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Document JOC_2002_227_E_0382_01

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors (KOM(2002) 207 endg. — 2002/0123(COD))

    ABl. C 227E vom 24.9.2002, p. 382–386 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52002PC0207

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors /* KOM/2002/0207 endg. - COD 2002/0123 */

    Amtsblatt Nr. 227 E vom 24/09/2002 S. 0382 - 0386


    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors

    (von der Kommission vorgelegt)

    BEGRÜNDUNG

    1. BEGRÜNDUNG DES VORSCHLAGS

    Das Potenzial von Informationen des öffentlichen Sektors [1]

    [1] Die Beweggründe für diese Initiative und ihre wirtschaftliche Bedeutung sind in der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 23. Oktober 2001: "eEurope 2002: Schaffung europäischer Rahmenbe dingungen für die Nutzung der Informationen des öffentlichen Sektors" (KOM(2001) 607) dargelegt. Dieser Abschnitt vermittelt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Argumente.

    Die digitale, wissensgestützte Wirtschaft ist eine wesentliche Triebkraft für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung und verbessert gleichzeitig die Lebensqualität europäischer Bürger. Dies ist eine zentrale Aussage des Aktionsplans eEurope 2002 "Eine Informationsgesellschaft für alle" (KOM(2000) 330 endgültig). Diese Initiative zur Weiter verwendung von Informationen des öffentlichen Sektors ist Teil des Aktionsplans und wird zur Erreichung seiner Ziele beitragen, insbesondere in den Bereichen elektronische Behördendienste und digitale Inhalte.

    Im Rahmen seines öffentlichen Auftrags erfasst, verarbeitet und verbreitet der öffentliche Sektor große Informationsmengen. Finanzielle und geschäftliche Informationen werden von Ministerien und anderen Stellen des öffentlichen Sektors erfasst. Juristische und administra tive Informationen sind typische Informationen des öffentlichen Sektors. Auch Geografie-, Verkehrs- und Tourismusinformationen werden von öffentlichen Stellen auf verschiedenen Regierungsebenen gesammelt.

    Eine einwandfreie Bereitstellung derartiger Informationen über das Internet kann Bürgern und Unternehmen gleichermaßen zugute kommen. Sie wird ihre Kommunikation mit den öffentlichen Verwaltungen erleichtern und kann ihre Mitwirkung am demokratischen Prozess verstärken. Informationen des öffentlichen Sektors kommt für das demokratische und bürger liche Leben maßgebende Bedeutung zu. Desgleichen sind Informationen des öffentlichen Sektors eine wesentliche Voraussetzung für die Wirtschaftstätigkeit und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes. Die intensivere Nutzung von Informationen des öffent lichen Sektors soll dazu führen, dass breitere Kreise von Bürgern und Unternehmen über qualitativ höherwertige Informationen verfügen und so ihre Rechte auf dem Binnenmarkt besser wahrnehmen können.

    Denn Informationen des öffentlichen Sektors bergen auch ein bedeutendes Wirtschafts potenzial. Die neuen Werkzeuge der Informationsgesellschaft haben ungeahnte Möglichkeiten geschaffen, Daten aus verschiedenen Quellen zu Mehrwertprodukten und -diensten zu verarbeiten. Informationen des öffentlichen Sektors sind eine wesentliche Grundlage für zahlreiche digitale Informationsprodukte und könnten zu einem wichtigen Ausgangsmaterial für neue Dienste, vor allem für das drahtlose Internet [2], werden. Es handelt sich um ein wichtiges Wirtschaftsgut, das zu einem Schlüsselfaktor bei der Weiterentwicklung der Inhaltsbranche werden kann, deren Markt bereits 433 Mrd. EUR beträgt und rund 4 Millionen Europäer beschäftigt. Die Erstellung von Inhalten hat in den letzten Jahren rasch zur Schaffung von Arbeitsplätzen geführt und dies kann sich auch künftig fortsetzen. Bessere Bedingungen für die Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors werden daher die Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung fördern. Ferner wird eine bessere Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors den Bürgern weitere Vorteile in Form von Mehrwert-Informationsprodukten bieten, die der öffentliche Sektor selbst nicht anbieten kann.

    [2] Am 20. März 2001 verabschiedete die Kommission eine Mitteilung mit dem Titel "Einführung von Mobilkommunikationssystemen der dritten Generation in der Europäischen Union: Aktueller Stand und weiteres Vorgehen", KOM(2001) 141.

    Ein aufgesplitterter europäischer Markt

    Die weitere Integration der europäischen Wirtschaft und die Entwicklung des drahtlosen Internet werden eine steigende Nachfrage nach europaweiten Informationsprodukten und -diensten (mobilen Tourismusdiensten, europäischen Geschäftsinformationsdiensten u.a.) bewirken. Die Einführung derartiger Produkte oder Dienste auf der Basis von Informationen des öffentlichen Sektors ist jedoch eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Regeln und Verfahren für die Weiterverwendung der Informationen sind von Land zu Land unterschiedlich oder schlicht und einfach unklar. Schwierigkeiten in ein oder zwei Ländern können Informationssammler daran hindern, ein europaweit brauchbares Produkt herzustellen. Dies wirkt sich eindeutig auf den europäischen Markt aus, da Ungewissheit hinsichtlich der Bedingungen für die Verwendung der Informationen Unternehmen davon abhält, in die grenzüberschreitende Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors einzusteigen. Vor allem KMU können abgeschreckt werden, denn für sie hat jede größere Fehlinvestition Folgen für den Fortbestand der Firma. Ein Mindestbestand an gemeinsamen Regeln wird die Voraussetzungen für mehr Sicherheit schaffen und die Herstellung unionsweiter Produkte erleichtern. Er könnte auch die Aufgaben der öffentlichen Stellen selbst erleichtern, die derzeit häufig mit der Festlegung von Ad-hoc-Strategien überlastet sind, wenn ein Antrag auf Weiterverwendung von Informationen gestellt wird.

    Die Schwierigkeiten beim Aufbau grenzüberschreitender Informationsdienste betreffen nicht nur deren Anbieter, sondern wirken sich auch negativ auf die Nutzer aus. Die Verfügbarkeit zuverlässiger Informationsprodukte, die z.B. Verwaltungsverfahren, Verkehr, Investitions bedingungen oder den Zustand der Umwelt in verschiedenen Mitgliedstaaten betreffen, ist eine wertvolle Hilfe für Firmen, die auf dem Binnenmarkt tätig sind, und auch für die Bürger von Bedeutung. Daher können sich die Schwierigkeiten bei der Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors auf den Binnenmarkt insgesamt negativ auswirken.

    Wahl des Rechtsinstruments

    Diese Richtlinie wird gewährleisten, dass bei der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors die gleichen Grundbedingungen für alle Akteure auf dem europäischen Informationsmarkt gelten, dass die Bedingungen für die Weiterverwendung transparenter gestaltet werden und ungerechtfertigte Marktverzerrungen beseitigt werden. Aus verschiede nen Gründen schlägt die Kommission eine Richtlinie über die Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors vor. Sie ist der angemessenste Weg, der in diesem Bereich zu Ergebnissen führt. Eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten bzw. deren Koordinierung reicht angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Themas reicht nicht aus, um Abhilfe zu schaffen. Die vorgeschlagene Richtlinie wird den Marktteilnehmern Rechtssicherheit bieten und Fristen für Veränderungen vorgeben, überlässt es jedoch den Mitgliedstaaten, wie sie die Bestimmungen den lokalen Gegebenheiten entsprechend konkret anwenden. Sie wird eine klare Antwort auf die Internationalisierung des Informationsbedarfs und den europäischen Charakter verschiedener Informationsprodukte und -dienste geben. Sie wird ein Flickwerk vermeiden, das sich aus dem zeitlich unterschiedlichen Vorgehen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich ergeben könnte.

