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Document 52017DC0407

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT Neunter Bericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und nachhaltigen Sicherheitsunion

COM/2017/0407 final

Brüssel, den 26.7.2017

COM(2017) 407 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT

Neunter Bericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und nachhaltigen Sicherheitsunion

{SWD(2017) 278 final}


I. .    EINFÜHRUNG

Dies ist der neunte Monatsbericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion. Er beleuchtet die Entwicklungen in zwei der wichtigsten Bereichen: „Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität sowie der Instrumente zu ihrer Unterstützung“ und „Stärkung unserer Abwehrbereitschaft und Widerstandsfähigkeit gegen diese Bedrohungen“.

Der vorliegende Bericht enthält die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus der zusammen mit diesem Bericht veröffentlichten umfassenden Bewertung der Tätigkeit der Union auf dem Gebiet der inneren Sicherheit zieht. 1 In dieser Bewertung, die im Dezember 2016 eingeleitet wurde, wurden die Maßnahmen und Instrumente der EU zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus, der Vorbeugung von Radikalisierung, der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und dem Kampf gegen Cyberkriminalität auf ihre Stichhaltigkeit und Wirksamkeit hin überprüft. Die Bewertung der auf dem Gebiet der inneren Sicherheit auf EU-Ebene getroffenen Maßnahmen stützt sich auf interne Analysen der Kommissionsdienststellen, in Zusammenarbeit mit einzelstaatlichen Behörden und EU-Agenturen durchgeführte Umfragen und einen breitangelegten Dialog mit zahlreichen unterschiedlichen Interessenträgern, darunter das Europäische Parlament, die nationalen Parlamente, die Zivilgesellschaft, Denkfabriken, Hochschulen und Wirtschaftsvertreter.

Wenngleich die Gesamtbilanz der umfassenden Bewertung positiv ausfällt und die Wertschätzung und Stichhaltigkeit der Hauptinstrumente der EU-Sicherheitspolitik aufzeigt, wurden im Rahmen der Bewertung auch Herausforderungen und Lücken erkannt, die sich negativ auf die wirksame Zusammenarbeit in der Sicherheitsunion auswirken. Im vorliegenden Bericht legt die Kommission dar, wie sie diese Herausforderungen und Lücken anzugehen gedenkt, um die EU-Sicherheitspolitik noch wirksamer zu gestalten. Darunter fällt auch die Notwendigkeit, die bestehenden Maßnahmen und Instrumente weiterzuentwickeln und anzupassen, um auf die Bedrohung des Terrorismus in immer neuen Formen zu reagieren, worauf auch bereits in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates 2 vom 22./23. Juni 2017, im Aktionsplan der G20 zur Terrorismusbekämpfung 3 vom 7. Juli 2017 und in der G7-Erklärung von Taormina 4 über die Bekämpfung von Terrorismus und gewalttätigem Extremismus vom 26. Mai 2017 hingewiesen wurde.

Darüber hinaus werden im vorliegenden Bericht die jüngsten Fortschritte bei vorrangigen sicherheitspolitischen Dossiers dargestellt und die nächsten Maßnahmen zur Verhinderung der Terrorismusfinanzierung durch den Handel mit Kulturgütern und zur Verbesserung des Informationsaustauschs durch interoperable Informationssysteme und ihre vollständige Umsetzung erläutert. Im Bereich der nichtlegislativen Maßnahmen legt der vorliegende Bericht die neuesten Maßnahmen zur Vorbeugung von Radikalisierung im Internet, zur Verstärkung des Schutzes weicher Ziele und zur Förderung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten durch EU-Mittel für Maßnahmen der inneren Sicherheit dar. Und schließlich werden im Bericht die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Außendimension skizziert, die für die Arbeiten in Richtung einer wirksamen und echten Sicherheitsunion von Belang sind.

II.    UMFASSENDE BEWERTUNG DER EU-SICHERHEITSPOLITIK

1. Gesamtbewertung: Handeln auf EU-Ebene schafft Mehrwert bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten

Die umfassende Bewertung zeigt, dass die Interessenträger das Handeln der EU auf dem Gebiet der inneren Sicherheit und die eingesetzten Instrumente als angemessen, stichhaltig und wirksam für die Erreichung positiver Ergebnisse erachten. Die EU-Maßnahmen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit werden als Mehrwert bringende Unterstützung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten wahrgenommen und stehen im Einklang mit der praktischen Verantwortung der Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung von Sicherheit sowie der in den Verträgen vorgesehenen unterstützenden Rolle der EU-Organe und EU-Agenturen. Es wurden weder erhebliche nachteilige Nebeneffekte noch größere Redundanzen oder Überschneidungen festgestellt.

In der umfassenden Bewertung wird insbesondere auf den Mehrwert des EU-Handelns bei der Verbesserung des Informationsaustauschs und der praktischen Zusammenarbeit hingewiesen. Instrumente und Hilfsmittel wie das Schengener Informationssystem, gemeinsame Ermittlungsgruppen, der Europäische Haftbefehl oder die Rechtshilfe unterstützen die nationalen Behörden bei der Zusammentragung und dem Austausch von Informationen und Nachweisen und ermöglichen diesen, koordinierte praktische Maßnahmen durchzuführen und Straftäter vor Gericht zu bringen. Darüber hinaus ergibt die Gesamtbewertung, dass die Maßnahmen der EU dazu beigetragen haben, die nationalen Kompetenzen im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus, der schweren und organisierten Kriminalität und der Cyberkriminalität auszubauen, etwa durch Fortbildungen, den Austausch bewährter Verfahren und grenzübergreifende Zusammenarbeit. Kooperationsrahmen wie der EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität erleichtern es den Behörden der Mitgliedstaaten, auf nationaler Ebene und grenzübergreifend gemeinsame Prioritäten für operative Maßnahmen festzulegen. Die EU-Agenturen im Bereich Justiz und Inneres haben sich zu Schlüsselfiguren in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich entwickelt. Ein Beispiel dafür ist die von Europol über seine spezialisierten Zentren 5 bereitgestellte Unterstützung oder die Rolle von Eurojust bei der Förderung der Umsetzung des Europäischen Haftbefehls und der Europäischen Ermittlungsanordnung.

