EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 7.11.2018
COM(2018) 739 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Überprüfung der Verordnung (EG) Nr.1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel im Hinblick auf Stoffe mit endokrin wirksamen Eigenschaften
1.Einführung
Mit diesem Bericht legt die Kommission ihre Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel
(im Folgenden „Kosmetikverordnung“) im Hinblick auf Stoffe mit endokrin wirksamen Eigenschaften gemäß Artikel 15 Absatz 4
der genannten Verordnung vor.
Als Stoffe mit endokrin wirksamen Eigenschaften (im Folgenden „endokrine Disruptoren“) gelten für die Zwecke dieser Überprüfung jene chemischen Stoffe, die die Funktion des Hormonsystems stören und dadurch schädigende Wirkungen auf Mensch und Tier haben.
Am 15. Juni 2016 legte die Kommission Verordnungsentwürfe über Kriterien zur Erkennung endokriner Disruptoren im Bereich der Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte
vor. Die vorgeschlagenen Kriterien beruhten auf der von der Weltgesundheitsorganisation im Internationalen Programm für Chemikaliensicherheit (WHO/IPCS
) vorgelegten Definition. Die Weltgesundheitsorganisation definiert endokrine Disruptoren als „von außen zugeführte Stoffe oder Gemische, die die Funktion des Hormonsystems verändern und dadurch gesundheitsschädigende Wirkungen bei intakten Organismen, deren Nachkommen oder (Teil‑)Populationen verursachen“.
Diese Kriterien sind hinsichtlich des Gehalts bei Bioziden und Pflanzenschutzmitteln in der Praxis gleichwertig; sie wurden von der Kommission mit den Verordnungen vom 4. September 2017 und vom 19. April 2018 angenommen. Obwohl diese Kriterien keine unmittelbaren Rechtsfolgen für andere Bereiche des EU-Rechts außer Pflanzenschutzmittel und Biozide haben, sollten sie in der vorliegenden Überprüfung der Kosmetikverordnung möglichst umfassend Berücksichtigung finden.
2.Einschränkung von Stoffen nach der Kosmetikverordnung und in anderen Sektoren
Um ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen, sieht die Kosmetikverordnung ein System von Einschränkungen für die Verwendung bestimmter Stoffe in kosmetischen Mitteln vor.
Bestimmte Kategorien von Bestandteilen (Farbstoffe, Konservierungsstoffe und UV-Filter) dürfen in kosmetischen Mitteln nur verwendet werden, wenn sie durch die Aufnahme in die entsprechenden Positivlisten der Kosmetikverordnung (Anhänge IV, V und VI der Kosmetikverordnung) zugelassen wurden. Andere Inhaltsstoffe dürfen ohne Genehmigung in kosmetischen Mitteln verwendet werden. Wurden Risiken für die menschliche Gesundheit festgestellt, so kann die Verwendung von Inhaltsstoffen in kosmetischen Mitteln verboten oder beschränkt werden (Anhänge II und III der Kosmetikverordnung).
Diese Anhänge können im Falle möglicher Risiken für die menschliche Gesundheit
oder zwecks Anpassung an den technischen oder wissenschaftlichen Fortschritt
durch die Kommission geändert werden.
Bevor Stoffe in diese Anhänge aufgenommen werden, werden sie von einem unabhängigen wissenschaftlichen Gremium, dem Wissenschaftlichen Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ (SCCS), einer Risikobewertung unterzogen. Der SCCS erstellt allgemein Gutachten zu Gesundheits- und Sicherheitsrisiken (insbesondere chemischen, biologischen, mechanischen und anderen physikalischen Risiken) von Non-Food-Konsumgütern (z. B. Kosmetika und ihre Bestandteile, Spielzeug, Textilien, Bekleidung, Körperpflegemittel und Haushaltsprodukte) und Dienstleistungen (z. B. nicht permanente Tätowierung, Solarien). Der SCCS betrachtet in dem Verfahren zur Risikobewertung von Stoffen, die als Bestandteile kosmetischer Mittel verwendet werden, auch die Expositionsbewertung für bestimmte gefährdete Gruppen wie Kinder und Schwangere. Dies ist umso wichtiger, als es sich bei kosmetischen Mitteln um Verbraucherprodukte handelt, die von jeder Bürgerin und jedem Bürger tagtäglich verwendet werden.