    Wenn hier nichts oder zu wenig unternommen wird, kann dies in einigen Jahren zu der unangenehmen Erkenntnis führen, dass noch immer beträchtliche Hindernisse für die europaweite Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors bestehen und sich der Abstand zu den USA vergrößert hat. Die bisherigen Erfahrungen mit den Leitlinien [3] der Kommission von 1989 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors legen den Gedanken nahe, dass ein rechtlich unverbindliches Vorgehen auf diesem Gebiet nicht die notwendigen Ergebnisse zeitigen wird. In der Praxis haben sich diese Leitlinien kaum ausgewirkt.

    [3] Leitlinien für ein besseres Zusammenwirken zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor auf dem Informationsmarkt, Luxemburg 1989.

    Ferner bieten einzelne Verstoßverfahren nach den Regeln des Vertrages (Bestimmungen über Wettbewerb, Nichtdiskriminierung, freien Dienstleistungsverkehr) allein nicht die Sicherheit, die der gesamte Sektor benötigt, um in neue Produkte und Dienste zu investieren. Sie schaffen nur begrenzt Abhilfe und würden in anderen Situationen nicht zwangsläufig zur Anwendung kommen. Darüber hinaus würde das Ausloten der Grenzen der geltenden Rechtsvorschriften durch spezifische Gerichtsverfahren sehr viel Zeit erfordern, wenn es sich um Klagen vor nationalen Gerichten handelt, und für die betreffenden Unternehmen sehr kostspielig sein. Auch würden die Gerichtsentscheidungen das grundlegende Problem abweichender Vorschriften und Verfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht beheben.

    Der Richtlinienvorschlag wird sich nicht negativ auf die Möglichkeit für die Bürger auswirken, auf Dokumente an der Quelle zuzugreifen. Er wird die Zugangsregelungen in den Mitgliedstaaten nicht verändern und den Datenschutz nach den derzeitigen Bestimmungen nicht beeinflussen.

    2. WAHL DER RECHTSGRUNDLAGE UND BEGRÜNDUNG

    Wie zuvor erwähnt, behindern abweichende oder unklare nationale Rechtsvorschriften bzw. Praktiken öffentlicher Stellen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes für Infor mationsprodukte und Dienste. Es fehlt an einem Mindestmaß an Sicherheit und Transparenz der Bedingungen für die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors in Europa, was die grenzüberschreitende Einführung von Produkten und Diensten auf der Basis von Informationen des öffentlichen Sektors und damit die Entwicklung eines echten europäischen Informationsmarktes erheblich behindert.

    Vor diesem Hintergrund soll der vorliegende Vorschlag die Ziele des Binnenmarktes nach Artikel 95 EGV fördern, der Harmonisierungsbestimmungen im Hinblick auf die problemlose Schaffung und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes vorsieht. Hierzu können Maßnahmen - u.a. Verordnungen, Entscheidungen, Richtlinien oder Empfehlungen - nach dem Mitentscheidungsverfahren (Artikel 251) erlassen werden.

    3. SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

    Ziel dieses Richtlinienvorschlags ist es, die Erstellung europäischer Informationsdienste auf der Basis von Informationen des öffentlichen Sektors zu erleichtern, deren effektive grenzüberschreitende Nutzung durch Privatunternehmen zur Entwicklung von Mehrwert-Informationsprodukten und -diensten zu fördern, Wettbewerbsverzerrungen auf dem europäischen Markt zu beschränken und zu vermeiden, dass ein unterschiedliches Tempo der Mitgliedstaaten bei der Regelung der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors zu einer weiteren Aufsplitterung führt. Diese Ziele können daher angesichts ihrer eindeutig europäischen Dimension und Wirkung nicht in vollem Umfang auf einzelstaatlicher Ebene verwirklicht werden und lassen sich am besten auf Gemeinschaftsebene erreichen.

    Die Richtlinie beschränkt sich auf das Mindestmaß an Harmonisierung, das diese Ziele erfordern. Die Wahl einer Richtlinie als Instrument zur Lösung der bestehenden Probleme wird vorstehend begründet. Sie lässt den Regierungen erheblichen Handlungsspielraum, wird jedoch durch eine Reihe von Grundsätzen zur Verringerung bzw. Beseitigung der Haupt hindernisse für die Industrie beitragen.

    Der Vorschlag steht daher voll im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit.

    4. FOLGEN DER DURCHFÜHRUNG DES VORSCHLAGS

    Positive Auswirkungen auf den Informationsmarkt

    Bessere Möglichkeiten zur Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors auf der Basis eines harmonisierten Rechtsrahmens werden durch erhöhte Sicherheit und Transparenz Investitionen und Innovation auf dem Informationsmarkt fördern. Dies wiederum kann zu Wachstum und stärkerer Wettbewerbsfähigkeit der Industrie für digitale Inhalte führen und den Verbrauchern Vorteile bieten.

    Am reinen wirtschaftlichen Wert von Informationen des öffentlichen Sektors in der Europäischen Union zeigt sich das Potenzial dieses Bereichs: Er wurde kürzlich auf ca. 68 Mrd. EUR geschätzt [4] und ist damit größenmäßig mit Branchen wie juristische Dienst leistungen und Druckereiwesen vergleichbar. Eine bessere Nutzung des Wirtschaftspotenzials von Informationen des öffentlichen Sektors wird in der Industrie für digitale Inhalte zu intensiverer Tätigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen führen. Viele davon werden in KMU entstehen.

    [4] "Commercial exploitation of Europe's public sector information", Pira International, September 2000.

    In Zukunft dürfte der Markt für mobile Inhalte beträchtlich wachsen. In einer neueren Studie [5] wird dieser Markt für Europa im Jahr 2006 auf rund 19 Mrd. EUR geschätzt. Wie aus der Studie hervorgeht, können attraktive Anwendungen von Informationen des öffentlichen Sektors und Mehrwertanwendungen auf der Basis solcher Informationen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung dieses neu entstehenden Dienstemarktes spielen.

    [5] "Digital Content for Global Mobile Services", Andersen, 2002.

    Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden es der Inhaltsindustrie in Europa daher in größerem Umfang ermöglichen, Informationen des öffentlichen Sektors für Mehrwert-Informationspro dukte zu verwenden. Die Aufgabe für die europäische Industrie besteht darin, diese Möglich keiten voll auszuschöpfen.

