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Document 62014TJ0463
Judgment of the General Court (Fifth Chamber) of 27 April 2016.#Österreichische Post AG v European Commission.#Directive 2004/17/EC — Procurement procedures in the water, energy, transport and postal services sectors — Implementing decision exempting certain services in the postal sector in Austria from the application of Directive 2004/17 — Article 30 of Directive 2004/17 — Duty to state reasons — Manifest error of assessment.#Case T-463/14.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 27. April 2016.
Österreichische Post AG gegen Europäische Kommission.
Richtlinie 2004/17/EG – Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste – Durchführungsbeschluss zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 – Art. 30 der Richtlinie 2004/17 – Begründungspflicht – Offensichtlicher Beurteilungsfehler.
Rechtssache T-463/14.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 27. April 2016.
Österreichische Post AG gegen Europäische Kommission.
Richtlinie 2004/17/EG – Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste – Durchführungsbeschluss zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 – Art. 30 der Richtlinie 2004/17 – Begründungspflicht – Offensichtlicher Beurteilungsfehler.
Rechtssache T-463/14.
Court reports – general
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2016:243
URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)
27. April 2016 ( *1 )
„Richtlinie 2004/17/EG — Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste — Durchführungsbeschluss zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 — Art. 30 der Richtlinie 2004/17 — Begründungspflicht — Offensichtlicher Beurteilungsfehler“
In der Rechtssache T‑463/14
Österreichische Post AG mit Sitz in Wien (Österreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Schatzmann, J. Bleckmann und M. Oder,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch A. Tokár und C. Vollrath als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen teilweiser Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses 2014/184/EU der Kommission vom 2. April 2014 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 101, S. 4), soweit die Richtlinie weiterhin für die Vergabe von Aufträgen für bestimmte Postdienste in Österreich zur Anwendung kommen soll,
erlässt
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich (Berichterstatter), des Richters J. Schwarcz und der Richterin V. Tomljenović,
Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2015
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 |
Die Klägerin, die Österreichische Post AG, ist eine nach österreichischem Recht errichtete Aktiengesellschaft, die zu 52,80 % im Eigentum der Österreichischen Industrieholding AG steht, die wiederum im Alleineigentum der Republik Österreich steht. Sie erbringt u. a. im Hoheitsgebiet der Republik Österreich umfassende Postdienste und damit zusammenhängende Dienste und Dienstleistungen und wurde gemäß den österreichischen Rechtsvorschriften als Universaldienstbetreiber für Österreich benannt. |
2 |
Mit Schreiben vom 30. September 2013 übermittelte die Klägerin der Europäischen Kommission einen Antrag gemäß Art. 30 Abs. 5 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 134, S. 1), dem sie verschiedene Sachverständigengutachten beifügte. Der Antrag betraf bestimmte Postdienste sowie bestimmte andere Dienste, die die Klägerin im Hoheitsgebiet Österreichs bereitstellt. Die Kommission sollte feststellen, dass die fraglichen in Österreich erbrachten Dienste auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind, so dass die Aufträge, die ihre Erbringung ermöglichen sollen, nicht unter die Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Postdienste gemäß der Richtlinie 2004/17 fallen. |
3 |
Im Einzelnen bezog sich der Antrag der Klägerin auf folgende Dienste:
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4 |
Mit Schreiben vom 18. Oktober und 5. Dezember 2013 unterrichtete die Kommission die Republik Österreich von dem Antrag und bat die österreichischen Behörden um Übermittlung sachdienlicher Informationen. Die österreichischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 17. Dezember 2013. |
5 |
Am 20. November 2013 verlängerte die Kommission die Frist für die Entscheidung über den Antrag der Klägerin bis zum 2. April 2014 (Bekanntmachung eines Antrags gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2004/17/EG – Fristverlängerung, ABl. 2013, C 339, S. 8). |
6 |
Nach Schriftwechseln und mehreren Besprechungen mit der Klägerin erließ die Kommission am 2. April 2014 den an die Republik Österreich gerichteten Durchführungsbeschluss 2014/184/EU zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 (ABl. L 101, S. 4, im Folgenden: angefochtener Beschluss). Darin gab sie dem Antrag der Klägerin teilweise statt. |
7 |
Nach Art. 1 des angefochtenen Beschlusses gilt die Richtlinie 2004/17 nicht für Aufträge, die von Auftraggebern vergeben werden und die Ausführung folgender Dienste in Österreich ermöglichen sollen:
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8 |
Bei den anderen Tätigkeiten, die Gegenstand des Antrags der Klägerin waren (siehe oben, Rn. 3), stellte die Kommission in Rn. 102 des angefochtenen Beschlusses fest, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sei, im Hoheitsgebiet Österreichs nicht erfüllt sei, so dass sie weiterhin den Bestimmungen der Richtlinie 2004/17 unterlägen. |
Verfahren und Anträge der Parteien
9 |
Mit Klageschrift, die am 24. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben. |
10 |
Mit Schreiben, das am selben Tag in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat sie die Geheimhaltung für sämtliche an das Gericht übermittelten Unterlagen beantragt, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten. |
11 |
Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. |
12 |
Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 89 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die Klägerin zur Bezeichnung der Daten, die Geschäftsgeheimnisse darstellen sollen, und die Kommission zur Vorlage eines Dokuments aufgefordert. Die Parteien sind diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen. |
13 |
In der Sitzung vom 29. Oktober 2015 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. |
14 |
Die Klägerin beantragt,
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15 |
Die Kommission beantragt,
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Rechtliche Würdigung
16 |
Die Klägerin macht sieben Klagegründe geltend. Ihres Erachtens hat die Kommission die Richtlinie 2004/17 nicht richtig angewandt, denn sie hätte feststellen müssen, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie genannten Bedingungen erfüllt seien. Die betreffenden Postdienste seien auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt. Die Kommission habe deshalb zu Unrecht angenommen, dass Aufträge, die die Erbringung dieser Dienste ermöglichen sollten, weiterhin der Richtlinie 2004/17 unterlägen. |
17 |
Mit dem ersten Klagegrund wird eine fehlerhafte Anwendung der Marktabgrenzungskriterien und ‑methoden der Richtlinie 2004/17 und eine mangelnde Begründung für die von der Kommission gewählte Methode gerügt, mit den Klagegründen 2 bis 6 eine fehlerhafte Anwendung der Richtlinie 2004/17 und eine fehlerhafte Begründung – in Bezug darauf, ob die Klägerin auf dem Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene (zweiter Klagegrund), auf dem Markt der Postdienste für adressierte C2X-Briefe auf nationaler Ebene (dritter Klagegrund), auf dem Markt der Postdienste für adressierte B2X- und C2X-Briefe auf internationaler Ebene (vierter Klagegrund), auf dem Markt der Postdienste für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene (fünfter Klagegrund) und auf dem Markt der Postdienste für unadressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene (sechster Klagegrund) unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt war – und mit dem siebten Klagegrund eine fehlerhafte Begründung und eine Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich des Marktes der Postdienste für Standardzustellungen adressierter und unadressierter Zeitungen. |
Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung der Marktabgrenzungskriterien und ‑methoden der Richtlinie 2004/17 und mangelnde Begründung hinsichtlich der von der Kommission gewählten Methode
18 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe hinsichtlich der gewählten Methode ihre Begründungspflicht verletzt und dadurch, dass sie bei der Feststellung, dass die betreffenden Postdienste nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt gewesen seien, nicht die richtigen Kriterien und Methoden angewandt habe, gegen die Richtlinie 2004/17 verstoßen. |
19 |
Als Erstes weist die Klägerin im Rahmen ihrer Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht durch die Kommission darauf hin, dass diese im siebten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich ausgeführt habe, dass die Kriterien und Methoden zur Bewertung gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sei, nicht notwendigerweise mit denjenigen identisch seien, die für eine Beurteilung nach den Art. 101 AEUV und 102 AEUV oder der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1) verwendet würden. Die Kommission habe aber nicht begründet, warum sie sich beim Erlass des angefochtenen Beschlusses für andere Kriterien und Methoden entschieden habe, und diese auch nicht angegeben. |
20 |
Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere anhand des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg, EU:C:1998:154, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
21 |
Im siebten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses heißt es in der Tat, dass er die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften unberührt lasse und dass insbesondere die Kriterien und Methoden zur Bewertung gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sei, nicht notwendigerweise mit denjenigen identisch seien, die für eine Beurteilung nach den Art. 101 AEUV und 102 AEUV oder der Verordnung Nr. 139/2004 verwendet würden. |
22 |
Im achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses heißt es jedoch weiter, dass mit diesem Beschluss festgestellt werden solle, ob die Dienstleistungen, auf die sich der Antrag der Klägerin beziehe, auf Märkten mit freiem Zugang im Sinne von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 bis zu einem Grad dem Wettbewerb ausgesetzt seien, der gewährleiste, dass die Auftragsvergabe im Rahmen der betroffenen Tätigkeiten transparent, diskriminierungsfrei und auch ohne die Disziplin, die durch die in der Richtlinie 2004/17 festgelegten detaillierten Vorschriften für die Auftragsvergabe bewirkt werde, auf der Grundlage von Kriterien durchgeführt werde, anhand deren die Auftraggeber die wirtschaftlich günstigste Lösung ermitteln könnten. Mit diesem Abstellen auf die Richtlinie 2004/17 hat die Kommission ihre Auffassung, dass die im Wettbewerbsrecht der Europäischen Union verwendeten Kriterien und Methoden bei der Anwendung dieser Richtlinie nicht einfach übernommen werden könnten, im angefochtenen Beschluss hinreichend begründet. |
23 |
Was die angewandten Kriterien und Methoden angeht, ist festzustellen, dass die Kommission insbesondere im dritten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf Art. 30 der Richtlinie 2004/17 abgestellt hat. Nach Abs. 2 dieses Artikels wird anhand von Kriterien wie den Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, dem Vorhandensein alternativer Waren oder Dienstleistungen, den Preisen und dem tatsächlichen oder möglichen Vorhandensein mehrerer Anbieter der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, die mit den Wettbewerbsbestimmungen des AEU-Vertrags in Einklang stehen, festgestellt, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Um diese Kriterien geht es auch in der Entscheidung 2005/15/EG der Kommission vom 7. Januar 2005 über die Durchführungsmodalitäten für das Verfahren nach Artikel 30 der Richtlinie 2004/17 (ABl. L 7, S. 7). |
24 |
Mit diesen Erwägungen hat die Kommission die von ihr gewählte Methode rechtlich hinreichend begründet. Das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt, ist daher zurückzuweisen. |
25 |
Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe dadurch gegen die Richtlinie 2004/17 verstoßen, dass sie nicht die Kriterien und Methoden angewandt habe, die der AEU-Vertrag für den Bereich des Wettbewerbs vorsehe. Der Ansatz der Kommission stehe sowohl in Widerspruch zu Art. 30 der Richtlinie als auch zum Beschluss 2005/15 und zur Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5, im Folgenden: Bekanntmachung über die Marktdefinition). Die von der Klägerin durchgeführten Untersuchungen, Befragungen und Tests zur Abgrenzung des relevanten Marktes fänden ihre Grundlage sowohl in dieser Bekanntmachung als auch im Beschluss 2005/15 und seien in Rechtsprechung und Lehre sowie in der üblichen Praxis der Kommission anerkannte Methoden zur Feststellung der Substituierbarkeit von Produkten und somit zur Abgrenzung des sachlich relevanten Produktmarkts. Die Kommission habe gleichwohl nicht die von der Klägerin verwendeten Kriterien und Methoden angewandt. Sie habe darüber hinaus die von ihr vorgelegten Nachweise nicht hinreichend gewürdigt und den Gegenbeweis entsprechend den „Best Practices for the Submission of Economic Evidence and Data Collection in Cases Concerning the Application of Articles 101 and 102 TFEU and in Merger Cases“ nicht erbracht. |
26 |
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 21), hat die Kommission im siebten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten, dass die Kriterien und Methoden zur Bewertung gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, nicht notwendigerweise mit denjenigen identisch seien, die für eine Bewertung nach den Art. 101 AEUV und 102 AEUV oder der Verordnung Nr. 139/2004 verwendet würden. |
27 |
Dieser Ansatz ist rechtlich nicht zu beanstanden. |
28 |
Denn erstens trifft es zwar zu, dass nach Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17 anhand von Kriterien, die mit den Wettbewerbsbestimmungen des AEU-Vertrags im Einklang stehen, festgestellt wird, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung muss es sich dabei jedoch nicht genau um die Kriterien der Wettbewerbsbestimmungen der Union handeln. Auch ist die Richtlinie 2004/17, wie die Kommission vorträgt, nicht Teil des Wettbewerbsrechts der Union. Ihre Rechtsgrundlage sind Art. 47 Abs. 2 EG und die Art. 55 EG und 95 EG. Hauptziel der Unionsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen ist der freie Dienstleistungsverkehr und die Öffnung für einen unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2005, Stadt Halle und RPL Lochau, C‑26/03, Slg, EU:C:2005:5, Rn. 44), wie sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 2, 3 und 9 der Richtlinie 2004/17 ergibt. Deren Zweck ist es, die Märkte, auf die sie anwendbar ist, dem Wettbewerb in der Union zu öffnen, indem die größtmögliche Interessenbekundung der Wirtschaftsteilnehmer der Mitgliedsstaaten gefördert wird (vgl. Urteil vom 23. April 2009, Kommission/Belgien, C‑287/07, EU:C:2009:245, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission bei der Bestimmung des für die Feststellung gemäß Art. 30 der Richtlinie, dass die Ausübung einer Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, erforderlichen effektiven Wettbewerbsgrads zu Recht auf das Ziel der Richtlinie 2004/17 abgestellt. Im Übrigen kommt der in Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17 enthaltene Begriff der Tätigkeit, die „unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt“ ist, weder in den Art. 101 AEUV und 102 AEUV noch in der Verordnung Nr. 139/2004 vor. |
29 |
Zweitens ist zur Entscheidung 2005/15 festzustellen, dass nach ihrem zweiten Erwägungsgrund die Prüfung der in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 festgelegten Bedingungen lediglich für den Zweck der Richtlinie erfolgen und nicht der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften vorgreifen sollte. Ferner heißt es im 40. Erwägungsgrund der Richtlinie, dass ihr Art. 30 den betroffenen Auftraggebern Rechtssicherheit bieten und eine angemessene Entscheidungsfindung ermöglichen sollte, so dass innerhalb kurzer Fristen eine einheitliche Anwendung des einschlägigen Unionsrechts gewährleistet ist. Dies bestätigt, dass die Kommission bei der Prüfung eines Antrags gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17 nicht gezwungen ist, genau die Kriterien und Methoden anzuwenden, die der AEU-Vertrag für den Bereich des Wettbewerbs vorsieht. |
30 |
Zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe in Anhang I Abschnitt 3 der Entscheidung 2005/15 bestätigt, dass die Kriterien der Wettbewerbsbestimmungen anzuwenden seien, ist festzustellen, dass die Abgrenzung des relevanten Produktmarkts in Anhang I Abschnitt 3 Satz 1 der Entscheidung 2005/15 zwar mit der Definition des relevanten Produktmarkts in Rn. 7 der das Wettbewerbsrecht der Union betreffenden Bekanntmachung über die Marktdefinition übereinstimmt. In der Entscheidung 2005/15 wird diese Bekanntmachung aber nicht erwähnt. Zudem müssen nach Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17 die Kriterien, anhand deren festgestellt wird, ob eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, mit den Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags im Einklang stehen. Die Kommission hat auch nicht bestritten, dass die Verweise auf das Wettbewerbsrecht der Union im Rahmen des Verfahrens gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17 eine wesentliche Rolle spielen, wie sich insbesondere aus dem 17. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, in dem die Kommission bei ihrer Analyse der Substituierbarkeit der Dienstleistungen ausdrücklich auf die Wettbewerbsregeln der Union verwiesen hat. |
31 |
Drittens ist zur Bekanntmachung über die Marktdefinition und zum Dokument „Best Practices for the Submission of Economic Evidence and Data Collection in Cases Concerning the Application of Articles 101 and 102 TFEU and in Merger Cases“ der Kommission festzustellen, dass sie sich ausschließlich auf das Wettbewerbsrecht der Union beziehen. Aus ihnen ergibt sich nicht, dass die Kommission verpflichtet wäre, die darin genannten Kriterien und Methoden in einem das Recht der Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Verfahren anzuwenden. |
32 |
Viertens macht die Klägerin geltend, die Entscheidungspraxis der Kommission habe bei ihr ein berechtigtes Vertrauen in die Marktabgrenzung nach den Methoden des Wettbewerbsrechts oder nach der Bekanntmachung über die Marktdefinition begründet. Sie beruft sich insoweit auf die Entscheidung 2007/169/EG der Kommission vom 16. März 2007 über die Anwendung von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17 auf bestimmte Kurier- und Paketdienste in Dänemark (ABl. L 78, S. 28), den Durchführungsbeschluss 2011/875/EU der Kommission vom 16. Dezember 2011 zur Freistellung bestimmter Finanzdienstleistungen des Postsektors in Ungarn von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 (ABl. L 343, S. 77) und den Durchführungsbeschluss 2014/299/EU der Kommission vom 22. Mai 2014 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Ungarn von der Anwendung der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17 (ABl. L 156, S. 10). |
33 |
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zum einen wird nämlich im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2007/169 ebenso wie im zehnten Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses 2011/875 und im sechsten Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses 2014/299 darauf hingewiesen, dass sich die Beurteilung, dass die betreffenden Dienstleistungen unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, ausschließlich an der Richtlinie 2004/17 orientiert habe und die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften unberührt lasse. Rechtsgrundlage des Durchführungsbeschlusses 2014/299 war im Übrigen nicht die Richtlinie 2004/17, sondern die Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94, S. 243). Zum anderen trägt die Kommission vor, dass sie die Methode der Marktabgrenzung gemäß der Bekanntmachung über die Marktdefinition im angefochtenen Beschluss richtig angewandt habe. Hierzu ergibt sich aus dem 17. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission bei der Analyse der Substituierbarkeit der betreffenden Dienstleistungen auf die in Anhang I Abschnitt 3 Satz 1 der Entscheidung 2005/15 genannten Kriterien abgestellt hat. Die dortige Definition des Produktmarkts entspricht der Definition in Rn. 7 der Bekanntmachung über die Marktdefinition. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Kommission diese Bekanntmachung nicht angewandt habe, ist ihr Vorbringen also nicht stichhaltig. |
34 |
Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. |
35 |
Soweit die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes allgemein geltend macht, dass die Kommission die von ihr gemäß der Bekanntmachung über die Marktdefinition durchgeführten Untersuchungen, Befragungen und Tests zur Abgrenzung des relevanten Marktes zu Unrecht nicht habe gelten lassen, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen nicht den allgemeinen Ansatz betrifft, den die Kommission hinsichtlich der angewandten Kriterien und Methoden gewählt hat, sondern die von der Kommission vorgenommene Prüfung der Frage, ob die verschiedenen Postdienste, um die es hier geht, unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt waren. Es wird daher im Rahmen der übrigen Klagegründe geprüft werden, die die entsprechenden Feststellungen der Kommission betreffen. |
Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung der Richtlinie 2004/17 und Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich der Frage, ob der Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist
36 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe durch ihre Feststellung in den Erwägungsgründen 14 bis 33 des angefochtenen Beschlusses, dass die Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, gegen Art. 30 der Richtlinie 2004/17 verstoßen. Der angefochtene Beschluss leide insoweit auch unter einem Begründungsmangel. Die Kommission habe den relevanten Markt nicht richtig abgegrenzt. Sie habe zu Unrecht angenommen, dass die elektronische und die postalische Zustellung nicht dem gleichen Markt, nämlich dem nationalen B2X-Markt, zuzurechnen seien. |
37 |
Die Kommission ist in den Erwägungsgründen 14 bis 33 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gekommen, dass die Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, so dass Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf Verträge, die die weitere dieser Tätigkeiten in Österreich ermöglichen sollten, keine Anwendung finde. Der Auffassung der Klägerin, dass die elektronische und die postalische Zustellung dem gleichen relevanten Markt zuzurechnen seien, könne nicht gefolgt werden, so dass der relevante Produktmarkt der Markt für Postdienste für adressierte B2X-Briefe sei (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 14 bis 30). Die Klägerin besitze auf diesem Markt mit einem geschätzten Marktanteil von [vertraulich] ( 1 ) % eine sehr starke Stellung; der Markt für Postdienste sei seit Januar 2011 vollständig liberalisiert, und dies habe dazu geführt, dass die Wettbewerber selbst in dem am meisten wettbewerbsfähigen Segment, dem der adressierten B2X-Briefe, einen aggregierten Marktanteil von lediglich etwa [vertraulich] % erzielt hätten (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 31 und 32). |
