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Document 52017IR0849

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

ABl. C 342 vom 12.10.2017, p. 65–73 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

12.10.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 342/65


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

(2017/C 342/10)

Berichterstatterin:

Ulrike Hiller (DE/SPE), Mitglied des Senats der Freien Hansestadt Bremen

Referenzdokument:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz)

COM(2016) 815 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Änderung 1

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägungsgrund 6

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Leistungen bei Pflegebedürftigkeit waren bisher nicht explizit Teil des sachlichen Geltungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, sondern wurden wie Leistungen bei Krankheit koordiniert, was sowohl bei den Trägern als auch bei den Personen, die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit beantragen, zu Rechtunsicherheit führt. Es ist notwendig, in der Verordnung einen stabilen und angemessenen Rechtsrahmen sowie eine klare Definition für Leistungen bei Pflegebedürftigkeit vorzusehen.

Leistungen bei Pflegebedürftigkeit waren bisher nicht explizit Teil des sachlichen Geltungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, sondern wurden wie Leistungen bei Krankheit koordiniert. Es ist notwendig, in der Verordnung einen stabilen und angemessenen Rechtsrahmen für Leistungen bei Pflegebedürftigkeit vorzusehen.

Begründung

Die verstärkte Koordinierung von Pflegeleistungen ist zu begrüßen. Eine klare Abgrenzung zwischen Pflege- und Krankenpflegeleistungen vermag angesichts unterschiedlicher mitgliedstaatlicher Regeln gegenwärtig allerdings nicht einheitlich zu gelingen.

Die Koordinierung ist darauf angewiesen, dass die Pflegeleistungen in allen Mitgliedstaaten als eine in Ergänzung zu Leistungen bei Krankheit bestehende Leistungsgattung anerkannt und entwickelt sind. Zum jetzigen Zeitpunkt ist daher eine Anpassung des Artikels 34 einer Einführung eines eigenen Kapitels für die Pflege vorzuziehen.

Änderung 2

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 Nummer 3 erster Unterabsatz

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Nach Erwägungsgrund 5 wird Folgendes eingefügt:

Nach Erwägungsgrund 5 wird Folgendes eingefügt:

„(5a)

Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Mitgliedstaaten befugt sind, den Zugang nicht erwerbstätiger Bürger zu Leistungen der sozialen Sicherheit im Aufnahmemitgliedstaat, die keine Sozialhilfeleistungen im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG sind, von einem rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne der genannten Richtlinie abhängig zu machen. Die Überprüfung des rechtmäßigen Aufenthalts sollte im Einklang mit den Erfordernissen der Richtlinie 2004/38/EG erfolgen. Zu diesem Zweck sollte ein nicht erwerbstätiger Bürger klar von einem Arbeitssuchenden unterschieden werden, dessen Aufenthaltsrecht sich unmittelbar aus Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union herleitet. Im Hinblick auf eine größere Rechtsklarheit von Bürger und Träger ist eine Kodifizierung dieser Rechtsprechung erforderlich.

„(5a)

Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Mitgliedstaaten befugt sind, den Zugang nicht erwerbstätiger Bürger zu Leistungen der sozialen Sicherheit im Aufnahmemitgliedstaat, die zugleich Sozialhilfeleistungen im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG sind, von einem rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne der genannten Richtlinie abhängig zu machen. Die Überprüfung des rechtmäßigen Aufenthalts sollte im Einklang mit den Erfordernissen der Richtlinie 2004/38/EG erfolgen. Zu diesem Zweck sollte ein nicht erwerbstätiger Bürger klar von einem Arbeitssuchenden unterschieden werden, dessen Aufenthaltsrecht sich unmittelbar aus Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union herleitet. Im Hinblick auf eine größere Rechtsklarheit von Bürger und Träger ist eine Kodifizierung dieser Rechtsprechung erforderlich.

