This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52011AE0063
Opinion of the European Economic and Social Committee on the Report from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions: Retail market monitoring report ‘Towards more efficient and fairer retail services in the internal market for 2020’ COM(2010) 355 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes: Ein effizienterer und fairerer Binnenmarkt in Handel und Vertrieb bis 2020“ KOM(2010) 355 endg.
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes: Ein effizienterer und fairerer Binnenmarkt in Handel und Vertrieb bis 2020“ KOM(2010) 355 endg.
ABl. C 84 vom 17.3.2011, p. 19–24
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
17.3.2011 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 84/19 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes: Ein effizienterer und fairerer Binnenmarkt in Handel und Vertrieb bis 2020“
KOM(2010) 355 endg.
2011/C 84/04
Berichterstatter: Pedro Augusto ALMEIDA FREIRE
Die Europäische Kommission beschloss am 5. Juli 2010, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
„Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes ‚Ein effizienterer und fairerer Binnenmarkt in Handel und Vertrieb bis 2020‘ “
KOM(2010) 355 endg.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 6. Januar 2011 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 468. Plenartagung am 19./20. Januar 2011 (Sitzung vom 20. Januar) mit 192 gegen 4 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 Der EWSA erkennt die Bedeutung des Einzelhandels für den Binnenmarkt sowie seinen Beitrag zur europäischen Wirtschaft insgesamt an. Angesichts des besonderen Charakters des Einzelhandels begrüßt der EWSA das ganzheitliche Konzept, das die Europäische Kommission in ihrem Bericht über die Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes entwickelt hat, und stimmt der Auffassung zu, dass eine Konzentration auf einzelne Bereiche vermieden werden sollte.
1.2 Der EWSA bedauert, dass den KMU, die von grundlegender Bedeutung im Hinblick auf Arbeitsplätze, Wertschöpfung sowie die Belebung von ländlichen Gebieten und Innenstädten sind, zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Gemäß der Binnenmarktakte sollten KMU und Maßnahmen, die es ihnen ermöglichen, sich zu entwickeln und Arbeitsplätze zu schaffen, weitaus mehr Gewicht erhalten.
1.3 In ganz Europa ist eine Konzentration umsatzstarker Einzelhandelsunternehmen zu verzeichnen, die durch ihre Angebotsstärke zunehmend Kunden anziehen (2005 waren mehr als 70 % des Lebensmittelmarktes in der Hand der fünf größten Einzelhandelsunternehmen). Zudem gibt es eine starke Konzentration bei einigen Produkten, vor allem bei so genannten Must-Have-Produkten, auf deren Angebot Einzelhandelsunternehmen nicht verzichten können.
1.4 In einer Marktwirtschaft ist es üblich, dass sämtliche Unternehmen, darunter landwirtschaftliche Betriebe, Sammel- und Verarbeitungsbetriebe, Lieferanten und Einzelhändler, ihre Verhandlungsmacht einsetzen. Der EWSA sieht mit Sorge, dass in einigen Ländern Maßnahmen zur Kontrolle der Preise bzw. Gewinnspannen ergriffen werden, was den Grundsätzen des freien Wettbewerbs und eines funktionierenden Binnenmarkts zuwiderläuft.
1.4.1 Solche Regelungen können aus wichtigen sozialen und politischen Erwägungen, beispielsweise in den Bereichen Soziales oder Umwelt, erforderlich sein, um den sozialen Zusammenhalt oder den Umweltschutz zu gewährleisten.
1.5 Auf dem Binnenmarkt sind zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Preisunterschiede bei ähnlichen Produkten zu verzeichnen. Der EWSA empfiehlt, dass in jeglicher Studie über Preise hauptsächlich die Preistransmission und die Entwicklung der Gewinnspannen in der gesamten Lieferkette behandelt werden.
1.6 Der EWSA verweist darauf, dass die Handels- und Vertriebsmärkte – einschließlich der dort herrschenden vertraglichen Beziehungen – ihrem Wesen nach national sind und unterschiedliche rechtliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle Merkmale aufweisen. Unter Würdigung der Bedeutung der Lebensmittelversorgungskette fordert der EWSA, dass offenkundig unlautere Praktiken in der gesamten Lebensmittelversorgungskette analysiert und in angemessener Form beseitigt werden.
1.7 Im Einzelnen fordert der EWSA die Kommission auf, zu prüfen, wie im Falle unlauterer vertraglicher Beziehungen auf einzelstaatlicher Ebene vorgegangen wird und wie die einschlägigen Vorschriften durchgesetzt werden. Ferner verweist der EWSA darauf, wie wichtig es vor allem in Krisenzeiten ist, eine reibungslose Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zu gewährleisten, was in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt, und macht deutlich, wo Maßnahmen ergriffen werden sollten und wenn ja, welche Ebene gemäß den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit dafür am besten geeignet wäre.
