EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52011AE0801

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung einer saisonalen Beschäftigung“ KOM(2010) 379 endg. — 2010/0210 (COD)

ABl. C 218 vom 23.7.2011, p. 97–100 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

23.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 218/97


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung einer saisonalen Beschäftigung“

KOM(2010) 379 endg. — 2010/0210 (COD)

2011/C 218/18

Berichterstatterin: Christa SCHWENG

Der Rat beschloss am 29. September 2010, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung einer saisonalen Beschäftigung

KOM(2010) 379 endg. — 2010/0210 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 24. März 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 471. Plenartagung am 4./5. Mai 2011 (Sitzung vom 4. Mai) mit 165 gegen 3 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Ausschuss begrüßt den Richtlinienvorschlag als einen Teil der europäischen Anstrengungen, einen umfassenden Ansatz für legale Zuwanderung zu entwickeln. Die vorgeschlagene Richtlinie kann dazu beitragen, den erhöhten Bedarf an Arbeitskräften während bestimmter Jahreszeiten zu decken, der nicht durch das im Inland vorhandene Arbeitskräftepotenzial befriedigt werden kann. Gleichzeitig leistet dieser Vorschlag einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung illegaler Zuwanderung.

1.2

Der Ausschuss begrüßt besonders die vereinfachten und beschleunigten Zulassungsverfahren, da es sich bei der Saisonarbeit auf Grund ihrer Natur um befristete Tätigkeiten handelt und die Unternehmen gerade zu diesen Zeiten mit einem Mangel an Arbeitskräften konfrontiert sind.

1.3

Der Ausschuss unterstützt auch die Bestimmung, dass die Anwendung jeder Arbeitsmarktprüfung den Mitgliedstaaten überlassen bleibt. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Ausschuss, die Sozialpartner bei allen Maßnahmen betreffend die Zulassung von Drittstaatsangehörigen als Saisonarbeitskräften beizuziehen.

1.4

Der Ausschuss fordert Rat, Kommission und Europäisches Parlament auf, die Bestimmung betreffend den maximalen Aufenthalt zu überdenken, da sechs Monate innerhalb eines Kalenderjahres den Bedürfnissen der Unternehmen, z.B. in Ländern mit zwei Saisonen, nicht entsprechen. Daher schlägt der Ausschuss vor, dass in begründeten Fällen jedenfalls nationale Ausnahmen von der maximalen Aufenthaltsdauer in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern festgelegt werden können. Dabei ist sicherzustellen, dass der saisonale Charakter des Beschäftigungsvertrages und die entsprechenden Kontrollmöglichkeiten nicht umgangen werden.

1.5

Der Ausschuss fordert, klare Regelungen in die Richtlinie aufzunehmen, in welchen Wirtschaftssektoren saisonale Tätigkeiten durchgeführt werden können. Ausnahmen davon sollen in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern auf nationaler Ebene festgelegt werden können.

1.6

Der Ausschuss weist darauf hin, dass Saisonarbeitskräfte zeitlich befristeten Zugang zum Arbeitsmarkt des jeweiligen Mitgliedstaates bekommen. Gemäß der Anwendung des Prinzips „lex loci laboris“ sind sie daher in Bezug auf das Arbeitsrecht den Arbeitnehmern des Aufnahmestaates gleichzustellen, unabhängig davon, ob diese Rechte in Gesetzen, allgemeingültigen Tarifverträgen oder regionalen Tarifverträgen festgeschrieben sind. Die Gleichbehandlung in Bezug auf die soziale Sicherheit sollte jedoch von der Existenz bilateraler Abkommen abhängig gemacht werden.

2.   Einleitung und Inhalt des Richtlinienvorschlags

2.1

Im Rahmen der Kommissionsmitteilung „Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung“ (1) sah die Europäische Kommission die Annahme von insgesamt fünf Legislativvorschlägen über die Zuwanderung von Arbeitskräften zwischen 2007 und 2009 vor, darunter einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Einreise und den Aufenthalt von Saisonarbeitnehmern. Durch das vom Rat am 10./11. Dezember 2009 angenommene Stockholmer Programm wurde das Engagement der Kommission und des Rates für die Durchführung des Strategischen Plans zur legalen Zuwanderung bestätigt.

