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Document 62014CC0409

Schlussanträge der Generalanwältin J. Kokott vom 4. Februar 2016.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2016:76

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 4. Februar 2016 ( 1 )

Rechtssache C‑409/14

Schenker Nemzetközi Szállítmányozási és Logisztikai Kft.

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Vám- és Pénzügyőri Főigazgatósága

(Vorabentscheidungsersuchen des Debreceni Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság [Verwaltungs- und Arbeitsgericht Debrecen, Ungarn])

„Gemeinsamer Zolltarif — Tarifpositionen — Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur — Richtlinie 2008/118 — Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren — Zollamtliche Nichterhebungsverfahren — Auswirkungen einer Zollanmeldung unter Nennung einer falschen Unterposition der Kombinierten Nomenklatur — Unregelmäßigkeiten während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren“

I – Einleitung

1.

Dem Vorabentscheidungsersuchen des Debreceni Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság ( 2 ) (im Folgenden: vorlegendes Gericht) liegt ein Rechtsstreit zwischen Schenker Nemzetközi Szállítmányozási és Logisztikai Kft. (im Folgenden: Schenker) und Nemzeti Adó és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Vám és Pénzügyőri Főigazgatósága ( 3 ) (im Folgenden: Oberfinanzdirektion) zugrunde.

2.

Thematisch berührt dieser Rechtsstreit eine Schnittstelle zwischen europäischem Zoll- und Verbrauchsteuerrecht und macht es daher notwendig, die wechselseitigen Beziehungen dieser Rechtsgebiete herauszuarbeiten.

3.

Im Wesentlichen geht es dabei um die Frage, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen fehlerhafte Zoll-Begleitdokumente von in die EU gelangten Waren dazu führen können, dass im betreffenden Mitgliedstaat ein Verbrauchsteueranspruch für diese Waren entsteht.

II – Rechtlicher Rahmen

4.

Die Einreihung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren richtet sich nach dem Harmonisierten System und der Kombinierten Nomenklatur. Den rechtlichen Rahmen für die übrigen Aspekte des Falles bilden der Zollkodex der Gemeinschaften, die Richtlinie über das allgemeine Verbrauchsteuersystem, die Richtlinie über die Struktur und Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren sowie das ungarische Verbrauchsteuergesetz.

A – Das Harmonisierte System

5.

Das Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren ( 4 ) (im Folgenden: Harmonisiertes System oder HS) legt eine multifunktionale Nomenklatur fest, die es ermöglichen soll, alle im internationalen Handel vorkommenden Waren zu erfassen. Die Union ist Vertragspartei dieses Übereinkommens, das in seiner englischen und französischen Fassung verbindlich ist ( 5 ).

6.

Das HS enthält in Kapitel 24 („Tabacs et succédanés de tabac fabriqués“; „Tobacco and manufactured tobacco substitutes“) seines Abschnitts IV bestimmte Positionen und Unterpositionen für die jeweiligen Waren.

7.

Die Weltzollorganisation gibt außerdem Erläuterungen zum HS heraus (im Folgenden: Erläuterungen HS). Gleichermaßen maßgebend sind dabei auch hier die französische und die englische Fassung ( 6 ).

B – Unionsrecht

1. Kombinierte Nomenklatur

8.

Die Kombinierte Nomenklatur der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 ( 7 ) (im Folgenden: Kombinierte Nomenklatur oder KN) beruht auf dem HS. Sie hat die Struktur des HS übernommen, stellt aber zusätzlich eine weitere Aufgliederung bereit, die tariflichen und statistischen Zwecken dient. Auf dem HS fußen u. a. die Positionen (d. h. die ersten vier Ziffern) und die ersten Unterpositionen bis zur sechsten Ziffer des Zolltarifs. Die weiteren Untergliederungen beruhen auf sekundärem Unionsrecht.

9.

In Titel 1 („Allgemeine Vorschriften“) ihres Teiles I („Einführende Vorschriften“) enthielt die KN zum maßgebenden Zeitpunkt ( 8 ) folgende Vorgaben für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur:

„Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

1.

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und ‐ soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist ‐ die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

[…]

3.

Kommen für die Einreihung von Waren […] zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

[…]

b)

Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, […] werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

[…]“

10.

Die KN führte in Kapitel 24 („Tabak und verarbeitete Tabakersatzstoffe“) von Abschnitt IV („Waren der Lebensmittelindustrie; Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten und Essig; Tabak und verarbeitete Tabakersatzstoffe“) ihres Teiles II („Zolltarif“) die folgenden Positionen und Unterpositionen auf:

„KN-Code

Warenbezeichnung

Vertragsmäßiger Zollsatz (%)

Besondere Maßeinheit

1

2

3

4

2401

Tabak, unverarbeitet; Tabakabfälle:

 

 

2401 10

– Tabak, nicht entrippt:

 

 

2401 10 35

– – „light-air-cured“Tabak

11,2 MIN 22 € MAX 56 €/100 kg/net

[…]

 

 

 

2401 30 00

– Tabakabfälle

11,2 MIN 22 € MAX 56 €/100 kg/net

[…]

 

 

 

2403

Anderer verarbeiteter Tabak und andere verarbeitete Tabakersatzstoffe; „homogenisierter“ oder „rekonstituierter“Tabak; Tabakauszüge und Tabaksoßen:“

 

 

Unter den KN-Code 2403 10 ist „Rauchtabak, auch teilweise oder ganz aus Tabakersatzstoffen“ einzureihen, wobei die Unterposition 2403 10 10 Rauchtabak „in unmittelbaren Umschließungen mit einem Gewicht des Inhalts von 500 g oder weniger“ betrifft. „Anderer“ Rauchtabak fällt unter den KN-Code 2403 10 90.

11.

Auch für die in der KN aufgeführten Positionen und Unterpositionen existieren Einreihungshinweise (im Folgenden: Erläuterungen KN). Die Erläuterungen KN verweisen teilweise auf diejenigen zum HS und sind deshalb in Verbindung mit ihnen anzuwenden. Die Erläuterungen zu Kapitel 24 KN gaben in ihrer maßgebenden Fassung ( 9 ) u. a. folgende Hinweise zur Position 2401:

„2401 Tabak, unverarbeitet; Tabakabfälle

Wegen des unverarbeiteten Tabaks siehe die Erläuterungen zu Position 2401 des HS, Ziffer 1.

Es gilt als:

[…]

b)

‚light-air-cured‘ Burley (einschließlich Burleyhybriden): Tabak, der unter natürlichen atmosphärischen Bedingungen getrocknet worden ist und, sofern er zusätzlicher Hitze oder Luftzirkulation ausgesetzt wurde, keinen Rauch oder Rauchgeruch angenommen hat. Die Blätter haben normalerweise eine hellbraune bis rötliche Färbung. Andere Farben und Farbmischungen ergeben sich meist aus Veränderungen im Reifegrad oder durch andere Anbau- oder Trocknungsweisen;

[…]“

12.

Zur Position 2403 enthielten die Erläuterungen u. a. folgende Einreihungshinweise:

„2403 Anderer verarbeiteter Tabak und andere verarbeitete Tabakersatzstoffe; […]

2403 10 10 und 2403 10 90 Rauchtabak, auch teilweise oder ganz aus Tabakersatzstoffen

Rauchtabak ist geschnittener oder anders zerkleinerter oder gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet.

Tabakabfälle sind Rauchtabak, wenn sie zum Rauchen geeignet, für den Einzelverkauf aufgemacht und nicht als Zigarren, Zigarillos oder Zigaretten (siehe die Erläuterungen zu den Unterpositionen 2402 10 00, 2402 20 10 und 2402 20 90) einzureihen sind.

[…]“

2. Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften

13.

Die Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ( 10 ) (im Folgenden: Zollkodex oder ZK) fasst das allgemeine Zoll- und Zollverfahrensrecht zusammen ( 11 ).

14.

Art. 4 ZK enthält u. a. folgende Begriffsbestimmung:

„[…]

13.

zollamtliche Überwachung: allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten;

[…]“

15.

Beginn und Ende der zollamtlichen Überwachung ergeben sich aus Art. 37 ZK. Danach unterliegen Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung und können Zollkontrollen unterzogen werden.

16.

Die Art. 84 bis 90 ZK regeln gemeinsame Vorschriften für Nichterhebungsverfahren und Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung.

17.

Art. 84 ZK sieht vor:

„(1)   Im Sinne der Artikel 85 bis 90

a)

bezeichnet der Ausdruck ‚Nichterhebungsverfahren’ im Falle von Nichtgemeinschaftswaren nachstehende Zollverfahren:

‐ das Versandverfahren;

‐ das Zolllagerverfahren;

[…]“

18.

Im sogenannten externen Versandverfahren nach Art. 91 ZK können „Nichtgemeinschaftswaren, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben […] unterliegen“, zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden.

19.

Die Art. 201 bis 216 ZK regeln die Entstehung der Zollschuld. Die Art. 202 bis 205 ZK regeln dabei die Entstehung der Zollschuld bei bestimmten zollrechtlichen Verfehlungen.

20.

Art. 202 ZK sieht vor:

„(1)   Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

a)

wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird […]

(2)   Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht wird.

[…]“

3. Richtlinie 2008/118/EG über das allgemeine Verbrauchsteuersystem

21.

Die Richtlinie 2008/118 ( 12 ) legt ein System für verbrauchsteuerpflichtige Waren fest, um deren freien Warenverkehr und damit das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts in der Europäischen Union zu gewährleisten.