1.8 Der Einzelhandel spielt eine wichtige Rolle für die Beschäftigung und bietet vielen jungen, gering qualifizierten oder unqualifizierten Menschen einen Einstieg in den Arbeitsmarkt. Der Einzelhandel bietet zudem beträchtliche Chancen für Unternehmer.
1.9 Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, die selbstständige Erwerbstätigkeit, das Unternehmertum und die Entwicklung von Kompetenzen als Instrumente zur Bewältigung der Krise und zum leichteren Einstieg oder Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu fördern.
1.10 Die Kommission bestimmt zu Recht Bereiche, in denen vorrangig Maßnahmen ergriffen werden müssen. Der EWSA fordert zudem die rasche Annahme von Vorschlägen und fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, die Entscheidungsfindung in einem Bereich, der zügige, praktische und spürbare Maßnahmen erfordert, zu beschleunigen. Insbesondere das neu geschaffene Hochrangige Forum für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette sollte zum Dreh- und Angelpunkt für neue und im Entstehen begriffene Maßnahmen im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft, einschließlich ausgewogenerer Beziehungen in der gesamten Lieferkette, werden.
1.11. Darüber hinaus fordert der EWSA die Kommission auf, zu prüfen, inwieweit die Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt wurde, und gegenüber den jeweiligen Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Der EWSA fordert die Kommission auch nachdrücklich auf, Maßnahmen in Bezug auf die Interbankenentgelte zu ergreifen, die als versteckte Besteuerung der Verbraucher wirken.
2. Einleitung
2.1 Die Europäische Kommission erkennt den hohen Stellenwert des Einzelhandels im Binnenmarkt an. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung, die dem Einzelhandel für die Europäische Union zukommt (4,2 % des BIP der EU, 17,4 Millionen Beschäftigte und 20 % der europäischen KMU sowie eine enge Verflechtung mit zahlreichen anderen Märkten), wurde diese Branche für eine besondere Überwachung ausgewählt.
2.2 In dem Bericht über die Überwachung des Handels- und Vertriebsmarktes und dem beigefügten Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen werden Fragen behandelt, die die wirtschaftliche, soziale und ökologische Leistung des Einzelhandels unter dem Gesichtspunkt des Binnenmarktes berühren. Dabei werden die Leistungen der Branche, neueste Trends sowie die Auswirkungen der Modernisierung auf andere Wettbewerber untersucht. Es werden Probleme ermittelt, die die Leistung der Einzelhändler auch mit Blick auf deren Geschäftspartner in den vor- und nachgelagerten Märkten beeinträchtigen.
2.3 Als Grundlage für die in diesem Bericht vorgenommene Analyse der Branche wurde die Interaktion der Einzelhändler mit den Lieferanten (vorgelagerte Märkte) und den Verbrauchern (nachgelagerte Märkte) untersucht. Damit trägt die Kommission den komplexen Wechselbeziehungen Rechnung, die die Einzelhändler eingehen müssen, damit sie den Verbrauchern das passende Produkt zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und zum besten Preis anbieten können.
2.4 Dem Bericht zufolge wird die Kommission auf der Grundlage von Konsultationen Maßnahmen festlegen, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes in Bezug auf den Einzelhandel zu gewährleisten. Sie will den Einzelhändlern auf diese Weise helfen, den Binnenmarkt bestmöglich zu nutzen und ihre wirtschaftliche, soziale und ökologische Leistung zu verbessern.
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1 Mit diesem Bericht erkennt die Europäische Kommission die Bedeutung des Einzelhandels für den Binnenmarkt sowie dessen Beitrag zu Wachstum, Beschäftigung und Nachhaltigkeit an. Im Gegensatz zu der allzu simplen Vorstellung, die häufig in Bezug auf die Branche herrscht, dass der Einzelhändler nämlich beim Bauern einkauft und an den Kunden verkauft, wird durch den in dem Bericht verfolgten Ansatz die komplexe Struktur der Lieferkette sowie der Wechselbeziehungen zwischen dem Einzelhändler und seinen Geschäftspartnern hervorgehoben. So wird besser verständlich, wie Einzelhändler ihrer Aufgabe gerecht werden, den Verbrauchern das richtige Produkt zur richtigen Zeit am richtigen Ort und zum besten Preis zur Verfügung zu stellen, und welche Probleme damit verbunden sind.
3.2 In dem Bericht wird darauf hingewiesen, welch großen Beitrag die Modernisierung im Einzelhandel in den vergangenen fünfzig Jahren zur Bekämpfung der Inflation und zur Steigerung der Auswahl für die Verbraucher geleistet hat. Der zunehmende Wettbewerb und die Konsolidierung im Einzelhandel haben zu niedrigeren Preisen, einer größeren Auswahl für die Verbraucher und vergleichsweise geringen Gewinnspannen (im Gegensatz zu anderen Branchen wie der verarbeitenden Industrie) geführt, was sich auf Wettbewerber, Gebietskörperschaften, Landwirte, Lieferanten, Angestellte usw. ausgewirkt hat.