2.2

Die Kommission legte ihren Vorschlag (2) am 13.7.2010 vor und begründete ihn mit dem Bedarf der Mitgliedstaaten an Saisonarbeit, wofür immer weniger EU-Bürger zur Verfügung stünden. Trotz steigender Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften in der EU, werden traditionelle Bereiche auch weiterhin einen zunehmenden strukturbedingten Bedarf an gering qualifizierten Arbeitnehmern verzeichnen. Des Weiteren – so die Kommission – zeige die Erfahrung, dass Saisonarbeiter aus bestimmten Drittstaaten ausgebeutet werden und unter unwürdigen Bedingungen mit möglichen Risiken für ihre Gesundheit und Sicherheit arbeiten müssen.

2.3

Im Zuge der Konsultationen zur Vorbereitung des Richtlinienvorschlags wurde deutlich, dass ein Bedarf an einheitlichen EU-Regeln für die Zulassungsbedingungen von bestimmten Schlüsselkategorien von Wirtschaftsmigranten (insbesondere hochqualifizierten Arbeitskräften im Rahmen von konzerninternen Entsendungen und Saisonarbeitnehmern) besteht. Diese Zulassungsbedingungen sollten möglichst einfach, unbürokratisch und flexibel gestaltet sein.

2.4

Der Kommissionsvorschlag sieht ein vereinfachtes Verfahren für die Zulassung von Saisonarbeitnehmern aus Drittstaaten auf der Grundlage gemeinsamer Definitionen und Kriterien vor. Saisonarbeitnehmer erhalten unter bestimmten Voraussetzungen einen kombinierten Arbeits- und Aufenthaltstitel, der sie zum Aufenthalt für 6 Monate pro Kalenderjahr berechtigt. Die Mitgliedstaaten erhalten die Möglichkeit, eine Mehrfacherlaubnis für Saisonarbeitnehmer für maximal drei Jahre oder ein vereinfachtes Wiedereinreiseverfahren in aufeinanderfolgenden Saisonen vorzusehen. Die Arbeitsbedingungen für Saisonarbeitnehmer sind klar definiert und sehen vor, dass die Saisonarbeitskräfte mit inländischen Arbeitnehmern hinsichtlich bestimmter Rechte gleich zu behandeln sind.

3.   Allgemeine Erwägungen

3.1

Laut Folgenabschätzung der Kommission variiert der Umfang der Saisonarbeit, die durch Drittstaatsangehörige verrichtet wird, innerhalb der Europäischen Union erheblich: Er reicht von 919 in Ungarn über 3 860 in Frankreich und 7 552 in Schweden bis zu 24 838 zugelassenen Saisonarbeitskräften in Spanien (alle Daten aus 2008). Saisonarbeiter übernehmen in zahlreichen Mitgliedstaaten Arbeiten mit geringen Qualifikationsanforderungen, wie z.B. in der Landwirtschaft (60 % der Saisonarbeitskräfte in Italien, 20 % der Saisonarbeitskräfte in Griechenland) und Tourismus (in Spanien beliefen sich die Arbeitsgenehmigungen für Arbeiten im Hotel- und Gastronomiegewerbe auf 13 % aller im Jahr 2003 erteilten Arbeitsgenehmigungen). Bestimmte Regionen Österreichs sind auf Saisonarbeitskräfte angewiesen, weshalb die Quote für die Wintersaison 2008/2009 mit 8 000 festgelegt wurde.

3.2

Der Ausschuss hat sich bereits in zahlreichen früheren Stellungnahmen mit der Frage der einheitlichen Zugangsbedingungen für Drittstaatsangehörige auseinandergesetzt. Im Zuge der Konsultation zum Grünbuch Wirtschaftsmigration (3) hat sich der Ausschuss für die Festlegung spezifischer Vorschriften für Saisonarbeitskräfte ausgesprochen und dabei auch das Vorliegen eines Arbeitsvertrages gefordert.

3.3

Die Kommission hat als Rechtsgrundlage Artikel 79 Absatz 2 lit. a und b gewählt. Aus Sicht des Ausschusses hätte auch überlegt werden können, den Richtlinienvorschlag zusätzlich auf Artikel 153 zu stützen, da auch Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen geregelt werden. Damit wären auch die Sozialpartner zu konsultieren gewesen. Der Ausschuss ist sich jedoch bewusst, dass laut ständiger EuGH-Rechtsprechung ein Richtlinienvorschlag, der zwei Zielsetzungen verfolgt, von denen sich eine als hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung ausmachen lässt, auf die Rechtsgrundlage zu stützen ist, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung erfordert.

