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Document 52018IR2352

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterungspaket 2018

COR 2018/02352

ABl. C 86 vom 7.3.2019, p. 8–13 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

7.3.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 86/8


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterungspaket 2018

(2019/C 86/02)

Berichterstatter:

Franco IACOP (IT/SPE), Mitglied des Regionalrates der Region Friaul-Julisch Venetien

Referenzdokument:

Mitteilung 2018 über die EU-Erweiterungsstrategie

COM(2018) 450 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Vorbemerkungen

1.

nimmt mit Interesse das erneuerte Engagement der Kommission hinsichtlich der Erweiterung der EU zur Kenntnis, das sich nicht nur in der hier untersuchten Mitteilung COM(2018) 450 final zeigt, sondern auch im Strategiepapier vom Februar 2018 über den Westbalkan (vgl. die Stellungnahme CdR 2018/00065) sowie in der Entscheidung für eine rasche Einleitung des Verfahrens zur Überprüfung der Rechtsvorschriften für Albanien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, nachdem der Rat auf der Grundlage des Evaluierungsberichts der Europäischen Kommission und bei Vorliegen der erforderlichen Fortschritte positiv auf die Entscheidung über die Eröffnung der Verhandlungen im Juni 2019 reagiert hat;

2.

betont, dass der Beitrittsprozess eine Priorität der EU bleiben muss, und stimmt der Auffassung der Kommission zu, dass im Mittelpunkt dieses Prozesses auch künftig die Rechtsstaatlichkeit, Justiz, Grundrechte und der Minderheitenschutz stehen sollten;

3.

unterstreicht, dass die Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (LRG) an dem Prozess unabdingbar ist, und fordert die Kandidatenländer (Albanien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei) und die potenziellen Kandidatenländer (Bosnien und Herzegowina und das Kosovo (*1)) dazu auf, die Strategien für die Dezentralisierung der Verwaltung im Hinblick auf die praktische Anwendung des Subsidiaritätsprinzips zu verstärken;

4.

wertet positiv, dass beide Ratsvorsitze des Jahres 2018 die Frage des Westbalkans in die Prioritäten für ihre halbjährige Amtszeit aufgenommen haben, begrüßt die Veranstaltung des Gipfels in Sofia und hofft, dass die dort unterzeichnete Erklärung zügig in konkrete Initiativen umgesetzt werden kann;

5.

bedauert, dass im Westbalkan ein Nachlassen der Reformbemühungen im Hinblick auf den EU-Beitritt zu beobachten ist und sich dies in der Zunahme von Zweifeln und Skepsis bei den Bürgerinnen und Bürgern widerspiegelt;

6.

bedauert, dass die Entwicklung der Situation in der Türkei — vor und seit den Wahlen im Juni — eine zunehmend geringere Achtung rechtsstaatlicher Werte und Grundsätze zur Folge gehabt hat, sodass die EU-Beitrittsperspektiven für den Westbalkan und die Türkei jetzt de facto unterschiedlich sind;

7.

ist zuversichtlich, dass der erneuerte Impuls, den die neue Strategie der Kommission für den Westbalkan (und indirekt auch für die Türkei) liefern kann, den gesamten Prozesse wieder in Gang setzen kann;

8.

hofft, dass die neue Dynamik der europäischen territorialen Zusammenarbeit, die in den jüngsten Legislativvorschlägen der Kommission zur Kohäsion (Interreg) und zur Erweiterung (IPA III) definiert wird, Anreize für eine enge Zusammenarbeit zwischen den LRG in den Mitgliedstaaten und den Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländer schaffen kann;

9.

weist darauf hin, dass die Einhaltung der Kopenhagener Kriterien im weitesten Sinne der grundlegende Parameter zur Bewertung der Eignung der Kandidatenländer für die EU-Mitgliedschaft ist und bleiben muss;

10.

ist bereit und gewillt, mit den anderen EU-Institutionen zusammenzuarbeiten, um den Prozess der Vorbereitung und des künftigen Beitritts der Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländer zu unterstützen;

11.

vertraut darauf, dass die neue, am 27. März 2018 in Straßburg unterzeichnete Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem AdR und dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates die Kooperation zwischen den beiden Institutionen stärken und es ermöglichen wird, Synergieeffekte zu fördern und Überschneidungen zu vermeiden;