3.3 Der EWSA bedauert, dass der Bericht möglicherweise zu sehr auf den Lebensmitteleinzelhandel ausgerichtet ist und es deshalb nicht gelingt, die Bedeutung von KMU (mehr als 95 % der Einzelhandelsunternehmen mit elf Millionen Beschäftigten), ihre besonderen Bedürfnisse und Probleme, einschließlich der Kundendienstleistungen, ihren Beitrag zur Belebung von Innenstädten, ländlichen Gebieten und städtischen Randzonen, ihre Abhängigkeit von großen Herstellern sowie den Wettbewerb mit Lieferanten, die eigene Vertriebsnetze aufbauen, zu erfassen.
3.4 In dem Bericht wird zudem die Bedeutung kooperativer Geschäftsmodelle in Form von Verbrauchergenossenschaften, vor allem im Lebensmitteleinzelhandel, nicht gewürdigt.
3.5 In dem Bericht wird die Leistung des Einzelhandels anhand allgemeingesellschaftlicher Ziele, wie Erreichbarkeit und Erschwinglichkeit, untersucht. In der Praxis sind Einzelhändler jedoch einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt, bei dem alle Unternehmen bestrebt sind, Kunden anzuziehen und ihnen ein gutes Preis/Leistungs-Verhältnis zu bieten. Die Entscheidungen von Einzelhändlern in Bezug auf Niederlassung und angebotene Dienstleistungen sind deshalb häufig eher Reaktionen auf Entwicklungen des Marktes als auf allgemeingesellschaftliche Ziele. Misst man die Leistungen der Einzelhändler an den allgemeingesellschaftlichen Zielen, so übersieht man, dass der Einzelhandel wie jede andere Markttätigkeit auch eine Wirtschaftstätigkeit ist, die Gewinn abwerfen muss, wenn sie in der Marktwirtschaft bestehen will.
3.6 Die Ansprüche der Verbraucher sind im Verlauf der Zeit immer weiter gestiegen und haben sich differenziert. Dies bedingt – im Verein mit dem Stellenwert des Wettbewerbs im Handel – die komplexe Struktur der Marktkräfte und ist die Ursache dafür, dass verschiedene Formen des Einzelhandels mit verschiedenen Formen des Kundendienstes nebeneinander existieren. Kleinere Formen des Einzelhandels können also Erfolg haben, wenn sie besondere Dienstleistungen für konkrete Verbrauchergruppen erbringen. Mehr als elf Millionen Europäer sind in kleinen und mittelgroßen Einzelhandelsunternehmen tätig. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Entwicklung von KMU weiter gefördert wird, vor allem durch bessere ordnungspolitische Rahmenbedingungen und die Reduzierung des Verwaltungsaufwands.
4. Besondere Bemerkungen
4.1 Ein effizienterer und fairerer Handels- und Vertriebsbinnenmarkt für die Verbraucher
4.1.1 Wichtigstes Element der Tätigkeit der Einzelhändler ist es, die Verbraucher mit einer großen Vielfalt von Produkten zu versorgen, die den Anforderungen an Qualität und Sicherheit zum günstigsten Preis genügen. Kennzeichnend für die Modernisierung des Einzelhandels in den vergangenen zwanzig Jahren war ein schneller Konzentrationsprozess, aus dem große multinationale Handelsketten hervorgingen, die in verschiedenen Ländern in und außerhalb der EU tätig sind. Die Folgen davon waren die Sättigung der Märkte der EU, der Einzug von Informations- und Kommunikationstechnologien, die Globalisierung, einschließlich des Vordringens auf andere Märkte, sowie die Verfügbarkeit einer größeren Auswahl an Produkten zu einem geringeren Preis für die Verbraucher (Erschwinglichkeit).
4.1.2 Nach übereinstimmender Auffassung des EWSA und der Kommission sind die Ungleichgewichte in der Erreichbarkeit von Geschäften und das Erfordernis, ländliche Gebiete nicht veröden zu lassen, wichtige zu lösende Probleme. Einzelhändler lassen sich bevorzugt in Innenstädten oder Einkaufszentren am Stadtrand nieder, weshalb dafür gesorgt werden muss, dass die Stadtzentren nach wie vor für Lieferungen zugänglich sind. Die Bewohner ländlicher Gebiete verlassen sich zunehmend auf das Auto, um ihre täglichen Einkäufe zu erledigen, was Auswirkungen auf die Umwelt hat und bedeutet, dass diejenigen, die sich kein Auto leisten können oder keinen Führerschein besitzen, nur eingeschränkten Zugang zu den Dienstleistungen des Einzelhandels haben.