Im Bereich der legislativen Maßnahmen der EU hat die umfassende Bewertung ergeben, dass die Interessenträger mit dem EU-Rahmen für Maßnahmen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit und der damit einhergehenden Rechtssicherheit insgesamt zufrieden sind. Der EU-Rechtsrahmen für Maßnahmen der inneren Sicherheit hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und bewiesen, dass er sich an sich verändernde Bedrohungen anpassen kann. Zwar wurden keine größeren Lücken in den Rechtsvorschriften festgestellt, doch hat die umfassende Bewertung gezeigt, dass gezielte Änderungen und Ergänzungen am EU-Rahmen vorgenommen werden müssen, um auf Veränderungen in der Bedrohungslage zu reagieren, oder dass die bestehenden Vorschriften gestrafft werden müssen, um die Komplexität für diejenigen, die die Vorschriften vor Ort anwenden müssen, zu verringern (siehe Abschnitt II.2 unten, einschließlich der Schlussfolgerungen der Kommission aus diesen Erkenntnissen).

Die umfassende Bewertung bestätigt, dass die Einhaltung der Grundrechte gemäß der aus den Verträgen erwachsenden rechtlichen Verpflichtung ein zentrales Merkmal der EU-Sicherheitspolitik ist. Zusätzlich zur wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union hat die Kommission mehrere Mechanismen entwickelt, damit in jedem Politikfeld bei der Ausarbeitung legislativer und politischer Vorschläge die Grundrechte berücksichtigt werden. Dazu gehört auch, dass die Folgen geplanter politischer Maßnahmen für die Grundrechte im Rahmen von Folgenabschätzungen für eine bessere Rechtsetzung 6 abgeschätzt oder der Europäische Datenschutzbeauftragte und die EU-Agentur für Grundrechte zu einem frühen Zeitpunkt in die Ausarbeitung spezifischer Initiativen eingebunden werden. Die laufenden Arbeiten an der Interoperabilität der Informationssysteme sind ein Beispiel dafür, wie die Beiträge und Empfehlungen des Europäischen Datenschutzbeauftragten und der EU-Agentur für Grundrechte in einem frühen Stadium der Entwicklung eines neuen politischen Ansatzes berücksichtigt wurden. 7 Die Grundrechte werden auch bei der Abschätzung der Folgen und der Wirksamkeit von EU-Instrumenten und -Maßnahmen berücksichtigt, um zu überprüfen, ob diese Instrumente und Maßnahmen weiterhin notwendig, verhältnismäßig und zweckmäßig sind. Die Kommission bietet den nationalen Behörden zudem Hilfestellung, um zu gewährleisten, dass die Grundrechte bei der Umsetzung einschlägiger EU-Rechtsvorschriften eingehalten werden. Die Kommission wird diese Mechanismen auch weiterhin anwenden und weiterentwickeln und auf diese Weise sicherstellen, dass die Grundrechte in der EU-Sicherheitspolitik in Gänze eingehalten werden und im Einklang mit dem Grundgedanken stehen, dass sich Schutz der Sicherheit der Bürger und Einhaltung der Grundrechte gegenseitig ergänzen.

2. Die größten Herausforderungen für eine wirksame EU-Sicherheitspolitik und mögliche Lösungsansätze

Auch wenn die allgemeine Bilanz der umfassenden Bewertung positiv ausfällt, wurden im Rahmen der Bewertung auch Herausforderungen und Lücken erkannt, die sich negativ auf die Zusammenarbeit in der Sicherheitsunion auswirken. Zusammenfassend lassen sich folgende Herausforderungen und Lücken nennen:

·Die unvollständige Umsetzung einiger EU-Maßnahmen und -Instrumente auf nationaler Ebene schmälert deren Wirksamkeit.

·Die Komplexität einiger EU-Instrumente und -Hilfsmittel erschwert es den nationalen Behörden, diese in vollem Umfang zu nutzen.

·Durch die begrenzten Kapazitäten auf nationaler Ebene müssen Ressourcen und Fachwissen auf EU-Ebene bereichsübergreifend weiter gebündelt und Synergien stärker genutzt werden.

·Bedrohungen in immer neuen Formen erfordern von der EU eine Anpassung ihrer Instrumente und Hilfsmittel.

Diese in der umfassenden Bewertung festgestellten Herausforderungen und Lücken sind eine Bestätigung für eine Reihe der jüngst von der Kommission eingeleiteten politischen Initiativen und eine Aufforderung zur Ausarbeitung weiterer Maßnahmen. Die Kommission wird im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung auf diese Erkenntnisse reagieren.

Förderung der vollständigen Umsetzung der EU-Maßnahmen

Aus der umfassenden Bewertung geht hervor, dass eine Reihe zentraler EU-Maßnahmen und -Instrumente auf dem Gebiet der inneren Sicherheit von den Mitgliedstaaten nicht vollständig umgesetzt werden. Beispiele hierfür sind die Vorschriften im Bereich der organisierten Kriminalität 8 oder des Prüm-Rahmens 9 für den Austausch von DNA-Daten, Fingerabdrücken und Kfz-Zulassungsdaten. Eine unvollständige Umsetzung dieser Instrumente wirkt sich negativ auf deren Wirksamkeit aus und hindert alle Mitgliedstaaten daran, das volle Potenzial der Instrumente auszuschöpfen.

Die Kommission wird die Mitgliedstaaten während der Umsetzungsfrist auch weiterhin bei der Umsetzung der EU-Vorschriften unterstützen. Ein Beispiel hierfür ist die EU-Richtlinie über Fluggastdatensätze 10 (PNR-Richtlinie), die bis zum 25. Mai 2018 erfolgen muss. Die Kommission hat einen Umsetzungsplan 11 vorgelegt und zusätzliche Mittel bereitgestellt, und sie organisiert regelmäßige Treffen mit Experten aus den Mitgliedstaaten, um Wissen, Erfahrungen und bewährte Verfahren auszutauschen (siehe Abschnitt III.1 unten). Ein weiteres Beispiel ist die laufende Umsetzung der Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit („NIS-Richtlinie“), die bis zum 9. Mai 2018 erfolgen muss. 12  Im Einklang mit den Ergebnissen der umfassenden Bewertung wird die Kommission ein besonderes Augenmerk auf die Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung 13 sowie auf die jüngsten Vorschriften zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung 14 richten, da einige Interessenträger laut der Bewertung auf mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Instrumente hingewiesen haben.