22.

Nach dem siebten Erwägungsgrund der Richtlinie bedarf es, da im Rahmen der zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren nach dem Zollkodex angemessene Kontrollen vorgesehen sind, „für den Zeitraum, in dem sich die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren der Gemeinschaft befinden, keines gesonderten Systems der verbrauchsteuerlichen Überwachung“.

23.

Zu den verbrauchsteuerpflichtigen Waren gehören nach Art. 1 der Richtlinie „Tabakwaren gemäß den Richtlinien 95/59/EG, 92/79/EWG und 92/80/EWG“.

24.

Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118 bestimmt, dass Waren mit ihrer Einfuhr in das Gebiet der Gemeinschaft verbrauchsteuerpflichtig werden.

25.

Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie definiert die „Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren“ als deren Eingang in das Gebiet der Gemeinschaft, „sofern die Waren bei ihrem Eingang in die Gemeinschaft nicht in ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren überführt werden, sowie die Entlassung dieser Waren aus einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren“.

26.

Gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie sind unter „zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren“ alle nach dem Zollkodex „vorgesehenen besonderen Verfahren der Zollüberwachung für Nichtgemeinschaftswaren bei ihrem Eingang in das Zollgebiet der Gemeinschaft, die vorübergehende Verwahrung, Freizonen oder Freilager sowie alle Verfahren gemäß Artikel 84 Absatz 1 Buchstabe a [des Zollkodex]“ zu verstehen.

27.

Art. 7 der Richtlinie 2008/118 regelt Zeitpunkt und Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs und sieht vor:

„(1)   Der Verbrauchsteueranspruch entsteht zum Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr.

(2)   Als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr im Sinne dieser Richtlinie gilt

[…]

b)

der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung, wenn keine Verbrauchsteuer gemäß den geltenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts erhoben wurde;

[…]

d)

die Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren, einschließlich der unrechtmäßigen Einfuhr, es sei denn, die verbrauchsteuerpflichtigen Waren werden unmittelbar bei ihrer Einfuhr in ein Verfahren der Steueraussetzung überführt.

[…]“

28.

Art. 38 der Richtlinie 2008/118 löst mögliche Konflikte zwischen den Mitgliedstaaten über die Ertragskompetenz bei Unregelmäßigkeiten während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und bestimmt:

„(1)   Wurde während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren […] in einem Mitgliedstaat, der nicht der Mitgliedstaat ist, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden, eine Unregelmäßigkeit begangen, so unterliegen diese Waren der Verbrauchsteuer, die in dem Mitgliedstaat anfällt, in dem die Unregelmäßigkeit eingetreten ist.

[…]

(4)   Als ‚Unregelmäßigkeit‘ im Sinne des vorliegenden Artikels gilt ein während einer Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren […] eintretender Fall, […] aufgrund dessen eine Beförderung oder ein Teil einer Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht ordnungsgemäß beendet wurde.“

4. Richtlinie 2011/64/EU über die Struktur und Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren

29.

Die Richtlinie 2011/64 ( 13 ) fasst die Richtlinien 92/79/EWG, 92/80/EWG und 95/59/EG zusammen, auf die Art. 1 der Richtlinie 2008/118 für Tabakwaren Bezug nimmt. Sie enthält u. a. Definitionen der verschiedenen Tabakwaren.

30.

Nach Art. 2 der Richtlinie 2011/64 erfasst der Begriff Tabakwaren u. a. „Rauchtabak“. Art. 5 der Richtlinie 2011/64 definiert den Begriff „Rauchtabak“ und versteht darunter geschnittenen oder anders zerkleinerten, gesponnenen oder in Platten gepressten Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet. Rauchtabak gilt dabei als Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten, wenn bei diesem mehr als 25 Gewichtsprozent der Tabakteile eine Schnittbreite von weniger als 1,5 Millimeter aufweisen.

III – Ausgangsverfahren

31.

Schenker erbringt Zoll- und Logistikdienste. Am 21. Januar 2011 erhielt das Unternehmen von einer in Ungarn registrierten Handelsgesellschaft den Auftrag, vier Tabakladungen in vorübergehende Verwahrung zu nehmen.

32.

Die Tabakladungen waren über Slowenien in das Gebiet der Europäischen Union verbracht worden und für die Ukraine bestimmt.

33.

Nach den Begleitdokumenten gelangten die Ladungen im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach Ungarn. In den Zolldokumenten war die Ware mit dem KN-Code 2401 10 35 („Tabak, nicht entrippt: ‚light-air-cured‘“) versehen und als nicht verbrauchsteuerpflichtig deklariert.

34.

Der Tabak wurde von Schenker vorübergehend verwahrt und anschließend in ein öffentliches Zolllager eingelagert.

35.

Die Verwaltungsbehörde erster Instanz ließ am 20. April 2011 die Ladungen untersuchen und stellte fest, dass sie geschnittenen Tabak enthielten. Am 5. Mai 2011 wurde der Ware eine Probe entnommen und diese untersucht.

36.

Sie bestand dem vorlegenden Gericht zufolge aus geschnittenem Tabak unterschiedlicher Größe von hell- und dunkelbrauner Farbe, fein granuliert und mit dem für Tabakwaren charakteristischen Geruch, enthielt eine große Menge Granulat mit einem relativ großen und breiten Durchmesser, in dem auch Reste von Stielen vorkamen, und zudem auch Tabak in Pulverform. Mehr als 25 Gewichtsprozente der Tabakteile wiesen eine Schnittbreite von weniger als einem Millimeter auf.

37.

Insgesamt stellte das untersuchende Sachverständigeninstitut fest, dass es sich bei der Probe um „rauchfertigen Tabak“ handele. Der Tabak sei „lose, kompaktiert, in mit Plastik ausgekleideten Kartons verpackt“ gewesen, wobei das Nettogewicht eines Kartons 30 Kilogramm betragen habe.

38.

Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse vertrat die Verwaltungsbehörde erster Instanz die Auffassung, dass der streitgegenständliche Tabak dem KN-Code 2403 10 90 zugeordnet werden müsse und verbrauchsteuerpflichtig sei. Die falsche Einreihung der Ware in den Begleitdokumenten führe nämlich dazu, dass diese als Nachweis für den Ursprung der Zollware und dafür, dass die Ware in einem Nichterhebungsverfahren befördert werde, nicht geeignet seien.

39.

Am 21. Juni 2011 setzte die Verwaltungsbehörde erster Instanz eine Geldbuße gegen Schenker fest. Das Unternehmen habe gegen das ungarische Verbrauchsteuergesetz verstoßen, indem es verbrauchsteuerpflichtige Ware aufbewahrt habe, ohne Ursprung und Herkunft nachgewiesen und ohne die entsprechende Steuer abgeführt zu haben.

40.

Nach Bestätigung der Entscheidung durch die Oberfinanzdirektion am 28. März 2012 wandte sich Schenker an das vorlegende Gericht.

41.

Das vorlegende Gericht zweifelt an der Auslegung der Position 2401 10 35 KN bzw. der richtigen Einreihung des fraglichen Tabaks. Außerdem fragt es sich, ob ein Begleitdokument, auch wenn in ihm die Tarifposition unzutreffend angegeben wurde, als Nachweis dafür genügen könnte, dass die Ware in einem Nichterhebungsverfahren befördert wird.

IV – Vorabentscheidungsersuchen

42.

Daher hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist die Produktbeschreibung der Zollware, die der Bezeichnung „‚light-air-cured‘ Tabak“ gemäß dem KN-Code 2401 10 35 in Kapitel 24 („Tabak und verarbeitete Tabakersatzstoffe“) des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 entspricht, dahin auszulegen, dass sie nur luftgetrockneten nicht entrippten Tabak erfasst,

der die ganzen Blätter der Tabakpflanze enthält,

weder geschnitten noch gepresst oder kompaktiert ist,

der neben der Lufttrocknung als einer Art der „Verarbeitung“ des „light-air-cured“ Tabaks im Sinne des KN-Codes 2401 10 35 eine andere Verarbeitung (beispielsweise durch Abtrennen der Stiele, Zerschneiden oder Kompaktieren der Blätter) nicht zulässt,

der nicht zum Rauchen geeignet ist?

2.

Ist der Begriff „zollrechtliches Nichterhebungsverfahren“ im Sinne von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen, dass er eine Zollware (verbrauchsteuerpflichtige Ware) erfasst, wenn sie sich im externen Versand, in vorübergehender Verwahrung oder in einem Zolllager befand und in den Warenbegleitdokumenten die Tarifposition zwar falsch bezeichnet war (KN 2401 10 35 statt KN 2403 10 9000), aber das einschlägige Kapitel (Kapitel 24 – Tabak) zutreffend angegeben war und alle weiteren Angaben in ihren Begleitdokumenten (Containernummer, Menge, Nettogewicht) aber korrekt waren und die Verschlüsse nicht aufgebrochen wurden?

(Das heißt, kann die Unterstellung einer bestimmten Ware unter das zollrechtliche Nichterhebungsverfahren dann in Frage gestellt werden, wenn in ihren Begleitdokumenten das Kapitel des Gemeinsamen Zolltarifs zutreffend, die konkrete Tarifposition hingegen unzutreffend angegeben ist?)

3.