4.1.3 Die Standortentscheidung eines Einzelhändlers hängt von mehreren Faktoren ab. Einer der wichtigsten ist eine möglichst hohe Zahl potenzieller Kunden. Bereits dies erklärt, warum dünn besiedelte Gebiete weniger gut für Einzelhandelsgeschäfte geeignet sind als Innenstädte oder eigens zu diesem Zweck errichtete Einkaufszentren am Stadtrand. Um die Frage der Erreichbarkeit zu lösen, ist deshalb ein gründliches Verständnis der Rahmenbedingungen für die Tätigkeit von Einzelhändlern erforderlich.
4.1.4 Wenn es Verbrauchern nicht ohne weiteres möglich ist, eine größere Auswahl an Einzelhandelsgeschäften zu erreichen, so ist dies auf wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Faktoren zurückzuführen, wie ordnungspolitische Rahmenbedingungen, einschließlich der Stadtplanung, sowie den Zugang der Einzelhändler zum Immobilienmarkt. Andere Faktoren sind konkrete Vorschriften vor Ort, die die Aufnahme bestimmter Tätigkeiten oder die Existenz bestimmter Arten von Verkaufseinrichtungen beschränken, sowie möglicherweise übermäßig komplizierte und – trotz der Dienstleistungsrichtlinie – diskriminierende Genehmigungsverfahren. Zudem beschränken Regelungen, wonach der Verkauf sog. OTC-Arzneimittel bestimmten Monopolen vorbehalten ist, den Wettbewerb und damit die Möglichkeit für Verbraucher, preisgünstige Medikamente zu kaufen.
4.1.5 In den vergangenen zwanzig Jahren haben Geringverdiener in hohem Maße davon profitiert, dass infolge der Modernisierung, des zunehmenden Wettbewerbs und der Globalisierung eine größere Auswahl an Produkten zu günstigeren Preisen verfügbar ist. Eine entscheidende Rolle hat dabei die Entwicklung von Handelsmarken gespielt, die im Schnitt rund 30 % billiger als Herstellermarken sind.
4.1.6 Aufgrund der im Einzelhandel üblichen Geschäftsmodelle umfassen die Einzelhandelspreise die betrieblichen Kosten und eine relativ kleine Gewinnspanne im Vergleich zu anderen Branchen, die mehr Gewinn erzielen. Der EWSA sieht mit Sorge, dass in einigen Ländern Maßnahmen zur Kontrolle der Preise bzw. Gewinnspannen ergriffen werden. Angesichts der großen Bedeutung sozialpolitischer Fragen können solche Regelungen erforderlich sein, um den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten und Armut vorzubeugen.
4.1.7 Auf dem Binnenmarkt sind zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Preisunterschiede bei ähnlichen Produkten zu verzeichnen. Der EWSA empfiehlt, dass in jeglicher Studie über Preise hauptsächlich die Preistransmission und die Entwicklung der Gewinnspannen in der gesamten Lieferkette behandelt werden. Der EWSA stimmt außerdem mit der Kommission überein, dass die Preisbildung von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Außer den betrieblichen Kosten gehören dazu das durchschnittlich verfügbare Haushaltseinkommen, die Mehrwertsteuer, Transportkosten, Mieten, Ausgaben für Löhne und Gehälter, die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, die Wettbewerbssituation und Geschäftspraktiken wie gebietsmäßig begrenzte Angebote sowie missbräuchliche Praktiken in der gesamten Lieferkette. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Auswirkungen dieser Praktiken zu untersuchen und dafür zu sorgen, dass die betreffenden Waren auch in anderen Mitgliedstaaten bezogen werden können und die Verbraucher in den Genuss niedrigerer Preise, einer größeren Auswahl, höherer Qualität, alternativer Produkte usw. kommen.
4.1.8 Wie der EWSA feststellt, haben Verbraucherumfragen ergeben, dass unabhängige vergleichende Informationen über die Angebote des Einzelhandels bereitgestellt werden müssen.
4.1.9 Der EWSA ist auch der Auffassung, dass der elektronische Geschäftsverkehr in einigen Gebieten zur Belebung des Wettbewerbs und damit zum Rückgang der Preise beitragen könnte, und ist besorgt darüber, dass er sich, insbesondere grenzübergreifend, nur langsam entwickelt. Der EWSA stellt fest, dass eines der Hindernisse für die Entwicklung des grenzübergreifenden elektronischen Geschäftsverkehrs, vor allem für KMU, das Fehlen einheitlicher Verbraucherschutzvorschriften in Europa ist, und fordert die europäischen Organe auf, rasch eine die Richtlinie über Verbraucherrechte im elektronischen Geschäftsverkehr, die auf dem Ziel einer vollständigen Harmonisierung in der am weitesten fortgeschrittenen Form beruht, zu erlassen. Diese Richtlinie darf die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 169 Absatz 4 AEUV nicht daran hindern, strengere Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher beizubehalten oder zu ergreifen.