Für Stoffe, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen
als karzinogen, mutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft wurden (CMR-Stoffe), gelten nach Artikel 15 der Kosmetikverordnung besondere Vorschriften für die Verwendung in kosmetischen Mitteln. Stoffe, die gemäß Anhang VI Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als CMR-Stoffe der Kategorien 1A oder 1B
oder 2
eingestuft sind, dürfen aufgrund ihrer gefährlichen Eigenschaften wegen ihrer CMR-Einstufung grundsätzlich nicht in kosmetischen Mitteln verwendet werden
und werden in den diesbezüglichen Anhang der Kosmetikverordnung aufgenommen.
Von diesem allgemeinen Verbot sind jedoch bestimmte Ausnahmen möglich (entweder in Form einer Zulassung oder einer Beschränkung), sofern bestimmte Voraussetzungen, einschließlich einer positiven Stellungnahme durch den SCCS, gegeben sind.
Die Kosmetikverordnung enthält keine spezifischen Vorschriften für endokrine Disruptoren. Wird ein Stoff, der als potenziell endokrin wirksam erkannt oder beurteilt wurde, auch als CMR-Stoff eingestuft, findet Artikel 15 Anwendung und die Verwendung dieses Stoffs in kosmetischen Mitteln wird verboten, sofern nicht unter den strengen Bedingungen von Artikel 15 Absatz 1 (Stellungnahme des SCCS) und Absatz 2 (Einhaltung der im allgemeinen Lebensmittelrecht festgelegten Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit, eingeschränkte Verwendung für bestimmte Produktkategorien, Fehlen geeigneter Ersatzstoffe, Bewertung des Stoffs und positive Stellungnahme durch den SCCS zur Sicherheit seiner Verwendung in kosmetischen Mitteln) eine Ausnahme gewährt wird. In Fällen, in denen der als endokrin wirksam erkannte oder als potenziell endokrin wirksam beurteilte Stoff nicht als CMR-Stoff eingestuft ist, unterliegt seine Verwendung in kosmetischen Mitteln den allgemeinen Bestimmungen des Artikels 31 der Kosmetikverordnung, der eine wissenschaftliche Stellungnahme des SCCS vorsieht.
Chemische Stoffe mit schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt sind in der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
geregelt, in deren Rahmen ihre Verwendung zugelassen oder beschränkt werden kann
. Dies gilt auch für in kosmetischen Mitteln verwendete chemische Stoffe mit endokrin wirksamen Eigenschaften. Sie können, wenn sie schädliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, nach der REACH-Verordnung mit Regulierungsmaßnahmen belegt werden.
In den verschiedenen EU-Rechtsvorschriften zu endokrinen Disruptoren wurden je nach den Besonderheiten der einzelnen Sektoren unterschiedliche Regulierungsansätze verfolgt.
So wurden ebenso wie in der Kosmetikverordnung auch in der Verordnung über Lebensmittelkontaktmaterialien keine Sondervorschriften für endokrine Disruptoren festgelegt: Um möglichen Gefahren für die menschliche Gesundheit zu begegnen, kann die Kommission bei Bedarf auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Risikobewertung, die die Erfordernisse der sektoralen Rechtsvorschriften berücksichtigt, Maßnahmen ergreifen, die die Verwendung von Stoffen verbieten oder einschränken, die in Lebensmittelkontaktmaterialien eingesetzt werden.
In den Bereichen Biozidprodukte und Pflanzenschutzmittel hat der Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass endokrine Disruptoren grundsätzlich nicht zugelassen werden dürfen, und zwar auch dann nicht, wenn sie nicht als CMR-Stoffe eingestuft sind, wobei in begrenztem Umfang Ausnahmemöglichkeiten eingeräumt werden. Im Rahmen der REACH-Verordnung können Stoffe mit endokrin wirksamen Eigenschaften als besonders besorgniserregend (SVHC - substance of very high concern) eingestuft werden; sie können dabei auf Einzelfallbasis als besonders besorgniserregend eingestuft werden, wenn sie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt haben, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen von CMR-Stoffen (der Kategorien 1A/1B) oder von persistenten, bioakkumulierbaren und toxischen (PBT) Stoffen oder auch von sehr persistenten und sehr bioakkumulierbaren (vPvB) Stoffen. In der neuen Verordnung über Medizinprodukte wird angestrebt, zu gewährleisten, dass der Nutzen einer etwaigen Verwendung von endokrinen Disruptoren in Medizinprodukten höher ist als das potenzielle Risiko ihrer Verwendung. Dies gilt für invasive Medizinprodukte, die direkt mit dem menschlichen Körper in Berührung kommen oder Arzneimittel und Körperflüssigkeiten verabreichen; die Verwendung von endokrinen Disruptoren in solchen Produkten ist zu begründen.
