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Document 52016IR1813

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Ein EU-Aktionsplan für den Radverkehr

ABl. C 88 vom 21.3.2017, p. 49–53 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.3.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 88/49


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Ein EU-Aktionsplan für den Radverkehr

(2017/C 088/10)

Berichterstatter:

Kevin Peel (UK/SPE), Mitglied des Stadtrates von Manchester

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Paradigmenwechsel und EU-Aktionsplan für den Radverkehr

1.

verweist darauf, dass der motorisierte Individualverkehr seit den 50er-Jahren in der Verkehrs-, Stadt- und Raumplanung gegenüber der aktiven Mobilität und dem öffentlichen Verkehr vielerorts in ganz Europa systematisch bevorzugt wurde. Der Pkw wurde zum vorherrschenden Verkehrsmittel, sogar für viele Fahrten über kurze Entfernungen. Diese Entwicklung hat maßgeblich zu einer Reihe von beträchtlichen Problemen beigetragen, etwa Klimawandel, Luftverschmutzung, Lärm, Probleme der Straßenverkehrssicherheit, Verkehrsüberlastung, schlechte Qualität des öffentlichen Raums, Segregation der Landnutzung, Abhängigkeit des Verkehrssektors vom Erdöl, Schwächung der Kaufkraft der Verbraucher sowie zu wenig körperlicher Bewegung bei einem großen Teil der Bevölkerung; gerade aus letzterem resultieren weitere Folgeprobleme (z. B. Verzögerungen von motorischen Fähigkeiten, vor allem bei Kindern, Schwergewichtigkeit, Konzentrationsschwächen usw.);

2.

fordert zur Bewältigung dieser Herausforderungen einen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik und Raumplanung und -nutzung, wozu eine neue nachhaltige Verkehrshierarchie nötig ist, an deren Spitze Maßnahmen zur Schaffung von Anreizen und zur Steigerung der Sicherheit und Attraktivität aktiver Formen der Fortbewegung (Zufußgehen, Radfahren) stehen, daneben an zweiter Stelle die Förderung des öffentlichen Verkehrs, dann der Ausbau von Car-Sharing bzw. Fahrgemeinschaften und an letzter Stelle erst die Nutzung privater Pkw; überdies müssen die Voraussetzungen für die notwendige Integration der verschiedenen Verkehrsträger geschaffen werden. Dies muss sich in allen Aspekten der Verkehrsplanung niederschlagen, auch im Vorrang für aktive Verkehrsteilnehmer im Verkehrsfluss, Investitionen in die Infrastruktur, Zuweisung von Straßenraum sowie Vorrangregelungen in den Straßenverkehrsordnungen usw.;

3.

räumt ein, dass ein Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik gemeinsamer Anstrengungen aller Regierungs- und Verwaltungsebenen bedarf, von der lokalen über die regionale bis hin zur nationalen, zur europäischen und sogar zur globalen Ebene; fordert zu diesem Zweck eine stärkere Integration der verschiedenen Planungsebenen und insbesondere der lokalen und regionalen Ebene, welche das aktive Engagement aller Akteure der Zivilgesellschaft, einschließlich Unternehmen, NGO, Gewerkschaften, Wissenschaft usw. umfasst;

4.

betont, dass im Rahmen der Instrumente der territorialen Planung die Zugänglichkeit der Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel für Fußgänger und Radfahrer verbessert werden muss und dass an den Knotenpunkten des Systems sichere und für alle zugängliche und attraktive Abstell- und Parkmöglichkeiten für Fahrräder und etwaige Leihfahrraddienste geschaffen werden müssen;

5.

weist darauf hin, dass ein Wandel in der Politik und bei der Zuweisung der personellen und finanziellen Mittel durch ehrgeizige politische Ziele angestoßen werden kann, und empfiehlt deshalb der Kommission, die Verdoppelung des Radverkehrs in den EU-Mitgliedstaaten in den nächsten zehn Jahren als Ziel zu beschließen (von gegenwärtig etwa 7-8 % Anteil des Radverkehrs im Rahmen der Verteilung nach Verkehrsträgern auf etwa 15 %);

