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Document 52019IR4646
Opinion of the European Committee of the Regions — Culture in a Union that strives for more: the role of regions and cities
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte
ABl. C 141 vom 29.4.2020, pp. 39–42
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
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29.4.2020 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 141/39 |
Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte
(2020/C 141/09)
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POLITISCHE EMPFEHLUNGEN
DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN
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1. |
hält es für notwendig, ein breites Verständnis für Kultur und für Europas kulturelle Vielfalt zu schaffen, das über die bloße Erhaltung und den Schutz des materiellen Kulturerbes hinausgeht und beiträgt zum Verständnis des sozialen und kulturellen Wandels, den die europäische Gesellschaft durchlebt; |
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2. |
anerkennt die Rolle, die die Städte und Regionen mit einem pluralistischen und innovativen Kulturkonzept spielen können, bei dem die Bürgerinnen und Bürger stärker am Prozess der kulturellen Entwicklung beteiligt und ihnen die Mittel für eine aktive Teilhabe an die Hand gegeben werden; betont in diesem Zusammenhang, dass die Freiheit der Kunst als grundlegende Voraussetzung für die Demokratie und der Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zu verschiedenen Formen der Kultur als wesentliches Element des Wohls der Gesellschaft geschützt werden müssen (1); ist daher der Ansicht, dass Maßnahmen auf dem Gebiet der Kultur dazu beitragen sollten, dass Kunst und Kultur als freie und unabhängige Kraft in der Gesellschaft wirken können; fordert alle Regierungsebenen und europäischen Institutionen auf, die Stärkung der Fähigkeit der Künstler, möglichen Bedrohungen und Hass im öffentlichen Raum entgegenzutreten, zu unterstützen; |
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3. |
fordert die Kommission auf, die Kultur als politische Priorität der neuen Mandatsperiode aufzunehmen, und ersucht den Rat, im nächsten MFR eine angemessene Mittelausstattung für die Förderung, Verwaltung, Nutzung und Entwicklung des Kulturerbes auf lokaler und regionaler Ebene zu unterstützen; |
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4. |
legt der Kommission nahe, die Nutzung kultureller Ressourcen, insbesondere unter jungen Menschen, auch im Hinblick auf die sozioökonomische Entwicklung und die Beschäftigung aufzuwerten und zu fördern; |
Hintergrund: Das Engagement der EU für die Kulturförderung auf lokaler und regionaler Ebene
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5. |
unterstreicht, dass die EU nach Maßgabe der Verträge verpflichtet ist, „den Reichtum ihrer kulturellen Vielfalt“ zu wahren, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und deren Tätigkeit in folgenden Bereichen zu ergänzen: „Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker,“„Schutz des kulturellen Erbes“ und „künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich.“ Die EU hat laut Vertrag auch die Befugnis, unter Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität die Maßnahmen der Mitgliedstaaten in den Bereichen Kultur, Tourismus, allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport zu unterstützen; |
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6. |
begrüßt den Beschluss der Kommission, das aktuelle Programm „Kreatives Europa“ als eigenständiges Programm fortzuführen und einen eigenen Finanzrahmen für den Kulturbereich sicherzustellen, um die Errungenschaften des Zeitraums 2014-2020 zu wahren; |
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7. |
betont, dass die neue europäische Agenda für Kultur durch die Anerkennung der Vielfalt der europäischen Kulturen, die Stärkung der Kultur- und Kreativbranche und durch ihre Beziehungen zu Partnern außerhalb Europas die europäische Identität ergänzt und stärkt; |
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8. |
