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Document 62019CC0440

Schlussanträge des Generalanwalts G. Hogan vom 8. Oktober 2020.
Pometon SpA gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Kartelle – Europäischer Markt für Stahl-Strahlmittel – Beteiligung an bilateralen und multilateralen Kontakten zum Zweck der Abstimmung der Preise im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum – ‚Hybrides‘ Verfahren, das nacheinander zum Erlass eines Vergleichsbeschlusses und eines Beschlusses nach Abschluss eines ordentlichen Verfahrens geführt hat – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 41 – Pflicht der Europäischen Kommission zur Unparteilichkeit – Art. 48 – Unschuldsvermutung – Begründungspflicht – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.
Rechtssache C-440/19 P.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2020:816

 SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 8. Oktober 2020 ( 1 )

Rechtssache C‑440/19 P

Pometon SpA

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen – Europäischer Markt für Stahl-Strahlmittel – Beteiligung an bilateralen und multilateralen Kontakten zum Zweck der Abstimmung der Preise im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) – Zeitversetztes ‚hybrides‘ Verfahren – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 41 – Grundsatz der Unparteilichkeit der Kommission – Art. 48 – Unschuldsvermutung – Begründungspflicht – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

I. Einleitung

1.

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Pometon SpA (im Folgenden: Pometon oder Rechtsmittelführerin), das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 28. März 2019, Pometon/Kommission (T‑433/16, EU:T:2019:201), aufzuheben, mit dem Art. 2 des Beschlusses C(2016) 3121 final der Kommission vom 25. Mai 2016 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39792 – Stahl-Strahlmittel) (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt und der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße auf 3873375 Euro festgesetzt wurde. Hilfsweise beantragt Pometon, die verhängte Geldbuße herabzusetzen.

2.

Ich schlage vor, meine Prüfung in diesen Schlussanträgen auf den ersten und den vierten Rechtsmittelgrund (sowie die beiden von der Rechtsmittelführerin zu deren Begründung aufgeworfenen Rechtsfragen) zu konzentrieren, werde jedoch im Zusammenhang mit meinen Ausführungen zum ersten Grund auch auf den zweiten und den dritten Rechtsmittelgrund eingehen. Letzterer betrifft den Umfang der Pflicht der Kommission zur Unparteilichkeit im besonderen Kontext eines sogenannten „hybriden“ Verfahrens. Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei der Berechnung der Geldbuße im Rahmen eines Verfahrens dieser Art.

3.

Ein „hybrides Verfahren“ ist ein Verfahren, bei dem die Kommission ein Vergleichsverfahren gemäß Art. 10a der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 vom 30. Juni 2008 hinsichtlich der Durchführung von Vergleichsverfahren in Kartellfällen ( 2 ) und ein ordentliches Verwaltungsverfahren gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln ( 3 ) parallel durchführt. Über die Rechtmäßigkeit nach diesem Verfahren gefasster Beschlüsse wurde bereits vor dem Gericht (wie auch in Rechtsmittelverfahren) gestritten ( 4 ); dies ist jedoch das erste Mal, dass sich der Gerichtshof auch mit einigen der spezifischen Fragen befassen muss, die dieses „hybride Verfahren“ ergeben.

II. Rechtlicher Rahmen

A. Verordnung Nr. 1/2003

4.

Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht vor:

„Stellt die Kommission auf eine Beschwerde hin oder von Amts wegen eine Zuwiderhandlung gegen Art. [101] oder Art. [102 AEUV] fest, so kann sie die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen. Sie kann ihnen hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. …“

5.

Art. 23 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung bestimmt:

„(2)   Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a)

gegen Artikel [101] oder Artikel [102 AEUV] verstoßen …

Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

(3)   Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.“

B. Verordnung Nr. 773/2004

6.

In Art. 10a („Vergleichsverfahren in Kartellfällen“) der Verordnung Nr. 773/2004 heißt es:

„(1)   Nach Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung … Nr. 1/2003 kann die Kommission eine Frist setzen, innerhalb der die Parteien schriftlich ihre Bereitschaft signalisieren können, Vergleichsgespräche im Hinblick auf die mögliche Vorlage von Vergleichsausführungen aufzunehmen. Die Kommission ist nicht verpflichtet, nach Ablauf dieser Frist eingegangene Antworten zu berücksichtigen.

(2)   Die Kommission kann den Parteien, die an Vergleichsgesprächen teilnehmen, Folgendes offen legen:

a)

die gegen sie erwogenen Beschwerdepunkte;

b)

die Beweise, anhand derer die erwogenen Beschwerdepunkte festgestellt wurden;

c)

nicht vertrauliche Fassungen sämtlicher in der Akte des Falles aufgeführter Unterlagen, sofern die Partei dies beantragt, damit sie ihre Position bezüglich eines Zeitraums oder anderer Gesichtspunkte des Kartells ermitteln kann, und

d)

die Höhe etwaiger Geldbußen.

Bei Fortschritten in den Vergleichsgesprächen kann die Kommission eine Frist setzen, innerhalb der sich die Parteien verpflichten können, das Vergleichsverfahren durch die Vorlage von Vergleichsausführungen anzunehmen, in denen die Ergebnisse der Vergleichsgespräche wiedergegeben und ihre Teilnahme an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel [101 AEUV] einschließlich ihrer Haftbarkeit anerkannt wird. …

(3)   Wurde der Inhalt der Vergleichsausführungen in der den Parteien zugestellten Mitteilung der Beschwerdepunkte wiedergegeben, haben die Parteien in ihrer schriftlichen Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte innerhalb einer von der Kommission gesetzten Frist zu bestätigen, dass die ihnen zugestellte Mitteilung der Beschwerdepunkte den Inhalt ihrer Vergleichsausführungen wiedergibt. Daraufhin kann die Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen gemäß Artikel 14 der Verordnung … Nr. 1/2003 eine Entscheidung gemäß Artikel 7 und Artikel 23 der genannten Verordnung erlassen.

(4)   Die Kommission kann während des Verfahrens jederzeit beschließen, die Vergleichsgespräche in einem bestimmten Fall insgesamt oder mit einer oder mehreren Parteien zu beenden, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass eine Rationalisierung des Verfahrens voraussichtlich nicht erzielt werden kann.“

C. Mitteilung über Vergleichsverfahren

7.

Die Durchführung der Verordnung Nr. 773/2004 wurde in der am 2. Juli 2008 veröffentlichten Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Artikel 7 und Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen ( 5 ) (im Folgenden: Mitteilung über Vergleichsverfahren) näher geregelt.

8.

Rn. 32 der Mitteilung über Vergleichsverfahren lautet: „Sollte die Kommission beschließen, eine Partei für einen Vergleich auf der Grundlage dieser Mitteilung zu belohnen, wird der Betrag der zu verhängenden Geldbuße nach Anwendung der Obergrenze von 10 % gemäß den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen nach Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 [ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006] … um 10 % ermäßigt. …“

D. Leitlinien von 2006

9.

Die Leitlinien von 2006 bestimmen die Methode, nach der die Kommission die Geldbuße festsetzt, die gegen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen zu verhängen ist, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 101 oder 102 AEUV verstoßen.

10.

Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 bestimmt, dass „[i]n diesen Leitlinien … die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt [wird]; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in Ziffer 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen“.

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

11.

Der Hintergrund des Rechtsstreits und der wesentliche Inhalt des streitigen Beschlusses sind in den Rn. 1 bis 21 des angefochtenen Urteils dargestellt. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

12.

Pometon ist eine auf die Metallbearbeitung spezialisierte italienische Gesellschaft. Auf dem Markt für Stahl-Strahlmittel war sie bis zum 16. Mai 2007 tätig, als sie ihre Strahlmittelsparte an einen ihrer Konkurrenten, die französische Gesellschaft Winoa SA, verkaufte. An diesem Tag wurde der genannte Tätigkeitsbereich von Pometon tatsächlich auf die zum Winoa-Konzern gehörende Gesellschaft Pometon Abrasives Srl übertragen.

13.

Stahl-Strahlmittel sind lose Metallpartikel, entweder in runder (gekörnter Stahl) oder eckiger (scharfkantiges Strahlmittel aus Stahl) Form. Sie werden aus Stahlschrott hergestellt und hauptsächlich in der Stahl‑, Automobil‑ und Metallindustrie sowie in der Petrochemie und in Steinbrüchen eingesetzt.

A. Untersuchungsverfahren bis zum Vergleichsbeschluss

14.

Am 16. Januar 2013 leitete die Kommission im Einklang mit Art. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 gemäß Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 ein Untersuchungsverfahren gegen Pometon, den amerikanischen Konzern Ervin Industries Inc. (im Folgenden: Ervin), Winoa und die deutschen Gesellschaften MTS GmbH und Würth GmbH ein, das darauf abzielte, Vergleichsgespräche mit ihnen aufzunehmen.

15.

Die fünf Unternehmen erklärten ihre Bereitschaft, in Vergleichsgespräche einzutreten. Von Februar 2013 bis Dezember 2013 fanden Vergleichsgespräche zwischen den einzelnen Unternehmen und der Kommission statt. In diesen Sitzungen teilte die Kommission den Unternehmen die gegen sie erwogenen Beschwerdepunkte mit und legte ihnen die in ihrer Akte vorhandenen Beweismittel offen, auf die die Beschwerdepunkte gestützt werden sollten. Außerdem teilte die Kommission den Unternehmen die zu erwartende Bandbreite der Geldbußen mit.

16.

Im Januar 2014 stellten die betroffenen Unternehmen – mit Ausnahme von Pometon, die beschloss, sich aus dem Verfahren zurückzuziehen – ein förmliches Ersuchen, das Vergleichsverfahren durchzuführen. Am 13. Februar 2014 übersandte die Kommission den vier anderen Mitgliedern des mutmaßlichen Kartells jeweils eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und erließ ihnen gegenüber am 2. April 2014 nach den Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 den Vergleichsbeschluss C(2014) 2074 final (im Folgenden: Vergleichsbeschluss).