Begründung

Der EuGH hat in seinen erwähnten Urteilen befunden, dass Leistungen der sozialen Sicherheit, welche nach Artikel 70 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 als beitragsunabhängige Geldleistungen zu bestimmen sind, auch als eine Leistung der Sozialhilfe im Sinne von Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 2004/38/EG gelten. Insofern sie zugleich Leistungen der Sozialhilfe sind, sei die darin vorgesehene Zuständigkeit für die Mitgliedstaaten begründet. Die vorgeschlagene Änderung soll hier eine Klarstellung erreichen.

Änderung 3

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 Nummer 3 dritter Unterabsatz

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

(5c)

Ungeachtet der Beschränkung des Rechts auf Gleichbehandlung für nicht erwerbstätige Personen, die sich aus der Richtlinie 2004/38/EG oder aus dem einschlägigen Unionsrecht ergibt, sollte keine Bestimmung in dieser Verordnung die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundrechte einschränken, insbesondere das Recht auf Achtung der Würde des Menschen (Artikel 1), das Recht auf Leben (Artikel 2) und das Recht auf Gesundheitsschutz (Artikel 35).“

(5c)

Ungeachtet der Beschränkung des Rechts auf Gleichbehandlung für nicht erwerbstätige Personen, die sich aus der Richtlinie 2004/38/EG oder aus dem einschlägigen Unionsrecht ergibt, sollte keine Bestimmung in dieser Verordnung die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundrechte einschränken, insbesondere das Recht auf Achtung der Würde des Menschen (Artikel 1), das Recht auf Leben (Artikel 2), das Recht auf soziale Sicherheit und soziale Unterstützung (Artikel 34) und das Recht auf Gesundheitsschutz (Artikel 35).“

Begründung

Erübrigt sich.

Änderung 4

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 Nummer 13

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Artikel 12 erhält folgende Fassung:

„Artikel 12

Sonderregelung

(1)   Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber gemäß der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (1) in einen anderen Mitgliedstaat entsandt oder von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat geschickt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere abhängig beschäftigte oder selbstständig erwerbstätige Person ablöst, die zuvor gemäß diesem Artikel entsandt oder geschickt wurde.

(2)   Eine Person, die gewöhnlich in einem Mitgliedstaat eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und die eine ähnliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat aufnimmt, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Tätigkeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere entsandte abhängig beschäftigte oder selbstständig erwerbstätige Person ablöst.“

Artikel 12 erhält folgende Fassung:

„Artikel 12

Sonderregelung

(1)   Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber gemäß der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (1) in einen anderen Mitgliedstaat entsandt oder von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat geschickt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 12 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere abhängig beschäftigte oder selbstständig erwerbstätige Person ablöst, die zuvor gemäß diesem Artikel entsandt oder geschickt wurde.

(2)   Eine Person, die gewöhnlich in einem Mitgliedstaat eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und die eine ähnliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat aufnimmt, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Tätigkeit 12 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere entsandte abhängig beschäftigte oder selbstständig erwerbstätige Person ablöst.“

Begründung

Die vorgeschlagene Verkürzung der Frist, ab der das Recht des Aufnahmelandes in vollem Umfang für den entsandten Arbeitnehmer gelten muss, entspricht dem in seiner Stellungnahme zur Entsenderichtlinie verabschiedeten Standpunkt des AdR (COR-2016-02881).

Änderung 5

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 Nummer 16

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Artikel 34 wird gestrichen.

Artikel 34

Zusammentreffen von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit

(1)     Kann der Bezieher von Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit, die als Leistungen bei Krankheit gelten und daher von dem für die Gewährung von Geldleistungen zuständigen Mitgliedstaat nach den Artikeln 21 oder 29 erbracht werden, im Rahmen dieses Kapitels gleichzeitig für denselben Zweck vorgesehene Sachleistungen vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsortes in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen, für die ebenfalls ein Träger des ersten Mitgliedstaats die Kosten nach Artikel 35 zu erstatten hat, so ist das allgemeine Verbot des Zusammentreffens von Leistungen nach Artikel 10 mit der folgenden Einschränkung anwendbar: Beantragt und erhält die betreffende Person die Sachleistung, so wird die Geldleistung um den Betrag der Sachleistung gemindert, der dem zur Kostenerstattung verpflichteten Träger des ersten Mitgliedstaats in Rechnung gestellt wird oder gestellt werden könnte.