4.2 Ein effizienterer und fairerer Handels- und Vertriebsbinnenmarkt für die Händler
4.2.1 Der EWSA stimmt der Feststellung zu, dass ein „Handels- und Vertriebsbinnenmarkt […] es den wettbewerbsfähigen Händlern unabhängig von ihrer Größe ermöglichen [muss], nebeneinander am Markt zu bestehen und ihre Aktivitäten weiterzuentwickeln“.
4.2.2 Bei der Eröffnung eines neuen Geschäfts ist der Standort von entscheidender Bedeutung, und mitunter müssen Einzelhändler mehrere Jahre warten, bevor sie ein neues Geschäft in einem bestimmten Gebiet eröffnen und Arbeitsplätze schaffen können. Als mögliche Hindernisse für die Entwicklung kleiner Einzelhändler, die weiter untersucht werden müssen, wurden Schwierigkeiten beim Markteintritt sowie beim Zugang zum Immobilienmarkt ermittelt. Eine solche Untersuchung könnte auf der Grundlage leicht verfügbarer Informationen unter Berücksichtigung der Verbraucherperspektive (Auswahl der besuchten Geschäfte), wettbewerbspolitischer Aspekte sowie der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit durchgeführt werden.
4.2.3 Die Dienstleistungsrichtlinie, die bis zum 31. Dezember 2009 in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollte, sollte bestimmte diskriminierende Praktiken bei der Erteilung von Niederlassungsgenehmigungen beseitigen. In der Praxis werden jedoch neue Hürden errichtet. In einigen Fällen werden stadtplanerische Vorschriften missbraucht, um den Wettbewerb zu kontrollieren und die Niederlassung von bestimmten Einzelhandelsgeschäften oder Unternehmen zu begünstigen. Der EWSA fordert die Kommission auf, zu prüfen, inwieweit die Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt wurde, und gegenüber den jeweiligen Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen zu ergreifen.
4.2.4 Ein weiteres Problem, mit dem Einzelhändler konfrontiert sind, ist das Fehlen eines transparenten und wettbewerbsfähigen Zahlungsverkehrsbinnenmarktes. Die gegenwärtigen Praktiken der Zahlungskartensysteme sind wettbewerbswidrig und verstoßen gegen einen wichtigen Grundsatz des Binnenmarktes. Die Interbankenentgelte wirken wie eine versteckte Besteuerung von Einzelhändlern, vor allem Kleinstunternehmen im Einzelhandel. Der Einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA), dessen Kernstück die Interbankenentgelte sind, wird dazu führen, dass die billigen und effizienten nationalen Debitkartensysteme verschwinden. Der Kartenmarkt wird deshalb auf ein Duopol schrumpfen, was zu höheren Interbankenentgelten zum Nachteil der Verbraucher führen wird. Der EWSA fordert die Kommission auf, Maßnahmen in Bezug auf die Interbankenentgelte zu ergreifen, die als versteckte Besteuerung der Verbraucher wirken.
4.3 Ein effizienterer und fairerer Handels- und Vertriebsbinnenmarkt für die Lieferanten
4.3.1 Als Erbringer von Dienstleistungen bieten die Einzelhändler den Lieferanten Zugang zu ihrem Vertriebsnetz, ganz gleich, ob es aus einem einzigen Geschäft besteht oder sich über die gesamte EU spannt. Solche Dienstleistungen sind beispielsweise eine besondere Platzierung im Regal, Werbung und logistische Maßnahmen usw. Dies alles hat seinen Preis und wird oft gesondert in Rechnung gestellt.
4.3.2 Der Einzelhandel ist nur eine Form des Vertriebs, die den Lieferanten zur Verfügung steht. Ohne Einzelhändler würden nur wenige Hersteller in der Lage sein, große Vertriebsnetze aufzubauen, und die Verbraucher wären mit einer weniger großen Auswahl und höheren Preisen konfrontiert. In der Lieferkette kommt es jedoch auf alle Glieder an, da es ohne Ausgangsprodukte keine Verarbeitung gäbe, und ohne Verarbeitung keinen Vertrieb. Aus diesem Grund sollte die EU nach Auffassung des EWSA unbedingt die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um eine wirkliche Ausgewogenheit in der Handels- und Vertriebskette der Produkte zu gewährleisten.
