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Document 52010AE0253

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Biozidprodukten“ KOM(2009) 267 endg. — 2009/0076 (COD)

ABl. C 347 vom 18.12.2010, p. 62–67 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

18.12.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 347/62


460. PLENARTAGUNG AM 17./18. FEBRUAR 2010

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Biozidprodukten“

KOM(2009) 267 endg. — 2009/0076 (COD)

(2010/C 347/09)

Berichterstatter: Jean-Marie BIOT

Der Rat beschloss am 17. Juli 2009, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Biozid-Produkten“

KOM(2009) 267 endg. - 2009/0076 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 1. Februar 2010 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 460. Plenartagung am 17./18. Februar 2010 (Sitzung vom 17. Februar) mit 180 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der EWSA befürwortet die Ersetzung der derzeitigen Richtlinie durch eine Verordnung, die eine Harmonisierung des Inverkehrbringens von Biozidprodukten ermöglicht und die im Recht der Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist.

1.2   Der EWSA stellt fest, dass sich die Kommission darum bemüht, die EU-Rechtsvorschriften für Biozide mit den Rechtsvorschriften für Chemieerzeugnisse (REACH) in Einklang zu bringen, und hält es für wesentlich, eine Vereinheitlichung der Datenanforderungen gemäß Richtlinie 88/379/EWG und Artikel 14 Absatz 2 der REACH-Verordnung in die neue Verordnung aufzunehmen.

1.3   Der EWSA begrüßt die Änderungen in Bezug auf Rahmenformulierungen, die eine Vereinfachung der Entwicklung und des Inverkehrbringens abgewandelter Zusammensetzungen innerhalb einer Biozidproduktgruppe ermöglichen sollen. Allerdings sind einige Klarstellungen notwendig, um festzulegen, wie weit die Flexibilität bei der Zusammensetzung gehen soll, und zwar sowohl für die bioziden Wirkstoffe als auch für die inerten Inhaltsstoffe.

1.4   Der EWSA stellt fest, dass die Europäische Kommission der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) lediglich eine koordinierende Rolle zugewiesen hat. Ihre Rolle könnte umfassender sein, um im Rahmen der Zulassung von Biozidprodukten auf europäischer und auf Ebene der Mitgliedstaaten zur Einführung eines effizienten Verfahrens beizutragen. Der EWSA stellt sich allerdings die Frage, ob die Agentur angesichts der Erweiterung ihres Zuständigkeitsbereichs um Biozidprodukte rechtzeitig über ausreichende Mittel verfügen wird, um ihre Aufgabe angemessen zu erfüllen.

1.5   Der EWSA schlägt vor, den Grundsatz der fallspezifischen Risikobewertung für die Entscheidung über die Zulassung der Wirkstoffe in Anhang I des Vorschlags beizubehalten, der die „Liste der Wirkstoffe mit Anforderungen zur Verwendung in Biozidprodukten“ enthält. Der EWSA ist jedoch der Ansicht, dass bei bestimmten desinfizierenden Produkten für Nahrungsmittel und Futtererzeugnisse, denen die Bestimmungen von Artikel 5 Buchstabe c) nicht zu Gute kommen, eine willkürliche Unterscheidung vorgenommen wird.

Der EWSA begrüßt, dass in dem Vorschlag ein verbindlicher Datenaustausch, insbesondere solcher aus Tierversuchen, vorgesehen ist.

1.6.1   Der EWSA billigt den Vorschlag der Kommission, dass alle behandelten Materialien und Gegenstände nur mit genehmigten Biozidprodukten behandelt sein dürfen. Hierbei handelt es sich um eine gerechte und innerhalb der Union obligatorische Maßnahme.

Der EWSA billigt die Ausweitung dieser Bestimmung auf aus Drittländern stammende Materialien und Gegenstände, um gleiche Marktbedingungen zu gewährleisten.

