keine geeigneten Maßnahmen vorgesehen sind, um den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse gemäß Paragraf 5 zu vermeiden und gegebenenfalls zu ahnden, die Umwandlung dieser aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eine solche Maßnahme darstellen kann, sofern durch eine derartige Umwandlung das nationale Recht nicht contra legem ausgelegt wird.

    Kosten

    116

    Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE‑CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge

    ist dahin auszulegen, dass

    er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, nach denen der Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse im öffentlichen Sektor missbräuchlich wird, wenn die betreffende öffentliche Verwaltung die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Fristen zur Besetzung der Stelle, auf der der betroffene Arbeitnehmer befristet beschäftigt wird, nicht einhält, sofern in einer solchen Situation diese aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse keinen zeitweiligen, sondern einen ständigen und dauerhaften Bedarf dieser Verwaltung decken.

     

    2.

    Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70 ist im Licht der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des vollständigen Ersatzes des erlittenen Schadens

    dahin auszulegen, dass

    er einer nationalen Rechtsprechung und Regelung entgegensteht, die als Maßnahmen zur Ahndung des Missbrauchs durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers bis zu der Durchführung und dem Abschluss von Auswahlverfahren durch die beschäftigende Verwaltung bzw. die Durchführung solcher Verfahren sowie die Zahlung einer finanziellen Entschädigung mit einer festgelegten doppelten Obergrenze lediglich zugunsten des Arbeitnehmers, der erfolglos an diesen Verfahren teilnimmt, vorsehen, wenn es sich bei diesen Maßnahmen weder um angemessene noch hinreichend wirksame und abschreckende Maßnahmen handelt, um die volle Wirksamkeit der in Anwendung von Paragraf 5 dieser Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen.

     

    3.

    Paragraf 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70 ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

    dahin auszulegen, dass,

    soweit im nationalen Recht keine geeigneten Maßnahmen vorgesehen sind, um den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse gemäß Paragraf 5 zu vermeiden und gegebenenfalls zu ahnden, die Umwandlung dieser aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse in einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eine solche Maßnahme darstellen kann, sofern durch eine derartige Umwandlung das nationale Recht nicht contra legem ausgelegt wird.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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