38 |
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Definition des relevanten Marktes, da sie mit der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission verbunden ist, nach ständiger Rechtsprechung nur Gegenstand einer beschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter sein kann (vgl. entsprechend Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, Slg, EU:T:2007:289, Rn. 482, vom 15. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, Slg, EU:T:2010:517, Rn. 66, und vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, Slg, EU:T:2012:260, Rn. 169). |
39 |
Der Unionsrichter darf die Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission allerdings nicht unterlassen. Er hat insoweit zu prüfen, ob die Kommission ihre Beurteilung auf zutreffende, zuverlässige und kohärente Beweise gestützt hat, die alle bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehenden relevanten Daten einschließen und die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. entsprechend Urteile vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, Slg, EU:C:2011:815, Rn. 54, Microsoft/Kommission, oben in Rn. 38 angeführt, EU:T:2007:289, Rn. 482, und vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, Slg, EU:T:2009:317, Rn. 47). |
40 |
Insoweit ist festzustellen, dass die Bereitstellung von Postdiensten nach Art. 6 der Richtlinie 2004/17 grundsätzlich unter die Richtlinie fällt. Mit dem Verfahren gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17 kann von diesem Grundsatz abgewichen werden, indem auf Antrag eines Mitgliedstaats oder eines Auftraggebers gemäß den Abs. 4 und 5 dieses Artikels festgestellt wird, dass ein bestimmter Auftrag, der die Ausübung einer Tätigkeit im Sinne der Art. 3 bis 7 der Richtlinie ermöglichen soll, nicht unter die Richtlinie fällt. Wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Auftraggeber bei der Kommission beantragt hat, die Anwendbarkeit von Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf eine bestimmte Tätigkeit festzustellen, hat der betroffene Mitgliedstaat der Kommission alle sachdienlichen Informationen mitzuteilen, insbesondere über Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Vereinbarungen und Absprachen, die Aufschluss darüber geben, ob die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie genannten Bedingungen erfüllt sind, und diese Informationen gegebenenfalls um die Stellungnahme einer für die betreffende Tätigkeit zuständigen unabhängigen nationalen Behörde zu ergänzen (Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 2). Die Kommission entscheidet über eine Mitteilung oder einen Antrag gemäß diesem Artikel binnen drei Monaten ab dem ersten Arbeitstag nach dem Tag, an dem ihr die Mitteilung oder der Antrag zugegangen ist; diese Frist kann in hinreichend begründeten Fällen einmalig um höchstens drei Monate verlängert werden (Art. 30 Abs. 6 Unterabs. 1). Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 gilt, wenn die Kommission binnen der in Art. 30 Abs. 6 genannten Frist keine Entscheidung über seine Anwendbarkeit auf eine bestimmte Tätigkeit trifft, als anwendbar (Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 4). |
41 |
Wie sich aus diesem Verfahren ergibt, tragen der Antragsteller und der betroffene Mitgliedstaat die Beweislast dafür, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 genannten Bedingungen erfüllt sind. Im Vergleich zu den umfangreichen Untersuchungsbefugnissen, die ihr die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und die Verordnung Nr. 139/2004 bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union einräumen, verfügt die Kommission bei der Anwendung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 nur über begrenzte Befugnisse. Auch muss sie, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie genannten Bedingungen nicht erfüllt sind, innerhalb der Frist von Art. 30 Abs. 6 eine abschließende Entscheidung erlassen. |
42 |
Der vorliegende Klagegrund besteht aus vier Teilen. Mit dem ersten Teil wird gerügt, dass sich die Kommission nicht hinreichend mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt und ihre Begründungspflicht verletzt habe. Die übrigen Teile des Klagegrundes betreffen eine Reihe von Beurteilungsfehlern, die der Kommission im angefochtenen Beschluss unterlaufen sein sollen. Mit dem zweiten Teil wird eine fehlerhafte Beurteilung der angeblichen Barrieren für die Substituierbarkeit von elektronischer und postalischer Rechnungslegung und der Situation auf dem Markt in den Erwägungsgründen 18 und 19 des angefochtenen Beschlusses gerügt. Mit dem dritten Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe in den Erwägungsgründen 20 und 21 des angefochtenen Beschlusses den von ihr durchgeführten hypothetischen Monopolistentest (im Folgenden: HM-Test) und die von ihr vorgelegten Schockanalysedaten zur mengen- und preismäßigen Entwicklung nicht richtig interpretiert und ihre Begründungspflicht verletzt. Mit dem vierten Teil wird schließlich ein Begründungsmangel hinsichtlich der im 24. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Feststellung gerügt, dass die Klägerin in der Lage wäre, Kostenanstiege an die Kunden weiterzugeben. |
43 |
Zur Stützung ihres Vorbringens und zur Erläuterung des ihrem Antrag auf Anwendung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 beigefügten Gutachtens „Austrian Communications Market“ der Unternehmensberatung E. vom September 2013 (im Folgenden: ACM-Gutachten), der von ihr durchgeführten Schockanalyse und der von der Kommission durchgeführten Regressionsanalysen beantragt die Klägerin, die Verfasserin des ACM-Gutachtens und der Schockanalyse als Zeugin zu vernehmen. |
44 |
Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage kann der Unionsrichter lediglich feststellen, ob die angefochtene Handlung mit einem der in Art. 263 AEUV genannten Rechtsfehler behaftet ist; er ist nicht befugt, seine Würdigung der Tatsachen wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle der von den Behörden der Union vorgenommenen zu setzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2000, DSG/Kommission, T‑234/95, Slg, EU:T:2000:174, Rn. 146 und 168 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach Art. 92 Abs. 1 der Verfahrensordnung bestimmt das Gericht die Beweismittel, die es für angebracht hält. Nach ständiger Rechtsprechung ist es allein Sache des Gerichts, zu entscheiden, ob das ihm in einer Rechtssache vorliegende Beweismaterial der Ergänzung bedarf (vgl. Urteil vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, Slg, EU:C:2004:592, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist mithin Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der genannten Zeugen zu beurteilen (Beschluss vom 27. April 2006, L/Kommission, C‑230/05 P, SlgÖD, EU:C:2006:270, Rn. 47). Da die Punkte, die durch die Vernehmung der Zeugin geklärt werden sollen, die verschiedenen Teile des vorliegenden Klagegrundes betreffen, ist es zweckmäßig, die Erforderlichkeit der Vernehmung der Verfasserin des ACM-Gutachtens und der Schockanalyse nach der Prüfung des Vorbringens der Klägerin im Rahmen der einzelnen Teile dieses Klagegrundes zu prüfen. |
Zum ersten Teil des Klagegrundes: unzureichende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin und Verletzung der Begründungspflicht
45 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission sei auf die von ihr vorgelegten Studien und Sachverständigengutachten sowie auf die generellen Trends und die daraus folgende Marktdefinition, dass die elektronische und die postalische Zustellungsform dem gleichen relevanten Markt angehörten, nicht näher eingegangen. Die Kommission habe dadurch auch ihre Begründungspflicht verletzt. Sie habe im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nur festgestellt, dass die Behauptung, die postalische und die elektronische Zustellungsform seien dem gleichen relevanten Markt zuzurechnen, nicht im Einklang mit ihren früheren Entscheidungen stehe. Den Umstand, dass die Form der Zustellung von Geschäftspost technologisch neutral sei, habe der Unionsgesetzgeber und in weiterer Folge auch der österreichische Gesetzgeber insbesondere im Bereich der elektronischen Rechnungslegung dadurch berücksichtigt, dass elektronisch übermittelte Rechnungen postalisch übermittelten Rechnungen gleichgestellt seien. Experten der Kommission hätten in einer Befragung in Österreich 2008 selbst festgestellt, dass 57 % der befragten Unternehmen elektronische Rechnungen sendeten. Der ganz überwiegende Teil dieser E-Rechnungen werde als PDF‑Anhang zu einer E‑Mail versendet. Verschiedene Studien hätten zudem nachgewiesen, dass eine enge Korrelation zwischen der starken Entwicklung von Breitbandinternet und der Substitution von Postsendungen durch elektronische Sendungen bestehe. Die hohe Dichte von Breitbandinternetanschlüssen in Österreich erlaube daher auch auf technischer Ebene die Substituierbarkeit von Briefsendungen durch elektronische Post, insbesondere für den größten Teilbereich der Transaktionspost, die Rechnungen. Die Substituierbarkeit werde auch durch die weltweit und in Österreich zu verzeichnende Wechselwirkung zwischen dem Rückgang der Briefsendungen und dem Wachstum der elektronischen Kommunikation und durch die von ihr durchgeführten Befragungen und HM-Tests nachgewiesen. Verschiedene Studien kämen zu demselben Ergebnis. |
46 |
Als Erstes ist zur behaupteten Verletzung der Begründungspflicht festzustellen, dass für die Begründung die oben in Rn. 20 genannten Anforderungen gelten und dass die Kommission zwar nicht auf alle tatsächlichen und rechtlichen Fragen und die Erwägungen einzugehen braucht, die sie veranlasst haben, eine Entscheidung über die Abgrenzung des relevanten Marktes zu treffen, doch hat sie nach Art. 296 AEUV zumindest die Tatsachen und Erwägungen aufzuführen, die in der Systematik ihrer Entscheidung wesentlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg, EU:T:1998:198, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Urheber eines Rechtsakts braucht jedoch nicht zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die eindeutig untergeordnete Bedeutung haben, oder mögliche Einwände vorwegzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2005, Deutschland und Dänemark/Kommission, C‑465/02 und C‑466/02, Slg, EU:C:2005:636, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
47 |
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Kommission ihre Begründungspflicht verletzt hätte. Zwar hat die Kommission im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in der Tat festgestellt, dass die Behauptung der Klägerin, die Form der Zustellung von Geschäftspost sei technologisch neutral, so dass die elektronische und die postalische Zustellungsform dem gleichen relevanten Markt zuzurechnen seien, nicht im Einklang mit ihren früheren Entscheidungen stehe. In den Erwägungsgründen 17 bis 26 des angefochtenen Beschlusses folgen aber weitere Ausführungen der Kommission. |
48 |
Die Kommission hat dort nämlich ausgeführt, dass die Substituierbarkeit nach den Wettbewerbsregeln der Union u. a. nach Maßgabe der besonderen Merkmale der Produkte, ihrer Preise und der beabsichtigten Verwendung analysiert werden sollte (angefochtener Beschluss, 17. Erwägungsgrund). Elektronische Rechnungen und Rechnungen in Papierform unterschieden sich in Bezug auf ihre Eigenschaften und ihren Verwendungszweck erheblich voneinander, denn zum Versand oder Empfang einer elektronischen Rechnung könne zusätzliche Infrastruktur erforderlich sein, und der Rückgriff auf eine elektronische Rechnungsstellung könne mit bestimmten Mehrwertdiensten und bestimmten Vorteilen verbunden sein (angefochtener Beschluss, 18. Erwägungsgrund). Die elektronische Rechnungsstellung sei mitunter von Rechts wegen und de facto obligatorisch geworden, und in diesem Fall sei die Austauschbarkeit nicht relevant, da der Absender nicht die Möglichkeit habe, sich für eine Zustellung per Post zu entscheiden (angefochtener Beschluss, 19. Erwägungsgrund). Es gebe keine soliden und schlüssigen Beweise dafür, dass die elektronische und die postalische Zustellung einander tatsächlich ersetzen könnten; die Ergebnisse des von der Klägerin durchgeführten HM-Tests und die von der Klägerin übermittelten Schaubilder zur mengen- und preismäßigen Entwicklung seien nicht stichhaltig (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 20 bis 22). Geschäfts- und Privatkunden, die nicht in der Lage oder nicht bereit seien, auf elektronische Kommunikation umzustellen, würden weiterhin Marktsegmente oder ‑nischen darstellen, die vermutlich nur die Klägerin bedienen könne, die auf diesem Markt eine Quasi-Monopolstellung habe (angefochtener Beschluss, 23. Erwägungsgrund). Die Klägerin wäre in der Lage, Kostenanstiege an die Kunden weiterzugeben, die in Anbetracht ihrer Vorliebe für die Postzustellung keine andere Wahl hätten, als die Preiserhöhung zu akzeptieren (angefochtener Beschluss, 24. Erwägungsgrund). Die zunehmende Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel führe zwar vor allem dazu, dass der Briefmarkt insgesamt schrumpfe, doch lasse sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass durch die elektronische Kommunikation ein direkter Wettbewerb auf dem Postzustellungsmarkt entstanden sei (angefochtener Beschluss, 26. Erwägungsgrund). |
49 |
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Kommission also nicht lediglich festgestellt, dass die Behauptung, die elektronische und die postalische Zustellungsform seien dem gleichen relevanten Markt zuzurechnen, nicht im Einklang mit ihren früheren Entscheidungen stehe. Vielmehr hat sie im angefochtenen Beschluss hinreichend begründet, warum sie davon ausgegangen ist, dass der relevante Produktmarkt ausschließlich der Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe sei. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Betroffenen dieser Begründung nicht die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe nicht wahrnehmen kann. |
50 |
Außerdem müssen die Anforderungen, die an die Begründung eines Beschlusses zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen der Beschluss ergeht (vgl. Urteil vom 14. Februar 1990, Delacre u. a./Kommission, C‑350/88, Slg, EU:C:1990:71, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall geht aus dem 16. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die österreichischen Behörden im Hinblick auf die derzeitige Rechts- und Sachlage in Österreich ersucht wurden, ihren Standpunkt zur Substituierbarkeit von elektronischer und postalischer Zustellung sowie zur genaueren Abgrenzung der relevanten Produktmärkte mitzuteilen, jedoch keine zusätzlichen Informationen zur Begründung der Annahmen der Klägerin mitteilen konnten. Außerdem verfügte die Kommission lediglich über begrenzte Befugnisse und eine kurze Frist, um eine abschließende Entscheidung zu erlassen (siehe oben, Rn. 40 und 41). |
51 |
Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe sich mit ihrem Vorbringen und den von ihr zur Abgrenzung des relevanten Marktes vorgelegten Studien und Sachverständigengutachten nicht hinreichend auseinandergesetzt. |
52 |
Insoweit trägt die Klägerin erstens vor, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass postalische und elektronische Rechnungen regulatorisch gleichgestellt seien. Den Umstand, dass die Form der Zustellung von Geschäftspost technologisch neutral sei, habe der Unionsgesetzgeber und in weiterer Folge auch der österreichische Gesetzgeber, insbesondere im Bereich der elektronischen Rechnungslegung, dadurch berücksichtigt, dass elektronisch übermittelte Rechnungen postalisch übermittelten gleichgestellt seien. |
53 |
In der Tat wurden mit der Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Rechnungsstellungsvorschriften (ABl. L 189, S. 1) Vorschriften eingeführt, nach denen Rechnungen auf Papier und elektronische Rechnungen gleich behandelt werden sollten, wie sich aus dem achten, die Mehrwertsteuerpflichten betreffenden Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt. |
54 |
Dies beweist aber nicht, dass die Kommission dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, dass sie die postalische und die elektronische Zustellungsform nicht als substituierbar angesehen hat. Wie aus dem 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, bestreitet die Klägerin nämlich nicht, dass die elektronische Rechnungsstellung von Rechts wegen in Österreich seit Januar 2014 auf Bundesebene im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen verbindlich vorgeschrieben ist. Wie die Kommission im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat, ist die Austauschbarkeit in diesem Fall somit nicht relevant. Im Übrigen ist in regulatorischer Hinsicht festzustellen, dass nicht elektronische Dienstleistungen, sondern Postdienste als Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 14 AEUV anerkannt sind, wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft (ABl. L 52, S. 3) ergibt. Zum Vorbringen der Klägerin, die unterschiedlichen Zustellungsmöglichkeiten von Briefen würden in der Richtlinie 2008/6 umfassend angesprochen, ist festzustellen, dass sich die Klägerin ausschließlich auf die Erwägungsgründe 14, 15, 19 und 22 dieser Richtlinie bezieht, in denen die elektronischen Zustellungsmöglichkeiten aber nur sehr allgemein angesprochen werden. Außerdem sind nach Art. 3 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) die Postdienste als Universaldienst anzusehen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann also nicht festgestellt werden, dass postalische und elektronische Rechnungen regulatorisch allgemein gleichgestellt wären. |
55 |
Zweitens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Substituierbarkeit von Briefsendungen und elektronischer Post, die in Österreich auf technischer Ebene durch die hohe Dichte von Breitbandinternetanschlüssen ermöglicht werde, durch makroökonomische Daten und Trends nachgewiesen sei, wonach es eine Wechselwirkung zwischen dem Rückgang der Briefsendungen und dem Wachstum der elektronischen Kommunikation gebe. Nach Abschnitt 2.3.2 der ACM-Studie versendeten [vertraulich] % der Kommunikationsunternehmen elektronische Rechnungen, während [vertraulich] % dieser Unternehmen elektronische Rechnungen empfingen. Die Veränderung der Marktbedingungen im Hinblick auf die E-Substitution bewirke einen hinreichenden Wettbewerb, dem sie ausgesetzt sei. |
56 |
Hierzu ist zum einen festzustellen, dass Anhang I Abschnitt 3 der Entscheidung 2005/15 die Regeln für die Bestimmung des relevanten Produktmarkts enthält. Danach umfasst der relevante Produktmarkt alle Waren oder Dienstleistungen, die vom Verbraucher aufgrund ihrer Merkmale, ihrer Preise und ihres Verwendungszwecks für austauschbar oder substituierbar gehalten werden. Zudem enthält Anhang I Abschnitt 3 der Entscheidung 2005/15 eine nicht abschließende Liste von Faktoren, die gewöhnlich als erheblich für die Bestimmung des relevanten Produktmarkts gelten und bei der Analyse zu berücksichtigen sind, nämlich das Ausmaß der physischen Ähnlichkeit zwischen den betreffenden Waren oder Dienstleistungen, Unterschiede in der für die Produkte vorgesehenen Endverwendung, die Preisdifferenz zwischen zwei Produkten, Umstellungskosten zwischen zwei potenziell konkurrierenden Produkten, überlieferte oder verfestigte Verbraucherpräferenzen für eine Produktart oder ‑gruppe und die Produktklassifikationen (Systematiken der Berufsverbände usw.). |
57 |
Zum anderen setzt nach der Rechtsprechung der Begriff des relevanten Marktes die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den zu ihm gehörenden Erzeugnissen voraus, so dass ein hinreichender Grad der Austauschbarkeit zwischen allen zum gleichen Markt gehörenden Erzeugnissen im Hinblick auf die gleiche Verwendung erforderlich ist (vgl. entsprechend Urteile vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg, EU:C:1979:36, Rn. 28, und vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, Slg, EU:T:2007:22, Rn. 80). Die Austauschbarkeit oder Ersetzbarkeit beurteilt sich nicht allein mit Blick auf die objektiven Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen, sondern es müssen auch die Wettbewerbsbedingungen sowie die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt in Betracht gezogen werden (vgl. entsprechend Urteil CEAHR/Kommission, oben in Rn. 38 angeführt, EU:T:2010:517, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
58 |
Selbst wenn es die von der Klägerin behauptete Wechselwirkung zwischen dem Rückgang der Briefsendungen und dem Wachstum der elektronischen Kommunikation sowie der hohen Dichte von Breitbandinternetanschlüssen in Österreich gäbe, wäre damit nach den Kriterien der Entscheidung 2005/15 und der oben in Rn. 57 angeführten Rechtsprechung nicht bewiesen, dass die Kommission dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, dass sie nicht angenommen hat, dass sich die betreffenden elektronischen Dienstleistungen durch die postalischen Dienstleistungen substituieren lassen. Wie sich aus dem 17. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission die Substituierbarkeit nämlich anhand der Wettbewerbsregeln der Union, u. a. nach Maßgabe der besonderen Merkmale der Produkte, ihrer Preise und der beabsichtigten Verwendung, analysiert. Im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission zu der Behauptung der Klägerin, die Internet- und Breitbandverbreitung sei in Österreich sehr hoch, festgestellt, es sei offensichtlich, dass sich elektronische Rechnungen und Rechnungen in Papierform in Bezug auf ihre Eigenschaften und ihren Verwendungszweck erheblich voneinander unterschieden. Diese Feststellungen werden durch die etwaige Existenz einer Wechselwirkung zwischen dem Rückgang der Briefsendungen und dem Wachstum der elektronischen Kommunikation sowie der hohen Dichte von Breitbandinternetanschlüssen nicht entkräftet. |
59 |
Zu dem Vorbringen, nach Abschnitt 2.3.2 der ACM-Studie versendeten [vertraulich] % der Kommunikationsunternehmen elektronische Rechnungen, während [vertraulich] % dieser Unternehmen elektronische Rechnungen empfingen, ist festzustellen, dass nach Abschnitt 1.2 dieser lediglich [vertraulich] % aller befragten Wirtschaftsteilnehmer E‑Mails als Ersatz für Briefe ansehen, [vertraulich] % sowohl als Ersatz als auch als Ergänzung von Briefen und [vertraulich] % als Ergänzung von Briefen und nicht als Ersatz. Das Vorbringen der Klägerin beweist also nicht, dass die Kommission hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Marktes einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte. Soweit die Klägerin geltend macht, die Kommission habe nicht hinsichtlich der Art der Rechnungen differenziert, ist festzustellen, dass die Kommission im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses verschiedene Arten elektronischer Rechnungen geprüft hat. Außerdem hat die Klägerin nicht dargetan, dass sie im Verwaltungsverfahren zum Nachweis der Substituierbarkeit von elektronischer und postalischer Zustellung selbst eine solche Unterscheidung vorgenommen hätte. Die ihrem Antrag beigefügte Präsentation der Aufteilung von Sendungen in Österreich, auf die sie sich bezieht, genügt insoweit nicht. |
60 |
Drittens ist zu dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe die Ergebnisse des HM-Tests, den sie habe durchführen lassen, nicht hinreichend berücksichtigt, festzustellen, dass die Kommission die Ergebnisse dieses Tests im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geprüft und mit der Begründung nicht hat gelten lassen, dass die Ergebnisse zwar implizieren mögen, dass sowohl die Papier- als auch die elektronische Post demselben Produktmarkt angehörten, aber bestimmte gestaltungstechnische Aspekte der Erhebung Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse aufkommen ließen. Ob die Kommission die Ergebnisse zu Recht nicht hat gelten lassen, wird nachfolgend im Rahmen des dritten Teils des vorliegenden Klagegrundes geprüft, mit dem eine unzutreffende Interpretation des HM-Tests und der Schockanalysedaten zur mengen- und preismäßigen Entwicklung und eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt werden. |
61 |
Viertens macht die Klägerin geltend, die von der Kommission selbst in Auftrag gegebenen Studien kämen zu dem Ergebnis, dass die postalische und die elektronische Zustellungsform substituierbar seien. In der Studie „Main Developments in the Postal Sector (2010-2013)“ von WIK-Consult vom August 2013 (im Folgenden: WIK-Studie 2013) werde ausdrücklich ausgeführt, dass zwischen der physischen Postzustellung und der elektronischen Zustellung eine Substitution stattfinde und somit Wettbewerb herrsche. Die Studie „The Substitution of Letter Mail in Targeted Communication“ von Nikali und die Studie „Main Developments in the Postal Sector (2008-2010)“ von Copenhagen Economics kämen zu ähnlichen Ergebnissen. |
62 |
Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin diese Studien dem Gericht nicht vorgelegt hat. Mithin hat sie nicht den Nachweis erbracht, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Marktes begangen hätte. Gemäß Art. 43 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 kann der Verweis in den Fn. 34 und 39 der Klageschrift auf Websites zu den Studien von Nikali und Copenhagen Economics die fehlende Vorlage dieser Schriftstücke, auf die sich die Klägerin zur Stützung der Klage beruft, nicht heilen. Soweit ein Teil der WIK-Studie 2013 von der Kommission vorgelegt wurde, ist festzustellen, dass diese Studie in der Möglichkeit der elektronischen Zustellung einen Grund für einen eventuellen Rückgang der Nachfrage auf den Postmärkten sieht. In der Studie wird zur Wettbewerbssituation auf dem Markt der Postbriefe aber auch festgestellt, dass die Intensität des Wettbewerbs nach wie vor schwach sei und die traditionellen Dienstleistungserbringer eine beherrschende Stellung hätten. Die Feststellung der Kommission, dass die betreffenden Postdienste nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, ist demnach nicht zu beanstanden. |
63 |
Fünftens ist, soweit die Klägerin insoweit geltend macht, dass die Kommission einer Entscheidung der französischen Autorité de la concurrence (Wettbewerbsbehörde) gefolgt sei, in der Voice-over-the-Internet-Protocol-Services (VoIP) als mit Festnetztelefonie substituierbar und somit demselben Markt angehörend beurteilt worden seien, festzustellen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass diese Entscheidung mit dem vorliegenden Fall vergleichbar wäre. Was sodann ihr Vorbringen angeht, die Kommission habe in einem Wettbewerbsrundschreiben vom Mai 2014 bestätigt, dass E-Substitution direkte Auswirkungen auf den Postsektor habe, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass in diesem Rundschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es die Kommission nicht bindet. Dass das zuständige Referat der Kommission, das früher „Postdienste“ hieß, in „Online und Postdienste“ umbenannt wurde, beweist schließlich entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass die Kommission hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Marktes einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte. Dass ein Referat der Kommission „Online und Postdienste“ genannt wird, ist kein Analysekriterium für den relevanten Markt, mit dem nachgewiesen werden könnte, dass die Postdienste unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt wären. |
64 |
Sechstens beruft sich die Klägerin im Rahmen ihres Vorbringens, die Kommission habe unberücksichtigt gelassen, dass die Anpassung des Universaldiensts mit Hinblick auf die tatsächlichen Marktgegebenheiten diskutiert werde, auf ein Impulspapier der deutschen Regulierungsbehörde vom November 2014 und auf ein Diskussionspapier der European Regulators Group for Postal Services (EGRP) vom September 2014. Insoweit ist festzustellen, dass die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Rechtsakts nach ständiger Rechtsprechung anhand des Sachverhalts und der Rechtslage zu beurteilen ist, die bei Erlass des Rechtsakts bestanden (vgl. Urteile vom 28. März 2001, T. Port/Kommission, T‑251/97, Slg, EU:T:2000:89, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, T‑271/03, Slg, EU:T:2008:101, Rn. 244 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall war daher grundsätzlich auf den Rechtsrahmen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses abzustellen. Da die fraglichen Papiere aus der Zeit nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses durch die Kommission am 2. April 2014 stammen, kann nicht festgestellt werden, dass die Kommission durch ihre Nichtberücksichtigung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Marktes begangen hätte. Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses in der Union oder in Österreich Vorhaben für zukünftige Änderungen des Rechtsrahmens gab. |
65 |
Soweit die Klägerin insoweit geltend macht, nach dem 40. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/17 seien die Auswirkungen einer aktuellen oder künftigen Liberalisierung zu berücksichtigen, ist festzustellen, dass nach Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 die betreffenden Aufträge nicht unter diese Richtlinie fallen, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Die Feststellung, ob eine bestimmte Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, hat also auf der Grundlage der Elemente zu erfolgen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses, mit dem das Verfahren gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17 abgeschlossen wird, verfügbar sind. Die künftige Stellung eines erneuten Antrags gemäß diesem Verfahren ist nicht ausgeschlossen. |
66 |
Der erste Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. |
Zum zweiten Teil des Klagegrundes: fehlerhafte Beurteilung angeblicher Barrieren für die Substituierbarkeit von elektronischer und postalischer Rechnungslegung und der Marktlage
67 |
Unter Berufung auf die ACM-Studie macht die Klägerin geltend, die Kommission habe in den Erwägungsgründen 18 und 19 des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft festgestellt, dass Barrieren für die Substituierbarkeit von elektronischer und postalischer Rechnungslegung bestünden, und die Marktlage nicht richtig beurteilt. |
68 |
Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass sich elektronische Rechnungen und Rechnungen in Papierform in Bezug auf ihre Eigenschaften und ihren Verwendungszweck erheblich voneinander unterschieden, denn damit beispielsweise eine elektronische Rechnung verschickt oder empfangen werden könne, um eine automatisierte Verarbeitung zu ermöglichen, könne zusätzliche Infrastruktur erforderlich sein, was insbesondere für elektronische B2B-Rechnungen gelte. Derartige Infrastruktur könne den Rückgriff auf einen externen Dienstanbieter oder auf eine besondere interne Anwendung, die Verwendung einer elektronischen Unterschrift usw. mit sich bringen. Zudem könne der Rückgriff auf eine elektronische Rechnungsstellung mit bestimmten Mehrwertdiensten und bestimmten Vorteilen verbunden sein wie der automatisierten Verarbeitung und der Zahlungsfinanzierung durch Dritte (18. Erwägungsgrund). Die elektronische Rechnungsstellung sei von Rechts wegen seit Januar 2014 auf Bundesebene im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen verbindlich vorgeschrieben. In diesem Fall sei die Austauschbarkeit nicht relevant, da der Absender nicht die Möglichkeit habe, sich für eine Zustellung per Post zu entscheiden. Darüber hinaus ließen sich möglicherweise ähnlich gelagerte Fälle finden, in denen eine elektronische Rechnungsstellung de facto obligatorisch sei, weil bestimmte Großkunden oder ‑lieferanten dies wünschten (19. Erwägungsgrund). |
69 |
Als Erstes macht die Klägerin zu den Feststellungen der Kommission im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geltend, die Kommission habe übersehen, dass es sich bei der überwiegenden Mehrheit der elektronisch versendeten Rechnungen um E‑Mails mit einem Anhang im PDF‑Format handele, die keine über eine postalisch in Papierform versandte Rechnung hinausgehenden Eigenschaften oder Verwendungszwecke hätten. |
70 |
Hierzu ist festzustellen, dass aus Abschnitt 2.3.2 der ACM-Studie, auf die sich die Kommission in Fn. 14 (zum 18. Erwägungsgrund) des angefochtenen Beschlusses bezieht, hervorgeht, dass es verschiedene Modelle der elektronischen Rechnungsstellung gibt, die sich hinsichtlich ihres Automatisierungsgrads unterscheiden. Nach dieser Studie gibt es zum einen halbautomatisierte Prozesse über das Internet, bei denen auf PDF‑Rechnungen, Internetportale oder einen Dienstleistungserbringer zurückgegriffen wird, und zum anderen eine vollautomatisierte, von der Bestellung bis zur Zahlung vollständig integrierte elektronische Rechnungsstellung. In der Studie heißt es, zwar werde bei B2C‑Beziehungen als Kommunikationsformat der halbautomatisierte Internetprozess mit PDF‑Rechnungen präferiert. Von einem großen Teil der Unternehmen, die ihre Rechnungen elektronisch erstellten, seien aber bereits auch Internetportale genutzt worden. Auf Dienstleistungserbringer werde insbesondere für die elektronische Rechnungsstellung B2B auf europäischer Ebene zurückgegriffen. Es gebe Dienstleistungserbringer, die die Echtheit eines Dokuments sicherten, indem sie eine elektronische Signatur verwendeten. Zum Empfang und zur Versendung elektronischer Rechnungen bedienten sich Unternehmen Lösungen eines externen Dienstleistungserbringers oder einer speziellen internen, für sie programmierten Software. |
71 |
In Anbetracht dieser Feststellungen in der ACM-Studie, die der Kommission von der Klägerin vorgelegt wurde, ist die Feststellung der Kommission im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass zusätzliche Infrastruktur erforderlich sein könne, damit eine elektronische Rechnung verschickt oder empfangen werden könne, und dass der Rückgriff auf eine elektronische Rechnungsstellung mit bestimmten Mehrwertdiensten und anderen Vorteilen verbunden sein könne, nicht zu beanstanden. |
72 |
Als Zweites macht die Klägerin zu den Feststellungen der Kommission im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geltend, der Marktanteil auf Bundesebene im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen versandter Rechnungen betrage nur [vertraulich] % und könne daher für die Beurteilung der Abgrenzung des relevanten Marktes außer Acht gelassen werden. Auch sei es nicht sachgerecht und stehe nicht im Einklang mit den bisherigen Entscheidungen der Kommission, die Fälle zu berücksichtigen, in denen eine elektronische Rechnungsstellung de facto obligatorisch sei. Zudem habe die Kommission nicht dargelegt, welchen Marktanteil diese Rechnungen ausmachten und welche Auswirkungen dies auf die Abgrenzung des relevanten Marktes habe. |
73 |
Hierzu ist erstens festzustellen, dass, auch wenn die auf Bundesebene im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen versandten Rechnungen wegen ihres geringen Volumens als vernachlässigbar angesehen werden können, die Feststellung der Kommission, dass es eine solche Rechnungsstellung gebe, bei der die Austauschbarkeit nicht relevant sei, insoweit nicht zu beanstanden ist. |
74 |
Zweitens ist zu der Feststellung der Kommission, es ließen sich möglicherweise ähnlich gelagerte Fälle finden, in denen eine elektronische Rechnungsstellung de facto obligatorisch sei, weil bestimmte Großkunden oder ‑lieferanten dies wünschten, festzustellen, dass die Kommission in Fn. 15 (zum 19. Erwägungsgrund) des angefochtenen Beschlusses auf Abschnitt 2.3.2 der ACM-Studie verwiesen hat. Dieser Studie zufolge hängt die Wahl der Art der Rechnungsstellung durch die Unternehmen u. a. von der Kommunikation zwischen den Unternehmen, den Erfahrungen über das Lieferantennetz oder der Nachfrage der Kunden ab. Die wirtschaftlichen Gründe, aus denen die elektronische Rechnungsstellung verwendet werde, seien hauptsächlich durch äußere Marktkräfte bedingt, nämlich eine erhebliche Nachfrage seitens der Kunden bzw. Lieferanten oder eine Initiative der Regierung, mit der sie vorgeschrieben werde. |
75 |
In Anbetracht dieses Verweises auf die ACM-Studie ergibt sich die von der Kommission angesprochene De-facto-Situation rechtlich hinreichend aus dem angefochtenen Beschluss. Was den entsprechenden Marktanteil angeht, ist festzustellen, dass von der Kommission, da ihre Untersuchungsbefugnisse im Verfahren gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17 begrenzt sind und die Klägerin die Beweislast trägt (siehe oben, Rn. 40 und 41), nicht verlangt werden kann, dass sie über die Feststellungen hinausgeht, die die Klägerin in ihrem Antrag vorgenommen hat. Die österreichischen Behörden konnten auch keine zusätzlichen Informationen zur Begründung der Annahmen der Klägerin mitteilen, wie aus dem 16. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht (siehe oben, Rn. 50). Zu den Auswirkungen der De-facto-Situation auf die Abgrenzung des relevanten Marktes ergibt sich aus dem 30. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach die Kommission den relevanten Produktmarkt u. a. auf der Grundlage der im 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Informationen bestimmt hat, dass die Kommission diesen Gesichtspunkt bei der Bestimmung des relevanten Marktes berücksichtigt hat. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kriterien für die Bestimmung des relevanten Marktes (siehe oben, Rn. 56 und 57) die Berücksichtigung einer De-facto-Situation ausschließen. Schließlich ist zu dem Vorbringen der Klägerin, die Berücksichtigung einer De-facto-Situation stehe nicht im Einklang mit den bisherigen Entscheidungen der Kommission, festzustellen, dass die Klägerin – abgesehen davon, dass sie die entsprechenden Entscheidungen nicht bezeichnet – nicht dargetan hat, dass die Kommission im vorliegenden Fall durch ihre eigene Entscheidungspraxis gebunden wäre. Dem Vorbringen der Klägerin kann also nicht gefolgt werden. |
76 |
Der zweite Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. |
Zum dritten Teil des Klagegrundes: fehlerhafte Interpretation des HM-Tests und der Schockanalysedaten zur mengen- und preismäßigen Entwicklung und Verletzung der Begründungspflicht
77 |
Der vorliegende Teil des Klagegrundes besteht aus zwei Rügen. Die erste betrifft die Beurteilung des HM-Tests, den die Klägerin zur Stützung ihres Antrags durchführen ließ. Mit der zweiten wird geltend gemacht, die von der Klägerin vorgelegten Schockanalysedaten zur mengen- und preismäßigen Entwicklung seien nicht richtig interpretiert worden. |
– Zur ersten Rüge: fehlerhafte Interpretation des HM-Tests und Verletzung der Begründungspflicht
78 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den HM-Test, den sie für den Markt für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene habe durchführen lassen und der belege, dass die postalische und die elektronische Zustellung zum selben Markt gehörten, nicht richtig interpretiert und ihre Begründungspflicht verletzt. |
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Wie sich aus den Akten ergibt, umfasste die den HM-Test enthaltende Befragung, die im Rahmen der ACM-Studie bei 451 Unternehmen durchgeführt wurde, zwei Arten von Fragen. Zum einen wurde den Unternehmen eine Reihe direkter Fragen über ihre Geschäftspostpraxis gestellt. Die zentrale Frage war, ob sie ihre Schreiben bei einer Anhebung des Briefportos von 62 auf 65,1 Cent elektronisch versenden würden. Die Unternehmen hatten unter sieben verschiedenen Antworten zu wählen: keine Umstellung, völlige Umstellung oder Umstellung bezüglich 10 %, 20 %, 30 %, 50 % oder 75 % des gesamten Briefaufkommens. Zum anderen wurden indirekte Fragen gestellt, die nicht direkt die Reaktion auf Preiserhöhungen betrafen. Die Unternehmen hatten zwischen zwei verschiedenen Diensten zu wählen, die durch eine Reihe von Merkmalen gekennzeichnet waren. |
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Die Kommission hat im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt: „Der Antragsteller führte einen [HM-Test] durch, bei dem Daten aus einer bei 451 österreichischen Unternehmen durchgeführten Erhebung ausgewertet wurden. Die Erhebung schloss eine Reihe indirekter Fragen ein, durch die mit Hilfe verbundener Analysetechniken die bestehenden Vorlieben in Bezug auf Post in elektronischer Form oder in Papierform ermittelt werden sollten. Die Ergebnisse würden bedeuten, dass der Briefversand bei einer Portoerhöhung von 5 % um [vertraulich] % zurückgehen würde. Obschon diese Ergebnisse implizieren mögen, dass sowohl die Papier- als auch die elektronische Post demselben Produktmarkt angehören, lassen bestimmte gestaltungstechnische Aspekte der Erhebung Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse aufkommen: Beispielsweise sind die Merkmale, anhand deren die Produkte definiert werden, so gewählt, dass eine gewisse Verzerrung zugunsten der elektronischen Kommunikationsmittel möglich ist. Die kontroversen Annahmen scheinen in der einschlägigen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur, in der die verbundene Analysetechnik verwendet wird, nicht verwendet zu werden, und ihre Auswirkungen auf die voraussichtliche Verringerung von [vertraulich] % lassen sich nicht messen.“ |
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Die Klägerin macht als Erstes geltend, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt. Sie habe nicht angeführt, warum ihrer Ansicht nach eine gewisse Verzerrung zugunsten der elektronischen Kommunikationsmittel erfolge und worin die kontroversen Annahmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur bestünden. |
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Insoweit ist hinsichtlich der im angefochtenen Beschluss für die Feststellung, dass eine gewisse Verzerrung zugunsten der elektronischen Kommunikationsmittel erfolge, angeführten Gründe festzustellen, dass die Kommission im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erläutert hat, dass einer dieser Gründe beispielsweise die Art und Weise der Wahl der Merkmale sei, anhand deren die Produkte definiert worden seien. Zu den kontroversen Annahmen ergibt sich aus dem 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass es sich nicht um kontroverse Annahmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur, sondern um die in der betreffenden Befragung genannten handelte. |
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Die mangelnde Präzision der von der Kommission im angefochtenen Beschluss an den Ergebnissen des HM-Tests geäußerte Kritik mag bedauerlich sein. In Anbetracht des Kontexts des Zustandekommens des angefochtenen Beschlusses, der u. a. durch eine Frist für den Erlass einer abschließenden Entscheidung gekennzeichnet ist (siehe oben, Rn. 40), hat die Kommission im vorliegenden Fall aber nicht gegen ihre Pflicht verstoßen, den angefochtenen Beschluss im Einklang mit den Anforderungen der oben in den Rn. 20 und 46 dargestellten Rechtsprechung hinreichend zu begründen. Es wäre insoweit übertrieben, für die einzelnen Merkmale und kontroversen Annahmen, die in der Befragung gewählt bzw. genannt wurden, jeweils eine ausführliche Beschreibung der Kritik zu verlangen, zumal die Klägerin eng in das Verwaltungsverfahren einbezogen war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg, EU:C:2008:392, Rn. 179 und 180 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie aus den Akten hervorgeht, fand nämlich am 6. März 2014, nachdem die von der Klägerin beauftragte Sachverständige, die für die Befragung verantwortlich war, am 2. Dezember 2013 die bei der Befragung herangezogenen Fragebogen vorgelegt hatte, eine Besprechung der Dienststellen der Kommission mit der Sachverständigen statt. Die Kommission übermittelte der Sachverständigen dann am folgenden Tag einen Beschlussentwurf, den sie mit ihr am 28. März 2014 besprach. In dem besprochenen Entwurf, den die Kommission im Anschluss an prozessleitende Maßnahmen des Gerichts vorgelegt hat (siehe oben, Rn. 12), war der Text des 20. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses bereits enthalten. |
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Im Übrigen ist festzustellen, dass sich die Einwände der Kommission sowohl gegen die Wahl der Merkmale, anhand deren die Produkte definiert wurden, als auch gegen die kontroversen Annahmen auf den Teil der Befragung beziehen, bei dem die indirekten Fragen gestellt wurden. Dass die Klägerin der Kommission in ihrer Klageschrift vorwirft, im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich auf die indirekten Fragen eingegangen zu sein, nicht aber auf die direkten Fragen, ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Klägerin die Erwägungen der Kommission bekannt waren. |
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Als Zweites rügt die Klägerin, die Kommission habe den HM-Test falsch interpretiert und keine Sachverständigengutachten oder Befragungen vorgelegt, die ihre Untersuchungen zu entkräften vermöchten. Obwohl der Test direkte und indirekte Fragen umfasst habe, sei die Kommission nicht auf die direkten Fragen an die Kunden eingegangen, die eine bedeutende Rolle spielten. Unter Berufung auf die Entscheidungspraxis der Kommission und die Bekanntmachung über die Marktdefinition macht die Klägerin geltend, die Kommission verwende als Beweis für die Marktabgrenzung üblicherweise von den jeweiligen Unternehmen zur Verfügung gestellte Marketingstudien, was sie im vorliegenden Fall nicht getan habe. Die Kundenbefragung mittels einer direkten Frage habe ergeben, dass [vertraulich] % der befragten Unternehmen den postalischen Briefversand bei einer minimalen Preiserhöhung ganz oder teilweise durch einen elektronischen Versand substituieren würden und [vertraulich] % der befragten Unternehmen beim postalischen Versand bleiben würden. Dieses Ergebnis stehe im Einklang mit dem Ergebnis einer weiteren Studie für Österreich im Jahr 2012. Nach ihren Daten beabsichtigten [vertraulich] % der befragten Unternehmen auch bei gleichbleibenden Preisen, ihre Rechnungen zukünftig elektronisch zu versenden. Die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass eine solche Bereitschaft, Postdienste im Fall einer Portoerhöhung durch elektronische Dienste zu ersetzen, auch im Vereinigten Königreich und in Deutschland gegeben sei, wie die von der Postregulierungsbehörde im Vereinigten Königreich erhobenen Daten und die von WIK-Consult 2009 durchgeführte Studie „Nachfrage nach Postdienstleistungen von Geschäftskunden“ (im Folgenden:WIK-Studie 2009) zeigten. Was die Einwände der Kommission gegen die indirekten Fragen angeht, macht die Klägerin geltend, diese Fragen seien unter Verwendung einer anerkannten Befragungstechnik für eine umfassendere Analyse gestellt worden. In Übereinstimmung mit der Bekanntmachung über die Marktdefinition seien alle Produkte, die von den Abnehmern als austauschbar angesehen würden, in die Kundenbefragung aufgenommen worden, so dass es keine Verzerrung zugunsten der elektronischen Kommunikationsmittel gegeben habe. |