12.

stellt fest, dass Initiativen für den Peer-to-Peer-Austausch zu den wirksamsten Formen der Unterstützung für öffentliche Verwaltungen gehören; stellt auch fest, dass viele LRG in den Mitgliedstaaten über Kompetenzen im Bereich der Umsetzung des EU-Besitzstands verfügen, die auf nützliche Weise an die entsprechenden Gebietskörperschaften der Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländer weitergegeben werden könnten;

13.

betont, dass eine tiefgreifende Wertereform in den Ländern, die der EU beitreten wollen, von der Gesamtgesellschaft getragen werden muss, und dass die LRG in dieser Hinsicht eine maßgebliche Rolle spielen, da sie für die Bürgerinnen und Bürger Ansprechpartner im Alltag sind;

14.

weist darauf hin, dass nur die LRG aufgrund ihrer direkten Kontakte zur Bevölkerung die Vorteile des EU-Beitritts wirksam vermitteln und über die Vorzüge und Leistungen informieren können, die die EU allen europäischen Bürgern — auch in den Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländern — bieten kann;

15.

stellt mit Bedauern fest, dass im Positionspapier zum Erweiterungspaket 2018, das hier Gegenstand der Untersuchung ist, nicht ausdrücklich auf die Rolle der LRG hingewiesen, sondern nur angedeutet wird, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den lokalen, regionalen und zentralen Regierungsebenen erreicht werden muss.

Hoffnungen, Anregungen und Empfehlungen

16.

hofft, dass sich die Regierungen im Westbalkan wieder auf den Weg der Annäherung an die EU begeben und die positiven Signale erkennen, die auf wichtige Entwicklungen in einem realistischen Zeitrahmen hindeuten; hofft auch, dass die Bürger der Region ihre Ablehnung von Nationalismus, Radikalisierung und identitärer Abschottung einerseits und ihre Unterstützung für das europäische Ideal andererseits in aller Deutlichkeit bekunden werden;

17.

hofft, dass die Türkei von ihrem mit dem Ausnahmezustand begründeten Kurs abrückt und sich wieder auf den Weg der Annäherung an die EU begibt, indem sie die Maßnahmen aufhebt, die die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte unterminiert haben, und die demokratische Gewaltenteilung auf allen Ebenen — zentral, regional und lokal — wiederherstellt;

18.

fordert alle Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländer auf, entschlossen die Verwaltungsreformen voranzutreiben sowie realistische und gleichzeitig ehrgeizige Dezentralisierungsziele zu verfolgen, wobei den LRG angemessene Haushaltsmittel zugewiesen werden sollten;

19.

weist darauf hin, dass das Wirtschaftswachstum und die Verbesserung des Lebensstandards für die Bürger der Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländer gefördert werden müssen, wobei sicherzustellen ist, dass die Effekte vor Ort spürbar sind;

20.

stellt fest, dass zur Steuerung der Migrationsströme die Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache erforderlich ist; merkt an, dass die Unterstützung, die die EU für den Westbalkan und die Türkei leistet, um zur Steuerung dieser Ströme beizutragen, auch die LRG erreichen muss, die Tag für Tag Aufnahme- und Hilfsmaßnahmen durchführen;

21.

stellt fest, dass weder der Dezentralisierungsprozess noch die Reform der öffentlichen Verwaltung und der Regierungsführung Gegenstand eines Verhandlungskapitels sind; fordert deshalb die Kommission dazu auf, diese Fragen bei allen bilateralen Treffen zu Kapiteln des EU-Besitzstands anzugehen, für die die Dezentralisierung der Verwaltung relevant ist, sowie darauf zu drängen, dass die Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländern die Beteiligung der LRG an den Beitrittsvorbereitungen sicherstellen;

22.

fordert die Kommission auf, praktische Modalitäten ad hoc einzuführen, die es ermöglichen, die Instrumente TAIEX und Twinning für die Zusammenarbeit zwischen den LRG in den Mitgliedstaaten und den Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländern zu nutzen;

23.

fordert die Kommission auf, die Fazilität für Kommunal- und Regionalverwaltungen (Local Administration Facility) und das Regionalausbildungsprogramm (Regional Training Programme), die bereits bei früheren Erweiterungen zum Einsatz kamen, neu aufzulegen;

