61987J0378

URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 23. MAI 1989. - TOP HIT HOLZVERTRIEB GMBH GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - NACHERHEBUNG VON EINGANGSABGABEN - HOLZREGALE. - RECHTSSACHE 378/87.

Sammlung der Rechtsprechung 1989 Seite 01359


Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


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1 . Nichtigkeitsklage - Fristen - Ausgangspunkt - Dem Kläger von den nationalen Behörden bekanntgegebene Handlung - Genaue Kenntnis des Inhalts

( EWG-Vertrag, Artikel 173 Absatz 3 )

2 . Eigene Mittel der Europäischen Gemeinschaften - Nacherhebung von Eingangs - oder Ausfuhrabgaben - Importeur, der die Voraussetzungen des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 erfuellt - Nacherhebung - Ausschluß

( Verordnung Nr . 1697/79 des Rates, Artikel 5 Absatz 2 )

3 . Zollunion - Rechtsangleichung - Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr - Pflichten des Zollanmelders

( Richtlinie 79/695 des Rates, Artikel 3 Absatz 1; Richtlinie 82/57 der Kommission, Artikel 2 )

Leitsätze


1 . Die Frist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage beginnt für einen Wirtschaftsteilnehmer erst dann zu laufen, wenn er vom Inhalt einer Entscheidung eines Organs - die an einen Mitgliedstaat gerichtet ist und mit der es abgelehnt wird, eine gemeinschaftsrechtliche Bestimmung zugunsten des Wirtschaftsteilnehmers anzuwenden - so klar und unzweideutig Kenntnis erhält, daß er von seinem Klagerecht Gebrauch machen kann .

2 . Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 betreffend die Nacherhebung von Eingangs - oder Ausfuhrabgaben, der drei eindeutige Voraussetzungen aufstellt, unter denen die zuständigen Behörden von einer Nacherhebung absehen können, ist so auszulegen, daß der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf hat, daß von einer Nacherhebung abgesehen wird, wenn alle diese Voraussetzungen erfuellt sind .

3 . Wer zur Überführung einer Ware in den zollrechtlich freien Verkehr eine Zollanmeldung abgibt, hat gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 79/695 zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr und Artikel 2 der Richtlinie 82/57 zur Festlegung bestimmter Durchführungsvorschriften zu der Richtlinie 79/695 den Zollbehörden alle Angaben zu machen, die für die beantragte Zollbehandlung der fraglichen Ware erforderlich sind .

Hängt von der zollrechtlichen Tarifierung der Ware die Anwendung einer besonderen zollrechtlichen Regelung wie zum Beispiel einer Regelung über eine Abgabenbefreiung ab, so gehört zu dieser Verpflichtung auch die Angabe der korrekten Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs . Kann eine Ware allein aufgrund ihrer Bezeichnung oder ihres äusseren Erscheinungsbildes nicht mit hinreichender Genauigkeit einer bestimmten Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs zugewiesen werden, so hat der Zollanmelder alle sonstigen zweckdienlichen Angaben insbesondere über die Merkmale und den Verwendungszweck der Ware zu machen, damit diese richtig tarifiert werden kann .

Entscheidungsgründe


1 Die Top Hit Holzvertrieb GmbH i.L ., eine Gesellschaft deutschen Rechts, hat mit Klageschrift, die am 21 . Dezember 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Entscheidung REC 5/85 der Kommission vom 16 . September 1985, mit der der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben wurde, von der Klägerin Eingangsabgaben in Höhe von 244 590,59 DM nachzuerheben .

2 Die Klägerin, ein mit dem Vertrieb von Holzprodukten befasstes Unternehmen, führte zwischen Oktober 1980 und Ende Dezember 1981 105 Sendungen von Holzregalen rumänischen Ursprungs in die Bundesrepublik Deutschland ein . In den bei der Einfuhr vorgelegten Rechnungen waren die Waren zunächst als "vorgefertigte Holzkonstruktionen" und später als "Nico-Regale aus Fichtenholz, zerlegt" oder als "Viktor-Leistenkonstruktionen" bezeichnet . Sie wurden jeweils als vollständige, in Schrumpffolie verpackte Sets geliefert . Lediglich die Nico-Regale wurden bis Mai 1981 in Form von Einzelteilen eingeführt, die in der entsprechenden Stückzahl auf separaten Paletten gestapelt waren .