1.7.1   Der EWSA unterstreicht, dass die behandelten Materialien und Gegenstände einer Kennzeichnungspflicht unterliegen müssen, um angemessene und effiziente Informationen für den Verwender sicherzustellen. Allerdings fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, dieser Frage nachzugehen, um ein Ausufern der Kennzeichnungspflicht zu vermeiden und die Kennzeichnung auf die Fälle zu begrenzen, in denen sie für den Verbraucher von Nutzen ist. Der EWSA schlägt zwei Informationsebenen vor: die erste sollte die wesentlichen Informationen für Gebrauch und Verbraucherschutz liefern; auf der zweiten Ebene sind alle bekannten Informationen bereitzustellen, die dann verfügbar sein müssen, wenn ein Verbraucher professionelle Hilfe in Anspruch nimmt (Giftnotrufzentren, Ärzte usw.). Diese Informationen könnten in Datenbanken oder im Internet bereitgestellt werden.

1.8   Der EWSA unterstützt die Harmonisierung der Gebührenstruktur für die Mitgliedstaaten wie für die Agentur. Dahingegen spricht sich der EWSA gegen die Erhebung einer unbegründeten Jahresgebühr aus.

Entsprechend der neuen Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ist der EWSA in Bezug auf den freien Warenverkehr der Ansicht, dass sich die Verfahren für den Parallelhandel auf identische, auf den gleichen Quellen der Wirkstoffe und Zutaten basierende Produkte beschränken sollten.

1.9.1   Erfreulicherweise gesteht die Kommission ein, dass es ein „Trittbrettfahrerproblem“ gibt. Der EWSA hält es für wünschenswert, dass Artikel 83 ausführlicher gehalten wird.

1.10   Der EWSA erwartet von der Kommission eine Aussage dazu, wie sie die Mitgliedstaaten bei der wirksamen Umsetzung der Kontrollen der auf dem Markt befindlichen Biozidprodukte unterstützen will.

1.11   Nach dem Muster der Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (1) und im Rahmen einer nachhaltigen Anwendung von Biozidprodukten schlägt der EWSA der Kommission vor, künftig die Möglichkeit einer zielbestimmteren Verwendung dieser Produkte vorzusehen.

2.   Einleitung

2.1   Biozidprodukte sind Wirkstoffe oder Gemische, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie zum Verwender gelangen, und die dazu bestimmt sind, auf chemischem oder biologischem Wege Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Alle Stoffe, Gemische und Geräte, die mit der Absicht, Wirkstoffe zu erzeugen, in den Verkehr gebracht werden, gelten ebenfalls als Biozidprodukte (2).

2.2   Vernünftig verwendete Biozidprodukte gehören zum täglichen Leben einer zivilisierten Gesellschaft. Sie verhindern die Ausbreitung von Krankheiten und fördern ein hohes Maß an Hygiene in einer dicht besiedelten Umgebung. Alle Bereiche des täglichen Lebens sind von der Verwendung von Biozidprodukten betroffen. Einige dieser Produkte können an sich gefährlich sein und dennoch auf nachhaltige Weise der Gesundheit und Hygiene von Mensch und Tier sowie der Umwelt dienen.

2.3   Die derzeit geltende Richtlinie 98/8/EG (3) schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Zulassung und das Inverkehrbringen von Biozidprodukten mit niedrigem Risikopotenzial und „bestimmten Wirkstoffen“.

2.4   Hierzu hatte der EWSA eine Stellungnahme (4) verfasst, in der er den Vorschlag für eine Richtlinie billigt, insofern sie auf den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt ausgerichtet ist.

2.5   In der Richtlinie 98/8/EG ist vorgesehen, dass die Kommission sieben Jahre nach deren Inkrafttreten einen Bericht erstellt und dem Rat vorlegt. Der Bericht betrifft die Umsetzung der Richtlinie und die Funktionsweise der vereinfachten Verfahren (Rahmenformulierungen, Biozidprodukte mit niedrigem Risikopotenzial und „bestimmte Wirkstoffe“).