24.

fordert die Kommission auf zu prüfen, ob das Programm SIGMA auf Ebene der LRG in den Kandidatenländern eingesetzt werden kann, um Methoden zur Reform des Regierens auf lokaler Ebene zwecks Anwendung des EU-Besitzstands zu definieren;

25.

ersucht die Kommission, Kultur- und Sportinitiativen auf den Weg zu bringen, die vor allem in Gebieten mit verschiedenen Volksgruppen eine unmittelbare Teilhabe der gesamten örtlichen Bevölkerung und insbesondere der Jugendlichen ermöglichen, was die Integration und die gegenseitige Anerkennung von Identitäten fördert;

26.

ersucht die Kommission, das Verhalten der öffentlichen Vertreter der Kandidatenländer und potenziellen Kandidatenländer des Westbalkans bezüglich der Gleichstellung der Geschlechter und der Achtung ethnischer und sprachlicher Minderheiten sowie der LGBTI+ Gemeinschaft zu beobachten. Die Europäische Union ist ein leuchtendes Vorbild der Toleranz in der Welt, und wir sind der Auffassung, dass jeder künftige Beitritt mit einer soliden politischen Unterstützung der demokratischen Werte im Zusammenhang mit der Achtung vor dem Menschen einhergehen muss, was sowohl im Interesse der Freiheit als auch der Gleichheit liegt;

27.

fordert die Kommission auf, tätig zu werden und gemeinsame Initiativen — u. a. im Geiste des Berliner Prozesses — mit den Organisationen anzuregen, die die Situation der LRG in den Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländern kennen und die mit diesen bereits Formen der Zusammenarbeit entwickelt haben, insbesondere NALAS (Netz der Verbände lokaler Gebietskörperschaften in Südosteuropa), ALDA (Europäische Vereinigung für lokale Demokratie), CEI (Zentraleuropäische Initiative) und RCC (Regionaler Kooperationsrat);

28.

bekräftigt seine dringende Aufforderung an die Kommission, in den nächsten Berichten über die Fortschritte im Erweiterungsprozess genauer und ausführlicher auf die Situation der LRG einzugehen und dabei die Fortschritte und Mängel bei der Verwaltungsreform zu bewerten, so wie dies bereits im Falle der zentralen Behörden geschehen ist.

Besondere Bemerkungen zu den Kandidaten- und potenziellen Kandidatenländern

Montenegro

29.

begrüßt die deutlichen Fortschritte Montenegros auf seinem Kurs Richtung Europa und atlantisches Bündnis;

30.

stellt fest, dass es erheblicher Anstrengungen bedarf, um die Rechtsstaatlichkeit und die demokratischen Institutionen zu stärken und in diesem Zuge zur vollumfänglichen Repräsentativität sämtlicher politischer Kräfte im Parlament zurückzukehren;

31.

ist besorgt über den Zustand der Meinungsfreiheit, insbesondere die zahlreichen Fälle von Einschüchterung und Gewalt gegen Journalisten;

32.

begrüßt die Annahme der neuen Bestimmungen zur Einführung leistungsorientierter Einstellungsverfahren sowohl in den zentralen als auch peripheren Verwaltungen und begrüßt die Tatsache, dass fast alle Gemeinden Verhaltenskodizes für ihre Beamten und lokalen Mandatsträger eingeführt haben;

33.

fordert, die lokalen Auswirkungen der Umsetzung des neuen Raumordnungs- und Städtebaugesetzes zu prüfen, mit dem die Zuweisung der Zuständigkeiten für die Regulierung der Flächennutzung geändert wird.