3 Bei der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr meldete die Klägerin die fraglichen Sendungen immer unter der Tarifstelle 44.28 D II ( andere Holzwaren ) des Gemeinsamen Zolltarifs an, wobei die Nico-Regale von Oktober 1980 bis Mai 1981 als "Bauwerkteile aus Holz, Fichte/Tanne" bzw . ab Mai 1981 als "Regale aus Fichtenholz, zerlegt" und die Viktor-Regale als "Leistenkonstruktionen aus Fichtenholz" beschrieben wurden . Entsprechend diesen Anmeldungen wurden die Waren unter der Tarifstelle 44.28 D II zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt und im Rahmen des Systems der allgemeinen Präferenzen von der Klägerin frei von Eingangsabgaben eingeführt .

4 Am 19 . Oktober 1982 erteilte die Oberfinanzdirektion Berlin zwei verbindliche Zolltarifauskünfte, mit denen sie die fraglichen Waren der Tarifstelle 94.03 B ( Möbel ) des Gemeinsamen Zolltarifs zuwies, für die während des betreffenden Zeitraums keine Vorzugsbehandlung im Rahmen des Systems der allgemeinen Präferenzen vorgesehen war . Aufgrund dieser Auskünfte wurden mit Änderungsbescheid des Hauptzollamts Köln-Deutz ( im folgenden : HZA ) vom 19 . Oktober 1983 in der Fassung des Steueränderungsbescheids vom 7 . März 1985 Eingangsabgaben in Höhe von 244 590,29 DM gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr . 1697/79 des Rates vom 24 . Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von Eingangs - oder Ausfuhrabgaben ( ABl . L 197, S . 1 ) nacherhoben .

5 Gegen diesen Änderungsbescheid legte die Klägerin am 15 . November 1983 Einspruch ein, mit dem sie beantragte, aufgrund von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 von der Nacherhebung der Eingangsabgaben abzusehen oder ihr diese Abgaben gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr . 1430/79 des Rates vom 2 . Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlaß von Eingangs - oder Ausfuhrabgaben ( ABl . L 175, S . 1 ) wegen Vorliegens besonderer Umstände zu erlassen .

6 Da sich die nicht erhobenen Abgaben auf mehr als 2 000 ECU beliefen, beantragte die Bundesrepublik Deutschland mit Schreiben vom 10 . Mai 1985 gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr . 1573/80 der Kommission vom 20 . Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 des Rates ( ABl . L 161, S . 1 ) bei der Kommission eine Entscheidung über die Nacherhebung der Eingangsabgaben im fraglichen Fall . Zugleich ersuchte sie die Kommission nach Artikel 3 der Verordnung Nr . 1575/80 der Kommission vom 20 . Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 13 der Verordnung Nr . 1430/79 des Rates ( ABl . L 161, S . 13 ) um eine Entscheidung darüber, ob für den Fall, daß eine Nacherhebung durchgeführt werden müsse, ein Erlaß der fraglichen Eingangsabgaben gerechtfertigt sei .

7 Am 16 . September 1985 erließ die Kommission die mit der vorliegenden Klage angefochtene Entscheidung REC 5/85, mit der sie feststellte, daß die fraglichen Eingangsabgaben nacherhoben werden müssten und der Erlaß dieser Eingangsabgaben nicht gerechtfertigt sei .

8 Mit Bescheid vom 21 . Januar 1986 lehnte das HZA Köln-Deutz den Antrag auf Erlaß der Eingangsabgaben ab, da die Voraussetzungen des Artikels 13 Absatz 1 der Verordnung Nr . 1430/79 im vorliegenden Fall nicht erfuellt seien .

9 Das HZA teilte der Klägerin sodann durch Bescheid vom 13 . Mai 1986 mit, daß keine Veranlassung mehr bestehe, das Einspruchsverfahren ruhen zu lassen, das bis zur Entscheidung über den Billigkeitsantrag ausgesetzt worden war .