2.6   Einer Folgenabschätzung und einer allgemeinen Konsultation per Internet gingen verschiedene Konsultationen der Beteiligten voran.

2.7   Der Vorschlag wurde zudem mit mehreren Studien untermauert, insbesondere der Folgenabschätzung zur Überarbeitung der Richtlinie 98/8/EG, mit der der Versuch unternommen wurde, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen der verschiedenen strategischen Optionen zu untersuchen. Die Schlussfolgerungen dieser Studie wurden unmittelbar in die Folgenabschätzung aufgenommen.

2.8   Die vorgenannte Richtlinie soll durch die von der Kommission vorgeschlagene Verordnung ersetzt werden.

3.   Zusammenfassung des Vorschlags

3.1   Mit diesem Vorschlag, durch den die Richtlinie 98/8/EG ersetzt werden soll, wird bezweckt, den freien Verkehr von Biozidprodukten innerhalb der Gemeinschaft zu steigern. Die in den ersten acht Jahren ihrer Anwendung zutage getretenen Schwachstellen des Rechtsrahmens sollen beseitigt, bestimmte Elemente der Regelung verbessert und aktualisiert sowie künftigen Problemen vorgegriffen werden. Die Struktur der Richtlinie 98/8/EG wird beibehalten.

3.2   Die Vereinfachung der Verfahrensvorschriften für die Zulassung von Biozidprodukten in den Mitgliedstaaten könnte dazu beitragen, die Kosten und den Verwaltungsaufwand für die Wirtschaftsakteure zu verringern, ohne das Sicherheitsniveau zu senken.

3.3   Der Vorschlag soll mit der Politik und den Zielen der Union in anderen Bereichen vereinbar sein. Berücksichtigt werden:

die jüngsten EU-Rechtsvorschriften für chemische Stoffe (5);

die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (6);

die diesbezüglichen horizontalen Rechtsakte der Europäischen Union;

die allgemeinen Regeln und die Pflichten der Mitgliedstaaten;

ein Übergangszeitraum.

3.4   Mit dem Vorschlag soll Folgendes erreicht werden:

die Vorschriften zum Datenschutz vereinfacht,

eine Wiederholung von Wirbeltierversuchen  (7) durch die Pflicht zur Bündelung der Daten vermieden,

die Vereinheitlichung der Gebührensysteme in den Mitgliedstaaten und auf Unionsebene verbessert,

Regeln für den Parallelhandel aufgestellt sowie

die mit Biozidprodukten behandelten Gegenstände oder Materialien berücksichtigt werden.

3.5   In mehreren Artikeln des Vorschlags werden Anreize für Forschung und Innovation geschaffen.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1   Vorschlag für neue Rechtsvorschriften

4.1.1   Die Biozidprodukt-Richtlinie 98/8/EG wird durch eine Verordnung ersetzt.

4.1.2   Der Vorschlag für eine Verordnung folgt der in der Biozidprodukt-Richtlinie beschriebenen Logik. Diesem Vorschlag ging eine Folgenabschätzung voran, die sich auf das Anwendungsgebiet, die Zulassung der Produkte, den Datenaustausch, die Anforderungen bezüglich der Daten und die von den Mitgliedstaaten erhobenen Gebühren konzentriert.

4.1.3   Die Kommission hat sich darum bemüht, die EU-Rechtsvorschriften für Biozide mit den Rechtsvorschriften für Chemieerzeugnisse (REACH) in Einklang zu bringen.