B. Streitiger Beschluss

17.

Am 3. Dezember 2014 übermittelte die Kommission Pometon die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Am 25. Mai 2016 erließ die Kommission auf der Grundlage der Art. 7 und 23 der Verordnung Nr. 1/2003 den streitigen Beschluss.

18.

Mit diesem Beschluss stellte die Kommission fest, Pometon habe sich vom 3. Oktober 2003 bis zum 16. Mai 2007 entweder unmittelbar oder über ihre Vertreter bzw. die Vertreter zweier Tochtergesellschaften, der Pometon España SA und der Pometon Deutschland GmbH, an einem Kartell beteiligt, das in Vereinbarungen mit den vier anderen genannten Unternehmen – nämlich Ervin, Winoa, MTS und Würth – oder in mit diesen Unternehmen abgestimmten Verhaltensweisen bestanden habe und im Wesentlichen darauf gerichtet gewesen sei, die Preise für Stahl-Strahlmittel im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR) abzustimmen.

19.

Im verfügenden Teil des streitigen Beschlusses heißt es:

„Artikel 1

Die Pometon SpA hat gegen Art. 101 Abs. 1 [AEUV] und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens verstoßen, indem sie sich an einer die Preise für Stahl-Strahlmittel betreffenden einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt hat, die in der Abstimmung ihres Preisverhaltens im Gebiet des gesamten EWR bestand.

Die Zuwiderhandlung hat vom 3. Oktober 2003 bis zum 16. Mai 2007 gedauert.

Artikel 2

Wegen der in Art. 1 genannten Zuwiderhandlung wird gegen die Pometon SpA eine Geldbuße von 6197000 Euro festgesetzt. …“

20.

Eine Gesamtbetrachtung des streitigen Beschlusses ergibt im Kern, dass Pometon und die anderen Kartellmitglieder einerseits (erster Tatkomplex) ein auf Schrottpreisindizes beruhendes einheitliches Modell für die Berechnung einer abgestimmten Erhöhung der Preise für Stahl-Strahlmittel eingeführt haben sollen (im Folgenden: gemeinsamer Schrottaufschlag). Andererseits und parallel dazu sollen sie vereinbart haben (zweiter Tatkomplex), ihr Verhalten hinsichtlich der Verkaufspreise für Stahl-Strahlmittel gegenüber einzelnen Kunden abzustimmen, indem sie sich insbesondere verpflichteten, nicht durch Preissenkungen miteinander in Wettbewerb zu treten (Erwägungsgründe 32, 33, 37 und 57 des streitigen Beschlusses).

21.

Die fragliche Zuwiderhandlung war nach Ansicht der Kommission als einheitlicher und fortgesetzter Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens einzustufen. Denn die wettbewerbswidrigen Absprachen der Kartellteilnehmer hätten sich nicht nur allesamt auf die Abstimmung der Preise und auf dieselben Erzeugnisse bezogen, sondern seien auch während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung, d. h. vom 3. Oktober 2003 bis zum 16. Mai 2007, als Pometon ihren Tätigkeitsbereich im Strahlmittelsektor an Winoa veräußert habe, nach denselben Modalitäten praktiziert worden. Schließlich seien die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und die in ihrem Auftrag handelnden Personen im Wesentlichen dieselben gewesen (Erwägungsgründe 107 und 166 des streitigen Beschlusses).

22.

Ein solches Kartell, so die Kommission, bezwecke letztlich eine Wettbewerbsbeschränkung mit erheblichen Auswirkungen auf den Handel mit dem betreffenden Produkt zwischen den Mitgliedstaaten und den Vertragsparteien des EWR-Abkommens (Erwägungsgründe 142 und 154 des streitigen Beschlusses).

23.

Was die Dauer der Beteiligung von Pometon an der Zuwiderhandlung anbelangt, so legte die Kommission den Beginn dieser Beteiligung auf den 3. Oktober 2003 fest. Sie ging, da sich Pometon nicht ausdrücklich von diesem Kartell distanziert habe, davon aus, dass deren Beteiligung am Kartell bis zum 16. Mai 2007, als ihre Stahl-Strahlmittelsparte an Winoa veräußert worden sei, angedauert habe (Erwägungsgründe 160 und 166 des streitigen Beschlusses).

24.

Auf Grundlage der Leitlinien von 2006 setzte die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße für Pometon auf 16 % des Umsatzes fest, den diese im Jahr 2006 – d. h. im letzten vollen Jahr, in dem sie vor der Veräußerung ihrer Stahl-Strahlmittelsparte an ihre französische Konkurrentin an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sein soll – auf den Märkten der EWR-Länder realisiert hatte.

25.

Dieser Prozentsatz entspricht einem Basissatz von 15 %, der wegen der räumlichen Ausdehnung der Zuwiderhandlung auf den gesamten EWR um 1 % erhöht wurde. Der variable Teil des Grundbetrags der Geldbuße wurde sodann um einen festen Zusatzbetrag von 16 % erhöht, um die Unternehmen gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 davon abzuschrecken, Vereinbarungen über die Abstimmung der Preise zu schließen (220. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses).

26.

Schließlich nahm die Kommission gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006, wonach sie von der in den Leitlinien vorgesehenen Methode abweichen darf, wenn „die besonderen Umstände eines Falles“ dies rechtfertigen können, eine Anpassung des berichtigten Grundbetrags der Geldbuße vor (Erwägungsgründe 228 bis 231 des streitigen Beschlusses) und setzte diesen um 60 % herab.

27.

Wie aus Art. 2 des streitigen Beschlusses hervorgeht, belief sich die gegen Pometon verhängte Geldbuße nach dieser Berechnung letztendlich auf 6197000 Euro.

IV. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

28.

Mit am 3. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob Pometon Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, hilfsweise auf Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße.

29.

Ihre Klage stützte sie auf fünf Klagegründe.

30.

Mit dem ersten Klagegrund machte sie geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit des Verfahrens, den Grundsatz der Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte verstoßen, indem sie ihr bereits im Vergleichsbeschluss bestimmte Verhaltensweisen unterstellt und damit im Voraus die Vorwürfe festgelegt habe, die sie ihr später im streitigen Beschluss entgegengehalten habe.

31.

Mit dem zweiten Klagegrund rügte sie, die Kommission habe insoweit gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen, eine unzureichende und widersprüchliche Begründung gegeben sowie ihre Verteidigungsrechte und die Beweislastregeln verletzt, als sie ihr, ohne dass Beweise hierfür vorgelegen hätten, die Beteiligung an einem Kartell vorgeworfen habe, an dem sie in Wirklichkeit niemals beteiligt gewesen sei.

32.

Mit dem dritten Klagegrund trug sie vor, die Kommission habe gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen, als sie angenommen habe, das Kartell stelle eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung dar.

33.

Mit ihrem vierten Klagegrund bestritt sie die Dauer ihrer Beteiligung am Kartell.

34.

Mit ihrem fünften Klagegrund machte sie schließlich zur Begründung ihres auf die Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße gerichteten Klageantrags geltend, dass die Kommission bei der gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 vorgenommenen außergewöhnlichen Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße die Begründungspflicht sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verletzt habe.

35.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die ersten vier Klagegründe zurückgewiesen, den fünften Klagegrund jedoch für begründet befunden. Folglich hat es Art. 2 des streitigen Beschlusses für nichtig erklärt und die gegen Pometon verhängte Geldbuße von 6197000 Euro auf 3873375 Euro herabgesetzt.

V. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

36.

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären,

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen, jedenfalls aber die Geldbuße herabzusetzen, und

der Kommission die Kosten des vorliegenden Verfahrens sowie des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

37.

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel als zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet zurückzuweisen,

der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

VI. Zum Rechtsmittel

38.

Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf vier Gründe. Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht sie die Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit des Verfahrens und des Grundsatzes der Unschuldsvermutung geltend. Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht sie geltend, das Gericht habe gegen die Beweislastgrundsätze und den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen sowie eine widersprüchliche oder unzureichende Begründung gegeben. Hilfsweise führt sie letztere Vorwürfe auch zur Begründung des dritten Rechtsmittelgrundes an, um eine Herabsetzung der Geldbuße, soweit diese im Hinblick auf die Dauer ihrer Beteiligung am Kartell verhängt wurde, zu erwirken. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht sie schließlich einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz im Zusammenhang mit der Festsetzung der Geldbuße sowie eine diesbezüglich widersprüchliche oder unzureichende Begründung geltend.

39.

Die Rechtsfragen, die der Gerichtshof in den vorliegenden Schlussanträgen behandelt wissen möchte, werden im Rahmen der Prüfung des ersten und des vierten Rechtsmittelgrundes erörtert. Ich werde daher zunächst auf den Umfang der Pflicht der Kommission zur Unparteilichkeit und sodann auf die Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Berechnung der Geldbuße eingehen, allerdings, wie bereits in der Einleitung zu den vorliegenden Schlussanträgen angekündigt, im besonderen Kontext des sogenannten „hybriden“ Verfahrens.

A. Erster Rechtsmittelgrund: Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit des Verfahrens und des Grundsatzes der Unschuldsvermutung

1.   Vorbringen der Parteien

40.

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht Pometon geltend, es sei rechtsfehlerhaft, dass das Gericht in den Rn. 63 bis 103 des angefochtenen Urteils keine Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit im Verfahren und der Unschuldsvermutung durch die Kommission festgestellt habe. Damit habe das Gericht selbst den Grundsatz der Unparteilichkeit und die Unschuldsvermutung verletzt.

41.

Pometon ist der Ansicht, dass das zum Erlass des streitigen Beschlusses führende Verfahren mit einem Mangel behaftet gewesen und der Beschluss deshalb rechtswidrig sei. Der Mangel beruhe auf dem Vergleichsbeschluss, der, obwohl er andere Mitglieder des mutmaßlichen Kartells als Pometon betreffe, in den Erwägungsgründen 26, 28, 29, 31 und 36 bis 38 dennoch auf Pometon Bezug nehme.