Serbien

34.

begrüßt, dass die Kommission das Jahr 2025 als möglichen, wenngleich ehrgeizigen Termin für den EU-Beitritt Montenegros genannt hat;

35.

betont, dass die Verwirklichung dieses Ziels außerordentliche Anstrengungen erfordern wird, insbesondere solche zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und zur Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo;

36.

begrüßt, dass erstmalig in der Geschichte des Landes eine Frau an der Spitze der Regierung steht, stellt aber auch fest, dass das Gesetz über die Geschlechtergleichstellung noch nicht vom Parlament verabschiedet wurde und dass noch erhebliche Anstrengungen nötig sind, um die Situation von Roma, LGTBI, Menschen mit Behinderungen und sozial benachteiligten Gruppen zu verbessern;

37.

erkennt die Bemühungen Serbiens um die Steuerung der Migrationsströme an, die durch sein Hoheitsgebiet führen;

38.

unterstreicht, dass die Korruptionsbekämpfung eine der Hauptaufgaben des Landes bleibt und das neue Gesetz über die Antikorruptionsagentur schnellstmöglich verabschiedet werden sollte, dass aber auch der Korruptionsprävention auf Ebene der LRG Aufmerksamkeit gewidmet werden muss;

39.

stellt mit Besorgnis fest, dass die Verwaltungskapazitäten der LRG Defizite aufweisen und dass die für diese Gebietskörperschaften bereitgestellten personellen und finanziellen Mittel nicht immer den zu erfüllenden Aufgaben angemessen sind; begrüßt indes, dass Ende 2017 das Gesetz über die Gehälter der Bediensteten der LRG verabschiedet wurde;

40.

fordert Serbien auf, die Verfassungsbestimmungen über die Finanzierung der autonomen Provinz Vojvodina umzusetzen, indem so schnell wie möglich die entsprechenden Rechtsvorschriften verabschiedet werden; ersucht zudem die Regierung, die Unabhängigkeit der lokalen Mandatsträger ungeachtet ihrer politischen Zugehörigkeit zu achten;

41.

erinnert an die Rolle, die die Nichtregierungsorganisationen auch auf lokaler Ebene spielen können, und hofft, dass rasch Kriterien für den Zugang zur öffentlichen Finanzierung festgelegt werden, die ihre Effizienz und Transparenz gewährleisten; hofft, dass die Meinungsfreiheit stets gewährleistet ist und dass die Behörden die Bedrohung oder Einschüchterung von Journalisten unverzüglich verurteilen.

Türkei

42.

erkennt an, dass die Türkei ein wichtiger Partner der EU ist, kritisiert aber die gravierenden Einschränkungen der persönlichen Freiheiten — Festnahmen und Inhaftierungen Zehntausender und Massenentlassungen im öffentlichen Dienst —, die im Widerspruch zu den Werten und Grundsätzen stehen, auf die sich die EU gründet, namentlich die Europäischen Charta der Grundrechte;

43.

weist darauf hin, dass die kürzlich in Kraft getretenen Verfassungsänderungen zur Einführung eines Präsidialsystems von der Venedig-Kommission negativ beurteilt wurden, vor allem was die Gewaltenteilung betrifft; weist ebenso darauf hin, dass von jedem Kandidatenland erwartet wird, dass es die höchsten Standards in puncto Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundfreiheiten einhält sowie eine unabhängige und funktionierende Justiz gewährleistet;

44.

ist zutiefst darüber beunruhigt, dass über einhundert demokratisch gewählte Bürgermeister abgesetzt und in einigen Fällen inhaftiert und dann durch von der Regierung ernannte Vertrauenspersonen ersetzt wurden und dass auf die Bürgermeister anderer Städte Druck ausgeübt wird, damit sie von ihren Ämtern zurücktreten;

45.

hofft, dass die Kommunalwahlen, die bis März 2019 abgehalten werden sollen, unter uneingeschränkter Achtung der demokratischen Grundsätze durchgeführt werden und eine Gelegenheit bieten, um die demokratische Repräsentativität der lokalen Gebietskörperschaften wiederherzustellen;

46.

erkennt die Anstrengungen der Türkei zur Unterstützung der Flüchtlinge und Vertriebenen, die sich auf ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, an und unterstreicht die finanzielle Verpflichtung der EU zur Verminderung der mit diesen Anstrengungen verbundenen Kostenbelastung; hofft, dass ein ausreichender Teil der von der EU bereitgestellten Mittel den LRG zugutekommt, die an der Steuerung der Maßnahmen für die Flüchtlinge und Vertriebenen unmittelbar beteiligt sind;

47.