Die Kommission wird auch weiterhin ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht werden und Vertragsverletzungsverfahren einleiten, wenn dies für die vollständige Anwendung der EU-Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der inneren Sicherheit notwendig ist. Im Einklang mit den Ergebnissen der umfassenden Bewertung wird die Kommission auch künftig einerseits von ihren Durchsetzungsbefugnissen Gebrauch machen und andererseits Maßnahmen zum Wissens- und Erfahrungsaustausch mit den Mitgliedstaaten ergreifen. So bietet die Kommission beispielsweise einerseits technische Unterstützung an und leitet gleichzeitig Vertragsverletzungsverfahren gegen jene wenige Mitgliedstaaten ein, die den Prüm-Rahmen noch nicht umgesetzt haben (siehe Abschnitt III.1 unten).

Die Behörden der Mitgliedstaaten gaben mangelndes Fachwissen und unzureichende finanzielle Mittel als wichtige Gründe für die Verzögerungen im Umsetzungsprozess an, insbesondere bei Fällen mit neuen oder aktualisierten Angaben. Die Kommission stellt fest, dass EU-Mittel unter dem Fonds für innere Sicherheit – Ausrichtung „Polizei“ verfügbar sind, die Inanspruchnahme durch die Mitgliedstaaten, die am 15. Juni 2017 bei einer Ausführungsrate von 26 % lag, jedoch verbessert werden sollte (siehe auch Abschnitt III.2 unten). Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch weiterhin bei der bestmöglichen Nutzung der verfügbaren Mittel unterstützen.

Verringerung der Komplexität der EU-Instrumente und -Hilfsmittel

Laut der umfassenden Bewertung werden einige EU-Instrumente aufgrund der Komplexität der EU-Rechtsvorschriften für diese Hilfsmittel nicht wirksam von den nationalen Behörden genutzt. Ein Beispiel hierfür sind die divergierenden EU-Vorschriften bezüglich des Zugangs der Strafverfolgungsbehörden zu den EU-Informationssystemen oder die geltenden Rechtsrahmen für den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln, die die herkömmlichen Territorialitätskonzepte verkörpern und durch die grenzüberschreitende Natur elektronischer Dienstleistungen und Datenströme auf die Probe gestellt werden. Das liegt zum Teil daran, dass die einzelnen Instrumente über einen längeren Zeitraum entwickelt wurden, sodass in einigen Fällen ein komplexes Instrumentarium entstanden ist. Das erschwert den nationalen Behörden die Nutzung dieser Instrumente. Ferner haben die EU-Rechtsvorschriften nicht immer für die nötige Klarheit bei den Definitionen gesorgt, was zu unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten geführt hat, was wiederum die praktische Zusammenarbeit behindert. Das war insbesondere im Bereich der Terrorismusbekämpfung der Fall, bevor die Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung 15 erlassen wurde, die Handlungen wie die Terrorismusfinanzierung, das Absolvieren einer Ausbildung oder Reisen zu terroristischen Zwecken sowie die Planung oder Erleichterung solcher Reisen unter Strafe stellt.

Die Kommission hat bereits Maßnahmen ergriffen, um gegen die durch die umfassende Bewertung aufgezeigte Komplexität der EU-Rechtsvorschriften vorzugehen. Im Bereich des Informationsaustauschs hat die Kommission festgestellt, dass die komplexe Landschaft unterschiedlich geregelter Informationssysteme ein Hindernis für die Arbeiten der nationalen Behörden darstellt 16 , und schlägt daher Lösungsansätze vor, wie dieses Hindernis durch die Interoperabilität der Informationssysteme 17 , u. a. durch straffere – grundrechts- und datenschutzkonforme – Regeln für den Zugang der Strafverfolgungsbehörden abgebaut werden kann. Die Kommission hat ferner die Mechanismen für den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln überprüft. Auf dieser Grundlage führt die Kommission praktische Maßnahmen zur Verbesserung dieses Zugangs innerhalb des geltenden Rechtsrahmens durch und arbeitet eine Folgenabschätzung über mögliche gesetzgeberische Schritte aus. 18  

Des Weiteren wird die Kommission diejenigen Rechtsakte, die laut der umfassenden Bewertung möglicherweise überholt oder veraltet sind, einer Überprüfung unterziehen. Im November 2014 schlug die Kommission vor, 24 Rechtsakte im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen aufzuheben. 19 Die Mitgesetzgeber nahmen die Vorschläge am 20. Januar 2016 an, und alle 26 Rechtsakte wurden daraufhin aufgehoben. 20

Die umfassende Bewertung zeigt auch die Bedeutung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auf, um das Wissen der Endnutzer über bestehende EU-Instrumente zu erweitern und ihre Fähigkeit zur wirksamen Nutzung der Instrumente auszubauen. Die Interessenträger haben auch auf den Mehrwert von Austausch- und Entsendungsprogrammen für Beamte aus den Mitgliedstaaten hingewiesen, um sich über bewährte Verfahren bei der Nutzung der EU-Instrumente auszutauschen. Die Kommission arbeitet eng mit der Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL) zusammen. So wird gewährleistet, dass die Aus- und Fortbildungsprogramme der Agentur mit den Prioritäten der Union auf dem Gebiet der Sicherheit in Einklang stehen und die Agentur unter vollständiger Ausübung ihres seit dem 1. Juli 2016 geltenden neuen Mandats dazu beiträgt, die Beamten aus den Mitgliedstaaten mit dem nötigen Wissen und den erforderlichen Fertigkeiten auszustatten, damit diese wirksam mit ihren Kollegen in anderen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten können. 21 Die Kommission unterstützt eine Reihe von Aus- und Fortbildungsprogrammen des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN), die für die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zuständig sind.