Sind die Begriffe „Einfuhr“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118 und „Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren“ im Sinne von Art. 4 Nr. 8 derselben Richtlinie dahin auszulegen, dass sie auch den Fall erfassen, dass die Tarifposition der tatsächlichen Ware, die sich im externen Versandverfahren befindet, und die Tarifposition, die in den Warenbegleitdokumenten angegeben ist, voneinander abweichen, aber sowohl die Bezeichnung des Kapitels (im vorliegenden Fall Kapitel 24 – Tabak) identisch ist als auch abgesehen von der vorgenannten Abweichung die Menge und das Nettogewicht der tatsächlichen Ware mit den Angaben in den Warenbegleitdokumenten übereinstimmen?

4.

Stellt der Umstand, dass bei der Überführung einer Ware in ein Nichterhebungsverfahren im Warenbegleitdokument ein nach Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur in der durch die Verordnung (EU) Nr. 861/2010 geänderten Fassung unzutreffender KN-Code angegeben ist, eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 38 der Richtlinie 2008/118 dar?

V – Rechtliche Würdigung

A – Zur ersten Vorlagefrage

1. Zur Auslegung der Vorlagefrage

43.

Vorab ist festzustellen, dass die Aufgabe des Gerichtshofs in einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der zolltariflichen Einreihung nicht darin besteht, die betreffenden Waren richtig in die KN einzureihen. Der Gerichtshof zeigt dem nationalen Gericht vielmehr die Kriterien auf, anhand deren es selbst die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse zutreffend in die KN einreihen kann ( 14 ).

44.

Dabei ist es Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, um den Ausgangsrechtsstreit entscheiden zu können. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren ( 15 ).

45.

Im vorliegenden Fall lässt sich der Vorlageentscheidung des nationalen Gerichts entnehmen, dass es mit seiner ersten Frage nicht nur wissen möchte, wie die KN-Position 2401 10 35 auszulegen ist. Vielmehr möchte es darüber hinaus auch erfahren, wie die Positionen 2401 bis 2403 der KN zwecks Tarifierung eines Erzeugnisses mit den Merkmalen der streitgegenständlichen Ware auszulegen sind.

2. Maßstäbe für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur

46.

Wie ich in meinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Ikegami, Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht, Uroplasty und Turbon International bereits erläutert habe ( 16 ), ist bei der Einreihung von Waren in die KN wie folgt vorzugehen.

47.

Zunächst muss die einzureihende Ware nach ihrem Verwendungszweck und ihrer stofflichen Beschaffenheit erfasst werden. Danach ist anhand des Wortlauts der Positionen, der relevanten Abschnitte und Kapitel je eine vorläufige Einreihung nach dem Verwendungszweck und nach der stofflichen Beschaffenheit der Ware vorzunehmen. Sodann ist zu prüfen, ob eine Zusammenschau von Positionswortlaut und Anmerkungen der relevanten Abschnitte und Kapitel eine eindeutige Zuordnung ermöglicht. Falls nicht, ist zur Auflösung der Normenkonkurrenz auf die Allgemeinen Vorschriften der KN zurückzugreifen. Abschließend erfolgt die Einreihung in die Unterpositionen.

48.

Dabei sind Positionswortlaute und Anmerkungen der KN, soweit möglich, im Einklang mit den Vorgaben des HS auszulegen. Die Erläuterungen zum HS und der KN dienen einer einheitlichen Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs und stellen deshalb ein wertvolles, wenn auch nicht rechtsverbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar ( 17 ). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss aufgrund des unverbindlichen Charakters der Erläuterungen gegebenenfalls im Rahmen einer Kontrollüberlegung geprüft werden, ob ihr Inhalt mit den Bestimmungen der Nomenklatur in Einklang steht und deren Tragweite nicht entstellt ( 18 ).

3. Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den vorliegenden Fall

a) Erfassen der Ware nach Beschaffenheit und Verwendungszweck

49.

Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts handelt es sich bei der streitgegenständlichen Ware um geschnittenen Tabak unterschiedlicher Größe. Die untersuchte Stichprobe bestand vornehmlich aus feinen, aber langen Fasern, enthielt zudem eine große Menge Granulat mit einem relativ breiten Durchmesser, in dem auch Reste von Stielen vorkamen, und außerdem Tabak in Pulverform. Mehr als 25 Gewichtsprozente der Tabakteile wiesen eine Schnittbreite von weniger als einem Millimeter auf.

50.

In Anbetracht seiner Beschaffenheit ist der streitgegenständliche Tabak somit einer Bearbeitung unterzogen worden. Es handelt sich bei der Ware nämlich nicht um getrocknete Tabakblätter in ihrem natürlichen Zustand. Der Tabak wurde bereits weitgehend entstielt, entrippt, d. h., die Blattadern wurden entfernt, und geschnitten.

51.

Der Verwendungszweck der Ware ist anhand objektiver Merkmale zu ermitteln ( 19 ).

52.

Das vorlegende Gericht führt insoweit aus, dass es sich bei der Probe um „rauchfertigen Tabak“ handele ( 20 ). Mangels entgegenstehender Angaben lässt die Beschreibung des vorlegenden Gerichts daher den Schluss zu, dass die Ware schon zum Konsum und nicht zwangsläufig zu weiterer Verarbeitung bestimmt ist.

53.

Soweit die Stichprobe aber Granulat enthält, in dem auch Reste von Stielen vorkommen, lässt sich der Verwendungszweck nicht eindeutig bestimmen. Nach den vorhandenen Informationen ist es möglich, dass das Granulat zur Produktion von rauchfertigem Tabak verwendet werden kann, aber auch, dass es als Tabakabfall entsorgt wird.

b) Einreihung nach dem Wortlaut der Positionen

54.

Das für Tabak maßgebliche Kapitel 24 der KN umfasst die Positionen 2401 bis 2403. Während unverarbeiteter Tabak und Tabakabfälle der Position 2401 KN zugewiesen sind, erfassen die übrigen Positionen verarbeiteten Tabak in Form von Zigarren, Zigarillos und Zigaretten (2402 KN) oder in anderen Formen (2403 KN).

55.

Nach ihrem Wortlaut kommen hinsichtlich der stofflichen Beschaffenheit des Tabaks die Positionen 2401 KN und 2403 KN in Betracht.

56.

Die Position 2401 KN erfasst nach ihrem Wortlaut zwei Alternativen, nämlich Waren mit den Eigenschaften „Tabak, unverarbeitet“ sowie „Tabakabfälle“.

i) Begriff des unverarbeiteten Tabaks

57.

Die KN selbst enthält keinen eindeutigen Hinweis darauf, ab wann eine die Einreihung in Position 2401 KN ausschließende „Verarbeitung“ anzunehmen ist ( 21 ). Dass nicht schon jede Einwirkung die Eigenschaft als „unverarbeitet“ aufhebt, belegt allerdings die Existenz der Unterposition 2401 20 KN, die im Rahmen von 2401 KN auch solchen Tabak erfasst, der „teilweise oder ganz entrippt“ ist.

58.

Davon ausgehend sind zur Auslegung der Position 2401 KN die entsprechenden Einreihungshinweise zur Kombinierten Nomenklatur heranzuziehen.

59.

In Bezug auf „unverarbeiteten Tabak“ verweisen die Erläuterungen zu Position 2401 KN auf Ziff. 1 der Erläuterungen zu Position 2401 HS. Diese enthalten in ihrer verbindlichen französischen und englischen Fassung folgende Einreihungshinweise zum Begriff „unverarbeiteter Tabak“:

„Le tabac à l’état naturel sous forme de plantes entières ou de feuilles et les feuilles séchées ou fermentées, ces feuilles pouvant être entières ou écôtées, rognées ou non, brisées ou découpées même sous une forme régulière, mais à la condition qu’il ne s’agisse pas d’un produit prêt à être fumé“ ( 22 ).

„Unmanufactured tobacco in the form of whole plants or leaves in the natural state or as cured or fermented leaves, whole or stemmed/stripped, trimmed or untrimmed, broken or cut (including pieces cut to shape, but not tobacco ready for smoking)“ ( 23 ).

60.

Daraus ergibt sich, dass es für die Abgrenzung des unverarbeiteten vom verarbeiteten Tabak darauf ankommt, ob dieser sich in einem Zustand befindet, der sich als „prêt à être fumé“ bzw. „ready for smoking“ bezeichnen lässt. Ist Letzteres – wie im Ausgangsverfahren ‐ der Fall, scheidet daher eine Einreihung unter Position 2401 KN („Tabak, unverarbeitet“) aus.

61.

Da der streitgegenständliche Tabak nicht unter Position 2401 KN fällt, kann er auch nicht der Unterposition 2401 10 35 KN zugeordnet werden, nach der das vorlegende Gericht im Zusammenhang mit der Bezeichnung „light air cured“-Tabak fragt. Denn die ersten und zweiten Unterpositionen müssen alle Eigenschaften der übergeordneten Tarifposition aufweisen.

62.

Anzeichen dafür, dass der Inhalt der Erläuterungen KN, auf dem diese Schlussfolgerung beruht, mit den Bestimmungen des Gemeinsamen Zolltarifs nicht in Einklang stehen könnte oder deren Tragweite ändern würde ( 24 ), sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

ii) Begriff der Tabakabfälle

63.

Der streitgegenständliche Tabak kann auch nicht unter die zweite Alternative der Position 2401 KN („Tabakabfälle“) eingereiht werden.

64.