4.2   Zulassungsvorschriften

4.2.1   Die Einführung des Konzepts der gemeinschaftlichen Zulassung mit der ECHA im Mittelpunkt der Regelung ist ein Element, das prinzipiell eine einheitliche Umsetzung in allen Ländern der Union begünstigt. Die Kommission hält dies für das wirksamste und am besten geeignete System, wenn es um die Verbesserung der Verfügbarkeit der Produkte und die Schaffung von Anreizen zu Innovation und damit auch um einen besseren Gesundheitsschutz für Mensch und Umwelt geht. Angesichts der Fragmentierung des Biozidmarktes auf der Ebene der Hersteller (wenig weltweit tätige Unternehmen, viele KMU) und der Ebene der Produkte und Anwendungen muss dieser Standpunkt jedoch relativiert werden. So beantragen viele Unternehmen dieser Branche, die nur in einer begrenzten Zahl von Ländern aktiv sind, eine lokale Zulassung. Erst im Falle einer Ausweitung des Umfangs der Aktivitäten in anderen Mitgliedstaaten wird die gegenseitige Anerkennung beantragt.

4.2.2   Das neue Konzept der Kommission bezüglich einer gemeinschaftlichen Zulassung der Biozidprodukte mit niedrigem Risikopotenzial und der neuen Wirkstoffe birgt indessen die Gefahr, dass seine Reichweite recht begrenzt bleibt, da nur eine Minderheit von bioziden Wirkstoffen betroffen und die Verwaltungsvereinfachung für Unternehmen und Behörden deshalb nur gering wäre. Dies würde die Unternehmen somit auch nicht zu mehr Innovation anregen.

4.2.3   Das Konzept der Biozidprodukte mit niedrigem Risikopotenzial ist über den gesamten Verordnungsvorschlag verstreut. Eine bessere Definition der Biozidprodukte mit niedrigem Risikopotenzial wäre wünschenswert.

4.3   Bereitzustellende Daten

4.3.1   Bestimmte Kriterien zur Festlegung der Produkte mit niedrigem Risikopotenzial könnten sich als zu restriktiv herausstellen. Bevor sie in die endgültige Verordnung aufgenommen werden, sollten diese Kriterien entsprechend ihren Auswirkungen bewertet werden. Die Studie muss sich auf die Risiken beziehen und hierbei auch der Höhe der Exposition, nicht nur den inhärenten Gefahren Rechnung tragen. Diese Maßnahme wäre ein Anreiz zur Entwicklung sichererer Produkte auf der Grundlage bestehender Wirkstoffe. Somit könnten die Produkte, die diese Kriterien erfüllen, als „Produkte mit niedrigem Risikopotenzial“ eingestuft werden. Ein Verbot des Vertriebs dieser Produkte als Produkte mit niedrigem Risikopotenzial wäre kontraproduktiv.

4.3.2   Der Vorschlag der Kommission, die Produkte mit niedrigem Risikopotenzial nicht in Anhang I aufzuführen, ist als Anreiz für die Entwicklung und Vermarktung zu verstehen. Mehrere Punkte müssten jedoch beleuchtet und analysiert werden, insbesondere wären klare Angaben bezüglich der Daten für Wirkstoffe sowie des Formats erforderlich, in dem sie bereitgestellt werden sollen.

4.3.3   Die in Anhang IV aufgeführten allgemeinen Bestimmungen für Abweichungen von den Datenanforderungen sind allgemein als positiv einzuschätzen. Sie sind ein Leitfaden für die Verteilung der durchzuführenden Tests.

4.3.4   Die Datenanforderungen für Wirkstoffe sind in Anhang II des Vorschlags aufgeführt und in zwei Stufen eingeteilt, wobei die erste Stufe als Standard festgelegt ist. Je nach Eigenschaften und Verwendungszweck des Wirkstoffs können Angaben der Stufe II erforderlich sein, insbesondere wenn Gefahren für Gesundheit oder Umwelt ermittelt wurden.

4.3.5   Bestimmte toxikologische Untersuchungen sind auf der ersten Stufe nicht mehr notwendig, können dies jedoch auf der zweiten Stufe sein. Da das erforderliche Datenspektrum aber von Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Bewertung festgelegt wird, besteht die Gefahr, dass mehr Daten als wissenschaftlich notwendig angefordert werden.

4.3.6   Aus Wettbewerbsgründen können die Datenanforderungen für alternative Wirkstoffquellen nicht verringert werden, solange diese Stoffe in Anhang I aufgeführt sind und ihr Schutz nicht erloschen ist.

