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Document 52011AE1000
Opinion of the European Economic and Social Committee on the ‘Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions on the European Platform against Poverty and Social Exclusion — A European framework for social and territorial cohesion’ COM(2010) 758 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“ KOM(2010) 758 endg.
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“ KOM(2010) 758 endg.
ABl. C 248 vom 25.8.2011, p. 130–134
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
25.8.2011 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 248/130 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“
KOM(2010) 758 endg.
2011/C 248/22
Berichterstatterin: Maureen O'NEILL
Die Europäische Kommission beschloss am 16. Dezember 2010, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
„Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung: Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt“
KOM(2010) 758 endg.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 27. Mai 2011 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 472. Plenartagung am 15./16. Juni 2011 (Sitzung vom 15. Juni) mit 147 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
Die EWSA-Stellungnahme zur „Europäischen Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung“ steht im Einklang mit der Europa-2020-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. In der Stellungnahme wird der neue ganzheitliche Ansatz betont, durch den die Plattform eng mit den anderen Leitinitiativen und den fünf Kernzielen der EU verknüpft wird. Betont wird darin auch der Bedarf an Kohärenz zwischen der EU-Ebene und den nationalen Politiken sowie die Einbeziehung und die Schlüsselrolle der regierungsunabhängigen Akteure (1).
1. Empfehlungen
Der EWSA spricht folgende Empfehlungen aus:
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Da Armut eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, sollten Regierungen, Sozialpartner und Zivilgesellschaft gemeinsam für ihre Beseitigung sorgen; |
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Es sollte politische Kohärenz zwischen den wirtschaftlichen, finanziellen, beschäftigungspolitischen und sozialen Maßnahmen in der 2020-Strategie gewahrt werden, die alle zum sozialen Zusammenhalt beitragen sollten; |
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Sparmaßnahmen sollten nicht das Armutsrisiko erhöhen und eine wirksame soziale Folgenabschätzung muss durchgeführt und diskutiert werden; |
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Die Strategie zur aktiven Eingliederung sollte als ein ganzheitlicher Ansatz umgesetzt werden, um eine angemessene Einkommensunterstützung, einen inklusiven Arbeitsmarkt und Zugang zu qualitativ hochwertiger Arbeit und Dienstleistungen zu gewährleisten; |
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Ein stärkerer Akzent muss auf den Abbau von Ungleichheiten und die Stärkung grundlegender Menschenrechte, auch durch fairere Einkommensverteilung und Umsetzung der horizontalen Sozialklauseln, gelegt werden, wie es im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist; |
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Stärker betont werden sollten auch die Investitionen in Humankapital durch lebenslanges Lernen in Bildung und Ausbildung und verbessertes Kompetenztraining, das auf die Bedürfnisse inner- und außerhalb des Arbeitsmarktes zugeschnitten ist; |
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Die Mitwirkung der zivilgesellschaftlichen Interessenträger an der Plattform, also auch von Menschen in Armut, NRO und Sozialpartnern, sollte durch einen strukturierten Dialog auf EU- und nationaler Ebene ausgebaut und durch angemessene EU-Mittel finanziell unterstützt werden. Der EWSA sollte in diesem Dialog und im jährlichen Konvent eine aktive Kooperationsfunktion wahrnehmen; |
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EU-Mittel, insbesondere aus den Strukturfonds, zur Reduzierung der Armut müssen aufgestockt und einfachere Verfahren, mehr Transparenz und die Überwachung der effektiven Umsetzung nachdrücklich angestrebt werden; |
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Die Methode der offenen Koordinierung im sozialen Bereich (MOK) sollte auch hinsichtlich der Entwicklung nationaler Strategien für Sozialschutz und soziale Eingliederung und von Aktionsplänen auf nationaler und lokaler Ebene verstärkt werden. Ihr Bezug zur Armut-Leitinitiative muss klarer herausgestellt werden. |
2. Vorgeschichte
„Von Armut spricht man, wenn Personen über ein so geringes Einkommen und so geringe Mittel verfügen, dass ihnen ein Lebensstandard verwehrt wird, der in der Gesellschaft, in der sie leben, als annehmbar gilt. Ihrer Armut wegen können sie zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt sein - Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen, schlechten Wohnverhältnissen, unzureichender gesundheitlicher Betreuung und Hindernissen im Aus- und Weiterbildungs-, Kultur-, Sport- und Freizeitbereich. Sie sehen sich häufig an den Rand gedrängt und von der Teilnahme an Aktivitäten (wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Art) ausgeschlossen, die für andere Menschen die Norm sind. Auch kann ihr Zugang zu Grundrechten eingeschränkt sein“ (2).