6.

fordert die Kommission auf, das langfristige Potenzial des Radverkehrs im Rahmen der Verteilung nach Verkehrsträgern in der EU zu prüfen (2030/2040/2050), um die Investitionen und weitere nötige Maßnahmen zur Ausschöpfung dieses Potenzials zu bestimmen, und eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen, die auf bereits existierenden, erprobten Instrumenten beruht wie dem WHO-Instrument zur gesundheitsökonomischen Bewertung des Zufußgehens und Radfahrens (HEAT — Health Economic Assessment Tool) und diese weiterentwickelt, indem ein übergreifender Ansatz in Bezug auf den Radverkehr mit Blick auf Bereiche wie Wirtschaft, Umwelt, Klima, Energieeffizienz, Verkehr, Bildung, Gesundheit und Sport berücksichtigt wird;

7.

begrüßt nachdrücklich die Initiative des Europäischen Parlaments (1) und der Mitgliedstaaten (2), die Europäische Kommission aufzufordern, einen EU-Fahrplan bzw. eine EU-Strategie für den Radverkehr vorzulegen. In der Erklärung zum Fahrrad als klimafreundlichem Verkehrsmittel, die die Mitgliedstaaten während des Luxemburger Ratsvorsitzes im Oktober 2015 verabschiedet haben, wird auch die Einrichtung einer europäischen Anlaufstelle für den Radverkehr bei der Kommission gefordert;

8.

begrüßt die 2014 abgegebene Erklärung von Paris des gesamteuropäischen Programms für Verkehr, Gesundheit und Umwelt (Transport, Health, Environment Pan-European Programm — THE PEP) und befürwortet nachdrücklich die Entwicklung eines europaweiten Masterplans für die Förderung des Radverkehrs durch die Mitgliedstaaten, die WHO, die UN-Wirtschaftskommission für Europa und weitere Interessenträger (3);

9.

fordert, dass ein EU-Aktionsplan für den Radverkehr in das Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 aufgenommen wird. Der Aktionsplan sollte der wachsenden Nachfrage nach abgestimmten Maßnahmen auf EU-Ebene gerecht werden, die dazu beitragen, das nachweislich vorhandene ökologische, gesundheitliche und wirtschaftliche Potenzial des Radverkehrs auszuschöpfen, wobei sicherzustellen ist, dass der Aktionsplan Maßnahmen zur Sensibilisierung und zur Werbung für dieses Potenzial umfasst, damit das Radfahren zur Gewohnheit wird und eine Kultur des Radfahrens entsteht;

10.

weist darauf hin, dass der strategische Aufbau eines nationalen Radwegenetzes gemäß dem Subsidiaritätsprinzip in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt und dass die EU deshalb hier nur eine unterstützende Rolle spielen sollte, insbesondere wenn es um die grenzübergreifenden Verbindungen zwischen diesen Netzen und um die Strategien der Länder und Regionen mit einer niedrigeren Radfahrquote geht, und sie sollte das europäische Radwegenetz koordinieren und ausbauen;

11.

betont jedoch, dass unter umfassender Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Gebietskörperschaften die wesentlichen Akteure bei der Gestaltung des städtischen und regionalen Verkehrs- und Mobilitätssystems der Zukunft sind, da die Mobilität in der Stadt und der städtische Nahverkehr in die Zuständigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften fallen. Erfahrungen zeigen, dass detaillierte Pläne für den Radverkehr in die lokalen Verkehrsstrategien einbezogen werden können, um ehrgeizige Visionen für den Radverkehr zu entwickeln, die von den Gemeinschaften unterstützt werden können. Regionale Verkehrspartnerschaften und -strategien können ihrerseits den Radverkehr in ihre regionalen Maßnahmen einbeziehen und Programme für den Radverkehr auflegen;

12.

bekräftigt deshalb seine Forderung nach einer aktiveren Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Beschlussfassungsprozess (4) und ist der Auffassung, dass er als Stimme der Gebietskörperschaften die Diskussionen über EU-Initiativen zur Förderung des Radverkehrs bestimmen sollte, da die Städte und Regionen von solchen Maßnahmen voraussichtlich am meisten profitieren;