4.3.7   Die hohe Zahl der erforderlichen Mindestdaten für die Biozidprodukte, die in Artikel 18, in dem es um die für einen Zulassungsantrag verlangten Daten geht, sowie in Anhang III des Vorschlags aufgeführt werden, bleibt gegenüber der derzeitigen Richtlinie gleich. Es gibt keine auf mehrere Ebenen verteilten Tests und die Anforderungen wurden nicht auf das unbedingt Notwendige reduziert. Damit wird es für die Produzenten schwierig, innovative Produkte für besondere Verwendungen zu entwickeln.

4.4   Datenaustausch

4.4.1   Es besteht eine Pflicht zum Datenaustausch bezüglich der Tierversuche und zur gerechten Verteilung der Kosten im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Verwendung der Versuchsdaten, um die Sicherheit der Produkte im Rahmen der derzeitigen Richtlinie nachzuweisen.

4.4.2   Obwohl dieses Konzept des Datenaustausches der REACH-Verordnung entspricht, ist dies für den Vorschlag hinsichtlich des Datenschutzes sowie des Schutzzeitraums nicht der Fall.

4.5   Vereinfachungsmaßnahmen

4.5.1   In den Rahmenformulierungen, die eine Vereinfachung der Entwicklung abgewandelter Zusammensetzungen innerhalb einer Biozidproduktgruppe ermöglichen sollen, werden positive Änderungen angekündigt. Allerdings sind einige Klarstellungen notwendig, um festzulegen, wie weit die Flexibilität bei der Zusammensetzung gehen soll, und zwar sowohl für die bioziden Wirkstoffe als auch für die inerten Inhaltsstoffe.

4.6   Die Rolle der ECHA

4.6.1   Die Aufgabe der ECHA besteht lediglich in der Koordinierung und Validierung der Gemeinschaftszulassung für die Biozidprodukte mit niedrigem Risikopotenzial und für die neuen Wirkstoffe.

4.6.2   Der EWSA ist der Ansicht, dass die ECHA die Rolle des „Sortierzentrums“ übernehmen könnte, das ähnliche Anwendungen zusammenfasst. Ihre Bewertung könnte hernach von einer einzigen Behörde vorgenommen werden, auch wenn das Dossier mehreren Mitgliedstaaten vorgelegt wurde.

4.7   Parallelhandel – Datenschutz

4.7.1   Entsprechend der neuen Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ist der EWSA in Bezug auf den freien Warenverkehr der Ansicht, dass sich die Verfahren für den Parallelhandel auf identische, auf den gleichen Quellen der Wirkstoffe und Zutaten basierende Produkte beschränken sollten.

4.7.2   Im Rahmen des Parallelhandels muss der Schutz der verlangten Daten verbessert werden, zumindest für die bioziden Wirkstoffe, die in Anhang I aufgeführt werden sollen.

4.7.3   Zur Umgehung des „Trittbrettfahrerproblems“ hat die Industrie darum gebeten, die Beziehung der in Anhang I aufgeführten Wirkstoffe zu dem entsprechenden Unternehmen als Voraussetzung für die Eigentümerschaft und den Datenschutz einzuschließen. Die Biozidbranche begrüßt es, dass die Kommission die Existenz dieses Phänomens einräumt. Artikel 83 sollte weiter ausgeführt werden, damit diesem Phänomen effizienter entgegen getreten werden kann.

4.8   Behandelte Materialien und Gegenstände

4.8.1   Laut Vorschlag dürfen alle behandelten Materialien und Gegenstände nur mit solchen Biozidprodukten behandelt werden, die hierzu in mindestens einem Mitgliedstaat zugelassen sind. Des Weiteren wird für die Ausweitung dieser Bestimmung auf aus Drittländern stammende Materialien und Gegenstände eingetreten, um gleiche und gerechte Marktbedingungen für alle zu gewährleisten.