3.Bewertung der Sicherheit von Kosmetikbestandteilen durch den SCCS
a.Methodik des SCCS für die Sicherheitsbewertung
Der SCCS bewertet im Auftrag der Kommission die Sicherheit in kosmetischen Mitteln verwendeter Stoffe, auch von CMR-Stoffen und Nanomaterialien.
Einschlägige Informationen zu den verschiedenen Aspekten der Prüfung und Sicherheitsbewertung kosmetischer Stoffe in Europa sind in dem entsprechenden Leitfaden des SCCS enthalten (SCCS Notes of Guidance for Testing of Cosmetic Ingredients and Their Safety Evaluation). Damit sollen die Behörden und die Kosmetikindustrie eine Orientierung erhalten, die eine einheitlichere und bessere Befolgung der Kosmetikverordnung bewirkt.
Der Leitfaden des SCCS wird regelmäßig überarbeitet und aktualisiert, damit er die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Allgemeinen und die im Bereich der Prüfung und Sicherheitsbewertung von Kosmetikbestandteilen gewonnenen Erfahrungen im Besonderen berücksichtigt.
b.Ansatz des SCCS für die Sicherheitsbewertung endokriner Disruptoren
In seinem Memorandum vom 16. Dezember 2014 (Memorandum on Endocrine Disruptors) (SCCS/1544/14) hat der SCCS seinen spezifischen Ansatz für die Sicherheitsbewertung endokriner Disruptoren dargelegt. Im Einklang mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Beratenden Expertengruppe für endokrine Disruptoren („Endocrine Disruptors Expert Advisory Group“), die von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission (JRC) einberufen wurde, schließt er sich darin der vorgenannten, im Internationalen Programm für Chemikaliensicherheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO/IPCS) vorgeschlagenen Definition endokriner Disruptoren an.
In seinem Memorandum stimmte der SCCS den Schlussfolgerungen der EFSA zu, wonach endokrine Disruptoren wie die meisten anderen Stoffe behandelt werden könnten, gegen die Gesundheits- und Umweltbedenken bestehen, d. h. sie könnten einer Risikobewertung unterzogen werden und nicht nur einer Gefahrenbewertung. Die EFSA befand zudem, der Besorgnisgrad werde nicht ausschließlich durch eine Risikobewertung bestimmt sondern auch durch die vom Risikomanagement festgelegten Schutzziele.
Die Haltung des SCCS zur Sicherheitsbewertung endokriner Disruptoren, wie sie in dem Memorandum dargelegt ist, wurde jüngst im Rahmen der 9. Überarbeitung der Leitlinien des SCCS
vom 25. April 2016 bestätigt. Der SCCS wies darauf hin, dass dieser Ansatz im Einklang mit seiner bisherigen Praxis hinsichtlich der Sicherheitsbewertung von Stoffen mit endokrin wirksamen Eigenschaften steht.
Tatsächlich haben der SCCS und seine Vorgänger, der Wissenschaftliche Ausschuss „Konsumgüter“ (SCCP) und der Wissenschaftliche Ausschuss „Kosmetische Mittel und für den Verbraucher bestimmte Non-Food-Erzeugnisse“, bereits Kosmetikbestandteile bewertet, die im Verdacht standen, endokrin wirksame Eigenschaften zu besitzen. Kosmetikbestandteile, für die der SCCS und seine Vorgänger solche wissenschaftlichen Gutachten abgegeben haben, sind beispielsweise mehrere Parabene
(die als Konservierungsmittel in Kosmetika eingesetzt werden), Triclosan
(das als Konservierungsmittel und Deodorant dient), Homosalat
(das in Sonnenschutzmitteln als UV-Filter, aber auch wegen seiner hautpflegenden Eigenschaften verwendet wird), Benzophenone (die vor allem dazu dienen, Kosmetika vor der Einwirkung von UV-Licht zu schützen), die UV-Filter 4-Methylbenzylidencampher und 3-Benzylidencampher
, Melatonin
(bei Verwendung als Antioxidans), Resorcin (Haarfärbemittel) und Cyclomethicon
(das mehrere Funktionen hat: es dient als Antistatikmittel, zur Hautpflege und -glättung oder als Haar-Conditioner).