13.

betrachtet den Radverkehr auch als zentrales Element einer nachhaltigen Mobilität in der Stadt und als Kernstück einer integrierten EU-Städteagenda;

Finanzierung

14.

weist darauf hin, dass Investitionen in die Fahrradinfrastruktur wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge mindestens das Fünffache an Nutzen bringen (5). Wirtschaftliche Vorteile ergeben sich in vielerlei Hinsicht: Erstens entstehen Arbeitsplätze, vor allem auf lokaler Ebene, in der Fahrradherstellung und im Einzelhandel, in Werkstätten, beim Bau und bei der Instandhaltung der Infrastruktur sowie in Branchen wie Fahrradtourismus und Transport- sowie weiteren Dienstleistungen. Zweitens kommt es zu einer Verbesserung der öffentlichen Gesundheit auf Grund vermehrter körperlicher Aktivität und verminderter Luftverschmutzung und Lärmbelastung. Drittens führt die Verringerung der Verkehrsüberlastung zu weniger Staus, Verspätungen und ausgefallenen Arbeitsstunden und zu einem geringeren Treibstoffverbrauch. Dies führt insgesamt zu einer besseren städtischen Lebensqualität und erhöht zugleich die Attraktivität. Schließlich bringt auch die effizientere Landnutzung wirtschaftliche Vorteile;

15.

bekräftigt deshalb die Forderung, die die Verkehrsminister in der Erklärung zum Fahrrad als klimafreundlichem Verkehrsmittel erhoben haben, nämlich dass ein Strategiepapier der EU zum Radverkehr erstellt wird, in dem die EU-Politik und die Finanzierungsinstrumente genannt werden, die zur Steigerung dieses Anteils und zur Förderung der fahrradbezogenen Beschäftigung in der EU bereits mobilisiert wurden oder mobilisiert werden sollten, und dass das Fahrradfahren in die oben genannten EU-Maßnahmen und Finanzierungsinstrumente aufzunehmen ist (6);

16.

fordert zudem eine zukunftsweisende Politik der Verkehrsinvestitionen in der EU, die auch der Verbesserung der öffentlichen Gesundheit dient und in deren Rahmen unter umfassender Berücksichtigung des Pariser Übereinkommens der COP 21 EU-Verkehrsmittel in den Radverkehr investiert werden (7);

17.

schlägt vor, dass bei jedem von der EU kofinanzierten Infrastrukturprojekt der Radverkehr so weit wie möglich grundsätzlich mitberücksichtigt werden sollte, auch um mögliche negative Auswirkungen des Baus von Autobahnen, Eisenbahnen o. ä. auf den Radverkehr zu vermeiden (Grundsatz der Berücksichtigung des Radverkehrs bei allen Infrastrukturprojekten). Zudem sollte der Radverkehr in den Arbeitsprogrammen 2018-2020 des Forschungs- und Innovationsprogramms der Kommission, Horizont 2020 (Mobilität für Wachstum), als eigenständige Finanzierungspriorität eingeführt werden;

18.

fordert, dass die Kommission Mindestqualitätskriterien für die Fahrradinfrastruktur für von der EU kofinanzierte relevante Projekte festlegt, insbesondere auf Sicherheit, Funktionalität und Beschilderung ausgerichtete Kriterien für den Ausbau der Radwegenetze, damit das Geld des europäischen Steuerzahlers mit einem möglichst hohen Nutzeffekt eingesetzt wird; fordert darüber hinaus, dass die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nationale Leitlinien, Datenbanken mit bewährten Verfahren sowie einen Austausch von Wissen für die Bereitstellung von Infrastruktur für den Radverkehr entwickelt; fordert auch, dass die Kommission Kriterien für die Finanzierung, Verwaltung und wirtschaftliche Rentabilität der wichtigsten Maßnahmen aufstellt;

19.