Kapazitätsaufbau auf EU-Ebene durch Bündelung von Ressourcen und Know-how sowie durch Nutzung von Synergien

Aus der umfassenden Bewertung geht hervor, dass die Ressourcen auf EU-Ebene noch weiter gebündelt werden können. Wenn es einzelnen Mitgliedstaaten an Fachwissen oder Ressourcen mangelt, kann der Aufbau gemeinsamer Kapazitäten auf EU-Ebene Vorteile bringen. Die Interessenträger haben in diesem Zusammenhang insbesondere technologieintensive Bereiche wie die Cybersicherheit, chemische, biologische, radiologische und nukleare (CBRN) Stoffe oder die Analyse von Massendaten oder frei zugänglicher Quellen genannt. Bei der Bereitstellung gemeinsamer Ressourcen für einzelne Mitgliedstaaten spielen die EU-Agenturen eine entscheidende Rolle. So unterstützt etwa das bei Europol angesiedelte Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität die nationalen Behörden bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität und der Reaktion auf großangelegte Cyberangriffe, indem es forensisches Fachwissen bereitstellt oder Informationen aus öffentlichen, privaten und frei zugänglichen Quellen zum Thema Cyberkriminalität zur Verfügung stellt. Die bei Europol angesiedelten Europäischen Zentren zur Terrorismusbekämpfung und zur Bekämpfung der Migrantenschleusung führen ähnliche unterstützende Funktionen in ihren jeweiligen Bereichen durch. Ein weiteres Beispiel ist die Rolle der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA), die die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen der Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit („NIS-Richtlinie“) fördert. Die umfassende Bewertung zeigt, dass die Interessenträger die von den EU-Agenturen angebotene Unterstützung als sehr wertvoll empfinden. Die Kommission hat darauf hingearbeitet, dass den EU-Agenturen die zur Ausübung dieser unterstützenden Funktion notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.

Eine weitere Möglichkeit, Fachwissen in gezielten Bereichen der inneren Sicherheit zu bündeln, ist die Vernetzung. In der umfassenden Bewertung wird der Mehrwert der europäischen Netze und Kooperationsstrukturen hervorgehoben, die die Arbeit der EU-Agenturen ergänzen und die praktische Zusammenarbeit fördern. Darunter fallen etwa Netze mit dem Spezialgebieten Umweltkriminalität (EnviCrimeNet), Drogenhandel (Operationszentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik), Kriminalprävention (Europäisches Netz für Kriminalprävention), Spezialeinheiten (ATLAS-Netzwerk), chemische, biologische, radiologische und nukleare (CBRN) Stoffe (CBRN-Beratergruppe) sowie Verkehrssicherheit (Airpol und Railpol). Die Kommission wird auch weiterhin dann, wenn es sinnvoll ist, Netzwerke einrichten. Ein Beispiel ist die jüngst eingerichtete EU-Gruppe für den Schutz „weicher“ Ziele, die eine Plattform für einen strukturierteren Informationsaustausch und den Austausch über bewährte Verfahren bei praktischen Maßnahmen im Bereich des Schutzes „weicher“ Ziele schaffen soll.

Die umfassende Bewertung zeigt, dass die Synergien auf EU-Ebene zwischen der Sicherheitspolitik und den damit zusammenhängenden Politikbereichen vor dem Hintergrund des Querschnittscharakters der Herausforderungen im Bereich des Terrorismus, der schweren Kriminalität und der Cyberkriminalität stärker genutzt werden könnten. So müssten etwa Polizei-, Grenzschutz- und Zollbehörden enger zusammenarbeiten oder mehr Verknüpfungspunkte zwischen Sicherheitspolitik und Verkehrspolizei in Bereichen wie der Luftsicherheit und der maritimen Sicherheit geschaffen werden. Die Kommission hat auf diesen Bedarf nach Querschnittsmaßnahmen reagiert und einen eigenen Kommissar für das Ressort „Sicherheitsunion“ ernannt, der durch eine übergreifende Task Force unterstützt wird, die auf die Expertise der gesamten Kommission zurückgreifen kann.

Die umfassende Bewertung zeigt auch, dass das Handeln auf EU-Ebene für die nationalen Behörden einen Mehrwert schafft, da unterschiedliche Akteure aus dem nichtöffentlichen Bereich an einen Tisch gebracht werden. Die Interessenträger heben hervor, wie wichtig einerseits die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Wirtschaft bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität und der Radikalisierung im Internet und andererseits die Einbindung von lokalen Fachleuten, Lehrenden und Forschern in die Anstrengungen zur Prävention einer von Gewaltbereitschaft gekennzeichneten Radikalisierung in den Gemeinden ist. Die Kommission wird diese Arbeiten mit Einrichtungen wie dem EU-Internetforum oder dem Exzellenzzentrum des Aufklärungsnetzwerks gegen Radikalisierung weiter unterstützen. Die Kommission erwägt auch, auf regelmäßiger Basis strategische Dialoge zum Thema Sicherheitspolitik mit einem breiten Spektrum von Interessengruppen zu veranstalten.

Vorgehen gegen sich verändernde Bedrohungen

Eine allgemeine Herausforderung im Bereich der EU-Sicherheitspolitik besteht darin, sicherzustellen, dass die Instrumente und Hilfsmittel immer auf dem neuesten Stand sind, um gegen sich verändernde Sicherheitsbedrohungen vorzugehen. Aus der umfassenden Bewertung geht hervor, dass aufgrund neuer und aufkommender Bedrohungen die auf dem Gebiet der inneren Sicherheit bestehenden EU-Instrumente und -Rechtsvorschriften mehrmals gezielt überarbeitet werden mussten. Im Bereich der Terrorismusbekämpfung ist das Gesamtrahmenkonzept für EU-Maßnahmen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit immer noch gültig, und es hat dazu beigetragen, einzelne Instrumente und Hilfsmittel den Veränderungen der Bedrohungslage anzupassen.