42.

Entgegen der vom Gericht in Rn. 103 des angefochtenen Urteils gezogenen Schlussfolgerung sei die Fähigkeit der Kommission, in dem zum streitigen Beschluss führenden Verfahren eine unparteiliche Beurteilung vorzunehmen, dadurch beeinträchtigt gewesen, dass die Kommission Pometon bereits im Vergleichsbeschluss bestimmte Verhaltensweisen unterstellt habe. Das Gericht habe es folglich versäumt, die einschlägige Rechtsprechung zu beachten, insbesondere das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) vom 27. Februar 2014, Karaman/Deutschland (CE:ECHR:2014:0227JUD001710310, im Folgenden: Urteil Karaman), und das Urteil des Gerichts vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission (T‑180/15, EU:T:2017:795, im Folgenden: Urteil Icap des Gerichts).

43.

Das Gericht habe diese Schlussfolgerung auf einen formalen und einen materiellen Grund gestützt.

44.

Was die Förmlichkeiten angehe, habe das Gericht in Rn. 65 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass einem Verstoß gegen die Unschuldsvermutung und den Grundsatz der Unparteilichkeit die Tatsache entgegenstehe, dass die Kommission vor allem in Fn. 4 des Vergleichsbeschlusses ausdrücklich die Schuld von Pometon ausgeschlossen habe. Nach Ansicht von Pometon folgt jedoch aus dem Urteil Karaman und dem Urteil Icap des Gerichts, dass vorsichtige Formulierungen wie etwa Fn. 4 des Vergleichsbeschlusses nicht ausreichen, um Missverständnisse hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Unternehmens außerhalb des betreffenden Beschlusses zu vermeiden.

45.

In der Sache habe das Gericht in Rn. 85 des angefochtenen Urteils auf die im Urteil Karaman genannte Voraussetzung Bezug genommen, nach der festzustellen sei, ob die im Vergleichsbeschluss enthaltenen Hinweise auf das Verhalten von Pometon für die Feststellung der Verantwortlichkeit der Adressaten dieses Beschlusses erforderlich gewesen seien. In den Rn. 79, 81 und 83 des angefochtenen Urteils habe das Gericht festgestellt, dass die Kommission diese Rechtsprechung beachtet habe, selbst aber die in Rn. 64 des Urteils Karaman aufgestellten Kriterien nicht beachtet, wonach Bezugnahmen auf Dritte nur dann mit der Unschuldsvermutung in Einklang stünden, wenn sie für die Bewertung der Schuld der abzuurteilenden Personen zwingend erforderlich oder unerlässlich seien. Das Gericht habe vielmehr Bezugnahmen akzeptiert, die nicht notwendig, sondern „möglicherweise objektiv nützlich“ oder „zum Nachweis der Alleinverantwortung [der am Vergleich beteiligten Parteien] gedacht“ seien.

46.

Diesbezüglich führt die Rechtsmittelführerin aus, dass es für eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) genüge, dass die Begründung des Vergleichsbeschlusses vermuten lasse, dass die Kommission das betreffende Unternehmen für schuldig erachte, oder dass die Bezugnahme die Frage aufwerfe, ob nicht möglicherweise eine Vorverurteilung vorliege. Ferner sei es – entgegen der vom Gericht im angefochtenen Urteil getroffenen Entscheidung, die sein eigenes Urteil Icap missachte – unerheblich, dass die Bezugnahmen auf Pometon angeblich keine rechtliche Beurteilung enthielten. Schließlich gehe aus dem Wortlaut des Vergleichsvorschlags, in dem das Pometon zugeschriebene Verhalten zum Teil als „Kartell[e]“ oder „wettbewerbswidriger Kontakt“ bezeichnet werde, klar hervor, dass die Kommission, was Pometon angehe, eine Vorverurteilung vorgenommen habe.

47.

Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, da er die vom Gericht vorgenommene Sachverhaltswürdigung betreffe (ohne dass jedoch eine Verfälschung der Tatsachen oder Beweise geltend gemacht würde) oder aber bereits vor dem Gericht vorgetragenes Vorbringen wiederhole, und beim Vorbringen zum Vergleichsvorschlag handele es sich um eine neue Rüge. Jedenfalls sei der erste Rechtsmittelgrund unbegründet, da das Gericht die Rechtsprechung, die sich aus dem Urteil Karaman und dem Urteil Icap des Gerichts ergebe, im vorliegenden Fall richtig angewandt habe.

2.   Würdigung

a)   Zur Zulässigkeit des ersten Rechtsmittelgrundes

48.

Die Kommission hält den ersten Rechtsmittelgrund für unzulässig, weil er sich auf die Sachverhaltswürdigung beziehe oder aber bereits vor dem Gericht vorgetragenes Vorbringen wiederhole.

49.

Insoweit ist auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hinzuweisen, aus der sich ergibt, dass nach Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union allein das Gericht dafür zuständig ist, die Tatsachen festzustellen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und sie zu würdigen. Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, so ist der Gerichtshof gemäß Art. 256 AEUV zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt. Der Gerichtshof hat somit keine allgemeine Zuständigkeit für die Tatsachenfeststellung. Grundsätzlich ist er auch nicht befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht seine Feststellungen gestützt hat. Diese Beurteilung ist somit, sofern die Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt ( 6 ).

50.

Ein Rechtsmittel ist aber auch insoweit unzulässig, als es sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein vom Gericht ausdrücklich zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht erhobenen Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels fällt. Im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen können jedoch im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, so würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen ( 7 ).

51.

Im vorliegenden Fall macht Pometon mit dem Vorbringen, auf das sie den ersten Rechtsmittelgrund stützt, geltend, dass das Gericht den Grundsatz der Unparteilichkeit des Verfahrens und den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt habe, da es die Erkenntnisse aus dem Urteil Karaman und dem Urteil Icap des Gerichts nicht richtig angewandt habe.

52.

Meines Erachtens muss dieses Vorbringen dazu führen, dass der Gerichtshof die Anwendbarkeit dieser Urteile im Kontext eines hybriden Verfahrens prüft und dabei gegebenenfalls auch die vom Gericht vorgenommene rechtliche Einordnung des Sachverhalts und die von ihm gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen anhand dieser Rechtsprechung überprüft.

53.

Auch wenn sich einige der von Pometon vorgebrachten Argumente gegen bestimmte Tatsachenfeststellungen des Gerichts richten oder bereits vor dem Gericht vorgetragenen Argumenten ähneln, wirft der erste Rechtsmittelgrund gleichwohl Fragen nach der Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften durch das Gericht auf und betrifft somit Rechtsfragen, die der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegen. Der Auffassung der Kommission, dass der erste Rechtsmittelgrund unzulässig sei, kann somit – außer in Bezug auf das Vorbringen zum Vergleichsvorschlag der Kommission – nicht gefolgt werden.

54.

Dieses Vorbringen hat Pometon in der Tat erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht. Nach Art. 127 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 190 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf Rechtsmittel Anwendung findet, handelt es sich somit um ein neues Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel, das unzulässig ist, da es nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind ( 8 ).

b)   Zur Begründetheit des ersten Rechtsmittelgrundes

55.

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht Pometon geltend, es sei rechtsfehlerhaft, dass das Gericht im angefochtenen Urteil keine Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit im Verfahren und der Unschuldsvermutung durch die Kommission festgestellt habe. Damit habe das Gericht selbst den Grundsatz der Unparteilichkeit und die Unschuldsvermutung verletzt.

56.

Zweifellos kann die Rechtsmittelführerin ihr Rechtsmittel auf diese beiden Grundsätze stützen.

57.

Die Kommission kann zwar nicht als „Gericht“ im Sinne von Art. 6 EMRK eingestuft werden, ist aber dennoch ebenfalls verpflichtet, im Verwaltungsverfahren die Grundrechte der Europäischen Union zu wahren, zu denen der in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerte Grundsatz der guten Verwaltung gehört ( 9 ). Nach dieser Bestimmung hat jede Person u. a. ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden. Dieses Unparteilichkeitsgebot umfasst zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein Mitglied des betroffenen Organs, das mit der Sache befasst ist, Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen ( 10 ).

58.

Darüber hinaus ist die Unschuldsvermutung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dieser Grundsatz in Verfahren wegen der Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar ( 11 ).

59.

Insoweit ist festzustellen, dass, wie den Erläuterungen zur Charta zu entnehmen ist, die in Art. 48 der Charta verankerte Unschuldsvermutung Art. 6 Abs. 2 und 3 EMRK entspricht. Folglich ist Art. 6 Abs. 2 und 3 EMRK nach Art. 52 Abs. 3 der Charta bei der Auslegung ihres Art. 48 als Mindestschutzstandard zu berücksichtigen ( 12 ).

60.

Vor diesem Hintergrund ist daher im Zusammenhang mit einem „hybriden Verfahren“ – d. h. einem Verfahren, bei dem die Kommission parallel ein Vergleichsverfahren und ein ordentliches Verwaltungsverfahren durchführt – das Urteil Karaman zu beachten, das die Frage betrifft, ob der Grundsatz der Unschuldsvermutung, so wie er durch Art. 6 Abs. 2 EMRK geschützt ist, durch Feststellungen in einem Urteil verletzt sein kann, das in einem gegen Mitverdächtige gerichteten Verfahren ergangen ist, das keinerlei Bindungswirkung für anhängige oder künftige Strafverfahren gegen andere Personen hat.

61.

Dies ist insbesondere im Hinblick darauf relevant, dass der Gerichtshof selbst die sich aus dem Urteil Karaman ergebenden Anforderungen bereits in seine eigene Rechtsprechung zu Art. 48 der Charta aufgenommen hat.

62.