bedauert, dass die Türkei entgegen den Bestimmungen des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen mit der EU die Republik Zypern nach wie vor nicht anerkennt; plädiert für eine faire, umfassende und tragfähige Regelung der Zypernfrage auf der Grundlage der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates und des EU-Besitzstands und fordert die Türkei auf, sich zu einer solchen Regelung zu bekennen und beizutragen; begrüßt den Fortschritt hin zu einer einvernehmlichen Lösung sowie die Anstrengungen der UN zur Wiederaufnahme der Verhandlungen;

48.

fordert die Türkei auf, sich unmissverständlich zu gutnachbarlichen Beziehungen mit allen ihren Nachbarstaaten zu bekennen; hält es für ausgesprochen wichtig, das Recht aller Mitgliedstaaten zu respektieren, gemäß dem EU-Besitzstand und dem Völkerrecht bilaterale Abkommen zu schließen und natürliche Ressourcen zu erforschen und zu nutzen; unterstreicht ferner, dass die Souveränität und die souveränen Rechte der Mitgliedstaaten über ihre ausschließliche Wirtschaftszone, ihre Hoheitsgewässer und ihren Luftraum geachtet werden müssen;

49.

fordert die Türkei auf, mit dem Rückzug ihrer Truppen aus Zypern zu beginnen und das Sperrgebiet von Famagusta im Einklang mit der Resolution 550 (1984) des UN-Sicherheitsrates an die UN zu übergeben; betont, dass dies eine vertrauensbildende Maßnahme wäre und eine Chance auf wirtschaftliches, soziales und regionales Wachstum für beide Volksgruppen böte; weist darauf hin, dass der Dialog zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft auf lokaler Ebene zu der Einigung beitragen kann;

50.

erinnert daran, dass die Türkei seit 1999 ein Kandidatenland ist und die Beitrittsverhandlungen 2005 aufgenommen wurden; stellt fest, dass der Prozess der Annäherung an die EU in den letzten Jahren an Schwung verloren hat und dass es bei der Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte und -freiheiten zu Rückschritten gekommen ist; vertritt die Auffassung, dass es jetzt an der Türkei ist zu überlegen, wie sie den mit dem Beitrittsgesuch von 1987 eingeschlagenen Weg fortsetzen möchte.

Albanien

51.

begrüßt die Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2018 und fordert Albanien auf, seine Anstrengungen zu verstärken, damit der Rat im Juni 2019 einen positiven Beschluss über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen fassen kann;

52.

unterstreicht die Notwendigkeit, dass das Land die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit weiter vorantreibt, insbesondere im Rahmen der fünf Schwerpunktbereiche (Reform der öffentlichen Verwaltung, Justiz, Korruptionsbekämpfung, Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Förderung und Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Angehörigen von Minderheiten und der Vermögensrechte);

53.

begrüßt den Prozess der Neubewertung von Richtern und Staatsanwälten, der bereits zu konkreten Ergebnissen geführt hat;

54.

erkennt an, dass die politischen Kräfte der Mehrheit und der Opposition nachweislich in der Lage waren, die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen 2017 zu gewährleisten; unterstreicht aber die Mängel, die laut OECD noch bestehen; hofft, dass für die Kommunalwahlen im Jahr 2019 entsprechende Änderungen am Wahlrecht vorgenommen werden;

55.

würdigt die Anstrengungen zur Reform von Rechtsvorschriften über die LRG, bedauert jedoch, dass diese häufig keine leistungsbezogenen Einstellungsmethoden anwenden und dass im Allgemeinen das Gesetz über den öffentlichen Dienst auf lokaler Ebene unzureichend umgesetzt wird;

56.

bedauert im Bereich der Grundrechte die Verzögerungen bei der Ernennung der Hauptmitarbeiter des neuen Bürgerbeauftragten, während Praktiken im Zusammenhang mit Blutfehden und ungeschriebenen Kodizes sowie ein inakzeptables Maß an häuslicher Gewalt fortbestehen;

57.

vertraut darauf, dass das Land den Reformprozess in den Schwerpunktbereichen fortsetzen wird und die künftigen Herausforderungen mit Nachdruck angeht, sobald die analytische Überprüfung der Rechtsvorschriften anhand des EU-Besitzstands („Screening“) initiiert wird.

Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

58.

begrüßt die Schlussfolgerungen des Rates von 2018 und fordert die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien auf, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen, damit der Rat im Juni 2019 einen positiven Beschluss über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen fassen kann;

59.

begrüßt den politischen Mut der neuen Regierung, die im Nachgang zum Pržino-Abkommen und der Wahlen Ende 2016 im Amt ist: Dieser Mut hat es ermöglicht, einen Kompromiss mit Griechenland über die amtliche Bezeichnung des Landes zu erreichen; hofft, dass der notwendige Verfassungsreformprozess rasch abgeschlossen wird;

60.

begrüßt ebenso die Dialogbereitschaft mit anderen Ländern der Region und insbesondere mit Bulgarien;

61.

begrüßt die im Oktober 2017 veranstalteten Kommunalwahlen und die Tatsache, dass diese im Allgemeinen ordnungsgemäß verlaufen sind;

62.

erinnert daran, dass das Rahmenabkommen von Ohrid von 2001 einen Dezentralisierungsprozess vorsah, der in den Folgejahren jedoch nicht vollendet wurde; begrüßt deshalb den Beschluss zur Aufstockung von Haushaltsmitteln für die LRG, um ein besseres Dienstleistungsangebot für die Bürger zu gewährleisten;

63.

stellt fest, dass, obwohl die Spannungen zwischen den Volksgruppen in jüngster Zeit abgenommen zu haben scheinen, die einschlägigen Bestimmungen im Rahmenabkommen von Ohrid vollständig umgesetzt werden müssen;

64.

vertraut darauf, dass das Land den Reformprozess im Hinblick auf den EU-Beitritt fortsetzen wird und die künftigen Herausforderungen mit Nachdruck angeht, sobald die analytische Überprüfung der Rechtsvorschriften anhand des EU-Besitzstands („Screening“) initiiert wird.

Bosnien und Herzegowina

65.

begrüßt, dass das Land im Februar 2018 endlich auf den „Fragebogen“ der Kommission geantwortet hat;

66.

stellt jedoch fest, dass insgesamt keine nennenswerten Fortschritte bei der Umsetzung der notwendigen Reformen zur Förderung der Entwicklung des Landes und seiner europäischen Perspektive zu verzeichnen sind;

67.

bringt sein Bedauern und seine Sorge darüber zum Ausdruck, dass die führenden Politiker nicht in der Lage sind, vor den nächsten nationalen Wahlen zu einer Einigung über ein neues Wahlrecht zu gelangen, sowie darüber, dass nach wie vor noch keine Lösung für das seit langem bestehende Problem der Stadt Mostar in Sicht ist;

68.

weist darauf hin, dass die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Entitäten, Kantonen und Kommunen geklärt werden muss, um Konflikte zu entschärfen und die Zusammenarbeit zu fördern;

69.

erkennt die Anstrengungen des Landes zur Bekämpfung von Terrorismus und Radikalisierung an und fordert, Präventions- und Gegenmaßnahmen zu verstärken; unterstreicht, dass es wichtig ist, die lokalen Gebietskörperschaften an der Überwachung der Situation ehemaliger radikalisierter Kämpfer und an der Erleichterung ihrer Wiedereingliederung zu beteiligen.

Kosovo

70.

stellt fest, dass der durch die EU erleichterte Dialog mit Serbien zwar mit internen und externen Schwierigkeiten verbunden ist, doch auf technischer und politischer Ebene fortgeführt wird; hält aber ein überzeugteres und entschlosseneres Vorgehen für notwendig;

71.

begrüßt, dass nach Auffassung der Kommission sämtliche Voraussetzungen für eine Visaliberalisierung erfüllt sind;

72.

wertet positiv, dass die Kommunalwahlen Ende 2017 ordnungsgemäß verlaufen sind und im gesamten Kosovo über 200 Bürgermeister ernannt wurden;

73.

stellt fest, dass Form und Ton der Beziehungen zwischen politischen Kräften inakzeptabel geworden sind, und fordert alle Seiten auf, das Ansehen und das Funktionieren der demokratischen Institutionen zu schützen;

74.

fordert die Behörden auf, das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zum Wohle der Bürger und im Interesse der Annäherung an die EU in die Praxis umzusetzen.

Brüssel, den 6. Dezember 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(*1)  Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status des Kosovo und steht im Einklang mit der Resolution 1244/99 des UN-Sicherheitsrats und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.


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