Die Kommission wird auch weiterhin prüfen, ob gezielte Änderungen an den bestehenden Instrumenten und Hilfsmitteln auf dem Gebiet der inneren Sicherheit notwendig sind. Zu den jüngsten Beispielen gehören die Einrichtung einer ranghohen Expertengruppe für Radikalisierung 22 , um angesichts des beispiellosen Ausmaßes an Radikalisierung die Weiterentwicklung der politischen EU-Maßnahmen zu fördern, sowie die anstehende Überprüfung der Cybersicherheitsstrategie 2013, um eine aktuelle und wirksame Antwort auf die wachsende Bedrohung durch Cyberkriminalität zu geben.

Die bevorstehende Einsetzung eines Sonderausschusses des Europäischen Parlaments zur Terrorismusbekämpfung 23 bietet eine zusätzliche Gelegenheit zu prüfen, ob die aktuellen EU-Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung als Reaktion auf die Entwicklung der Terrorgefahr in Europa angemessen ist, und praktische sowie rechtliche Hindernisse zu ermitteln, die es abzubauen gilt. Die Kommission wird einen aktiven Beitrag zur Arbeit des Sonderausschusses leisten und versuchen, ein Ergebnis zu erzielen, das die Grundlage für weitere gemeinsame Maßnahmen mit dem Ausschuss des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und dem Rat schaffen wird.

III.    UMSETZUNG DER PRIORITÄTEN IM BEREICH DER SICHERHEIT

1. Gesetzgeberische Initiativen

Am 13. Juli 2017 nahm die Kommission einen Verordnungsvorschlag 24 zur Verhinderung der Einfuhr rechtswidrig aus einem Drittland in die EU ausgeführter Kulturgüter sowie ihrer Lagerung in der EU an. Ziel dieses Vorschlags ist es, den illegalen Handel mit Kulturgütern einzudämmen, die Finanzierung des Terrorismus zu bekämpfen und das kulturelle Erbe zu schützen. Damit hat sie einen weiteren Schritt zur Umsetzung des Aktionsplans vom Februar 2016 für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung 25 unternommen und auch dem Aufruf des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 26 Folge geleistet, gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern vorzugehen, insbesondere wenn dieser in einem Kontext bewaffneten Konflikts stattfindet und von terroristischen Gruppen ausgeht. Nach Annahme durch den Gesetzgeber werden mit diesem Rechtsakt eine gemeinsame Definition von Kulturgütern bei der Einfuhr festgelegt, die Sorgfalt der Einführer beim Erwerb von Kulturgütern aus Drittländern sichergestellt, standardisierte Angaben für die Bescheinigung der Rechtmäßigkeit der Güter festgelegt und wirksame Maßnahmen zur Abschreckung gegen illegalen Handel bereitgestellt. Die Kommission fordert die Gesetzgebungsorgane auf, ihren Vorschlag vorrangig zu behandeln.

Auch bei der Arbeit an solideren und intelligenteren Informationssystemen für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit sind weitere Fortschritte zu verzeichnen. Am 12. Juli 2017 haben der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments und der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rats (AStV) die zum Einreise-/Ausreisesystem (EES) erzielte Einigung bestätigt. Das von der Kommission im April 2016 27 vorgeschlagene System dient der Erfassung der Ein- und Ausreisedaten von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der EU und soll damit zur Verbesserung des Außengrenzenmanagements und der inneren Sicherheit beitragen. Die politische Einigung über das Einreise-/Ausreisesystem stellt einen wichtigen Schritt zur vollständigen Interoperabilität der Informationssysteme der EU bis 2020 im Einklang mit dem neuen Konzept der Kommission für die Verwaltung grenz- und sicherheitsrelevanter Daten dar. 28 Auf der informellen Tagung des Rats Justiz und Inneres in Talinn am 6./7. Juli 2017 haben die Mitgliedstaaten ihren Willen bekräftigt, die Interoperabilität der Informationssysteme als vorrangige Angelegenheit zu behandeln. Die Kommission fordert die gesetzgebenden Organe auf, die Behandlung der anhängigen einschlägigen Gesetzgebungsvorschläge zu beschleunigen. 29

Fortgesetzt wurden auch die Arbeiten zur Umsetzung und Optimierung bestehender Systeme, die ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung und Leistungssteigerung der Informationssysteme im Bereich Grenzen und Sicherheit darstellen. Im Rahmen ihrer Unterstützung bei der Umsetzung der Richtlinie über Fluggastdaten (PNR) hat die Kommission am 22. Juni 2017 einen fünften Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten durchgeführt. Da die Umsetzungsfrist in weniger als einem Jahr abläuft (25. Mai 2018), hat die Kommission die Mitgliedstaaten erneut aufgefordert, sich verstärkt um die rechtzeitige Einrichtung eines funktionsfähigen PNR-Systems zu bemühen, dem bei der Abwehr von Terrorgefahr eine große Bedeutung zukommt. Die Kommission hat sich schriftlich an die Mitgliedstaaten gewandt, die bei der Umsetzung augenscheinlich langsamer vorankommen, um etwaige Schwierigkeiten anzusprechen und die Möglichkeiten zusätzlicher Unterstützung – auch auf bilateraler Ebene durch Mitgliedstaaten, in denen die Umsetzung schon weiter fortgeschritten ist – auszuloten.

Auch wenn einige Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Prüm-Beschlüsse 30 Fortschritte erzielt haben, sah sich die Kommission veranlasst, ihre Befugnisse im Falle von Vertragsverletzungen zu nutzen, um eine vollständige Umsetzung zu gewährleisten. Zu diesem Zweck hat sie am 18. Mai 2017 mit Gründen versehene Stellungnahmen an Kroatien, Irland und Italien gerichtet. Darüber hinaus hat sie die Mitgliedstaaten weiter finanziell bei der Umsetzung unterstützt, indem sie Mittel aus dem Fonds für innere Sicherheit – Ausrichtung Polizei im Rahmen der einschlägigen nationalen Programme bereitgestellt hat. Die Kommissin wird diesen nationalen Programmen für 2017 zusätzliche 22 Mio. EUR zur Verfügung stellen, die für die Umsetzung der Prüm-Beschlüsse verwendet werden können.