In seinem Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670), hat der Gerichtshof nämlich anerkannt, dass der EGMR im Urteil Karaman festgestellt hat, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt ist, wenn eine gerichtliche Entscheidung oder eine amtliche Erklärung über einen Angeklagten, ohne dass eine rechtskräftige Verurteilung vorläge, eine eindeutige Erklärung enthält, dass die Person die in Rede stehende Straftat begangen hat ( 13 ).

63.

Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, hat der EGMR auch anerkannt, dass es in komplexen Strafverfahren mit mehreren Verdächtigen, die nicht in einem Verfahren gleichzeitig abgeurteilt werden können, für die Bewertung der Schuld der Angeklagten unerlässlich sein kann, dass das nationale Gericht auf die Beteiligung Dritter Bezug nimmt, gegen die später womöglich ein gesondertes Verfahren geführt wird. Er hat jedoch weiter ausgeführt, dass, wenn Tatsachen in Bezug auf die Beteiligung Dritter eingeführt werden müssen, das betreffende Gericht es vermeiden sollte, mehr Informationen zu geben als für die Bewertung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der in dem betreffenden Verfahren angeklagten Personen nötig ( 14 ).

64.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass der EGMR die Bedeutung betont hat, die der Wortwahl der Justizbehörden sowie den besonderen Umständen, unter denen die Äußerung getätigt wurde, und der Art und dem Kontext des fraglichen Verfahrens zukommt ( 15 ). Deshalb, so der EGMR, ist die Begründung der Gerichtsentscheidungen in einer Art und Weise zu formulieren, die eine mögliche vorzeitige Beurteilung der Schuld der betroffenen Dritten, die die faire Prüfung der gegen sie in einem gesonderten Verfahren erhobenen Vorwürfe gefährden könnte, vermeidet ( 16 ).

65.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist der Gerichtshof zu dem Schluss gelangt, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren ( 17 ) dahin auszulegen ist, dass er es nicht verbietet, dass eine Vereinbarung, die von einem nationalen Gericht genehmigt werden muss, die Beteiligung anderer beschuldigter Personen als der Person, die die Vereinbarung geschlossen und damit ihre Schuld anerkannt hat, erwähnt. Dies ist zulässig, wenn gegen diese anderen Personen später ein gesondertes Strafverfahren geführt werden wird, wobei die Identifizierung dieser Personen an zwei Bedingungen geknüpft ist. Erstens muss diese Angabe für die Einordnung der rechtlichen Verantwortlichkeit der Person, die die Vereinbarung geschlossen hat, erforderlich sein und zweitens muss die Vereinbarung eindeutig darauf hinweisen, dass gegen diese anderen Personen ein gesondertes Strafverfahren geführt wird und ihre Schuld nicht rechtsförmlich nachgewiesen worden ist ( 18 ).

66.

Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt, dass insoweit bei der Kontrolle der Beachtung der Unschuldsvermutung eine gerichtliche Entscheidung und ihre Begründung immer in ihrer Gesamtheit und im Licht der besonderen Umstände, unter denen sie erlassen worden ist, zu prüfen ist. Jeder in einer gerichtlichen Entscheidung enthaltene ausdrückliche Hinweis auf die fehlende Schuld der Mitangeklagten verlöre, so der Gerichtshof, seinen Sinn, wenn andere Abschnitte derselben Entscheidung wie eine vorzeitige Feststellung ihrer Schuld verstanden werden könnten ( 19 ).

67.

Dieser Rahmen ist offensichtlich auf den Kontext eines „hybriden Verfahrens“ zu übertragen. Er gründet auf der Auslegung von Art. 6 Abs. 2 EMRK durch den EGMR und wurde bereits auf eine Bestimmung angewandt, mit der die in Art. 48 der Charta verankerten Garantien in einem ähnlichen Kontext von zwei Verfahren, die zwar denselben Sachverhalt betrafen, jedoch zeitlich getrennt waren, in die Unionsrechtsordnung übertragen wurden. Da die Unschuldsvermutung eindeutig ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta niedergelegt und in Verfahren wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln anwendbar ist ( 20 ), wäre es widersprüchlich, bei hybriden Verfahren andere Maßstäbe anzulegen.

68.

Es steht außer Zweifel, dass das Gericht im angefochtenen Urteil sehr genau auf die von der Kommission im Vergleichsbeschluss getroffene Wortwahl geachtet hat. Die beiden vorgenannten Bedingungen – nämlich die Erforderlichkeit der Bezugnahme auf Pometon für die Einordnung der rechtlichen Verantwortlichkeit der anderen Unternehmen, die die Vereinbarung geschlossen hatten, und der eindeutige Hinweis darauf, dass gegen Pometon ein gesondertes Strafverfahren anhängig und ihre Schuld noch nicht rechtsförmlich nachgewiesen worden war – wurden vom Gericht genau geprüft (siehe Rn. 72, 74, 77, 81, 85 des angefochtenen Urteils).

69.

Was die zweite Bedingung angeht, hat das Gericht in den Rn. 65, 82 und 83 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass die Kommission im Vergleichsbeschluss klar festgestellt habe, dass Pometon ein Unternehmen sei, das Gegenstand des ordentlichen Verfahrens, nicht aber des Vergleichsverfahrens sei (vgl. Nr. 2.2.5 des Vergleichsbeschlusses), und dass die Kommission im Zusammenhang mit dem Vergleichsverfahren die Schuld von Pometon ausdrücklich ausgeschlossen habe (siehe Fn. 4 des Vergleichsbeschlusses).

70.

Allerdings halte ich die vom Gericht vorgenommene Bewertung der Umstände, die die Erforderlichkeit der Bezugnahmen auf Pometon im Vergleichsbeschluss rechtfertigen sollen, und die in den Rn. 84, 90 und 103 des angefochtenen Urteils daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen für rechtsfehlerhaft. Zu diesem Ergebnis bin ich aus den folgenden Gründen gelangt.

71.

Erstens hat sich das Gericht, indem es auf der formalen Erwägung bestand, dass die im Vergleichsbeschluss enthaltenen Bezugnahmen auf Pometon keine rechtliche Einordnung enthielten, auf eine formale und eingeschränkte Lesart des Beschlusses beschränkt, obgleich es, wie bereits ausgeführt, notwendig ist, diese Art von Beschluss und seine Begründung in ihrer Gesamtheit sowie im Lichte der besonderen Umstände, unter denen er gefasst wurde, zu prüfen.

72.

Wie das Gericht selbst anerkannt hat, können Passagen, die sich in dem Teil eines Beschlusses befinden, der die Wiedergabe des Sachverhalts betrifft, dennoch den Standpunkt der Kommission zur Beteiligung eines Unternehmens an den festgestellten Zuwiderhandlungen besonders deutlich erkennen lassen ( 21 ). Ohne so weit zu gehen, kann der Grundsatz der Unschuldsvermutung bereits verletzt sein, wenn die Begründung einer Gerichtsentscheidung oder, in diesem Fall, des Beschlusses der Kommission, nicht in einer Art und Weise formuliert ist, die eine mögliche vorzeitige Beurteilung der Schuld der betroffenen Dritten vermeidet ( 22 ). Nach der Rechtsprechung des EGMR wird die Unschuldsvermutung nämlich schon verletzt, wenn eine Gerichtsentscheidung oder eine amtliche Erklärung in Bezug auf eine einer Straftat angeklagte Person die Meinung widerspiegelt (in der französischen Fassung des Urteils Karaman „reflète le sentiment“), die Person sei schuldig ( 23 ).

73.

Der Vergleichsbeschluss muss natürlich im Ganzen gelesen werden. Nur weil darin z. B. an der einen oder anderen Stelle eine unglückliche Wortwahl oder Formulierung vorkommt, bedeutet dies nicht, dass damit eine vorzeitige Beurteilung vorgenommen worden wäre, wenn der Vergleichsbeschluss in seiner Gesamtheit vernünftigerweise eine solche Auslegung nicht zulässt.

74.

Wendet man diesen Grundsatz auf den vorliegenden Fall an und prüft den Vergleichsbeschluss in seiner Gesamtheit, so gewinnt man doch den Eindruck, dass die Kommission ihre Begründung auf eine Art und Weise formuliert hat, die Fragen im Hinblick auf eine mögliche vorzeitige Beurteilung der Schuld von Pometon aufwirft und damit eine faire Prüfung der im ordentlichen Verfahren gegen Pometon erhobenen Vorwürfe beeinträchtigen könnte.

75.

Entgegen der vom Gericht in Rn. 87 des angefochtenen Urteils vertretenen Auffassung ließ sich nämlich nicht ausschließen, dass die Formulierung im 38. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses Fragen hinsichtlich einer möglichen vorzeitigen Beurteilung der Schuld von Pometon aufwirft, wenn die Kommission zum einen im 49. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses feststellt, dass sie „der Ansicht [ist], dass Ervin, Winoa und Würth, indem sie sich an dem in Abschnitt 4 beschriebenen Verhalten beteiligten, an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 des Vertrags und Artikel 53 des EWR-Abkommens teilnahmen“, und zum anderen die Vereinbarung über das Hauptelement dieser Zuwiderhandlung – einen gemeinsamen Schrottaufschlag – im 38. Erwägungsgrund von Abschnitt 4 des Vergleichsbeschlusses genau beschrieben ist, und zwar in einer Formulierung, die Pometon einschließt. Der Eindruck, dass Pometon an dieser Zuwiderhandlung beteiligt war, wird durch den 39. Erwägungsgrund weiter verstärkt, in dem die Kommission ausführt, dass „die Teilnehmer am Treffen vom 3. Oktober [– im 38. Erwägungsgrund ausdrücklich als Winoa, Ervin und Pometon angegeben –] später mit den beiden deutschen Strahlmittelherstellern MTS und Würth Kontakt hatten, um diese in das neue Modell für die Berechnung des Schrottaufschlags einzubeziehen“ ( 24 ). Die Formulierung „einzubeziehen“ [im englischen Original: include] legt nahe, dass die drei anderen – ohne Ausnahme – bereits an diesem Modell beteiligt waren.