2.1 Mehr als 80 Mio. Menschen in der Europäischen Union leben unter der Armutsgrenze (3), davon sind mehr als 50 % Frauen und 20 Mio. Kinder. Statistische Daten über die materielle Armut sind selbstverständlich wichtig, doch gilt es auch, die immaterielle Armut, wie z.B. Analphabetismus, anzuerkennen. Die aktuelle Wirtschaftskrise hat die schwächsten und am stärksten benachteiligten Mitglieder unserer Gesellschaft am härtesten getroffen.
2.2 Die EU-Kommission hat die Reduzierung der Armut ins Zentrum ihrer Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialagenda gerückt – der Strategie „Europa 2020“ (4). Die Staats- und Regierungschefs erzielten eine politische Einigung mit dem gemeinsamen Ziel, in den nächsten zehn Jahren mindestens 20 Mio. Menschen einen Weg aus der Armut und der sozialen Ausgrenzung zu eröffnen. Die Leitinitative der Plattform gegen Armut ist fester Bestandteil der Strategie - gemeinsam mit Leitlinie 10, die den Beitrag der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in den nationalen Reformprogrammen unterstützt.
2.3 Das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung veranschaulichte die Komplexität und die vieldimensionalen Aspekte der Armutsbekämpfung sowie den dringenden Handlungsbedarf zur Eindämmung der Armut vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und den Sparmaßnahmen.
2.4 Junge Menschen, Migranten und Geringqualifizierte haben mit zunehmender Arbeitslosigkeit zu kämpfen: Die sogenannten erwerbstätigen Armen, deren Einkommen nicht zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs reicht, sowie ältere Menschen und Familien mit eingeschränkten Einkommen sind zunehmend materieller Deprivation ausgesetzt, die 8 % aller Unionsbürger und in einigen Mitgliedstaaten bis zu 30 % der Bevölkerung betrifft (5).
2.5 Der Europäische Rat hat sich darauf geeinigt, das prioritäre Ziel für die Reduktion von Armut im Rahmen der 2020-Strategie auf der Basis von drei Indikatoren festzulegen: Armutsgefährdungsrate, gravierende materielle Deprivation und Prozentsatz von Menschen, die in einem Haushalt ohne Erwerbseinkommen leben. Die Ziele der Armutsreduzierung sollten an lokale und regionale Prioritäten geknüpft werden.
3. Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung
3.1 Die vorgeschlagene Plattform ist eine der sieben Leitinitiativen im Rahmen der Europa-2020-Strategie, deren drei prioritäre Ziele auf ein hohes Beschäftigungs- und Produktivitätsniveau und auf sozialen Zusammenhalt abzielen:
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Intelligentes Wachstum, |
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Nachhaltiges Wachstum, |
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Integratives Wachstum. |
3.2 Die Plattform soll die Mitgliedsstaaten, die EU-Institutionen und die wichtigsten Akteure verpflichten, gemeinsam Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, indem sie einen „dynamischen Aktionsrahmen“ für den sozialen und territorialen Zusammenhalt schafft, damit Wachstum, Beschäftigung und soziale Inklusion allen in der EU zugute kommen.