4.8.2   Der EWSA unterstreicht, dass die behandelten Materialien und Gegenstände einer Kennzeichnungspflicht unterliegen müssen, um angemessene und effiziente Informationen für den Verwender sicherzustellen. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, dieser Frage nachzugehen, um ein Ausufern der Kennzeichnungspflicht zu vermeiden und die Kennzeichnung auf die Fälle zu begrenzen, in denen sie für den Verbraucher von Nutzen ist. Der EWSA schlägt zwei Informationsebenen vor: die erste sollte die wesentlichen Informationen für Gebrauch und Verbraucherschutz liefern; auf der zweiten Ebene sind alle bekannten Informationen bereitzustellen, die dann verfügbar sein müssen, wenn ein Verbraucher professionelle Hilfe in Anspruch nimmt. Diese Informationen könnten in Datenbanken oder im Internet bereitgestellt werden.

4.9   Fristen und Umsetzung

4.9.1   Die Missachtung der in der Richtlinie beschriebenen Bewertungsfristen gibt Anlass zu großer Besorgnis. Diese Fristen wurden im Rahmen einer Miniüberarbeitung der Richtlinie verlängert, und doch wurde anscheinend wenig unternommen, um Wirkstoffe vom Markt zu nehmen, die nicht überprüft worden sind und die möglicherweise schädlich sein könnten. Eine einheitliche Anwendung der Definitionen und Fristen sollte eine bessere Funktionsweise des Verfahrens zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen.

4.9.2   Das Gemeinschaftsrecht wird durch eine uneinheitliche Umsetzung der Rechtsvorschriften der Union auf der Ebene der Mitgliedstaaten in ein schlechtes Licht gerückt.

4.10   Gebührenerhebungsverfahren

4.10.1   Die Kommission schlägt vor, die Gebührenstruktur für die Mitgliedstaaten wie für die ECHA zu harmonisieren. Die Benutzer stoßen hinsichtlich der Gebühren für die Bewertung auf große Unterschiede zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten. Oftmals fehlt jegliche Beziehung zwischen den geforderten oder tatsächlich benutzten Ressourcen.

4.10.2   Die Gebühren sollten eine größere Transparenz widerspiegeln und die verschiedenen Schritte und Verfahren angegeben werden, die zur Bewertung herangezogen werden. Sie sollten in einem vernünftigen Verhältnis zum Arbeitsumfang stehen und nur im Bedarfsfalle erhoben werden können.

4.10.3   Keinesfalls sollte eine Jahresgebühr erhoben werden können, ohne dass es hierfür einen Grund gibt.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1   Ausschlusskriterien für biozide Wirkstoffe bezüglich der Aufnahme in den Anhang I

5.1.1   Gemäß Artikel 5 Absatz 2 des Vorschlags können Wirkstoffe, die als krebserzeugend, erbgutverändernd bzw. fortpflanzungsgefährdend eingestuft werden, bzw. Wirkstoffe mit endokrinschädigenden Eigenschaften nicht in den Anhang I aufgenommen werden.

5.1.2   Gemäß Artikel 5 Absatz 1 des Vorschlags gibt es allerdings drei Ausnahmen, in denen solche Substanzen in den Anhang I aufgenommen werden können:

eine vernachlässigbare Exposition der Verwender;

Substanzen, die für Volksgesundheit erforderlich sind;

Substanzen, die ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen.

Die Anwendung der letztgenannten Ausnahme auf Wirkstoffe für die Produktarten 4 sowie 14 bis 19 (8) wird im letzten Satz dieses Absatzes allerdings absolut ausgeschlossen.

5.1.3   Bestimmte biozide Wirkstoffe können aufgrund ihrer natürlichen Eigenschaften gefährlich sein, was sich aus ihrem Zweck ergibt, da sie per Definition „ein Stoff oder ein Mikroorganismus mit einer Wirkung gegen Schadorganismen“ sind. Aufgrund des Nutzens ihrer Anwendung und der Maßnahmen zur Minimierung der Belastung für Mensch und Umwelt können diese Stoffe als Biozide verwendet werden.