hebt hervor, dass das Europäische Jahr des Kulturerbes 2018 zu einer erheblichen Mobilisierung vor Ort — mit Tausenden von Aktivitäten in ganz Europa — geführt hat. Dadurch wurden die Verbreitung und Aufwertung des europäischen Kulturerbes als gemeinsame Ressource gefördert und das Bewusstsein für die gemeinsame europäische Geschichte und die gemeinsamen europäischen Werte geschärft. Zudem wurden die europäische Identität und das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen europäischen Raum gestärkt und die Inklusion gefördert; |
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9. |
ist im Einklang mit dem Europäischen Landschaftsübereinkommen und der neuen europäischen Kulturagenda der Auffassung, dass die allgemeinen Ziele des Europäischen Jahres des Kulturerbes 2018 um eine starke Komponente der territorialen Entwicklung ergänzt und bereichert werden könnten. Dies könnte mittels lokaler und regionaler Kulturstrategien erfolgen, die auch die Förderung des nachhaltigen Kulturtourismus umfassen; |
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10. |
begrüßt den im Dezember 2018 vorgelegten, fünf Themenbereiche umfassenden Europäischen Aktionsrahmen für das Kulturerbe. Ziel ist es, die Art und Weise, wie wir das europäische Kulturerbe wertschätzen, erhalten und fördern, nachhaltig zu verändern; |
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11. |
erinnert daran, dass die Kommission den Kultursektor nicht nur mit den früheren Programmen Kultur und MEDIA, sondern auch mit Finanzmitteln der Kohäsionspolitik, den Programmen COSME und Horizont 2020 sowie weiteren Instrumenten im Rahmen von Erasmus+, des Europäischen Sozialfonds und des Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung unterstützt hat; |
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12. |
fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass auch bei der Planung der europäischen Fonds der Grundsatz der Einbeziehung von Kulturinvestitionen in die verschiedenen Politikbereiche der Union (Mainstreaming) angewandt wird. Kultur sollte nämlich nicht als rein sektorspezifische Politik betrachtet werden, und ihre Funktion in Bezug auf alle Dimensionen der Kohäsion (wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt) sollte anerkannt werden; betont in diesem Zusammenhang, dass die Synergien zwischen der Kultur und anderen Politikbereichen wie Tourismus, Regionalpolitik, Bildung, Jugend und FuE gestärkt werden müssen; |
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13. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten sowie deren Verwaltungsbehörden auf, bei der neuen Programmplanung der europäischen Fonds für strukturschwache Gebiete die Investitionen für Kultur zu erhöhen. Es sollten Aktionen unterstützt werden mit dem Ziel, das breite Kulturerbe den Bürgern wieder nahezubringen mittels gemeinnütziger öffentlich-privater Partnerschaften und Stärkung grundlegender kultureller Einrichtungen (insbesondere öffentlicher Bibliotheken); |
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14. |
hält es für wichtig, die Investitionen im Kulturbereich — wie bereits für die Programme „Kreatives Europa“ und „Erasmus +“ vorgesehen — zu erhöhen. Die zentrale Rolle der Regionen und Städte in den Integrationsprozessen sollte angemessen gestärkt werden, indem gemeinnützige öffentlich-private Partnerschaften unterstützt werden, auch um bewährte Verwaltungsmethoden zu fördern; |
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15. |
stellt fest, dass die Verhandlungen über die Kohäsionspolitik nach 2020 ein klarer und eindeutiger Ausgangspunkt für die Konzipierung einer sinnvollen Strategie mit ehrgeizigen Zielen sind. Vorgesehen ist die Verdoppelung der Mittel für wichtige europäische Programme wie „Kreatives Europa“ und „Erasmus“, die sich direkt auf die Kulturpolitik auswirken; |
Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften
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16. |
macht deutlich, dass sich in jedem EU-Mitgliedstaat Unesco-Weltkulturerbestätten befinden — Stätten von außerordentlichem Wert in puncto Kultur und Natur. Insgesamt gibt es in den 27 EU-Mitgliedstaaten 381 Weltkulturerbestätten (bei weltweit insgesamt 1 121 Stätten); |
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17. |
unterstreicht, dass das kulturelle Erbe in den Mitgliedstaaten weit verstreut und in vielen Fällen schwer zugänglich ist, was seine Erhaltung und Nutzung erheblich erschwert; |