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Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 38 bis 41), verfügt die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes über ein weites Ermessen, das nur Gegenstand einer beschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter sein kann, und die Klägerin trägt die Beweislast für diese Definition. |
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Erstens ist festzustellen, dass die Kommission, anders als die Klägerin behauptet, nicht bestreitet, dass ein HM-Test bei der Prüfung der Substituierbarkeit der Waren oder Dienstleistungen von Nutzen sein kann. Die Kommission hat nämlich angegeben, dass sie die in der Bekanntmachung über die Marktdefinition vorgesehene Marktabgrenzungsmethode angewandt habe (siehe oben, Rn. 33). Es ist unstreitig, dass der HM-Test grundsätzlich zu den darin vorgesehenen Methoden zählt. Nach Rn. 15 der Bekanntmachung lässt sich eine Möglichkeit, die Bestimmung derjenigen Produkte, die von den Abnehmern als austauschbar angesehen werden, vorzunehmen, als gedankliches Experiment betrachten, bei dem von einer geringen, nicht vorübergehenden Änderung der relativen Preise ausgegangen und eine Bewertung der wahrscheinlichen Reaktion der Kunden vorgenommen wird. Die zu beantwortende Frage lautet, ob die Kunden der Parteien als Reaktion auf eine angenommene kleine, bleibende Erhöhung der relativen Preise im Bereich zwischen 5 % und 10 % für die betreffenden Produkte und Gebiete auf leicht verfügbare Substitute oder ortsfremde Anbieter ausweichen würden. Ist die Substitution so groß, dass durch den damit einhergehenden Absatzrückgang eine Preiserhöhung nicht mehr einträglich wäre, so werden in den relevanten Markt weitere Produkte und Gebiete einbezogen (Rn. 17 der Bekanntmachung). Eine Reihe von quantitativen Tests ökonometrischer und statistischer Art (z. B. Schätzung der Elastizitäten der Nachfrage nach einem Produkt, Ermittlungen, um den Standpunkt von Kunden und Wettbewerbern in Erfahrung zu bringen, oder von den beteiligten Unternehmen vorgelegte Marktforschungsstudien) kann bei der Beurteilung der Substituierbarkeit zweier Produkte von der Nachfrageseite her relevant sein (Rn. 39 bis 41 der Bekanntmachung). |
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Insoweit ist festzustellen, dass in Fn. 7 der Entscheidung 2005/15 darauf hingewiesen wird, dass die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes lediglich Produkte berücksichtigt, die die betreffenden Produkte leicht ersetzen können. Dabei handelt es sich um Produkte, auf die der Verbraucher bei einer maßvollen, aber spürbaren Preiserhöhung des betreffenden Produkts (z. B. 5 %) zurückgreifen würde. Auf diese Weise kommt die Kommission zu einer Einschätzung der Wettbewerbssituation auf dem relevanten Markt, der aus Produkten besteht, auf die der Verbraucher der betreffenden Produkte leicht zurückgreifen würde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission nicht den Zwängen Rechnung trägt, denen die betreffenden Stellen in ihrem Wettbewerbsverhalten unterliegen und die sich daraus ergeben, dass es auch ungenügende Substitutionsprodukte gibt, nämlich Produkte, auf die der Verbraucher bei einer maßvollen, aber spürbaren Preiserhöhung von z. B. 5 % des betreffenden Produkts nicht zurückgreifen würde. Sobald der Markt definiert und die Marktanteile bestimmt sind, werden diese Effekte berücksichtigt. |
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Was zweitens das Vorbringen der Klägerin angeht, die Kommission habe keine Sachverständigengutachten oder Befragungen vorgelegt, die ihre Untersuchungen zu entkräften vermöchten, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass der Antragsteller und der betroffene Mitgliedstaat die Beweislast dafür tragen, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 genannten Bedingungen erfüllt sind (siehe oben, Rn. 41). Die Kommission war also nicht verpflichtet, eigene Studien durchzuführen. |
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Drittens ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission habe die direkten Fragen der Befragung nicht analysiert. Dass die Kommission im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die Erhebung eine Reihe indirekter Fragen eingeschlossen habe, und beispielhaft lediglich die Fassung der indirekten Fragen der Befragung ausdrücklich erwähnt und beanstandet hat, heißt nicht, dass sie die direkten Fragen der Befragung nicht analysiert hätte. Denn der Ausdruck „einschloss“ schließt nicht aus, dass neben den indirekten Fragen auch weitere Fragen Gegenstand der betreffenden Befragung waren, zumal die Kommission die von der Klägerin mit der Durchführung der Befragung beauftragte Sachverständige ausdrücklich um die entsprechenden Fragebogen gebeten hat, die direkte und indirekte Fragen enthalten. Außerdem werden im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestimmte technische Aspekte der Befragung als solcher beanstandet, so dass nicht angenommen werden kann, dass lediglich der Teil der Befragung mit den indirekten Fragen beanstandet worden wäre. |
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Viertens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe die Ergebnisse der zentralen direkten Frage, die den Unternehmen im Rahmen der Befragung gestellt worden sei, nämlich, ob sie Briefe elektronisch versenden würden, wenn das Briefporto von 62 Cent auf 65,1 Cent erhöht würde, nicht richtig gewürdigt. |
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Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 79), hatten die Unternehmen bei der Beantwortung dieser Frage unter sieben verschiedenen Antworten zu wählen: keine Umstellung, völlige Umstellung oder Umstellung bezüglich 10 %, 20 %, 30 %, 50 % oder 75 % des gesamten Briefaufkommens. Im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission insoweit lediglich festgestellt, dass die Ergebnisse der Befragung zwar implizieren mögen, dass sowohl die Papier- als auch die elektronische Post demselben Produktmarkt angehörten, bestimmte gestaltungstechnische Aspekte der Erhebung aber Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse aufkommen ließen. In der Klagebeantwortung hat die Kommission ausgeführt, dass die befragten Unternehmen, wenn sie überhaupt in Betracht gezogen hätten, bei einer Preiserhöhung von postalischer auf elektronische Zustellung umzustellen, als Mindestanteil 10 % des eigenen Postaufkommens hätten angeben müssen, was dazu führen könne, dass das Ausmaß der Wechselbereitschaft bei einer Preiserhöhung überschätzt werde. Es bestehe auch eine bedeutende Verzerrung für die gesamte Erhebung bezüglich der Größe der befragten Unternehmen im Vergleich zur Größenverteilung in der österreichischen Volkswirtschaft. |
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Auf den Einwand der Kommission, die Wahl eines Mindestanteils von 10 % des Postaufkommens könne zu einer Überschätzung führen, hat die Klägerin erwidert, die Wahl des Prozentsatzes in der Befragung orientiere sich an dem Sendevolumen und dieses wiederum an den Marktgegebenheiten. Kunden, die sich für den elektronischen Versand von Briefen entschieden, versendeten nicht nur einen Brief elektronisch, sondern einen bestimmten Prozentsatz ihres Sendevolumens. Im Übrigen habe die ACM-Studie ergeben, dass [vertraulich] % der befragten Unternehmen 100 bis 1000 Briefe inklusive Rechnungen pro Monat sendeten. Somit entsprächen 5 % des Sendevolumens lediglich 5 bis 50 Briefen inklusive Rechnungen pro Monat. Ein Sendevolumen von 10 % entspreche somit zumindest 10 bis 100 Briefen und repräsentiere die Marktgegebenheiten damit besser. Basierend auf den Ergebnissen anderer in Großbritannien und Deutschland durchgeführter HM-Tests sei darüber hinaus ersichtlich gewesen, dass bei Preiserhöhungen massive Abwanderungen zu beobachten seien. Die Wahl einer 10%-Schwelle falle daher bereits konservativ aus. Wäre die Wahl einer 5%-Schwelle für die Mindestumstellung zugelassen worden, so wäre die Bereitschaft zur Umstellung auf elektronische Zustellung sogar höher ausgefallen. Die Analyse der Befragungsergebnisse sei letztlich nicht abhängig vom Sendevolumen erfolgt, sondern von der Zahl der Befragten. In Abhängigkeit vom Sendevolumen wäre der Rückgang bei einer hypothetischen Preiserhöhung um 5 % sogar noch um Vieles höher ausgefallen. |
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Die Klägerin hat damit jedoch nicht dargetan, dass die Beurteilung der Kommission im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass bestimmte gestaltungstechnische Aspekte der Erhebung Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse aufkommen ließen, fehlerhaft wäre. |
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Wie die Kommission vorträgt, untermauert der Verweis auf die Zahl der von Unternehmen versendeten Rechnungen nämlich nicht die Behauptung der Klägerin, dass eine Mindestangabe von 10 % die Marktgegebenheiten besser repräsentiert hätte, zumal nach Abschnitt 3.4.1 der ACM-Studie [vertraulich] % der befragten Unternehmen 1000 Briefe oder mehr pro Monat versendeten: [vertraulich] % 1000 bis 2499, [vertraulich] % 2500 bis 4999, [vertraulich] % 5000 bis 9999 und [vertraulich] % mehr als 10000. Zu den Ergebnissen der im Vereinigten Königreich und in Deutschland durchgeführten Studien ist, wie die Kommission vorträgt, festzustellen, dass sie nicht den österreichischen Markt betreffen und daher für die Abgrenzung des relevanten Marktes entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht relevant sind. Außerdem geht aus Abschnitt 3.4.1 der ACM-Studie hervor, dass Gegenstand dieser Studien die Frage war, ob die betreffenden Unternehmen bei einer Preiserhöhung uneingeschränkt oder mehr oder weniger dazu tendieren würden, auf die elektronische Versendung umzustellen, also nicht die Frage des Umfangs der Umstellung. Zu der in Deutschland durchgeführten WIK-Studie 2009 ist festzustellen, dass sich aus ihr ergibt, dass das Ergebnis der in ihrem Rahmen durchgeführten Befragung dahin interpretiert worden ist, dass die Unternehmen bei einer Erhöhung der Briefpreise eher dazu geneigt seien, zu einem anderen Dienstleister zu wechseln, als vermehrt auf elektronischen Versand umzustellen. |
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Das Vorbringen, die Bereitschaft zur Umstellung auf elektronische Zustellung wäre, wenn sie die Wahl einer 5%-Schwelle für die Mindestumstellung zugelassen hätte, sogar höher ausgefallen, wird von der Klägerin nicht untermauert und ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Selbst wenn ihm gefolgt würde, ist aus den Akten nicht ersichtlich, welches Ausmaß die Bereitschaft zur Umstellung hätte erreichen können. Dasselbe gilt für das Vorbringen der Klägerin, der Rückgang der postalischen Zustellung wäre, wenn die Analyse der Befragungsergebnisse abhängig vom Sendevolumen erfolgt wäre, noch höher ausgefallen. |
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Auf den Einwand der Kommission, es bestehe eine bedeutende Verzerrung für die gesamte Erhebung bezüglich der Größe der befragten Unternehmen im Vergleich zur Größenverteilung in der österreichischen Volkswirtschaft, hat die Klägerin erwidert, die befragten Unternehmen repräsentierten die tatsächlichen Marktverhältnisse und Sendemengen im Briefzustellungsmarkt. Wie sich aus der ACM-Studie ergebe, führten vor allem große Unternehmen Briefsendungen durch. Kleinere Unternehmen erreichten kleinere Sendevolumen. Wäre die Befragung entsprechend der größenabhängigen Verteilung der Unternehmen in der Volkswirtschaft durchgeführt worden, hätte dies eine stärkere Verzerrung der Marktrealität zur Folge gehabt. Sie habe in ihrer Geschäftskunden-Datenbank 5641 Kunden angelegt, von denen 160 jährlich Briefe in einem Volumen versendeten, das einem Anteil von [vertraulich] % an ihrem gesamten Sendevolumen entspreche. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Marktverhältnisse sei es richtig, jene Unternehmen zu befragen, die auch das entsprechende Sendevolumen generierten, und nicht jene, die am Markt keine Rolle spielten. Insgesamt hätten 57 ihrer 160 Key-Geschäftskunden an der Befragung teilgenommen, was einem geschätzten Anteil in Höhe von [vertraulich] % des Sendevolumens aller ihrer Geschäftskunden entspreche. Da ihre Datenbank nicht die postalischen Versender umfasse, die ihre Briefe selbst bei einer Postfiliale aufgäben, habe sie die kleinen Versender, die weniger als 100 Sendungen pro Monat versendeten und lediglich einen Anteil von [vertraulich] % des Sendevolumens erreichten, in der Befragung mit 8,4 % erfasst. Die Befragung bilde die Marktverhältnisse also umfassend ab. Große Unternehmen seien möglicherweise eher geneigt, auf den elektronischen Versand umzustellen. Wanderten aber auch nur einige wenige ihrer großen Geschäftskunden in den elektronischen Versand ab, könnten dadurch Kosten der Netzinfrastruktur entstehen, die potenziell auf die restlichen Versender umgelegt würden, was Letztere veranlassen könnte, ebenfalls auf den elektronischen Versand umzustellen. |
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Die Klägerin hat mit diesem Vorbringen nicht dargetan, dass die Beurteilung der Kommission im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach bestimmte gestaltungstechnische Aspekte der Erhebung Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse aufkommen ließen, fehlerhaft wäre. |
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Da die Klägerin, was unstreitig ist, am Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene einen Anteil von etwa [vertraulich] % hatte, waren nämlich nahezu alle österreichischen Unternehmen ihre Kunden. Wie die Kommission vorträgt, besteht bei der Befragung wegen der Konzentration auf große Unternehmen das Risiko, dass sie die Kundenwünsche kleinerer und mittlerer Unternehmen nicht angemessen wiedergibt, zumal die Klägerin selbst es für plausibel hält, dass größere Unternehmen eher zur E-Substitution neigen. Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin, auch wenn nur einige wenige ihrer großen Geschäftskunden in den elektronischen Versand abwanderten, könnten dadurch Kosten der Netzinfrastruktur entstehen, die potenziell auf die restlichen Versender umgelegt würden, als nicht untermauert zurückzuweisen. Denn wie die Klägerin selbst geltend macht, sind ihre Preise streng reguliert, so dass eine Preiserhöhung nur mit Zustimmung der Regulierungsbehörde möglich ist. |
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Selbst wenn das Sendevolumen der befragten Unternehmen der richtige Maßstab wäre, ist, wie die Kommission vorträgt, nicht ersichtlich, dass bei der Befragung der Unternehmen den Größenverhältnissen Rechnung getragen worden wäre. Aus den von der Kommission vorgelegten Statistiken für Österreich geht nämlich hervor, dass es dort 2011 etwa 311000 Unternehmen gab. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 99), waren fast alle von ihnen Kunden der Klägerin. Die Klägerin kann daher nicht ohne entsprechende Erläuterung behaupten, dass die Berücksichtigung der 5641 in ihrer Datenbank angelegten Kunden bezogen auf das Briefsendevolumen eine repräsentative Auswahl der befragten Unternehmen gewährleistet habe. Vielmehr ist es möglich, dass Unternehmen mit einem großen Briefsendungsvolumen durch die Auswahl allein der in der Geschäftskunden-Datenbank der Klägerin enthaltenen Unternehmen ein höheres Gewicht beigemessen wird. Unternehmen mit einem geringen Briefsendungsvolumen dürften nämlich ein geringeres Interesse daran haben, in diese Datenbank aufgenommen worden zu sein. Außerdem hatten nach Abschnitt 3.4.1 der ACM-Studie [vertraulich] % der befragten Unternehmen ein Briefvolumen von mehr als 10000 Sendungen pro Monat, während die Klägerin in ihrer Erwiderung angegeben hat, dass lediglich [vertraulich] % der 5641 Kunden ein solches Volumen gehabt hätten. Die großen Unternehmen unter den 451 Befragten wurden auch dadurch deutlich bevorzugt, dass nach den Angaben der Klägerin von den 160 großen Unternehmen ihrer Kundendatenbank 57 an der Befragung teilnahmen, von den restlichen 5481 Unternehmen somit nur 394. Wie die Kommission vorträgt, hat die Klägerin auch nicht dargetan, dass die kleineren Unternehmen, die weniger als 100 Briefe pro Monat versenden, bei der Befragung überrepräsentiert gewesen wären, wie sie behauptet. Denn während nach den Angaben der Klägerin [vertraulich] % der 5461 Kunden ihrer Datenbank kleine Unternehmen waren, machte dieses Segment bei der Befragung lediglich [vertraulich] % der befragten Unternehmen aus. |
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Das Vorbringen der Klägerin, die Ergebnisse des HM-Tests stimmten mit den Ergebnissen einer anderen, 2012 für Österreich durchgeführten Studie überein, ist, da die Klägerin diese Studie nicht vorgelegt und diese Tatsache damit nicht bewiesen hat, als unbegründet zurückzuweisen. |
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Fünftens macht die Klägerin geltend, die durchgeführte Befragung habe ergeben, dass [vertraulich] % ihrer Kunden auch bei gleichbleibenden Preisen planten, zukünftig die postalische Zustellung ihrer Briefe durch eine elektronische Zustellung zu ersetzen. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Ein solches – im Übrigen sehr allgemeines – Ergebnis leidet nämlich unter denselben technischen Mängeln wie die Ergebnisse der Antworten auf die zentrale direkte Frage zum HM-Test. |
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Sechstens macht die Klägerin geltend, die indirekten Fragen seien unter Anwendung einer anerkannten Befragungstechnik gestellt worden, um eine umfassende Analyse der Situation vorzunehmen. Im Einklang mit der Bekanntmachung über die Marktdefinition seien alle Produkte, die von den Abnehmern als austauschbar angesehen würden, in die Kundenbefragung aufgenommen worden. Eine Verzerrung zugunsten der elektronischen Kommunikationsmittel liege daher nicht vor. |
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Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 79), ergibt sich aus den Akten, dass die den HM-Test enthaltende Befragung auch indirekte Fragen umfasste. Bei diesen Fragen, die nicht direkt die Reaktion auf Preiserhöhungen betrafen, mussten die Unternehmen zwischen zwei verschiedenen, durch eine Reihe von Merkmalen definierten Dienstleistungen wählen. Im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission hierzu festgestellt, dass die Ergebnisse der Befragung zwar implizieren mögen, dass sowohl die Papier- als auch die elektronische Post demselben Produktmarkt angehörten, bestimmte gestaltungstechnische Aspekte der Erhebung aber Zweifel an der Gültigkeit der Ergebnisse aufkommen ließen. Beispielsweise seien alle Merkmale, anhand deren die Produkte definiert würden, so gewählt worden, dass eine gewisse Verzerrung zugunsten der elektronischen Kommunikationsmittel möglich sei. In der Klagebeantwortung hat die Kommission präzisiert, dass die indirekten Kundenfragen als „Pakete“ gestaltet gewesen seien, die jeweils – neben der Auswahl zwischen elektronischer und postalischer Zustellung – auch wertungsabhängige, subjektive Aspekte wie etwa den Umweltschutz, die rechtlichen Anforderungen und die Sicherheit umfasst hätten. Durch diese Gestaltung bestehe die Gefahr, dass in Wahrheit dem befragten Unternehmen eine bestimmte Präferenz aufgedrückt werde. Zudem sei deutlich, dass eine ganze Reihe dieser Wertungselemente so geschrieben seien, dass sie zugunsten der elektronischen Zustellung ausfielen. |
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Die Klägerin hält dem entgegen, dass zahlreiche der in Abschnitt 2.3.2 der ACM-Studie genannten Studien belegten, dass Versender neben dem Preis auch andere Präferenzen bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigten. Basierend auf den Ergebnissen dieser Studien bildeten Überlegungen zum Umweltschutz, zur Sicherheit und zu rechtlichen Anforderungen empirisch belegte Präferenzen. Es entspreche der üblichen und wissenschaftlich anerkannten Methodik, diese Präferenzen in die Befragung aufzunehmen. Bei der Befragung seien die unterschiedlichen Präferenzen des Versenders ausgewogen berücksichtigt worden. |
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Die Klägerin hat mit ihrem Vorbringen nicht dargetan, dass die Kommission die gestaltungstechnischen Aspekte der Erhebung fehlerhaft beurteilt hätte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kommission bei der Feststellung Fehler unterlaufen wären, dass die Gestaltung der indirekten Kundenfragen als „Pakete“, die jeweils – neben der Auswahl zwischen elektronischer und postalischer Zustellung – auch wertungsabhängige Aspekte umfasst hätten, geeignet gewesen sei, die Ergebnisse der Befragung zu verfälschen. Denn wie die Kommission vorträgt, konnte die Berücksichtigung solcher subjektiver Aspekte die befragten Unternehmen daran hindern, ihre wahre Präferenz für die elektronische oder die postalische Zustellung zu äußern. Zwar werden in weiteren, in Abschnitt 2.3.2 der ACM-Studie angeführten Studien als Aspekte für eine elektronische Zustellung auch andere Präferenzen der Unternehmen genannt. Aus der ACM-Studie ergibt sich aber nicht, dass diese verschiedenen Präferenzen in der einschlägigen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur, in der die verbundene Analysetechnik verwendet wird, bereits auf dieselbe Weise verwendet worden wären, wie die Kommission im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat. Auch hat die Klägerin lediglich behauptet, nicht aber bewiesen, dass diese anderen Präferenzen in der ACM-Studie ausgeglichen berücksichtigt wurden. |
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Folglich ist die erste Rüge zurückzuweisen. |
– Zur zweiten Rüge: fehlerhafte Interpretation der Schockanalysedaten zur mengen- und preismäßigen Entwicklung
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Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im 21. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt, dass die von ihr übermittelten Schockanalysedaten zur mengen- und preismäßigen Entwicklung nicht bewiesen, dass die elektronische Zustellung und die Postzustellung einander tatsächlich ersetzen könnten. Die Schockanalyse sei die Analyse des Nachfragerückgangs nach dem „Schock“ der von ihr im Mai 2011 durchgeführten und vom Regulator genehmigten Preiserhöhung. Der HM-Test habe bei einer Preiserhöhung von 5 % eine Nachfrageelastizität von [vertraulich] % ergeben, die im Rahmen der Elastizität liege, die aufgrund einer im Mai 2011 erfolgten Preiserhöhung verursacht worden sei und je nach der gewählten Dienstleistung [vertraulich] % bzw. [vertraulich] % betragen habe. |
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Die Kommission hat im 21. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt: „Der Antragsteller übermittelte auch Schaubilder, die die mengen- und preismäßige Entwicklung veranschaulichen und den Schluss nahelegen, dass die Mengen weit weniger empfindlich auf Preisveränderungen reagieren[,] als in der Erhebungsanalyse behauptet wird. Zur Klärung dieses offensichtlichen Widerspruchs wurde der Antragsteller gebeten, die tatsächlich zur Erstellung der Schaubilder und zur Berechnung der Nachfrageempfindlichkeit verwendeten Daten zu übermitteln. Die anhand dieser tatsächlich verwendeten Daten berechnete Nachfrageempfindlichkeit betrug je nach verwendeter Methode zwischen [vertraulich] % und [vertraulich] %. Trotzdem nahm der Antragsteller bei der Ermittlung dieser Ergebnisse keine standardmäßige ökonometrische Analyse vor. Die vorläufigen Ergebnisse einer separaten Analyse, die unsere Dienststellen anhand desselben Datensatzes und standardmäßiger ökonometrischer Techniken für die Nachfrageschätzung gemäß der Wirtschaftsfachliteratur durchgeführt haben, deuten darauf hin, dass die Empfindlichkeit der Mengen gegenüber Preisänderungen gerade einmal 3,1 % betragen kann.“ |