3.3 Zu diesem Zweck hat die Kommission Handlungsbedarf in folgenden Bereichen festgestellt:
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Maßnahmen in allen Politikbereichen; |
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stärkerer und wirksamerer Einsatz der EU-Mittel zur Unterstützung der sozialen Eingliederung; |
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Förderung evidenzbasierter sozialer Innovation; |
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partnerschaftliches Arbeiten und Bündelung des Potenzials der Sozialwirtschaft; |
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bessere politische Koordinierung zwischen den Mitgliedsstaaten. |
4. Allgemeine Bemerkungen
4.1 Armut ist für Europa im 21. Jahrhundert untragbar und stellt eine Verletzung der Menschenrechte dar. Der EWSA begrüßt die Verpflichtung zur Armutsreduktion und die Zielvorgabe, mindestens 20 Mio. Menschen aus der Armut zu holen (6), ebenso wie die Errichtung der Plattform und die Maßnahmen zur Armutsreduzierung, von denen viele sich mit Vorschlägen aus früheren EWSA-Stellungnahmen decken; gleichwohl fordert er mehr konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen und der Folgen von Armut und zur Durchsetzung der Menschenrechte.
4.2 Es besteht ein Mangel an Kohärenz zwischen den Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitiken auf EU-Ebene und den realen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten. Der EWSA betont, wie wichtig ein kohärenter und integrierter Ansatz ist und dass die EU-Politiken mit ihren Schwerpunkten Wirtschaftsregierung, Wachstum und Beschäftigung im Rahmen der Krise das Armutsrisiko nicht weiter steigern dürfen. Der EWSA fordert eine wirksame soziale Folgenabschätzung für diese Maßnahmen, über die eingehend diskutiert werden muss.
4.3 Bei der Ausarbeitung der Stellungnahme hat der EWSA auch die sonstigen Auswirkungen von Armut berücksichtigt: Armut vergrößert die wirtschaftliche und soziale Migration und behindert auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten die Amortisierung der Investitionen in die Humanressourcen. Die Lage von Armen, die kaum imstande sind, ihre Interessen zu verteidigen, könnte sich noch verschlechtern, wenn ihr Schutz bei der Konzeption der Wirtschafts-, Steuer-, Sozial-, Gesundheits- und Bildungsreformen zur Reduzierung der Staatsausgaben unberücksichtigt bleibt. Da immer mehr Menschen unter die Armutsgrenze rutschen, dürfte die Umverteilung staatlicher Gelder noch dringlicher werden."
5. Besondere Bemerkungen
5.1 Sozialer Schutz
5.1.1 Der EWSA begrüßt die Tragweite der Maßnahmen zur Förderung von Beschäftigung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, betont aber gleichzeitig, wie wesentlich es ist, den sozialen Schutz zu stärken und weder die Sozialfürsorge abzubauen noch die Löhne weiter nach unten zu drücken, was die Ärmsten unverhältnismäßig stark trifft.
5.1.2 Sozialschutzsysteme reduzieren das Armutsrisiko um ein Drittel (7) und sind ein unverzichtbarer Garant der Menschenrechte. Sie fungieren als automatisch greifende Wirtschaftsstabilisatoren, welche die Armut lindern und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt fördern; und sie sind ferner unverzichtbar, um die Unterstützung der Öffentlichkeit für das Projekt Europa sicherzustellen (8).
5.1.3 Der EWSA unterstützt die Kommission in ihrem Anliegen, die Nachhaltigkeit der nationalen Sozialschutz-, Pensions- und Rentensysteme zu sichern, um in den verschiedenen Lebensphasen und im hohen Alter ein angemessenes Einkommen zu gewährleisten (9).
5.2 Aktive Eingliederungsstrategien
5.2.1 Die aktive Eingliederungsstrategie, welche die drei Pfeiler integrative Arbeitsmärkte, Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen und angemessene Einkommensunterstützung (10) in sich vereint, muss kontinuierlich verfolgt und koordiniert werden, damit die Hindernisse für die in Armut lebenden Menschen angegangen werden können.