3.4

Ein gemeinschaftsweites Verfahren für Aufenthalt und Arbeitserlaubnis von Drittstaatsangehörigen zum Zwecke der Saisonarbeit leistet einen wesentlichen Beitrag, um eine zu bestimmten Jahreszeiten bestehende erhöhte Nachfrage nach Arbeitskräften mit dem Angebot in Einklang zu bringen. Unternehmen haben jetzt und in Zukunft einen Bedarf sowohl an gering als auch höher qualifizierten Arbeitskräften. Trotz der auf Grund der Krise gestiegenen Arbeitslosigkeit finden sich in einigen Ländern, Branchen und Berufen zu wenige EU-Arbeitskräfte, um den saisonalen Bedarf abzudecken.

3.5

Der Ausschuss erinnert daran, dass die europäischen Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob sie als mobile Arbeitnehmer oder Saisonarbeitskräfte in einem anderen Land als ihrem Heimatland arbeiten, sowohl dem europäischen als auch dem jeweiligen nationalen Recht unterliegen. Die Richtlinie für drittstaatsangehörige Saisonarbeitskräfte darf nicht zur Schaffung einer Sonderkategorie von Arbeitnehmern führen. Das Arbeitsrecht des Staates in dem die Arbeit geleistet wird, muss in vollem Umfang Anwendung finden.

3.6

Der Ausschuss teilt die Auffassung, dass ein gemeinschaftsweites Verfahren außerdem dazu beitragen kann, Saisonarbeitnehmer legal zu beschäftigen und die in manchen Regionen bestehende Ausbeutung zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist auch die sogenannte Sanktionen-Richtlinie 2009/52 (4), zu berücksichtigen, die Arbeitgeber verpflichtet, sich vom rechtmäßigen Aufenthalt eines Arbeitnehmers zu überzeugen, und Zuwiderhandeln unter Sanktion stellt. Ein allfälliger illegaler Verbleib von drittstaatsangehörigen Saisonarbeitskräften nach Ablauf ihres Aufenthaltstitels wird durch die sogenannte „Rückführungs-Richtlinie“ 2008/115 unterbunden: diese sieht vor, dass der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Wege eines fairen und transparenten Verfahrens beendet wird, wobei der freiwilligen Rückkehr Vorrang vor der Rückführung eingeräumt wird.

3.7

Gerade der vorliegende Richtlinienvorschlag hat zu einer Reihe von vertiefenden Prüfungen zur Frage der Einhaltung der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit durch sieben nationale Parlamente (5) geführt, wobei kritische Stimmen unter anderem sowohl in Bezug auf die Dauer des Aufenthaltsrechts als auch auf die Frage der Unterkunft laut wurden.

3.8

Um den Bedenken der nationalen Parlamente in Bezug auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips Rechnung zu tragen, schlägt der Ausschuss vor, die Dauer des Aufenthaltstitels je nach den nationalen Gegebenheiten auf nationaler Ebene zu regeln. Damit könnten auch Mitgliedstaaten, die einen erhöhten Bedarf an Saisonarbeitskräften sowohl während der Winter- als auch der Sommersaison haben, ihre bisherigen Regelungen beibehalten.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss weist darauf hin, dass die gewählten Definitionen von „Saisonarbeitnehmer“ und „saisonabhängige Tätigkeit“ einen weiten Spielraum zulassen und es somit den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, welche Sektoren als saisonabhängig zu qualifizieren sind. Dies steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Erwägungsgrund 10, in dem klar darauf hingewiesen wird, dass es saisonabhängige Tätigkeiten in der Regel in Sektoren wie der Landwirtschaft während der Pflanz- oder Erntezeit oder im Tourismus während der Urlaubszeit gibt. Es sollte daher in die Richtlinie eine klare Regelung aufgenommen werden, um die Sektoren zu definieren, in denen saisonale Tätigkeiten durchgeführt werden können. Ausnahmen auf nationaler Ebene sollen in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern festgelegt werden können.

4.2

Das Erfordernis, dass bei saisonabhängigen Tätigkeiten der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnliche Tätigkeiten erforderlichen Bedarf übersteigen muss, löst Interpretationsbedarf und damit Rechtsunsicherheit aus. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass auf einen „ erhöhten“ oder „erhöhten“ Arbeitskräftebedarf abgestellt werden sollte. Ob ein solcher „(wesentlich) erhöhter“ Arbeitskräftebedarf gegeben ist, sollte von der Behörde gemeinsam mit den nationalen Sozialpartnern festgelegt werden.