    Auswirkungen unterschiedlicher Gebührensysteme

    In den vergangenen Jahren wurde versucht, die wirtschaftlichen Auswirkungen einer offeneren Datenpolitik über eine Reihe von Studien zu modellieren und zu bewerten. Die Diskussion konzentrierte sich in erster Linie auf die Gebühren, wobei das in den Vereinigten Staaten übliche kostengünstige Modell - bei dem die Gebühren für die Weiterverwendung von Informationen der Bundesregierung die Grenzkosten für deren Reproduktion und Verbreitung nicht überschreiten - den in Europa zugrunde gelegten kostendeckenden Modellen gegenüber gestellt wurde. Die meisten Analysen - auf der Basis wirtschaftlicher Modellierung und/oder empirischer bereichsspezifischer Konzepte - kommen zu dem Schluss, dass Niedrigtarife der Gesellschaft insgesamt die größten Vorteile bieten [6]. Aus einer detaillierten Studie über mehrere von öffentlichen Stellen genutzte Datenbanken geht hervor, dass mit der Berechnung der Grenzkosten für Reproduktion und Verbreitung mit Abstand die größten wirtschaftlich und sozial vorteilhaften Auswirkungen erzielt werden [7]. Dies gilt insbesondere für KMU und Neueinsteiger. Ein weiterer Vorteil gegenüber den kostendeckenden Modellen besteht darin, dass Informationen des öffentlichen Sektors auch für Bürger zugänglich gemacht werden. Eine Studie berücksichtigt insbesondere die möglichen Auswirkungen auf die Steuerein nahmen und weist darauf hin, dass eine verstärkte Wirtschaftstätigkeit infolge niedriger Gebühren für die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors dem Staatshaushalt insgesamt zugute kommen wird [8]. Eine Analyse des britischen Finanz ministeriums [9] im Zusammenhang mit der Überprüfung der öffentlichen Ausgaben 2000 mahnt zur Vorsicht und stellt gleichzeitig fest, dass Anreize notwendig sind, um zu gewähr leisten, dass öffentliche Stellen, insbesondere "Trading Fonds", nicht eine geringe Auflage zu hohen Kosten produzieren, die sie noch immer durch hohe Preise für den Kunden decken können. Bloße Untätigkeit und der Wunsch nach einem ruhigen Leben können die Haupt hindernisse für die breitere, kostendeckende Nutzung staatlicher Informationen bilden. Die Überprüfung der öffentlichen Ausgaben war die Grundlage für die kostenlose Bereitstellung wichtiger staatlicher Informationen für Verwerter.

    [6] Vgl. die Studien "Welvaartseffecten van verschillende financieringsmethoden van elektronische gegevensbestanden", ein Bericht von Berenschot und dem Niederländischen Wirtschaftsinstitut im Auf trag des Niederländischen Innenministeriums von 2001, "Commercial exploitation of Europe's public sector information", ein Bericht von Pira International im Auftrag der Europäischen Kommission, September 2000 oder die in den Studien "The dissemination of spatial data: a North-American-European comparative study on the impact of government information policy". von X.R. Lopez, Ablex Publishing Corporation 1998 und "Economische effecten van laagdrempelige beschikbaarstelling van overheidsinformatie" (2000) im Auftrag der "Ravi Bedrijvenplatform" (Mitglieder des niederländischen Ausschusses für geografische Daten aus dem Privatsektor) erläuterten Forschungsarbeiten über geografische Daten.

    [7] "Welvaartseffecten van verschillende financieringsmethoden van elektronische gegevensbestanden", ein Bericht von Berenschot und dem Niederländischen Wirtschaftsinstitut im Auftrag des Niederländischen Innenministeriums, 2001.

    [8] Wie aus der Studie hervorgeht, die sich auf eine vorsichtige Projektion der Marktentwicklungen infolge geringerer Lizenzgebühren für die Verwertung von Informationen des öffentlichen Sektors stützt, würde eine offenere Lizenzpolitik zusätzliche Steuereinnahmen bewirken, die den Einkommensverlust bei diesen Gebühren mehr als aufwiegen würden. Im Endeffekt handelt es sich somit nicht um einen Einkommensschwund. "Commercial exploitation of Europe's public sector information", Pira International, September 2000.

    [9] Anhang zum "HM Treasury Spending Review 2000".

    Der vorliegende Vorschlag berücksichtigt, dass bestimmte öffentliche Stellen auf die Einnahmen aus dem Vertrieb ihrer Informationen angewiesen sind, um ihre Tätigkeiten teilweise zu finanzieren. Hinsichtlich der Gebührenstrategie werden keine radikalen Verände rungen vorgeschlagen. Den Mitgliedstaaten wird zwar nahe gelegt, die öffentlichen Stellen zur Übernahme des Grenzkostenmodells für Reproduktion und Verbreitung zu bewegen, dennoch steht es den Mitgliedstaaten und öffentlichen Stellen frei, ihre Gebührenstrategie festzulegen. Damit gestattet der Vorschlag die vollständige Deckung der Produktions- und zugehörigen Kosten für die Erstellung eines Dokuments durch die betreffenden öffentlichen Stellen einschließlich eines angemessenen Gewinns. Die einzige Einschränkung, die auferlegt wird, ist eine Obergrenze für den Fall, dass eine öffentliche Stelle aus ihren Informations quellen unangemessene Gewinne erzielt.

    Die Überprüfung dieser Richtlinie, die drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten erfolgen soll, befasst sich vor allem mit den Gesamtauswirkungen der Richtlinie auf die breitere Verfügbarkeit von Informationen des öffentlichen Sektors im Hinblick auf ihre Weiterver wendung sowie mit ihren Auswirkungen auf die Staatseinnahmen.

    Auswirkungen der Transparenz und gleicher Marktbedingungen

    Das Thema Gebühren ist nur eine der Fragen, auf die dieser Vorschlag eingeht. Verstärkte Transparenz und gleiche Marktbedingungen dürften sich maßgebend auf die Möglichkeiten zur Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors auswirken [10]. Diese Maß nahmen werden unionsweite Informationsdienste und eine Wirtschaftstätigkeit auf der Basis von Informationen des öffentlichen Sektors begünstigen, ohne sich nachteilig auf die Einnahmen der betreffenden öffentlichen Stellen auszuwirken. Wenngleich die Auswirkungen der Transparenz schwer zu bestimmen sind, gelten Klarheit und Kohärenz als wesentliche Voraussetzungen für die Marktentwicklung [11]. Gleiches gilt für Einschränkungen des Mono polverhaltens: sowohl die Wirtschaftstheorie als auch die Praxis zeigen, dass sich ein solches Verhalten auf die Entwicklung des Informationsmarkts äußerst nachteilig auswirken kann.

    [10] Vgl. Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Studie "Commercial exploitation of Europe's public sector information", Pira International, September 2000.

    [11] "Welvaartseffecten van verschillende financieringsmethoden van elektronische gegevensbestanden", ein Bericht von Berenschot und dem Niederländischen Wirtschaftsinstitut im Auftrag des Niederländischen Innenministeriums, 2001.

    Die Belastung öffentlicher Stellen in der Praxis

    Die Maßnahmen dieser Richtlinie umfassen Bestimmungen, die zusätzliche Bemühungen der betreffenden öffentlichen Stellen erfordern können. Diese gehen jedoch nicht über das hinaus, was man als ordnungsgemäße Verwaltungspraxis erwarten kann.

    Dieser Richtlinienvorschlag fußt auf einem Grundkonzept, das die Zusatzbelastung für die öffentlichen Stellen auf ein Mindestmaß begrenzen soll. Dokumente können in den vorliegenden Formaten zur Verfügung gestellt werden; es besteht keine Verpflichtung zur Neuerstellung oder Umformatierung. Die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen dürfte sich daher auf die Betriebsmittel der öffentlichen Verwaltungen der Mitgliedstaaten nur begrenzt auswirken.

    5. ERGEBNISSE DER KONSULTATIONEN BETROFFENER PARTEIEN

    Der Richtlinienvorschlag stützt sich u.a. auf die Reaktionen auf das Grünbuch über "Informa tionen des öffentlichen Sektors - Eine Schlüsselressource für Europa" (KOM(1998) 585), das die Kommission am 20. Januar 1999 verabschiedete [12], und auf die anschließenden Konsul tationen.