Zwar enthält die Ware nach den Angaben des vorlegenden Gerichts eine große Menge Granulat, in dem Reste von Stielen vorkommen. Ein derartiger Warenbestandteil ist der Einreihung unter die Position 2401 KN grundsätzlich zugänglich. Den entsprechenden Erläuterungen ( 25 ) zufolge erfasst der Begriff „Tabakabfälle“ nämlich u. a. Blattstiele und Staub, die bei der Verarbeitung der Blätter oder der Herstellung der Tabakfabrikate anfallen.

65.

Daraus folgt jedoch nicht, dass die streitgegenständliche Ware insgesamt der Position 2401 KN zugeordnet werden müsste.

66.

Die Behandlung gemischter Stoffe, die verschiedenen Positionen der KN unterfallen, richtet sich nämlich nach deren Allgemeinen Vorschriften (im Folgenden: AV). Ihnen zufolge ist die Ware nach demjenigen Stoff einzureihen, der ihr den wesentlichen Charakter verleiht (Nr. 3 b AV).

67.

Die Angaben des vorlegenden Gerichts („Die untersuchte Stichprobe bestand vornehmlich[ ( 26 )] aus feinen, aber langen Fasern“) sprechen für die Annahme, dass gerade der rauchfertige Tabakanteil der Ware ihr Gepräge verleiht.

68.

Dies zu entscheiden, obliegt jedoch letztlich dem vorlegenden Gericht.

69.

Davon ausgehend ist Tabak, der die Eigenschaften der streitgegenständlichen Ware aufweist, nachdem die Position 2401 KN und die Position 2402 KN ( 27 ) für ihn nicht in Frage kommen, als „[a]nderer verarbeiteter Tabak“ anzusehen und unter die Position 2403 KN einzureihen.

c) Einreihung nach dem Wortlaut der Unterpositionen

70.

Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der Ware insgesamt um „Rauchtabak“ im Sinne der ersten Unterposition 2403 10 KN handelt. Eine Einreihung unter die übrigen Auffangtatbestände, die unter der Positionsüberschrift „andere“ zusammengefasst werden (2403 91 00, 2403 99 KN), scheidet daher aus.

71.

Sodann ist für die Abgrenzung zwischen den weiteren Unterpositionen 2403 10 10 und 2403 10 90 KN nach ihrem Wortlaut maßgeblich, ob sich die Ware „in unmittelbaren Umschließungen mit einem Gewicht des Inhalts von 500 g oder weniger“ (so die Unterposition 2403 10 10 KN) befindet.

72.

Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts war die Ware „lose, kompaktiert, in mit Plastik ausgekleideten Kartons verpackt“, und das „Nettogewicht eines Kartons [betrug] 30 kg“ und wäre demnach der Position 2403 10 90 KN zuzuweisen.

4. Ergebnis zur ersten Vorlagefrage

73.

Nach alledem ist auf die erste Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass eine ohne weitere Bearbeitung als Rauchtabak verwendbare Ware wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht als „‚light-air-cured’ Tabak“ gemäß dem KN-Code 2401 10 35 anzusehen ist, sondern, wenn sie nicht im Wesentlichen aus Tabakabfällen besteht, als „[a]nderer verarbeiteter Tabak“ anzusehen und unter die Position 2403 KN einzureihen ist. Ist die Ware ferner lose, kompaktiert und in mit Plastik ausgekleideten Kartons von einem Nettogewicht von 30 kg verpackt, ist sie der Position 2403 10 90 KN zuzuweisen.

B – Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage

74.

Die zweite und die dritte Vorlagefrage betreffen die Auslegung der Richtlinie 2008/118, die ein allgemeines System für die Erhebung von Verbrauchsteuern auf bestimmte Waren festlegt. Sie sind gemeinsam zu behandeln und betreffen im Wesentlichen die Auslegung der Begriffe der „Einfuhr“ und des „Nichterhebungsverfahrens“ im Sinne der genannten Richtlinie.

75.

Das vorlegende Gericht begehrt dabei im Wesentlichen Auskunft darüber, ob der Begriff „zollrechtliches Nichterhebungsverfahren“ – bei dessen Vorliegen im Ausgangsverfahren nach ungarischem Recht keine Geldbuße verhängt werden dürfte ‐ im Sinne von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 auch Konstellationen umfasst, in denen wie im Ausgangsverfahren die Begleitdokumente einer Ware eine unzutreffende Tarifposition ausweisen, oder ob ein solcher Sachverhalt als „Einfuhr“ (Art. 2 Buchst. b) bzw. „Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren“ (Art. 4 Nr. 8) im Sinne dieser Richtlinie zu werten ist.

76.

Die Vorlagefragen beziehen sich zwar auf die Richtlinie 2008/118, bewegen sich der Sache nach aber an der Schnittstelle zwischen Verbrauchsteuer- und Zollrecht. Deshalb ist es sinnvoll, einleitend das Verhältnis dieser Regelungskomplexe zueinander zu erläutern.

1. Zoll- und Verbrauchsteuerrecht

77.

Die Gesetzgebungs- und Ertragskompetenz ist im Bereich des Zolls mittlerweile fast vollständig auf die Union übergegangen. Das Zollrecht ist auf europäischer Ebene in den Art. 28 bis 37 AEUV verankert und besteht vor allem aus dem Zollkodex, den entsprechenden Durchführungsvorschriften und der Kombinierten Nomenklatur. Das Unionsrecht setzt u. a. die Zollsätze, die an den Außengrenzen der EU erhoben werden, einheitlich fest.

78.

Von der Zollschuld abzugrenzen sind die Verbrauchsteuern als nationale Abgaben. Sie belasten den Verbrauch bestimmter Waren wie beispielsweise Tabak und werden als indirekte Steuern beim Hersteller oder Händler der Ware erhoben.

79.

Wenngleich die Gesetzgebungs- und Ertragskompetenz im Bereich der Verbrauchsteuern bei den Mitgliedstaaten verbleibt, wurde das nationale Verbrauchsteuerrecht im Rahmen der Schaffung des Binnenmarkts durch Richtlinien in gewissem Umfang harmonisiert. Im Unterschied zum Zoll ist der Verbrauchsteuersatz in den Mitgliedstaaten aber unterschiedlich geregelt ( 28 ).

2. Die Verbrauchsteuer nach der Richtlinie 2008/118

80.

Die Richtlinie 2008/118 harmonisiert in ihren Art. 1, 2 und 7 die Voraussetzungen für die Entstehung eines Verbrauchsteueranspruchs.

81.

Nach Art. 1 Abs. 1 Buchst c der Richtlinie 2008/118 werden auf den Verbrauch von Tabakwaren, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/64 unterfallen ( 29 ), Verbrauchsteuern erhoben.

82.

Welche Tabakwaren die Richtlinie 2011/64 erfasst, ist deren Art. 1 bis 5 zu entnehmen. Die Frage, ob Tabak, der den Angaben des vorlegenden Gerichts entspricht, der Richtlinie unterliegt und damit verbrauchsteuerpflichtig ist, muss dabei unabhängig von der Antwort auf die erste Vorlagefrage entschieden werden. Maßstab ist insoweit nämlich nicht die Kombinierte Nomenklatur, sondern die Richtlinie 2011/64.

83.

Der vorliegende Fall hat nach den Angaben des vorlegenden Gerichts zerkleinerten Tabak zum Gegenstand, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet und bei dem mehr als 25 Gewichtsprozent der Tabakteile eine Schnittbreite von weniger als 1,5 Millimeter aufweisen. Tabak mit diesen Eigenschaften unterfällt als „Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten“ der Richtlinie 2011/64 ( 30 ) und damit auch der Verbrauchsteuerrichtlinie 2008/118.

84.

Sodann regelt Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118, dass Waren, auf die Verbrauchsteuern erhoben werden, mit ihrer „Einfuhr“ in das Gebiet der Union verbrauchsteuerpflichtig werden.

85.

Die „Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren“ ist in Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2008/118 als der Eingang der Waren in das Gebiet der Union definiert, „sofern die Waren bei ihrem Eingang […] nicht in ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren überführt werden […]“.

86.

Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren sind über die slowenische Grenze in das Gebiet der Union gelangt. Klärungsbedürftig ist daher, ob sie in diesem Zeitpunkt in ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren überführt worden sind. Wäre das der Fall, läge keine Einfuhr vor ( 31 ) und wäre folglich auch keine Verbrauchsteuerpflichtigkeit gegeben.

87.

Entscheidend kommt es daher darauf an, was unter einem Nichterhebungsverfahren im Sinne der fraglichen Richtlinie zu verstehen ist.

88.

Nach der Definition des Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 ( 32 ) sind zollrechtliche Nichterhebungsverfahren „alle nach [dem Zollkodex] vorgesehenen besonderen Verfahren der Zollüberwachung für Nichtgemeinschaftswaren bei ihrem Eingang in das Zollgebiet der Gemeinschaft, die vorübergehende Verwahrung, Freizonen oder Freilager sowie alle Verfahren gemäß Artikel 84 Absatz 1 Buchstabe a [des Zollkodex]“. Unter die letzte dieser vier Varianten fallen u. a. das Versand- und das Zolllagerverfahren.

89.

Schenker argumentiert ( 33 ), dass auch die zollamtliche Überwachung nach Art. 37 ZK unter diese Definition falle (dazu unter a). Die übrigen Beteiligten stellen hingegen darauf ab, ob die Waren ordnungsgemäß in vorübergehende Verwahrung gelangt und vorschriftsgemäß in das externe Versand- und das Zolllagerverfahren überführt worden sind (dazu unter b).

a) Zollamtliche Überwachung als Nichterhebungsverfahren im Sinne der Richtlinie 2008/118

90.

