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Document 52019XE4851

    Entschließung zu „Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien: Glaubwürdigkeit und geostrategische Interessen der EU sollten gewahrt werden“

    ABl. C 47 vom 11.2.2020, p. 15–16 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    11.2.2020   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 47/15


    Entschließung zu „Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien: Glaubwürdigkeit und geostrategische Interessen der EU sollten gewahrt werden“

    (2020/C 47/02)

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner Plenartagung am 30./31. Oktober 2019 (Sitzung vom 31. Oktober) mit 174 gegen 12 Stimmen bei 15 Enthaltungen folgende Entschließung.

    1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist zutiefst enttäuscht über die Entscheidung der EU-Führungsspitzen auf dem Europäischen Rat vom 17./18. Oktober, die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien aufgrund mangelnder Einigkeit unter den Mitgliedstaaten weiter zu vertagen.

    2.

    Der EWSA bedauert nachdrücklich, dass die gegenüber diesen beiden Ländern eingegangenen Verpflichtungen nicht eingehalten werden. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 28. Juni 2018, in denen dieser die Schlussfolgerungen des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) vom 26. Juni 2018 zur Erweiterung sowie zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess gebilligt hat, wurde eindeutig der Weg für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im Juni 2019 geebnet. Bereits am 18. Juni 2019 hatte der Europäische Rat beschlossen, spätestens im Oktober 2019 auf die Empfehlungen der Kommission zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien zurückzukommen.

    3.

    Der EWSA betont, dass der abermalige Aufschub der Entscheidung über die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit den beiden Ländern, die alle Voraussetzungen erfüllen (1), ein geostrategischer und historischer Fehler ist und die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der EU gefährdet. Die EU hatte die Möglichkeit, Verhandlungen aufzunehmen und dabei strenge Auflagen in Bezug auf eine gute Staatsführung festzulegen, auf der strikten Anwendung der Kriterien für die Mitgliedschaft während der Verhandlungen zu bestehen und bessere Instrumente zur Überwachung der Rechtsstaatlichkeit nach dem Beitritt zu entwickeln.

    4.

    Der EWSA ist überzeugt, dass die „Europäisierung“ dieser Region durchgreifende Strukturreformen in den Ländern des Westbalkans erfordert.

    5.

    Er hegt keinen Zweifel, dass bei den Unionsbürgerinnen und -bürgern in einigen Mitgliedstaaten eine erhebliche Erweiterungsmüdigkeit herrscht. Er zweifelt nicht daran, dass die Spaltung innerhalb der EU zu Fragen wie der Einwanderung und dem neuen Haushalt die notwendige politische Aufmerksamkeit von der Erweiterungspolitik weggelenkt hat. Der politische Konsens und die breite öffentliche Unterstützung für den EU-Beitritt sowohl in Nordmazedonien als auch in Albanien dürfen jedoch nicht ignoriert werden.

    6.

    Die jungen Menschen im Westbalkan setzen hohe Erwartungen in die EU, die wir nicht enttäuschen dürfen. Der EWSA ist überzeugt, dass wir ihnen eine positive Zukunftsperspektive bieten müssen, die es ihnen ermöglicht, in einer stabilen und wohlhabenden Region zu leben.

    7.

    Die Organisationen der Zivilgesellschaft sind zutiefst überzeugt, dass der Westbalkan eine in geostrategischer Hinsicht entscheidende Region in Europa ist, die direkt vor unserer Haustür liegt und auf die andere globale Akteure mit Interesse schauen.

    8.

    Auf dem 7. Forum der Zivilgesellschaft des Westbalkans, das der EWSA am 16./17. April 2019 in Tirana abhielt, bekräftigten die Organisationen der Zivilgesellschaft in der Abschlusserklärung, dass die Erweiterung der EU und insbesondere die Verbreitung ihrer demokratischen Werte und Rechtsnormen im Westbalkan sowohl im Interesse der Region als auch im Interesse der EU liegt, auch wenn sich gegenwärtig eine Vielzahl an Herausforderungen stellt. (2)

    9.

    Der EWSA hat wiederholt seiner Sorge über den schrumpfenden Spielraum der Zivilgesellschaft in einer Reihe von Ländern des Westbalkans Ausdruck verliehen und dazu aufgerufen, den Regierungen des Westbalkans nahezulegen, ihre Anstrengungen zu verstärken, um die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der grundlegenden Menschenrechte sowie Justizreformen, die Bekämpfung von Korruption und Diskriminierung, die Unabhängigkeit der Journalisten und die Pressefreiheit zu gewährleisten, die zu den grundlegenden europäischen Werten gehören, an die sich jeder EU-Mitgliedstaat halten sollte. Der soziale Dialog und die Rolle der Sozialpartner und der Organisationen der Zivilgesellschaft bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung müssen nachdrücklich unterstützt und gefördert werden.

    10.

    Der EWSA wird weiter eng und intensiv mit der Zivilgesellschaft des Westbalkans zusammenarbeiten, sie unterstützen und darin bestärken, dass ihr Platz in der Europäischen Union ist. Wir werden alles in unseren Kräften Stehende tun, um Aussöhnung und europäische Werte in der Region zu fördern, und auch künftig eine entschlossene Haltung in Bezug auf die EU-Erweiterung vertreten. Wir sind überzeugt, dass eine klare Perspektive in Sachen EU-Beitritt von entscheidender Bedeutung für die Stabilität in der Region ist, und wir verleihen unserer Hoffnung Ausdruck, dass die Erweiterung auch künftig trotz der Vielzahl der gegenwärtig anstehenden Herausforderungen zu den Prioritäten der EU gehören wird. (3)

    11.

    Im Rahmen unserer regelmäßigen Aktivitäten mit unseren Partnern in der Region (den Gemischten Beratenden Ausschüssen EU-Montenegro und EU-Serbien, dem Forum der Zivilgesellschaft des Westbalkans sowie den hochrangigen Konferenzen der Zivilgesellschaft, die vor den Westbalkangipfeln der EU stattfinden) werden wir weiter als Stimme der Zivilgesellschaft des Westbalkans auftreten und als Brücke zwischen den EU-Institutionen und ihren jeweiligen Regierungen wirken.

    12.

    Der EWSA begrüßt nachdrücklich die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2019 und bekräftigt, dass er uneingeschränkt bereit ist, das Europäische Parlament und die neue Europäische Kommission bei der Stärkung der EU-Erweiterungspolitik und der Verbesserung des EU-Instrumentariums für das Engagement gegenüber dem westlichen Balkan zu unterstützen.

    13.

    Der EWSA fordert sämtliche Interessenträger auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Europäische Rat vor dem Westbalkangipfel in Zagreb im Mai 2020 einstimmig einen positiven Beschluss fasst. Wir fordern zudem den künftigen kroatischen Ratsvorsitz auf, dem Erweiterungsprozess auf dem Gipfel neue Impulse zu verleihen.

    Brüssel, den 31. Oktober 2019

    Der Präsident

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2018.

    (2)  7. Forum der Zivilgesellschaft des Westbalkans: Abschlusserklärung https://www.eesc.europa.eu/de/agenda/our-events/events/7th-western-balkans-civil-society-forum/final-declarations.

    (3)  https://www.eesc.europa.eu/sites/default/files/files/7th_eesc_western_balkans_civil_society_forum_-_final_declaration.pdf.


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