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In der Fußnote zu Satz 4 des 21. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses heißt es: „Bei der Nachfrageanalyse wird der Preis in der Regel als endogene Variable behandelt. Diese Endogenität muss auf die mit ihr verbundene Empfindlichkeit der Mengen gegenüber den Preisen überwacht werden, um von einer unverfälschten Schätzung der Elastizität reden zu können. Der Antragsteller hat keine solche Endogenitätsüberwachung durchgeführt und die Exogenität der Preise nicht ordnungsgemäß begründet, weil er ohne Grund davon ausging, dass die Preise exogen waren.“ |
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Im Einzelnen macht die Klägerin geltend, Schockanalysen würden von der Kommission auch als Nachweis für Marktabgrenzungen verwendet. Hinsichtlich der Ergebnisse der im Rahmen der ACM-Studie durchgeführten Befragung liege kein offensichtlicher Widerspruch vor. Sie habe bei der Schockanalyse aus praktischen Gründen und umsatzsteuertechnischen Überlegungen eine Unterscheidung zwischen in einer Großfiliale eingelieferten Standardbriefen, die unter die Universaldienstleistungsverpflichtung fielen, und direkt in ihrem Verteilzentrum eingelieferten Standardbriefen, die nicht unter die Universaldienstleistungsverpflichtung fielen und für die die gesetzliche Mehrwertsteuer anfalle, vorgenommen. Für Mai 2011 habe sie bei einer Erhöhung der Preise um 1 % für Standardbriefe, die nicht unter die Universaldienstleistungspflicht fielen, eine Nachfrageelastizität in Höhe von [vertraulich] % und für solche, die unter die Universaldienstleistungspflicht fielen, in Höhe von [vertraulich] % gemessen. Ein im Rahmen des HM-Tests angenommener Preisanstieg in Höhe von 5 % führe zu einer Reduktion der Nachfrage bei Standardbriefen um [vertraulich] % bzw. [vertraulich] %. Das Resultat des HM-Tests, der eine Nachfrageelastizität von [vertraulich] % belegt habe, sei somit schlüssig. Die Schockanalyse sei durch zwei Plausibilitätsprüfungen bestätigt worden: eine einfache und eine ergänzende ökonometrische Analyse. Die von der Kommission auf der Grundlage der von ihr gelieferten Daten durchgeführten ökonometrischen Analysen seien weder geeignet noch ausreichend, um die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer Analysen zu entkräften. Das Resultat der ersten Analyse der Kommission liege in der Bandbreite der von ihr gemessenen Nachfrageelastizitäten, nämlich [vertraulich] %. Die zweite Analyse der Kommission sei aufgrund der Verwendung nicht zusammenhängender Variablen sowie von Daten unterschiedlicher Frequenzen fehlerhaft. |
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Die Klägerin hat mit diesem Vorbringen nicht dargetan, dass die Beurteilung der Kommission offensichtlich fehlerhaft wäre. |
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Was als Erstes das Vorbringen angeht, Schockanalysen würden von der Kommission auch als Nachweis für Marktabgrenzungen verwendet, ist festzustellen, dass die Kommission nicht bestritten hat, dass solche Analysen für die Abgrenzung des relevanten Marktes von Nutzen sein können. Die Kommission hat angegeben, dass sie im angefochtenen Beschluss die Marktabgrenzungsmethode gemäß der Bekanntmachung über die Marktdefinition angewandt habe (siehe oben, Rn. 33). Nach Rn. 38 dieser Bekanntmachung ist einer der Nachweise, anhand deren sich nach Ansicht der Kommission beurteilen lässt, ob zwei Produkte Nachfragesubstitute sind, der Nachweis der Substitution in jüngster Vergangenheit. Hierzu heißt es dort weiter, dass in bestimmten Fällen Nachweise für Ereignisse oder Schocks geprüft werden könnten, die den Markt vor Kurzem betroffen hätten und bei denen es bereits zur Substitution zwischen zwei Produkten gekommen sei. Solche Informationen seien normalerweise grundlegend für die Definition des Marktes. Hätten sich die relativen Preise bereits in der Vergangenheit geändert (ceteris paribus), so sei für die Beurteilung der Substituierbarkeit ausschlaggebend, wie sich die nachgefragten Mengen in Reaktion hierauf entwickelt hätten. |
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Als Zweites ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass zwischen den Ergebnissen der von ihr durchgeführten Befragung und den Ergebnissen der von ihr durchgeführten Schockanalyse ein offensichtlicher Widerspruch bestehe, weil die Schaubilder für die bei der Schockanalyse zugrunde gelegte mengen- und preismäßige Entwicklung den Schluss nahelegten, dass die Mengen weit weniger empfindlich auf Preisveränderungen reagierten, als in der Erhebungsanalyse behauptet werde. |
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Wie die Kommission geltend macht, ergibt sich nämlich aus den ihr von der Klägerin vorgelegten Schaubildern, dass der Nachfragerückgang bereits im April 2011, also vor der Erhöhung der Preise durch die Klägerin im Mai 2011, begann. Zwar ging die Nachfrage im Mai 2011 weiter zurück. Es ist aber durchaus denkbar, dass die besonderen Gründe, die schon ab April zu einem Rückgang der Nachfrage geführt hatten – nach den Angaben der Klägerin Verschiebungen zwischen einigen ihrer Großkunden –, in gewissem Maß auch zum Nachfragerückgang im Mai 2011 beitrugen. Die Feststellung der Kommission, dass die Mengen weit weniger empfindlich auf Preisveränderungen reagierten, als in der Erhebungsanalyse behauptet werde, ist daher nicht zu beanstanden. |
116 |
Nicht gefolgt werden kann hingegen dem Vorbringen der Kommission, die Klägerin hätte, da die analysierte Preiserhöhung am 1. Mai 2011 wirksam geworden sei, allein auf den Monat Mai 2011 abstellen müssen und nicht auf den Zeitraum von April bis Juni 2011. Zwar geht aus dem von der Kommission vorgelegten Werbematerial der Klägerin vom Februar 2011 hervor, dass die am 1. Mai 2011 erfolgte Preiserhöhung den Kunden lange im Voraus mitgeteilt worden war. Die Behauptung der Klägerin, dass ihre Kunden auf Preiserhöhungen zeitlich verzögert reagierten, wird dadurch aber nicht entkräftet. |
117 |
Als Drittes macht die Klägerin geltend, sie habe zur Bestätigung der Ergebnisse der Schockanalyse zwei Plausibilitätsprüfungen durchgeführt, eine einfache und eine ergänzende ökonometrische Analyse. Die einfache ökonometrische Analyse der Daten in Form einer Regressionsanalyse belege die mit der Standardformel gemessenen Nachfrageelastizitäten. Bei dieser Analyse würden die saisonalen Effekte, die im Postsektor zu beobachten seien, durch eine Dummy-Variable kontrolliert. Ihr Ergebnis seien Nachfrageelastizitäten bei einer Preiserhöhung um 5 % in Höhe von [vertraulich] %. Resultat der ergänzenden ökonometrischen Analyse sei eine Nachfrageelastizität in Höhe von [vertraulich] % bei einer Preiserhöhung um 5 %. Ergänzend habe sie der Kommission eine Auswertung der Standardliteratur zu Nachfrageelastizitäten im Briefsektor vorgelegt, die die von ihr gemessenen Elastizitäten bei einer Preiserhöhung von 1 % ebenfalls bestätigen. Die Kommission habe lediglich eingewandt, dass die ergänzende ökonometrische Analyse keine standardmäßige ökonometrische Analyse darstelle. In der ergänzenden ökonometrischen Analyse habe sie eine Regressionsanalyse vorgenommen, mit der Briefmenge als abhängiger, zu erklärender Variablen und dem Briefpreis als unabhängiger, erklärender Variablen. In einem solchen Fall liege Endogenität vor, da die erklärende Variable auf die zu erklärende Variable Einfluss nehme. In wissenschaftlichen Studien des Postsektors werde das bekannte Endogenitätsproblem entgegen den Annahmen der Kommission aber hingenommen. Die Annahme sei, dass die Briefpreise exogen seien, was durch die von ihr vorgelegten Analysen bestätigt werde. Die ergänzende ökonometrische Analyse werde dadurch bestätigt, dass sie zu den gleichen Ergebnissen wie ihre anderen Analysen führe, u. a. die einfache ökonometrische Analyse, bei der kein Endogenitätsproblem bestehe, da sie den Preis gar nicht als erklärende Variable aufnehme. Eine standardmäßige ökonometrische Analyse sei entgegen dem Vorbringen der Kommission also nicht erforderlich. |
118 |
Erstens ist zu dem Vorbringen, die Kritik der Kommission richte sich allein gegen die ergänzende Plausibilitätsprüfung, die nach deren Auffassung keine standardmäßige ökonometrische Analyse darstelle, und nicht gegen die einfache ökonometrische Analyse, festzustellen, dass dem 21. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht zu entnehmen ist, dass sich die von der Kommission geäußerte Kritik, dass keine standardmäßige ökonometrische Analyse vorgenommen worden sei, allein gegen die ergänzende ökonometrische Analyse der Klägerin gerichtet hätte. Denn, indem sie in diesem Erwägungsgrund festgestellt hat, dass die Klägerin, obwohl die anhand der tatsächlich verwendeten Daten berechnete Nachfrageempfindlichkeit je nach verwendeter Methode zwischen [vertraulich] % und [vertraulich] % betragen habe, bei der Ermittlung dieser Ergebnisse keine standardmäßige ökonometrische Analyse vorgenommen habe, hat die Kommission nicht zwischen der einfachen und der ergänzenden ökonometrischen Analyse der Klägerin unterschieden. Vielmehr ergibt sich aus der Fußnote zu Satz 4 des 21. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Rn. 110), dass die Kommission die beiden ökonometrischen Analysen der Klägerin deshalb nicht hat gelten lassen, weil diese keine Endogenitätsüberwachung durchgeführt und die Exogenität der Preise nicht nachgewiesen habe. |
119 |
Zweitens ist zum Vorbringen der Klägerin, bei der einfachen ökonometrischen Analyse bestehe kein Endogenitätsproblem, da sie den Preis gar nicht als erklärende Variable aufnehme und daher jedenfalls eine brauchbare Analyse sei, festzustellen, dass die Klägerin mit dieser Analyse, wie die Kommission vorträgt, die Preiselastizität bzw. die Mengenreaktion auf den Schock der Preiserhöhung am 1. Mai 2011 nachweisen wollte. Aus der Analyse geht nämlich hervor, dass sich der preiserhöhungsbedingte Rückgang der Nachfrage nach den Angaben der Klägerin durch die ökonometrische Modellierung der Nachfrage nach Postbriefen quantifizieren lässt, indem er von den anderen Faktoren isoliert wird. Die Analyse enthielt auch ein Ergebnis zum preiserhöhungsbedingten Rückgang der Mengen. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, bezogen sich die der einfachen ökonometrischen Analyse zugrunde gelegten Daten gerade auf den von der am 1. Mai 2011 durchgeführten Preiserhöhung betroffenen Zeitraum. Folglich enthielt die einfache ökonomische Analyse der Klägerin zwangsläufig den Faktor „Preis“. |
120 |
Drittens ist festzustellen, dass sich die Klägerin, soweit sie geltend macht, dass das bekannte Endogenitätsproblem in wissenschaftlichen Studien des Postsektors hingenommen werde und die Annahme sei, dass die Briefpreise exogen seien, darauf beschränkt, auf eine Studie zu verweisen, die ihre Auffassung bestätigen soll, ohne sie jedoch vorzulegen. Vorgelegt wurde die die Preiselastizität auf dem Postmarkt in den Vereinigten Staaten betreffende Studie von der Kommission, die vorträgt, dass die Ergebnisse der Studie angesichts des ganz anderen regulatorischen Umfelds keine Aufschlüsse für den österreichischen Markt geben können. Im Übrigen wird in der Studie die Annahme, dass die Preise exogen seien, selbst für den amerikanischen Postmarkt als unzutreffend angesehen. |
121 |
Ebenso hat die Klägerin, soweit sie behauptet, sie habe der Kommission eine Auswertung der Standardliteratur zu Nachfrageelastizitäten im Briefsektor vorgelegt, die ebenfalls die von ihr gemessenen Elastizitäten bei einer Preiserhöhung von 1 % bestätige, nicht nachgewiesen, dass die Kommission ihre ökonometrischen Analysen zu Unrecht nicht hätte gelten lassen. Sie hat nämlich lediglich auf eine Liste wissenschaftlicher Studien verwiesen, ohne diese vorzulegen. Im Übrigen betrifft keine dieser wissenschaftlichen Studien den österreichischen Markt. |
122 |
Die Klägerin macht ferner geltend, die Ergebnisse ihrer Regressionsanalysen könnten durch zwei Qualitätsmaße bewertet werden. Bei dem ersten handele es sich um den t-Test. Betrage das Ergebnis des t-Tests, der p-Wert (probability), weniger als 0,05 bzw. 5 %, so gelte die Variable als statistisch signifikant. Im vorliegenden Fall seien sämtliche p-Werte ihrer beiden Analysen kleiner als 0,05. Das zweite Qualitätsmaß sei das Bestimmtheitsmaß R2. Es gebe an, welcher Prozentsatz der Schwankung in der zu erklärenden Variablen durch die Regressionsgleichung und somit durch die erklärenden Variablen erklärt werden könne. Je näher das R2 am Wert 1 liege, desto größer sei der Erklärungsgehalt der untersuchten Einflussfaktoren. Je höher der Erklärungsgehalt der Einflussfaktoren sei, desto besser sei die Regression. Akzeptabel seien Werte, die größer als 0,2 seien. Werte, die größer als 0,4 seien, repräsentierten gute Schätzungen, und Werte über 0,5 stünden für eine sehr gute Regressionsbewertung. Im vorliegenden Fall erreichten ihre beiden Analysen hervorragende Werte: die einfache ökonometrische Analyse einen Wert von 0,92 und die ergänzende einen Wert von 0,88. |
123 |
Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts erklärt hat, dass das Endogenitätsproblem mit den p- und den R2-Werten nicht gelöst werden könne. Weder der t-Test noch der R2-Koeffizient gäben Aufschluss über den Kausalzusammenhang zwischen den verschiedenen in den Regressionsanalysen herangezogenen Faktoren und dem quantitativen Rückgang. Dieser sei aber gerade Hauptgegenstand einer Analyse der Nachfrageelastizität. |
124 |
Als Viertes macht die Klägerin geltend, die Ergebnisse der beiden von der Kommission auf der Grundlage der von ihr gelieferten Daten durchgeführten ökonometrischen Analysen seien fehlerhaft. Die Kommission habe keine Gründe für die Verwendung der von ihr herangezogenen Variablen genannt. Zudem beträfen diese Regressionsanalysen nur den Zeitraum bis 2012, und die Kommission habe unterschiedliche Beobachtungszeiträume und Frequenzen verwendet, was keiner standardmäßigen ökonometrischen Analyse entspreche. Zur ersten Regressionsanalyse der Kommission macht die Klägerin geltend, dass der Briefpreis wie in ihrer ergänzenden ökonometrischen Analyse die Briefmenge erkläre. Die erste Regressionsanalyse zeige ebenfalls, dass die Briefmenge um 10,15 % abnehme, was mit den von ihr vorgelegten Ergebnissen vergleichbar sei. Zur zweiten Regressionsanalyse der Kommission macht die Klägerin geltend, die Kommission habe eine Instrumentalvariablen-Schätzung durchgeführt. Sie habe sowohl die Variable „Briefporto“ als auch die Variable „Feste Breitbandanschlüsse – Teilnehmeranschlüsse und Verbreitung“ durch die beiden Variablen „Preise Elektrizität für Industrieabnehmer“ und „BIP-Veränderung“ ersetzt. Um als Instrument geeignet zu sein, müsse die Variable „Briefporto“ mit der Variable „Preise Elektrizität für Industrieabnehmer“ in einem statistischen Zusammenhang stehen, was hier jedoch nicht der Fall sei. Der fehlende langfristige Zusammenhang sei durch standardmäßige Kointegrationstests bestätigt worden. |
125 |
Die Klägerin hat mit diesem Vorbringen nicht dargetan, dass die Feststellung der Kommission im 22. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass es keine soliden und schlüssigen Beweise dafür gebe, dass die elektronische Zustellung und die Postzustellung einander tatsächlich ersetzen könnten, fehlerhaft wäre. Denn wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 41), tragen der Antragsteller und der betroffene Mitgliedstaat die Beweislast dafür, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 genannten Bedingungen erfüllt sind, da die Kommission lediglich über begrenzte Befugnisse verfügt. Folglich war die Kommission im vorliegenden Fall nicht verpflichtet, eigene Analysen durchzuführen. |
126 |
Jedenfalls heißt es im letzten Satz des 21. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Rn. 109) ausdrücklich, dass die von den Dienststellen der Kommission durchgeführte Analyse lediglich vorläufige Ergebnisse erbracht habe. In ihrem Schreiben an die Klägerin vom 4. April 2014 hat die Kommission insoweit darauf hingewiesen, dass ihre Analyse nicht als endgültige Analyse des Postmarkts in Österreich anzusehen sei und dass man mit ausgeklügelteren Methoden oder besserem Datenmaterial zu anderen Ergebnissen gelangen könnte. Folglich ergänzen die im letzten Satz des 21. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Feststellungen zu der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Analyse die übrigen Erwägungen dieses Erwägungsgrundes. Selbst wenn diese Analyse fehlerhaft wäre, würde dies folglich nicht zwingend bedeuten, dass der angefochtene Beschluss unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler litte. |
127 |
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Kommission habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie ihr vor Erlass des angefochtenen Beschlusses keinen Zugang zu ihren Daten und ökonometrischen Berechnungen gewährt habe. Dieses Vorbringen ist unzulässig. Denn nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991, der Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung entspricht, können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, was hier nicht der Fall ist. Das Vorbringen der Klägerin ist jedenfalls auch unbegründet. Wie sich nämlich aus einem Schreiben der von der Klägerin beauftragten Sachverständigen an die Kommission vom 1. April 2014 ergibt, hatte die Kommission zwar nicht Zugang zu allen ihren Daten gewährt, der Sachverständigen aber Gelegenheit gegeben, mit ihr über ihre ökonometrische Analyse zu diskutieren. |
128 |
Folglich ist die zweite Rüge und damit der dritte Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. |
Zum vierten Teil des Klagegrundes: Begründungsmangel hinsichtlich der Möglichkeit der Weitergabe der Kostenanstiege an die Kunden
129 |
Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss leide hinsichtlich der Feststellung im 24. Erwägungsgrund, wonach sie in der Lage wäre, Kostenanstiege an die Kunden weiterzugeben, unter einem Begründungsmangel. Ihre Preise seien streng reguliert, und sie habe umfassende Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass ihre Kunden bei einer Preiserhöhung auf eine alternative Zustellung umstellen würden. Aufgrund der Marktdynamik entbehre die Schlussfolgerung der Kommission, dass sie eine dominante Stellung habe, jeglicher Grundlage und sei auch nicht hinreichend begründet. Gemäß einer Kundenzufriedenheitsstudie von 2013 hätten [vertraulich] % ihrer befragten Großkunden als Begründung für den Rückgang des mit ihr zugestellten Postvolumens Substitution mittels elektronischer Medien angegeben. Die Kommission habe keine Nachweise dafür vorgelegt, dass die Schrumpfung des Briefmarkts insgesamt entgegen den von ihr vorgelegten Ergebnissen nichts mit der zunehmenden E-Substitution zu tun habe. Die Kommission beabsichtige den Ausbau der papierlosen Kommunikation und der papierlosen Zusendungen anstelle von postalischen Zusendungen, verneine aber gleichzeitig eine Korrelation zwischen sinkenden postalischen Briefsendungen und steigenden elektronischen Zusendungen. |
130 |
Im 24. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt: „Die Österreichische Post wäre in der Lage, Kostenanstiege an die Kunden weiterzugeben, die in Anbetracht ihrer Vorliebe für die Postzustellung keine andere Wahl hätten, als die Preiserhöhung zu akzeptieren. Aus dem gleichen Grund ist wegen der eindeutig dominanten Stellung der Österreichischen Post nicht gewährleistet, dass etwaige Kostenminderungen an die Kunden weitergegeben werden.“ |
131 |
In der Fußnote zum ersten Satz des 24. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission darauf hingewiesen, dass im Mai 2011 eine Preiserhöhung erfolgt sei, nachdem ein entsprechender Antrag der Klägerin von der zuständigen nationalen Behörde genehmigt worden sei. |
132 |
Hierzu ist festzustellen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (vgl. Urteil vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, Slg, EU:C:2001:178, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Klägerin macht im Rahmen des vorliegenden Teils des Klagegrundes, wie sich aus ihrem Vorbringen ergibt, zum einen einen Verstoß gegen ein wesentliches Formerfordernis und zum anderen die fehlende Stichhaltigkeit der Begründung geltend. |
133 |
Als Erstes ist zu der behaupteten Verletzung der Begründungspflicht festzustellen, dass die Ausführungen der Kommission im 24. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Anforderungen an die Begründungspflicht, wie sie oben in den Rn. 20 und 46 dargestellt sind, genügen. Was zum einen die Feststellung angeht, die Klägerin wäre in der Lage, Kostenanstiege an die Kunden weiterzugeben, die in Anbetracht ihrer Vorliebe für die Postzustellung keine andere Wahl hätten, als die Preiserhöhung zu akzeptieren, geht aus der Fußnote zum ersten Satz des 24. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses, in der von einer im Mai 2011 nach einem entsprechenden Antrag der Klägerin erfolgten Preiserhöhung die Rede ist, hervor, dass die Kommission davon ausging, dass eine Weitergabe der Kostenanstiege auch unter Berücksichtigung der Tatsache möglich sei, dass eine Preiserhöhung von den zuständigen nationalen Behörden genehmigt werden müsse. Was zum anderen die Begründung der Feststellung angeht, dass die Klägerin auf dem österreichischen Markt eine beherrschende Stellung habe, ist festzustellen, dass die Kommission im 23. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Verweis auf ein Schreiben der Klägerin vom 2. Dezember 2013, in dem diese ihren Anteil am nationalen Geschäftsbriefmarkt auf [vertraulich] % geschätzt hatte, ausgeführt, dass die Klägerin einen Großteil des Marktes für Papierpost innehabe. |
134 |