schlägt vor, das Radfernwegenetz EuroVelo (8) in die TEN-V einzubeziehen, was die grenzübergreifende Anbindung verbessern, die Fremdenverkehrschancen erhöhen und eine bessere Zugänglichkeit in den Innenstädten fördern würde; schlägt vor, Mittel der Fazilität „Connecting Europe“ auch für städtische Verkehrsknotenpunkte wie für den Bau von Fahrradwegen und Fahrradautobahnen in Städten und Stadtrandgebieten zu nutzen;

Straßenverkehrssicherheit

20.

verweist darauf, dass die Angst vor Unfällen beim Radfahren inmitten motorisierten Verkehrs zu der weitverbreiteten Auffassung beiträgt, dass Radfahren gefährlich sei. Diese Angst ist jedoch teilweise unbegründet, da die meisten Unfälle Alleinunfälle sind, an denen keine anderen Fahrzeuge beteiligt sind. Sie hält indes vom Fahrradfahren ab und kann eine Hürde für die Benutzung des Fahrrads darstellen;

21.

verweist darauf, dass die Begrenzung auf niedrige zulässige Höchstgeschwindigkeiten in geschlossenen Ortschaften und deren Einhaltung einer der wichtigsten Faktoren für die Senkung der Zahl der Verkehrstoten ist. Zusammenstöße zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen bei hohen Geschwindigkeiten sind maßgeblich für den Tod und für schwere Verletzungen von Radfahrern verantwortlich; fordert deshalb die EU auf, den nationalen, regionalen und lokalen Behörden bessere Geschwindigkeitsregelungen sowie die Durchführung verkehrsberuhigender Maßnahmen, wie etwa die Einführung einer generellen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h (bzw. 20 Meilen pro Stunde) auf bestimmten Straßen in Städten zu empfehlen und dabei den Radverkehr zu berücksichtigen, um das Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmer — Fußgänger, Radfahrer, Pkw, Lkw, Rettungsfahrzeuge (Krankenwagen, Feuerwehr usw.) — zu ermöglichen. Außerdem sollten für sämtliche neuen Pkw, Busse und schweren Nutzfahrzeuge, die auf EU-Straßen zugelassen werden, durch Typgenehmigung zunehmend intelligente Systeme zur Anpassung der Geschwindigkeit zum Einsatz kommen; verweist darauf, dass es eine offensichtliche Diskrepanz zwischen der objektiven tatsächlichen Sicherheit des Radfahrens und dem von vielen Menschen empfundenen, subjektiven Sicherheitsgefühl gibt. Um diese Diskrepanz zu minimieren, müssen insbesondere auch weiche Informations- und Kommunikationsmaßnahmen, wie z. B. öffentlichkeitswirksame Aufklärungskampagnen, umgesetzt werden. Erst wenn die Angst vor dem Radfahren verringert und damit das subjektive Sicherheitsempfinden verbessert wird, fühlen sich auch unsichere Radfahrer wohl und nutzen das Rad als Verkehrsmittel;

22.

verweist zudem darauf, dass größere und schwerere Fahrzeuge trotz ihres relativ geringen Anteils am Gesamtkraftfahrzeugaufkommen in den Städten unverhältnismäßig oft in Unfälle verwickelt sind, bei denen Radfahrer zu Tode kommen;

23.

bedauert, dass die Zahl der tödlich verunglückten Radfahrer so außerordentlich langsam zurückgeht, und spricht sich diesbezüglich für die Festlegung einer EU-weiten Zielvorgabe im Hinblick auf schwere Unfälle sowie die Untersuchung möglicher Dunkelziffern bei schweren Verletzungen aus. Diesbezüglich muss im EU-Aktionsplan für den Radverkehr als Arbeitsgrundsatz verankert werden, dass das Ziel „null Verkehrstote“ anzustreben ist und die EU bei der Sicherheit im Radverkehr und dem Schutz der Radfahrer weltweit mit gutem Beispiel vorangehen sollte;

24.

fordert eine umgehende Änderung der Verordnung über die allgemeine Sicherheit, insbesondere in Bezug auf Verbesserungen des direkten Sichtfelds bei Fahrern schwerer Lastkraftwagen, was durch andere obligatorische Systeme der aktiven Sicherheit wie Sensoren zur Erfassung von Radfahrern sowie automatische Bremssysteme zwecks Vermeidung von Zusammenstößen ergänzt werden könnte;