Diese Gutachten zeigen, welche Arten von Daten herangezogen werden, um eine wissenschaftliche Bewertung mutmaßlich endokrin wirkender Stoffe zu gewährleisten.
Es werden Schlussfolgerungen darüber gezogen, ob endokrine/hormonale Aktivitäten mit dem kritischen Endpunkt zusammenhängen, anhand dessen die Sicherheit dieser Stoffe für die Verbraucher bewertet wird, wobei gegebenenfalls auch besonders gefährdete Gruppen wie Kinder berücksichtigt werden. Die Gutachten belegen, dass der SCCS in der Lage ist, mit seiner bisherigen Methodik eine Risikobewertung dieser Stoffe für die Verwendung in Kosmetika durchzuführen.
Die Gutachten zeigen, dass der SCCS im Rahmen seiner Sicherheitsbewertung (im Rahmen der mit dem Tierversuchsverbot für kosmetische Mittel einhergehenden Beschränkungen) auf wissenschaftliche Bedenken hinsichtlich der endokrinschädigenden Eigenschaften von Stoffen eingehen kann, wie dies im Fall bestimmter, als Konservierungsmittel in Kosmetika verwendeter Parabene geschehen ist. Der SCCS führte dazu eine Sicherheitsbewertung der verschiedenen Parabene auf Einzelfallbasis durch. Während der SCCS bestimmte Arten von Parabenen dabei als sicher für die Verwendung in kosmetischen Mitteln bestätigt hat
, konnte der Ausschuss für andere Kategorien von Parabenen gesundheitliche Risiken nicht ausschließen
. Ausgehend von der Sicherheitsbewertung des SCCS hat die Kommission die geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Verwendung bestimmter Parabene, mit denen ein potenzielles Risiko für die menschliche Gesundheit verbunden war, zu beschränken oder zu untersagen, einschließlich der Verwendung einiger Parabene in Produkten, die für Kinder unter drei Jahren zum Auftragen auf die Windelzone bestimmt sind; die Verwendung anderer Parabene wurde dagegen als sicher bestätigt.
Stoffe, die als endokrine Disruptoren identifiziert wurden, werden daher derzeit einer allgemeinen Sicherheitsbewertung durch den SCCS unterzogen. Sie werden wie Stoffe behandelt, die für die menschliche Gesundheit bedenklich sind, und unterliegen je nach Einzelfall Regulierungsmaßnahmen, die auf den allgemeinen Anforderungen jener Rechtsvorschriften beruhen, die die Produktsicherheit gewährleisten sollen.
4.Verfügbare Daten zur Ermittlung endokriner Disruptoren
Zur Unterstützung der von der Kommission im Bereich der Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte durchgeführten Folgenabschätzung
wurde von einem externen Auftragnehmer eine Screening-Studie der verfügbaren Daten über chemische Stoffe im Hinblick auf deren potenzielle Erkennung als endokrine Disruptoren durchgeführt und am 30. Juni 2016 veröffentlicht.
Die Methodik
für das Screening wurde von der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) entwickelt.
Ziel der Studie war es, die Zahl und die Identität der chemischen Stoffe abzuschätzen, die im Rahmen verschiedener Optionen für die Kriterien zur Bestimmung endokrin wirksamer Eigenschaften möglicherweise als endokrine Disruptoren ermittelt werden würden. Insgesamt wurden rund 600 chemische Stoffe überprüft, darunter fast alle in der EU für die Verwendung in Pflanzenschutzmitteln und Biozidprodukten zugelassenen Wirkstoffe, sowie eine Untergruppe chemischer Stoffe, die unter die REACH-Verordnung, die Kosmetikverordnung und die Wasserrahmenrichtlinie fallen.
Die Ergebnisse der Screening-Studie stellen keine wissenschaftlichen Bewertungen einzelner Stoffe dar, wie sie nach den einschlägigen Rechtsvorschriften für chemische Stoffe, insbesondere der Kosmetikverordnung, ausdrücklich durchgeführt werden müssen. Es wäre daher ein Irrtum anzunehmen, dass die in den Ergebnissen der Studie aufgeführten Stoffe als endokrine Disruptoren im Sinne der EU-Rechtsvorschriften zu gelten haben.