    [12] Die Reaktionen auf das Grünbuch mit einer Übersicht sind unter http://www.cordis/lu/econtent/psi/ abrufbar.

    Ferner wurde eine Online-Konsultation eingeleitet, um Stellungnahmen und Reaktionen der Beteiligten zum Inhalt eines Rechtsinstruments einzuholen. Die Konsultation lief bis zum 21. Februar 2002. 77 Einrichtungen bzw. Unternehmen haben darauf reagiert. Die Weiterver wender (Industrieunternehmen) zeigen sich sehr aufgeschlossen und erklären überein stimmend mit früheren Kommentaren, dass eine Richtlinie das geeignete Instrument zur Lösung der Probleme sei. Die Datenbesitzer äußern Bedenken hinsichtlich des Vorschlags, insbesondere was die Gebühren betrifft, obwohl auch sie häufig zu der Ansicht neigen, dass die Verwertungsbedingungen auf europäischer Ebene verbessert werden könnten und sollten.

    6. DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DES VORSCHLAGS

    Der Richtlinienvorschlag entspricht in Bezug auf Geltungsbereich, Leitgrundsatz, Lauterkeit des Handels und einige praktischen Fragen den Grundzügen der Mitteilung der Kommission vom 23. Oktober 2001 (KOM(2001) 607).

    Geltungsbereich (Artikel 1)

    Die Richtlinie wird für allgemein zugängliche Dokumente gelten, sofern sie keiner besonde ren Ausnahme gemäß diesem Vorschlag unterliegen.

    Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Auftrags

    Im Zusammenhang mit der Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors können öffentliche Stellen dieselben Dokumente für Tätigkeiten im Rahmen ihres öffentlichen Auf trags und für kommerzielle Tätigkeiten nutzen, die außerhalb dieses Auftrags liegen. Bei letzteren geht es um die Erhöhung des Nutzwerts von Informationen, die für bestimmte Kunden gesammelt wurden, oder die Entwicklung von Mehrwertprodukten für einen breiten Verbrauchermarkt, die sich auf die bei der Erfuellung des öffentlichen Auftrags gesammelten Originaldaten stützen. Beispiele für solche kommerziellen Tätigkeiten sind Marktunter suchungen, die sich auf statistische Daten stützen, oder besonders angepasste Wettervorher sagen auf der Grundlage meteorologischer Daten. Die Basisinformationen, die mit öffent lichen Geldern und bei der Erfuellung des öffentlichen Auftrags erfasst werden, sollten zur Weiterverwendung zur Verfügung stehen, die kommerziellen Informationsprodukte und -dienstleistungen, die aus diesen Informationen abgeleitet sind, hingegen nicht. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, wenn eine öffentliche Stelle und Dritte aus denselben Informationen abgeleitete Informationsprodukte und -dienstleistungen anbieten, sollten jedoch bestimmte Schutzbestimmungen gelten. Insbesondere sollten für die Bereitstellung öffentlicher Informationen für diese kommerziellen Tätigkeiten die gleichen Gebühren und sonstigen Bedingungen gelten wie für Dritte, die um diese Informationen ersuchen (s. Artikel 7). Der Umfang des öffentlichen Auftrags einer öffentlichen Stelle ist häufig gesetzlich oder durch andere verbindliche Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt. Fehlen solche Rechtsvorschriften, sollte der öffentliche Auftrag gemäß der üblichen Verwal tungspraxis in dem betreffenden Mitgliedstaat definiert werden. Diese Richtlinie bezweckt keine Harmonisierung des Umfangs des von Mitgliedstaaten erteilten öffentlichen Auftrags.

    Geistiges Eigentum [13]

    [13] Um Zweifel auszuschließen, bezieht sich der Begriff "Rechte an geistigem Eigentum" nur auf das Urheberrecht und zugehörige Rechte (einschließlich Formen des Schutzes sui generis). Er erstreckt sich nicht auf Rechte an gewerblichem Eigentum.

    Das geistige Eigentum, das Dritte möglicherweise an Informationen öffentlicher Stellen besitzen, fällt nicht unter die vorgeschlagenen Maßnahmen. Vielfach können Informations produkte und -dienste vom öffentlichen Sektor in Verbindung mit der Privatwirtschaft entwickelt werden; die Rechte an geistigem Eigentum können aber auch eindeutig den Mitarbeitern der öffentlichen Stellen gehören. Solche Rechte Dritter bleiben von den vorge schlagenen Maßnahmen unberührt.

    Allerdings wirkt sich der Vorschlag darauf aus, wie die öffentlichen Stellen selbst ihre Rechte an geistigem Eigentum wahrnehmen können. Der allgemeine Rechtsrahmen für das Bestehen und die Behandlung geistigen Eigentums wird auf europäischer Ebene durch die Richt linie 2001/29/EG [14] über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte in der Informations gesellschaft und die Richtlinie 96/9/EG [15] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken vorgegeben, während dieser Vorschlag die Ausübung der Rechte an geistigem Eigentum durch öffentliche Stellen angemessen beschränkt. Der Vorschlag wirkt sich nicht auf Existenz und Besitz der Rechte an geistigem Eigentum öffentlicher Stellen aus. Er hebt weder den derzeitigen Schutz geistigen Eigentums - z.B. Rechtsmittel gegen unbefugte Weiterverwen dung - noch die Möglichkeit auf, Bedingungen für die Weiterverwendung aufzuerlegen und somit unerwünschte Formen der Weiterverwendung durch eine Lizenz auszuschließen.

    [14] Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmoni sierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informations gesellschaft, ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10-19.

    [15] Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. L 77 vom 27.3.1996, S. 20-28.

    Die Verpflichtungen dieser Richtlinie gelten nur insoweit die auferlegten Verpflichtungen mit den Bestimmungen völkerrechtlicher Übereinkünfte zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, insbesondere der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst und dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS), vereinbar sind.

    Datenschutz

    Der Richtlinienvorschlag beeinträchtigt in keiner Weise die vollständige Einhaltung der bestehenden Datenschutzregelungen. Informationen, die aus Datenschutzgründen nicht allge mein zugänglich sind, können nicht verwertet werden. Dies gilt auch, wenn für die Einsichtnahme in personenbezogene Daten, die sich im Besitz öffentlicher Stellen befinden, Sonderbedingungen gelten (z.B. Nachweis eines im Sinne des Datenschutzes legitimen Interesses, Beschränkung des Zugangs auf bestimmte Teile der Informationen).

    Öffentlich-rechtliche Rundfunksender, Kultur- und Bildungseinrichtungen

    Um jeglichen Zweifel darüber auszuschließen, ob öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten als "öffentliche Stellen" im Sinne dieser Richtlinie zu betrachten sind, werden sie ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss spiegelt ihre Sonderstellung wider, wie sie im Protokoll zum Vertrag von Amsterdam anerkannt wird.

    Angesichts des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren verdienen bestimmte, im Bereich der Kultur und Bildung tätige öffentliche Stellen generell eine Sonderbehandlung. Die Anwendung der Richtlinie kann für sie einen relativ hohen Verwaltungsaufwand im Ver gleich zu den Einnahmen verursachen. Viele ihrer Informationen wären angesichts der Urheberrechte Dritter ohnehin vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Und schließlich nehmen sie aufgrund ihrer Funktion als Kultur- und Wissensträger in der Gesell schaft eine Sonderstellung ein.

    Begriffsbestimmungen (Artikel 2)

    Die Begriffsbestimmung der Richtlinien über öffentliches Auftragswesen diente als Aus gangspunkt für die Definition "öffentlicher Stellen". Sie umfassen öffentlich finanzierte oder kontrollierte Stellen, mit Ausnahme staatlicher Unternehmen.