10 Schließlich lehnte es das HZA mit Bescheid vom 21 . Oktober 1987, zugestellt am 30 . Oktober 1987, ebenfalls ab, von der Nacherhebung der Eingangsabgaben abzusehen, da die Klägerin den Irrtum der Zollstelle hätte erkennen müssen und deshalb die Voraussetzungen des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 nicht erfuellt seien .

11 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen . Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert .

Zur Zulässigkeit

12 Die Kommission hält die Klage für unzulässig, da die in Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgesehene Frist nicht eingehalten worden sei . Die Klägerin habe durch den Bescheid des HZA vom 13 . Mai 1986 von der streitigen Entscheidung der Kommission und insbesondere davon Kenntnis erhalten, daß diese Entscheidung auch den Antrag gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 betreffe .

13 Diesem Vorbringen der Kommission kann nicht gefolgt werden . Es trifft zwar zu, daß die angefochtene Entscheidung sowohl den gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr . 1430/79 eingereichten Antrag als auch den auf Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 gestützten Antrag betraf . Die zuständigen deutschen Behörden hatten jedoch beschlossen, vor einer Entscheidung über den Antrag auf Verzicht auf die Nacherhebung zunächst über den Antrag auf Erlaß der Eingangsabgaben zu entscheiden . In dem Bescheid vom 13 . Mai 1986 wies das HZA die Klägerin darauf hin, daß "nach der vorgenannten Entscheidung (( Entscheidung REC 5/85 der Kommission vom 16 . September 1985 )) ... die Gründe, die zur Ablehnung des Antrags nach Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr . 1430/79 führten, im wesentlichen auch der Beurteilung der Frage zugrunde zu legen (( sind )), ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung ( EWG ) Nr . 1697/79 gegeben sind ". Gleichzeitig wurde die Klägerin in dem Bescheid vom 13 . Mai 1986 um Mitteilung gebeten, ob sie die Begründung ihres Einspruchs überprüfen und gegebenenfalls ergänzen wolle .

14 Es ist festzustellen, daß sich aus der Formulierung des HZA nicht klar und unzweideutig ergibt, daß die Kommission in ihrer angefochtenen Entscheidung auch über die Behandlung des Antrags gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 endgültig entschieden hatte und daß die deutschen Behörden an diese Entscheidung gebunden waren . In diesem Zusammenhang ist überdies zu berücksichtigen, daß die im vorliegenden Fall angefochtene Entscheidung an die Bundesrepublik Deutschland und nicht an die Klägerin selbst gerichtet war .

15 Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Bescheid des HZA vom 13 . Mai 1986 genügend Einzelheiten enthielt, die es der Klägerin ermöglicht hätten, den Inhalt der sie beschwerenden Kommissionsentscheidung dergestalt zu erfassen, daß sie von ihrem Klagerecht aus dem erwähnten Artikel 5 Absatz 2 hätte Gebrauch machen können ( siehe das Urteil des Gerichtshofes vom 5 . März 1980 in der Rechtssache 76/79, Könecke, Slg . 1980, 665 ).

16 Die Klage ist daher zulässig .

Zur Begründetheit

17 Die Klägerin stützt ihre Klage auf Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 . Danach können die zuständigen Behörden von einer Nacherhebung von Eingangs - oder Ausfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat .

18 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß diese Vorschrift so auszulegen ist, daß der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf hat, daß von einer Nacherhebung abgesehen wird, wenn die drei dort genannten Voraussetzungen erfuellt sind ( siehe das Urteil des Gerichtshofes vom 22 . Oktober 1987 in der Rechtssache 314/85, Foto-Frost, Slg . 1987, 4199 ).

19 Die erste in dieser Vorschrift aufgeführte Voraussetzung besteht darin, daß die Nichterhebung der Abgaben auf einen Irrtum der zuständigen Behörden selbst zurückzuführen sein muß . Insoweit genügt die Feststellung, daß bei der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr unstreitig mindestens 60 Sendungen der fraglichen Waren beschaut wurden, wobei in 42 Fällen die Richtigkeit der Tarifierung durch ausdrücklichen Bezug auf den Wortlaut der Zollanmeldung bestätigt wurde . Ausserdem stellten die abfertigenden Beamten in 17 weiteren Fällen fest, daß es sich bei den beschauten Waren um zerlegte Regale handelte . Da die betreffenden Waren jedoch unter eine andere Zolltarifstelle als die in den erwähnten Zollanmeldungen angegebene fielen, war die Nichterhebung der streitigen Abgaben auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen .

20 Zweitens ist zu prüfen, ob die Klägerin alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat .

21 Die Kommission ist der Ansicht, die Zollanmeldung der Klägerin sei mißverständlich gewesen, und zwar insbesondere wegen der bis Mai 1981 verwendeten Warenbezeichnung "Bauwerkteile aus Holz, Fichte/Tanne ". Die Klägerin habe somit die Waren nicht korrekt angemeldet und sich nicht in allen Punkten an die geltenden Bestimmungen gehalten .

22 Zunächst ist klarzustellen, daß die geltenden Bestimmungen sowohl aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als auch aus nationalen Regelungen bestehen, die diese Vorschriften gegebenenfalls ergänzen oder umsetzen .

23 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß in der Bundesrepublik Deutschland der Inhalt der Zollanmeldung insbesondere in § 12 des Zollgesetzes und in § 20 der Allgemeinen Zollordnung geregelt ist . Nach dem die Zollanmeldung betreffenden § 12 Absatz 1 des Zollgesetzes hat der Zollbeteiligte das Zollgut, auf das sich sein Zollantrag bezieht, mit den für die Zollbehandlung maßgebenden Merkmalen und Umständen unter Angabe der Tarifstelle des Zolltarifs anzumelden . Gemäß § 20 der Allgemeinen Zollordnung müssen die Zollanmeldungen eine Reihe von Angaben u . a . über

"4 . Art, Beschaffenheit und gegebenenfalls Verwendungszweck der Ware mit der Genauigkeit, die für die beantragte Zollbehandlung erforderlich ist",

enthalten .

24 Diese Bestimmungen des nationalen Rechts sind unter Berücksichtigung der Richtlinie 79/695 des Rates vom 24 . Juli 1979 zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr ( ABl . L 205, S . 19 ) auszulegen . Nach Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie muß die Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr

"die Angaben enthalten, die zur Feststellung der Warenbeschaffenheit, zur Erhebung der Eingangsabgaben und zur Anwendung der übrigen Vorschriften erforderlich sind, die für die Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr gelten ".

25 Im Anschluß an den entscheidungserheblichen Zeitraum wurden diese Erfordernisse im übrigen näher bestimmt durch die Richtlinie 82/57 der Kommission vom 17 . Dezember 1981 zur Festlegung bestimmter Durchführungsvorschriften zu der Richtlinie 79/695/EWG des Rates zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr ( ABl . 1982, L 28, S . 38 ). Nach Artikel 2 dieser Richtlinie muß die Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr u . . folgende Angaben enthalten :

"g ) Tarifstelle, zu der die Waren im Schema des Gemeinsamen Zolltarifs gehören, sowie die Warenbezeichnung nach Maßgabe dieses Schemas oder in so genauer Form, daß die Zollstelle sofort und eindeutig feststellen kann, ob die Waren tatsächlich zu der in der Anmeldung angegebenen Tarifstelle gehören;

(( und )) ...

m ) alle sonstigen Angaben, die für die Anwendung der Vorschriften über die Überführung der angemeldeten Waren in den zollrechtlich freien Verkehr erforderlich sind ".

Die vorerwähnten Bestimmungen des deutschen Rechts stehen mit diesen durch die Richtlinie 82/57 erfolgten Klarstellungen im Einklang .

26 Aus der dargelegten Regelung ergibt sich insgesamt, daß der Zollanmelder den Zollbehörden alle Angaben zu machen hat, die für die beantragte Zollbehandlung der fraglichen Ware erforderlich sind . Vor allem dann, wenn eine Befreiung von Eingangsabgaben von der zollrechtlichen Tarifierung der Ware abhängt, wie es z . B . bei der Anwendung des Systems der allgemeinen Präferenzen auf bestimmte Erzeugnisse der Fall ist, gehört zu dieser Verpflichtung auch die Angabe der korrekten Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs . Kann eine Ware allein aufgrund ihrer Bezeichnung oder ihres äusseren Erscheinungsbildes nicht mit hinreichender Genauigkeit einer bestimmten Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs zugewiesen werden, so hat der Zollanmelder alle sonstigen zweckdienlichen Angaben insbesondere über die Merkmale und den Verwendungszweck der Ware zu machen, damit diese richtig tarifiert werden kann .