25.

fordert die Änderung der Verordnung über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, um Fußgänger und andere gefährdete Verkehrsteilnehmer besser zu schützen (9), auch indem Testverfahren für den Schutz von Radfahrern beim Aufprall auf die Frontpartie von Fahrzeugen einbezogen werden;

26.

plädiert dafür, zu prüfen, inwieweit konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit des Radverkehrs in geltende EU-Richtlinien aufgenommen werden können, etwa in die EU-Richtlinie zur Sicherheit der Infrastruktur von Tunneln und TEN-V-Infrastruktur (10) auf Straßen im städtischen und ländlichen Raum;

Mobilität in der Stadt und intelligente Verkehrssysteme

27.

fordert, dass in den künftigen Leitlinien der Kommission für Stadtlogistik (11) das enorme Potenzial gewürdigt wird, das der Erbringung von Dienstleistungen und der Auslieferung von Waren mit einem Gewicht bis zu 250 kg durch Elektrolastenräder innewohnt, und empfiehlt deshalb, dies wo immer möglich als bevorzugte Option zu betrachten;

28.

verweist darauf, dass Stadt- und Verkehrsplanung im Hinblick auf die Nahmobilität in allen Bereichen eng verzahnt und integriert gedacht werden muss.

29.

betont, dass Verkehrserziehung zur Vermittlung der Straßenverkehrsregeln und zur Förderung der Kompetenzen für eine sichere Verkehrsteilnahme, u. a. auch für verkehrssicheres Radfahren, die bereits in den Schulen beginnt, von großer Bedeutung ist und zur Senkung der Zahl von Radverkehrsunfällen beitragen wird; ist der Auffassung, dass die Kommission dazu beitragen sollte, die Verbreitung bewährter lokaler Programme zu fördern, die Schulen, Polizei und andere Interessenträger zusammenbringen und dafür sorgen, dass Kinder, die Radfahren lernen, sich eine gute Technik sowie Grundkenntnisse aneignen, wie sie Kraft und Geschwindigkeit anderer Verkehrsteilnehmer bei potenziellen Zusammenstößen auf der Straße einschätzen können; dabei sollte auch für die Vorzüge des Radfahrens als soziales, gesundes und im Grunde sicheres Verkehrsmittel geworben werden;

30.

bekräftigt die Position des AdR, dass nationale und kommunale Zugangsregelungen für Städte und die Erhebung von Straßennutzungsgebühren wirksame Instrumente sein können, um der konkurrierenden Nachfrage nach Platz auf den städtischen Straßen gerecht zu werden und zentrale Probleme wie Staus, Umweltbelastung und Zersiedlung der Landschaft anzugehen (12); betont in diesem Zusammenhang, dass der Radverkehr in den künftigen unverbindlichen Leitlinien der Kommission für Zugangsregelungen für Städte (13) durchgehend als Priorität behandelt werden sollte; empfiehlt den Gebietskörperschaften, einen Teil der Einnahmen aus den Zugangsbeschränkungssystemen und den Straßennutzungsgebühren in den Radverkehr zu investieren, um attraktive Alternativen zum Pkw zu schaffen;

31.

weist darauf hin, dass sich Radverkehr und öffentliche Verkehrsmittel sinnvoll miteinander kombinieren lassen und dass Multimodalität eine maßgebliche Voraussetzung für erfolgreiche und nahtlos funktionierende städtische Verkehrsnetze ist; bekräftigt seine Forderung nach einer Veröffentlichungspflicht für Fahrpläne und sonstige Reiseinformationen sowie umfassende Zugänglichkeit für alle EU-Bürger (14) und die Berücksichtigung der Intermodalität bei der Weiterentwicklung der IT-Systeme und Routenplanungsanwendungen, und fordert, dass der Radverkehr und Leihfahrradsysteme im Sinne der Multimodalität umfassend in den technischen Normen, EU-Rechtsvorschriften und EU-finanzierten FuE-Programmen berücksichtigt werden, insbesondere was Routenplanung, Bezahlsysteme, Abstellmöglichkeiten usw. angeht. Die Infrastruktur in und um Bus- und Eisenbahnbahnhöfe sowie die öffentlichen Verkehrseinrichtungen selbst müssen verbessert werden, um ein problemloses Umsteigen zwischen Zügen, Bussen und Fahrrädern zu ermöglichen (15);