Am 7. Juli 2017 haben die Justizminister auf ihrer informellen Tagung in Talinn den Kommissionsvorschlag über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen 31 erörtert. Die Kommission fordert den Gesetzgeber auf, bei den Verhandlungen über diesen Vorschlag rasche Fortschritte zu erzielen, um die Einziehung von Erträgen aus Straftaten in grenzübergreifenden Fällen zu erleichtern.

2. Umsetzung nichtlegislativer Maßnahmen

Die Bekämpfung der Radikalisierung im Internet bleibt eines der wichtigsten Vorhaben bei der Terrorismusbekämpfung, und die Kommission verstärkt ihr Engagement bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten. Die Mitglieder des EU-Internetforums 32 haben nach einer Zusammenkunft auf hochrangiger Beamtenebene vom 27. Juni 2017 am 17. Juli 2017 einen Aktionsplan gegen terroristische Online-Inhalte vorgestellt. Dort geht es um Maßnahmen zur besseren automatischen Erkennung terroristischer Inhalte, die Weitergabe einschlägiger Technologie und Instrumente an kleinere Unternehmen und die uneingeschränkte Nutzung der Hash-Datenbank. Außerdem soll die Zivilgesellschaft darin bestärkt werden, alternative Sichtweisen zu verbreiten. Wegen der Dringlichkeit dieser Angelegenheit wird die Kommission für September eine weitere Zusammenkunft des EU-Internetforums auf hochrangiger Beamtenebene einberufen und über die Umsetzung des Aktionsplans in einem der nächsten Fortschrittsberichte über die Sicherheitsunion Bericht erstatten.

Die jüngsten Terroranschläge haben erneut deutlich gemacht, wie notwendig es ist, „weiche“ Ziele zu schützen. Insbesondere für den Schutz größerer Menschenansammlungen bedarf es innovativer Lösungen. Am 30./31. Mai hielt die Kommission eine Arbeitstagung mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten und von Drittländern ab, um bewährte Verfahren und Erfahrungen auf dem Gebiet des Schutzes „weicher“ Ziele auszutauschen. Dieses im Rahmen des Globalen Forums zur Bekämpfung des Terrorismus ausgerichtete Treffen wird ergänzt durch den im Februar 2017 erfolgten Anlauf zur Gründung einer EU-weiten Plattform für Politik und Praxis auf dem Gebiet der Vorbeugung gegen Anschläge auf weiche Ziele. Spezialeinheiten der belgischen und der niederländischen Polizei haben am 29. Juni 2017 eine grenzübergreifende Übung abgehalten, bei der gleichzeitige Terroranschläge auf staatliche Schulen simuliert wurden. Diese Übung, an der sich Polizeikräfte, Ersthelfer und Notfalleinsatzkräfte beteiligten und die von der Kommission unterstützt wurde, sollte den Grad der Einsatzbereitschaft und der Krisenreaktionsfähigkeit im Falle zeitgleicher Anschläge in benachbarten Ländern messen. Die Kommission wird für sämtliche Mitgliedstaaten besondere Lagetreffen organisieren, um bewährte Verfahren zu erörtern, die sich aus dieser Übung ergeben haben.

Ein wichtiges Intrument der Unterstützung der Mitgliedstaaten bei den notwendigen Schritten zum Aufbau einer wirksamen und echten Sicherheitsunion stellt die Finanzierung mit EU-Mitteln dar. Angesichts der stetigen Entwicklung der Bedrohungen durch Terrorismus, organisiertes Verbrechen und Cyberkriminalität stellt die Kommission 2017 für Maßnahmen der Union aus dem Fonds für innere Sicherheit (Ausrichtung Polizei) 33 90 Mio. EUR bereit und verdoppelt damit den 2016 zur Verfügung gestellten Betrag. Das entsprechende Jahres-Arbeitsprogramm 34 , in dem die Finanzierungsprioritäten für gezielte grenzübergreifende Maßnahmen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit aufgeführt werden, soll die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Terrorismusbekämpfung mittels Projekten zur Unterbindung der Terrorismusfinanzierung, Maßnahmen gegen Radikalisierung, Unterstützung der Zivilgesellschaft bei der Verbreitung alternativer Sichtweisen und für den Schutz kritischer Infrastruktur unterstützen. Ferner gedenkt die Kommission auch Mittel für grenzübergreifende Projekte bereitzustellen, die sich mit besonders dringlichen kriminellen Bedrohungen wie Menschen-, Drogen- oder Waffenhandel und Umweltdelikten befassen. 35

Im Jahres-Arbeitsprogramm 2017 werden im Rahmen des Fonds für innere Sicherheit (Ausrichtung Polizei) erstmalig Mittel für Projekte im Bereich der Cyberkriminalität vorgesehen. Darin spiegeln sich die durch die jüngsten Cyberangriffe deutlich gewordene wachsende Cyberbedrohung sowie der Umstand wider, dass Straftäter in fast allen Zweigen des organisierten Verbrechens immer geschickter und immer wirksamer technische Mittel nutzen. Zur Intensivierung des Informationsaustauschs möchte die Kommission Mittel für Projekte zur Verfügung stellen, die den Nutzen maximieren sollen, den man aus bestehenden EU-Informationssystemen ziehen kann. Diesem Aspekt wird bei der Arbeit an solideren und intelligenteren Informationssystemen für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit 36 Priorität eingeräumt. Außerdem soll die Interoperabilität der EU-Informationssysteme gefördert werden. 37 Schließlich möchte die Kommission im Einklang mit ihrer Empfehlung vom Mai 2017 zu verhältnismäßigen Polizeikontrollen und zur polizeilichen Zusammenarbeit im Schengen-Raum 38 Mittel zur Verstärkung der grenzübergreifenden Polizeizusammenarbeit bereitstellen.