27 Es ist zu prüfen, ob die Klägerin diesen Verpflichtungen eines Zollanmelders nachgekommen ist .

28 In diesem Zusammenhang ist zunächst zu bemerken, daß die streitigen Waren - Holzregale - im Schema des Gemeinsamen Zolltarifs nicht aufgeführt sind . Es stellt sich somit die Frage, ob diese Erzeugnisse als Möbel in Kapitel 94 oder als Holzwaren in Kapitel 44 einzuordnen waren . Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß es zur Verneinung des Möbelcharakters von Holzregalen, die im normalen Wortsinn meist zum Aufbewahren verschiedener Gegenstände dienen, besonderer Angaben über den Verwendungszweck und die genauen Merkmale der betreffenden Regale bedarf .

29 Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin dafür entschieden, die Holzregale unter der Tarifstelle 44.28 D II des Gemeinsamen Zolltarifs anzumelden, die "andere Holzwaren : nicht benannte" erfasst . Daß es sich hierbei um eine besonders unscharfe Definition handelt, ist offensichtlich . Nach den vorerwähnten Grundsätzen mussten deshalb die Waren in so genauer Form bezeichnet werden, daß die Zollstelle eindeutig feststellen konnte, daß sie nicht einer spezielleren Tarifstelle, sondern der in der Anmeldung angegebenen Tarifstelle zuzuweisen waren . Dieser Verpflichtung musste um so mehr nachgekommen werden, als die streitigen Regale bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zerlegt gestellt wurden, was ihre Tarifierung noch erschwerte .

30 Es ist festzustellen, daß die Beschreibungen in den Zollanmeldungen der Klägerin den genannten Anforderungen nicht genügen . Die für die Nico-Regale zwischen Oktober 1980 und Mai 1981 verwendete Bezeichnung "Bauwerkteile aus Holz, Fichte/Tanne" findet sich nämlich in keiner Position des Gemeinsamen Zolltarifs . Ausserdem lässt diese Bezeichnung nicht erkennen, daß es sich tatsächlich um Regale handelte; sie verschweigt folglich eines der Hauptmerkmale der Ware, das für deren Tarifierung entscheidend ist . Auch anhand der ab Mai 1981 verwendeten Bezeichnung "Regale aus Fichtenholz, zerlegt" bzw . der Bezeichnung "Leistenkonstruktionen aus Fichtenholz" für die Viktor-Regale konnte nicht hinreichend genau festgestellt werden, ob es sich um Waren mit Möbelcharakter oder um nicht näher spezifizierte Holzwaren ohne Möbelcharakter handelte . In Anbetracht der Vermutung, wonach Holzregale als Möbel zu qualifizieren sind, hatte die Klägerin, da sie die fraglichen Waren unter der Tarifstelle 44.28 D II des Gemeinsamen Zolltarifs anmeldete, alle notwendigen Angaben über die Merkmale und den Verwendungszweck der Waren zu machen . Dieser Verpflichtung war im vorliegenden Fall um so mehr nachzukommen, als die Wahl dieser Tarifstelle durch die Klägerin dazu führte, daß für die betreffenden Waren eine Befreiung von den Eingangsabgaben gewährt wurde, die für die andere gegebenenfalls in Betracht kommende Tarifstelle nicht vorgesehen war .

31 Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, daß die Klägerin alle geltenden Bestimmungen betreffend ihre Zollerklärung beachtet hat .

32 Da von der Nacherhebung der streitigen Eingangsabgaben nur dann abgesehen werden kann, wenn alle Voraussetzungen des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr . 1697/79 erfuellt sind, ist die Klage abzuweisen, ohne daß es der Prüfung bedarf, ob die Klägerin gutgläubig gehandelt hat .

Kostenentscheidung


Kosten

33 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen . Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen .

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Dritte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen .

2 ) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens .