EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52016AE6397

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Gemeinsamen Mitteilung der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik an das Europäische Parlament und den Rat über die künftige Strategie der EU für internationale Kulturbeziehungen“ (JOIN(2016) 29 final)

ABl. C 288 vom 31.8.2017, p. 120–128 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

31.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 288/120


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Gemeinsamen Mitteilung der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik an das Europäische Parlament und den Rat über die künftige Strategie der EU für internationale Kulturbeziehungen“

(JOIN(2016) 29 final)

(2017/C 288/17)

Berichterstatter:

Luca JAHIER

Befassung

Europäische Kommission, 23.9.2016

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Zuständige Fachgruppe

Außenbeziehungen

Annahme in der Fachgruppe

2.5.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

31.5.2017

Plenartagung Nr.

526

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

165/0/0

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Kultur kommt im derzeitigen globalen politischen Umfeld, in dem die Achtung der Menschenrechte, Toleranz, Zusammenarbeit und gegenseitige Solidarität erneut bedroht sind, eine wichtige Rolle zu. Folglich begrüßt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) die gemeinsame Mitteilung, die ein gutes Verständnis für die Wirkung der Kultur offenbart, eine beeindruckende Aufstellung auf EU- und nationaler Ebene bestehender Programme enthält und in der mögliche Handlungsfelder im Bereich des internationalen Kulturaustausches hervorgehoben werden.

1.2.

Der EWSA ruft nun zu einem Schritt nach vorn auf, von einer Mitteilung über die „künftige EU-Strategie“ hin zu der Annahme und anschließenden Umsetzung einer klaren Strategie und eines Aktionsplans. Der Aktionsplan sollte vier strukturellen Erfordernissen entsprechen: Schaffung klarer Entscheidungsstrukturen auf EU-Ebene; Streben nach Koordinierung und Subsidiaritätsunterstützung auf der Ebene der Mitgliedstaaten; Klärung finanzieller Aspekte; Förderung von Netzwerken miteinander verbundener kultureller Akteure, die eine blühende kulturelle Zivilgesellschaft repräsentieren.

1.3.

Mit Blick auf die uneingeschränkte Anerkennung der Bedeutung der Kultur für die Nachhaltigkeit fordert der EWSA die Anerkennung der Kultur als vierte Säule der nachhaltigen Entwicklung, gleichberechtigt mit den Säulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt.

1.4.

Der EWSA begrüßt es, dass die Kultur als entscheidendes Fundament für Frieden und Stabilität anerkannt wird. Deshalb ist die Kultur von ausschlaggebender Bedeutung für die Weiterverfolgung des wichtigsten Ziels der Europäischen Union, nämlich „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“ (Artikel 3 EUV). Der EWSA appelliert daher an die EU, ausgehend von den eigenen Erfahrungen Europas ihre Rolle als globaler Vorreiter bei der Verwirklichung, dem Schutz und der Förderung des Friedens in der Welt wahrzunehmen.

1.4.1.

Dies könnte beispielsweise durch die Entwicklung experimenteller Initiativen gefördert werden, wie z. B. die neue Initiative „Weiße Taube“ — nach dem Vorbild der Rolle der EU im nordirischen Friedensprozess —, wodurch Konfliktlösungsstrategien um eine dringend benötigte Komponente der Kultur und der Friedenskonsolidierung ergänzt würden.

1.4.2.

Die Förderung der Kultur als Säule für Frieden und Stabilität geht einher mit dem Verweis auf die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks als Menschenrecht und mit der Förderung weltweiter Initiativen zum Schutz der Künstlerrechte sowie mit dem Ausbau solcher Initiativen auf europäischer Ebene.

1.4.3.

Der EWSA ist sich der Gefahren eines möglichen Missbrauchs und einer Manipulation der Kultur zu autoritären, populistischen oder anderen politischen Zwecken bewusst. Der innereuropäische Austausch ermöglicht es, dass die Ansichten zahlreicher Interessenträger und pluralistische Ansätze zum Ausdruck kommen, und zwar ohne das für Propaganda typische Element der Kontrolle. Weil sie den außerordentlichen Reichtum der Vielfalt ausdrückt, kann und wird Kultur unweigerlich populistischen Tendenzen und staatlich gelenkter Kulturpropanda entgegenwirken, Brücken zwischen den Völkern bauen und Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit und einen stärkeren Austausch eröffnen.

1.5.

Der EWSA unterstreicht die Bedeutung der Organisationen der Zivilgesellschaft als Protagonisten einer nachhaltigen Gesellschaft und für die Entwicklung sämtlicher Initiativen im Bereich der Kultur. Die EU sollte deshalb in die Förderung der Entwicklung einer strukturierten Zivilgesellschaft im Kulturbereich investieren.

1.5.1.

Der EWSA betont den Nutzen von Programmen zur Auslotung der Verbindungen zwischen der Kultur und Strategien für wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung, so dass die Kultur vom Rande in den Mittelpunkt der Politik rückt.

1.5.2.

Der EWSA spricht sich für die Entwicklung von Studien- und Austauschprogrammen im Bereich der Kultur im weiteren Sinne aus, wozu auch die Anpassung des modellhaften, erfolgreichen Programms ERASMUS+ gehört.

1.5.3.

Der EWSA begrüßt die Einrichtung eines Forums der kulturellen Zivilgesellschaft unter Einbeziehung aller einschlägigen Interessenträger. Der EWSA wird sich in den kommenden Jahren für die Unterstützung dieser strukturierten Konsultation und dieses strukturierten Dialogs engagieren.

1.6.

Der EWSA erkennt die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft als eines entscheidenden Faktors für Wirtschaftswachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und nachhaltige Entwicklung an. In der Mitteilung wird eine Reihe von Aspekten und Programmen hervorgehoben, die der EWSA voll und ganz unterstützt. Der Ausschuss spricht sich daher für angemessene Investitionen in diesem Bereich aus.

1.6.1.

Die Entwicklung von Kompetenzen in der Kultur- und Kreativwirtschaft bereitet den Boden für die Entfaltung dieses Potenzials.

1.6.2.

Der EWSA begrüßt das Vorhaben, auf internationaler Ebene in Zusammenarbeit mit dem Europarat und der UNESCO ein System der „Kulturhauptstädte Europas“ zu entwickeln sowie den Austausch der bestehenden Städtenetze in kulturellen Fragen auszubauen.

1.7.

Der Ausschuss unterstreicht, dass der kulturelle Aspekt zu den Kernelementen sämtlicher künftiger internationaler Abkommen gehören sollte, zum Beispiel die neue Partnerschaft mit den AKP-Staaten nach 2020.

1.8.

Nach Ansicht des EWSA sollte die positive Dynamik des 2018 bevorstehenden Europäischen Jahres für das kulturelle Erbe genutzt werden, um die Annahme und anschließende Umsetzung eines Aktionsplans für Kultur in den internationalen Beziehungen voranzutreiben.

2.   Überblick über die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin

2.1.

In der gemeinsamen Mitteilung werden Ansätze für eine EU-Strategie für internationale Kulturbeziehungen im Rahmen der Rolle der EU als globaler Akteur beschrieben.

2.2.

In der Mitteilung werden für diese Strategie drei Säulen vorgeschlagen: 1) Leitprinzipien für das Vorgehen der EU, 2) drei Hauptlinien für ein solches Vorgehen und 3) ein Vorschlag für einen strategischen Ansatz für Kulturdiplomatie.

2.3.

In den vorgeschlagenen Leitprinzipien wird die Notwendigkeit betont, die kulturelle Vielfalt und die Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Meinungsfreiheit und der Freiheit des künstlerischen Ausdrucks, als grundlegende Fundamente der Demokratie, Stabilität und nachhaltigen Entwicklung zu fördern. Es sei erforderlich, über eine reine Projektion der Vielfalt europäischer Kulturen hinauszugehen, indem Gegenseitigkeit und damit gegenseitiger Respekt und interkultureller Dialog unterstrichen werden. Darüber hinaus wird in der Mitteilung die Notwendigkeit der Komplementarität und Subsidiarität im Hinblick auf bestehende Bemühungen der Mitgliedstaaten betont. Es wird zu einem übergreifenden Ansatz ermuntert, der über die Künste im strengsten Wortsinn hinausgeht und Strategien und Aktivitäten in den Bereichen interkultureller Dialog, Fremdenverkehr, Bildung, Forschung und Kreativwirtschaft umfasst. Zuletzt wird in der Mitteilung die Notwendigkeit erläutert, Doppelarbeit zu vermeiden, indem bestehende Kooperationsrahmen und Finanzierungsinstrumente sowie damit bereits von der EU vorgeschlagene spezifische thematische Programme und geografische Kooperationsstrukturen berücksichtigt werden.

2.4.

Die drei vorgeschlagenen Arbeitslinien zum Vorantreiben der kulturellen Kooperation mit Partnerländern sind a) die Unterstützung der Kultur als Triebkraft für eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung, b) die Förderung von Kultur und interkulturellem Dialog für ein friedliches Zusammenleben und c) die Verstärkung der Kooperation im Bereich des interkulturellen Erbes.

2.5.

In der Arbeitslinie zur Unterstützung der Kultur als Triebkraft für ein nachhaltiges gesellschaftliches und wirtschaftliches Wachstum wird vorgeschlagen, anderen Ländern bei der Entwicklung kultureller Grundsätze zu helfen, mit denen die Kultur- und Kreativwirtschaft gestärkt und die Rolle der lokalen Behörden in Partnerländern unterstützt wird.

2.6.

Die Entwicklung kultureller Maßnahmen kann durch die Vertiefung von Grundsatzdialogen und durch die Stärkung von Steuerungssystemen, auch über einen gezielten Erfahrungsaustausch, unterstützt werden.

2.7.

Die Rolle der kulturellen und kreativen Branchen bei der Förderung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums wird betont und gezeigt, dass die Kultur in Niedrig- und Mittellohnländern zu 1,5-3,7 % des BIP beiträgt (Kennziffern der UNESCO zu Kultur für Entwicklung). Somit wird in der Mitteilung vorgeschlagen, Erfahrungen auszutauschen, um diesen Sektor weiterzuentwickeln, kreative Knotenpunkte und Cluster zu stärken und relevante Fähigkeiten zu entwickeln sowie einen soliden Regelungsrahmen zu schaffen, um KMU und territoriale Kooperation zu unterstützen.

2.8.

Die Bedeutung der Unterstützung der Kultur in der städtischen Entwicklung wird hervorgehoben und deren Auswirkungen auf Wachstum und gesellschaftlichen Zusammenhalt betont. Ebenso wird die Notwendigkeit erwähnt, öffentlichen Raum für alle verfügbar zu machen, und es wird auf die Auswirkung audiovisueller Programme und Architektur verwiesen.

2.9.

Die zweite in der Mitteilung vorgeschlagene Arbeitslinie zur Förderung der Kultur und des interkulturellen Dialogs für ein friedliches Zusammenleben sieht eine Unterstützung der Kooperation, des Dialogs und der Mobilität kultureller Akteure und Kunstwerke vor.

2.10.