Diese Mittel ergänzen die Mittel, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der einschlägigen nationalen Programme des Fonds für innere Sicherheit – Ausrichtung Polizei erhalten. Für den Zeitraum 2014-2020 stellt die Kommission 26 Mitgliedstaaten insgesamt 754 Mio. EUR für Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung und zur Vorbeugung gegen Gefahren und Krisen zur Verfügung. 39 Damit können vielfältige Initiativen zur Förderung eines hohen Sicherheitsniveaus in der EU finanziert werden, wie der Aufbau von Informationssystemen, der Erwerb von Einsatzausrüstung, die Unterstützung von Schulungsprogrammen oder die operative Zusammenarbeit. Bei der Mittelabrufung durch die Mitgliedstaaten gibt es jedoch eindeutig Spielraum nach oben. Deshalb ruft die Kommission die Mitgliedstaaten auf, die bereitgestellten Mittel voll auszuschöpfen, um die Prioritäten der Sicherheitsunion umzusetzen.

3. Außendimension

Die G-20 haben auf dem Gipfel in Hamburg am 7./8. Juli 2017 einen Aktionsplan zur Terrorismusbekämpfung beschlossen. Der Aktionsplan enthält einen Aufruf zur Befassung mit der wachsenden Bedrohung durch heimkehrende terroristische Kämpfer sowie zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, Radikalisierung und Nutzung des Internets für terroristische Zwekce und bestätigt damit die Prioritäten der EU-Sicherheitsunion. Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst werden bei der Umsetzung des Plans eng mit unseren Partnern außerhalb der EU zusammenarbeiten.

Am 26. Juli 2017 hat der Gerichtshof der Europäischen Union über die Vereinbarkeit des Abkommens zwischen der EU und Kanada über die Übermittlung und Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (PNR) mit den Verträgen Stellung genommen. 40 Das Abkommen war 2014 unterzeichnet worden, und der Rat hatte das Europäische Parlament um Zustimmung ersucht. Das Europäische Parlament hat die Sache an den Gerichtshof verwiesen, um Aufschluss darüber zu erhalten, ob das geplante Abkommen mit den EU-Rechtsvorschriften über die Achtung des Privat- und Familienlebens und den Schutz personenbezogener Daten vereinbar war. Die Kommission wird im nächsten Fortschrittsbericht zur Sicherheitsunion im September 2017 auf dieses Thema zurückkommen.

Auf dem informellen Treffen der Justiz- und Innenminister der östlichen Partnerschaft in Talinn am 7. Juli wurden vor allem die Bekämpfung der Cyberkriminalität und der Korruption sowie grundlegende Justizreformen behandelt. Die Minister bekräftigten ihren Willen zu weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung der Cyberkriminalität und zur Verbesserung der Cybersicherheit. Bei der Erörterung einschlägiger gesetzgeberischer und operativer Herausforderungen wurde eine Intensivierung der Zusammenarbeit auf regionaler und internationaler Ebene ins Auge gefasst. Weitere Arbeiten sollen im Forum „Rechtsstaatlichkeit“ der östlichen Partnerschaft durchgeführt werden.

Am 19. Juni 2017 nahm der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ Schlussfolgerungen zu den externen Aspekten der maritimen Sicherheit an, in denen die Rolle der EU für die Bereitstellung globaler maritimer Sicherheit betont und zu verstärktem Informations- und Erfahrungsaustausch, intensiverer Koordinierung der EU-Initiativen und internationaler Zusammenarbeit auf See zur Bewältigung aufkommender Herausforderungen und Bedrohungen auf hoher See aufgerufen wird.

Am 17. Juli 2017 erörterte der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ die Prioritäten für die Umsetzung der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union für die Jahre 2017/18. Die Minister betonten die Notwendigkeit einer weiteren Verstärkung der Verknüpfung der inneren und auswärtigen Dimension von Sicherheit, Terrorabwehr und Kampf gegen hybride Bedrohungen. Ferner vereinbarten sie zwei zusätzliche Arbeitsschwerpunkte für die weltweite und regionale Kooperation: die Verbesserung der Sicherheit zur See und der Cybersicherheit der Union.

Am 19. Juli 2017 haben die Kommission und die Hohe Vertreterin einen Bericht 41 mit einer Bestandsaufnahme der Fortschritte bei der Umsetzung des im April 2016 verabschiedeten gemeinsamen Rahmens für die Abwehr hybrider Bedrohungen vorgelegt. 42  Dort wird nachgezeichnet, welche Fortschritte bei den 22 operativen Maßnahmen zur Sensibilisierung, zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit, zur besseren Reaktion auf Krisen und zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO erzielt wurden.

Im Kontext der strategischen Partnerschaft und der Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO hat der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ am 19. Juni 2017 Schlussfolgerungen zu den Fortschritten bei der Umsetzung der gemeinsamen Vorschläge (über 42 Maßnahmen) angenommen, die die Minister der EU und der NATO am 6. Dezember 2016 befürwortet hatten. Im Fortschrittsbericht wird die Notwendigkeit der Zusammenarbeit beider Organisationen im gegenwärtigen strategischen Umfeld betont, in dem sich sowohl die EU als auch die NATO neuartigen Herausforderungen gegenübersehen, zu deren alleinigen Bewältigung keine der beiden Organisationen über das gesamte notwendige Instrumentarium verfügt. Dem Bericht zufolge ergänzen sich die Tätigkeiten der beiden Organisationen und tragen zu einem gemeinsamen Ziel bei. Das neu eingerichtete Europäische Exzellenzzentrum zur Bewältigung hybrider Bedrohungen in Helsinki sowie die Gründung der EU-Analyseeinheit für hybride Bedrohungen, die mit ihrer ebenfalls neugeschaffenen Schwestereinheit in der NATO (NATO Hybrid Analysis Branch) zusammenarbeiten wird, werden die Kooperation beider Organisationen weiter festigen.

IV.    SCHLUSSBEMERKUNGEN

Der vorliegende Bericht enthält die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus der zusammen mit diesem Bericht veröffentlichten umfassenden Bewertung der Tätigkeit der Union auf dem Gebiet der inneren Sicherheit zieht. Die umfassende Bewertung ergibt insgesamt ein positives Bild und bestätigt die Bedeutung sowie die Wirksamkeit der Maßnahmen der Union auf dem Gebiet der inneren Sicherheit. Festgestellte Herausforderungen und Lücken wird die Kommission weiterhin angehen und fasst dabei folgende Maßnahmen in den Blick: 1) Förderung der vollständigen Umsetzung der EU-Maßnahmen, 2) Verringerung der Komplexität der EU-Instrumente und -Hilfsmittel, 3) Kapazitätsaufbau auf EU-Ebene durch Bündelung von Ressourcen und 4) Vorgehen gegen sich verändernde Bedrohungen. Die Kommission wird die umfassende Bewertung dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegen und lädt die beiden Organe ein, die Ergebnisse in einem gemeinsamen Dialog zu erörtern.

Die Kommission wird den nächsten Fortschrittsbericht zur Sicherheitsunion im September 2017 vorlegen.

(1)

     SWD(2017) 278 vom 26.7.2017.

(2)

      http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/european-council/2017/06/22-23-euco-conclusions_pdf/ .

(3)

      http://www.consilium.europa.eu/press-releases-pdf/2017/7/47244662401_en.pdf .

(4)

    http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2017/05/26-statement-fight-against-terrorism/ .

(5)

     Das Europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung (ECTC), das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität und das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung.

(6)

     Siehe die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen – Operative Leitlinien zur Berücksichtigung der Grundrechte bei Folgenabschätzungen der Kommission (SEK(2011) 567 endg., 6.5.2011).

(7)

     Siehe „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Siebter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 261 final vom 16.5.2017).

(8)

     Insbesondere der Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008).

(9)

     Beschlüsse 2008/615/JI und 2008/616/JI des Rates vom 23. Juni 2008.

(10)

     Richtlinie (EU) 2016/681 vom 27.4.2016.

(11)

     SWD(2016) 426 final vom 28.11.2016.

(12)

     Richtlinie (EU) 2016/1148 vom 6.7.2016.

(13)

     Richtlinie (EU) 2017/541 vom 15.3.2017.

(14)

     Richtlinie (EU) 2015/849 vom 20.5.2015.

(15)

     Richtlinie (EU) 2017/541 vom 15.3.2017.

(16)

     Siehe die Mitteilung „Solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit“, COM(2016) 205 final vom 6.4.2016.

(17)

     Siehe „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Siebter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 261 final vom 16.5.2017).

(18)

     Siehe „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Achter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 354 final vom 29.6.2017).

(19)

     COM(2014) 713 final, COM(2014) 714 final und COM(2014) 715 final (28.11.2014). Die Vorschläge stützten sich auf eine Bewertung der Rechtsakte in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die vor dem Hintergrund des Endes der Übergangsbestimmungen gemäß dem Protokoll (Nr. 36) zum Vertrag vom Lissabon durchgeführt wurde.

(20)

     Verordnung (EU) 2016/93, Verordnung (EU) 2016/94 und Verordnung (EU) 2016/95 (20.1.2016).

(21)

     Verordnung (EU) 2015/2219 vom 25.11.2015.

(22)

   Siehe „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Achter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 354 final vom 29.6.2017).

(23)

      http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20170629IPR78658/sonderausschuss-zur-bewaltigung-der-defizite-bei-der-terrorbekampfung-eingesetzt .

(24)

     COM(2017) 375 final vom 13.7.2017.

(25)

     COM(2016) 50 final vom 2.2.2016. Einen Überblick über den Stand der Umsetzung des Aktionsplans bietet die Mitteilung „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Achter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 354 final vom 29.6.2017).

(26)

     Resolution des VN-Sicherheitsrates 2347 vom 24.3.2017.

(27)

     COM(2016) 194 final vom 6.4.2016.

(28)

     Siehe „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Siebter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 261 final vom 16.5.2017).

(29)

     Der Vorschlag über ein Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) (COM(2016) 731 final vom 16.11.2016), die Vorschläge zur Verbesserung des Schengener Informationssystems (COM(2016) 881 final, 882 final und 883 final vom 21.12.2016), der Vorschlag zu Eurodac (COM(2016) 272 final vom 4.5.2016) und der zusätzliche Vorschlag zur Erleichterung der Weitergabe von Strafregisterinformationen über Drittstaatsangehörige in der EU mittels des Europäischen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) (COM(2017) 344 final vom 29.6.2017).

(30)

     Die betreffenden Ratsbeschlüsse (2008/615/JI und 2008/616/JI vom 23.6.2008) gelten insbesondere der Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität. Mit ihnen wurden Regeln und Verfahren eingeführt, dank derer die Mitgliedstaaten rasch DNA-, Fingerabdruck- und Kraftfahrzeugzulassungs-Datenbanken aus anderen Mitgliedstaaten konsultieren können. Diese Ratsbeschlüsse hätten von den Mitgliedstaaten bis August 2011 vollständig umgesetzt sein müssen.

(31)

     COM(2016) 819 final vom 21.12.2016.

(32)

     In den vergangenen beiden Jahren hat die Kommission mit großen Internet-Plattformen, den Mitgliedstaaten und anderen Interessenträgern im EU-Internetforum zusammengearbeitet, um eine freiwillige Löschung terroristischer Inhalte zu erwirken und die Zivilgesellschaft bei der Verbreitung alternativer Sichtweisen zu unterstützen.

(33)

     Verordnung (EU) Nr. 513/2014 vom 16.4.2014.

(34)

     Die Kommission wird das Jahres-Arbeitsprogramm für 2017 für Unionsmaßnahmen zusammen mit dem Rahmen für den Fonds für innere Sicherheit (Ausrichtung Polizei) im September 2017 annehmen.

(35)

     Siehe zur Prioritätensetzung gegenüber kriminellen Bedrohungen die Mitteilung „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Sechster Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 213 final vom 12.4.2017).

(36)

     COM(2016) 205 final vom 6.4.2016.

(37)

     Siehe dazu das neue Konzept der Kommission für die Verwaltung grenz- und sicherheitsrelevanter Daten, vorgestellt in der Mitteilung „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Siebter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 261 final vom 16.5.2017).

(38)

     C(2017) 3349 final vom 12.5.2017.

(39)

     Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks und des Vereinigten Königreichs nehmen an den Programmen des Fonds für innere Sicherheit – Ausrichtung Polizei teil.

(40)

      https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2017-07/cp170084de.pdf .

(41)

     JOIN (2017) 30 final vom 19.7.2017.

(42)

     JOIN (2018) 18 final vom 6.4.2016.

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