Die Ergebnisse der Screening-Studie für sich genommen können somit nicht für eine regulatorische Entscheidung verwendet werden, sondern müssen durch eine kritische Überprüfung und Neubewertung der Daten bestätigt
werden.
Die im Rahmen des Screenings durchgeführte Analyse der als Kosmetikbestandteile verwendeten 51 Stoffe
hat gezeigt, dass die überwiegende Mehrzahl von ihnen gemäß der verwendeten Methodik nicht als potenziell endokrin wirksam eingestuft wurde. Dieses Ergebnis kann jedoch fehlenden Belegen für endokrin wirksame Eigenschaften in der Untergruppe der 51 untersuchten Stoffe geschuldet sein und muss nicht unbedingt einen Negativbefund darstellen.
Von den sieben kosmetischen Stoffen, die als potenziell endokrin wirksam eingestuft wurden, und den drei Stoffen, für die die Ergebnisse nicht schlüssig waren
, wurde die Hälfte bereits verboten und in den Anhang II der Kosmetikverordnung aufgenommen („Liste der Stoffe, die in kosmetischen Mitteln verboten sind“) oder wird als CMR-Stoff verboten werden.
Die wenigen verbleibenden Stoffe, die als potenziell endokrin wirksam eingestuft wurden, unterliegen keinem bestehenden oder anstehenden Verbot. Die nächsten Schritte in Bezug auf diese Stoffe werden in Abschnitt 5 dargelegt.
Zusätzlich zu diesen 51 Stoffen gibt es einige Stoffe, die im Rahmen der Studie zwar nicht speziell im Hinblick auf Kosmetika geprüft wurden, aber tatsächlich auch in kosmetischen Mitteln Verwendung finden und als potenziell endokrin wirksam eingestuft wurden.
Dazu gehört beispielsweise Triclosan, für das aufgrund seiner nicht hinnehmbaren Umweltrisiken ein Beschluss über die Nichtgenehmigung
seiner Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 1 – Desinfektionsprodukte für die menschliche Hygiene (z. B. Händedesinfektionsmittel) – gemäß der Verordnung über Biozidprodukte
erlassen wurde. Bereits im Jahr 2014 schränkte die Kommission aufgrund der wissenschaftlichen Gutachten des SCCP
und des SCCS
die Verwendung von Triclosan als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln ein. Damit trug sie dem in den Gutachten des SCCP und des SCCS vertretenen Standpunkt Rechnung, die fortgesetzte Verwendung von Triclosan als Konservierungsstoff mit der bis dahin zulässigen Höchstkonzentration von 0,3 % in allen kosmetischen Mitteln sei aufgrund der Bedenken wegen der endokrinen Wirkung angesichts der Größenordnung der Gesamtexposition nicht sicher.
Die Kommission ist sich der anhaltenden Debatte über die potenziell endokrinschädigenden Eigenschaften von Triclosan bewusst. Sobald neue wissenschaftliche Daten
über mögliche schädliche Auswirkungen von Triclosan auf die menschliche Gesundheit vorliegen, wird die Kommission davon ausgehend die nächsten Schritte bewerten.
5.Schlussfolgerungen und Vorschläge für die nächsten Schritte
Was die ökologischen Aspekte betrifft, so fallen chemische Stoffe mit schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt unter die Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), in deren Rahmen ihre Verwendung beispielsweise zugelassen oder beschränkt werden kann. In kosmetischen Mitteln verwendete chemische Stoffe mit endokrin wirksamen Eigenschaften können somit, wenn sie schädigende Auswirkungen auf die Umwelt haben, Regulierungsmaßnahmen nach der REACH-Verordnung unterliegen.