Es werden die Fähigkeit des interkulturellen Dialogs zur Förderung von Friedenskonsolidierung erwähnt und verschiedene bestehende Instrumente aufgezählt, wobei Kultur sowohl als Instrument zur Konfliktvermeidung als auch zur Aussöhnung in ehemaligen Konfliktgesellschaften dienen soll.

2.11.

Bei der dritten in der Mitteilung vorgeschlagenen Arbeitslinie handelt es sich um die Verstärkung der Kooperation im Bereich des kulturellen Erbes als einer bedeutenden Manifestation der kulturellen Vielfalt und als Instrument zur Förderung des Fremdenverkehrs und des Wirtschaftswachstums. Es wird deshalb vorgeschlagen, die Forschung zu kulturellem Erbe zu unterstützen, den illegalen Handel zu bekämpfen und zu den internationalen, unter der Ägide der UNESCO geführten Bemühungen zum Schutz von Kulturerbestätten beizutragen.

2.12.

Unter der dritten Säule wird in der Mitteilung ein strategischer Ansatz der EU im Hinblick auf Kulturdiplomatie vorgeschlagen, die im Interesse von Komplementarität und Synergie eine Kooperation zwischen allen Akteuren fördern soll: zwischen staatlichen Einrichtungen auf allen Ebenen, örtlichen Kulturorganisationen und der Zivilgesellschaft, der Kommission und der Hohen Vertreterin, den Mitgliedstaaten und deren Kulturinstituten. Es werden diverse Formate für eine verbesserte Kooperation vorgeschlagen.

2.13.

Darüber hinaus wird in der Mitteilung die Bedeutung des interkulturellen Austauschs von Studenten, Forschern und Alumni im Wege bereits existierender oder noch nicht entwickelter Austauschprogramme betont.

3.   Allgemeine Bemerkungen zu der Mitteilung

3.1.

Der EWSA begrüßt die von der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin vorgeschlagene gemeinsame Mitteilung. In der heutigen Zeit, da soziale Fragmentierung und populistische Tendenzen an Boden gewinnen, kommt der Kultur eine immer wichtigere Rolle zu, wenn es gilt, die Verbindungen zwischen der Zivilgesellschaft zu stärken, das gegenseitige Verständnis zu fördern, die Vielfalt und den gegenseitigen Austausch zu unterstützen und vereinfachenden Ansichten entgegenzutreten.

3.2.

Die Mitteilung offenbart ein gutes Verständnis der Wirkung der Kultur, sie enthält eine beeindruckende Aufstellung bestehender Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene und hebt verschiedene potenzielle Handlungsfelder im Bereich kultureller Austauschprogramme und der Kulturdiplomatie hervor.

3.3.

Der Ausschuss hält es nunmehr jedoch für nötig, die Strategie einen Schritt weiter zu führen. In einem Aktionsplan müssen präzise Brennpunkte und strategisch relevante Länder definiert werden, um einen gezielten Ansatz und eine konsequente Bewertung einer ersten Phase der Strategie unter Berücksichtigung des bestehenden Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI 2014-2020) zu ermöglichen. Die Relevanz der Strategie für eine Kooperation mit der Nachbarschaft der EU und Erweiterungsländern wäre hervorzuheben.

3.4.

Kultur in den Außenbeziehungen kann nicht als neutral und unabhängig vom politischen Kontext der beteiligten Länder angesehen werden. Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart gibt es Beispiele für den möglichen Missbrauch und die mögliche Manipulation der Kultur zu autoritären, populistischen oder anderen politischen Zwecken. Daher ist es wichtig zu betonen, dass die Kultur im innereuropäischen Austausch zwar durchaus einem Zweck dienst, dass es der Austausch in der EU aber — im Gegensatz zur Propaganda — möglich macht, dass die Ansichten zahlreicher Interessenträger und pluralistische Ansätze darin zum Ausdruck kommen. Folglich tritt in der EU das für Propaganda typische Element der Kontrolle nicht auf. Dementsprechend werden mit einer auf der außerordentlich reichen Vielfalt basierenden Kultur unweigerlich populistische Tendenzen und staatlich gelenkte Kulturpropanda bekämpft, Brücken zwischen den Völkern gebaut, vielerorts neu errichtete Mauern niedergerissen, zunehmende Vorurteile beseitigt und Chancen für eine engere Zusammenarbeit und einen stärkeren Austausch eröffnet.

3.5.

Durch eine auf kreativen Verfahren und der Aufwertung der Vielfalt, auch auf dem interkulturellen Austausch, beruhende kulturelle Bildung können die Menschen stärker sensibilisiert und ihr Widerstand gegenüber der populistischen Nutzung der Kultur weiter gefestigt werden.

3.6.

Der Ausschuss betont außerdem, dass angesichts der zahlreichen beteiligten Direktionen und Interessenträger eine klare Führungsstruktur eingerichtet werden muss, um die Kooperation zu leiten, damit eindeutige Vorschläge und Ergebnisse hervorgebracht werden. Die Struktur sollte dennoch flexibel sein, um keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu verursachen. Es sollte ein federführender Verwalter der verfügbaren Gelder bestimmt werden.

3.7.

Während die Kultur auch als ein eigenständiger Bereich anzusehen ist, betont der EWSA zugleich die Notwendigkeit, sie in benachbarten Politikfeldern zu etablieren, damit die Kultur vereinbarte Ziele und Maßnahmen fördern kann und ihre Bedeutung für das europäische Projekt gewürdigt wird. Derzeit fehlt die Kultur jedoch in bestehenden Aktionsplänen, auch im Arbeitsprogramm der Kommission für 2017. Die Kultur muss in den Prioritäten und Maßnahmen der Europäischen Kommission zunehmend präsent sein, und erste konkrete Maßnahmen müssen in das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2018 aufgenommen werden.

3.8.

Die Kultur ist ein Schlüsselelement zur Stärkung der Rolle der EU als globaler Akteur, auch in den unmittelbar erwähnten Schwerpunktbereichen und insbesondere in der EU-Strategie für Syrien, der globalen Strategie der EU und der Partnerschaft EU-Afrika.

3.9.

Angesichts der Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft schlägt der EWSA vor, durch geeignete Vorkehrungen sicherzustellen, dass Fragen im Zusammenhang mit der Kultur- und Kreativwirtschaft in allen künftigen Verhandlungen auf internationaler Ebene berücksichtigt werden, schon ab dem nächsten Verhandlungsmandat für die neue Partnerschaft mit den AKP-Staaten nach 2020. Dies gilt auch für Handelsverhandlungen, in denen die EU die für die Unterstützung, den Schutz und die Förderung europäischer Kulturaktivitäten erforderlichen Maßnahmen ergreifen sollten (1).

3.10.

Der EWSA sollte das Thema Kultur in die von ihm verwalteten ständigen Arbeitsorgane und in seine reguläre Arbeit aufnehmen.

3.11.

Der EWSA begrüßt, dass die Bedeutung der Kultur für die Entwicklung unserer Gesellschaften und deren Auswirkungen auf grundlegende Strategieaspekte anerkannt wird. Dennoch unterstreicht der EWSA, dass Künste und Kultur nicht nur auf ihren strategischen und materiellen Wert reduziert werden dürfen, sondern vielmehr ihrem eigentlichen Wesen nach als weithin sichtbarer Ausdruck unserer gemeinsamen Menschlichkeit aufzufassen sind.

3.12.

„Kulturelle Rechte“ werden kurz erwähnt, doch sollte die Strategie diesem Grundsatz der europäischen Werte als Fundament des kulturellen Verständnisses, Austausches und der kulturellen Entwicklung Rechnung tragen. In der Strategie könnte auch die wichtige Arbeit des Sonderberichterstatters im Bereich der kulturellen Rechte (OHCHR) (2) berücksichtigt werden.

3.13.

Auch wenn es in der Mitteilung heißt, dass die Menschen häufig mit digitalen Hilfsmitteln über die Grenzen hinweg kommunizieren und der Bedarf an Austausch und interkultureller Kooperation im Gleichtakt mit der digitalen Revolution gewachsen ist, werden die Implikationen und das Potenzial dieser digitalen Veränderungen für die internationalen Kulturbeziehungen zu knapp behandelt. Es ist somit grundlegend, die Auswirkungen des digitalen Wandels zu erforschen und zu verinnerlichen, wobei insbesondere die Auswirkungen auf den interkulturellen Austausch der Menschen zu berücksichtigen sind, und sowohl dessen Potenzial als auch dessen Risiken im Hinblick auf Einseitigkeit und Fehlinformation zu untersuchen. In diesem Sinne kann der kulturelle Austausch bei den Menschen Interesse wecken und sie anregen, Zugang zu online verfügbaren Informationen und Ressourcen zu suchen.

3.14.

Die Erwähnung digitaler Instrumente als Antrieb für diesen wachsenden Austausch ist fragwürdig, da wirtschaftliche Änderungen und gesellschaftliche Herausforderungen als dominante Kraft für den Fortschritt globaler Bewegungen angesehen werden können.

3.15.

Im Lichte der aktuellen Ereignisse schlägt der EWSA vor, den Dialog zwischen den Religionen als Element des interkulturellen Dialogs in die Mitteilung aufzunehmen, darunter auch philosophische und nicht-konfessionelle Organisationen, entsprechend der Präambel des Vertrags über die Europäische Union, in der das „kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas“ als Inspirationsquelle genannt wird, und Artikel 17 AEUV. Dies könnte mit experimentellen Initiativen gefördert werden, wie Maßnahmen für Studierende und Dozenten von glaubensgebundenen Hochschulen und Religionsschulen im Rahmen des Programms Erasmus+.

3.16.

In der Mitteilung wird die Auswirkung der Kultur auf die nachhaltige Entwicklung als ein Unterbereich des integrativen und ausgewogenen wirtschaftlichen Wachstums erwähnt (3). Der EWSA bedauert angesichts von Ideen, die Kultur zu einer gleichwertigen Säule zur Unterstützung von Nachhaltigkeit zu machen, dass dieser Aspekt nicht weiter betont wird. In den letzten Jahren hat eine wachsende Anzahl an Organisationen (4) diese Darstellung begrüßt und betont, dass die Kultur als genauso bedeutend wie andere Dimensionen der Entwicklung zu erachten ist: Wirtschaft, gesellschaftliche Inklusion und Umwelt. Der EWSA unterstützt diesen Ansatz nachdrücklich. Dies steht wiederum im Zusammenhang damit, dass Kultur als Schlüsselelement eines integrativen Gemeinschaftsaufbaus erachtet wird.

3.17.

Der EWSA unterstreicht die zentrale Wichtigkeit von Ko-Kreationsprozessen für die künstlerische Entwicklung und den künstlerischen Austausch — ein Faktor, der nicht in der Mitteilung erwähnt wird. Ko-Kreation verbessert nicht nur einen Austausch und das Lernen auf Augenhöhe, sondern kann auch zu innovativen Werken führen, die sowohl die künstlerische Entwicklung als auch das Wachstum, darunter auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, vorantreiben.

3.18.

Der Ausschuss unterstreicht, dass kultureller Austausch und Dialog auf objektiven Daten basieren sollten, sodass die kulturellen und künstlerischen Beziehungen zu einem bestimmten Land oder einer bestimmten Region bestmöglich aufeinander abgestimmt werden können. Die erfordert das Studium der kulturellen Praxis und der Stärken und Herausforderungen in Partnerländern wie auch zusammen mit diesen. Eine interessante Initiative ist diesbezüglich das „Compendium of cultural policies and trends in Europe“ des Europarates.

3.19.

Darüber hinaus erfordern die notwendigen langfristigen Ansätze eine kontinuierliche Überwachung und Revision, um die Auswirkungen und die gegenseitigen Vorteile von kulturellen Austauschprogrammen und Interaktionen sicherzustellen.

3.20.

Die Finanzierung der Übersetzung und Verdolmetschung bei Austauschmaßnahmen sollte in der Planung von Programmen zur Förderung des kulturellen Austauschs berücksichtigt werden.

3.21.

Hinsichtlich der Konzipierung neuer Programme unterstreicht der EWSA die Notwendigkeit, das Programm sowohl innerhalb der EU als auch gegenüber Partnerländern und deren Bürgern bekanntzumachen, wobei der Ansatz zu erklären, die Initiativen zu fördern und Wissen über Finanzierungsmöglichkeiten bereitzustellen sind. Verschiedene bestehende Kanäle (Euronews, Kulturpreise) könnten ausgebaut werden, um diese Anstrengungen zu unterstützen.

3.22.

Der Ausschuss betont ferner, dass die Rolle der subnationalen Strukturen, Regionen und Städte berücksichtigt werden muss, wie in der am 7./8. Februar 2017 verabschiedeten Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen betont wird.

3.23.

Der Ausschuss hält es für außerordentlich wichtig, einen offenen Austausch und die Beilegung zwischenstaatlicher Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf den Besitz von Kulturgütern, die Teil des nationalen Kulturerbes sind, zu fördern.

3.24.

Der EWSA begrüßt diese Mitteilung und befürwortet eine Umsetzung der Vorschläge in konkrete Maßnahmen, doch sollten weitere Bereiche ausgearbeitet werden, die in dem Vorschlag nicht ausreichend betont werden: a) Kultur als Faktor für Frieden und Stabilität, b) Kultur und Zivilgesellschaft sowie c) Kultur- und Kreativwirtschaft als treibende Kraft für nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung.

3.25.

In Anbetracht der Bedeutung und Sichtbarkeit des anstehenden Europäischen Jahres des kulturellen Erbes schlägt der EWSA vor, diesen Rahmen und diese positive Dynamik zu nutzen, um 2018 den Aktionsplan für Kultur in den Außenbeziehungen auszuarbeiten und auf den Weg zu bringen.

4.   Kultur als Faktor für Frieden, Stabilität und Sicherheit

4.1.

Der EWSA begrüßt es, dass die Kultur als entscheidendes Fundament für Frieden und Stabilität anerkannt wird. Demnach ist die Kultur von zentraler Bedeutung für die Verwirklichung des wichtigsten Ziels der Europäischen Union, „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“ (Artikel 3 EUV).

4.2.

Die Europäische Union muss den ihr gebührenden Platz als globaler Vorreiter bei der Verwirklichung, dem Schutz und der Förderung des Friedens in der Welt wahrnehmen. Dieses mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Modell, das nach den Weltkriegen den längsten Zeitraum des Friedens und des Wohlstands in Europa geschaffen hat, ist ein Zeugnis für ihre Fähigkeit, der Welt in dieser Hinsicht ein Vorbild zu sein. Die Erfolgsbilanz der EU im Bereich von Menschenrechten und Demokratie, Gleichstellung, Toleranz, Völkerverständigung und gegenseitiger Achtung ist auf der internationalen Bühne unerreicht. Das Motto der EU „In Vielfalt geeint“ hat angesichts der globalen Herausforderungen der heutigen Welt eine größere Resonanz als je zuvor in ihrer sechzigjährigen Geschichte.

4.3.

Der EWSA betont, wie wichtig der Austausch im Bereich der Konfliktverhütung, Konfliktbeilegung und Aussöhnung nach Konflikten ist. Der durch Kultur und die Künste geschaffene Raum ermöglicht einen offenen Austausch und die Entwicklung von gegenseitigem Vertrauen. Zwar wird die Kultur in Situationen vor und nach Konflikten erwähnt, doch muss dieser Aspekt besonders ausgearbeitet werden, da kulturelle Akteure aus Drittländern hierbei ebenfalls über umfassende Erfahrungen verfügen und somit Überlegungen zum gegenseitigen Nutzen anstellen können. Die Achtung der kulturellen Menschenrechte sollte in Friedensabkommen aufgenommen werden, um auch die Achtung kultureller Minderheiten in ehemaligen Konfliktgebieten zu ermöglichen (5).

4.4.

Die Rolle der EU im nordirischen Friedensprozess ist als eine mögliche Grundlage für eine globale Strategie der Friedenskonsolidierung von Interesse. So könnte sich beispielsweise eine neue „Weiße-Taube“-Initiative an der Rolle orientieren, welche die EU im nordirischen Friedensprozess durch ihr einzigartiges PEACE-Programm (6) gespielt hat. Mit globaler Reichweite könnte sie allumfassend sein und einen von der Basis ausgehenden Beitrag der Zivilgesellschaft und der politischen Akteure gewährleisten. Sie könnte mit dem neuen Europäischen Solidaritätskorps verknüpft werden und nach dem Modell von ERASMUS+ funktionieren, würde sich jedoch nicht ausschließlich an junge Menschen richten. Diese Initiative könnte das Zusammenspiel mit allen EU-Maßnahmen auf dem Gebiet der Verteidigung, Sicherheit und Diplomatie umfassen und würde Konfliktlösungsstrategien um einen dringend benötigten Aspekt der Kultur und der Friedenskonsolidierung erweitern. Sie würde somit den interkulturellen Dialog, den gegenseitigem Respekt, Toleranz und das gegenseitige Verständnis durch Kultur, Bildung und Medien fördern.

4.5.

Der EWSA verweist auf die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft, politischer Stiftungen und örtlicher Behörden bei der Friedenskonsolidierung und Aussöhnung. Ihre Fachkenntnisse müssen genutzt und ihre Sichtweisen integriert und gefördert werden.

4.6.

Der Ausschuss betont, dass zur Förderung von Frieden und Stabilität kulturelle Initiativen und Austauschprogramme in Kooperation mit örtlichen Akteuren entwickelt werden müssen, und es müssen Anstrengungen unternommen werden, die örtlichen Bürger zu erreichen und über die gewöhnlich von kulturellen und künstlerischen Programmen angesprochenen Kreise hinauszukommen.

4.7.

Auf zwischenstaatlicher Ebene sind die Initiativen des Europarats löblich. Die Kooperation mit dem Europarat könnte verstärkt werden, um dessen Expertise im Hinblick auf jene Länder unter seinen Mitgliedern zu nutzen, die Nachbarländer der EU sind. Der EWSA verweist zum Beispiel auf den Indikatorrahmen für Kultur und Demokratie sowie auf die Initiative für Jugendfriedenscamps, die es jungen Menschen und Jugendorganisationen aus konfliktbelasteten Regionen ermöglicht, in Dialog zu treten und an Aktivitäten zur Konflikttransformation basierend auf der Erziehung in Menschenrechten und interkulturellem Lernen teilzunehmen. Dieses Programm könnte ein Vorbild für den kulturellen Dialog zwischen jungen Menschen sein.

4.8.

Der EWSA verweist außerdem auf die Auswirkungen der Kultur auf Sicherheitsfragen in städtischen Gebieten, wie in seiner unlängst vorgelegten Studie „Culture, Cities and Identity in Europe“ dargelegt, und schlägt vor, einen Austausch über einschlägige positive Erfahrungen zu fördern (7).

4.9.

Es sollte ein weiterreichendes Verständnis der Wirkung von Kultur — und deren Verlust — auf die Radikalisierung der Jugend entwickelt werden. Die Auswirkungen der kulturellen Aktivitäten und des kulturellen Erbes auf die Stabilität und den Zusammenhalt der Gesellschaft sind zu unterstreichen, und der Missbrauch der Kultur und des kulturellen Erbes zur Förderung radikaler und nationalistischer Zwecke muss verhindert werden.

4.10.

Die Förderung der Kultur als Faktor für Frieden und Stabilität muss Hand in Hand mit einem Verweis auf die Freiheit künstlerischen Ausdrucks als Menschenrecht gehen. Globale Initiativen zur Unterstützung verfolgter Künstler gibt es auf der Ebene zivilgesellschaftlicher Organisationen (z. B. Freemuse, Observatoire de la Liberté de la Création Artistique). Ihre Entwicklung und ihre Vernetzung innerhalb der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft sollten gefördert werden.

5.   Kultur und Zivilgesellschaft

5.1.

Der EWSA unterstreicht den Bedarf am Aufbau einer aktiven Zivilgesellschaft, um ein partizipatives und integratives Wachstum und eine kulturelle Entwicklung zu fördern. Die Aktivitäten der Zivilgesellschaft sollten durch kulturellen Dialog und Austausch sowie Maßnahmen des Kapazitätsaufbaus gestärkt werden (8). Der Aufbau der Verwaltungskapazitäten zivilgesellschaftlicher Organisationen ist ein Schlüsselelement für die Mitgestaltung und den Austausch auf Augenhöhe.

5.2.

Der EWSA ist folglich mit der Zielsetzung einverstanden, die Unterstützung von Organisationen der Zivilgesellschaft auszubauen, die in den Partnerländern im Kulturbereich aktiv sind. Die Notwendigkeit, kulturelle Akteure zu integrieren, wird zu Recht betont, und der EWSA möchte die Bedeutung dieser Bemühungen nicht nur für den interkulturellen Dialog, sondern auch für kulturelle Vielfalt und kulturelle Rechte unterstreichen.

5.3.

Der EWSA unterstreicht, dass nichtstaatliche Organisationen und Stiftungen sowohl in Europa als auch in Partnerländern als wertvolle Akteure und Ressourcen für einen erfolgreichen Austausch und Dialog zu beteiligen sind. Als solche sollten Programme nationaler Akteure aufgewertet und Kräfte vereinigt und von ihnen gelernt werden, so z. B. die Aktivitäten der Robert-Bosch-Stiftung in internationalen Beziehungen und die Projekte von Interarts, beispielsweise ihr von der EU finanziertes Projekt „Communities of practice for the public value of culture in the Southern Mediterranean — SouthMed CV“ (finanziert durch die GD NEAR über das Programm EUROMED), das darauf abzielt, die Kultur vom Rand ins Zentrum der öffentlichen Sphäre zu bringen, indem die potenziellen Verknüpfungen mit wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklungsstrategien ermittelt werden.

5.4.

Es wird darauf hingewiesen, dass (inter-)kulturelle Austauschprogramme nicht auf Künstler und kulturelle Akteure beschränkt werden dürfen, sondern eine starke Dimension der Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligung aller Bürger umfassen sollten. Trotz gegenteiliger Bemühungen, hier Abhilfe zu schaffen, tendieren kulturelle und künstlerische Austauschmaßnahmen dazu, sich an einen begrenzten Personenkreis zu richten, die oftmals einen ähnlichen gesellschaftlichen und kulturellen Hintergrund und einen vergleichbaren Bildungsgrad haben. Somit sollten Austauschmaßnahmen zu partizipativen kulturellen Initiativen und die Entwicklung von Kunsterziehung explizit in Kulturprogramme aufgenommen werden. Nur dann können Künste und Kultur bestmöglich zur Förderung von Stabilität, Frieden und nachhaltiger Entwicklung eingesetzt werden.

5.5.

Der EWSA schätzt das ERASMUS+-Programm und dessen Bedeutung für den Austausch und das gegenseitige Verständnis und Lernen sehr. Ähnliche Initiativen für kulturelle Akteure und in der Kultur und Kunst aktive Bürger gibt es auf EU-Ebene nicht. Die Entwicklung eines spezifischen Austausch- und Mobilitätsprogramms für die Künste und die Kultur in einem weiteren Sinne sollte erwogen werden.

5.6.

Es gibt viele Austausch- und Studienbesuchsprogramme für Künstler und Kulturschaffende, die auf bilateraler Basis über nationale Kulturinstitutionen finanziert werden. Eine größere Synergie dieser Programme ist zu untersuchen, auch im Hinblick auf nichtstaatliche Initiativen wie den Roberto Cimetta Fund.

5.7.

Internationale Kooperation und Mobilität müssen als Plus für die Entwicklung kultureller Identität in einer Zeit anerkannt werden, in der demografische, soziale und wirtschaftliche Veränderungen auch in Richtung einer Verringerung von Entfernungen zwischen Ländern und innerhalb der Länder gehen. Diese Veränderungen haben Auswirkungen auf kulturelle Prozesse und bieten ein wachsendes Potenzial für grenzüberschreitendes kulturelles Networking. Diese Mobilität kann, wenn sie richtig unterstützt wird, neben ihrer positiven Auswirkung auf einen wirtschaftlichen Austausch auch zur Entwicklung kultureller Identität beitragen und damit wiederum die Friedenskonsolidierung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Es gilt, diese Mobilität sorgfältig mit Unterstützung auszubalancieren und dadurch die Entwicklung stabiler Strukturen für künftige kulturelle und kreative Initiativen zu gewährleisten.

5.8.

Der EWSA hebt die Fähigkeit kultureller Netzwerke hervor, den Austausch zwischen beruflich in der Kultur Tätigen zu fördern, die kulturelle Landschaft zu strukturieren und eine aktive kulturelle Zivilgesellschaft zu entwickeln. Es wird deshalb vorgeschlagen, einen Austausch mit europäischen kulturellen Netzwerken anhand einer Finanzierungslinie im Programm Creative Europe zu stärken. Es könnten Verknüpfungen zu bestehenden Netzwerken auf internationaler Ebene und die Entwicklung von Netzwerken in verschiedenen Regionen gefördert werden.

5.9.

In ähnlicher Weise unterstreicht der EWSA auch den Nutzen anderer Teile des laufenden Programms Creative Europe und plädiert dafür, alle Finanzierungsmöglichkeiten im Lichte ihres Potenzials für den Kulturaustausch auf internationaler Ebene zu untersuchen.

5.10.

Der EWSA begrüßt die Gründung eines Forums der Zivilgesellschaft, das alle relevanten Akteure einschließt und eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des oben erwähnten Handlungsplans für internationale Kulturbeziehungen spielt. Dies könnte in Form eines jährlichen Forums auf der Grundlage eines horizontalen Austausches und horizontaler Debatten mit Satellitentreffen in verschiedenen geografischen Regionen inner- und außerhalb der EU stattfinden.

5.11.

Der EWSA wird sich in den kommenden Jahren für die Unterstützung dieser strukturierten Konsultation und dieses strukturierten Dialogs mit einschlägigen Interessenträgern im Bereich der auswärtigen Beziehungen einsetzen. Der EWSA wird weitere Überlegungen darüber anstellen, wie die Rolle und die Arbeitsmethoden einen konkreten und strukturierten Beitrag zur Verbesserung der Entwicklung des genannten Aktionsplans leisten können.

6.   Kultur und Kreativwirtschaft für nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung

6.1.

Kultur sollte voll und ganz als vierte Säule der nachhaltigen Entwicklung anerkannt werden. Dies ermöglicht es, die Sichtweisen von Kultur — entweder als Instrument für wirtschaftliches Wachstum oder als Träger eines inhärenten Wertes, der keinen wirtschaftlichen Prioritäten untergeordnet werden darf — miteinander zu versöhnen.

6.2.

Der EWSA unterstreicht die Bedeutung der Nachhaltigkeit und alternativer Wachstumsmaßnahmen, wie ein größeres Wohlbefinden in den Gesellschaften.

6.3.

In der Mitteilung wird eine Reihe wichtiger Punkte zu dem Beitrag der Kultur und der Kreativindustrie, hauptsächlich KMU (9), für nachhaltige Entwicklung, Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen hervorgehoben, was der EWSA ausdrücklich bejaht. Wie in der Kommissionsmitteilung unterstrichen wird, hat sich der weltweite Handel mit kreativen Produkten zwischen 2004 und 2013 mehr als verdoppelt (10), wobei auf die Kultur- und Kreativwirtschaft rund 3 % des weltweiten BIP und mehr als 30 Millionen Arbeitsplätze entfallen (11).

6.4.

Es ist zu betonen, dass in die Entwicklung relevanter Kompetenzen zur Nutzung des Wachstumspotenzials im Kreativsektor investiert werden muss. Lokale Märkte müssen gefördert werden. Mobilitätsprogramme zur Förderung der Kompetenzentwicklung dürfen den Brain-Drain-Effekt nicht verschärfen, der den Partnerländern schaden würde.

6.5.

Die Erfahrung mit den Europäischen Kulturhauptstädten hat die Wirkung der kulturellen Entwicklung auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in städtischen Gebieten belegt. Es könnten Maßnahmen zum Austausch und Aufbau von Kapazitäten mit anderen Ländern im Hinblick auf Herausforderungen und Strategien, die zu diesem Wachstum geführt haben, entwickelt werden.

6.6.

Als Modell einer bewährten Vorgehensweise haben andere länderübergreifende Organisationen und Regionen das Konzept der Kulturhauptstädte übernommen (z. B. die Nominierung islamischer Kulturhauptstädte durch die ISESCO, die Islamische Organisation für Erziehung, Wissenschaften und Kultur). Eine mögliche Kooperation und Synergie sollten geprüft werden, um den gegenseitigen Nutzen zu erhöhen und das Voneinanderlernen zu fördern. Es könnten ein internationales Kulturhauptstadtprogramm oder Städtepartnerschaften im Rahmen dieses Programms erwogen werden.

6.7.

Ein weiteres Beispiel für Verknüpfungen zwischen Orten und Städten sind die Kulturwege des Europarats. Dieses Programm könnte untersucht und auf internationaler Ebene weiterentwickelt werden, indem sein Potenzial zur Steigerung des Kulturtourismus und des Verständnisses gemeinsamer internationaler kultureller Wurzeln weiterentwickelt wird.

6.8.

Der EWSA betont, dass eine Zusammenarbeit und Vernetzung inner- und außereuropäischer Städte gefördert und erleichtert werden müssen. Viele europäische Städte haben Erfahrung mit der Kulturpolitik und deren Beziehung zu anderen Bereichen nachhaltiger Entwicklung (z. B. Wirtschaftswachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen, gesellschaftliche Integration, kreative Bildung, Kulturtourismus usw.). Dies ist ein Plus für eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Europa und den Ländern des Südens, und die EU könnte auch eine Rolle bei der Erleichterung der Zusammenarbeit und Vernetzung inner- und außereuropäischer Städte spielen. In diesem Zusammenhang bestehen bereits relevante Initiativen, die angemessene Beiträge zu einer langfristigen Zusammenarbeit leisten können, darunter die Programme „Pilot Cities“ und „Leading Cities“.

6.9.

Das Bestehen von Stadtnetzwerken, die Maßnahmen zur Kultur entwickeln, wie zum Beispiel Eurocities, Mercociudades, Africities, das Creative Cities Netzwerk der UNESCO, Les Arts et la Ville, Australiens Netzwerk zur kulturellen Entwicklung oder das kanadische Creative City Network sollten diesbezüglich ebenfalls als wertvolle positive Beispiele erachtet werden.

6.10.

Der EWSA bedauert das Fehlen eines geschlechterbezogenen Fokus in den vorgeschlagenen Schritten zu einer gemeinsamen Strategie. Obgleich die Gleichstellung der Geschlechter ein zentrales Element unserer europäischen Werte ist, zeigen Studien ein unausgewogenes Verhältnis bei Künstlern und Künstlerinnen in Bezug auf Sichtbarkeit und Schlüsselpositionen. In ähnlicher Weise hat die UNESCO Einseitigkeiten im Hinblick auf die Gewinne aus Kulturtourismus und Maßnahmen der kulturellen Entwicklung beschrieben. Der EWSA ist daher nachdrücklich für die Einbeziehung dieses Aspektes.

Brüssel, den 31. Mai 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  In diesem Zusammenhang bekräftigt der EWSA seine Unterstützung für die Kulturausnahme, wie in der Stellungnahme des EWSA zum Thema „Die Kultur- und Kreativwirtschaft — eine Trumpfkarte Europas im weltweiten Wettbewerb“ (ABl. C 13 vom 15.1.2016, S. 83) unterstrichen wird.

(2)  http://www.ohchr.org/EN/Issues/CulturalRights/Pages/SRCulturalRightsIndex.aspx.

(3)  Siehe Entschließung 70/214 zum Thema „Kultur und nachhaltige Entwicklung“, von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 22. Dezember 2015 verabschiedet.

(4)  Z. B. in Bezug auf die Tätigkeiten durch die Agenda 21 für Kultur und „Culture Action Europe“ im Rahmen der Kampagne „The future we want includes culture“ zur Rolle der Kultur bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung.

(5)  Siehe auch „Information presented by the Northern Ireland Human Rights Commission to the United Nations on The Derry/Londonderry Report on Upholding the Human Right to Culture in Post-Conflict Societies“ (Generalversammlung der Vereinten Nationen A/HRC/25/NI/5 vom 27. Februar 2014).

(6)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Der Beitrag der Europäischen Union zur Friedenskonsolidierung im Bereich der Außenbeziehungen: Bewährte Methoden und Aussichten“ (ABl. C 68 vom 6.3.2012, S. 21).

(7)  Vom EWSA in Auftrag gegebene Studie: „Culture, Cities and Identity in Europe“ http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.events-and-activities-europe-culture-cities-study.

Schlussfolgerungen der Konferenz „A hope for Europe: Culture, cities and new narratives“, organisiert von der Gruppe Verschiedene Interessen des EWSA, Brüssel 20.-21. Juni 2016: http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.events-and-activities-europe-culture-cities-conclusions.

(8)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Europäisches Jahr des interkulturellen Dialogs“ (ABl. C 185 vom 8.8.2006, S. 42).

(9)  Eurostat 2013: Key size-class indicators for enterprises in selected cultural sectors, EU-28.

(10)  „The Globalisation of Cultural Trade: A Shift in Cultural Consumption — International flows of cultural goods and services 2004-2013“, UNESCO Institute for Statistics (UIS), 2016.

(11)  „Cultural Times“, Bericht der CISAC und der UNESCO, 2015.


Top