(2)     Die Verwaltungskommission erstellt eine ausführliche Liste der Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, die die in Artikel 1 Buchstabe vb dieser Verordnung aufgeführten Kriterien erfüllen, aufgeschlüsselt nach Sach- und Geldleistungen.

(3)     Zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder deren zuständige Behörden können andere oder ergänzende Regelungen vereinbaren, die für die betreffenden Personen nicht ungünstiger als die Grundsätze des Absatzes 1 sein dürfen.

Begründung

Bei einem Verzicht auf die Einführung eines Kapitels 1 a (Änderung 5) muss Artikel 34, Absatz 2 neu gefasst werden, um zu präzisieren, wie die von der Verwaltungskommission zu erstellende Liste gestaltet sein soll. Zur inhaltlichen Begründung: Siehe Begründung zu Änderung 1 (Erwägungsgrund 6).

Information des Sekretariats: Der Originaltext der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit besagt in Artikel 34 Absatz 2: „(2) Die Verwaltungskommission legt die Liste der von Absatz 1 erfassten Geldleistungen und Sachleistungen fest.“

Änderung 6

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 Nummer 17

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Nach Artikel 35 wird folgendes Kapitel eingefügt:

„KAPITEL 1a

Leistungen bei Pflegebedürftigkeit

Artikel 35a

Allgemeine Bestimmungen

(1)   Unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieses Kapitels gelten Artikel 17 bis 32 entsprechend für Leistungen bei Pflegebedürftigkeit.

(2)   Die Verwaltungskommission erstellt eine ausführliche Liste der Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, die die in Artikel 1 Buchstabe vb dieser Verordnung aufgeführten Kriterien erfüllen, aufgeschlüsselt nach Sach- und Geldleistungen.

(3)   Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit nach den anderen Kapiteln des Titels III gewähren, wenn die Leistung und die einschlägigen Bedingungen, die für die Leistung gelten, in Anhang XII aufgeführt sind und das Ergebnis einer solchen Koordinierung für die Leistungsberechtigten zumindest ebenso günstig ist wie bei einer Koordinierung der Leistung nach Maßgabe dieses Kapitels.

Artikel 35b

Zusammentreffen von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit

(1)   Erhält der Bezieher von Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit, die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats gewährt werden, im Rahmen dieses Kapitels gleichzeitig Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsortes in einem anderen Mitgliedstaat und hat ebenfalls ein Träger im ersten Mitgliedstaat diese Sachleistungskosten nach Artikel 35c zu erstatten, so ist das allgemeine Verbot des Zusammentreffens von Leistungen nach Artikel 10 mit der folgenden Einschränkung anwendbar: Die Geldleistung wird um den erstattungsfähigen Betrag der Sachleistung gemindert, der dem Träger des ersten Mitgliedstaats gemäß Artikel 35c in Rechnung gestellt werden kann.

(2)   Zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder deren zuständige Behörden können andere oder ergänzende Regelungen vereinbaren, die für die betreffenden Personen nicht ungünstiger als die Grundsätze des Absatzes 1 sein dürfen.

Artikel 35c

Erstattung zwischen Trägern

(1)   Artikel 35 gilt entsprechend für Leistungen bei Pflegebedürftigkeit.

(2)   Sind in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der nach diesem Kapitel zuständige Träger seinen Sitz hat, keine Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit vorgesehen, so gilt der Träger, der in diesem Mitgliedstaat gemäß Kapitel 1 für die Erstattung von in einem anderen Mitgliedstaat gewährten Sachleistungen bei Krankheit zuständig ist oder wäre, auch nach Kapitel 1a als der zuständige Träger.“

 

Begründung

Siehe Begründung zu Änderung 1 (Erwägungsgrund 6).