    Die Definition des Begriffs "Dokument" - jeglicher Inhalt ungeachtet seines Mediums (Papierträger, elektronischer Speicher, Ton-, Bild- oder audiovisuelle Aufnahme) - im Richt linienvorschlag ist breit gehalten und entspricht den Bedürfnissen der Informationsgesell schaft. Er bezieht sich auf Inhalte jeglicher Art, von audiovisuellem Material bis zu - digitalen oder anderweitigen - Datenbanken. Es wäre beispielsweise im Internet-Zeitalter seltsam, zwischen dem Protokoll einer Regierungskonferenz und deren Aufzeichnung im Web zu unterscheiden. Eine ähnliche Definition enthält auch die Verordnung über die Einsichtnahme in die Unterlagen der Gemeinschaftsorgane, die im Jahr 2001 [16] verabschiedet wurde.

    [16] Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.

    "Allgemein zugängliche Dokumente". Die Maßnahmen zur Erleichterung der Weiterver wendung von Informationen des öffentlichen Sektors in der gesamten Europäischen Union bauen auf den derzeitigen Zugangsregelungen in den Mitgliedstaaten auf. Hierzu werden keine Änderungen vorgeschlagen. Daher gilt der Richtlinienvorschlag nicht für Dokumente, die öffentliche Sicherheit, Verteidigung, Staatssicherheit und das Vorgehen des Staates bei Gerichtsverfahren betreffen, sofern hierfür keine Sonderregelungen bestehen. Auch Dokumente oder Teile davon, die kommerziell sensitive Informationen, z.B. Geschäfts geheimnisse, enthalten, werden nicht behandelt, insoweit sie unter die nationalen Zugangsregelungen fallen.

    Dokumente, die von öffentlichen Stellen für eigene Informationsprodukte oder -dienste verwendet werden, gelten als allgemein zugänglich. Die bloße Tatsache, dass eine öffentliche Stelle ihre Informationen vertreibt, ist kein Grund, diese Informationen vom Geltungsbereich des vorliegenden Vorschlags auszuschließen.

    Leitgrundsatz (Artikel 3)

    Artikel 3 sieht vor, dass die Bedingungen der Kapitel II und III gelten, wenn öffentliche Stellen die Weiterverwendung von Dokumenten erlauben. Er verpflichtet öffentliche Stellen nicht, die Weiterverwendung bestimmter Dokumente zu erlauben, doch werden die Mitglied staaten aufgefordert, öffentliche Stellen dazu anzuhalten, Dokumente zur Weiterverwendung zugänglich zu machen.

    Verfügbarkeit (Artikel 4)

    Dieser Artikel soll Antragstellern die Möglichkeit bieten, Dokumente in allen verfügbare (z.B. unterschiedlichen elektronischen) Formaten und Sprachen anzufordern, was ihnen die Weiterverarbeitung wesentlich erleichtern kann. Bevorzugt wird die elektronische Über tragung; da jedoch viele Dokumente noch auf Papier vorliegen und nicht jeder über die Möglichkeit oder Kapazität zur Nutzung der Werkzeuge der Informationsgesellschaft verfügt, wird der Papierweg nicht ausgeschlossen. Um eine übermäßige Belastung der öffentlichen Stellen zu vermeiden, verpflichtet sie der Artikel nicht zur Neuerstellung oder Umformatie rung von Dokumenten. Eine Anpassung eines Dokuments ist u.U. nur notwendig, wenn es teilweise nicht allgemein zugänglich ist (der betreffende Teil müsste herausgenommen werden, um die Weiterverwendung der allgemein zugänglichen Teile zu gestatten).

    Fristen und Auflagen bei Ablehnung eines Antrags (Artikel 5)

    Dieser Artikel betrifft Fälle, in denen es einer vorherigen Genehmigung der Weiterver wendung von Dokumenten bedarf. Vielfach wird eine solche Genehmigung nicht erforderlich sein, so dass die Informationen einfach über das Internet abgerufen und verwertet werden können.

    Um den Unterschieden zwischen den nationalen Zugangsregelungen Rechnung zu tragen, wird ein Verfahren vorgeschlagen, das die Antwortzeiten bei der Beantragung der Weiterverwendung den für den Informationszugang geltenden Fristen angleicht.

    Tarifgrundsätze (Artikel 6)

    Die Kontrolle über Informationen eines bestimmten Bereichs kann öffentlichen Stellen Marktmacht verleihen. Ebenso wie Unternehmen mit beherrschender Stellung ihre Markt macht nicht missbrauchen dürfen, sollten öffentliche Stellen ihre Preise nicht willkürlich festsetzen und keine überhöhten Preise für Informationen fordern, die im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags und mit öffentlichen Geldern erstellt wurden. Öffentliche Stellen sind jedoch berechtigt, ihre Investitionen in die Erstellung der Informationen zu decken. Daher werden in diesem Richtlinienentwurf Tarifgrundsätze vorgeschlagen, die von einem kosten orientierten Ansatz ausgehen. Soweit Gebühren erhoben werden, sollten die Gesamtein nahmen aus der Gewährung des Zugangs zu diesen Dokumenten und ihrer Weiterverwendung die Kosten ihrer Erstellung, Reproduktion und Verbreitung nicht übersteigen. Bei Streitig keiten liegt die Beweislast dafür, dass die Gebühren kostenorientiert sind, bei der öffentlichen Stelle, es sei denn es besteht eine transparente Buchhaltung, anhand derer der künftige Verwerter überprüfen kann, ob dieser Grundsatz eingehalten wird.

    Dies hindert diese natürlich nicht daran, für die Weiterverwendung des Dokuments niedrigere oder gar keine Gebühren zu erheben.

    Nichtdiskriminierung (Artikel 7)

    Um gleiche Voraussetzungen für alle zu schaffen, sollten Gebühren und sonstige Bedingun gen für die kommerzielle Weiterverwendung nicht diskriminierend sein. Ebenso sollten die Bedingungen für vergleichbare Unternehmen bzw. Einrichtungen, die die Informationen für andere als geschäftliche Zwecke nutzen, nicht diskriminierend sein.

    Einige öffentliche Stellen üben ferner neben der Wahrnehmung ihres öffentlichen Auftrags kommerzielle Tätigkeiten aus. Für die Bereitstellung öffentlicher Informationen im Hinblick auf diese kommerziellen Tätigkeiten sollten die gleichen Gebühren und anderweitigen Bedingungen gelten wie für Dritte, die um diese Informationen ersuchen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die betreffende öffentliche Stelle ihre Vorrangstellung missbraucht, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern zu verschaffen.

    Transparenz (Artikel 8)

    Dieser Artikel verpflichtet zur Transparenz der Verwertungsbedingungen (Gebühren u.a.). Es ist davon auszugehen, dass sie von der betreffenden Stelle im Internet veröffentlicht werden, insbesondere wenn die betreffenden Dokumente selbst im Internet erscheinen. Dank dieser Transparenz lässt sich feststellen, dass die angewandten Regeln zuvor festgelegt wurden und objektiv sind und damit den Leitgrundsätzen der Wettbewerbspolitik nicht zu widersprechen drohen. Dadurch wird ein besser vorhersehbares Umfeld für Investitionsentscheidungen und Planungen der Verwerter von Informationen geschaffen.