76.

Die Zweifel an der Schuld von Pometon beruhen auch auf dem 59. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses, in dem es heißt: „Aus den in Abschnitt 4 geschilderten Tatsachen geht klar hervor, dass Ervin, Winoa, MTS und Würth an wettbewerbswidrigen horizontalen Absprachen im Rahmen eines Gesamtplans beteiligt waren, dessen einziges wettbewerbswidriges Ziel darin bestand, den Wettbewerb bei Strahlmittelpreisen einzuschränken. Im Rahmen des in den Erwägungsgründen (26)‑(36) beschriebenen Gesamtplans stimmten Ervin, Winoa, MTS und Würth ihr Verhalten ab, um untereinander jede Ungewissheit in Bezug auf die Preisgestaltung im Markt für Stahl-Strahlmittel auszuräumen.“

77.

In diesen Erwägungsgründen 26 bis 36 des Vergleichsbeschlusses heißt es jedoch insbesondere, dass „Winoa, Ervin und Pometon sich am Gardasee (Italien) trafen, um ein einheitliches Modell für die Berechnung eines gemeinsamen Schrottaufschlags zu vereinbaren, der von allen diesen Unternehmen angewandt werden sollte … Sie vereinbarten die Anwendung einer einheitlichen Formel … Nach dem Treffen tauschten die Teilnehmer mehrere E‑Mails aus, um die Einführung des neuen Schrottaufschlagmodells und den einheitlichen Starttermin im Einzelnen abzusprechen“ ( 25 ). Es heißt dort weiter, dass MTS und Würth „an den Anfangsstadien des Vorgangs, als die Vereinbarung zwischen Winoa, Ervin und Pometon geschlossen wurde, nicht teil[nahmen]“ ( 26 ) und dass „die Parteien [– ohne jede Ausnahme in Bezug auf Pometon –], solange die Kontakte andauerten, auch ihre Aktivitäten bezüglich einzelner Kunden abstimmten“ ( 27 ).

78.

Auch wenn es sich dabei um Tatsachenfeststellungen handelt, bilden diese Feststellungen – die ausdrücklich auf Pometon Bezug nahmen – gleichwohl die Grundlage für die im 59. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses vorgenommene rechtliche Bewertung, dass es wettbewerbswidrige horizontale Absprachen gab.

79.

Außerdem geht aus der Begründung des Vergleichsbeschlusses nicht hervor, inwiefern die Bezugnahme auf Pometon für die Einordnung der rechtlichen Verantwortlichkeit der vier Unternehmen, die die Vereinbarung geschlossen hatten, erforderlich gewesen wäre. Im Gegenteil: Die Beteiligung dieser vier Unternehmen an dem von der Kommission beschriebenen Modell genügte, um das in Rede stehende Kartell zu bilden. Entgegen den im streitigen Beschluss getroffenen Feststellungen ( 28 ) ist dem Vergleichsbeschluss nicht zu entnehmen, dass Pometon bei der Einführung des Modells eine unverzichtbare, oder auch nur eine spezifische, Rolle gespielt hätte (anders als z. B. Winoa, die, wie im 30. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses erläutert wird, für die monatliche Mitteilung des neuen Aufschlags an die Teilnehmer zuständig war und den Aufschlag ab Mai 2004 auch auf ihrer eigenen Website veröffentlichte).

80.

Auch was den 37. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses angeht, vermögen mich die Ausführungen des Gerichts in Rn. 88 des angefochtenen Urteils nicht zu überzeugen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht lediglich festgestellt, dass die Kommission das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung angenommen habe und es deshalb erforderlich gewesen sei, die räumliche Reichweite des Kartells in seiner Gesamtheit zu bestimmen. Aus dem Vergleichsbeschluss geht jedoch nicht hervor, inwieweit die Beteiligung von Pometon eine für die räumliche Reichweite der Zuwiderhandlung entscheidende – und somit im Sinne des Urteils Karaman „notwendige“ – Rolle gespielt hätte, obwohl dieses Unternehmen im 37. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses, in dem es um die räumliche Reichweite der Vereinbarung geht, eindeutig einbezogen ist.

81.

Vor diesem Hintergrund gelange ich bei Prüfung des Vergleichsbeschlusses in seiner Gesamtheit zu der Auffassung, dass das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils nicht den Schluss ziehen durfte, dass die Hinweise auf Pometon objektiv nicht den Verdacht rechtfertigen könnten, dass die Kommission schon im Stadium des für die vier anderen Kartellunternehmen bestimmten Vergleichsbeschlusses bewusst die Entscheidung über Schuld und Verantwortlichkeit von Pometon im Rahmen dieses Kartells vorweggenommen habe. Folglich hat das Gericht in den Rn. 90 und 103 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden könne, mit dem streitigen Beschluss ihre Pflicht zur Unparteilichkeit gegenüber Pometon und den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt zu haben.

82.

Der auf diesen Rechtsfehler gestützte Rechtsmittelgrund greift allerdings nicht zwangsläufig durch. Denn der streitige Beschluss ist ja nicht der Vergleichsbeschluss, sondern der Beschluss, durch den das ordentliche Verwaltungsverfahren gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 abgeschlossen wurde. Der Vergleichsbeschluss bildet nicht die Rechtsgrundlage des streitigen Beschlusses, und die beiden Beschlüsse ergingen in zwei gesonderten und voneinander unabhängigen Verfahren. Die Verletzung der für Pometon geltenden Unschuldsvermutung beim Erlass des Vergleichsbeschlusses wirkt sich daher nicht notwendigerweise unmittelbar auf die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses aus.

83.

Wie das Gericht im Urteil Icap ausgeführt hat, ist die Frage, ob eine möglicherweise fehlende objektive Unparteilichkeit der Kommission eine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses haben konnte, nicht von der Frage zu trennen, ob die Feststellungen in diesem Beschluss von den durch die Kommission vorgelegten Beweisen ausreichend getragen werden ( 29 ). Mit anderen Worten ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung eindeutig, dass eine möglicherweise fehlende objektive Unparteilichkeit der Kommission nur dann zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses führen könnte, wenn erwiesen wäre, dass dieser ohne diese Unregelmäßigkeit anders ausgefallen wäre ( 30 ).

84.

Dies aber hängt von der Würdigung der anderen von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Rechtsmittelgründe, die sich auf den rechtlich hinreichenden Nachweis ihrer Beteiligung an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beziehen, d. h. des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes ab. Auf diese Punkte werde ich nunmehr eingehen.

1) Zweiter Rechtsmittelgrund: falsche Anwendung der Beweislastgrundsätze und Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung durch das Gericht sowie widersprüchliche oder unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Beteiligung von Pometon am ersten Tatkomplex des Kartells

85.

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht Pometon im Wesentlichen geltend, sie habe – entgegen der Feststellung in Rn. 129 des angefochtenen Urteils – ihre Verantwortlichkeit bezüglich des ersten Tatkomplexes des Kartells in ihrer Klageschrift, insbesondere in deren Fn. 23, bestritten. Zweitens bestreitet Pometon die vom Gericht getroffene Feststellung, die Kommission habe rechtlich hinreichend bewiesen, dass der gemeinsame Schrottaufschlag automatisch habe erhoben worden können, da Pometon ihn habe anwenden können, ohne regelmäßige Informationen von einem ihrer Wettbewerber zu beziehen. Diese Schlussfolgerung beruht nach Ansicht von Pometon auf der Wahrscheinlichkeit oder Vermutung gewisser Ereignisse, was sich an den Rn. 142, 144 und 145 des angefochtenen Urteils zeige.

86.

Es trifft zwar zu, dass Pometon in der genannten Fußnote ihre Beteiligung an jeglichem Kartell bestritten hat, doch kann man nicht darüber hinwegsehen, dass sie in ihrer Erwiderung vor dem Gericht ausdrücklich zugegeben hat, am Treffen vom 3. Oktober 2003 teilgenommen zu haben. Dieses war das Treffen, bei dem die Vereinbarung über das Modell für den einheitlichen Schrottaufschlag geschlossen wurde.

87.

Von diesem unstreitigen Punkt ausgehend ist das Gericht aufgrund der in den Rn. 143 bis 145 des angefochtenen Urteils beschriebenen Aktenlage in Rn. 160 des Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die Beteiligung der Rechtsmittelführerin am ersten Tatkomplex des Kartells hinreichend bewiesen worden sei. Dabei hat sich das Gericht – entgegen den von der Rechtsmittelführerin erhobenen Vorwürfen – nicht auf die Wahrscheinlichkeit oder Vermutung gewisser Ereignisse gestützt. Vielmehr hat es in den von Pometon angeführten Beispielen seine Feststellung auf der Grundlage eindeutig bestimmter Beweismittel getroffen. Erst beim zweiten Mal, wo es um die Zurückweisung des gegen die erste Feststellung gerichteten Vorbringens geht, verwendet das Gericht, in negativer Form, ein Adverb wie „wahrscheinlich“ („Es ist daher unwahrscheinlich, dass“ in Rn. 142 des angefochtenen Urteils) oder einen Ausdruck wie „kann nicht davon ausgegangen werden“ (Rn. 144).

88.

Unter diesen Umständen bin ich ungeachtet dessen, dass Pometon mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund den Gerichtshof um eine neue Tatsachenwürdigung zu ersuchen scheint – wozu dieser im Rechtsmittelverfahren aber nicht befugt ist, es sei denn, die Beweismittel wären verfälscht worden ( 31 ), was Pometon jedoch nicht behauptet –, der Meinung, dass sich aus der Lektüre der Rn. 129 bis 160 des angefochtenen Urteils in ihrer Gesamtheit ergibt, dass die Verantwortlichkeit von Pometon und ihre Beteiligung am ersten Tatkomplex des Kartells in der Tat aus einer Reihe von Koinzidenzen oder Indizien abgeleitet wurden, die bei einer Gesamtbetrachtung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können ( 32 ).