Zu prüfen ist, ob nach dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens überhaupt vom Vorliegen einer zollamtlichen Überwachung ausgegangen werden kann, und sodann zu erörtern, ob diese als ein „besonderes Verfahren der Zollüberwachung“ ein der Verbrauchsteuer entgegenstehendes Nichterhebungsverfahren begründet.

i) Vorliegen einer zollamtlichen Überwachung im Ausgangsverfahren

91.

Die zollamtliche Überwachung umfasst gemäß Art. 4 Nr. 13 ZK alle allgemeinen Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten.

92.

Sie begann im vorliegenden Fall gemäß Art. 37 Abs. 1 ZK mit dem Realakt der Verbringung der Waren ins Zollgebiet. Eine etwaige unzutreffende Kennzeichnung der Waren steht dem nicht entgegen. Auf die Vorschriftsmäßigkeit des Verbringens der Waren in das Unionsgebiet kommt es für den Beginn der zollamtlichen Überwachung nämlich nicht an ( 34 ).

93.

Die zollamtliche Überwachung ist auch nicht gemäß Art. 37 Abs. 2 ZK beendet worden. Denn sie bleibt bei Nichtunionswaren so lange bestehen, bis diese ihren zollrechtlichen Status von einer Nichtunions- zu einer Unionsware verändern, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wiederausgeführt, vernichtet oder zerstört werden ( 35 ). Keine dieser Varianten ist vorliegend einschlägig ( 36 ).

94.

Ebenso wenig sind die Waren aus der Überwachung entzogen worden ( 37 ), da die Behörden jederzeit die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hatten, zollamtliche Maßnahmen durchzuführen und davon in Ungarn auch Gebrauch gemacht haben.

95.

Somit ist nunmehr zu erörtern, ob die die Waren betreffende zollamtliche Überwachung ein „besonderes Verfahren der Zollüberwachung“ für Nichtgemeinschaftswaren im Sinne von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 ist.

ii) Begriff des „besonderen Verfahrens der Zollüberwachung“

96.

Die Formulierung „besonderes Verfahren“ in der deutschen Fassung von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 weckt Zweifel daran, ob damit auch die zollamtliche Überwachung nach Art. 37 ZK gemeint sein kann.

97.

Der Ausdruck „besonderes“ lässt nämlich auf Anhieb daran denken, dass der Richtliniengeber nicht alle, sondern nur einen Teil der Verfahren der Zollüberwachung als Nichterhebungsverfahren habe erfassen wollen, wobei unklar bliebe, welche Verfahren damit gemeint wären.

98.

Die Wendung „bei ihrem Eingang in das Zollgebiet der Gemeinschaft“ in Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie deutet hingegen darauf hin, dass die Vorschrift an den Realakt des Grenzübertritts anknüpft, mit dem die zollamtliche Überwachung beginnt, und dass die Suspendierung der Verbrauchsteuer nicht erst mit der späteren Anmeldung zu einem Zollverfahren einsetzen soll.

99.

Eine Zusammenschau des Wortlauts von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 in den verschiedenen Amtssprachen der Union ergibt kein klares Bild. Während die meisten Fassungen Formulierungen enthalten, die mit der deutschen vergleichbar sind ( 38 ), enthält etwa die spanische Fassung keine Eingrenzung auf „besondere“ Verfahren der Zollüberwachung ( 39 ).

100.

Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gibt keinen Aufschluss darüber, ob nach der Konzeption des Richtliniengebers die zollamtliche Überwachung ein „besonderes Verfahren der Zollüberwachung“ sein soll. Im ursprünglichen Vorschlag der Kommission ist das Wort „besonderes“ noch nicht enthalten. Vielmehr sind danach „alle nach [dem Zollkodex] vorgesehenen Verfahren der Zollüberwachung, der Nichtgemeinschaftswaren bei ihrer Verbringung in das Zollgebiet der Gemeinschaft unterliegen“ , Nichterhebungsverfahren ( 40 ). Der weiteren Entstehungsgeschichte der Norm lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, ob und, wenn ja, inwiefern durch die spätere Hinzufügung des Adjektivs „besonderes“ in zahlreichen Sprachfassungen die Tragweite des verbrauchsteuerlichen Suspensiveffekts eingeschränkt werden sollte oder nicht.

101.

Aufgrund dieser terminologischen Unklarheit ist die Bedeutung des fraglichen Begriffs anhand systematischer und teleologischer Erwägungen zu ermitteln. Diese sprechen für ein weites Begriffsverständnis.

102.

Damit das Tatbestandsmerkmal der „besonderen Verfahren der Zollüberwachung“ im Rahmen von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 einen eigenständigen und praktisch relevanten Anwendungsbereich behält, muss es sich von den übrigen Fallvarianten der Norm, die auch jeweils ein Nichterhebungsverfahren begründen können – „vorübergehende Verwahrung, Freizonen oder Freilager sowie alle Verfahren gemäß Artikel 84 Absatz 1 Buchstabe a [des Zollkodex]“ ‐, unterscheiden lassen.

103.

Die zweite Variante, die „vorübergehende Verwahrung“, beginnt mit der Gestellung der Ware ( 41 ) und endet mit dem Erhalt der zollrechtlichen Bestimmung.

104.

Es entspricht daher der Systematik der Vorschrift, dass sich „besondere Verfahren der Zollüberwachung“ im Sinne der ersten Tatbestandsvariante von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 auf die tatsächlichen und rechtlichen Vorgänge vom Grenzübertritt bis zur Gestellung beziehen, die in Art. 37 bis 39 ZK geregelt sind. Dazu zählt u. a. die zollamtliche Überwachung.

105.

Dafür, dass in Form der zollamtlichen Überwachung nach Art. 37 ZK bereits ein Nichterhebungsverfahren vorliegt, spricht aber vor allem der siebte Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/118, der das vom Richtliniengeber verfolgte Ziel veranschaulicht.

106.

Danach beruht die Richtlinie auf der Prämisse, dass „im Rahmen der zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren […] angemessene Kontrollen vorgesehen sind, solange die verbrauchsteuerpflichtigen Waren den Bestimmungen [des Zollkodex] unterliegen“ ( 42 ), und dass es deshalb „für den Zeitraum, in dem sich die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren der Gemeinschaft befinden, keines gesonderten Systems der verbrauchsteuerlichen Überwachung“ bedarf.

107.

Wenn bereits mit dem Grenzübertritt der Ware die Verbrauchsteuerpflicht ausgesetzt wird, wird diesem Grundgedanken des Richtliniengebers, eine (zoll- und verbrauchsteuerliche) Verfahrensverdopplung zu vermeiden, entsprochen. Ab diesem Zeitpunkt sind die Waren nämlich bereits gemäß Art. 37 ZK zollamtlich unter Kontrolle, und es besteht kein Bedarf ( 43 ) für eine gesonderte verbrauchsteuerliche Überwachung.

108.

Folgte aus der zollamtlichen Überwachung noch kein Nichterhebungsverfahren im Sinne der Richtlinie und entstünde mit dem Grenzübertritt eine Verbrauchsteuerpflicht, ginge darüber hinaus die Aufzählung der weiteren Verfahren ( 44 ) im Rahmen des Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie für die Begründung eines verbrauchsteuerlichen Suspensiveffekts praktisch ins Leere, denn ein mit Eingang der Ware einmal entstandener Verbrauchsteueranspruch würde nicht dadurch erlöschen, dass die Ware danach in ein Nichterhebungsverfahren überführt wird.

109.

Daraus ergibt sich, dass nach der Richtlinie 2008/118 ein verbrauchsteuerlicher Suspensiveffekt schon dann eintreten muss, sobald und solange die Ware der zollamtlichen Überwachung nach Art. 37 ZK unterliegt.

110.

Die streitgegenständliche Ware unterlag daher ab ihrem Eingang in das Unionsgebiet der zollamtlichen Überwachung, die ein „Nichterhebungsverfahren“ gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 ist, was zur Folge hat, dass mangels Einfuhr im Sinne von Art. 4 Nr. 8 desselben Rechtsakts die Waren nicht verbrauchsteuerpflichtig gemäß Art. 2 Buchst. b geworden sind.

111.

Folgt man dieser Auffassung, werden die in der zweiten und der dritten Vorlagefrage angesprochenen Konstellationen gegenstandslos: Auf die einzelnen dort angeführten Verfahren – vorübergehende Verwahrung, externer Versand und Zolllager – wäre demnach nicht mehr einzugehen, da sie, nachdem bereits die zollamtliche Überwachung ein die Verbrauchsteuer ausschließendes Nichterhebungsverfahren begründet, für die maßgebende Frage der Verbrauchsteuerpflichtigkeit ebenso unerheblich wären wie die Frage nach der Relevanz unzutreffender Begleitdokumente der Waren.

112.

Vorsorglich ist im Folgenden aber noch zu prüfen, wie der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu beurteilen wäre, wenn aus der zollamtlichen Überwachung allein noch nicht zu folgern wäre, dass ein die Verbrauchsteuer suspendierendes Nichterhebungsverfahren vorliegt.

113.