Elektromobilität und Vergabe öffentlicher Aufträge

32.

regt an, dass alle Regierungs- und Verwaltungsebenen den E-Radverkehr bei Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität stets berücksichtigen;

33.

legt der Kommission nahe, den Radverkehr bei ihrer Änderung der EU-Kriterien für die umweltgerechte Vergabe öffentlicher Aufträge im Verkehrsbereich zu berücksichtigen. Bei den Vergabekriterien sollte es nicht nur um marginale Verbesserungen bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen gehen, die die öffentliche Hand erwirbt, sondern auch darum, eine Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger wie das Fahrrad zu erreichen. Deshalb sollte nach den EU-Kriterien für die umweltgerechte Vergabe öffentlicher Aufträge bei Ausschreibungsverfahren obligatorisch geprüft werden, ob Fahrräder (einschließlich Elektroräder) anstelle von Pkw sowie Lastenräder (einschließlich Elektrolastenräder) anstelle von leichten Nutzfahrzeugen beschafft werden können. Er empfiehlt ferner die Berücksichtigung innovationsorientierter Kriterien im öffentlichen Beschaffungswesen, um eine umfassende technologische Entwicklung und die Verbreitung in den Mitgliedstaaten zu fördern;

Eindämmung des Klimawandels und Luftqualität

34.

räumt ein, dass zur Eindämmung des Klimawandels, zur Umsetzung der EU-Ziele zur Reduzierung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen und zur Verbesserung der Luftqualität in den Städten ein breites Spektrum an Maßnahmen erforderlich ist, wozu technische Lösungen, eine Verlagerung der politischen Schwerpunkte sowie Anreize zur Vermeidung unnötiger Fahrten gehören. Auf jeder Regierungs- und Verwaltungsebene sollten ehrgeizige Programme zur Umsetzung von Zielen im Bereich des Radverkehrs integraler Bestandteil jeder Strategie zur Eindämmung des Klimawandels und zur Verbesserung der Luftqualität sein. Dies kann auch dazu beitragen, die elf UN-Ziele für die nachhaltige Entwicklung (16) umzusetzen;

Daten zum Radverkehr

35.

betont, dass verlässliche und vergleichbare Daten grundlegende Voraussetzung sachkundiger Entscheidungen und wesentlich für die Ermittlung der Auswirkungen der Maßnahmen und der Finanzierung sind; legt der Kommission (Eurostat) deshalb nahe, eine einheitliche Methode zur Datenerfassung sowie harmonisierte Definitionen für nationale und Städtedaten zum Radverkehr zu entwickeln;

Eine zentrale Anlaufstelle für den Radverkehr bei der Kommission und der Austausch bewährter Verfahren

36.

begrüßt die Benennung eines Ansprechpartners für den Radverkehr in der GD MOVE; weist jedoch darauf hin, dass dieser Posten zu einer zentralen Anlaufstelle für den Radverkehr bei der Kommission ausgebaut werden sollte, die, was die personellen Ressourcen angeht, mit mindestens einem Vollzeitäquivalent ausgestattet ist und die mit Kontaktstellen für den Radverkehr in allen einschlägigen Generaldirektionen der Kommission vernetzt werden sollte, um eine effiziente Konsultation und Koordinierung zwischen den Dienststellen und innerhalb der Kommission zu gewährleisten;

37.

fordert die Kommission auf, eine mit angemessenen Ressourcen ausgestattete Zentralstelle zu unterstützen, die den von den Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften benötigten Zugang zu bewährten Verfahren, Fallstudien, Berichten, Finanzierungsmöglichkeiten usw. zum Radverkehr gewährleistet (17).

Brüssel, den 12. Oktober 2016

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  2015/2005(INI), fordert „einen EU-Fahrplan für das Radfahren, der in das Arbeitsprogramm der Kommission für 2016 aufgenommen wird“.