89.

Nach alledem bin ich folglich der Ansicht, dass die Kommission die Beteiligung von Pometon am ersten Tatkomplex des Kartells rechtlich hinreichend nachgewiesen und das Gericht nicht gegen die zur Begründung des zweiten Rechtsmittelgrundes angeführten Grundsätze verstoßen hat.

2) Dritter Rechtsmittelgrund: falsche Anwendung der Beweislastgrundsätze und Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung durch das Gericht in Bezug auf die Dauer der Beteiligung von Pometon am Kartell

90.

Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund, der hilfsweise geltend gemacht wird, um eine Herabsetzung der verhängten Geldbuße zu erwirken, macht Pometon geltend, das Gericht habe in Bezug auf die Dauer ihrer Beteiligung am Kartell die Beweislastgrundsätze falsch angewandt und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen. Sie trägt im Wesentlichen vor, das Gericht habe die Beweislast umgekehrt, als es festgestellt habe, dass sie keinen hinreichenden Beweis für eine Unterbrechung des Kartells erbracht habe, obwohl es zwischen ihr und den anderen Kartellmitgliedern im Zeitraum vom 18. November 2005 bis zum 20. März 2007 keine kollusiven Kontakte gegeben habe.

91.

Ich halte das angefochtene Urteil des Gerichts in diesem Punkt nicht für rechtsfehlerhaft. Im Gegenteil: Ich folge der Rechtsprechung des Gerichts, nach der die Frage, ob ein Zeitraum hinreichend lang ist, um als Unterbrechung einer Zuwiderhandlung zu gelten, nicht abstrakt beantwortet werden kann, sondern vielmehr im Zusammenhang mit der Funktionsweise des fraglichen Kartells zu beurteilen ist ( 33 ).

92.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 308 des angefochtenen Urteils, ohne dass ihm stichhaltig widersprochen worden wäre, festgestellt, dass das Kartell durch die automatische Erhebung des einheitlichen Schrottaufschlags, durch enge Bezüge zwischen den beiden Tatkomplexen des Kartells sowie dadurch gekennzeichnet gewesen sei, dass es abgesehen vom deutschen Markt keine strukturierte Organisation der Kontakte zwischen den Beteiligten zur Abstimmung gegenüber einzelnen Kunden gegeben habe und dass nur im Fall von Unstimmigkeiten punktuelle Kontakte aufgenommen worden seien.

93.

Nach ständiger Rechtsprechung wird allerdings die Fortsetzung der Zuwiderhandlung begünstigt und ihre Entdeckung verhindert, wenn eine Partei eine rechtswidrige Initiative stillschweigend billigt, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren oder diese bei den Verwaltungsbehörden anzuzeigen. Diese Komplizenschaft stellt eine passive Form der Beteiligung an der Zuwiderhandlung dar und ist daher geeignet, die Verantwortlichkeit eines Unternehmens im Rahmen einer einheitlichen Vereinbarung auszulösen. Zudem kann der Umstand, dass ein Unternehmen die Ergebnisse einer Sitzung mit wettbewerbswidrigem Gegenstand nicht umsetzt, es nicht von seiner Verantwortung für die Teilnahme an einem Kartell entlasten, sofern es sich nicht offen von dessen Inhalt distanziert hat ( 34 ). Um zu beurteilen, ob sich ein Unternehmen tatsächlich distanziert hat, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob sich das betreffende Unternehmen von der rechtswidrigen Vereinbarung distanzieren wollte, entscheidend auf das Verständnis an, das die übrigen Kartellteilnehmer von seiner Absicht hatten ( 35 ).

94.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht daher in Rn. 306 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass zu fragen ist, ob der Zeitraum, in dem kein Kontakt zwischen Pometon und den anderen Kartellmitgliedern bestand, so lang war, dass Letztere verstehen konnten, dass Pometon beabsichtigte, ihre Beteiligung am Kartell zu unterbrechen.

95.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der offenen Distanzierung einen Sachverhalt wiedergibt, den das Gericht im Einzelfall unter Berücksichtigung einer Reihe von Koinzidenzen und ihm unterbreiteter Indizien und nach einer Gesamtbewertung aller relevanten Beweise und Anhaltspunkte feststellt. Sofern diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden sind, ist es allein Sache des Gerichts, die ihm vorgelegten Beweise zu würdigen. Wie bereits ausgeführt, ist diese Würdigung, sofern die Beweise nicht verfälscht wurden, somit keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt ( 36 ).

96.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 309 des angefochtenen Urteils zunächst festgestellt, dass die Klägerin nichts vorgetragen habe, was den Schluss zuließe, dass sie kollusive Kontakte benötigte, um ihre Beteiligung am Kartell in dem Zeitraum zwischen dem 9. Juni 2005 und dem Monat März 2007 ohne Unterbrechung fortzusetzen. In Rn. 310 des angefochtenen Urteils hat das Gericht sodann aus dem Umstand, dass Pometon den Anstoß zur Einführung des Modells für den einheitlichen Schrottaufschlag gegeben und aktiv zu seiner Umsetzung beigetragen habe, den Schluss gezogen, dass ihre Abwesenheit bei bestimmten Zusammenkünften oder anderen kollusiven Kontakten in diesem Zeitraum von den übrigen Kartellmitgliedern nicht als eine Distanzierung vom Kartell verstanden worden sei. In Rn. 311 des angefochtenen Urteils hat das Gericht schließlich festgestellt, dass der Umstand, dass Pometon eine aktive Rolle bei der Vorbereitung des Treffens vom 16. Mai 2007 in Mailand (Italien) gespielt und den anderen Kartellmitgliedern vorher nicht angekündigt habe, dass sie ihren Tätigkeitsbereich im Stahlstrahlmittelsektor an Winoa veräußern werde, die Kontinuität ihres rechtswidrigen Verhaltens bestätige.

97.

Auf Grundlage seiner Würdigung der Tatsachen und Beweise ist das Gericht daher in Rn. 313 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür gebe, dass Pometon sich vom Kartell distanziert hätte, und dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass Pometon ihre Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht unterbrochen habe.

98.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass Pometon mit dem dritten Rechtsmittelgrund, zumindest zum Teil, den Gerichtshof ersuchen will, die vom Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommene Würdigung der Beweise durch seine eigene Würdigung zu ersetzen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung der in Rede stehenden Unterlagen keine offensichtliche Verfälschung der Beweise ergeben hat. Da ich auch keinen Rechtsfehler bei der vom Gericht vorgenommenen Beurteilung der Beteiligung von Pometon an der fraglichen Zuwiderhandlung gefunden habe, ist der dritte Rechtsmittelgrund meines Erachtens als zum Teil unbegründet und zum Teil unzulässig zurückzuweisen.

c)   Ergebnis zum ersten Rechtsmittelgrund

99.

Was den Vergleichsbeschluss in seiner Gesamtheit angeht, bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils nicht den Schluss ziehen durfte, dass die Hinweise auf Pometon objektiv nicht den Verdacht rechtfertigen könnten, dass die Kommission schon im Stadium des für die vier anderen Kartellunternehmen bestimmten Vergleichsbeschlusses bewusst die Entscheidung über Schuld und Verantwortlichkeit von Pometon im Rahmen dieses Kartells vorweggenommen habe.

100.

Folglich bin ich der Meinung, dass das Gericht in den Rn. 90 und 103 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt hat, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden könne, mit dem streitigen Beschluss ihre Pflicht zur Unparteilichkeit gegenüber Pometon und den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt zu haben.

101.

Dennoch bin ich der Ansicht, dass der erste Rechtsmittelgrund nicht durchgreift. Dass die Kommission es in der Phase des Vergleichsbeschlusses an objektiver Unparteilichkeit fehlen ließ, lässt nämlich die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses unberührt, da die dort getroffenen Feststellungen ihrerseits durch die von der Kommission beigebrachten Beweise ordnungsgemäß belegt sind.

102.

Im Ergebnis sind daher meines Erachtens sowohl der erste als auch der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

B. Vierter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz im Zusammenhang mit der Festsetzung der Geldbuße sowie widersprüchliche oder unzureichende Begründung in dieser Hinsicht

1.   Vorbringen der Parteien

103.

Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht Pometon geltend, dass das Gericht in den Rn. 365 bis 396 des angefochtenen Urteils durch die Art und Weise der Festsetzung der Geldbuße gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen und/oder seine Begründungspflicht verletzt habe. Das Gericht habe auf die Geldbuße einen Ermäßigungssatz angewandt, der nicht mit den Ermäßigungssätzen in Einklang stehe, die den Unternehmen, die einem Vergleich über ihre Zuwiderhandlung zugestimmt hätten, gewährt worden seien.

104.

Das Gericht habe zwar die von der Kommission festgesetzte Geldbuße wegen Begründungsmangels aufgehoben und den Betrag der Pometon auferlegten Geldbuße gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 neu berechnet, der neue Ermäßigungssatz – 75 % statt 60 % – stehe aber noch immer nicht mit den den anderen Kartellmitgliedern gewährten Ermäßigungssätzen in Einklang ( 37 ).

105.

Pometon macht unter Berufung auf die vom Gericht getroffenen Feststellungen, dass ihre individuelle Verantwortlichkeit, die Auswirkungen ihres rechtswidrigen Verhaltens auf den Preiswettbewerb und ihre Größe geringer gewesen seien als die von Winoa, geltend, dass die ihr zurechenbare Zuwiderhandlung weniger schwer sei als die von Winoa. Das Gericht habe den Gleichheitsgrundsatz verletzt, indem es unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt habe. Es hätte vielmehr einen Ermäßigungssatz anwenden müssen, der zwischen den von der Kommission Winoa – 75 % – und MTS – 90 % – gewährten Sätzen liege.

106.

Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, da die Rechtsmittelführerin den Gerichtshof damit ersuche, die vom Gericht verhängte Geldbuße in der Sache zu überprüfen, wozu dieser jedoch nicht befugt sei. Der Gerichtshof dürfe die Würdigung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der Geldbußen entscheide, die gegen Unternehmen wegen ihrer Verletzung des Unionsrechts verhängt worden seien, nicht aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Würdigung ersetzen.

107.

Jedenfalls hält die Kommission den vierten Rechtsmittelgrund für unbegründet, da das Gericht, indem es alle Tatumstände berücksichtigt habe, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ordnungsgemäß ausgeübt und den Gleichheitsgrundsatz gewahrt habe. Darüber hinaus habe das Gericht seine in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung getroffene Entscheidung über die Festsetzung der Höhe der Geldbuße ausreichend begründet, da es die verwendete Methode und berücksichtigten Umstände im Einzelnen erläutert habe.

2.   Würdigung

a)   Zur Zulässigkeit des vierten Rechtsmittelgrundes

108.

Die Kommission hält den vierten Rechtsmittelgrund für unzulässig, da die Rechtsmittelführerin den Gerichtshof damit um eine Überprüfung der vom Gericht verhängten Geldbuße in der Sache ersuche.

109.

Es trifft zu, dass der Gerichtshof, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens über Rechtsfragen entscheidet, die Würdigung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der gegen Unternehmen wegen Verletzung des Unionsrechts verhängten Geldbußen entscheidet, nicht aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Würdigung ersetzen darf ( 38 ). Er dürfte daher nur dann einen Rechtsfehler des Gerichts wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße feststellen, wenn er der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig ist ( 39 ).

110.

Soweit jedoch die Rechtsmittelführerin den Gerichtshof mit ihrem hilfsweise geltend gemachten vierten Rechtsmittelgrund ersucht, in Ausübung seiner eigenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die festgesetzte Geldbuße herabzusetzen, beruft sie sich allein auf die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch das Gericht.

111.

Nach ständiger Rechtsprechung darf die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nämlich nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung beteiligt waren, bei der Ermittlung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden ( 40 ). Der Vorwurf, das Gericht habe den Gleichheitsgrundsatz verletzt, ist somit eine Rechtsfrage, die im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof geltend gemacht werden kann.

b)   Begründetheit

112.

Erstens ist nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße, die bei einem Verstoß gegen Wettbewerbsrecht zu verhängen ist, sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.

113.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Europäischen Union bedeuten ( 41 ).

114.

Allerdings hat der Gerichtshof auch darauf hingewiesen, dass die Schwere des Verstoßes individuell zu beurteilen ist und dass es keine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gibt, die bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten ( 42 ).

115.

Zweitens ist speziell zur Begründetheit des vierten Rechtsmittelgrundes festzustellen, dass es sich beim Gleichbehandlungsgrundsatz um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts handelt, dessen Beachtung insbesondere im Bereich der Geldbußen für Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Gerichtshof und das Gericht sicherstellen ( 43 ).

116.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist ein allgemeiner, in den Art. 20 und 21 der Charta verankerter Grundsatz des Unionsrechts. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist ( 44 ). Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass die Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden dürfen ( 45 ).

117.

Drittens gilt dieser Grundsatz, wie bereits erwähnt, auch für die Unionsgerichte bei der Ausübung ihrer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Dabei dürfen sie nämlich die Beurteilung der Kommission durch ihre eigene ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen ( 46 ), ohne durch die von der Kommission in ihren Leitlinien definierten Richtlinien gebunden zu sein, auch wenn diese die Unionsgerichte bei der Ausübung ihrer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung leiten können ( 47 ).

118.

Auch wenn es Sache des Gerichtshofs oder des Gerichts ist, die Umstände des Falles und die Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung selbst zu beurteilen, um die Höhe der Geldbuße zu ermitteln, darf doch die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Ermittlung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden ( 48 ).

119.

Nach alledem halte ich es für nicht rechtsfehlerhaft, dass das Gericht entschieden hat:

erstens, dass es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die angemessene Höhe der außergewöhnlichen Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu bestimmen hat (Rn. 369 des angefochtenen Urteils),

zweitens, dass sein Ermessen nur durch die Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung begrenzt werde (Rn. 371 des angefochtenen Urteils) und

drittens, dass es, da die Dauer bereits im – von Pometon nicht bestrittenen – Grundbetrag berücksichtigt worden sei, angezeigt sei, bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung die individuelle Verantwortlichkeit von Pometon, ihre Fähigkeit, durch ihr rechtswidriges Verhalten den Wettbewerb auf dem Markt für Stahlstrahlmittel zu beeinträchtigen, und ihre Größe zu berücksichtigen und bei jedem dieser verschiedenen Faktoren einen Vergleich mit der individuellen Verantwortlichkeit und Situation der anderen Kartellmitglieder vorzunehmen (Rn. 376 des angefochtenen Urteils).

120.

Damit hat das Gericht die für die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung geltenden Regeln in formaler Hinsicht erfüllt und a priori die Gleichheit der betroffenen Unternehmen gewahrt, wobei der sich aus ihrer Beteiligung am Vergleichsverfahren ergebenden Besonderheit durch die spezifische Reduzierung um 10 % gemäß Ziff. 32 der Mitteilung über Vergleichsverfahren Rechnung getragen wurde. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass das Gericht den Gleichheitsgrundsatz verletzt hat, indem es bei der Prüfung der Ermäßigung der Geldbuße dem Kriterium der Unternehmensgröße unverhältnismäßige Bedeutung beigemessen hat.

121.

Das Gericht hat nämlich am Ende seiner Prüfung der ersten beiden der vorgenannten Kriterien – d. h. der individuellen Verantwortlichkeit von Pometon und der konkreten Auswirkung ihrer Zuwiderhandlung auf den Preiswettbewerb – zum einen in Rn. 382 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass Pometon „im Gegensatz zu Ervin und Winoa, aber ebenso wie MTS und Würth insgesamt eine begrenztere Rolle im Rahmen des Kartells gespielt hat“, zum anderen in Rn. 386 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Vergleich der produktspezifischen EWR-weiten Umsätze zeige, „dass das Gewicht von Pometon im Rahmen der Zuwiderhandlung, wenn auf dieses Kriterium abgestellt wird, viermal geringer erscheint als das von Winoa, dass es aber dem Gewicht von MTS relativ nahe kommt und das Gewicht von Ervin und Würth weit übersteigt“. Es ist daher lediglich im Hinblick auf das dritte Kriterium, nämlich die Unternehmensgröße, dass das Gericht in Rn. 390 des angefochtenen Urteils darauf hinweist, dass sich die Situation der Rechtsmittelführerin von der von MTS unterscheide, da ihr Umsatz im letzten vollständigen Jahr ihrer Beteiligung am Kartell 99890000 Euro betragen habe, während er bei MTS nur bei 25082293 Euro gelegen habe.

122.

Das Gericht schließt diese Prüfung in Rn. 393 des angefochtenen Urteils mit der Feststellung ab, dass es „unter Berücksichtigung aller vorstehend erwähnten Umstände dieses Falles angemessen [erscheint], Pometon eine außergewöhnliche Anpassung von 75 % des wegen mildernder Umstände berichtigten … Grundbetrags der Geldbuße zu gewähren“.

123.

Meines Erachtens hat das Gericht den Gleichheitsgrundsatz verletzt, als es Pometon dieselbe außergewöhnliche Anpassung gewährt hat wie Ervin und Winoa, nachdem es festgestellt hatte, dass die Situation von Pometon auf Grundlage von zwei der drei Kriterien mit der von MTS vergleichbar sei. Ich denke, dass das Gericht durch die uneinheitliche Anwendung seiner eigenen Berechnungsmethode eine Form der Diskriminierung zwischen den verschiedenen am Kartell beteiligten Unternehmen geschaffen hat.

124.

Dazu möchte ich anmerken, dass das einzige Kriterium, anhand dessen die Situation von Pometon von derjenigen von MTS zu unterscheiden ist, auf dem Gesamtumsatz beruht. Das Gericht hat jedoch in den Rn. 384 und 392 des angefochtenen Urteils ausdrücklich erläutert, dass die von der Kommission vorgenommene maßgebliche Berücksichtigung eines anderen Kriteriums auf weltweiter Ebene – nämlich des produktspezifischen Umsatzes – nicht angemessen sei, da der im EWR erzielte produktspezifische Umsatz das wirtschaftliche Gewicht dieses Unternehmens im Rahmen der Zuwiderhandlung und den Schaden, den es dem Wettbewerb zugefügt habe, besser widerspiegele.

125.

Hinzu kommt, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße zwar sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden darf, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann ( 49 ). Diesem Umsatz darf aber keine übermäßige Bedeutung im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien zugemessen werden ( 50 ). Genau dies scheint jedoch die klare Konsequenz zu sein, die das Gericht in Rn. 393 des angefochtenen Urteils zieht, da Pometon eine außergewöhnliche Anpassung zum selben Satz wie bei Winoa gewährt wird, obgleich deren Verhalten im Rahmen der fraglichen Zuwiderhandlung, gemessen an zwei der drei angewandten Kriterien, schwerwiegender ist als das von Pometon.

126.

Nach alledem gelange ich somit zu dem Schluss, dass der vierte von Pometon angeführte Rechtsmittelgrund insoweit begründet ist, als eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird. Demnach ist dem Rechtsmittel stattzugeben und das angefochtene Urteil insoweit, als es den Satz der außergewöhnlichen Anpassung auf 75 % des Grundbetrags und folglich den Betrag der gegen Pometon verhängten Geldbuße auf 3873375 Euro festsetzt, aufzuheben.

VII. Zur Klage vor dem Gericht

127.

Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

128.

Dies ist in der vorliegenden Rechtssache der Fall, da das Gericht das Kriterium und die Angaben, die zur Bestimmung der Höhe der außergewöhnlichen Ermäßigung erforderlich sind, rechtsfehlerfrei dargelegt hat. Der Gerichtshof verfügt somit über alle Angaben, die für die Entscheidung über die Klage erforderlich sind.