Änderung 7

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 Nummer 22 zweiter Unterabsatz

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

(2)   Abweichend von Absatz 1 stellt sich eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt und nicht eine mindestens 12-monatige Arbeitslosenversicherungszeit ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats zurückgelegt hat, der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung. Eine solche Person erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, als ob sie alle Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zurückgelegt hätte. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnmitgliedstaats gewährt. Eine vollarbeitslose Person im Sinne dieses Absatzes, die nach den nationalen Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats nur bei Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat Anspruch auf eine Leistung bei Arbeitslosigkeit hätte, kann sich alternativ dafür entscheiden, sich der Arbeitsverwaltung in diesem Mitgliedstaat zur Verfügung zu stellen und Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaat zu erhalten, als ob sie dort wohnen würde.

(2)   Abweichend von Absatz 1 stellt sich eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt und nicht eine mindestens 12-monatige Arbeitslosenversicherungszeit ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats zurückgelegt hat, der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung. Eine solche Person erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, als ob sie alle Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zurückgelegt hätte. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnmitgliedstaats gewährt.

Begründung

Folgenlos bleibt die Ausnahme, wenn aus der geringen — zwölf Monate unterschreitenden — Beschäftigungszeit kein Anspruch erwächst. Dann wäre sie entbehrlich. Würde daraus aber ein Anspruch erwachsen, namentlich im Zusammenhang mit den nach Artikel 6 anzurechnenden Beschäftigungszeiten aus anderen Mitgliedstaaten, so wäre begründungsbedürftig, weshalb der Wohnmitgliedstaat diese Leistungen zu erbringen hätte, wiewohl andere Mitgliedstaaten die Beiträge erhalten haben. Sie harmoniert auch nicht mit den in Artikel 64 vorgeschlagenen Regeln, welche den Export von Leistungen in solchen Fällen sichern.

Änderung 8

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2 Nummer 11 erster Unterabsatz

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Nach Artikel 19 Absatz 2 werden folgende Absätze eingefügt:

„(3)   Wird ein Träger um Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung ersucht, so führt er eine ordnungsgemäße Bewertung des relevanten Sachverhalts durch und garantiert, dass die Informationen, auf deren Grundlage die Bescheinigung ausgestellt wurde, richtig sind“.

Nach Artikel 19 Absatz 2 werden folgende Absätze eingefügt:

„(3)   Wird ein Träger um Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung ersucht, so führt er eine ordnungsgemäße Bewertung des relevanten Sachverhalts durch“.

Begründung

Eine Garantie, dass diese Informationen richtig sind, können die ausstellenden Träger nicht geben. Sie müssen auf die ordnungsgemäßen Angaben des Arbeitgebers vertrauen. Insbesondere können die ausstellenden Behörden nicht für falsche Auskünfte haften, wenn sie selbst falsch informiert wurden.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Allgemeine Bemerkungen

1.

bekennt sich zur freien und fairen Arbeitskräftemobilität und begrüßt deshalb die Überarbeitung der Regelungen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit vor dem Hintergrund der steigenden Mobilität der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU;

2.

stellt fest, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als negative Integration des Binnenmarkts deshalb durch Koordinierung der sozialen Sicherheit als positive Integration im Einklang mit der europäischen Grundrechtecharta und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ergänzt werden muss;

3.

erachtet die von der Europäischen Kommission unterbreiteten Vorschläge zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Regelungen weit überwiegend als sachgerecht und weiterführend und heißt sie daher gut;

4.

erinnert die Kommission an ihre Initiative zur besseren Rechtsetzung und weist darauf hin, dass das komplexe Regelwerk der Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 sowohl für die Behörden als auch für die Bürgerinnen und Bürger zur Feststellung der Rechtslage verständlich bleiben muss;

5.

unterstreicht die Bedeutung von regionalen Beratungs- und Unterstützungsnetzwerken für mobile Unionsbürgerinnen und -bürger. Diese sind unbedingt notwendig, um der Ausbeutung von mobilen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und organisiertem Betrug vorzubeugen. Der AdR spricht sich für eine Stärkung dieser Netzwerke aus;

6.

unterstreicht, dass die Kommissionsvorlage notwendig ist, um die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten. Daher stellen sich aufgrund der eindeutigen Rechtsgrundlage von Artikel 48 AEUV keine subsidiaritätsrelevanten Fragen zur Kommissionsvorlage. Die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme können auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden. Sie können wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen deshalb besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden, da die vorgeschlagene Maßnahme transnationale Aspekte umfasst, die durch die Mitgliedstaaten bzw. die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften allein nicht angemessen geregelt werden können;