    Erleichterung der Weiterverwendung(Artikel 9)

    Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Standardlizenzverträge für die kommerzielle Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors online zur Verfügung stehen und verarbeitet werden können. Dies bedeutet nicht, dass es ein europäisches Modell für diese Online-Standardlizenzen geben wird. Es liegt bei den Mitgliedstaaten, zu entscheiden, auf welcher Regierungsebene sie festgelegt werden. In der Praxis könnte jede öffentliche Stelle, die Lizenzen für Informationen vergibt, über ihre eigene Online-Lizenz verfügen; eine gewisse Vereinheitlichung würde jedoch die Weiterverwendung von Informationen unterschiedlicher öffentlicher Stellen erleichtern.

    Lauterer Handel (Artikel 10)

    Artikel 10 begrenzt die Möglichkeit öffentlicher Stellen, Ausschließlichkeitsvereinbarungen für die Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors zu treffen, wenn diese den Wettbewerb oder die kommerzielle Weiterverwendung von Informationen in unzumutbarer Weise einschränken. Insofern eine Ausschließlichkeitsvereinbarung zum Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch das Unternehmen, mit dem sie getroffen wurde, und damit zu einem Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages (Artikel 82 in Verbindung mit Artikel 86) führt, spiegelt diese Richtlinie die Verpflichtung aus dem Vertrag wider, alle ungerechtfertigten Ausschließlichkeitsvereinbarungen aufzuheben.

    In einigen Sonderfällen kann eine Ausschließlichkeitsvereinbarung jedoch gerechtfertigt sein (Artikel 10 Absatz 2). Ob eine Situation Ausschließlichkeit rechtfertigt und mithin den Wett bewerb nicht unbegründet einschränkt, wäre schließlich von Fall zu Fall gemäß Artikel 86 EGV zu entscheiden.

    Organe der Gemeinschaft

    Obwohl diese Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist, werden sich auch die Gemein schaftsorgane an die Regeln für die Weiterverwendung von Informationsquellen halten. In den vergangenen Jahren waren die wichtigsten Informationsstellen der Organe wie das Amt für amtliche Veröffentlichungen und Eurostat bereits intensiv bemüht, zu einer transparenten und nicht diskriminierenden Strategie der Weiterverwendung ihrer Informationsquellen zu gelangen. Sie werden nach den hier dargelegten Regeln vorgehen.

    2002/0123 (COD)

    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

    auf Vorschlag der Kommission [17],

    [17] ABl. C .... vom ...., S. ...

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses [18],

    [18] ABl. C .... vom ...., S. ...

    nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen [19],

    [19] ABl. C .... vom ...., S. ...

    Nach dem Verfahren des Artikels 251 EG Vertrag [20],

    [20] ABl. C .... vom ...., S. ...

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1) Der EG-Vertrag sieht die Schaffung eines Binnenmarktes und eines Systems vor, das Verzerrungen des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt verhindert. Die Angleichung der Bestimmungen und Verfahren der Mitgliedstaaten zur Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors trägt zur Erreichung dieser Ziele bei.

    (2) Der Übergang zur Informations- und Wissensgesellschaft sollte das Leben aller Bürger der Gemeinschaft beeinflussen, indem u.a. die Bedingungen für den Wissenszugang und die Methoden zum Erwerb von Kenntnissen verändert werden.

    (3) Digitale Inhalte spielen dabei eine besondere Rolle. Im Bereich der Inhaltsproduktion wurden in den letzten Jahren und werden auch weiterhin rasch Arbeitsplätze geschaffen. Die meisten dieser Arbeitsplätze entstehen in kleinen aufstrebenden Unternehmen.

    (4) Der öffentliche Sektor erfasst, verarbeitet und verbreitet Informationen zahlreicher Gebiete wie Informationen über Geografie, Tourismus, Wirtschaft, Patentwesen und Bildung.

    (5) Eines der Hauptziele bei der Errichtung des Binnenmarkts ist die Schaffung von Be dingungen, die gemeinschaftsweiten Dienstleistungen in ihrer Entwicklung förder lich sind. Informationen des öffentlichen Sektors sind wesentliches Ausgangsmaterial für Produkte und Dienste mit digitalen Inhalten und werden angesichts der Entwicklung drahtloser Inhaltsdienste zu einer noch bedeutenderen Quelle an Inhalten werden. Dabei ist auch eine breite geografische grenzüberschreitende Flächendeckung von Bedeutung.

    (6) Die Regelungen und Verfahren der Mitgliedstaaten zur Nutzung von Informations quellen des öffentlichen Sektors weichen erheblich voneinander ab.

    Eine Angleichung der nationalen Regelungen und Verfahren für die Weiterverwen dung und kommerzielle Verwertung von Informationen des öffentlichen Sektors auf einem Mindestniveau sollte daher angestrebt werden, wenn Unterschiede zwischen den nationalen Bestimmungen und Verfahren oder ein Mangel an Klarheit das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die einwandfreie Entwicklung der Informationsgesellschaft in der Gemeinschaft behindern.

    (7) Obendrein könnten ohne ein Mindestmaß an Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene einzelstaatliche Legislativmaßnahmen, die angesichts der technologischen Herausfor derungen bereits von einigen Mitgliedstaaten eingeleitet wurden, zu noch erhebliche ren Abweichungen führen. Diese rechtlichen Unterschiede und Unsicherheiten werden mit der Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft, die bereits zu einer wesent lich stärkeren grenzüberschreitenden Informationsnutzung führte, an Bedeutung gewinnen.

    (8) Es ist außerdem ein allgemeiner Rahmen für die Bedingungen der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors erforderlich, um zu gewährleisten, dass diese Bedingungen lauter, angemessen und nichtdiskriminierend sind.

    (9) Diese Richtlinie sollte für allgemein zugängliche Dokumente öffentlicher Stellen gelten. Erlauben öffentliche Stellen die Weiterverwendung solcher Dokumente, dürfen diese gemäß bestimmten Bedingungen für kommerzielle und anderweitige Zwecke verwertet werden. Die öffentlichen Stellen sollten ermutigt werden, alle ihre allgemein zugänglichen Dokumente zum Zweck der Weiterverwendung bereitzustellen.

    (10) Die unterschiedlichen Formate, die von öffentlichen Stellen verwendet werden, können eine erhebliche Belastung für Privatunternehmen darstellen, die Informationen aus verschiedenen Quellen verwerten möchten. Die Notwendigkeit, Papierdokumente zu digitalisieren oder digitale Dateien zu manipulieren, damit sie untereinander kompatibel sind, sollte verringert werden, indem die öffentlichen Stellen verpflichtet werden, Dokumente in allen vorhandenen Formaten zur Verfügung zu stellen.

    (11) Die Frist für die Beantwortung von Anträgen auf Weiterverwendung von Informa tionsquellen sollte angemessen sein und der Frist für die Beantwortung von Anträgen auf Zugang zu den Dokumenten entsprechen, um die Erstellung neuer Informations produkte und -dienste nicht zu verhindern. Übermäßig lange Zeitspannen zwischen dem Antrag auf Weiterverwendung von Dokumenten und der Entscheidung über den Antrag können das Anlegen gemeinschaftsweiter Datensammlungen behindern, da das langsamste Land das Tempo bestimmen würde.