4.3.3 In ganz Europa ist eine Konzentration umsatzstarker Einzelhandelsunternehmen zu verzeichnen, die durch ihre Angebotsstärke zunehmend Kunden anziehen (2005 waren mehr als 70 % des Lebensmittelmarktes in der Hand der fünf größten Einzelhandelsunternehmen). Zudem gibt es eine starke Konzentration bei einigen Produkten, vor allem bei so genannten Must-Have-Produkten, auf deren Angebot Einzelhandelsunternehmen nicht verzichten können. Durch einen ausgeprägten Wettbewerb zwischen den Einzelhändlern wird der Druck in der Vertriebskette im Hinblick auf die Senkung der Preise und Gewinnspannen verstärkt. In einer offenen Marktwirtschaft ist es üblich, dass Unternehmen ihre Verhandlungsmacht einsetzen. Davon machen alle Gebrauch, sowohl Einzelhändler als auch deren Lieferanten. Wenn dies jedoch zu einer missbräuchlichen Praxis wird, muss diese Vorgehensweise auf jeden Fall vom Markt verbannt werden. Gegenüber den Herstellern so genannter Must-Have-Produkte, ob große oder kleine, haben Einzelhandelsunternehmen, auch große Unternehmen, jedoch keine Verhandlungsmacht. So haben auch kleine und mittlere Lieferanten bei bestimmten Produktgruppen keine Verhandlungsmacht gegenüber großen Einzelhandelsunternehmen. Berichten zufolge wagen es Wirtschaftsbeteiligte der Lieferkette aus Furcht vor Repressalien nicht, sich zu beschweren. Der EWSA bestärkt kleine Einzelhandelsunternehmen darin, sich zu Einkaufsallianzen zusammenzuschließen, um ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Lieferanten zu stärken, bessere Bedingungen auszuhandeln und den Wünschen der Verbraucher stärker zu entsprechen. Der Missbrauch von Nachfragemacht sollte verurteilt werden. Der EWSA fordert eine ordnungsgemäße Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften gegenüber allen Beteiligten der Vertriebskette.
4.3.4 Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat zwei Stellungnahmen zur Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette verabschiedet (1), in denen er einen Verhaltenskodex auf nationaler Ebene sowie gegebenenfalls die Ernennung eines Schlichters empfiehlt. Auch das Europäische Parlament, der spanische EU-Ratsvorsitz und die Europäische Kommission (2) haben zahlreiche Empfehlungen für ein besseres Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette abgegeben. Der EWSA begrüßt zudem die Einrichtung des Hochrangigen Forums (3) für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette, mit dem eine Arbeitsgruppe zum Thema Vertragspraktiken zwischen den Unternehmen in der Lebensmittellieferkette geschaffen wird.
4.3.5 Der EWSA verweist darauf, dass die Handels- und Vertriebsmärkte – einschließlich der dort herrschenden vertraglichen Beziehungen – ihrem Wesen nach national sind und unterschiedliche rechtliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle Merkmale aufweisen. Geschäftliche Beziehungen werden gewöhnlich auf nationaler Ebene durch Vorschriften, Rechtsprechung und/oder einen Verhaltenskodex geregelt. Viele Mitgliedstaaten haben versucht, bestimmte Vorgehensweisen zu unterbinden. Oft jedoch haben derartige Bemühungen zur Errichtung neuer Hürden geführt, indem die Möglichkeiten der Niederlassung ausländischer Unternehmen in einem bestimmten Land unter Verstoß gegen die Grundsätze des Binnenmarktes beschränkt wurden. Der EWSA fordert, dass offenkundig unlautere Praktiken in der gesamten Lieferkette analysiert und angemessen beseitigt werden. Im Einzelnen fordert der EWSA die Kommission auf, zu prüfen, wie im Falle unlauterer vertraglicher Beziehungen auf einzelstaatlicher Ebene vorgegangen wird und wie die einschlägigen Vorschriften durchgesetzt werden. Nur im Rahmen einer solchen Untersuchung könnte ermittelt werden, wie wirksam die einzelstaatlichen Konzepte sind, ob Maßnahmen ergriffen werden sollten und wenn ja, welche Ebene gemäß den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit dafür am besten geeignet wäre. Ferner verweist der EWSA darauf, wie wichtig es vor allem in Krisenzeiten ist, eine reibungslose Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zu gewährleisten, was in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt.
4.3.6 Um eine ausreichende Auswahl für die Verbraucher bereitzuhalten, ihre Alleinstellung zu sichern und ihr Ansehen vor Ort zu heben, haben Einzelhandelsunternehmen Eigenmarkenprodukte entwickelt, für die sie Herstellerhaftung eingehen. Der Erfolg dieser Produkte beruht auf einer breiten Akzeptanz der europäischen Verbraucher, von denen fast 80 % (4) der Auffassung sind, dass diese Handelsmarken eine gute Alternative zu anderen Marken darstellen.
4.3.7 Produktpaletten unter der Handelsmarke von Einzelhandelsunternehmen werden gemeinsam mit den Lieferanten, in der Mehrzahl KMU, entwickelt. Die Europäische Kommission stellt fest, dass sich diese Partnerschaften, die auf einer Zulieferbeziehung beruhen, häufig als außerordentlich stabil und dauerhaft erwiesen haben. Die Lieferanten profitieren von Verbraucherdaten und erhalten Anreize für weitere Innovationen und einen breiteren Marktzugang. Allerdings gibt es Bedenken im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf Innovation, Wettbewerb, Entwicklung von KMU und Auswahl für den Verbraucher. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Auswirkungen von Handelsmarken auf die Lieferanten, den Wettbewerb, die Innovation und die Kaufentscheidung der Verbraucher zu untersuchen.