7.

betont sein besonderes Interesse an einer Fortführung des fachlichen Dialogs mit der Kommission zu diesem Thema und unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung des „impact assessment report“, den die Kommission auf der Grundlage ihres Kooperationsabkommens mit dem AdR zu gegebener Zeit vorlegen wird;

Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

8.

sieht Fortschritte bei der Regelung der Entsendung und der Verbesserung der Entsendebescheinigung. Er begrüßt, dass die Kommission mit der Einfügung eines Artikels 76a ermächtigt werden soll, Durchführungsakte gemäß Artikel 291 AEUV zu erlassen, mittels derer ein Standardverfahren für die Ausstellung, die Anfechtung und den Widerruf des portablen Dokumentes A1 (sog. A1-Bescheinigung) festgelegt werden soll, damit eine missbräuchliche Verwendung dieses Dokuments erschwert wird. Das angestrebte Verfahren kann insbesondere dazu geeignet sein, langwierige Rechtsstreitigkeiten bis hin zum Vertragsverletzungsverfahren vermeidbar zu machen und so zum innereuropäischen Rechtsfrieden beizutragen;

9.

erinnert daran, dass der vorliegende Verordnungsvorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 883/2004 mit der Aktualisierung der Modalitäten zur Ausstellung der sog. A1-Bescheinigungen ein zentrales Element für den zu verbessernden Schutz vor Sozialmissbrauch entsandter Beschäftigter im Rahmen der parallel laufenden Überarbeitung der Entsenderichtlinie Nr. 96/71/EG enthält. Mit Blick auf die Bedeutung dieses Aspekts ist jeder Schritt in Richtung einer verbindlichen, klaren und unmittelbaren Gestaltung der künftigen A1-Bescheinigungsvergabe von besonderer Bedeutung und sollte dementsprechend besonders beachtet werden;

10.

weist im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern darauf hin, dass soziale Sicherheit in erheblichem Ausmaß von der Klarstellung von Regeln und Definitionen abhängt, weshalb eine eindeutige Auslegung wichtiger Begriffe wie etwa „Selbstständigkeit“ oder „Niederlassung“ helfen würde, Problemen von Scheinselbstständigkeit oder Briefkastenfirmen effektiv begegnen zu können;

11.

bekräftigt diesbezüglich seine Auffassung, dass die Frist, ab der das Recht des Aufnahmelandes in einer Entsendesituation in vollem Umfang auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, 12 Monate betragen sollte (1);

12.

bedauert die Verzögerung bei der Einführung des elektronischen Austauschs von Sozialversicherungsdaten (EESSI). Er hält einen europaweiten elektronischen Datenaustausch für unverzichtbar;

Leistungen bei Krankheit und Pflege

13.

stellt fest, dass die Koordinierung der Pflegeleistungen den Anwendungsbereich des koordinierenden Rechts erweitert, was für die Verwirklichung der Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen erforderlich ist; das Kumulationsverbot im Hinblick auf Kranken- und Pflegeleistungen dürfte jedoch schwer zu handhaben zu sein;

14.

stellt fest, dass der Schutz der sich in einem Mitgliedstaat aufhaltenden kranken Menschen auch zu sichern ist, wenn diesen ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedstaat nicht zusteht. Er verweist aber zunächst darauf, dass die Anerkennung eines im Ausland begründeten Krankenversicherungsschutzes nach geltendem EU-Recht oft nur unter Erschwerungen gelingt und in manchen EU-Staaten Menschen mit prekärer Erwerbsbeteiligung oftmals der Krankenversicherungsschutz ganz und zu Unrecht versagt wird;

15.

begrüßt daher grundsätzlich, dass für die Begründung des Krankenversicherungsschutzes für nichterwerbstätige und bedürftige EU-Bürgerinnen und -Bürger lediglich der faktische Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, nicht aber der rechtmäßige Aufenthalt vorausgesetzt wird; erachtet es diesbezüglich für notwendig, das Recht des Aufnahmestaats auf Erstattung der Kosten durch den zuständigen Mitgliedstaat festzuschreiben;