Einzugehen ist auf die in der zweiten Vorlagefrage genannten Verfahren und zu prüfen, ob die falsche Tarifierung in den Warenbegleitdokumenten die Unterstellung der Waren unter vorübergehende Verwahrung, das externe Versandverfahren nach Ungarn und die dortige Überführung in das Zolllagerverfahren in Frage stellt. Insofern ist nach den Angaben des vorlegenden Gerichts zu unterstellen, dass die Waren bei jedem dieser Vorgänge mit der (unzutreffenden) KN-Position 2401 10 35 versehen waren.

b) Vorübergehende Verwahrung, externes Versandverfahren und Zolllagerverfahren als Nichterhebungsverfahren im Sinne der Richtlinie 2008/118

114.

Wie bereits dargestellt, werden nach Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118 Waren mit ihrer Einfuhr verbrauchsteuerpflichtig, worunter nach Art. 4 Nr. 8 der Eingang in das Unionsgebiet fällt, soweit die Ware nicht in ein Nichterhebungsverfahren überführt wird. Insofern besteht ein Gleichlauf zwischen der an die Einfuhr anknüpfenden Zollschuld und der Verbrauchsteuer.

115.

Die vorübergehende Verwahrung, das Versand- und Zolllagerverfahren sind gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 in Verbindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. a ZK „zollrechtliche Nichterhebungsverfahren“ im Sinne der genannten Richtlinie.

116.

Unter welchen Voraussetzungen sich eine Ware in vorübergehender Verwahrung, in einem Versand- oder einem Zolllagerverfahren befindet, regelt die Richtlinie 2008/118 allerdings nicht. Deshalb müssen insoweit die Vorschriften des Zollkodex herangezogen werden. Ob die Angabe einer unzutreffenden Tarifposition zur Entstehung eines Verbrauchsteueranspruchs führt, hängt somit letztlich davon ab, ob die Vorgaben des Zollkodex eingehalten sind.

117.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht jeder Verstoß gegen eine Vorschrift des Zollkodex zur Folge haben muss, dass die Überführung der Ware in ein Nichterhebungsverfahren im Sinne von Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2008/118 scheitert und damit eine Verbrauchsteuerschuld entsteht. Maßgeblich kommt es im vorliegenden Fall vielmehr darauf an, ob die Angabe einer unzutreffenden Tarifposition in den Begleitdokumenten gemäß den Art. 202 bis 205 ZK zur Entstehung einer Zollschuld führen würde.

i) Vorübergehende Verwahrung

118.

Nach Art. 50 ZK haben die gestellten Waren bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung.

119.

Die Gestellung ist in Art. 40 ZK geregelt und in Art. 4 Nr. 19 ZK als Mitteilung an die Zollbehörden definiert, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder einem anderen zugelassenen Ort befinden.

120.

Gemäß Art. 202 Abs. 1 ZK hat ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gestellung – infolge vorschriftswidriger Verbringung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in das Zollgebiet ‐ die Entstehung der Einfuhrzollschuld zur Folge.

121.

Die Pflicht zur Gestellung erschöpft sich dabei zunächst in der Mitteilung, dass sich Waren an der Zollstelle befinden. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Papismedov unter Verweis auf die Art. 43 und 45 ZK a. F. jedoch einen Zusammenhang zwischen summarischer Anmeldung und vorschriftsmäßiger Gestellung hergeleitet und entschieden, dass ein Verstoß gegen die Pflicht der Gestellung vorliegt, „[w]enn bei der Gestellung […] gleichzeitig eine summarische Anmeldung oder eine Zollanmeldung abgegeben wird, bei der die Beschreibung der Warenart nicht mit den Tatsachen übereinstimmt“ ( 45 ).

122.

Diesen Zusammenhang sieht nunmehr Art. 186 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 (im Weiteren: ZK DurchfVO) ( 46 ) ausdrücklich vor. Danach müssen Nichtgemeinschaftswaren, die den Zollbehörden gestellt werden, Gegenstand einer summarischen Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung sein, die spätestens bei der Gestellung abzugeben ist.

123.

Anders als in der Rechtssache Papismedov wurde durch die Falschbezeichnung („Kochgerät“ statt zutreffend „Kochgerät und Zigaretten“) im vorliegenden Fall aber nicht die wahre Natur eines großen Teiles der Ware verschleiert. Vorliegend fehlt es nicht hinsichtlich eines Teils der Waren gänzlich an der Mitteilung, dass sich diese Waren an der Zollstelle befinden. Einzig die Angabe der KN-Position 2401 10 35 steht im Widerspruch zu den tatsächlichen Verhältnissen, da die Ware in Wirklichkeit unter die KN-Position 2403 10 90 einzureihen ist.

124.

Zu erörtern ist vor diesem Hintergrund daher, ob die inhaltlich unrichtige Angabe der Tarifposition in einer summarischen Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung bereits dazu führt, dass die Waren als nicht gestellt anzusehen sind und mithin Zoll- und Verbrauchsteuerschuld entstehen können.

125.

Die summarische Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung unterscheidet sich nach Inhalt und Zielrichtung von der summarischen Eingangsanmeldung, die nach Art. 36a ZK vor der Verbringung der Ware in das Zollgebiet abzugeben ist, und von der Zollanmeldung nach Art. 59 ZK.

126.

Während nach dem Zollkodex und seinen Durchführungsvorschriften für Eingangs- und Zollanmeldung spezifische KN-Angaben erforderlich sind, sieht Art. 186 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK DurchfVO dergleichen für die summarische Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung nicht vor, sondern lediglich, dass die Zollbehörden die Einzelheiten regeln. Das Formular Nr. 0306 der deutschen Zollbehörden enthält beispielsweise kein Erfordernis zur Angabe der Tarifposition nach der KN.

127.

Dass es auf die richtige Angabe der KN-Position im Rahmen der summarischen Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung daher nicht ankommen darf, entspricht auch der Zielrichtung der diese regelnden Vorschriften.

128.

Die summarische Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung soll den Zollbehörden nämlich die Überprüfung ermöglichen, ob die Waren fristgerecht einer zulässigen zollrechtlichen Bestimmung zugeführt werden ( 47 ) und die vorübergehend verwahrten Waren ausschließlich an den dafür vorgesehenen Orten und unter den festgelegten Bedingungen gelagert werden.

129.

Aus dieser Zielsetzung folgt, dass allein die falsche Angabe der Tarifposition einer ordnungsgemäßen Gestellung nicht entgegenstehen muss, solange die Ware nach ihrer Art im Wesentlichen richtig bezeichnet wird, die Warenmenge zutreffend ist und die Angaben zur Verpackung der Ware den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Für die Frage, ob die Angaben insofern hinreichend sind, kommt es nicht entscheidend auf die zutreffende Angabe des einschlägigen Kapitels der KN an. Denn die Kombinierte Nomenklatur unterwirft bisweilen auch Waren sehr unterschiedlicher Art demselben Kapitel. Das hier anwendbare 24. Kapitel gilt beispielsweise sowohl für Tabakabfälle als auch für Zigarren. Ob eine Warenbezeichnung für den Zweck der Gestellung und der vorübergehenden Verwahrung als im Wesentlichen richtig anzusehen ist, muss sich vielmehr danach beurteilen, ob die vorhandenen Angaben insgesamt eine eindeutige Zuordnung der Ware zu der Anmeldung ermöglichen.

130.

Dass dies im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens bei der Gestellung der Waren der Fall war, scheint aufgrund der dem Gerichtshof verfügbaren Angaben wahrscheinlich; die Entscheidung obliegt insoweit aber dem vorlegenden Gericht.

131.

Mangels Verstoßes im Sinne von Art. 202 ZK wäre dann die fragliche Ware bei ihrem Eingang in Slowenien wirksam in ein Nichterhebungsverfahren gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 überführt worden, so dass keine Einfuhr nach Art. 2 Buchst. b derselben Richtlinie erfolgt und kein Verbrauchsteueranspruch entstanden wäre.

132.

Zu erörtern bleibt aber, ob die vorübergehend verwahrten Waren trotz Angabe der unrichtigen Tarifposition in der Folge wirksam in das externe Versandverfahren und in Ungarn ordnungsgemäß in das Zolllagerverfahren überführt worden sind und dadurch weiterhin keine Verbrauchsteuerpflicht nach Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2008/118 entstanden ist.

ii) Überführung in das Versand- und Zolllagerverfahren

133.

Gemäß Art. 59 Abs. 1 ZK sind alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, zu dem betreffenden Verfahren anzumelden. Im Rahmen dieser Anmeldung ist die Tarifposition der Ware einschließlich der korrekten Unterposition anzugeben ( 48 ). Dies gilt für das Versand- und das Zolllagerverfahren gleichermaßen. Die Angabe einer unrichtigen Tarifposition verletzt diese Pflicht.

134.

Allerdingst ist festzustellen, dass es in Fällen wie dem vorliegenden um die Überführung von Waren in ein Nichterhebungsverfahren geht, d. h. um die Frage, ob überhaupt Einfuhrabgaben zu zahlen sind, und nicht darum, in welcher Höhe diese bestehen. Grundsätzlich können alle Nichtgemeinschaftswaren in ein externes Versandverfahren oder ein Zolllagerverfahren überführt werden, ohne dass es dabei auf die Tarifposition ankommt.

135.