4.4 Ein effizienterer und fairerer Handels- und Vertriebsbinnenmarkt für die Beschäftigten
4.4.1 Der Einzelhandel spielt eine wichtige Rolle für die Beschäftigung und bietet vielen jungen, gering qualifizierten oder unqualifizierten Menschen einen Einstieg in den Arbeitsmarkt. Der Einzelhandel beruht in hohem Maße auf flexiblen Arbeitsmustern, die es ermöglichen, sich täglich, wöchentlich oder saisonal der Kundennachfrage anzupassen. Der starke Preiswettbewerb verursacht Druck in Richtung einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten der Beschäftigten, die mit der Organisation ihres Privatlebens oftmals unvereinbar geworden ist. Daher sollte im Rahmen der Rechtsvorschriften und Tarifvereinbarungen jene Flexibilität ermittelt werden, die mit den organisatorischen Erfordernissen des Unternehmens ebenso wie mit den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten vereinbar ist, um ein effektives Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben zu erreichen. Der Anteil weiblicher Arbeitskräfte ist deshalb im Einzelhandel höher als in anderen Branchen, und auch Teilzeitbeschäftigung spielt eine wichtige Rolle. Der Einzelhandel bietet zudem beträchtliche Chancen für Unternehmer.
4.4.2 Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, die selbstständige Erwerbstätigkeit, das Unternehmertum und die Entwicklung von Kompetenzen als Instrumente zur Bewältigung der Krise und zum leichteren Einstieg oder Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu fördern. Der EWSA fordert die Branchenunternehmen auf, die einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Vorschriften in Bezug auf Chancengleichheit und Gleichstellung zur Anwendung zu bringen, um die qualitative und quantitative Entwicklung der Beschäftigung von Frauen in dieser Branche zu unterstützen.
4.4.3 Die gegenwärtige Finanzkrise und das gemäßigte Konsumverhalten haben in allen europäischen Ländern zu Schließungen, Umstrukturierungen, Fusionen und Übernahmen von Handelstätigkeiten geführt. Daher ist das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit weiterhin hoch. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, die selbständige Erwerbstätigkeit und die fachliche Kompetenzentwicklung der Beschäftigten als Instrumente zur Bewältigung der Krise und zur Ermöglichung des Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt zu fördern.
4.4.4 Sowohl in Europa insgesamt als auch in den einzelnen Mitgliedstaaten besteht eine lange Tradition der Tarifverhandlungen im Handel. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind auf verschiedene Kulturen und Traditionen im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zurückzuführen, weshalb jede in diesem Bereich geplante Maßnahme dem Grundsatz der Subsidiarität entsprechen sollte. Der EWSA ruft die Mitgliedstaaten und die Kandidatenländer auf, den sozialen Dialog zwischen den Partnern und eine Struktur der Arbeitsbeziehungen in der Branche zu entwickeln.
4.4.5 Nicht angemeldete Erwerbstätigkeit und Schattenwirtschaft sind große Probleme, die dringend in Angriff genommen werden müssen, da sie aufgrund der Steuer- und Beitragshinterziehung unlauteren Wettbewerb zwischen Unternehmen verursachen und negative Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten haben, insbesondere im Hinblick auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit am Arbeitsplatz. Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Vereinfachung und Reduzierung der Verwaltungsformalitäten insbesondere für Klein- und Kleinstunternehmen zu ergreifen und das Bewusstsein für die Vorteile regulärer Beschäftigungsverhältnisse zu fördern.
4.4.6 Der EWSA fordert eine offene Diskussion mit den Sozialpartnern über die Praxis des Franchising und fordert die Mitgliedstaaten auf, die Maßnahmen gegen die Schattenwirtschaft zu verstärken, da diese eine zunehmende Diskriminierung und unlauteren Wettbewerb zu Lasten von KMU mit sich bringt.
4.4.7 Die Modernisierung, die technische Entwicklung und die verstärkte Nutzung von IKT im Einzelhandel haben zu einem zunehmenden Missverhältnis zwischen den im Einzelhandel erforderlichen und den beim Personal tatsächlich vorhandenen Qualifikationen geführt. Der EWSA macht die Kommission darauf aufmerksam, dass Arbeitnehmer während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn bzw. während ihres gesamten Arbeitslebens besser qualifiziert werden müssen. Der EWSA fordert die Sozialpartner im Handel in diesem Zusammenhang auf, ihre Zusammenarbeit zur Beseitigung des Missverhältnisses zwischen dem Bedarf der Unternehmen und den Fachkenntnissen der Beschäftigten im Handels- und Vertriebssektor zu vertiefen, indem branchenspezifische Lösungen und Instrumente entwickelt werden, um die Auswirkungen neuer Technologien auf Qualifikationen und Beschäftigung vorauszusehen und zu bewältigen.