5.1.4   Während eine gelegentliche Exposition in der Regel keinen Anlass zu größerer Besorgnis gibt, mahnt der EWSA jedoch im Falle intensiver Exposition gegenüber Biozidprodukten ohne angemessenen Schutz zur Vorsicht.

5.1.5   Der EWSA ist jedoch der Ansicht, dass bei den vorgenannten Produktarten (4 sowie 14 bis 19), denen die Bestimmungen von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c) nicht zu Gute kommen, eine willkürliche Unterscheidung vorgenommen wird. Diese Maßnahme ist für die Innovation kontraproduktiv und beschneidet die Auswahl an Wirkstoffen, die sich in der Zukunft möglicherweise als nützlich für die Herstellung von Biozidprodukten erweisen könnten.

5.2   Die Ausweitung der Rolle der ECHA

5.2.1   Der EWSA spricht sich für eine Ausweitung der Zuständigkeitsbereiche der ECHA aus. Sie sollte alle Verfahren zur Zulassung von Biozidprodukten sowohl auf der Gemeinschafts- als auch auf der nationalen Ebene aktiv verwalten können.

5.2.2   Eine zentralisierte Bewertung hätte folgende Vorteile:

die ECHA würde über alle Verfahren verfügen, die für die Validierung der Anwendung im Falle einer Gemeinschaftszulassung notwendig sind;

die Validierung der Dossiers durch ein einziges Organ würde eine bessere Konsistenz und einheitlichere und einfachere Rechtsvorschriften für Biozide ermöglichen;

die Mitgliedstaaten könnten ihre Ressourcen auf eine aktuelle Bewertung der Anwendung konzentrieren;

eine Validierung durch die ECHA schließt nicht die Möglichkeit aus, neue Daten einzubringen, die im Rahmen eines Bewertungsverfahrens entdeckt werden, für das die Mitgliedstaaten zuständig bleiben.

5.2.3   Hinzu kommen im Rahmen der Rolle als „Sortierzentrum“ und Verwaltung der Dossiers der Biozidprodukte folgende Vorteile:

das von der ECHA verwaltete Gemeinschaftsregister für Biozidprodukte würde sich als hervorragendes Instrument zur Verwaltung der Einteilung von Biozidprodukten in Gruppen erweisen;

für Biozidprodukte, denen derselbe Wirkstoff zugrunde liegt oder die in den gleichen Produktarten zur Anwendung kommen, würden die gleichen Fristen für die Einreichung ihrer Anwendungen gelten;

eine Bewertung der wesentlichen Elemente der Dossiers dieser Produkte durch eine einzige zuständige Behörde würde die Konsistenz und die Einheitlichkeit der Rechtsvorschriften für Biozide erhöhen;

die Verwaltung eines wirksamen Bewertungsverfahrens würde die Anwender vermehrt dazu ermutigen, die Dossiers proaktiv vorzubereiten, und die Schwelle für die Industrie abbauen.

Brüssel, den 17. Februar 2010

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  Richtlinie 2009/128/EG – ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 71.

(2)  Richtlinie 98/8/EG.

(3)  ABl. L 123 vom 24.4.1998, S. 1.

(4)  ABl. C 195 vom 18.7.1994, S. 70.

(5)  Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) - ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.

(6)  ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1.

(7)  ABl. C 94 vom 18.4.2002, S. 5 und ABl. C 277 vom 17.11.2009, S. 51.

(8)  Produktart 4: Desinfektionsmittel für den Lebens- und Futtermittelbereich.

Produktart 14: Rodentizide.

Produktart 15: Avizide.

Produktart 16: Molluskizide.

Produktart 17: Fischbekämpfungsmittel.

Produktart 18: Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden.

Produktart 19: Repellentien und Lockmittel.

Die Produktarten 14 bis 19 bilden die HAUPTGRUPPE 3: Schädlingsbekämpfungsmittel.


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