Zudem muss berücksichtigt werden, dass das Regelwerk der Tarifierung komplex ist und in seiner Anwendung nicht nur von Tatsachen, sondern auch rechtlichen Wertungen abhängt. Die richtige Auslegung und Anwendung der Positionen der Kombinierten Nomenklatur ist regelmäßig Gegenstand von Rechtsstreiten und Gerichtsentscheidungen, wie auch der vorliegende Fall zeigt. Nicht jeder dabei unterlaufene Fehler muss zwingend gravierend sein.

136.

Im vorliegenden Fall wurden die Waren zwar unrichtig eingereiht, aber nicht mit einer vollkommen ihrer Natur zuwiderlaufenden KN-Position versehen. Die angegebene und die tatsächlich zutreffende weisen vielmehr im Großen und Ganzen vergleichbare Eigenschaften auf. Auch wenn man von Transport- und Logistikunternehmen wie Schenker eine Expertise in dem Bereich der tariflichen Einreihung von Waren erwarten darf, handelt es sich hier um keine offensichtliche und völlig abwegige Fehleinreihung.

137.

Auch die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, nach Art. 12 Abs. 1 ZK bei den Zollbehörden vorab verbindliche Zolltarifauskünfte zu beantragen und die Waren entsprechend zu kennzeichnen, führt nicht dazu, dass jede unrichtige Einreihung zur Entstehung einer Zollschuld führen muss. Sonst würde Art. 12 ZK dazu führen, dass Warenbeförderer bei geringsten Unsicherheiten gezwungen wären, ein entsprechendes Antragsverfahren durchzuführen, Dies wäre zum einen weder für den Beförderer noch für die Zollbehörden praxistauglich, worauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde, und widerspräche zum anderen dem Sinn von Art. 12 ZK, der in erster Linie als optionales Hilfsmittel zur besseren Vorhersehbarkeit der zollrechtlichen Behandlung einer Ware durch die Zollbehörden konzipiert ist.

138.

Hinzu kommt, dass Art. 65 ZK, wonach die Möglichkeit besteht, Fehler in der Zollanmeldung zu berichtigen, praktisch weitgehend ins Leere liefe, wenn die bloße Angabe einer unrichtigen Tarifposition in der Zollanmeldung automatisch die Entstehung der Zollschuld zur Folge hätte.

139.

Es erscheint daher im Ergebnis nicht gerechtfertigt, die Angabe einer unzutreffenden Tarifposition bei der Anmeldung zu einem externen Versand- oder Zolllagerverfahren mit der Entstehung einer Zollschuld zu ahnden, solange die Waren im Wesentlichen richtig bezeichnet werden.

140.

Auch wenn insoweit die Entscheidung dem vorlegenden Gericht obliegt, sprechen die verfügbaren Informationen gegen die Annahme eines hinreichend qualifizierten Verstoßes ( 49 ). Dann bliebe der Suspensiveffekt nach Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2008/118 auch während der Verbringung nach und der Lagerung in Ungarn aufrechterhalten. Mangels „Einfuhr“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der genannten Richtlinie wäre folglich kein Verbrauchsteueranspruch entstanden.

3. Ergebnis zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage

141.

Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass die streitgegenständlichen Waren, da sie ab ihrem Eingang in das Unionsgebiet der zollamtlichen Überwachung unterstanden, die ein „Nichterhebungsverfahren“ gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 begründet, mangels Einfuhr im Sinne von Art. 4 Nr. 8 desselben Rechtsakts nicht verbrauchsteuerpflichtig gemäß Art. 2 Buchst. b geworden sind und trotz unzutreffender Angaben in den Begleitdokumenten keine Verbrauchsteuerschuld entstanden ist. Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 ist dahin auszulegen, dass Waren trotz Angabe einer nicht zutreffenden Tarifposition als in vorübergehende Verwahrung, ein externes Versand- oder ein Zolllagerverfahren und somit als in ein „zollrechtliches Nichterhebungsverfahren“ überführt angesehen werden können, solange die Waren ihrer Art nach im Wesentlichen richtig bezeichnet werden und die Warenmenge sowie die Angaben zur Verpackung der Ware den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ist dies der Fall, sind die Waren mangels Einfuhr im Sinne von Art. 4 Nr. 8 nicht verbrauchsteuerpflichtig gemäß Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118 geworden.

C – Zur vierten Vorlagefrage

142.

Mit der vierten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Begriff „Unregelmäßigkeit“ im Rahmen von Art. 38 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen ist, dass er Konstellationen erfasst, in denen eine Ware in ihren Begleitdokumenten mit einer unzutreffenden Tarifposition versehen ist.

143.

Art. 38 der Richtlinie 2008/118 regelt – anders als deren Art. 2 und 7 ‐ nicht die Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs, sondern löst potenzielle Konflikte zwischen mehreren Mitgliedstaaten über die verbrauchsteuerliche Ertragskompetenz. Die Auslegung des Begriffs der „Unregelmäßigkeit“ ist daher nur für die Frage von Belang, welchem Mitgliedstaat ein Verbrauchsteuerertrag zusteht, nicht aber für die Frage, ob ein Verbrauchsteueranspruch entstanden ist.

144.

Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118 bestimmt, dass in Fällen, in denen während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Mitgliedstaat, der nicht der Mitgliedstaat ist, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden, eine Unregelmäßigkeit begangen wird, diese Waren der Verbrauchsteuer unterliegen, die in dem Mitgliedstaat anfällt, in dem die Unregelmäßigkeit eingetreten ist.

145.

Art. 38 Abs. 4 der Richtlinie 2008/118 definiert den Begriff der „Unregelmäßigkeit“ dabei als einen während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nach Art. 33 Abs. 1 oder Art. 36 Abs. 1 eintretenden Fall, der nicht durch Art. 37 ( 50 ) abgedeckt ist, aufgrund dessen eine Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren nicht ordnungsgemäß beendet wurde ( 51 ).

146.

Eine Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Sinne der Richtlinie 2008/118 liegt dabei vor, wenn Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den freien Verkehr überführt wurden, in einem anderen Mitgliedstaat zu gewerblichen Zwecken ( 52 ) in Besitz gehalten werden und dort zur Lieferung oder Verwendung vorgesehen sind bzw. aus einem anderen Mitgliedstaat erworben und vom Verkäufer versandt oder befördert werden.

147.

Bezogen auf die Umstände des vorliegenden Falles ist das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 38 Abs. 4 der Richtlinie 2008/118 zu verneinen.

148.

Zum einen sind die Waren nicht in Slowenien in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden, sondern befanden sich in einem Nichterhebungsverfahren. Zum anderen hat Schenker in Ungarn die Waren nicht im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 2008/118 zur Auslieferung und Verwendung in Besitz gehalten, sondern sie in die Ukraine weiterbefördern wollen.

149.

Im Ergebnis ist deshalb mit der Kommission, Ungarn und Schenker davon auszugehen, dass die Angabe der falschen Tarifposition in der vorliegenden Konstellation nicht zu einer von Art. 38 der Richtlinie 2008/118 erfassten Unregelmäßigkeit führt.

VI – Ergebnis

150.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

Eine ohne weitere Bearbeitung als Rauchtabak verwendbare Ware wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ist nicht als „‚light-air-cured‘ Tabak“ gemäß dem KN-Code 2401 10 35 anzusehen, sondern, wenn sie nicht im Wesentlichen aus Tabakabfällen besteht, als „[a]nderer verarbeiteter Tabak“ einzuordnen und unter die Position 2403 KN einzureihen. Ist die Ware ferner lose, kompaktiert und in mit Plastik ausgekleideten Kartons von einem Nettogewicht von 30 kg verpackt, ist sie der Position 2403 10 90 KN zuzuweisen.

Da die streitgegenständliche Ware ab ihrem Eingang in das Unionsgebiet der zollamtlichen Überwachung unterlag, die ein „Nichterhebungsverfahren“ gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 ist, ist sie mangels Einfuhr im Sinne von Art. 4 Nr. 8 desselben Rechtsakts nicht verbrauchsteuerpflichtig gemäß Art. 2 Buchst. b geworden und trotz unzutreffender Angaben in den Begleitdokumenten keine Verbrauchsteuerschuld entstanden. Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118 ist dahin auszulegen, dass Waren trotz Angabe einer nicht zutreffenden Tarifposition als in vorübergehende Verwahrung, ein externes Versand- oder ein Zolllagerverfahren und somit als in ein „zollrechtliches Nichterhebungsverfahren“ überführt angesehen werden können, solange die Waren ihrer Art nach im Wesentlichen richtig bezeichnet werden und die Warenmenge sowie die Angaben zur Verpackung der Ware den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ist dies der Fall, sind die Waren mangels Einfuhr im Sinne von Art. 4 Nr. 8 nicht verbrauchsteuerpflichtig gemäß Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/118 geworden.

Die Angabe der falschen Tarifposition in der vorliegenden Konstellation führt nicht zu einer von Art. 38 der Richtlinie 2008/118 erfassten Unregelmäßigkeit.


( 1 ) Originalsprache: Deutsch.

( 2 ) Verwaltungs- und Arbeitsgericht Debrecen.

( 3 ) Oberfinanzdirektion der nationalen Abgaben- und Steuerverwaltung für die Region Nördliche Tiefebene.

( 4 ) ABl. 1987, L 198, S. 3.

( 5 ) Vgl. die Schlussbestimmungen des Internationalen Übereinkommens über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren, ABl. 1987, L 198, S. 9: „Done […] in the English and French languages, both texts being equally authentic […]“.