4.4.8 Die soziale Verantwortung der Unternehmen hat im Einzelhandel eine lange Tradition. Seit vielen Jahren haben Handelsunternehmen in vielerlei Hinsicht verantwortungsvolle Praktiken eingeführt und angewandt. Dies betrifft nicht nur soziale und ökologische Fragen, sondern auch andere Bereiche wie Gesundheitsfürsorge, Produktsicherheit und Fragen der Vertriebskette oder das Engagement vor Ort.
4.4.9 Der EWSA hält es wie die Kommission für unverzichtbar, sich mit der Frage des Preiswettbewerbs auseinanderzusetzen, die starken Druck auf die Lohnkosten und auf die Arbeitszeiten der Beschäftigten ausübt. Zu diesem Zweck schlägt er der Kommission vor, in einer spezifischen Studie zu untersuchen, wie sich die (auch sonntäglichen) Öffnungszeiten von Geschäften auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vor Ort, auf das Niveau des Dienstleistungsangebots für die Verbraucher und auf die Lebensqualität der Beschäftigten auswirken.
4.4.10 In der Branche sind unlauterer Wettbewerb und Sozialdumping zwischen Handelsbetrieben unabhängig von ihrer Größe immer noch häufig zu finden, was daran liegt, dass die von Land zu Land unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Vorgaben und Tarifverhandlungen zu unterschiedlichen Investitionspolitiken und unterschiedlichen Wirtschafts- und Entwicklungsmodellen führen. Der EWSA ruft die Sozialpartner auf, im Rahmen des europäischen sozialen Dialogs eine Debatte anzustoßen, um zu ermitteln, welche politischen Maßnahmen zu ergreifen sind, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu fördern und jene Hindernisse zu beseitigen, die einer harmonischen Entwicklung und einem fairen Wettbewerb der Branche in Europa im Wege stehen. Zu diesem Zweck sollte die Kommission diese Initiative unterstützen und die entsprechenden Maßnahmen einleiten, um jene Verhaltensweisen zu unterbinden, welche die Verwirklichung und das reibungslose Funktionieren eines fairen, effizienten und entwicklungsorientierten Binnenmarkts behindern.
4.4.11 Die finanzielle Beteiligung der Arbeitnehmer spielt im Einzelhandel eine zunehmend wichtige Rolle, insbesondere bei den größeren europäischen Einzelhandelsunternehmen, und gibt den Beschäftigten die Möglichkeit einer stärkeren Mitsprache bei Fragen der Qualität der Beschäftigung, der Motivation und der Arbeitsbedingungen. Die Kommission sollte dieses Instrument im Rahmen ihrer Überwachung des Sektors prüfen.
4.5 Ein effizienterer und fairerer Handels- und Vertriebsbinnenmarkt für künftige Generationen
4.5.1 Der EWSA erkennt an, wie wichtig der Einzelhandel für die Förderung nachhaltigerer Verbrauchs- und Produktionsmuster in der EU ist. Er verweist darauf, dass die direkten Auswirkungen des Einzelhandelsverkaufs an sich überbewertet werden, er jedoch indirekt – als Form der engsten Beziehung zwischen Verbraucher und Hersteller – erhebliche Auswirkungen hat. Der EWSA begrüßt das Einzelhandelsforum, das die Aufgabe hat, den Austausch über bewährte Verfahren unter den Einzelhändlern sowie zwischen dem Einzelhandel und den anderen Beteiligten zu konkreten Fragen zu ermöglichen. Der EWSA würdigt ferner die Arbeit des Runden Tisches zur Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch.
4.5.2 Der EWSA weist die Kommission darauf hin, dass Kohärenz zwischen verschiedenen politischen Zielen, wie der Umweltpolitik und dem Binnenmarkt, hergestellt werden muss. In den vergangenen Jahren ist es zu Konflikten gekommen, und immer öfter wurden Umweltschutzgründe höher gewichtet als die Grundsätze des Binnenmarktes. Ferner warnt der EWSA vor einer möglichen Verlagerung der Haftung vom Hersteller auf den Einzelhändler.
Brüssel, den 20. Januar 2011
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Staffan NILSSON
(1) NAT/460: „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“, Berichterstatter: Pedro NARRO und József KAPUVÁRI; CCMI/050 „Entwicklung großer Einzelhandelsunternehmen und Auswirkungen auf ihre Zulieferer und die Verbraucher“, Berichterstatterin: Madi SHARMA.
(2) Mitteilung der Kommission „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“, KOM(2009) 591.
(3) Beschluss der Kommission vom 30. Juli 2010 zur Einrichtung eines Hochrangigen Forums für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette (2010/C 210/03).
(4) AC NIELSEN: Untersuchung zur Einstellung von Verbrauchern gegenüber Eigenmarken („Consumer attitudes towards private labels“), 2005.