5.2.2 Der EWSA begrüßt, dass bei der Bekämpfung von Armut sowohl die Verhütung als auch die Beseitigung von Armut durch nachhaltiges Wachstum im Mittelpunkt steht. Qualitativ hochwertige Beschäftigung und moderne effiziente Sozialschutzsysteme in Verbindung mit der Beseitigung der Ungleichheiten in den Bereichen Einkommen, Gesundheit und Zugang zu Dienstleistungen sind unverzichtbar. In ihrem Jahresfortschrittsbericht 2011 betonte die Kommission die Tatsache, dass „nachhaltiges Wachstum nur möglich (ist), wenn seine Vorteile allen Teilen der Gesellschaft zugute kommen“ und dass „Wachstum und soziale Kohäsion miteinander einhergehen“ müssen (11).
5.2.3 Während es auf der einen Seite unabdingbar ist, politische Maßnahmen auf EU-Ebene festzulegen, muss auf der anderen Seite die Rolle der Mitgliedstaaten und insbesondere der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ausgebaut werden, damit der Wandel auch wirklich herbeigeführt wird. Der EWSA möchte hierzu gerne gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen beitragen.
5.2.4 Der EWSA betont, dass sowohl die Sozialpartner als auch die Verbände der Sozialwirtschaft, Genossenschaften inbegriffen, bei der Entwicklung integrativer Arbeitsmärkte und der Förderung einer faireren Einkommensverteilung eine maßgebliche Rolle als zentrale Beiträge zur Umsetzung der 2020-Strategie spielen sollten.
5.2.5 Der EWSA fordert, der Schaffung von qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Arbeitsplätzen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut trotz Erwerbstätigkeit mehr Bedeutung beizumessen, indem für existenzsichernde Löhne, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Minimierung der Armutsfallen beim Übergang von der Sozialfürsorge in den Arbeitsmarkt gesorgt wird.
5.2.6 Es müssen besondere Maßnahmen ergriffen werden (12), um integrative Arbeitsmärkte zu schaffen und die Zugangsbarrieren für spezifische Gruppen, wie u.a. junge und ältere Menschen, ethnische Minderheiten (u.a. Roma), Migranten, Frauen, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderungen (13) als Teil der EU-Strategie zur aktiven Eingliederung zu beseitigen.
5.2.7 Der EWSA betont die Bedeutung legaler Arbeit für alle und ist besorgt über die Auswirkungen von Schwarzarbeit, Steuerflucht und Steuerhinterziehung auf die nachhaltige Finanzierung der Sozialschutzsysteme und auf die Beschäftigung und sozialen Rechte. Integrierte Maßnahmen auf EU-Ebene sind ebenso notwendig wie ein Mix von Sanktionen und effektiven Kontrollen sowie einem Angebot von Anreizen für legale Arbeit.
5.2.8 Der EWSA fordert einen detaillierten Fahrplan für die Umsetzung der aktiven Eingliederungsstrategien auf lokaler Ebene. Er schließt sich dem Aufruf des Europäischen Parlaments an die Kommission an, die Auswirkungen einer Gesetzesvorlage zur Einführung eines angemessenen Mindestlohns von mindestens 60 % des Durchschnittseinkommens in jedem Mitgliedstaat zu untersuchen.
5.2.9 Der EWSA drängt darauf, vergleichbare Daten und verbesserte Indikatoren zusammenzutragen, um den sozialen und wirtschaftlichen Nutzen der Armutsbeseitigung sowie die Kosten der Untätigkeit zu ermitteln.
5.3 Einbeziehung der Betroffenen
5.3.1 Der EWSA erachtet die Einbeziehung der wichtigsten Akteure in einen regelmäßigen strukturierten Dialog auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten als unverzichtbar bei der Suche nach effektiven Lösungen und bei der Überwachung der Umsetzung des Programms der Plattform.
5.3.2 Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, mit den EU-Institutionen, in Armut lebenden Menschen, NRO, Sozialverbänden, den Sozialpartnern und weiteren Akteuren der Zivilgesellschaft in einem jährlichen Konvent zusammenzuarbeiten, um Bilanz über die erzielten Fortschritte als Teil des oben erwähnten strukturierten Dialogs auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten zu ziehen. Hierzu muss auch eine Bilanz der sozialen Auswirkungen des Jahreswachstumsberichts und der erzielten Fortschritte gehören.