( 6 ) Da für das Ausgangsverfahren die im Frühjahr 2011, als die Waren ins Unionsgebiet gelangten, geltende Rechtslage maßgeblich ist, sind die Erläuterungen in der Fassung des Jahres 2007 und nicht in der Fassung des Jahres 2012 einschlägig.

( 7 ) Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom 5. Oktober 2010 (ABl. L 284, S. 1) geänderten Fassung.

( 8 ) Die fragliche Fassung trat gemäß Art. 2 der Verordnung Nr. 861/2010 am 1. Januar 2011 in Kraft und ist in dieser Fassung für die Beurteilung der Rechtslage dieser Rechtssache maßgeblich.

( 9 ) Erläuterungen der Europäischen Kommission zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union (2011/C 137/01) auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 2011, C 137, S. 1).

( 10 ) Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 1).

( 11 ) Die Verordnung (EG) Nr. 450/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft (ABl. L 145, S. 1) ist für die Beurteilung der Rechtslage im entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht maßgebend. Zwar nennt Art. 188 Abs. 1 dieses Rechtsakts Regelungen, die bereits ab dem 24. Juni 2008 gelten. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um Rechtsgrundlagen für Durchführungsvorschriften. Mit Ausnahme von Art. 30 zu den Gebühren und Kosten gelten gemäß Art. 188 Abs. 2 alle übrigen Regelungen erst, sobald die Durchführungsvorschriften auf der Grundlage der in Abs. 1 genannten Artikel anwendbar sind. Letzteres war im hier maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2011) nicht der Fall.

( 12 ) Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12) in der durch die Richtlinie 2010/12/EU des Rates vom 16. Februar 2010 zur Änderung der Richtlinie 92/79/EWG, der Richtlinie 92/80/EWG und der Richtlinie 95/59/EG hinsichtlich der Struktur und der Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren sowie der Richtlinie 2008/118/EG (ABl. L 50, S. 1) geänderten Fassung.

( 13 ) Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (ABl. L 176, S. 24). Gemäß ihrem Art. 22 ist die genannte Richtlinie am 1. Januar 2011 in Kraft getreten.

( 14 ) Vgl. Urteile Lohmann und Medi Bayreuth (C‑260/00 bis C‑263/00, EU:C:2002:637, Rn. 26) und Lukoyl Neftohim Burgas (C-330/13, EU:C:2014:1757, Rn. 27 und 28).

( 15 ) Vgl. Urteile Krüger (C‑334/95, EU:C:1997:378, Rn. 22 und 23), Byankov (C‑249/11, EU:C:2012:608, Rn. 57) und Lukoyl Neftohim Burgas (C-330/13, EU:C:2014:1757, Rn. 29).

( 16 ) Vgl. meine Schlussanträge in den Rechtssachen Ikegami Electronics (C-467/03, EU:C:2005:49, Nrn. 31 bis 36), Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht (C-311/04, EU:C:2005:595, Nrn. 27, 28 und 35), Uroplasty (C-514/04, EU:C:2006:56, Nrn. 42 bis 44) und Turbon International (C-250/05, EU:C:2006:384, Nrn. 38 und 40).

( 17 ) Vgl. nur Urteile Dittmeyer (69/76 und 70/76, EU:C:1977:25, Rn. 4), LTM (C-201/96, EU:C:1997:523, Rn. 17) und Glob-Sped AG (C-328/97, EU:C:1998:601, Rn. 26).

( 18 ) Urteil Dittmeyer (69/76 und 70/76, EU:C:1977:25, Rn. 4).

( 19 ) Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Ikegami Electronics (C-467/03, EU:C:2005:49, Nr. 35).

( 20 ) Das Sachverständigengutachten verwendet im ungarischen Original den Begriff „dohányzásra kész dohány“.

( 21 ) Dies gilt auch für die Formulierungen „Tabacs bruts ou non fabriqués“ bzw. „unmanufactured tobacco“ der entsprechenden Positionen in den verbindlichen Fassungen des HS.

( 22 ) Hervorhebung nur hier.

( 23 ) Hervorhebung nur hier.

( 24 ) Vgl. zu dieser Kontrollerwägung Urteil Dittmeyer (69/76 und 70/76, EU:C:1977:25, Rn. 4).

( 25 ) Vgl. Ziff. 2 der Erläuterungen HS (Erläuterungen zur Unterposition 2401 30 00 KN).

( 26 ) Hervorhebung nur hier.

( 27 ) Die Position 2402 KN kommt nicht in Frage. Ihr Wortlaut („Zigarren [einschließlich Stumpen], Zigarillos und Zigaretten [...]“) und die Erläuterungen KN stellen klar, dass nur „als solche zum Rauchen geeignete Tabakstränge“ und damit nicht loser Tabak ohne Deck- bzw. Umblatt erfasst ist, wie er im Ausgangsverfahren in Rede steht. Eine eingehende Prüfung dieser Position erübrigt sich deswegen.

( 28 ) Der ursprüngliche Vorschlag zur Richtlinie 2011/64 sah eine vollständige Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze für Tabakwaren vor. Im Ergebnis beschränkt sich die Richtlinie auf die Festlegung von Mindestsätzen.

( 29 ) Die Richtlinie 2011/64 fasst die im Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/118 genannten Richtlinien 95/59, 92/79 und 92/80 zusammen.

( 30 ) Vgl. deren Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2.

( 31 ) Dafür, dass die fraglichen Waren im Sinne von Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2008/118 aus der zollamtlichen Überwachung bzw. aus dem externen Versand- oder dem Zolllagerverfahren „entlassen“ worden sind, liegen keine Anzeichen vor. Somit kommt es lediglich auf die Frage an, ob die Waren in ein zollrechtliches Nichterhebungsverfahren überführt wurden.

( 32 ) Diese hier maßgebliche Definition ist weiter gefasst als jene des Zollkodex, der allein Verfahren nach Art. 84 Abs. 1 Buchst. a ZK als Nichterhebungsverfahren qualifiziert.

( 33 ) Vgl. den Abschnitt D.II.2.4 ihrer schriftlichen Erklärungen.

( 34 ) Vgl. Urteil Papismedov u. a. (C-195/03, EU:C:2005:131, Rn. 22).

( 35 ) Vgl. Urteil Papismedov u. a. (C-195/03, EU:C:2005:131, Rn. 21).

( 36 ) Insbesondere hat die Ware nicht ihren Status gewechselt, da dies nach Art. 79 ZK die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr voraussetzt, was u. a. davon abhängt, dass die Einfuhrabgaben entrichtet wurden. Vgl. insoweit Urteil D. Wandel (C-66/99, EU:C:2001:69, Rn. 36).

( 37 ) Vgl. hierzu auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Papismedov u. a. (C-195/03, EU:C:2004:572, Nr. 38).

( 38 ) Siehe z. B. die Formulierungen „any one of the special procedures“, „l’un des régimes spéciaux“, „vastgestelde bijzondere procedure“, „una delle procedure speciali“, „um dos procedimentos especiais“.

( 39 ) „‚[R]égimen aduanero suspensivo‘: cualquiera de los regímenes previstos en el Reglamento (CEE) no 2913/92 en relación con el control aduanero del que su objeto las mercancías no comunitarias en el momento de su introducción en el territorio aduanero de la Comunidad, en depósitos temporales […]“.

( 40 ) Vgl. Art. 4 Abs. 2 des Kommissionsvorschlags für eine Richtlinie des Rates über das allgemeine Verbrauchsteuersystem in der Fassung vom 26. Februar 2008 (KOM[2008] 78 endgültig).

( 41 ) Vgl. Art. 50 ZK. Nach Art. 4 Nr. 19 ZK versteht man unter „Gestellung“ die Mitteilung an die Zollbehörden in der vorgeschriebenen Form, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden.

( 42 ) Hervorhebung nur hier.

( 43 ) Auch ausweislich der Begründung des Kommissionsvorschlags zu der Richtlinie 2008/118 soll eine Verfahrensverdopplung vermieden werden; vgl. dazu S. 6 der Begründung des Kommissionsvorschlags für eine Richtlinie des Rates über das allgemeine Verbrauchsteuersystem in der Fassung vom 26. Februar 2008.

( 44 ) Die Vorschrift erwähnt die vorübergehende Verwahrung, Freizonen, Freilager und Verfahren nach Art. 84 Abs. 1 der Verordnung.

( 45 ) Urteil Papismedov u. a. (C-195/03, EU:C:2005:131, Rn. 31).

( 46 ) Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1063/2010 der Kommission vom 18. November 2010 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 307, S. 1) geänderten Fassung.

( 47 ) Vgl. Art. 186 Abs. 7 ZK DurchfVO.

( 48 ) Urteil DP grup EOOD (C-138/10, EU:C:2011:587, Rn. 40) mit Verweis auf Urteil Top Hit Holzvertrieb/Kommission (378/87, EU:C:1989:209, Rn. 26).

( 49 ) Vgl. insoweit bereits die Ausführungen in den Nrn. 134 bis 137 dieser Schlussanträge.

( 50 ) Art. 37 der Richtlinie 2008/118 erfasst Fälle der vollständigen Zerstörung und des unwiederbringlichen Verlusts.

( 51 ) Vgl. Art. 10 Abs. 6 der Richtlinie 2008/118, der den Begriff der „Unregelmäßigkeit“ im Kontext von Steueraussetzungsverfahren definiert.

( 52 ) Gemäß Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 1 gilt als „Besitz zu gewerblichen Zwecken“ u. a. der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch eine Person, die keine Privatperson ist.

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