Was die gesundheitlichen Aspekte betrifft, so sind in der Kosmetikverordnung für endokrine Disruptoren – anders als für CMR-Stoffe – keine spezifischen rechtlichen Folgen festgelegt. Werden jedoch als potenziell endokrin wirksam erkannte oder beurteilte Stoffe als CMR-Stoffe eingestuft, müssen sie nach Artikel 15 verboten werden, es sei denn, eine besondere Ausnahme ist umfassend begründet und vom SCCS wissenschaftlich gebilligt worden. Für nicht als CMR-Stoffe eingestufte Stoffe, die als potenziell endokrin wirksam erkannt oder beurteilt wurden, gelten die Bestimmungen des Artikels 31, der es ermöglicht, ihre Verwendung zu verbieten oder einzuschränken, vorausgesetzt eine Risikobewertung hat ergeben, dass mit ihnen ein potenzielles Risiko für die menschliche Gesundheit verbunden ist, wie es beispielsweise bei Triclosan und den Parabenen der Fall war. Der SCCS betrachtet in dem Verfahren zur Risikobewertung von Stoffen, die als Bestandteile kosmetischer Mittel verwendet werden, auch die Expositionsbewertung für bestimmte gefährdete Gruppen wie Kinder und Schwangere. Dies ist umso wichtiger, als es sich bei kosmetischen Mitteln um Verbraucherprodukte handelt, die von jeder Bürgerin und jedem Bürger tagtäglich verwendet werden.
Die Kosmetikverordnung enthält somit die geeigneten Hilfsmittel, die es erlauben, die Verwendung kosmetischer Stoffe mit einem potenziellen Risiko für die menschliche Gesundheit zu regeln und anhand einer wissenschaftlichen Bewertung der verfügbaren Daten zur menschlichen Gesundheit die entsprechenden regulatorischen Maßnahmen zu ergreifen.
Bedenkt man, dass in den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften für den Umgang mit endokrinen Disruptoren in verschiedenen Sektoren unterschiedliche Ansätze verfolgt wurden, hat die Erfahrung seit Inkrafttreten der Kosmetikverordnung keine Gründe ergeben, die es rechtfertigen würden, von dem Regelungsrahmen abzuweichen, den der Gesetzgeber für den Umgang mit Sicherheitsbedenken gegen die Verwendung von endokrinen Disruptoren in kosmetischen Mitteln aufgestellt hat.
Ein Eckpfeiler des bestehenden Rechtsrahmens ist die vom SCCS durchgeführte wissenschaftliche Risikobewertung von Kosmetikbestandteilen. Der SCCS hat bestätigt, dass er die Sicherheit von Kosmetikbestandteilen im Hinblick auf ihre endokrinschädigenden Eigenschaften vorbehaltlich der mit dem Tierversuchsverbot für kosmetische Mittel einhergehenden Beschränkungen beurteilen kann. Als endokrine Disruptoren erkannte Stoffe werden wie Stoffe behandelt, die für die menschliche Gesundheit bedenklich sind, und unterliegen je nach Einzelfall Regulierungsmaßnahmen, die auf den allgemeinen Anforderungen jener Rechtsvorschriften beruhen, die die Produktsicherheit gewährleisten sollen.
Wenn der SCCS bei seiner Sicherheitsbewertung zu dem Schluss kommt, dass von als potenziell endokrin wirksam beurteilten Stoffen ein Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht, kann die Kommission die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, um die Verwendung solcher Stoffe in Kosmetika auf Einzelfallbasis zu verbieten oder einzuschränken. Solche Maßnahmen wurden in der Vergangenheit bereits ergriffen, wie die oben genannten Beispiele zeigen, und dies wird auch in Zukunft weiterhin der Fall sein. Bis zum ersten Quartal 2019 wird die Kommission eine Prioritätenliste mit potenziell endokrin wirksamen Stoffen erstellen, die noch keinen Verboten nach der Kosmetikverordnung unterliegen.
Die Kommission wird zur Vorbereitung der Bewertung dieser Stoffe Aufrufe zur Datensammlung an die Mitgliedstaaten, die Interessenträger und die wissenschaftlichen Kreise richten. Sobald die Daten vorliegen, wird die Kommission den SCCS mit einer möglichst raschen Bewertung der Stoffe beauftragen. Davon ausgehend wird die Kommission die geeigneten Maßnahmen zum Verbot oder zur Beschränkung der Verwendung der einzelnen Stoffe in kosmetischen Mitteln ergreifen.
Die Kommission wird die Effizienz, Wirksamkeit und Kohärenz der im EU-Recht, einschließlich der Kosmetikverordnung, verfolgten unterschiedlichen Risikomanagementkonzepte für endokrine Disruptoren weiter analysieren, wie in der Mitteilung der Kommission „Für einen umfassenden Rahmen der Europäischen Union für endokrine Disruptoren“ dargelegt, in der auch die Einleitung einer sektorübergreifenden Eignungsprüfung für endokrine Disruptoren angekündigt wird.