5.3.3 Der EWSA würde eine stärkere Rolle des EU-Parlaments bei der Sicherstellung der Umsetzung des Programms der Plattform in den Mitgliedstaaten begrüßen. Dies steht im Einklang mit den Vorschlägen der Bürger-Agora des Europäischen Parlaments.
5.3.4 Der EWSA unterstützt nachdrücklich, dass in der Plattform-Leitiniative freiwillige Leitlinien für die Einbeziehung der Akteure auf EU-Ebene und in den nationalen Reformprogrammen vorgeschlagen werden.
5.3.5 Der EWSA sollte ein aktiver Partner beim Erreichen der mit der Plattform angestrebten Ziele sein und eine zentrale Rolle beim Zusammenführen der Interessen der Sozialpartner und der Organisationen der Zivilgesellschaft spielen. Hierzu könnten zählen:
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Veranstaltung einer jährlichen Anhörung, um über die Fortschritte auf dem Weg zur Armutszielmarke zu diskutieren; |
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Beitrag zu der für 2014 geplanten Halbzeitbilanz im Rahmen von Europa 2020; |
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Beitrag zum jährlichen Konvent; |
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Teilnahme an einem regelmäßigen Dialog mit anderen Akteuren, wie z.B. Ausschuss der Regionen und nationale WSR, und Erarbeitung von Stellungnahmen zu zentralen Prioritäten. |
5.4 Bewältigung von Ungleichheiten
5.4.1 Der EWSA begrüßt, dass im Rahmen der Plattform ein Schwerpunkt der Arbeit auf Diskriminierungsfreiheit, Gleichberechtigung und Integration gelegt wird, um die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Gesundheitsproblemen, jungen und älteren Menschen, jenen mit Migrationshintergrund und aus ethnischen Minderheiten, einschließlich Roma, und den Ausbau der Gleichstellung zu gewährleisten (14). Der EWSA betont die Notwendigkeit, einen Querverweis zu den Menschenrechten und konkrete Vorschläge zur Umsetzung der horizontalen Sozialklauseln in Artikel 5, 8, 9 und 10 AEUV aufzunehmen.
5.4.2 Der EWSA unterstützt, dass der Bekämpfung der Ausgrenzung vom Wohnungsmarkt und der Obdachlosigkeit ebenso wie der Energiearmut und finanzieller Armut Vorrang eingeräumt werden. Er betont, wie wichtig es ist, den erschwinglichen Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen und somit auch den IT-Zugang zu fördern. Diese Aspekte müssen im Rahmen nationaler Strategien für Sozialschutz und soziale Eingliederung als Teil der verstärkten MOK im sozialen Bereich weiterentwickelt werden.
5.4.3 Der Ausschuss betont die Notwendigkeit von Investitionen in Humankapital und von Bildung und Ausbildung für beschäftigungswirksame Qualifikationen, persönliche Entwicklung und soziale Eingliederung. Dies sollte die frühkindliche Bildung, Schul- und Hochschulbildung, berufliche Aus- und Weiterbildung als Teil der Verpflichtung für lebenslanges Lernen für alle umfassen.
5.4.4 In den Berichten der OECD und der Kommission wird auf wachsende Ungleichheiten bei der Einkommensverteilung und im Bereich der Gesundheit ebenso wie auf ungleichen Zugang zu Dienstleistungen, auch im medizinischen Bereich, innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten hingewiesen. Darüber hinaus ist Armut einer der entscheidenden gesellschaftlichen Faktoren für einen schlechten Gesundheitszustand; die EU sollte mit ihrer Politik eine moralische Verpflichtung zur Rettung von Leben zum Ausdruck bringen. Es gibt überwältigende Belege dafür, dass eine Gesellschaft, in der mehr Gleichheit herrscht, fast immer bessere Ergebnisse erzielt. Die Plattform muss sich vorrangig mit der Entwicklung integrierter Strategien und konkreter Maßnahmen zur Schließung der Lücke hin zu einer faireren Gesellschaft befassen (15).