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18. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten sowie deren Verwaltungsbehörden auf, den Schutz und die materielle Sicherung von Kulturgütern zu unterstützen, insbesondere zur Gewährleistung der aktiven Erhaltung isolierten oder abgelegenen Kulturerbes, das schwer erreichbar ist; |
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19. |
betont die Bedeutung des Kulturtourismus, der den eigentlichen Wert der Kultur fördert und zugleich einen umfassenden Beitrag zur territorialen Entwicklung leistet; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein integrierter Ansatz für den Kulturtourismus notwendig ist, u. a. im Rahmen der Strategien für intelligente Spezialisierung, um seine Auswirkungen auf die einzelnen Gebiete rationell zu steuern und seine Nachhaltigkeit sicherzustellen; verweist in diesem Zusammenhang auf das Europäische Tourismusindikatorensystem (ETIS) der Europäischen Kommission, das der besseren Messung der Nachhaltigkeitsbilanz der Zielorte des Kulturtourismus dient, und fordert, dieses System regelmäßig zu aktualisieren; |
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20. |
begrüßt das wachsende Interesse und Engagement der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ganz Europa für die Förderung gemeinsamer Visionen und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten; wünscht sich analoge Initiativen in anderen Ländern nach dem Vorbild der Charta von Agrigent, einer von hunderten Bürgermeistern und von den Präsidenten der italienischen Regionen unterzeichneten und den großen Verbänden unterstützten Initiative; |
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21. |
hält es für notwendig, die Bürgerinnen und Bürger in die Prozesse des kulturbezogenen Wachstums stärker einzubinden, indem ihnen die Mittel für eine aktive Teilhabe an die Hand gegeben werden. Der Ausschuss ist zudem der Ansicht, dass Kultur und kulturelle Vielfalt zur nachhaltigen Entwicklung beitragen können (wie in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (2) anerkannt wird), und wird sich dafür einsetzen, dass sie auch auf lokaler und regionaler Ebene einen entscheidenden Beitrag zu dieser Entwicklung leisten können; |
Vorrangige Ziele der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften
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22. |
fordert die Regionen und Städte in Europa sowie die im Bereich des regionalen Kulturerbes tätigen Organisationen und Netze auf, sich bei der Entwicklung umfassender und wirksamer Maßnahmen und strategischer Pläne zur Förderung und Aufwertung des kulturellen Erbes an diesem Aktionsrahmen zu orientieren; |
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23. |
stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Regierungsebenen sind, auf denen Maßnahmen zur Verbreitung des europäischen Kulturerbes ergriffen werden können, die sich an die Bürger sowohl im Schul- als auch im Erwachsenenalter einschließlich an diejenigen richten, die sich in einem EU-Mitgliedstaat niederlassen möchten; |
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24. |
hält die Kenntnis und Nutzung des europäischen Kulturerbes — verstanden als Gesamtheit der vielfältigen kulturellen, sozialen und kreativen Ausdrucksformen, als Erbe und Vermächtnis früherer Generationen und als Traditionen und Bräuche der Völker Europas — für ein Mittel zur Konsolidierung der Unionsbürgerschaft in ihrer Rolle als Faktor der Integration und der sozialen Inklusion; |
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25. |
ist der Ansicht, dass europäische Initiativen zur Förderung der Kenntnis und des Zugangs zum europäischen Kulturerbe gestärkt werden müssen, da dies wesentlich zur Konsolidierung der Unionsbürgerschaft und zur Förderung des Zugehörigkeitsgefühls zu Europa beiträgt; |
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26. |
weist auf den Beitrag hin, den Städtenetze, Peer-Learning und kommunale Partnerschaften bei der Förderung von Unionsbürgerschaftsthemen und der Sensibilisierung für diese als Instrumente zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und der Integration, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, leisten können; |
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27. |