Als Zweites kann auch dem Vorbringen der Klägerin, mit dem die materielle Rechtmäßigkeit der im 24. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Feststellungen in Zweifel gezogen wird, nicht gefolgt werden. Denn erstens ist zum Vorbringen der Klägerin, sie habe umfassende Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass ihre Kunden bei einer Preiserhöhung auf eine alternative Zustellung umstellen würden, zum einen festzustellen, dass die Klägerin zur Stützung ihrer Behauptung keinen einzigen konkreten Beweis anführt, und zum anderen, dass ihr Vorbringen zum HM-Test und zur Vorlage der Schaubilder für die mengen- und preismäßige Entwicklung bereits im Rahmen der Prüfung des dritten Teils des vorliegenden Klagegrundes zurückgewiesen worden ist. Zweitens ist zu dem Vorbringen, aufgrund der Marktdynamik sei die Schlussfolgerung der Kommission, dass sie eine dominante Stellung habe, fehlerhaft, festzustellen, dass die Prüfung des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes ergeben hat, dass die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 18 und 19 des angefochtenen Beschlusses zu den Barrieren für die Substitutierbarkeit der postalischen Rechnungsstellung durch die elektronische und zur Marktsituation nicht zu beanstanden sind. Drittens ist zum Vorbringen, gemäß einer Kundenzufriedenheitsstudie von 2013 hätten [vertraulich] % ihrer befragten Großkunden als Begründung für den Rückgang des mit ihr zugestellten Postvolumens Substitution mittels elektronischer Medien angegeben, festzustellen, dass die Klägerin, die lediglich das Ergebnis dieser Kundenzufriedenheitsstudie vorgelegt hat, nicht den Nachweis erbracht hat, dass die Kommission dadurch, dass sie festgestellt hat, dass die elektronische Zustellung und die Postzustellung einander tatsächlich ersetzen könnten, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte. Viertens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe keinerlei Beweise beigebracht, bereits ausgeführt worden (siehe oben, Rn. 41), dass der Antragsteller und der betroffene Mitgliedstaat die Beweislast dafür tragen, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 genannten Bedingungen erfüllt sind, und die Kommission lediglich über begrenzte Befugnisse verfügt. Fünftens ist festzustellen, dass die Kommission, anders als die Klägerin behauptet, keineswegs bestritten hat, dass eine Korrelation zwischen sinkenden postalischen Briefsendungen und steigenden elektronischen Zusendungen besteht. Die Kommission hat im 26. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nämlich ausgeführt, dass die zunehmende Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel zwar vor allem dazu führe, dass der Briefmarkt insgesamt schrumpfe, sich jedoch nicht die Schlussfolgerung ziehen lasse, dass durch die elektronische Kommunikation ein direkter Wettbewerb auf dem Postzustellungsmarkt entstanden sei. |
135 |
Folglich ist der vierte Teil des vorliegenden Klagegrundes und damit dieser insgesamt zurückzuweisen. |
136 |
Was den Antrag auf Vernehmung der Verfasserin der ACM-Studie und der Schockanalyse als Zeugin angeht (siehe oben, Rn. 43), hält sich das Gericht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen für durch die Aktenstücke der Rechtssache und die Antworten auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen hinreichend unterrichtet und somit in der Lage, alle betreffenden wirtschaftlichen Fragen zu verstehen, um zu entscheiden, ob die Beurteilung der Kommission unter einem Beurteilungsfehler leidet. Soweit er den vorliegenden Klagegrund betrifft, ist dem Antrag daher nicht stattzugeben. |
Zum dritten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung der Richtlinie 2004/17 und Begründungsmangel hinsichtlich der Frage, ob der Markt für Postdienste für adressierte C2X-Briefe auf nationaler Ebene unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist
137 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 30 der Richtlinie 2004/17 verstoßen und einen Begründungsfehler begangen, dass sie in den Erwägungsgründen 34 bis 42 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Postdienste für adressierte C2X-Briefe auf nationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien. Die Kommission habe den relevanten Markt nicht richtig abgegrenzt. Genauer gesagt habe sie zu Unrecht angenommen, dass die elektronische und die postalische Zustellung nicht dem gleichen Markt, dem nationalen C2X-Markt, zuzurechnen seien. Sie habe zum einen unrichtige Werte für die Internetnutzung in Österreich zugrunde gelegt und weder die von ihr vorgelegten Studien noch die stete Entwicklung oder die allgegenwärtige E-Substitution berücksichtigt. Zum Nachweis ihres Vorbringens und zur Erörterung der ACM-Studie und ihrer Schreiben an die Kommission vom 8. November und vom 2. Dezember 2013 beantragt die Klägerin die Vernehmung ihrer Sachverständigen, die u. a. die ACM-Studie verfasst hat, als Zeugin. |
138 |
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 132), handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Wie sich aus ihrem Vorbringen ergibt, macht die Klägerin keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht im Sinne einer Verletzung eines wesentlichen Formerfordernisses geltend. Ihre Kritik richtet sich vielmehr gegen die Stichhaltigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses: Die Kommission habe unrichtige Werte zugrunde gelegt und nicht alle bei der Beurteilung der Situation in Österreich heranzuziehenden relevanten Daten berücksichtigt (siehe auch oben, Rn. 39). |
139 |
Die Kommission ist in den Erwägungsgründen 34 bis 42 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gekommen, dass die Postdienste für adressierte C2X-Briefe auf nationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt gewesen seien, weshalb Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Österreich ermöglichen sollten, keine Anwendung finde. Der relevante Produktmarkt sei der Markt der Postdienste für adressierte C2X-Briefe, an dem die Klägerin einen Anteil von rund [vertraulich] % habe (Erwägungsgründe 39 und 40). Die elektronische und die postalische Zustellung adressierter C2X-Briefe seien nicht dem gleichen relevanten Markt zuzurechnen (38. Erwägungsgrund). Die WIK-Studie 2013 habe ergeben, dass fast 30 % der österreichischen Bevölkerung noch nie das Internet genutzt hätten, etwa 55 % aller Bürger kein Internetbanking betrieben und 75 % keine Verwaltungsformulare online ausfüllten (36. Erwägungsgrund). Die Klägerin habe keine weiteren empirischen Beweise zur Untermauerung ihrer Behauptungen und zum Nachweis der Substituierbarkeit vorgelegt (37. Erwägungsgrund). |
140 |
Als Erstes macht die Klägerin geltend, die im 36. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zitierten Werte aus der WIK-Studie 2013 zur Internetnutzung in Österreich seien unrichtig und für die Abgrenzung des relevanten Marktes nicht von Relevanz. Eine Erhebung des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) bestätige, dass im Jahr 2012 lediglich 17 % der österreichischen Bevölkerung angegeben hätten, das Internet noch nie genutzt zu haben. Darüber hinaus sei es geeigneter, auf die Haushalte abzustellen, von denen nach den Daten von Eurostat über 80 % Internetzugang hätten. In den Jahren 2002 bis 2012 sei der Anteil der Haushalte mit Internetanschluss in Österreich von 34 % auf 79 % gestiegen, der Anteil der Haushalte mit Breitband-Internetzugang in den Jahren 2003 bis 2012 von 10 % auf 77 %. Zudem hätten im Jahr 2013 75 % aller Österreicher das Internet für den E‑Mail-Versand genutzt, wobei die Nutzer in der Altersgruppe zwischen 25 bis 64 Jahren den größten Anteil eingenommen hätten. Für die Abgrenzung des relevanten Marktes sei lediglich die Nutzung der E‑Mail-Funktion von Bedeutung, da per E‑Mail etwa auch Rechnungen als PDF‑Anhang versandt werden könnten. Diese Entwicklungen stünden auch im Einklang mit der gelebten Praxis. Die Kommunikation zwischen Konsumenten erfolge über E‑Mails, Kurznachrichten (SMS) und ähnliche Dienste. Hingegen würden postalische Briefe nur mehr in Ausnahmefällen geschrieben. Für die Marktabgrenzung sei schließlich bedeutsam, dass die Internetverfügbarkeit für Unternehmen in Österreich 2012 bei nahezu 100 % gelegen habe. |
141 |
Die Klägerin hat mit diesem Vorbringen nicht dargetan, dass die Beurteilung der Kommission unter einem offensichtlichen Fehler leidet, weil sie sich auf nicht stichhaltige Beweise stützt. |
142 |
Erstens tragen der Antragsteller und der betroffene Mitgliedstaat die Beweislast dafür, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 genannten Bedingungen erfüllt sind, und die Kommission verfügt insoweit im Vergleich zu den umfangreichen Untersuchungsbefugnissen, die ihr die Verordnungen Nrn. 1/2003 und 139/2004 bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union einräumen, nur über begrenzte Befugnisse (siehe oben, Rn. 41). Die Rechtmäßigkeit eines gemäß Art. 30 der Richtlinie 2004/17 erlassenen Beschlusses der Kommission ist anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission beim Erlass des Beschlusses verfügte (vgl. entsprechend Urteile vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, Slg, EU:C:2008:224, Rn. 54, vom 12. Oktober 2011, Dimos Peramatos/Kommission, T‑312/07, EU:T:2011:587, Rn. 95, und vom 15. Juli 2014, Italien/Kommission, T‑463/07, EU:T:2014:665, Rn. 108). |
143 |
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem 35. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die österreichischen Behörden, nachdem sie von der Kommission gemäß Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/17 aufgefordert worden waren, zur Definition des relevanten Produktmarkts Stellung zu nehmen, keine zusätzlichen Informationen zur Stützung der Behauptungen der Klägerin mitteilen konnten. |
144 |
Zweitens ist zu dem Vorbringen, die Werte aus der WIK-Studie 2013 zur Internetnutzung in Österreich seien unrichtig und nicht von Relevanz, festzustellen, dass die Klägerin die Daten aus der WIK-Studie 2013 nicht generell in Frage stellt. Insbesondere behauptet sie nicht, dass die Studie auf unrichtigen Daten beruhe. Vielmehr war es die Klägerin, die sie im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat. Auch hat sich die Klägerin im Rahmen ihres Vorbringens, der B2X- und der C2X-Markt seien unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt, zum Beweis der Tatsache, dass der Rückgang der postalischen Sendungen insbesondere auf die E-Substitution zurückzuführen sei, auf sie berufen. Im Übrigen wird die der WIK-Studie 2013 vorausgegangene WIK-Studie 2009, die von derselben Unternehmensberatung erstellt worden war, in der ACM-Studie der Klägerin an mehreren Stellen zitiert. |
145 |
Drittens ist es entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht fehlerhaft, bei der vorliegenden Abgrenzung des relevanten Marktes darauf abzustellen, dass etwa 55 % aller Bürger kein Internetbanking betreiben und 75 % keine Verwaltungsformulare online ausfüllen. Wie die Kommission vorträgt, sind diese Zahlen für die Definition des relevanten Marktes relevant, da sie wesentliche Segmente des C2X-Markts betreffen, der Sendungen zwischen Privatpersonen und geschäftliche Sendungen von Privatpersonen umfasst. Auch dem Vorbringen der Klägerin, lediglich die Nutzung der E‑Mail-Funktion sei von Bedeutung, da per E‑Mail etwa auch Rechnungen als PDF‑Anhang versandt werden könnten, kann, was den C2X-Markt angeht, nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat nämlich nicht dargetan, dass die Versendung von Rechnungen durch Privatpersonen auf diesem Markt nicht zu vernachlässigen ist. |
146 |
Viertens ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, die Kommunikation zwischen Konsumenten erfolge über E‑Mails, SMS und ähnliche Dienste, während postalische Briefe nur mehr in Ausnahmefällen geschrieben würden, nicht mit Beweisen untermauert worden ist. Ein Dokument der deutschen Regulierungsbehörde vom November 2014 ist erst im Stadium der Erwiderung vorgelegt worden, und zwar, ohne dass die Verspätung gerechtfertigt worden wäre. Es ist daher gemäß Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 als unzulässig zurückzuweisen. Abgesehen davon ist die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Rechtsakts, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 64), anhand des Sachverhalts und der Rechtslage zu beurteilen, die beim Erlass des Rechtsakts bestanden. Zudem behauptet die Klägerin nicht einmal, dass sich das Dokument der deutschen Regulierungsbehörde auf die Situation in Österreich bezöge. Schließlich weist die Kommission darauf hin, dass sich aus Abschnitt 5.2.2.2 des Antrags der Klägerin ergibt, dass diese 2012 etwa [vertraulich] Briefe von Privatpersonen beförderte. |
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Fünftens ist zu dem Vorbringen der Klägerin, für die Marktabgrenzung sei bedeutsam, dass die Internetverfügbarkeit für Unternehmen in Österreich 2012 bei nahezu 100 % gelegen habe – selbst wenn dies erwiesen wäre –, festzustellen, dass es gerade auf dem C2X-Markt besonders wichtig ist, dass die Privatpersonen über Internet verfügen, um ihre elektronischen Mitteilungen versenden zu können. |
148 |
Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe weder die von ihr vorgelegten Studien noch die stete Entwicklung oder die allgegenwärtige E-Substitution berücksichtigt. Sie verweist insoweit auf ihre allgemeine Darstellung der Entwicklung des B2X-Markts in der Klageschrift, auf die WIK-Studie 2013, auf die ACM-Studie, auf Punkt 5 ihres Schreibens an die Kommission vom 8. November 2013 und auf die Punkte 3 und 4 ihres Schreibens an die Kommission vom 2. Dezember 2013. Die Kommission habe sich zu Unrecht nur mit der von ihr vorgelegten WIK-Studie 2013 auseinandergesetzt. |
149 |
Die Klägerin hat auch mit diesem Vorbringen nicht dargetan, dass die Beurteilung der Kommission deshalb unter einem offensichtlichen Fehler litte, weil sie nicht auf alle heranzuziehenden relevanten Daten gestützt worden wäre. |
150 |
Denn erstens hat, soweit die Klägerin auf ihr Vorbringen zur Abgrenzung des B2X-Markts verweist, die Kommission dieses Vorbringen bei ihrer Prüfung des B2X-Markts berücksichtigt, wie aus den Erwägungsgründen 14 bis 33 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, und im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes ist festgestellt worden, dass der Kommission insoweit kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist. Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes hat die Klägerin ihr Vorbringen nicht ergänzt. Darüber hinaus hat die Klägerin, wie die Kommission vorträgt, nicht den Nachweis erbracht, dass sich die Unternehmensbefragungen und die Studien zum Nachfrageverhalten von Unternehmen auf das Nachfrageverhalten von Privatpersonen übertragen ließen und somit relevante Daten darstellten, die die Kommission bei der Abgrenzung des C2X-Markts hätte berücksichtigen müssen. |
151 |
Zweitens ist zur allgemeinen Bezugnahme der Klägerin auf die WIK-Studie 2013, die ACM-Studie, Punkt 5 ihres Schreibens an die Kommission vom 8. November 2013 sowie die Punkte 3 und 4 ihres Schreibens an die Kommission vom 2. Dezember 2013 darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Zwar kann der Text der Klageschrift nach ständiger Rechtsprechung zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die in der Klageschrift enthalten sein müssen; es ist nämlich nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteile vom 9. März 2015, Deutsche Börse/Kommission, T‑175/12, EU:T:2015:148, Rn. 354 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 25. März 2015, Slovenská pošta/Kommission, T‑556/08, EU:T:2015:189, Rn. 434 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Bezugnahme der Klägerin ist demnach als unzulässig zurückzuweisen. |
152 |
Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. |
153 |
Was den Antrag auf Vernehmung der Sachverständigen der Klägerin als Zeugin angeht (siehe oben, Rn. 137), hält sich das Gericht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen für durch die Aktenstücke der Rechtssache und die Antworten auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen hinreichend unterrichtet und somit in der Lage, alle betreffenden wirtschaftlichen Fragen zu verstehen, um zu entscheiden, ob die Beurteilung der Kommission unter einem Beurteilungsfehler leidet. Soweit er den vorliegenden Klagegrund betrifft, ist dem Antrag daher nicht stattzugeben. |
Zum vierten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung der Richtlinie 2004/17 und Begründungsmangel hinsichtlich der Frage, ob der Markt der Postdienste für adressierte B2X- und C2X-Briefe auf internationaler Ebene unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist
154 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 30 der Richtlinie 2004/17 verstoßen und einen Begründungsfehler begangen, dass sie in den Erwägungsgründen 43 bis 50 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Postdienste für adressierte B2X- und C2X-Briefe auf internationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien. Die Kommission habe bei der Abgrenzung des relevanten Marktes zu Unrecht auf dieselben Gesichtspunkte abgestellt wie beim nationalen B2X-Markt und beim nationalen C2X-Markt. Jedenfalls liege ihr Anteil am Markt der betreffenden postalischen Briefsendungen unter [vertraulich] % und sei zwischen 2010 und 2012 aufgrund des starken Wettbewerbs kontinuierlich gesunken, was die Kommission nicht berücksichtigt habe. Bei der Zurückweisung ihres Antrags habe die Kommission zu Unrecht und ohne hinreichende Begründung angenommen, dass eine Aufgliederung des relevanten Marktes in die Unterbereiche B2X international und C2X international erforderlich sei. Jedenfalls habe sie der Kommission Schätzungen der jeweiligen Anteile an den Märkten B2X international und C2X international zur Verfügung gestellt. Die Kommission habe nicht erläutert, warum sie diese Schätzungen nicht für plausibel halte. Ihrer eigenen Argumentation folgend hätte sie zumindest den Markt B2X international von der Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/17 freistellen müssen. Zum Nachweis ihres Vorbringens und zur Erörterung der ACM-Studie und ihres Schreibens an die Kommission vom 2. Dezember 2013 beantragt die Klägerin die Vernehmung ihrer Sachverständigen, die u. a. die ACM-Studie verfasst hat, als Zeugin. |
155 |
Die Kommission ist in den Erwägungsgründen 43 bis 50 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gekommen, dass Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf Verträge, die die Erbringung der Postdienste für adressierte B2X- und C2X-Briefe auf internationaler Ebene in Österreich ermöglichen sollten, keine Anwendung finde. Sie hat das Vorbringen der Klägerin, die Zustellung grenzüberschreitender Post sei technologisch neutral, und die elektronischen und postalischen Zustellungsdienste seien dem gleichen relevanten Markt zuzurechnen, im Wesentlichen aus denselben Gründen wie bei den Postdiensten für adressierte B2X- und C2X-Briefe auf nationaler Ebene nicht akzeptiert (43. Erwägungsgrund). Der Wettbewerb im Bereich grenzüberschreitender Briefsendungen unterscheide sich bei Privatpersonen und bei Unternehmen sehr. Privatpersonen hätten im Allgemeinen keine andere Wahl, als grenzüberschreitende Post mit ihrem jeweiligen Universaldienstanbieter zu verschicken. Das Volumen der von Privatpersonen versandten Post sei im Allgemeinen zu gering, um Anreize für neue Marktteilnehmer zu schaffen (46. Erwägungsgrund). Die Wettbewerbssituation hänge auch von der Größe und der Bevölkerungszahl der einzelnen Städte ab, da die Anbieter grenzüberschreitender Dienste kein landesweites Zugangsnetz unterhielten, sondern in der Regel die Post direkt beim Kunden abholten (47. Erwägungsgrund). Die Kommission habe in ihrer bisherigen Praxis stets zwischen grenzüberschreitenden Postdiensten für adressierte B2X-Briefe und grenzüberschreitenden Postdiensten für adressierte C2X-Briefe unterschieden (48. Erwägungsgrund). Nichts deute darauf hin, dass die Situation in Österreich anders gelagert wäre. Daher müssten zwei separate Produktmärkte betrachtet werden, nämlich die grenzüberschreitenden Postdienste für adressierte abgehende B2X-Briefe und die grenzüberschreitenden Postdienste für adressierte abgehende C2X-Briefe (49. Erwägungsgrund). Die Klägerin habe keine ausführlichen Informationen über ihre Marktanteile auf den einzelnen relevanten Märkten und die Marktanteile ihrer wichtigsten Mitbewerber vorlegen können. Da keine Informationen über den Grad des Wettbewerbs auf jedem dieser Märkte vorlägen, lasse sich nicht feststellen, dass die Bedingungen für eine Ausnahme gemäß Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 bei grenzüberschreitenden Postdiensten für adressierte abgehende B2X-Briefe und bei grenzüberschreitenden Postdiensten für adressierte abgehende C2X-Briefe in Österreich erfüllt seien (50. Erwägungsgrund). |
156 |
Als Erstes kann es, was das Vorbringen der Klägerin angeht, die Kommission habe bei der Abgrenzung des relevanten Marktes zu Unrecht auf dieselben Gesichtspunkte abgestellt wie beim inländischen B2X- und beim inländischen C2X-Markt, mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass dieses Vorbringen bereits im Rahmen der Prüfung des zweiten und des dritten Klagegrundes, die eben diese Märkte betreffen, zurückgewiesen worden ist. |
157 |
Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission sei bei der Zurückweisung ihres Antrags zu Unrecht und ohne hinreichende Begründung davon ausgegangen, dass eine Aufgliederung des relevanten Marktes in die Unterbereiche B2X international und C2X international erforderlich sei. |
158 |
Erstens ist zu der behaupteten Verletzung der Begründungspflicht festzustellen, dass die Kommission, anders als die Klägerin behauptet, im 48. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht lediglich generell auf ihre bisherige Entscheidungspraxis verwiesen hat. Wie sich aus der dort eingefügten Fußnote, die auf Fn. 6 des angefochtenen Beschlusses verweist, ergibt, hat die Kommission nämlich auf eine ganz spezielle frühere Sache Bezug genommen. Außerdem hat sie in den Erwägungsgründen 46, 47 und 49 des angefochtenen Beschlusses begründet, warum ihrer Auffassung nach zwischen grenzüberschreitenden Postdiensten für den Markt der adressierten B2X-Briefe und grenzüberschreitenden Postdiensten für den Markt der adressierten C2X-Briefe zu unterscheiden sei. Sie hat ausgeführt, dass sich der Wettbewerb sehr unterscheide und die Wettbewerbssituation auch von der Größe und der Bevölkerungszahl der einzelnen Städte abhänge. Nichts deute darauf hin, dass die Situation in Österreich anders gelagert wäre. Gemessen an den oben in den Rn. 20 und 46 dargestellten Anforderungen ist eine solche Begründung ausreichend. Die Betroffenen können ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen, und das zuständige Gericht kann seine Kontrollaufgabe wahrnehmen. |
159 |
Zweitens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Aufgliederung des relevanten Marktes in die Unterbereiche B2X international und C2X international erforderlich sei, festzustellen, dass sich die Klägerin auf die Behauptung beschränkt, dass die Daten zu den entsprechenden Marktanteilen nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Klägerin hat mit diesem Vorbringen aber nicht dargetan, dass die Kommission dadurch, dass sie zwischen den grenzüberschreitenden Postdiensten für den Markt der adressierten B2X-Briefe und den grenzüberschreitenden Postdiensten für den Markt der adressierten C2X-Briefe unterschieden hat, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte. Es stellt nämlich nicht die von der Kommission in den Erwägungsgründen 46 bis 49 des angefochtenen Beschlusses genannten Gründe für diese Unterscheidung in Frage (siehe oben, Rn. 155). Insoweit ist festzustellen, dass die WIK-Studie 2013, die der Kommission von der Klägerin vorgelegt wurde, die Feststellungen der Kommission im 46. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestätigte. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, warum sie in ihrem Antrag auf nationaler Ebene zwischen dem B2X-Markt und dem C2X-Markt unterschied, nicht aber auf internationaler Ebene, und zwar weder in ihrem Antrag noch in ihrem Schreiben an die Kommission vom 14. Januar 2014, in dem sie eine solche Unterscheidung ausdrücklich ablehnt, wie die Kommission vorträgt. |
160 |
Als Drittes macht die Klägerin geltend, sie habe der Kommission in Punkt 2.1 ihres Schreibens vom 2. Dezember 2013 Schätzungen der jeweiligen Anteile an den Märkten für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene und adressierte C2X-Briefe auf internationaler Ebene zur Verfügung gestellt, und die Kommission habe nicht erläutert, warum sie diese Schätzungen nicht für plausibel halte. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Wie nämlich aus Punkt 2.1.3 des Schreibens hervorgeht, hat die Klägerin lediglich für einen Gesamtmarkt B2X und C2X international Schätzungen vorgenommen, ohne zwischen den grenzüberschreitenden Postdiensten für den Markt der adressierten B2X-Briefe und den grenzüberschreitenden Postdiensten für den Markt der adressierten C2X-Briefe zu unterscheiden. Zum Vorbringen der Klägerin, sie habe der Kommission in Punkt 5 ihres Schreibens vom 8. November 2013 die Schätzungen vorgelegt, um die diese gebeten habe, ist festzustellen, dass dieser Punkt den Anteil der C2X-Briefe am allgemeinen Briefvolumen der Klägerin enthält, der keinerlei Aufschluss über den Anteil der Klägerin am Markt der C2X-Briefe auf internationaler Ebene geben kann. Die Feststellung der Kommission im 50. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die Klägerin habe keine ausführlichen Informationen über ihre Anteile an den einzelnen Märkten und die Marktanteile ihrer wichtigsten Mitbewerber vorlegen können, ist daher nicht zu beanstanden und verletzt auch nicht die Begründungspflicht. |
161 |
Als Viertes macht die Klägerin geltend, dass die Kommission ihrer eigenen Argumentation folgend zumindest den Markt B2X international von der Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/17 hätte ausnehmen müssen. Berücksichtige man, dass ihre Dienstleistungen auf dem Markt C2X international nach dem 46. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht substituierbar seien, ergebe sich, dass ihr Anteil am Markt B2X international erheblich unter [vertraulich] % liegen müsse, was auch im Einklang mit der Feststellung der Kommission im 47. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stehe, dass ihre Wettbewerber vor allem im städtischen Bereich zu finden seien. |
162 |
Diesem Vorbringen ist zu folgen. Die Kommission hat nämlich nicht bestritten, dass der Anteil der Klägerin am Markt der Postdienste für adressierte B2X- und C2X-Briefe auf internationaler Ebene unter [vertraulich] % lag, wie sich aus Abschnitt 5.2.2.2 des Antrags der Klägerin ergibt. Außerdem geht, wie die Klägerin vorträgt, aus dem 46. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass ihre Dienstleistungen auf dem Markt C2X international nicht substituierbar sind. Die Kommission hat in diesem Erwägungsgrund nämlich festgestellt, dass Privatpersonen im Allgemeinen keine andere Wahl hätten, als grenzüberschreitende Post mit ihrem jeweiligen Universaldienstanbieter zu verschicken. Demnach dürfte der Anteil der Klägerin am Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene weit unter [vertraulich] % liegen, was die Kommission bei ihrer Feststellung, dass diese Postdienste nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, nicht berücksichtigt hat. Somit hat die Kommission dadurch, dass sie die Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene nicht von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 ausgenommen hat, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. |
163 |
Folglich ist dem vierten Klagegrund insoweit stattzugeben, als er die Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene betrifft. Soweit er die Postdienste für adressierte C2X-Briefe auf internationaler Ebene betrifft, ist er zurückzuweisen. |
164 |
Was den Antrag auf Vernehmung der Sachverständigen der Klägerin als Zeugin angeht (siehe oben, Rn. 154), hält sich das Gericht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen für durch die Aktenstücke der Rechtssache und die Antworten auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen hinreichend unterrichtet und somit in der Lage, alle betreffenden wirtschaftlichen Fragen zu verstehen, um zu entscheiden, ob die Beurteilung der Kommission unter einem Beurteilungsfehler leidet. Soweit er den vorliegenden Klagegrund betrifft, ist dem Antrag daher nicht stattzugeben. |
Zum fünften Klagegrund: fehlerhafte Anwendung der Richtlinie 2004/17 und Begründungsmangel hinsichtlich der Frage, ob der Markt der Postdienste für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist
165 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 30 der Richtlinie 2004/17 verstoßen und einen Begründungsfehler begangen, dass sie in den Erwägungsgründen 51 bis 56 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Postdienste für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien. Nach der vollständigen Liberalisierung der Postdienste sei eine Unterscheidung zwischen adressierten B2X-Briefen auf nationaler Ebene und adressierter Werbung nicht mehr gerechtfertigt. Die Kommission habe bei der Abgrenzung des relevanten Marktes deshalb zu Unrecht auf dieselben Gesichtspunkte wie beim nationalen B2X-Markt abgestellt. Darüber hinaus gehe aus zahlreichen Studien hervor, dass der Markt der Postdienste für adressierte Werbung aufgrund der E-Substitution stark zurückgegangen sei. Die Kommission habe ihr Vorbringen und die von ihr vorgelegten Studien im angefochtenen Beschluss aber nicht berücksichtigt, sondern lediglich auf ihre früheren Entscheidungen verwiesen, die einen anderen örtlichen Markt beträfen und die Dynamik der Entwicklungen auf dem Kommunikationsmarkt nicht berücksichtigten. |
166 |
Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 51 bis 56 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Postdienste für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, so dass Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Österreich ermöglichen sollten, keine Anwendung finde. Adressierte Werbesendungen seien Postsendungen, die allein aus Anzeigen-, Marketing- oder Werbematerial bestünden und eine identische Mitteilung enthielten. Diese Art von Werbesendungen, die an Unternehmen oder an Privatpersonen adressiert werden könne, müsse den Namen und die Anschrift des Kunden tragen, und er müsse sich damit einverstanden erklärt haben, derartige Informationen zu erhalten (51. Erwägungsgrund). Die Behauptung der Klägerin, der Markt für adressierte Werbesendungen könne in den Markt der B2X-Postdienste für adressierte Briefe integriert werden, sei zurückzuweisen, da die Klägerin für sie keine empirischen Nachweise vorgelegt habe und sie nicht im Einklang mit der Entscheidung 2007/564/EG vom 6. August 2007 zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Finnland mit Ausnahme der Ålandinseln von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 (ABl. L 215, S. 21) stehe (52. Erwägungsgrund). Der relevante Produktmarkt sei demnach der Markt für Postdienste für adressierte Werbesendungen, an dem die Klägerin einen Anteil von [vertraulich] % habe (Erwägungsgründe 53 und 54). |
167 |
Hierzu ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, selbst wenn adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene und adressierte Werbesendungen, wie sie behauptet, zum selben Markt gehören sollten, nicht geeignet wäre, die Feststellungen der Kommission zu entkräften. Da die Feststellung der Kommission, dass der für die Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene relevante Produktmarkt der Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe sei, an dem die Klägerin einen Anteil von [vertraulich] % habe (siehe zweiter Klagegrund), nicht zu beanstanden ist und da unstreitig ist, dass der Anteil der Klägerin am Markt der Postdienste für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene ebenfalls [vertraulich] % betrug, hat die Kommission nämlich keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie festgestellt hat, dass die Klägerin auf diesem Markt in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sei. |
168 |
Jedenfalls hat die Klägerin mit ihrem Vorbringen nicht dargetan, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, als sie im 53. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass der relevante Produktmarkt der Markt der Postdienste für adressierte Werbesendungen sei. Zur Stützung ihres Vorbringens, dass nach der vollständigen Liberalisierung der Postdienste eine Unterscheidung zwischen adressierten B2X-Briefen und adressierter Werbung nicht mehr gerechtfertigt sei, beruft sich die Klägerin u. a. auf den 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6, nach dem Direktwerbung, die allein aus Anzeigen-, Marketing- oder Werbematerial besteht und, von Namen, Anschrift und Kennnummer des Empfängers abgesehen, eine identische Mitteilung enthält, als Briefsendung angesehen werden kann. Dass die Richtlinie 2008/6 adressierte Werbesendungen in regulatorischer Hinsicht als Briefsendungen ansieht, sagt aber noch nichts über die korrekte Abgrenzung des relevanten Marktes im Rahmen der Prüfung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 aus, wie die Kommission vorträgt. Ferner wird, wie die Kommission vorträgt, auch in der von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten WIK-Studie 2013 nicht davon ausgegangen, dass die adressierten B2X-Briefe auf nationaler Ebene und die adressierten Werbesendungen demselben Markt angehörten. In der ACM-Studie werden adressierte Werbesendungen ebenfalls als spezifisches Produkt betrachtet, und nach den Angaben in dieser Studie wendet die Klägerin für adressierte Werbesendungen und B2X-Briefe verschiedene Tarife an. |
169 |
Die Klägerin macht weiter geltend, aus zahlreichen Studien gehe hervor, dass der Markt für die Postdienste für adressierte Werbung aufgrund der E-Substitution stark zurückgegangen sei. Die Kommission habe ihr Vorbringen und die von ihr mit ihrem Antrag vorgelegten Studien im angefochtenen Beschluss aber nicht berücksichtigt, sondern lediglich auf ihre früheren Entscheidungen verwiesen, die einen anderen örtlichen Markt beträfen und die Dynamik der Entwicklungen auf dem Kommunikationsmarkt nicht berücksichtigten. |
170 |
Soweit die Klägerin zur Stützung ihres Vorbringens, die Kommission habe bei der Prüfung der Frage, ob bei den Diensten für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene die elektronische und die postalische Zustellung substituierbar seien, nicht alle relevanten Elemente berücksichtigt, lediglich auf das Vorbringen in ihrem Antrag und auf die mit ihm vorgelegten Studien verweist, ist bereits darauf hingewiesen worden (siehe oben, Rn. 151), dass die bloße Bezugnahme auf Anlagen nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen kann, die in der Klageschrift enthalten sein müssen; es ist nämlich nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion. Folglich ist diese Bezugnahme als unzulässig zurückzuweisen. |
171 |
Jedenfalls ist unstreitig, dass der Anteil der Klägerin am Markt für adressierte Werbesendungen in Österreich [vertraulich] % betrug, wie aus dem 54. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, in dem auf das Schreiben der Klägerin vom 2. Dezember 2013 verwiesen wird. In Anbetracht eines solchen Marktanteils und der Feststellung der Kommission im 55. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Liberalisierung des Postmarkts für adressierte Werbesendungen seit Januar 2011 zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses den Wettbewerbern lediglich einen aggregierten Marktanteil von etwa [vertraulich] % verschafft habe, ist der von ihr gezogene Schluss, dass die Postdienste für adressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, nicht zu beanstanden; die Kommission hat insoweit keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Allein mit dem allgemeinen Hinweis auf die Rückläufigkeit des Marktes der Postdienste für adressierte Werbesendungen hat die Klägerin kein relevantes Element dargetan, das die Kommission in Anbetracht der genannten Marktanteile bei der Beurteilung der Lage auf dem relevanten Markt hätte berücksichtigen müssen. |
172 |
Schließlich ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, die Kommission habe lediglich auf ihre früheren Entscheidungen verwiesen, die einen anderen örtlichen Markt beträfen und die Dynamik der Entwicklungen auf dem Kommunikationsmarkt nicht berücksichtigten. Im 52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission nämlich nicht nur auf ihre Entscheidung 2007/564 verwiesen, sondern auch festgestellt, dass die Klägerin zur Stützung ihrer Behauptung, der Markt für adressierte Werbesendungen könne in den Markt der B2X-Postdienste für adressierte Briefe integriert werden, keine empirischen Nachweise vorgelegt habe. |
173 |
Folglich ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen. |
Zum sechsten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung der Richtlinie 2004/17 und Begründungsmangel hinsichtlich der Frage, ob der Markt der Postdienste für unadressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist
174 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 30 der Richtlinie 2004/17 verstoßen und einen Begründungsfehler begangen, dass sie in den Erwägungsgründen 57 bis 64 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Postdienste für unadressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien. Hätte die Kommission alle relevanten Elemente berücksichtigt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass ihr im Jahr 2012 ein geschätzter Anteil von lediglich [vertraulich] % am Markt für unadressierte Werbungen zugekommen sei. In der Erwiderung beantragt die Klägerin die Vernehmung ihrer Sachverständigen als Zeugin. |
175 |
Die Kommission ist in den Erwägungsgründen 57 bis 64 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gekommen, dass die Postdienste für unadressierte Werbesendungen auf nationaler und internationaler Ebene in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, so dass Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Österreich ermöglichen sollten, keine Anwendung finde. Unadressierte Werbesendungen seien dadurch gekennzeichnet, dass sie keine Empfängeradresse trügen. Es handele sich dabei um nicht angeforderte Sendungen, die bestimmte Kriterien wie einheitliches Gewicht und Format sowie einheitliche Inhalte und Aufmachung erfüllten und sich jeweils an eine bestimmte Empfängergruppe richteten (57. Erwägungsgrund). Der Markt für unadressierte Werbesendungen umfasse nach Ansicht der Klägerin auch die Werbung in anderen Medien einschließlich der Werbung in Tageszeitungen und regionalen Wochenzeitungen. Ausgangspunkt für die Ansicht der Klägerin sei die Tatsache gewesen, dass das österreichische Kartellgericht im Jahr 2009 anerkannt habe, dass sowohl direkte Werbung als auch unadressierte Werbung als Teil ein und desselben relevanten Marktes für frei vertriebene Zeitungen betrachtet werden könnten. Gleichwohl habe dieses Gericht entschieden, dass die Substituierbarkeit nur für Großkunden gelte, und habe verschiedene Unterscheidungen in Bezug auf den relevanten geografischen Markt getroffen (58. Erwägungsgrund). Die Klägerin habe diese Schlussfolgerung auf sämtliche Zeitungen ausgedehnt und impliziert, dass die Zustellung von kostenlosen unadressierten Postsendungen im Wettbewerb mit der Werbung in allen Zeitungen stehe. Die Klägerin habe auch einen HM-Test durchgeführt, dessen Ergebnisse von der Kommission gebührend berücksichtigt worden seien. Die von der Klägerin vorgenommene weite Auslegung des Urteils des betreffenden österreichischen Gerichts stehe jedoch nicht im Einklang mit ihren früheren Entscheidungen, wonach die verschiedenen Medien einander ergänzten und nicht untereinander austauschbar seien (59. Erwägungsgrund). Die österreichischen Behörden hätten auf ihre Bitte, ihre Meinung in Bezug auf die vorgeschlagene Definition des Marktes für unadressierte Werbesendungen unter gebührender Berücksichtigung des Urteils des betreffenden österreichischen Gerichts und der derzeitigen Rechts- und Sachlage in Österreich mitzuteilen, keine zusätzlichen Informationen zur Begründung der Behauptungen der Klägerin mitteilen können (60. Erwägungsgrund). Die der Kommission vorliegenden Informationen seien folglich nicht schlüssig genug, um die von der Klägerin vorgeschlagene Marktdefinition untermauern zu können (61. Erwägungsgrund). Relevanter Produktmarkt sei der Markt der Postdienste für unadressierte Werbesendungen, an dem die Klägerin einen Anteil von [vertraulich] % habe (Erwägungsgründe 62 und 63). |
176 |
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 38 bis 41), verfügt die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes über ein weites Ermessen, das nur Gegenstand einer beschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter sein kann, und die Klägerin trägt die Beweislast für die Definition des relevanten Marktes. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war die Kommission daher nicht verpflichtet, eigene Analysen durchzuführen (siehe oben, Rn. 125). Wie ebenfalls bereits festgestellt (siehe oben, Rn. 56 und 57), umfasst der relevante Produktmarkt alle Waren oder Dienstleistungen, die vom Verbraucher aufgrund ihrer Merkmale, ihrer Preise und ihres Verwendungszwecks für austauschbar oder substituierbar gehalten werden. |
177 |
Als Erstes macht die Klägerin unter Berufung auf die ihrem Antrag auf Anwendung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 beigefügte Studie „Austrian Print Advertising Market“ der Unternehmensberatung E. vom September 2013 (im Folgenden: APAM-Studie) geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass unadressierte Werbesendungen und Postwurfsendungen sowie Anzeigen in kostenlosen Zeitungen aus Sicht der Nachfrager die gleichen Produkteigenschaften und Verwendungszwecke aufwiesen und dass der relevante Markt daher sowohl unadressierte Werbesendungen und Postwurfsendungen als auch Anzeigen in kostenlosen Zeitungen umfasse. Auf Nachfrageseite seien Postwurfsendungen und Anzeigen in Gratiszeitungen als Werbeformen austauschbar, da sowohl der Preis der Werbeform als auch die Erreichbarkeit potenzieller Kunden im Wesentlichen gleich seien. In Bezug auf die Erreichbarkeit habe sie dargetan, dass neben den zwei größten in Österreich herausgegebenen Zeitungen seit dem Jahr 2009 eine Kooperation der wöchentlichen Gratiszeitungen in Österreich bestehe, die zusammen den Großteil Österreichs abdeckten. Mit Werbung in Gratiszeitungen könne also bereits eine sehr hohe Reichweite erzielt werden. Preislich liege der Tausenderkontaktpreis in einer Bandbreite zwischen [vertraulich] Euro für Anzeigen in Supplements von Tageszeitungen und [vertraulich] Euro für unadressierte Werbesendungen und Postwurfsendungen. Der Preisunterschied zwischen Werbungen in Tageszeitungen ([vertraulich] Euro) und unadressierter Werbung in Form von Broschüren ([vertraulich] Euro) betrage lediglich ca. vier Euro. Der APAM-Studie komme es allein darauf an, dass die in der Postwurfsendung bzw. der Anzeige enthaltenen Werbeinformationen die Haushalte erreichten. |
178 |
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, als sie im 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die ihr vorliegenden Informationen nicht schlüssig genug seien, um die von der Klägerin vorgeschlagene Marktdefinition zu untermauern. Wie die Kommission vorträgt, ergibt sich nämlich aus der APAM-Studie, dass zwischen den Eigenschaften unadressierter Werbebeilagen und von Werbung in Zeitungen wesentliche Unterschiede bestehen. |
179 |
Erstens ist festzustellen, dass, anders als die Klägerin behauptet, aus der APAM-Studie nicht hervorgeht, dass es allein darauf ankomme, dass die in der Postwurfsendung bzw. der Anzeige enthaltenen Werbeinformationen die Haushalte erreichten. Wie die Kommission vorträgt, sind nach Abschnitt 2.2.2 dieser Studie die Hauptkriterien für die Werbung ihre Nützlichkeit, ihre Glaubwürdigkeit und die Frage, ob sie informativ ist. Die Klägerin trägt zutreffend vor, dass an dieser Stelle der APAM-Studie kein Vergleich zwischen unadressierter Werbesendung und Werbebeilagen oder Werbeanzeigen in Zeitungen angestellt werde. Die genannten Kriterien betreffen aber die Merkmale der verschiedenen Werbeformen. Wie aus der APAM-Studie hervorgeht, bestehen gerade hinsichtlich dieser Merkmale Unterschiede zwischen Postdiensten für unadressierte Werbesendungen und Werbung in Zeitungen. Nach Abschnitt 2.2.1 der APAM-Studie ist das Hauptproblem von Postwurfsendungen das Fehlen eines Kontexts und einer Verbindung mit einem Träger wie einer Zeitung, so dass unadressierte Werbung oft als Störung empfunden werde. Abschnitt 2.2.1 der Studie lässt sich dahin zusammenfassen, dass Zeitungen einschließlich der Werbebeilagen von [vertraulich] % der Empfänger mit in die Wohnung genommen würden, unadressierte Werbung hingegen nur von [vertraulich] % der Empfänger. Die APAM-Studie gelangt daher zu dem Ergebnis, dass unadressierte Werbung mit geringerer Wahrscheinlichkeit gelesen werde als Werbung in Zeitungen. Wie die Kommission vorträgt, geht aus der APAM-Studie auch hervor, dass Leser der Werbung in Zeitungen ein großes Vertrauen entgegenbringen und dass die Glaubwürdigkeit ein recht wichtiges Element von Werbung ist. |
180 |
Zweitens ist zu dem Vorbringen, die Preise von Postwurfsendungen und Anzeigen in Gratiszeitungen seien im Wesentlichen gleich, festzustellen, dass es auf den in der APAM-Studie enthaltenen Feststellungen zu den Tausenderkontaktpreisen beruht. Nach Abschnitt 1.2 der APAM-Studie lesen in den 4,3 Millionen Haushalten in Österreich durchschnittlich 2,3 Personen Werbesendungen. Da die Bevölkerung Österreichs im Januar 2013, wie die Kommission geltend macht und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts nicht bestritten hat, etwa 8,51 Millionen betrug, konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass jeder der 4,3 Millionen Haushalte in Österreich durchschnittlich 2,3 Personen umfasst. Im Übrigen geht aus Abschnitt 2.2.1 der APAM-Studie hervor, dass unadressierte Werbesendungen von [vertraulich] % der Empfänger weggeworfen werden. |
181 |
Außerdem weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass die Klägerin ihrer Berechnung den niedrigsten der drei anwendbaren Tarife zugrunde gelegt hat, wie sich aus Abschnitt 1.2 der APAM-Studie ergibt. Die Klägerin rechtfertigt das Abstellen auf diesen Tarif damit, dass Postwurfsendungen überwiegend in Ballungsräumen zugestellt würden, in denen der gewählte Tarif anwendbar sei. Hierzu ist festzustellen, dass der durchschnittliche Empfänger von unadressierter Werbung nach Abschnitt 2.2.1 der APAM-Studie im ländlichen Raum lebt. Ferner ergibt sich, wie die Kommission vorträgt, aus Abschnitt 1.2 der APAM-Studie, dass die Klägerin den Preis für die niedrigste Gewichtsklasse angesetzt hat, ohne zu erläutern, warum gerade diese einschlägig sein soll. Zudem ist unstreitig, dass die von der Klägerin zugrunde gelegten Preise, wie die Kommission vorträgt, nicht den Druck der Werbematerialien enthalten, was beim Tausenderkontaktpreis für Anzeigen in Zeitungen anders ist. |
182 |
Zu dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die Kommission habe in ihrem Durchführungsbeschluss 2014/299 nicht bestritten, dass es einen gemeinsamen Markt gebe, der sowohl unadressierte Werbesendungen als auch Anzeigen in Gratiszeitungen umfasse, ist festzustellen, dass dieser Beschluss den Postsektor auf dem ungarischen Markt betraf. Zwar hat die Kommission den relevanten Markt im 16. Erwägungsgrund des Beschlusses als von Postbetreibern erbrachte Dienste im Zusammenhang mit unadressierten Werbesendungen definiert. Diese Definition beruhte aber gerade auf den in den Erwägungsgründen 11 bis 15 des Beschlusses enthaltenen Angaben zum ungarischen Markt. Die Klägerin hat weder behauptet noch nachgewiesen, dass die Situation auf dem österreichischen Markt und die von der Kommission im Durchführungsbeschluss 2014/299 untersuchte Situation auf dem ungarischen Markt vergleichbar wären. Ihr Vorbringen ist daher zurückzuweisen. |
183 |