5.4.5 Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, eine umfassende Empfehlung zum Thema Kinderarmut auszuarbeiten, um „Armut in der Kindheit dadurch zu bekämpfen und zu verhindern“, dass ein angemessenes Familieneinkommen gewährleistet und in Betreuung und Erziehung investiert wird, insbesondere in der frühen Kindheit, und dass Kinder im Einklang mit den Grundrechten und der UN-Kinderrechtskonvention einen höheren Stellenwert bekommen. Dies muss flankiert werden durch ein kohärentes familienpolitisches Konzept. Kontinuierliche Beobachtung, Erfahrungsaustausch, Forschung und vergleichende Berichte müssen gewährleistet werden, um zum Erreichen des EU-2020-Ziels der Armutsbekämpfung beizutragen (16).
5.5 EU-Mittel im Dienst der Ziele zur Förderung von sozialer Eingliederung und Zusammenhalt
5.5.1 Der EWSA begrüßt nachdrücklich die Vorschläge, Mittel aus den Strukturfonds effizienter für die Reduzierung der Armut und die Förderung des sozialen Zusammenhalts zu nutzen, weist aber auf die notwendige Aufstockung der verfügbaren Mittel insbesondere für benachteiligte Gruppen hin. Von entscheidender Bedeutung sind Investitionen in die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und in wirksame Konzepte, um Randgruppen den Zugang zu erleichtern, nicht zuletzt dank der Sozialwirtschaft. Die Mittel sollten ebenfalls den Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen, und somit auch zu Wohnraum, verbessern.
5.5.2 Der EWSA begrüßt die Vorschläge für einen leichteren Zugang zu den Strukturfonds für lokale Organisationen, insbesondere durch Globalzuschüsse, technische Unterstützung und Kapazitätenaufbau, weist aber auf die Notwendigkeit hin:
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den Verwaltungsaufwand durch flexiblere Verfahren des Zugangs zu Finanzmitteln abzubauen; |
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europäische Mindeststandards zur Verbesserung der Transparenz und Effizienz der Verfahren, einschließlich vereinfachter Information zu setzen (17). |
Die Kommission sollte hier Leitlinien vorgeben, gegenseitiges Lernen fördern und die Umsetzung überwachen und insbesondere aus den Erfahrungen mit der Nutzung der Strukturfonds während der Krise lernen.
5.5.3 Der EWSA schlägt vor, dass EU-Programme wie PROGRESS dazu genutzt werden sollten, um nationale Plattformen zu entwickeln, mit denen das effektive Engagement der Akteure in der Europäischen Plattform ermöglicht und die Umsetzung ihrer Prioritäten gefördert werden kann.
5.6 Soziale Innovation und Reformen
5.6.1 Der EWSA begrüßt, dass die Rolle der Sozialwirtschaft und der NRO bei der Umsetzung der Strategien zur Bewältigung der Armut, zur Förderung der Arbeitsplatzschaffung und zur Entwicklung von Dienstleistungen, die den Bedürfnissen der Menschen vor Ort kreativ gerecht werden, anerkannt wird. Er betont außerdem die gemeinsame Verantwortung aller Akteure, einschließlich KMU und Unternehmer, zur Zusammenarbeit bei der Entwicklung wirksamer Lösungskonzepte.
5.6.2 Die Freiwilligentätigkeit spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Gemeinschaften vor Ort, dem Kompetenzerwerb, dem Angebot von informeller und nicht-formaler Bildung und der Befähigung Einzelner. Der EWSA ist bereit, den Nutzen der Freiwilligentätigkeit zu fördern, sofern dies nicht die bezahlte Beschäftigung oder öffentliche Dienstleistungen untergräbt.
5.6.3 Der EWSA begrüßt die wachsende Unterstützung für evidenzbasierte soziale Innovation, betont aber gleichzeitig, wie wichtig es ist, bestehende nachahmenswerte Verfahren zu erhalten und auf ihnen aufzubauen, und plädiert für die Fortsetzung der Finanzierung.