4.3

Der Ausschuss begrüßt ausdrücklich, dass das Vorliegen eines gültigen befristeten Arbeitsvertrages oder eines verbindlichen Beschäftigungsangebots ebenso wie die Angabe des Entgeltsatzes und der Arbeitszeit eine Voraussetzung für die Erteilung des kombinierten Titels Saisonarbeitskraft darstellt. Damit können die vertraglichen Grundlagen zur Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen durch die den Aufenthaltstitel erteilende Behörde überprüft werden. Gleichzeitig wird damit sichergestellt, dass die jeweiligen nationalen Beschäftigungsbedingungen eingehalten werden.

4.4

Unter den Gründen für die Ablehnung eines Antrags auf Zulassung findet sich auch der Grund „Verhängung einer Sanktion gegen den Arbeitgeber wegen Schwarzarbeit und/oder illegaler Beschäftigung“. Der Ausschuss verurteilt Schwarzarbeit auf das Schärfste, weist aber darauf hin, dass dieser Ablehnungsgrund dahingehend interpretiert werden könnte, dass bereits geringfügige Verstöße zu einer dauerhaften Ablehnung von Anträgen führen. Im Sinne der Rechtssicherheit sollte analog zur Sanktionen-Richtlinie klargestellt werden, dass dieser Ablehnungsgrund nur für einen bestimmten Zeitraum, der verhältnismäßig zur Schwere des Vergehens sein muss, nach der Verhängung der Sanktion geltend gemacht werden kann.

4.5

Der Ausschuss begrüßt, dass Mitgliedstaaten, die dies wünschen, weiterhin Arbeitsmarktprüfungen vornehmen können. Auch der Möglichkeit, Anträge unter Berufung auf Zulassungsquoten ablehnen zu können, steht der Ausschuss positiv gegenüber. Sowohl Arbeitsmarktprüfungen als auch die Festlegung von Zulassungsquoten sollten dabei jedoch unter Einbindung der jeweiligen nationalen Sozialpartner wie auch der Arbeitsämter erfolgen. Die Festlegung von Quoten sollte auf eine Art und Weise erfolgen, die die Verfahren zur Einzelgenehmigung nicht massiv verlängert.

4.6

Die im Artikel 11 festgelegte Aufenthaltsdauer für Saisonarbeitnehmer von höchstens sechs Monaten pro Kalenderjahr ist aus Sicht des Ausschusses zu unflexibel und könnte dem Subsidiaritätsprinzip widersprechen: um den Unternehmen in Mitgliedstaaten mit zwei Saisonen die Möglichkeit zu geben, während beider Saisonen auf Arbeitskräfte aus Drittstaaten zurückzugreifen, sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden, Ausnahmen von der maximalen Dauer der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Saisonarbeitskräfte innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorzusehen. Dies sollte in enger Abstimmung mit den nationalen Sozialpartnern erfolgen. Dabei ist sicherzustellen, dass der saisonale Charakter des Beschäftigungsvertrages und die entsprechenden Kontrollmöglichkeiten nicht umgangen werden.

4.7

Das Abstellen auf das Kalenderjahr ist praxisfremd und lässt Tourismusgebiete mit einer Winter- und einer Sommersaison außer Acht. Der Arbeitgeber bzw. der Arbeitnehmer wäre auf diese Weise gezwungen, während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses einen neuen Antrag zu stellen.

4.8

Auch Artikel 11 Absatz 2, der es Saisonarbeitnehmern erlaubt, „innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums ihren Vertrag zu verlängern oder bei einem anderen Arbeitgeber eine Beschäftigung als Saisonarbeitskraft aufzunehmen“ ist aus Sicht des Ausschusses unklar formuliert und wirft weitere Fragen auf: ist mit dem „in Absatz 1 genannten Zeitraum“ das Kalenderjahr gemeint, oder wird auf die sechs Monate abgestellt? Kann damit beispielsweise ein Saisonarbeitnehmer seinen Aufenthaltstitel auf 11 Monate pro Kalenderjahr verlängern?

4.9

Der Ausschuss regt an, dass die Möglichkeit, den Arbeitgeber zu wechseln, nur unter bestimmten Voraussetzungen und Bedachtnahme auf das jeweilige nationale Recht festgelegt werden soll: Saisonarbeitnehmer werden in der Regel beschäftigt, um den Arbeitskräftebedarf eines bestimmten Arbeitgebers zu decken. Dieser Bedarf stimmt auch mit der Dauer ihres Aufenthaltstitels überein. Der Wechsel des Arbeitgebers sollte der Behörde jedenfalls angezeigt werden müssen, um Kontrollen zu ermöglichen.