129.

Was die Herabsetzung des Betrags der Geldbuße und insbesondere die Schwere der Zuwiderhandlung – Pometon hat im Zusammenhang mit dem vierten Rechtsmittelgrund bestätigt, dass sie die Dauer der Zuwiderhandlung nicht bestreite ( 51 ) – angeht, ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben zu den fünf Unternehmen, die an dem in Rede stehenden Kartell beteiligt waren, dass sich Pometon hinsichtlich ihrer individuellen Verantwortlichkeit und der konkreten Auswirkungen ihrer Zuwiderhandlung auf den Preiswettbewerb in einer ähnlichen Situation wie MTS befand. Stellt man allerdings auf den relevanten Gesamtumsatz ab, der etwas über die Größe und Wirtschaftskraft der betroffenen Unternehmen aussagt, ist der Umsatz von Pometon viermal so hoch wie der von MTS.

130.

Auf Grundlage dieser Kriterien und zur Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit der am betreffenden Kartell beteiligten Unternehmen sollte die Pometon gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 gewährte Ermäßigung meines Erachtens zwischen 75 % und 90 % betragen, d. h., sie sollte zwischen dem Winoa und dem MTS gewährten Satz liegen.

131.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof in Anbetracht der vorstehenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen vor, den Betrag der gegen Pometon verhängten Geldbuße in Anwendung eines Ermäßigungssatzes von 83 %, d. h. eines Prozentsatzes, der zwischen dem auf Winoa angewandten Satz von 75 % und dem auf MTS angewandten Satz von 90 % liegt, herabzusetzen. Dementsprechend würde ich vorschlagen, die solchermaßen reduzierte Geldbuße auf 2633895 Euro festzusetzen.

VIII. Kosten

132.

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

133.

Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

134.

Da in diesem Rechtsmittelverfahren dem von Pometon eingelegten Rechtsmittel teilweise stattgegeben wird, erscheint es angemessen, der Kommission außer ihren eigenen Kosten im Verfahren des ersten Rechtszugs und im vorliegenden Rechtsmittelverfahren die Hälfte der der Rechtsmittelführerin im Rahmen dieser beiden Verfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Folglich trägt Pometon die Hälfte ihrer in diesen beiden Verfahren entstandenen eigenen Kosten.

IX. Ergebnis

135.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

das Urteil des Gerichts vom 28. März 2019, Pometon/Kommission (T‑433/16, EU:T:2019:201), insoweit aufzuheben, als das Gericht bei der Berechnung der gegen Pometon verhängten Geldbuße den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, den Satz der außergewöhnlichen Anpassung auf 75 % des Grundbetrags der Geldbuße festgesetzt, den Betrag der gegen Pometon verhängten Geldbuße auf 3873375 Euro festgesetzt und die Parteien verurteilt hat, jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen;

den Grundbetrag der gegen Pometon verhängten Geldbuße in Anwendung eines Ermäßigungssatzes von 83 % herabzusetzen und die Geldbuße dementsprechend auf den Betrag von 2633895 Euro festzusetzen;

das Rechtsmittel im Übrigen abzuweisen;

der Europäischen Kommission neben ihren eigenen Kosten im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren die Hälfte der Kosten aufzuerlegen, die Pometon in diesen beiden Verfahren entstanden sind;

Pometon die Hälfte ihrer in diesen beiden Verfahren entstandenen eigenen Kosten aufzuerlegen.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) ABl. 2008, L 171, S. 3.

( 3 ) ABl. 2003, L 1, S. 1.

( 4 ) Man denke hier an die Urteile des Gerichts vom 20. Mai 2015, Timab Industries und CFPR/Kommission (T‑456/10, EU:T:2015:296) (im Rechtsmittelverfahren Urteil vom 12. Januar 2017, Timab Industries und CFPR/Kommission, C‑411/15 P, EU:C:2017:11), und vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission (T‑180/15, EU:T:2017:795) (im Rechtsmittelverfahren Urteil vom 10. Juli 2019, Kommission/Icap Management Services und Icap New Zealand, C‑39/18 P, EU:C:2019:584).

( 5 ) ABl. 2008, C 167, S. 1.

( 6 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2017, EBMA/Giant (China) (C‑61/16 P, EU:C:2017:968, Rn. 33), und vom 13. September 2018, ANKO/Kommission (C‑173/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:718, Rn. 23).

( 7 ) Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat (C‑229/05 P, EU:C:2007:32, Rn. 32), und vom 16. Januar 2019, Kommission/United Parcel Service (C‑265/17 P, EU:C:2019:23, Rn. 14 und 15).

( 8 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Dezember 2008, Coop de France bétail und viande/Kommission (C‑101/07 P und C‑110/07 P, EU:C:2008:741, Rn. 110), und vom 10. April 2014, Areva/Kommission (C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 72).

( 9 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission (C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 154).

( 10 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission (C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 155).

( 11 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und 73), und vom 16. Februar 2017, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission (C‑90/15 P, EU:C:2017:123, Rn. 18).

( 12 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 41).

( 13 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 43), und Urteil Karaman, Rn. 63.

( 14 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 44), und Urteil Karaman, Rn. 64.

( 15 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 43), und Urteil Karaman, Rn. 63.

( 16 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 44), und Urteil Karaman, Rn. 65.

( 17 ) ABl. 2016, L 65, S. 1. Diese Bestimmung lautet: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass, solange die Schuld eines Verdächtigen oder einer beschuldigten Person nicht rechtsförmlich nachgewiesen wurde, in öffentlichen Erklärungen von Behörden und in nicht die Frage der Schuld betreffenden gerichtlichen Entscheidungen nicht so auf die betreffende Person Bezug genommen wird, als sei sie schuldig. Dies gilt unbeschadet der Strafverfolgungsmaßnahmen, die dazu dienen, den Verdächtigen oder die beschuldigte Person zu überführen, sowie unbeschadet der vorläufigen Entscheidungen verfahrensrechtlicher Art, die von einer gerichtlichen oder sonstigen zuständigen Stelle getroffen werden und auf Verdachtsmomenten oder belastendem Beweismaterial beruhen.“

( 18 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 45).

( 19 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 46).

( 20 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und 73), und vom 16. Februar 2017, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission (C‑90/15 P, EU:C:2017:123, Rn. 18).

( 21 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Icap des Gerichts, Rn. 259.

( 22 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. (Unschuldsvermutung) (C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 44), und Urteil Karaman, Rn. 65.

( 23 ) Urteil Karaman, Rn. 63.

( 24 ) Hervorhebung nur hier.

( 25 ) Vergleichsbeschluss, 28. Erwägungsgrund (Hervorhebung nur hier).

( 26 ) Vergleichsbeschluss, 29. Erwägungsgrund (Hervorhebung nur hier).

( 27 ) Vergleichsbeschluss, 36. Erwägungsgrund (Hervorhebung nur hier).

( 28 ) Vgl. z. B. Erwägungsgründe 35 und 36 des streitigen Beschlusses bezüglich der spezifischen Rolle, die Pometon bei der Bildung des Kartells spielte.

( 29 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Icap des Gerichts, Rn. 276.

( 30 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Icap des Gerichts, Rn. 278.

( 31 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2017, EBMA/Giant (China) (C‑61/16 P, EU:C:2017:968, Rn. 33), und vom 13. September 2018, ANKO/Kommission (C‑173/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:718, Rn. 23).

( 32 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2017, Kommission/Keramag Keramische Werke u. a. (C‑613/13 P, EU:C:2017:49, Rn. 51).

( 33 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Mai 2010, IMI u. a./Kommission (T‑18/05, EU:T:2010:202, Rn. 89), angeführt in Rn. 305 des angefochtenen Urteils.

( 34 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 84 und 85), vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 143 und 144), und vom 26. Januar 2017, Duravit u. a./Kommission (C‑609/13 P, EU:C:2017:46, Rn. 136).

( 35 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 62).

( 36 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission (C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 63).

( 37 ) Im Vergleichsbeschluss gewährte die Kommission Würth 67 %, Winoa und Ervin 75 % und MTS 90 % Ermäßigung.

( 38 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 125).

( 39 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 126), und vom 26. Januar 2017, Zucchetti Rubinetteria/Kommission (C‑618/13 P, EU:C:2017:48, Rn. 43).

( 40 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. April 2014, Kommission/Siemens Österreich u. a. und Siemens Transmission & Distribution u. a./Kommission (C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 105), vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 75), und vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin (C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 77).

( 41 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission (C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 56), vom 26. Januar 2017, Zucchetti Rubinetteria/Kommission (C‑618/13 P, EU:C:2017:48, Rn. 42), und vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission (C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 196).

( 42 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission (C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 196 und 198).

( 43 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juni 2014, Deltafina/Kommission (C‑578/11 P, EU:C:2014:1742, Rn. 75).

( 44 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission (C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 132), und vom 26. Januar 2017, Zucchetti Rubinetteria/Kommission (C‑618/13 P, EU:C:2017:48, Rn. 38).

( 45 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission (C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 133), vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 62), und vom 26. Januar 2017, Zucchetti Rubinetteria/Kommission (C‑618/13 P, EU:C:2017:48, Rn. 38).

( 46 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2012, Otis u. a. (C‑199/11, EU:C:2012:684, Rn. 62), und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 78).

( 47 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energia España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 90).

( 48 ) Vgl. die in Fn. 40 angeführte Rechtsprechung.

( 49 ) Siehe in diesem Sinne Urteile vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission (C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 54), vom 9. Juli 2015, InnoLux/Kommission (C‑231/14 P, EU:C:2015:451, Rn. 47), und vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission (C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 17).

( 50 ) Siehe in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 257).

( 51 ) Rn. 31 der Erwiderung von Pometon.

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