Als Zweites macht die Klägerin geltend, sie habe im Einklang mit der Bekanntmachung über die Marktdefinition die Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite und auf der Angebotsseite untersucht sowie in der APAM-Studie einen HM-Test durchgeführt, der bestätigt habe, dass in Österreich ein gemeinsamer Markt für unadressierte Postwurfsendungen und Anzeigen oder Beilagen in Gratiszeitungen bestehe. Der bei 248 Unternehmen und nicht, wie im angefochtenen Beschluss angegeben, bei 248 Personen durchgeführte HM-Test habe ergeben, dass eine Preiserhöhung um 5 % zu einem Rückgang der Werbungen durch Postwurfsendungen in Höhe von [vertraulich] % führen würde. Der Nachfrageverlust wäre so hoch, dass eine solche Preiserhöhung für sie nicht profitabel wäre. Ihr Vorbringen sowie die Ergebnisse der APAM-Studie, insbesondere die Struktur des österreichischen Werbemarkts sowie der HM-Test, würden von der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht ausreichend berücksichtigt. Aus der APAM-Studie ergebe sich, dass Postwurfsendungen und Anzeigen in Zeitungen aus Nachfragersicht austauschbar seien. Die im 58. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Entscheidung des österreichischen Gerichts bilde lediglich einen Ausgangspunkt für die von ihr dargelegte Marktabgrenzung, solle jedoch keineswegs die vorgelegten Analysen und Studien ersetzen. Soweit sich die Kommission im 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die Angabe beschränkt habe, dass die ihr vorliegenden Informationen nicht schlüssig genug seien, um die von ihr dargelegte Marktabgrenzung untermauen zu können, habe sie ihre Begründungspflicht verletzt. Indem sie sich nicht mit den Argumenten der Klägerin und den von dieser vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe, habe sie ferner den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. |
184 |
Erstens kann dem Vorbringen, die Beurteilung der Kommission leide unter einem offensichtlichen Fehler, weil ein HM-Test ergeben habe, dass in Österreich ein gemeinsamer Markt für unadressierte Postwurfsendungen und Anzeigen oder Beilagen in Gratiszeitungen bestehe, nicht gefolgt werden. Die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 59 und 61 des angefochtenen Beschlusses, dass die ihr vorliegenden Informationen nach gebührender Berücksichtigung der Ergebnisse des HM-Tests, dessen Fragebögen ihr von der Klägerin mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 vorgelegt worden seien, nicht schlüssig genug seien, um die von der Klägerin vorgeschlagene Marktdefinition untermauern zu können, leidet nämlich nicht unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler. |
185 |
Da es nach den von der Kommission vorgelegten österreichischen Statistiken in Österreich 2011 etwa 311000 Unternehmen gab und die Zahl der befragten Unternehmen auf 248 begrenzt war, kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, Zweifel an der Repräsentativität der durchgeführten Umfrage geäußert zu haben. Außerdem ergibt sich aus Tabelle 52 der APAM-Studie, dass die Verteilung nach der Größe der in die betreffende Befragung einbezogenen Unternehmen für die Unternehmen der österreichischen Wirtschaft nicht repräsentativ war. Zu dem Vorbringen, vor allem Einzelhandelsunternehmen mit oft mehr als 250 Mitarbeitern nutzten Flugblätter als Werbeform, ist festzustellen, dass die Klägerin keinen Beleg dafür geliefert hat, dass ihre Auswahl repräsentativ war, zumal die Auswahl der 248 Unternehmen unter ihren umsatzstärksten Kunden allein von deren Bereitschaft zur Teilnahme an der Befragung abhing. |
186 |
Was im Übrigen das Vorbringen der Klägerin angeht, entgegen den Angaben der Kommission im 59. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses seien nicht Personen, sondern Unternehmen befragt worden, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass der Ausdruck „Personen“ sowohl natürliche als auch juristische Personen umfasst. Die Verwendung des Ausdrucks „Personen“ durch die Kommission ist also nicht zu beanstanden. |
187 |
Zweitens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie sich im 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die Angabe beschränkt habe, dass die ihr vorliegenden Informationen nicht schlüssig genug seien, um die von der Klägerin dargelegte Marktabgrenzung untermauen zu können, ihre Begründungspflicht verletzt. Daraus gehe in keiner Weise hervor, ob sich dies auf die von ihr durchgeführten Befragungen oder aber auf die bei den österreichischen Behörden eingeholten zusätzlichen Informationen beziehe. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Wie an der Verwendung des Ausdrucks „folglich“ im 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu erkennen ist, enthält er eine Schlussfolgerung. Sie basiert auf den Erwägungsgründen 57 bis 60 des angefochtenen Beschlusses, in denen es sowohl um die Beurteilung der von der Klägerin durchgeführten Befragungen als auch um die Antwort der österreichischen Behörden geht. |
188 |
Drittens ist zum Vorbringen der Klägerin, ihr durch Art. 6 AEUV und durch Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierter Anspruch auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, dass sich die Kommission nicht mit ihren Argumenten und den von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe, darauf hinzuweisen, dass Art. 41 („Recht auf eine gute Verwaltung“) der Charta der Grundrechte in Abs. 1 bestimmt: „Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.“ Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte umfasst dieses Recht insbesondere das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. Nach der Rechtsprechung zum Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, in Fällen, in denen die Organe der Union über einen Beurteilungsspielraum verfügen, eine umso größere Bedeutung zu; zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg, EU:C:1991:438, Rn. 14). Wie sich aus den vorstehenden Rn. 176 bis 187 ergibt, hat die Kommission nicht gegen diese Verpflichtung verstoßen. |
189 |
Folglich ist der sechste Klagegrund zurückzuweisen. |
190 |
Die Klägerin hat die Vernehmung ihrer Sachverständigen als Zeugin beantragt (siehe oben, Rn. 174). Sie soll zur APAM-Studie und zu den Kriterien der Erreichbarkeit und des Tausenderkontaktpreises sowie zu den Belegen für die Austauschbarkeit von unadressierten Werbesendungen und Anzeigen in Gratiszeitungen gehört werden. Hierzu ist festzustellen, dass dieser Antrag im Stadium der Erwiderung gestellt wurde, ohne dass seine Verspätung gerechtfertigt worden wäre. Er ist deshalb gemäß Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 als unzulässig zurückzuweisen. Jedenfalls hält sich das Gericht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen für durch die Aktenstücke der Rechtssache und die Antworten auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen hinreichend unterrichtet und somit in der Lage, alle betreffenden wirtschaftlichen Fragen zu verstehen, um zu entscheiden, ob die Beurteilung der Kommission unter einem Beurteilungsfehler leidet. Soweit er den vorliegenden Klagegrund betrifft, ist dem Antrag daher nicht stattzugeben. |
Zum siebten Klagegrund: fehlerhafte Begründung und Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich der Frage, ob der Markt der Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist
191 |
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch einen Begründungsfehler begangen und gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, dass sie in den Erwägungsgründen 65 bis 69 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien. Hätte die Kommission alle relevanten Elemente berücksichtigt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass ein gemeinsamer Markt für tägliche, wöchentliche und monatliche Standardzustellung bestehe und dass die Klägerin auf diesem Markt unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sei. Dadurch habe die Kommission auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zum Nachweis ihres Vorbringens und zur Erörterung der Studie „Austrian Delivery Market for Newspapers“ der Unternehmensberatung E. vom September 2013 (im Folgenden: ADMN-Studie) beantragt die Klägerin die Vernehmung ihrer Sachverständigen, der Verfasserin der ADMN-Studie, als Zeugin. |
192 |
Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 65 bis 69 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien, so dass Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 auf Verträge, die die Ausübung dieser Tätigkeiten in Österreich ermöglichen sollten, keine Anwendung finde. In der Entscheidung 2007/564 sei zwischen der Frühzustellung und der Standardzustellung von Zeitungen unterschieden worden (65. Erwägungsgrund). Die Klägerin sei nicht auf dem Gebiet der Frühzustellung von Zeitungen, sondern auf dem Gebiet der Standardzustellung von Zeitungen tätig (66. Erwägungsgrund). Der relevante Produktmarkt sei der Markt der Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen, an dem die Klägerin einen Anteil von [vertraulich] % habe. Ihre wichtigsten Wettbewerber seien die von Verlagen organisierten nationalen oder regionalen Netze, von denen adressierte und unadressierte Zeitungen an die Haushalte zugestellt würden. Diese Wettbewerber hätten jedoch insgesamt nur einen kumulierten Marktanteil von [vertraulich] % (Erwägungsgründe 67 und 68). |
193 |
Was als Erstes das Vorbringen angeht, die Kommission habe gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, macht die Klägerin geltend, der generelle Verweis auf eine frühere Entscheidung im 65. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stelle keine ausreichende Begründung dar. Die betreffende Entscheidung behandele den Zustellmarkt in Finnland. Die Kommission habe nicht dargetan, inwieweit ein Zusammenhang zwischen dem finnischen Markt und der spezifischen Marktsituation in Österreich bestehe. Im angefochtenen Beschluss werde nicht begründet, warum die Kommission zwischen der Frühzustellung von Zeitungen und der Standardzustellung differenziert habe. Da sich die Strukturen der Märkte in den einzelnen Mitgliedstaaten zum Teil gravierend unterschieden, hätte die Kommission zur Nachvollziehbarkeit ihrer Begründung die hinreichende Ähnlichkeit des finnischen und des österreichischen Marktes für Zeitungszustellungen nachweisen müssen. Sie hätte ferner die konkrete Marktsituation in Österreich analysieren und ihre Entscheidung entsprechend begründen müssen. |
194 |
Hierzu ist festzustellen, dass die von der Kommission vorgenommene Differenzierung zwischen der Frühzustellung von Zeitungen und der Standardzustellung im angefochtenen Beschluss in der Tat nicht näher begründet wird. Dort wird aber auf die Praxis der Kommission verwiesen, wie sie in der Entscheidung 2007/564 zum Ausdruck kommt, mit der die Kommission bestimmte Dienstleistungen des Postsektors in Finnland von der Anwendung der Richtlinie 2004/17 ausgenommen hat. Aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung 2007/564 ergibt sich, dass die Kommission in ihrer Praxis zwischen der Früh- und der Standardzustellung von Zeitungen unterschieden hat. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 83), war die Klägerin eng in das Verwaltungsverfahren einbezogen, und die Kommission hatte der von der Klägerin beauftragten Sachverständigen sogar den Beschlussentwurf übermittelt und in einer Besprechung am 28. März 2014 mit ihr erörtert. Der bei dieser Besprechung diskutierte Beschlussentwurf enthielt bereits den Text des 65. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses. |
195 |
Außerdem hat die Kommission die Klägerin (Schreiben vom 28. November 2013) und die Republik Österreich (Schreiben vom 5. Dezember 2013) darüber unterrichtet, dass sie in ihrer bisherigen Entscheidungspraxis zwischen der Frühzustellung von Zeitungen und der Standardzustellung unterschieden habe. In ihrem Schreiben an die von der Klägerin beauftragte Sachverständige vom 13. Januar 2014 hat die Kommission ausdrücklich auf diese Differenzierung hingewiesen. |
196 |
Zudem ist festzustellen, dass sich die Klägerin in Abschnitt 3.1.6 ihres Antrags, der den Markt der Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen betrifft, im Wesentlichen auf die Behauptung beschränkt, dass der relevante Produktmarkt die Zustellung täglich, wöchentlich und monatlich erscheinender adressierter und unadressierter Zeitungen und Zeitschriften in Österreich umfasse, wobei sie allgemein auf die ADMN-Studie verweist. Damit hat die Klägerin nicht dargetan, warum die von der Kommission in ihrer Praxis vorgenommene Unterscheidung zwischen der Frühzustellung von Zeitungen und der Standardzustellung fehlerhaft wäre. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe auf einer bestimmten Seite der ADMN-Studie die Parameter für die Marktabgrenzung dargelegt, ist festzustellen, dass sich dort lediglich eine Beschreibung der Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Bronner (C‑7/97, Slg, EU:C:1998:264) befindet. Wie sich aus Nr. 31 dieser Schlussanträge ergibt, wurde die Frage der genauen Abgrenzung des Marktes in dieser Rechtssache aber offengelassen. In seinem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, Slg, EU:C:1998:569, Rn. 34), hat der Gerichtshof es dem nationalen Gericht überlassen, die Frage der Abgrenzung des Marktes zu prüfen. |
197 |
Da der Klägerin die Praxis der Kommission bekannt war, da sie, wie auch die Kommission vorträgt, keine substanzielle Begründung für eine andere Abgrenzung des relevanten Marktes geliefert hat und da die Kommission nicht verpflichtet war, mögliche Einwände vorwegzunehmen (siehe oben, Rn. 46), kann also nicht festgestellt werden, dass die Kommission den oben in den Rn. 20 und 46 dargelegten Anforderungen an die Begründung nicht genügt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, Slg, EU:T:2010:266, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
198 |
Soweit die Klägerin als Zweites einen Begründungsmangel und eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (siehe dazu oben, Rn. 188) geltend macht, rügt sie im Wesentlichen, die Kommission habe sich mit ihrem Vorbringen und der von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten ADMN-Studie nicht ausreichend auseinandergesetzt. Sie habe in ihrem Antrag auf Anwendung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 detailliert ausgeführt, dass der sachlich relevante Markt die Zustellung von täglich, wöchentlich und monatlich erscheinenden adressierten und unadressierten Zeitungen und Zeitschriften in Österreich umfasse. Wie sich aus der ADMN-Studie ergebe, gehörten zu den Anbietern landesweiter Zustellungen von Zeitungen und Zeitschriften neben ihr zwei Netzwerke. Außerdem habe sie in ihrem Antrag dargelegt, dass die Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften für jeden Wettbewerber frei zugänglich sei und dass ihr Marktanteil im Bereich der Tageszeitungen [vertraulich] % betrage. Auch wenn man die Zustellung von wöchentlich oder monatlich erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften einbeziehe, sei sie mit einem Marktanteil von [vertraulich] % unmittelbarem Wettbewerb durch andere Zusteller ausgesetzt. In Anbetracht der ADMN-Studie hätte die Kommission jedenfalls gemäß Rn. 41 der Mitteilung über die Definition des relevanten Marktes eine exakte Abgrenzung des relevanten Marktes vornehmen müssen, was sie im sechsten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aber nicht getan habe. Die Netze ihrer Wettbewerber bestünden in Österreich bereits, und sie könnten jederzeit in den Markt eintreten. |
199 |
Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen nicht dargetan hat, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, als sie den relevanten Produktmarkt im 67. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter Ausschluss der Dienstleistungen der Frühzustellung von Zeitungen als den Markt der Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen definiert hat. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 196), hat die Klägerin in ihrem Antrag und in der ADMN-Studie, auf die sie vor dem Gericht verweist, nämlich nicht dargetan, dass die Kommission in ihrer Praxis und im angefochtenen Beschluss zu Unrecht zwischen der Frühzustellung von Zeitungen und der Standardzustellung unterschieden hätte. |
200 |
Im Übrigen ist zur allgemeinen Bezugnahme der Klägerin auf ihren Antrag und auf die ADMN-Studie festzustellen, dass, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 151), eine bloße Bezugnahme auf Anlagen nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen kann, die in der Klageschrift enthalten sein müssen; es ist nämlich nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion. Die allgemeine Bezugnahme der Klägerin auf ihren Antrag und die ADMN-Studie ist also als unzulässig zurückzuweisen. Jedenfalls ist festzustellen, dass die ADMN-Studie, anders als die Klägerin behauptet, auch Erwägungen enthält, wonach bei der Bestimmung des relevanten Produktmarkts zwischen der Früh- und der Standardzustellung von Zeitungen zu unterscheiden ist. Nach Abschnitt 1 der Studie findet die Zustellung von Zeitungen nämlich zu verschiedenen Uhrzeiten statt und stellt ein Qualitätsmerkmal dar. Tageszeitungen müssten morgens im Briefkasten sein, bevor die Leute aus dem Haus gingen, während wöchentliche und regionale Zeitungen, die vor allem durch Werbung finanziert würden, tagsüber zugestellt würden, weil sie weniger zeitsensibel seien. |
201 |
Zweitens ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bestritten hat, dass sie nicht auf dem Gebiet der Frühzustellung von Zeitungen tätig ist und am Markt der Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen einen Anteil von [vertraulich] % hat, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 66 und 68 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat. |
202 |
Drittens macht die Klägerin geltend, aus der ADMN-Studie ergebe sich, dass die Kommission jedenfalls eine exakte Abgrenzung des Marktes der Postdienste für die Zustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen hätte vornehmen müssen. Die Ausführungen im sechsten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass eine genaue Definition des relevanten Marktes offengelassen werden könne, seien unrichtig. Eine exakte Marktabgrenzung im Einklang mit den durch die Rechtsprechung und in Rn. 41 der Bekanntmachung über die Marktdefinition vorgeschriebenen Methoden sei unerlässlich. |
203 |
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Produktmarkts auf die ADMN-Studie Bezug nimmt, wurde ihr Vorbringen bereits zurückgewiesen (siehe oben, Rn. 200). Soweit sich das Vorbringen der Klägerin auf den sechsten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bezieht, ist festzustellen, dass die genaue Definition des relevanten Marktes nach diesem Erwägungsgrund, der zu dem Teil des angefochtenen Beschlusses gehört, der den rechtlichen Rahmen betrifft, für die Zwecke des angefochtenen Beschlusses, wenngleich in bestimmten Fällen eine engere oder eine weitere Marktdefinition in Betracht kommen könnte, offengelassen werden konnte, da das Ergebnis der Analyse unabhängig davon, ob sie sich auf eine eng oder eine weit gefasste Definition stützt, gleich bleibt. Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Frage der genauen Definition des relevanten Marktes u. a. bei den Postdiensten für adressierte B2X-Briefe auf nationaler Ebene offengelassen, wie sich aus dem 29. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, bei den Postdiensten für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen hingegen nicht. |
204 |
Zu dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission hätte eine exakte Abgrenzung des Marktes vornehmen müssen, und zwar nach den Methoden, wie sie durch die Rechtsprechung und durch Rn. 41 der Bekanntmachung über die Marktdefinition, nach der die Verbraucherpräferenzen einen Nachweis darstellen, anhand dessen sich beurteilen lässt, ob zwei Produkte Nachfragesubstitute sind, vorgeschrieben seien, ist festzustellen, dass, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 41), der Antragsteller und der betroffene Mitgliedstaat die Beweislast dafür tragen, dass die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17 genannten Bedingungen erfüllt sind, und die Kommission im Vergleich zu den umfangreichen Untersuchungsbefugnissen, die ihr die Verordnungen Nrn. 1/2003 und 139/2004 bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union einräumen, bei der Anwendung von Art. 30 der Richtlinie 2004/17 nur über begrenzte Befugnisse verfügt. Im vorliegenden Fall oblag es also der Klägerin, genügend Nachweise für die Definition des relevanten Produktmarkts beizubringen. |
205 |
Viertens ist zu dem Vorbringen, die Netze ihrer Wettbewerber bestünden in Österreich bereits und die Wettbewerber könnten, da keine Eintrittsbarrieren vorlägen, jederzeit in den Markt eintreten, festzustellen, dass die Kommission in Anbetracht des sehr hohen Anteils der Klägerin sowohl am Markt der Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen ([vertraulich] %) als auch am Markt der Postdienste für adressierte B2X- bzw. C2X-Briefe auf nationaler Ebene von jeweils [vertraulich] % (siehe oben, Rn. 99 und 139) keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie zu dem Ergebnis kam, dass die Postdienste für die Standardzustellung von adressierten und unadressierten Zeitungen in Österreich nicht unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt seien. |
206 |
Der siebte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. |
207 |
Was den Antrag auf Vernehmung der Sachverständigen der Klägerin als Zeugin angeht (siehe oben, Rn. 191), hält sich das Gericht in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen für durch die Aktenstücke der Rechtssache und die Antworten auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen hinreichend unterrichtet und somit in der Lage, alle betreffenden wirtschaftlichen Fragen zu verstehen, um zu entscheiden, ob die Beurteilung der Kommission unter einem Beurteilungsfehler leidet. Soweit er den vorliegenden Klagegrund betrifft, ist dem Antrag daher nicht stattzugeben. |
208 |
Nach alledem ist der Klage, soweit sie die Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene betrifft, teilweise stattzugeben (siehe oben, Rn. 163). Folglich ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit darin festgestellt wird, dass die Richtlinie 2004/17 auf den Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene in Österreich weiterhin zur Anwendung kommen solle. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. |
Kosten
209 |
Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. |
210 |
Im vorliegenden Fall ist den Anträgen der Klägerin stattzugeben, die darauf gerichtet sind, dass der angefochtene Beschluss für nichtig erklärt wird, soweit die Richtlinie 2004/17 auf den Markt der Postdienste für adressierte B2X-Briefe auf internationaler Ebene in Österreich weiterhin zur Anwendung kommen soll. Dagegen ist die Klage abzuweisen, soweit sie die übrigen relevanten Märkte für Postdienste betrifft. Es ist somit nach den Umständen des Falles angemessen, dass die Klägerin ihre eigenen Kosten und acht Zehntel der Kosten der Kommission und die Kommission zwei Zehntel ihrer eigenen Kosten trägt. |
Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: |
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Dittrich Schwarcz Tomljenović Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. April 2016. Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.
( 1 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.