Leistungen bei Arbeitslosigkeit

16.

bewertet die Neuregelungen bei der Koordinierung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit als sachgerecht. Auch wenn die in Artikel 65 Absatz 2 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehene Ausnahmeregelung für kurzzeitige Beschäftigungen von weniger als zwölfmonatiger Dauer vielleicht nicht unbedingt erforderlich ist, so trägt sie doch zur Verdeutlichung bei;

17.

begrüßt die vorgesehene Verlängerung der Exportmöglichkeit von Leistungen bei Arbeitslosigkeit von drei auf sechs Monate. Er weist jedoch darauf hin, dass dies mit geeigneten aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gekoppelt werden sollte, die ein wesentlicher Bestandteil der „Aktivierungsstrategien“ sind, die auf das Zusammenspiel zwischen Arbeitslosenversicherung und Hilfesystemen, aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Auflagen für den Bezug von Leistungen abzielen. Der AdR hält es für klärungsbedürftig, in welcher Weise die Mitgliedstaaten die Exportzeit über das geltende europäische Recht hinaus ausweiten können sollten. Der AdR hat aber Bedenken hinsichtlich der Sonderregelung für Beschäftigungszeiten unter zwölf Monaten;

Familienleistungen

18.

unterstreicht, dass alle EU-Bürgerinnen und -Bürger Anspruch auf die Familien-Sozialleistungen des Landes haben, in dem sie gemeldet, beschäftigt oder steuerpflichtig sind, auch wenn es zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede bei den Ansprüchen auf Familien-Sozialleistungen geben mag;

Besondere beitragsunabhängige Geldleistungen

19.

anerkennt die aus der Rechtsprechung des EuGH zu den Befugnissen der Mitgliedstaaten bei Gestaltung der Sozialhilfe Nichterwerbstätiger erwachsenden Zuständigkeit und begrüßt den Hinweis, dass diese Gestaltungen vor den europäischen Grund- und Menschenrechten bestehen müssen als einen wichtigen und neuen Gesichtspunkt. begrüßt, dass dieser Personenkreis künftig nicht von einem Krankenversicherungsschutz auch bei faktischem Wohnsitz ausgeschlossen sein soll, und stellt fest, dass es diesem Personenkreis erlaubt sein soll, am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts in einem verhältnismäßigen Umfang Beiträge zu einem Krankenversicherungssystem zu leisten. Es bleibt jedoch die Frage, wodurch dann die Begrenzung oder gar ein Ausschluss von der Sozialhilfe gerechtfertigt sein soll. Gleichzeitig führt die Ausweitung dieses Grundsatzes auf Personen, die de facto in einem anderen Mitgliedstaat als dem eigenen wohnhaft sind, dazu, dass dessen Durchführung reguliert werden muss, auch um für ein gleiches Vorgehen und eine gerechte Verteilung der Lasten zwischen den Mitgliedstaaten zu sorgen;

Grenzgänger

20.

bedauert den Mangel an zuverlässigen Daten und Informationen über die Zahl der Grenzgänger im Sinne der in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 enthaltenen rechtlichen Definition;

21.

weist darauf hin, dass die Grenzregionen über umfangreiche Erfahrungen im Zusammenhang mit mobilen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verfügen. Der AdR appelliert an die Kommission und die Mitgliedstaaten, diese Erfahrungen zu nutzen. Der AdR fordert die Kommission deshalb dazu auf, die über EURES angebotenen Dienstleistungen zur Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität von Arbeitskräften auch über die bestehenden grenzüberschreitenden EURES-Partnerschaften zu stärken, den Aufbau neuer Partnerschaften anzuregen und diese Dienste in die Lage zu versetzen, zuverlässige Daten über Zahl und Profil der Grenzgänger und ihrer Arbeitgeber zu erheben.

Brüssel, den 12. Juli 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  Stellungnahme zur Änderung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern (COR-2016-02881).


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