4.10

Die Erleichterung der Wiedereinreise wird vom Ausschuss grundsätzlich positiv beurteilt, ermöglicht diese Bestimmung doch, dass ein Arbeitgeber auf Saisonarbeitskräfte zurückgreifen kann, mit denen er gute Erfahrungen gemacht hat. Arbeitgeber, die ihren Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht nachgekommen sind und deshalb sanktioniert wurden, sind nach dem Vorschlag von der Beantragung von Saisonarbeitnehmern ausgeschlossen. Um zu vermeiden, dass bereits kleinste Vergehen zum Ausschluss von Saisonarbeitskräften führen, sollte darauf abgestellt werden, ob die Sanktionen wegen Verletzung verhängt wurden.

4.11

Unter dem Titel „Verfahrensgarantien“ sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten binnen 30 Tagen über den Antrag entscheiden und den Antragsteller darüber informieren müssen. Der Ausschuss begrüßt die Festlegung einer Entscheidungsfrist grundsätzlich, weist jedoch darauf hin, dass es der Behörde innerhalb dieses Zeitraums jedenfalls möglich sein muss, die gemachten Angaben zu überprüfen.

4.12

Die Bestimmung in Artikel 14, wonach der Arbeitgeber nachweisen muss, dass für den Saisonarbeitnehmer eine Unterkunft mit angemessenem Lebensstandard vorgesehen ist, wirft die Frage auf, ob dies auch die Verpflichtung des Arbeitgebers beinhaltet, diese Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Sollte diese Interpretation zutreffend sein, wäre dies nach Ansicht des Ausschusses praxisfremd. Sollte der Arbeitgeber jedoch eine Unterkunft zur Verfügung stellen, sollte diese jedenfalls Inspektionen durch die zuständige Behörde zugänglich gemacht werden.

4.13

Der Ausschuss weist darauf hin, dass Saisonarbeitskräfte zeitlich befristeten Zugang zum Arbeitsmarkt des jeweiligen Mitgliedstaates bekommen. Gemäß der Anwendung des Prinzips „lex loci laboris“ sind sie daher in Bezug auf das Arbeitsrecht den Arbeitnehmern des Aufnahmestaates gleichzustellen, unabhängig davon, ob diese Rechte in Gesetzen, allgemeingültigen Tarifverträgen oder regionalen Tarifverträgen festgeschrieben sind. Das Abstellen auf allgemeinverbindliche Tarifverträge sowie deren Definition in Artikel 16 Absatz 1 Unterabsatz 2 sollte nach Ansicht des Ausschusses daher entfallen.

4.14

Die Bestimmung, wonach der Saisonarbeitnehmer in Bezug auf die Zweige der sozialen Sicherheit mit den Inländern gleich zu behandeln ist, sollte grundsätzlich - zumindest für den Bereich der Renten, Vorruhestandsleistungen, Leistungen an Hinterbliebene, Arbeitslosigkeit und Familienleistungen - nur unter der Bedingung möglich sein, dass entsprechende bilaterale Abkommen bestehen. Die Verpflichtung, Beiträge in das jeweilige nationale System zu zahlen, sollte für diese Personengruppe jedoch auch Ansprüche auf entsprechende Leistungen mit sich bringen.

4.15

Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten ermutigt werden, ihre Kontrollbehörden (z.B. Arbeitsinspektion) mit den nötigen Mitteln auszustatten und sie entsprechend auszubilden, damit sie ihre Aufgaben unter Beachtung der Grundrechte erfüllen können.

4.16

Die nationalen Sozialpartner sind neben den Behörden wichtige Akteure auf dem jeweiligen nationalen Arbeitsmarkt. Entscheidungen betreffend die Festlegung in welchen Sektoren Saisonarbeit zugelassen ist, Arbeitsmarktprüfungen, sowie die Kontrollen, ob die Bestimmungen des Arbeitsverhältnisses eingehalten werden, sollten daher in enger Abstimmung mit ihnen erfolgen.

Brüssel, den 4. Mai 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  KOM(2005) 669 endg.

(2)  KOM(2010) 379 endg.

(3)  ABl. C 286/20 vom 17.11.2005.

(4)  Richtlinie 2009/52/EG, ABl. L 168/2009, S. 24 vom 30.6.2009.

(5)  http://www.ipex.eu/ipex/cms/home/Documents/dossier_COD20100210.


Top