5.7 Stärkere politische Koordinierung
5.7.1 Die Nationalen Reformprogramme und die Bestimmung nationaler Zielvorgaben sind ein Schlüsselelement bei der Verfolgung der Europa-2020-Strategie und der Umsetzung politischer Maßnahmen zur Reduzierung der Armut. Gleichwohl muss dieser Prozess mit einer verstärkten Methode der offenen Koordinierung im sozialen Bereich auf der Grundlage integrierter nationaler Strategien untermauert werden, um eine solidere Grundlage für das Erreichen der geforderten Sozialziele zu schaffen und den Bezug zur Europäischen Plattform gegen Armut klarzustellen.
5.7.2 In seiner Stellungnahme zur MOK und zur Sozialklausel begrüßte der EWSA die horizontale Sozialklausel, die soziale Folgenabschätzung und eine Stärkung der sozialen MOK als Instrumente zur Gewährleistung eines integrierten Ansatzes und der Berücksichtigung sozialer Ziele. Der EWSA ruft dazu auf, diesen Prozess durch Einbeziehung der wichtigsten EU-Institutionen und Akteure sichtbarer und transparenter zu machen, und betont, wie wichtig es ist, Strategien für den Sozialschutz und die soziale Eingliederung auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu entwickeln.
Brüssel, den 15. Juni 2011
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Staffan NILSSON
(1) Die Hinzufügung dieses Satzes wurde vom EWSA-Lenkungsausschuss Europa-2020-Strategie empfohlen.
(2) (Gemeinsamer Bericht der Europäischen Kommission und des Europäischen Rats über soziale Eingliederung, März 2004).
(3) Die Armutsgefährdungsschwelle wurde mit 60 % des nationalen verfügbaren medianen Äquivalenzeinkommens nach den jeweiligen Sozialtransferleistungen des Mitgliedstaates festgelegt.
(4) Aktualisierung (2010) der gemeinsamen Bewertung der sozialen Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der ergriffenen politischen Maßnahmen durch den Ausschuss für Sozialschutz und die Europäische Kommission (November 2010). KOM(2010) 2020 endg. - „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“.
(5) Von materieller Deprivation spricht man, wenn der Betroffene mindestens 4 der 9 Deprivationen ausgesetzt ist. Die Betroffenen können ihre Miete oder Wasser-, Gas- und Stromrechnungen nicht bezahlen, ihre Wohnung nicht angemessen warm halten, keine unerwarteten Ausgaben tätigen, nicht jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder ein Proteinäquivalent essen, nicht einmal im Jahr für eine Woche Urlaub verreisen, sich kein Auto, keine Waschmaschine, keinen Farbfernseher oder kein Telefon leisten.
(6) Siehe EWSA-Erklärung für den Europäischen Rat vom 17. Juni 2010.
(7) SPC-Bericht über die soziale Bewertung von Europa 2020 (Februar 2011).
(8) ABl. C 132/26 vom 03.05.2011.
(9) ABl. C 84/38 vom 17.03.2011.
(10) Empfehlung der Kommission zur aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen (2008/867/EG).
(11) Siehe „Fortschrittsbericht zu Europa 2020“ (Anhang 1 des „Jahreswachstumsberichts“, KOM (2011) 11, Ziffer 2.5).
(12) ETUC/Business Europe et al: Rahmenvereinbarung über integrative Arbeitsmärkte (März 2010).
(13) ABl. C 21/66 vom 21.01.2011.
(14) Vgl. EWSA-Botschaft an den Europäischen Rat vom Juni 2010, in der betont wird, wie wichtig die Bekämpfung von ungleicher Behandlung und Diskriminierung ist.
(15) OECD (2008): Mehr Ungleichheit trotz Wachstum? Einkommensverteilung und Armut in OECD-Ländern. EU-Kommission GD Forschung 2010: Warum sozioökonomische Ungleichheiten zunehmen: Fakten und Strategiepapiere in Europa EUR 24 471.
(16) ABl. C 44/34 vom 11.02.2011.
(17) ABl. C 132/8 vom 03.05.2011.