    (12) Soweit Gebühren erhoben werden, sollten die Gesamteinnahmen aus der Gewährung des Zugangs zu diesen Dokumenten und ihrer Weiterverwendung die Gesamtkosten der Erstellung, Reproduktion und Verbreitung zuzüglich einer angemessenen Gewinn spanne nicht übersteigen. Die Erstellung umfasst hier die Erfassung und Verarbeitung; die Verbreitung kann auch Anwenderunterstützung beinhalten. Ein kostendeckender Satz sowie eine angemessene Gewinnspanne bilden eine Gebühren obergrenze, da überhöhte Preise auszuschließen sind. Es sollte den öffentlichen Stellen freistehen, niedrigere oder gar keine Gebühren zu erheben; die Mitgliedstaaten sollten den öffent lichen Stellen nahe legen, Dokumente zu Gebühren zugänglich zu machen, die die Grenzkosten für die Reproduktion und Verbreitung der Dokumente nicht überschreiten.

    (13) Die Gebühren und anderweitigen Bedingungen für die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors sollten nicht diskriminierend sein. Dies gilt auch für die kommerziellen Tätigkeiten öffentlicher Stellen, die außerhalb ihres öffentlichen Auftrags liegen. Danach sollten dieselben Ausgangsbedingungen für die kommerziellen Tätigkeiten öffentlicher Stellen wie für die Tätigkeiten anderer Markt beteiligter gelten. Insbesondere die Gebühren und andere Bedingungen im Zusammen hang mit der Bereitstellung öffentlicher Informationen als Ausgangsmaterial dieser kommerziellen Tätigkeiten sollten dieselben sein, die auch für Dritte gelten, die diese Informationen nachfragen.

    (14) Die Gewährleistung der Klarheit und öffentlichen Verfügbarkeit der Bedingungen für die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors ist Voraussetzung für die Entwicklung eines gemeinschaftsweiten Informationsmarktes. Daher sollten alle geltenden Bedingungen allen an der Weiterverwendung Interessierten erläutert werden.

    (15) In dieser Hinsicht können auch Standardlizenzverträge, die online zur Verfügung stehen, eine wichtige Rolle spielen. Wenn öffentliche Stellen ihre Rechte an geistigem Eigentum wahrnehmen bzw. Gebühren für die Weiterverwendung der Dokumente erheben, sollten Standardlizenzverträge verfügbar sein, um Transaktionen zu erleichtern und transparenter zu gestalten.

    (16) Öffentliche Stellen sollten sich nicht in die Gefahr begeben, mit den Leitgrundsätzen der Wettbewerbspolitik in Konflikt zu geraten und keine Verhaltensweisen an den Tag legen, die einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung bilden könnten. Aus schließlichkeitsvereinbarungen zur Nutzung von Dokumenten zwischen öffentlichen Stellen und Privatpartnern können zu beträchtlichen Verzerrungen des Marktes führen. Vielfach werden diese Vereinbarungen auf nationaler Ebene getroffen und hindern damit andere europäische Akteure daran, in den Markt einzutreten und die gleichen Informationen weiterzuverwenden. Für die Bereitstellung eines Dienstes von allgemei nem wirtschaftlichem Interesse kann jedoch gelegentlich ein ausschließliches Recht auf Weiterverwendung spezifischer Informationsquellen des öffentlichen Sektors erforderlich sein. Dies kann der Fall sein, wenn kein kommerzieller Verleger die Informationen ohne ein solches ausschließliches Recht veröffentlichen würde.

    (17) Bei der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors ist den speziellen Verpflichtungen der Behörden in Bezug auf die Verarbeitung personen bezogener Daten gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz von natürlichen Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr [21] uneinge schränkt Rechnung zu tragen. Vor allem sollten die von öffentlichen Stellen erfassten personenbezogenen Daten nicht für Zwecke verwendet werden, die mit dem ursprünglichen, ausdrücklichen und legitimen Zweck, zu dem sie erfasst wurden, unvereinbar sind. Die Weiterverwendung personenbezogener Daten oder von Dokumenten, die solche enthalten, für kommerzielle Zwecke ist in der Regel nicht mit diesen ursprünglichen Zwecken vereinbar, insbesondere wenn die Erfassung personen bezogener Daten durch die Behörde vorgeschrieben ist und die registrierten Bürger die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten nicht verweigern können.

    [21] ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

    (18) Rechte an geistigem Eigentum Dritter werden von dieser Richtlinie nicht berührt. Diese Richtlinie wirkt sich nicht auf Existenz und Besitz von Rechten an geistigem Eigentum öffentlicher Stellen aus; auch schränkt sie die Wahrnehmung dieser Rechte nicht über die in dieser Richtlinie gesetzten Grenzen hinaus ein. Die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen sollten nur gelten insoweit die auferlegten Verpflichtungen mit den Bestimmungen völkerrechtlicher Übereinkünfte zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, insbesondere der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst und dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) [22], vereinbar sind. Die öffentlichen Stellen sollten ihre Urheberrechte auf eine Weise ausüben, die eine Weiterverwendung erleichtert.

    [22] ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 214.

    (19) Die Ziele der vorgeschlagenen Aktion umfassen die Erleichterung der Erstellung gemeinschaftlicher Informationsprodukte und -dienste anhand von Informationen des öffentlichen Sektors, die Förderung ihrer effektiven grenzüberschreitenden Nutzung durch Privatunternehmen zur Entwicklung von Mehrwert-Informationsprodukten und -diensten, die Beschränkung von Wettbewerbsverzerrungen auf dem gemeinsamen Markt und die Verhinderung, dass ein unterschiedliches Tempo in den Mitgliedstaaten bei der Regelung der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors zu weiteren Diskrepanzen führt. Entsprechend den in Artikel 5 EG-Vertrag niederge legten Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit können derartige Ziele auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden und lassen sich angesichts der eindeutig gemeinschaftlichen Dimension und Wirkung der genannten Aktion besser auf Gemeinschaftsebene erreichen. Diese Richtlinie geht nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus -

    HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

    Kapitel I Allgemeine Bestimmungen

    Artikel 1 Gegenstand und Anwendungsbereich

    1. Diese Richtlinie legt einen Mindestbestand an Regeln fest für die kommerzielle und anderweitige Verwertung vorhandener allgemein zugänglicher Dokumente öffent licher Stellen der Mitgliedstaaten durch alle Bürger der Union und jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat.

    2. Diese Richtlinie gilt nicht für

    a) Dokumente, deren Bereitstellung eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Auftrags der betreffenden öffentlichen Stellen ist, wie dieser gesetzlich oder durch andere verbindliche Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats definiert ist oder in Ermangelung solcher Rechtsvorschriften gemäß der üblichen Verwal tungspraxis in dem betreffenden Mitgliedstaat definiert wird;

    b) Dokumente oder Teile davon, die geistiges Eigentum Dritter sind;

    c) Dokumente, die personenbezogene Daten enthalten, es sei denn, dass deren Weiterverwendung nach dem Gemeinschaftsrecht über die Verarbeitung per sonenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre und den entsprechen den nationalen Maßnahmen zulässig ist;

    d) Dokumente, die Eigentum öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten und ihrer Zweigstellen oder anderer Stellen und deren Zweigstellen sind und der Wahr nehmung eines öffentlichen Sendeauftrags dienen;

    e) Dokumente von Bildungs- und Forschungseinrichtungen wie Schulen, Hoch schulen, Forschungsinstituten, Archiven und Bibliotheken;

    f) Dokumente von kulturellen Einrichtungen wie Museen, Bibliotheken, Archiven, Orchestern, Opern, Balletts und Theatern.

    3. Die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen gelten nur insoweit die auferlegten Verpflichtungen mit den Bestimmungen völkerrechtlicher Übereinkünfte zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, insbesondere der Berner Überein kunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst und dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS), verein bar sind.