(2)  Erklärung zum Fahrrad als klimafreundlichem Verkehrsmittel, Informelle Sitzung der EU-Verkehrsminister, Luxemburg, 7. Oktober 2015. http://www.eu2015lu.eu/en/actualites/communiques/2015/10/07-info-transports-declaration-velo/07-Info-Transport-Declaration-of-Luxembourg-on-Cycling-as-a-climate-friendly-Transport-Mode---2015-10-06.pdf.

(3)  http://www.unece.org/fileadmin/DAM/thepep/documents/Déclaration_de_Paris_EN.pdf.

(4)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen „Umsetzung des Weißbuchs Verkehr von 2011“, Berichterstatter: Spyros Spyridon (EL/EVP) (ABl. C 195 vom 12.6.2015, S. 10).

(5)  Das Verkehrsministerium des Vereinigten Königreichs geht davon aus, dass Aufwendungen für den Radverkehr ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:5,5 haben (Quelle: Veröffentlichung des Verkehrsministeriums, „Value for Money Assessment for Cycling Grants“, 2014). „Transport & Mobility Leuven“ schätzt, dass Investitionen in der Hauptstadtregion Brüssel etwa das Fünf- bis Neunfache an Nutzen bringen (Quelle: „Transport & Mobility Leuven“, „Impact et potentiel de l’usage du vélo sur l’économie et l’emploi en Région de Bruxelles-Capitale: Les effets directs et indirects de l’usage du vélo en 2002, 2012 et 2020“, 2014). Für Helsinki wird dieses Verhältnis auf 1:8 geschätzt (Quelle: Stadt Helsinki, „Helsinki Bicycle Account 2015“).

(6)  In der Erklärung werden folgende Maßnahmen erwähnt: Programme für nachhaltige Mobilität in der Stadt im Rahmen des 2013 angenommenen Pakets zur Mobilität in der Stadt, Leitlinien für die Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit 2011-2020, CIVITAS 2020, ELTIS, URBACT sowie die europäische Mobilitätswoche und die einschlägigen Finanzierungsinstrumente (einschließlich der europäischen Struktur- und Investitionsfonds, COSME und Horizont 2020).

(7)  Dies umfasst die Infrastruktur, aber auch Mobilitätsdienste wie Fahrradverleihsysteme, intelligente Verkehrssysteme, fahrradfreundliches rollendes Material usw.

(8)  http://www.eurovelo.org/.

(9)  Verordnung (EG) Nr. 78/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen im Hinblick auf den Schutz von Fußgängern und anderen ungeschützten Verkehrsteilnehmern, zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2003/102/EG und 2005/66/EG (ABl. L 35 vom 4.2.2009, S. 1).

(10)  Richtlinie 2004/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz (ABl. L 167 vom 30.4.2004, S. 39), Richtlinie 2008/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur (ABl. L 319 vom 29.11.2008, S. 59).

(11)  http://ec.europa.eu/transport/facts-fundings/tenders/index_en.htm.

(12)  Stellungnahme „Paket zur Mobilität in der Stadt“, Berichterstatter: Sir Albert Bore (UK/SPE) (ABl. C 271 vom 19.8.2014, S. 18).

(13)  http://ec.europa.eu/transport/themes/urban/news/2015-11-27-guidance-acces-regulations_en.htm.

(14)  Stellungnahme „Informations-, Planungs- und Fahrscheinausstellungsdienste für multimodales Reisen“, Berichterstatter: Petr Osvald (CZ/SPE) (ABl. C 19 vom 21.1.2015, S. 36).

(15)  Bitibi-Projekt, gefördert durch Intelligent Energy Europe.

(16)  World Cycling Alliance/ECF, „Cycling delivers on the Global Goals“, 2015. https://ecf.com/sites/ecf.com/files/The%20Global%20Goals_internet.pdf.

(17)  Die Beobachtungsstelle für urbane Mobilität (ELTIS) hat viele Beispiele für bewährte Vorgehensweisen gesammelt (www.eltis.org).


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