fordert eine Aufstockung der Investitionen in die Kultur und in die Pläne für die partizipative und nachhaltige Nutzung und Verwaltung von Kulturgütern, darunter von vernachlässigten oder aufgegebenen Kulturgütern, in der neuen Städteagenda 2030. Gleichzeitig müssen die innovativen Initiativen der Gemeinden und die Kooperationen der territorialen Akteure genutzt werden; |
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28. |
regt an, die Schlüsselrolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Förderung und Aufwertung des Kunst- und Kulturlebens ihrer Gemeinschaften weiter zu stärken, und fordert, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften stärker in das Programm einzubinden. Diesbezüglich muss ein angemessenes Gleichgewicht gefunden werden zwischen der Mittelzuweisung für Großprojekte und Finanzierungen für die lokale und regionale Ebene, auch von KMU; |
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29. |
fordert die Kommission auf, den Zugang der Bürger zu Kultur und Erinnerungsstätten zu erleichtern und den Kulturkonsum zu fördern. Junge Menschen müssen dabei besonders berücksichtigt werden. Es gilt, eine lebensbegleitende integrierte Bildungspolitik zu entwickeln und die Menschen vor Ort stärker in kulturelle Initiativen einzubeziehen; |
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30. |
ist der Ansicht, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützt werden sollte, vor allem bei Maßnahmen im Zusammenhang mit der Kenntnis und Nutzung des Kulturerbes, die zur Qualität, Beschäftigung, digitalen Innovation und sozialen Inklusion sowie zur Entwicklung einer europäischen Dimension in der bildenden und darstellenden Kunst beitragen können; |
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31. |
ist sich bewusst, wie wichtig die Ausschöpfung digitaler Möglichkeiten für die interaktive Kulturförderung und das Erreichen aller Bevölkerungsgruppen, vor allem der Jugendlichen ist. Denn junge Menschen sind die künftigen Hüter und Förderer des kulturellen Erbes; |
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32. |
drängt die Kommission, die Entwicklung der kulturellen Beziehungen zwischen den Ländern des Mittelmeerraums zu unterstützen, auch mit Maßnahmen im Bereich der Kulturdiplomatie; |
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33. |
verweist auf die Bedeutung der grenzüberschreitenden und interregionalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur, da das kulturelle Erbe über Grenzen hinausgeht (3). Der AdR unterstreicht in diesem Zusammenhang die Schlüsselrolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, u. a. bei der Umsetzung der kulturellen Komponente makroregionaler Strategien; |
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34. |
macht deutlich, dass der Austausch von Daten und Informationen zwischen den Behörden in den EU-Mitgliedstaaten sowie die Kommunikation mit den Bürgern verbessert werden müssen, um Kenntnis und Nutzung des europäischen Kulturerbes zu fördern; |
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35. |
fordert die Kommission auf, die aktive Bürgerbeteiligung und die Nutzung des beträchtlichen europäischen Kulturerbes durch die Bürger in allen Teilen der Mitgliedstaaten mit spezifischen Maßnahmen zu fördern. Als Voraussetzung für die aktive Teilhabe der Menschen muss insbesondere der uneingeschränkte Informationszugang durch die Einrichtung einer spezifischen Informationsplattform unterstützt werden; |
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36. |
legt den europäischen Städten und Regionen nahe, im Rahmen ihrer Verwaltungskapazitäten bei der Erprobung kulturorientierter Modelle der sozialen und wirtschaftlichen Innovation voranzugehen und Initiativen zu fördern, die der Zivilgesellschaft und den Verbänden offenstehen und alle Bürger in die Entwicklung der Kultur sowie die Erhaltung und die Aufwertung der materiellen und immateriellen Kulturgüter und der Kultur einbeziehen. |
Brüssel, den 12. Februar 2020
Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen
Apostolos TZITZIKOSTAS
(1) https://en.unesco.org/creativity/sites/creativity/files/artistic_freedom_pdf_web.pdf.
(2) https://sustainabledevelopment.un.org/post2015/transformingourworld.
(3) Beispiele sind die Kulturrouten des Europarates (https://www.coe.int/de/web/cultural-routes/about) oder die „Reisen zum europäischen Welterbe“ der Unesco (https://visitworldheritage.com/en/eu).