    Artikel 2 Begriffsbestimmungen

    Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

    1. "Öffentliche Stellen": der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren solcher Behörden oder Einrichtungen bestehen;

    2. "Einrichtung des öffentlichen Rechts": jede Einrichtung, die

    a) zu dem speziellen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind,

    b) Rechtspersönlichkeit besitzt

    und

    c) überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder deren Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegt; oder deren Verwaltungs-, Leitungs- bzw. Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind;

    3. "Dokument":

    a) Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material);

    b) ein beliebiger Teil eines solchen Inhalts;

    4. "Allgemein zugängliches Dokument": Jedes Dokument, zu dem nach den in den Mitgliedstaaten ergangenen Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten ein Recht auf Zugang besteht, sowie jedes Dokument, das von öffentlichen Stellen als Ausgangsmaterial für von ihnen vertriebene Informationsprodukte oder -dienste verwendet wird;

    5. "Weiterverwendung": die Nutzung von Dokumenten öffentlicher Stellen durch natürliche oder juristische Personen für kommerzielle oder anderweitige Zwecke;

    6. "Personenbezogene Daten": Daten im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a) der Richtlinie 95/46/EG.

    Artikel 3 Leitgrundsatz

    Erlauben öffentliche Stellen die Weiterverwendung allgemein zugänglicher Dokumente, können die Dokumente gemäß den Bedingungen der Kapitel II und III für kommerzielle und anderweitige Zwecke verwertet werden.

    Kapitel II Weiterverwendungsbedingungen

    Artikel 4 Verfügbarkeit

    1. Die Dokumente öffentlicher Stellen werden von diesen in allen vorhandenen Formaten und Sprachen, soweit möglich und sinnvoll in elektronischer Form, zur Verfügung gestellt. Dies verpflichtet die öffentlichen Stellen nicht, Dokumente neu zu erstellen oder anzupassen, um dem Antrag nachzukommen.

    2. Öffentliche Stellen können nicht verpflichtet werden, Dokumente bestimmter Art im Hinblick auf die Weiterverwendung durch ein Unternehmen des Privatsektors weiterhin zu erstellen.

    Artikel 5 Fristen und Auflagen bei Ablehnung eines Antrags

    1. Die öffentlichen Stellen bearbeiten Anträge auf Weiterverwendung und stellen dem Antragsteller die Dokumente innerhalb einer angemessenen Zeitspanne zu Ver fügung, die die Fristen für die Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten nicht überschreitet. Sie bedienen sich dabei, soweit möglich und sinnvoll, elektronischer Mittel.

    2. Wurden keine Fristen festgelegt, so bearbeiten die öffentlichen Stellen den Antrag und stellen dem Antragsteller die Dokumente innerhalb von maximal drei Wochen nach Eingang zu Verfügung.

    3. Im Fall eines Negativbescheids teilt die öffentliche Stelle dem Antragsteller die Gründe für die Ablehnung mit und stützt sich dabei auf die einschlägigen Bestimmungen der Zugangsregelung des betreffenden Mitgliedstaats, auf eine der Ausnahmeregelungen in Artikel 1 Absatz 2 oder auf Artikel 3. Bei einem Negativbescheid, der sich auf Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b) stützt, verweist die öffentliche Stelle auf die natürliche oder juristische Person, der die Rechte gehören, oder alternativ dazu auf den Lizenzgeber, von dem die öffentliche Stelle das betreffende Material erhalten hat. Für unzutreffende Verweise ist die öffentliche Stelle nicht haftbar.

    4. Ein Negativbescheid muss grundsätzlich einen Hinweis auf die Möglichkeiten des Antragstellers enthalten, gegen die Entscheidung Einspruch zu erheben.

    Artikel 6 Tarifgrundsätze

    Soweit Gebühren erhoben werden, dürfen die Gesamteinnahmen aus der Gewährung des Zugangs zu diesen Dokumenten und ihrer Weiterverwendung die Kosten ihrer Erstellung, Reproduktion und Verbreitung zuzüglich eines angemessenen Gewinns nicht übersteigen. Die Beweislast dafür, dass die Gebühren kostenorientiert sind, liegt bei der öffentlichen Stelle, die Gebühren für die Weiterverwendung des Dokuments erhebt.

    Artikel 7 Nichtdiskriminierung

    1. Alle Bedingungen für die kommerzielle Weiterverwendung oder Verwertung von Dokumenten müssen nicht diskriminierend sein.

    2. Alle Bedingungen für die anderweitige Weiterverwendung von Dokumenten müssen für Nutzer vergleichbarer Kategorien nicht diskriminierend sein.

    3. Wenn Dokumente von öffentlichen Stellen als Ausgangsmaterial für ihre Geschäfts tätigkeiten genutzt werden, die nicht unter ihren öffentlichen Auftrag fallen, gelten für die Bereitstellung der Dokumente für diese Tätigkeiten die gleichen Gebühren und anderweitigen Bedingungen wie für andere Nutzer, in den Fällen in welchen die Weiterverwendung erlaubt ist.

    Artikel 8 Transparenz

    1. Die Gebühren für die Weiterverwendung von Dokumenten öffentlicher Stellen sind im Voraus festzulegen und zu veröffentlichen, soweit möglich und sinnvoll, in elektronischer Form.

    2. Sonstige Bedingungen, die für die Weiterverwendung von Dokumenten gelten, sind klar und eindeutig zu formulieren und zu veröffentlichen, soweit möglich und sinnvoll, in elektronischer Form.

    Artikel 9 Erleichterung der Weiterverwendung

    Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Standardlizenzverträge für die kommerzielle Verwertung von Informationen des öffentlichen Sektors in digitaler Form zur Verfügung stehen und elektronisch verarbeitet werden können.

    Kapitel III Lauterer Handel

    Artikel 10 Verbot von Ausschließlichkeitsvereinbarungen

    1. Alle potenziellen Marktteilnehmer sind zur Weiterverwendung von Dokumenten berechtigt, selbst wenn Mehrwertprodukte, die auf diesen Dokumenten basieren, bereits von einem oder mehreren Marktteilnehmern genutzt werden. Verträge oder anderweitige Vereinbarungen zwischen öffentlichen Stellen, die im Besitz der Dokumente sind, und Dritten dürfen keine ausschließlichen Rechte gewähren, die den Wettbewerb oder die Weiterverwendung der Informationen unangemessen einschränken.

    2. Falls aus Gründen wie der Bereitstellung eines Dienstes im öffentlichen Interesse ein ausschließliches Recht für notwendig erachtet wird, ist der Grund für dessen Erteilung regelmäßig, mindestens jedoch alle drei Jahre, einer Überprüfung zu unterziehen. Die nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie getroffenen Ausschließlich keitsvereinbarungen müssen öffentlich zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen.

    Kapitel IV Schlussbestimmungen

    Artikel 11 Umsetzung

    Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis spätestens [31. Dezember 2004] nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

    Bei dem Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

    Artikel 12 Überprüfung

    Diese Richtlinie ist drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten zu überprüfen.

    Dabei ist insbesondere der Geltungsbereich der Richtlinie hinsichtlich der betroffenen öffentlichen Stellen zu prüfen. Die Prüfung befasst sich ferner mit den Gesamtauswirkungen der Richtlinie auf die breitere Verfügbarkeit von Informationen des öffentlichen Sektors im Hinblick auf ihre Weiterverwendung sowie mit ihren Auswirkungen auf die Staatseinnahmen.

    Artikel 13 Inkrafttreten

    Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

    Artikel 14 Adressaten

    Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    Geschehen zu Brüssel am

    Im Namen des Parlaments Im Namen des Rates Der Präsident Der Präsident

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